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Nebel über Hogwarts

von

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Näher als gedacht

Nebel über Hogwarts – Kapitel 32: Näher als gedacht
 

Während der Wochen nach dem Halloweenball schien der Alltag in der Schule ein wenig langsamer und gemächlicher voranzuschreiten als sonst. Selbst die Schüler der fünften und siebten Klassen, die sich eigentlich jetzt schon auf ihre Prüfungen vorbereiten sollten, ließen sich Zeit damit und genossen die gute Stimmung, die das Ereignis verbreitet hatte.

Das alles änderte sich allerdings schlagartig am zweiten Wochenende im November, als Lily am frühen Morgen von Professor McGonagall aus dem Bett geholt und gemeinsam mit Potter ins Lehrerzimmer geführt wurde, wo der Rest des Kollegiums bereits wartete. Die ernsten Gesichter der Professoren überzeugten sie, dass etwas wirklich wichtiges passiert sein musste, und als Professor Dumbledore sie aufforderte, sich zu setzen, und dann mit traurigem Blick die anwesenden Personen musterte, spürte sie, wie sich ein Knoten in ihrem Magen bildete. „Vor wenigen Minuten hat mich die Nachricht erreicht, dass das Dorf Hogsmeade während der Nacht angegriffen wurde.“

Lily konnte nicht verhindern, dass sie nach Luft schnappte, und sogar James, der von den Ereignissen in der Zauberwelt dort draußen immer sehr unberührt gewirkt hatte, hatte den Anstand, betreten dreinzusehen.

„Da das Dunkle Mal am Himmel über der Ortschaft gesichtet wurde, können wir davon ausgehen, dass die Todesser für den Angriff und auch für die Morde und Entführungen verantwortlich sind. Auroren sind bereits am Ort des Geschehens und befragen die Zeugen, sodass wir für die Bewohner Hogsmeades nichts mehr tun können. Professor Lovejoy hat sich ihren Kollegen angeschlossen, sodass ich bald mit weiteren Informationen rechne.“

Dumbledore ließ seine blauen Augen langsam den Tisch entlangwandern, wie um sicherzugehen, dass auch alle das Gewicht der Nachrichten verstanden hatten, und Lily spürte, wie sich die diffuse Angst, die sie schon seit dem Beginn des Jahres empfand, in ihrer Brust verdichtete. Diese Welt, in die sie hineingesogen worden war, als sie den Brief aus Hogwarts bekommen hatte, befand sich im Krieg, und das schon seit langer Zeit – doch noch nie hatte sie diese Tatsache so deutlich gespürt wie in diesem Moment.

Sie warf einen kurzen, scheuen Blick zu Potter – zwischen all ihren Professoren, die wahrscheinlich so unendlich viel mehr über diesen Kampf wussten, war er der einzige, der auch nur annähernd so wenig Ahnung hatte wie sie selbst – und stellte überrascht fest, dass er angespannt zu Dumbledore hinübersah, das Gesicht vor Konzentration verzogen. Noch bis vor wenigen Sekunden hatte sie nicht gedacht, dass Potter überhaupt eine ernste Miene besaß, und jetzt konnte sie hier in aller Pracht beobachten, was sieben Jahre anstrengenden Unterrichts nicht zum Vorschein gebracht hatten.

„Ich denke, wir stimmen alle darin überein, dass die Sicherheitsvorkehrungen für das Schloss verstärkt werden müssen“, fuhr Dumbledore fort und Lily schien es, als würde sein Blick ganz besonders auf Potter haften, bevor er abwesend das Pergament auf dem Tisch vor ihm zurechtrückte. Er benötigte die Liste nicht, nahm seinen Blick nicht von den anderen Anwesenden, klang aber trotzdem so, als ob er von ihr ablesen würde. „Von nun an werden jede Nacht von Einbruch der Dunkelheit bis zum Morgengrauen Patrouillen bestehend aus Lehrern, Schulsprechern, Vertrauensschülern und anderen Freiwilligen in den Korridoren und auf den Ländereien patrouillieren. Schüler dürfen das Schloss nur noch in der Begleitung oder unter Aufsicht eines Professors verlassen, selbst in ihrer Freizeit, das schließt auch das Quidditch-Training mit ein. Außerdem werde ich beim Ministerium um zusätzliche Kräfte aus dem Aurorenbüro ansuchen, um den Schutz der Schule zu gewährleisten.“

Der Schulleiter ließ die Stille ein paar Momente zwischen ihnen schweben, dann bemerkte er leise: „Haben Sie noch fragen?“

Niemand schien geneigt, seiner Aufforderung nachzukommen, also fuhr er nach einer kurzen Pause fort. „Miss Evans, Mr Potter, ich hoffe, Ihnen ist klar, dass die bevorstehenden Änderungen in der Schulordnung für einiges an Unruhe unter Ihren Mitschülern sorgen werden. Ich verlasse mich darauf, dass Sie selbstverständlich als ein gutes Beispiel vorangehen und versuchen werden, Ihren Kollegen die Gründe für die neuen Regelungen klarzumachen.“ Bildete sie es sich nur ein oder bedachte Dumbledore diesmal sie mit dem durchdringenderen Blick? Sie erinnerte sich an ihre nächtlichen Ausflüge und geheimen Brauexperimenten mit Severus und kämpfte verzweifelt darum, die aufsteigende Röte von ihren Wangen fernzuhalten. Der Schulleiter konnte – konnte! - einfach nicht wissen, was sie nachts gelegentlich tat, und abgesehen davon hatte Potter sicherlich mehr Missetaten auf dem Kerbholz!

„Natürlich, Professor Dumbledore.“ Nicht einmal ein Anklang von Ironie färbte Potters Stimme und als sie zu ihm hinüberblickte, sah er tatsächlich für einen Moment wie der vorbildliche Schulsprecher aus, der er eigentlich sein sollte, obwohl er nur seinen Pyjama und darüber einen Bademantel trug. Bedauerlicherweise würde dieser Eindruck nicht lange halten – wenn man sich bei Potter auf eine Sache verlassen konnte, dann darauf, dass er jedes positive Gefühl, das sich auf ihn bezog, schon nach wenigen Sekunden mit einer dummen Äußerung wieder erstickte. Oh Gott – was, wenn ich mit ihm auf Patrouille muss?

Der Gedanke erschreckte sie so sehr, dass sie fast die nächsten Worte des Direktors verpasste, mit denen er ankündigte, dass er beim Frühstück die restlichen Schüler über die Vorkommnisse der Nacht informieren und ihnen beim Mittagessen die Pläne für die nächtlichen Patrouillen zukommen lassen würde. Danach wurden sie entlassen und verließen gemeinsam mit ihren Professoren das Lehrerzimmer, noch immer ein wenig befangen wegen des merkwürdigen Gefühles, mit ihnen am selben Tisch zu sitzen.

Für einen Moment hielt Lily auf dem Flur inne, bis sie schließlich als eine der wenigen zurückblieb – sie und Potter. Und sie hatten auch noch den gleichen Weg, hinauf in den Gryffindor-Turm, um ihre Pyjamas loszuwerden, bevor das Frühstück und damit auch die tausenden Fragen aller anderen Schüler begann.

Auch Potter sah merkwürdig... nachdenklich aus, und einen Moment später schlug die Stille von morgendlich-friedlich auf peinlich berührt um. Das war neu – wenn sie und Potter sich anschwiegen, war das normalerweise absolut nicht peinlich, sondern eher vollkommen vorhersehbar, wie die Schritte eines lange eingeübten Tanzes. Er würde nur Sekunden später einen dummen Kommentar oder einen plumpen Annäherungsversuch von sich geben, sie würde ihn verhexen oder vielleicht sogar schlagen, je nach dem, wie wütend er sie gemacht hatte – und danach konnte sie sich mit dem zumindest für sie befriedigenden Gefühl von ihm trennen, dass sie es ihm heute wieder einmal gezeigt hatte.

Leider erwies sich dieser bestimmte Morgen als sehr unwillig und fügte sich nicht in dieses Schema ein, und weil sie schließlich nicht ewig auf dem Korridor vor dem Lehrerzimmer stehen konnte, setzte sie ihre Füße widerwillig in Bewegung und machte sich auf den Weg hinauf in den Gryffindorturm. Potter ebenfalls – sie konnte seine Schritte hinter sich hören, wie er ihr wie ein Schatten die Treppen hinauf folgte, allerdings in Stille und nicht mit dem anstrengenden, gezwungenen Geplauder über Quidditch, mit dem sie schon halb gerechnet hatte.

Gerade als sie glaubte, es nicht mehr aushalten zu können und selbst unverschämt werden zu müssen, nur um die Spannung zwischen ihnen abzubauen, erreichten sie das Portraitloch und Lily murmelte das Passwort. Die Fette Dame gab den Eingang frei und sie huschte hindurch, dicht gefolgt von Potter und hinein in den Gemeinschaftsraum, der bereits jetzt brummte vor ungesagten Fragen und lauten Spekulationen.
 

Zum Frühstück erfuhr Hogwarts vom Schulleiter, dass Hogsmeade angegriffen worden war und dass es einige Morde und Entführungen gegeben hatte. Glücklicherweise befanden sich keine Angehörigen von Schülern unter den Opfern, allerdings schien das Gefühl, dass Personen, mit denen sie vielleicht vor einem Jahr noch in einem Café gesessen waren oder die Warteschlange im Honigtopf geteilt hatten, nun plötzlich tot waren, eine deutlich drückende Wirkung auf ihrer aller Stimmung auszuüben.

Die Mahlzeiten an diesem Tag waren eine sehr stille Angelegenheit, und selbst als Lily die Liste mit ihren Nachtdiensten erhielt, brachte sie nicht die Motivation auf, sich darüber zu ärgern, dass sie tatsächlich mit Potter eingeteilt worden war. Menschen waren gestorben – da würde sie es doch überleben, eine Nacht mit diesem verdammten Idioten in verlassene Klassenzimmer zu spähen.

Die dritte in ihrer Gruppe war eine gewisse Dorcas Meadowes, ein Name, von dem sie noch nie gehört hatte, aber vermutete, dass es sich um eine Schülerin aus einem anderen Haus handelte. Immerhin hatte Dumbledore angekündigt, dass er nach Freiwilligen fragen würde, um die Patrouillen zu verstärken – also war es nicht besonders überraschend, dass er eine gefunden hatte.

Bedauerlicherweise machte ihre Einteilung es unumgänglich, dass sie Potter ansprechen und mit ihm einen Treffpunkt verabreden musste. Gleich nach dem Abendessen, als sie alle in den Gemeinschaftsraum zurückkehrten, um die Ereignisse des Tages zu diskutieren, beschloss sie also, es hinter sich zu bringen.

„Hey Potter“, meinte sie, als sie ihn mit seinen Freunden in den beliebten Sesseln vor dem Feuer sitzen saß, und überredete sich sogar dazu, ein paar Schritte auf ihn zuzumachen.

„Hi Evans“, entgegnete er – scheinbar ungerührt – und blickte von seinem Buch auf, das er gerade mit Pettigrew gewälzt hatte. „Was kann ich für dich tun?“

Diese Anrede kam so überraschend, dass es sie aus dem Konzept brachte und sie für einen Moment nicht wusste, was sie sagen sollte. Kein Hey, willst du mit mir flirten? Er rief nicht durch den gesamten Gemeinschaftsraum, für was für einen tollen Hecht sie ihn doch hielt? Keine anzüglichen Bemerkungen über sein – oder ihr – gutes Aussehen? Für einen Moment war sie versucht, ihren Zauberstab zu ziehen und ihn auf der Stelle zu fragen, wer er war und was er mit dem Schulsprecher angestellt hatte.

„Ähm...“ Sie wusste, sie klang nicht besonders intelligent, aber alle ihre vorbereiteten, beißenden Fragen schienen ihr nun schal auf der Zunge zu kleben. „Hast du deine Liste von Dumbledore bekommen?“

Er nickte langsam. „Ja. Wir sind für Freitagabend zusammen eingeteilt, wenn ich mich nicht irre.“

Lily musste ihre gesamte Selbstbeherrschung aufbieten, damit ihre Kinnlade nicht nach unten klappte wie bei einem Fisch auf dem Trockenen. „Ja... ähm, wo treffen wir uns?“

James zuckte mit den Schultern. „Dumbledore hat gesagt, dass die Routen alle von der Eingangshalle ausgehen, also wird diese Dorcas Meadowes – wer auch immer das sein soll – wahrscheinlich dort auf uns warten.“ Er zögerte für einen Moment, schien zu überlegen, dann fügte er langsam hinzu: „Aber wir können auch gemeinsam nach unten gehen, wenn du das möchtest.“

Für einen Augenblick war sie zu überrumpelt, um zu antworten – er hatte einfach gefragt. Hatte nicht angenommen, dass sie mit ihm gehen wollte, hatte keinen anzüglichen Kommentar von sich gegeben, und war ihr auch nicht durch seine bloße Präsenz unglaublich auf die Nerven gegangen. „Wäre wohl besser“, entgegnete sie schließlich. „Immerhin hat Dumbledore gesagt, dass niemand alleine auf den Gängen unterwegs sein sollte.“

Potter nickte und auch Lupin machte ein zufriedenes Gesicht, er hatte die Montagspatrouille gemeinsam mit Professor Slughorn und einer Ravenclaw-Vertrauensschülerin bekommen, wenn sie sich richtig an ihren Plan erinnerte. Kaum hatte sie den Gedanken zu Ende gedacht, als ihr auffiel, dass sie wie bestellt und nicht abgeholt neben Potter und seinen Freunden stand, und dass die peinliche Stille zurückgekehrt war – zum zweiten Mal an einem Tag.

„Na dann“, meinte sie nur und machte sich auf die Suche nach Emily – die allerdings nicht lange andauerte. Ihre Freundin hatte sie von ihrem üblichen Tisch an der Wand, an dem sie meistens ihre Hausaufgaben erledigten, beobachtet, und grinste sie nun unerträglich selbstgefällig über ihre Pergamentrollen hinweg an.

„Was bei Merlin war das?“, fragte Lily, während sie ebenfalls Platz nahm, ein wenig abwesend, was Emily nur zum Lachen brachte.

„Das war James Potter, falls du es noch nicht bemerkt hast.“

Lily verdrehte die Augen und griff nach ihren Hausaufgaben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  rikku1987
2014-03-15T11:01:35+00:00 15.03.2014 12:01
Ah erste Anzeichen für die beiden


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