[TW: transfeindlich]How to talk about trans kids?
Autor: Ladeniel
+++ Der Post ist nur eine Beschreibung, es gibt am Ende keine Lösung, Auflösung, etc. +++
Hey ihr Lieben,
Ich arbeite in einer Wohngruppe für Mädchen. Ihr könnt euch vorstellen, dass die nicht da wohnen, weil ihnen Zuhause die Tapete nicht gefallen hat.
Aber was anderes. Bei uns sind, soweit ich das mitgeschnitten habe, alle cis. (Für Nichtverstehende: cis ist, was nicht trans ist.)
Sie haben allerdings trans Freund*innen. Erstmal so, so what? Können sie ja. Aber wie sieht das aus?
(Alle Namen geändert, ich bin ja nicht verdöddelt.)
Sibbi, 17: (zeigt mir ihre Snapchats) Das ist Thea... Das ist Alia... Das ist Alex...
Ich: Oh, du hast ja hübsche Freundinnen. Aber die Hundefilter find ich trotzdem blöd.
Sibbi: Im letzten, das ist ein trans Boy.
Ich: Oh, sorry. Finde ich aber trotzdem hübsch.
Sibbi: Ja, sie hieß früher x, aber dann hat sie gemerkt, dass er ein Junge sein will.
Ich: Ja, aber ist doch voll cool, wenn er da soviel Respekt kriegt, dass er sich geoutet hat und auf Snapchat postet.
Sibbi: Ja, kann ja jeder, wie er will.
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Sibbi und ich sind einkaufen, Sibbi grüßt jemanden.
Sibbi: Das war meine Ex.
Ich: Oh, echt, dachte kurz, das war ein Junge.
Sibbi: Ist er ja auch, jetzt. Aber damals war er noch ein Mädchen.
Ich: Also trans?
Sibbi: Ja. Er heißt jetzt Momo.
Ich: Seid ihr immer noch befreundet?
Sibbi: Ja, auf jeden Fall.
Ich: Na, ist doch top.
Sibbi: Trotzdem, mein Rat an dich: Date nie eine Frau, die sind super kompliziert.
Ich: Können Männer auch genauso, mein Rat an dich! (Lache)
Sibbi: Nee, wirklich!
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Sibbi und Momo hatten eine kurzzeitig wieder auflebende Beziehung. Ich höre Geschrei und komme zu ihrem Zimmer, Momo liegt halb auf Sibbi.
Ich: Hallo, ich hab Schreie gehört, geht es allen gut?
Sibbi: (kichernd) Ja, alles okay.
Ich: (lachend) Wollte nur sicherstellen, dass keiner ausversehen schwanger wird!
Momo: Nee, dafür fehlt mir untenrum was!
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Sibbi und Momo sind getrennt, böse Nachrichten werden verschickt.
Sibbi: Ist mir auch egal, was sie tut.
Ich: Du meinst Momo?
Sibbi: Nee, sie heißt xx. Solange das im Perso steht sage ich nichts anderes.
Ich: Na, aber er stellt sich mit Momo vor und du hast mir gesagt, er ist ein er.
Sibbi: Solange das Gesetz sagt, dass sie ein Mädchen ist, nenne ich sie nicht so.
Ich: Find ich komisch. Sonst nimmst du das Gesetz doch auch nicht immer hundertprozentig ernst, oder?
Sibbi: Er ändert seinen Namen fünf Mal pro Jahr. Das kann ich nicht ernst nehmen.
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Während der Pause auf einer Seminarsitzung, wo Mitarbeiter von insgesamt drei Häusern zusammenkommen.
Teleri, 24: Von uns geht bald jemand. Wenn sie jemand von euch kennt, dann als Miella, aber er hat sich gerade als Tarik geoutet. ... Ich war ein bisschen überfordert, aber ich kenn mich da auch kaum aus. Ich hab ihm halt gesagt, dass ich das total mutig und wichtig finde und ich glaub, das hat ihn überfordert, dann hat er erstmal total geheult. Ich find's total schwierig, ich kenn ihn halt als eine sie und ich muss mich echt anstrengen, um das mit den Pronomen und dem Namen so hinzukriegen. Das tut mir auch leid, aber ich hab da echt Schwierigkeiten mit.
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Kalin, 12: Hey, es gibt eine neue in Haus 2 (andere WG unter unserem Träger). Die müsstet ihr kennen. In unsere darf sie nicht, weil sie ist jetzt ein Junge. Sie will jetzt Tarik sein, vorher war sie Miella.
Lovi, 15: DIE KENN ICH. Gut, dass sie nicht herkommt. Sie war voll die (--).
Kalin: Die dürfen sie jetzt nur noch Tarik nennen.
Lovi: Die war schon immer komisch, stinkt sie noch so? Ich hasse sie eh, ist mir egal.
So, das war's erstmal von mir. Ein recht authentisches Gedächtnisprotokoll. Ich geh mal davon aus, dass ich vieles auch nicht gut und richtig formuliert hab, aber ich lass jetzt alles so stehen, wie es passiert ist und hoffe, jemand interessiert sich für diesen kleinen Teil.
Punkt 1) man hat eine Transperson nicht zu misgendern, egal ob man sauer auf besagte Person ist oder nicht. Schon allein wie Sibbi da plötzlich umgeschwenkt ist, nur weil sie Beef mit Momo hat. Das du da ruhig bleiben kannst ist bewundernswert. Bei mir hätte die nix zu lachen gehabt.
Punkt 2) dieses ständige deadnaming. -.-° Selbst wenn man den Deadname einer Transperson kennt hat man den nicht ungefragt an alle und jeden herauszublasen. Sowas hat nur die betroffene Person zu entscheiden.
Punkt 3) argh, dieses 'das sie ein Junge sein will', zumeist sind diese Person schon lange ihr eigentliches Geschlecht, erfahren dann jedoch meist, das da was im Busch ist und können endlich nach jahrelanger Ungewissheit, wie man das Problem nun nennen soll, endlich den Finger drauflegen und es konkret benennen. Trans-sein ist kein Stil, den man sich einfach aussuchen und wieder ablegen kann. *sfz* Zumindest sollte das in den meisten Fällen nicht so sein, Ausreißer gibt es immer, die den Zeitgeist nutzen und etwas Aufmerksamkeit abstauben wollen.
Punkt 4) mir gefällt es das Teleri versucht, damit umzugehen und sich zu bessern, er ist der einzige, der mir halbwegs positiv aufgefallen ist, zusammen mit Kalin, die sich ja anscheinend auch Mühe gibt auf die richtigen Dinge hinzuweisen.
Trotzdem finde ich es schön, wie offen du deinen Blog und die geschilderten Probleme teilst und so zu Diskussionen anregst.
Mit dem Haufen Mist waren die geballten Mengen an bedenklichen Aussagen der Personen gemeint und nicht dieselben an sich.
Zum zweiten ja, ich hätte besagtes Persönchen bei häufigerem absichtlichen diskriminierenden Verhalten etwas sehr deutlich zurechtgewiesen. Betonung liegt hierbei auf 'absichtlich'.
> Mit dem Haufen Mist waren die geballten Mengen an bedenklichen Aussagen der Personen gemeint und nicht dieselben an sich.
Ich weiß, dass das so gemeint gewesen ist. Ändert an meiner Aussage allerdings nichts. Und das 'Mist' fand ich in diesen Sätzen auch eher semi-schlimm. Aber du siehst ja, dass es noch weiter geht in dem Zitat.
> Zum zweiten ja, ich hätte besagtes Persönchen bei häufigerem absichtlichen diskriminierenden Verhalten etwas sehr deutlich zurechtgewiesen. Betonung liegt hierbei auf 'absichtlich'.
Ob etwas absichtlich geschieht oder nicht ist vollkommen irrelevant für meine Aussage, dass die Tragweite der eigenen Worte in einem so jungen Alter oft nicht erfasst und/oder eingeschätzt werden kann. Steht aber auch deutlich erklärt weiter unten.
Wenn man ihnen sagt, dass man es scheiße findet, finden sie es extra lustig, denk ich mal...
Ist mir so schon passiert, soll ich jedes Mal fragen wie ich die Person anrede, bevor ich mit ihr rede? Und ja ich hab schon fälschlicherweise sich eine als Frau identifizierende Person mit männlichen Namen angesprochen, weil ich sie schlicht nicht als Frau wahr genommen habe, bezüglich Aussehen und Gehabe, besagte Person war sehr empört...... :/ Fühlt sich alles wie ein riesiges Fettnäpfchen an und ich neige dazu, inzwischen alles zu umgehen, nach dem Motto... Ich weiss nicht ob ich Siezen oder duzen soll, formuliere ich einfach alles komplett um damit ich gar nichts von beidem muss.
Ich denke es sind Kinder bzw. Heranwachsende, die alle noch in der Selbstfindungsphase sind. Da sie zudem auch noch selber Probleme (wie geartet weiß ich nicht; nicht abwertend gemeint) zu haben scheinen, da sie ja in einer Wohngruppe sind, denke ich ist es nicht richtig bei "Transfeindlichkeit" anzuknüpfen. Solche Kinder würde ich sagen finden jede Schwachstelle, wenn es darum geht jemandem weh zu tun, einfach weil sie es wahrscheinlich selbst nicht anders gewohnt sind. Das ist mehr eine selbst aufgebaute Mauer um eigene Verletzungen nicht zuzulassen. Lieber Angriff als in sich hinein gehen und mit den eigenen negativen Gefühlen fertig werden. Ändern wird man das nicht können. Es gibt ja auch viele Erwachsene, die das mit Trans* nicht verstehen. Wie sollen es dann Kinder verstehen. Vielleicht ist es gut daran anzuknüpfen dass man anderen generell nicht weh tut, also mehr Gespräche dass jedes der Kinder mit sich selbst mehr im reinen ist.. (wenn das möglich ist, ich weiß ja nicht was den Kindern fehlt).
Ich fände es am besten, wenn man den Trans*personen, die Möglichkeit gibt sich einer erwachsenen Person anzuvertrauen, wenn dieses Teenager Hick-Hack zu viel wird. Dafür kann man sich die Trans*personen zur Seite nehmen und mit ihnen darüber sprechen wie es ihnen damit geht. Voraussetzung dafür ist aber dass man auch der Typ Person ist der man sich anvertrauen kann.
Gegen mehr Aufklärung an sich hätte ich auch nichts einzuwenden. Es ist nur fraglich in wie weit das bei eh schon angeschlagenen Kindern überhaupt ankommt.