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Blutschuld

Seine Bestimmung war es Vampire zu jagen, nicht sie zu lieben
von

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Kaum hatten sie die dichten Wälder ein paar Meter hinter sich gelassen, wich sämtliche Schönheit und graue Tristesse formte das Bild. Das Dorf, wenn man es denn so nennen konnte, bot einen fast abstoßenden Anblick. Die Umgebung war trostlos, die Straßen so gut wie verlassen. Lieblose und verfallene Häuser, standen vereinzelt am Wegesrand und formten zusammen mit Hütten und Scheunen, deren Holz vor sich hin faulte, das Bild. Ungeziefer und Ratten machten sich über den Unrat auf den Straßen her. Niemand schien der Schmutz zu stören. Die Augen der verwahrlosten Menschen blickten den Unbekannten furchtsam und hoffnungslos entgegen. Die Luft roch nach Krankheit und Tod.
 

Sehnsüchtig drehte der Jäger seinen Kopf zurück und blickte in den tiefen Wald unweit hinter sich. Wie konnte Schönheit und Verfall nur so nahe beieinander liegen?
 

Die Reiter führten ihre Pferde weiter bis sie an einem runtergekommen Haus ankamen, deren linke Hauswand von einer alten Eiche tangiert wurde. Die Äste des mächtigen Baumes ragten schwer über das Dach.

Während Vernon die Pferde zwei Straßen weiter bei einem Bauern für einen geringen Obolus unterstellte, erkundete Luc die Gegebenheiten des Hauses. Es war etwa vier Meter hoch. Hatte zu jeder Seite zwei in den Stein eingelassene Fenster und eine breite Tür, die leicht schief in den Angeln hing. Im Inneren bedeckte eine dicke Staubschicht die tragenden Holzbalken. Außer einer Feuerstelle, einem Tisch und sechs Stühlen, war das Haus leer.
 

Luc klettert auf den Baum, balancierte auf dem kräftigsten Ast Richtung Dachmitte und ließ sich nieder. Das Holzdach war marode und bot durch das etwa faustgroße Loch einen perfekten Blick auf die Tischgruppe. Wenn der Prinz tatsächlich am Kopfende platz nahm, und davon war auszugehen, dann hatte er freies Schussfeld.
 

Der Prinz, Iven. Selbst bei dieser nüchternen Missionsanalyse, begann sein Herz wieder kräftig zu schlagen. Er wollte ihn wiedersehen.

Die Erkenntnis schmerzte tief in Luc. Er war gekommen um Iven zu töten, nicht um seine verwerfliche Sehnsucht zu stillen.
 

„Luc!“

Vernons Ruf riss ihn so plötzlich aus seinen Gedanken, dass er beinahe sein Gleichgewicht verloren hätte.

„Herrgott, Vernon schreie doch nicht so.“

„Warum so ängstlich? Wir haben noch genügend Zeit bevor die Sonne untergeht. Und die Bewohner hier, scheinen sich um nichts zu scheren. Nicht mal um den Dreck in dem sie leben.“

„Sei nicht so herablassend, mein Freund. Wir suchen uns nicht aus, wohin wir geboren werden.“

„Nein, da hast du sicher recht. Aber was man daraus macht, bleibt jedem selbst überlassen.

Soll ich hoch kommen?“

„Ja, aber sei vorsichtig. Der Regen von heute Morgen, macht das Hochklettern zu einer rutschigen Angelegenheit.“

„Geht klar!“
 

Leicht keuchend fand sich Vernon einen Ast weiter neben Luc ein.

„Bedauerlich, dass die meisten Blätter bereits der kalten Jahreszeit gewichen sind. Ansonsten, hätten wir einen sicheren Blickschutz gehabt.“

„Ich hoffe doch, dass der Plan des Grafen weit genug durchdacht ist, um uns missliche Situationen zu ersparen. Zumindest solange, bis der Prinz das Zeitliche gesegnet hat.“

Vernons Stimme nahm einen ernsten Ton an. „Dann sind wir uns also einig. Sie werden uns zum Schuss kommen lassen, aber dass wir entkommen, steht nicht auf der Erfolgsliste, richtig?“

„Nun, der General hatte mehrmals betont, dass außer dem Grafen und dem Prinzen, lediglich je zwei Untergebene anwesend sein werden, aber das halte ich für ein Märchen. Wenn der Graf tatsächlich vorhat, die Position des Prinzen einzunehmen, wieso sollte er es sich dann entgehen lassen, den Mörder zu stellen? Etwas Besseres kann er doch gar nicht machen. Mich demonstrativ vor möglichst vielen Zeugen zu töten, wird die optimale Grundlage bieten, Vertrauen zu sammeln.

So wie ich das sehe, ist der Prinz die Hauptmahlzeit und ich die krönende Nachspeise.“

Sorgenvoll blickte Vernon den Jäger an. „Wieso tust du's dann? Ist dir dein Leben gar nichts wert?“

Nachdenklich musterte Luc seinen Freund. „Und du Vernon? Du bist hier, wenngleich es keinen Befehl dazu gab, mir Unterstützung zu leisten. Ist es nicht auch dein Bestreben etwas zu bewegen. Etwas Sinnvolles zu tun?“

„Ja, aber nicht aus den gleichen Gründen wie du. Ich bin hier, weil mir dein Leben sehr wohl etwas bedeutet, Freund.“

Die Schuld Vernon mit in dieses Himmelfahrtskommando zu reißen, lastete schwer auf Lucs Schultern. Ein warmes Gefühl nistete sich in sein Herz. Es tat gut, so einen Freund zu haben. Er wollte etwas sagen, beließ es aber bei einem Seufzen. Vernon umstimmen zu wollen war sinnlos. Er kannte keinen größeren Sturkopf. Wenn der Brünette etwas beschlossen hatte, dann wurde es durchgezogen, Punkt.

„Danke.“

Ein breites Grinsen folgte als Antwort. „Nicht dafür. Ich tue nur, was sich für richtig halte. Und wenn wir das hier überleben, gehen wir einen im 'Spielmann' heben. Hab schließlich nach deiner Aktion dort was auszugeben.“
 

Die letzten Sonnenstrahlen wichen dem Abend. Dem Abend folgte die Finsternis der Nacht. Luc war dankbar für die Schwärze, die sich um ihn legte. Viel länger hätte er in dieser Kälte nicht mehr starr ausharren wollen.

Sie hörten zwei Kutschen heranfahren. Bereits zuvor, konnte der Jäger jedoch Schatten nahe dem Haus ausmachen. Schatten die nicht natürlich zu ihrer Umgebung gehörten.
 

„Wie viele“, flüsterte Vernon.

„Ich zähle acht. Drei links, drei rechts und zwei vorne.“

„Oh gut, zusammen mit den zu erwartenden Gästen, sind es ja nur vierzehn. Sieben für jeden von uns. Und ich dachte es wird riskant.“

„Psst, sie müssen nicht wissen, dass wir wissen, dass sie da sind.“

Vernon nickte.
 

Die Kutschen hielten an. Als sich die Wagentür öffnete, legte sich ein beklemmendes Gefühl auf die Brust des Jägers. Selbst in dieser Dunkelheit, konnte Luc jeden Gesichtszug des Prinzen ausmachen. Sogleich fühlte er sich wieder auf sonderbare Art verzaubert. Sein Blut pulsierte schneller. Nur mit Mühe konnte er die aufkeimenden Bilder abschütteln. Doch das Gefühl von einer leichten Frühlingsbrise auf seinen Lippen blieb. Sehnsucht, der brennende Drang, ihm näher zu kommen, legte sich unweigerlich auf sein Gemüt.

Er schluckte schwer.
 

Ehrfürchtig blickte er auf die gespannte Armbrust. Der heilige Pfeil. Es gab keine mächtigere Waffe um einen hohen Vampir zu töten. Aus der Distanz, im Schutze der Dunkelheit. Beinahe risikolos. Es hatte dem General große Mühe gekostet, den hohen Rat davon zu überzeugen, diesen einzigen Pfeil, für diese Mission zu opfern. Er durfte nicht scheitern. Nicht dieses Mal.
 

Der Raum wurde von mehreren Fackeln in ein warmes Rot und Orange getaucht.

Das Adrenalin in Lucs Adern stieg. Er war bereit.
 

„Oh, bitte nimmt platz, mein Prinz. Verzeiht, dass ich keine bessere Unterkunft für unsere Besprechung gewählt habe. Aber es erschien mir sinnvoll unser Treffen vorerst geheim zu halten,“ säuselte der Graf kleinlaut.

„Nun, vielleicht solltet ihr mir endlich die Umstände für eure gewichtige Einladung schildern.“
 

Die volle dunkle Stimme hallte in Lucs Kopf. Seine Entschlossenheit wankte. Seine Hände zitterten leicht. Aus den Augenwinkeln konnte er die sorgenvolle Miene seines Freundes sehen.
 

Nimm dich zusammen und hör auf zu zögern! Du wirst nur einen Vampir töten. Eine Bestie. Eine von vielen. Befreie die Menschheit von diesem Monstrum und dich selbst von ihm. Zielen und schießen, nichts weiter.
 

Luc atmete tief ein und aus. Seine Augen visierten die Brust der Zielperson an. Seine Finger legten sich ruhig auf den Abzug. Er hatte freies Schussfeld.

Es war soweit, der Winkel war perfekt.

Sein Körper spannte sich, bereit die Bogensehnen freizugeben. Als er den Hebelmechanismus bediente, spürte er im selben Moment einen eisigen Blick, der sich in sein Herz bohrte. Nachtschwarze Augen die ihn fesselten, jegliche Kraft aus ihm saugten.

Der Pfeil surrte durch die Luft.

Luc war wie vom Blitz getroffen. Sein Atem stockte.

Der Pfeil durchdrang Stoff und Fleisch.

Die Angst getroffen zu haben, wich dem Schock versagt zu haben.

Der Pfeil steckte tief in der linken Schulter des Prinzen.
 

„Luc, verdammt! Wir müssen weg!“

Augenblicklich fuhr der Jäger zusammen. In dem Zimmer unter ihm stand nur noch Iven, der ihn ruhig und geheimnisvoll anblickte.
 

Sie mussten fliehen. Gewandt schwangen sie sich die Äste hinunter. Die ersten beiden Angreifer lauerten schon. Vernon zog sein Schwert und stürzte sich in den Kampf.

Luc tat es ihm gleich. Mit bloßen Schwertern wird es schwer werden zu bestehen, schoss ihm noch durch den Kopf, dann reagierte er nur noch.

Er parierte Angriffe, attackierte, trieb seinen Gegner in die Enge. Seine Waffe schnitt in Fleisch. Der getroffene Vampir stieß einen Schmerzensschrei aus und taumelte gegen den wuchtigen Baumstamm. Auf der Brust des Vampirs klaffte eine lange tiefe Schnittwunde.

Das würde nicht helfen. Nur durch Enthauptung oder Feuer hatten sie eine Chance.

Verdammt. Er verfluchte sich dafür, dass er nicht auf den geweihten Dolch zu seinem Schutz bestanden hatte. Gleich ob es untersagt war, zwei sakrale Waffen einem Jäger zugleich anzuvertrauen, er hätte sich einfach nicht abwiegeln lassen dürfen.
 

Zwei weitere Angreifer eilten dem verletzten Vampir zu Hilfe und stürzten sich auf Luc. Er hatte keine Zeit sich jetzt zu ärgern. Gekonnt wich er aus und machte sich seine Gewandtheit zu Nutze.

Blut benetzte den Boden. Er hatte einem der Angreifer den Kopf abgeschlagen.

Noch bevor der verwundete Vampir, der mühsam an der Eiche sein Gleichgewicht suchte, realisieren konnte was geschah, bohrte sich die Spitze von kaltem Metall nachsetzend in sein Herz. Lautlos sackte der Vampir zu Boden. Er war nicht endgültig tot, aber zumindest kampfunfähig und die Verletzung war heftig genug, um schon bald dem Blutverlust zu erliegen.
 

Rasch wandte sich Luc den anderen beiden Gegnern zu, die von Vernon in Schach gehalten wurden. Aus dem Augenwinkel registrierte der Jäger, dass ein weiterer Vampir schwer blutend am Boden kauerte.

Metall klirrte auf Metall. Sein Gegner war stark, aber langsam. Zu langsam für ihn. Sein Schwert durchschlug Fleisch und Sehnen. Dumpf viel der Kopf des Vampirs auf den Boden.
 

Der Erfolg war jedoch von nur kurzer Dauer. Die restlichen Vampire gaben ihre Deckung frei und standen bereit. Wie Raubtiere kreisten sie ihre Beute ein.

Luc hörte ein leises Stöhnen von Vernon, der Rücken an Rücken zu ihm stand.
 

„Alles klar?“, fragte er besorgt.

„Einer der Mistkerle hat meine noch nicht verheilte Wunde an der Seite erwischt und ich weiß nicht, wie lang es noch meine rechte Schulter macht. Die wurde ganz schön erwischt. Fürchte ich hab ganz schön Blut verloren.

Sonst aber alles bestens. Fühle mich nur gerade wie ein gefundenes Fressen.“
 

Dann stand es schlimm. Vernon beklagte sich sonst nie über eine Verwundung.

Wie zur Bestätigung brach sein Freund zusammen und viel auf die Knie.

„Vernon!“ Panik erfüllte Lucs Herz. Besorgt versuchte er ihn zu stützen. Er musste ihn hier weg bringen.

„Schaffst du es zu den Pferden?“, flüsterte Luc.

„Soll das ein Witz sein? Willst du die restliche Meute alleine bezwingen?“

„Außer als Köder bist du mir in deiner Verfassung keine Hilfe. Ich bring dich hier raus. Egal wie.“
 

Lautes höhnisches Lachen durchschnitt die Nacht.

„Na wie niedlich. Und wie willst du das anstellen, Jäger?“

Der Kreis öffnete sich und der Graf durchschritt selbstgefällig die Reihe.

„Ich will es dir sagen, gar nicht. Ihr beiden Hübschen werdet eine leckere Abwechslung zum heutigen Geschäft sein. Als Mitternachtsschmaus, so zu sagen. Ich will euch auch zeigen, dass ich nicht unmenschlich bin und befreie deinen kühnen Freund hier, zuerst von seinem Leid.“ Herausfordernd beleckte der Graf seine Fangzähne.

„Rühre ihn an und ich töte dich!“ Luc sprach ruhig, aber bedrohlich.
 

Kurz überlegte er, ob es Sinn machen würde, den Grafen als Auftraggeber zu entlarven.

Schnell verwarf er jedoch den Gedanken wieder. Außer einem Verbliebenen, zählten alle Vampire die ihn mit gierigen Augen musterten, zu den Gefolgsleuten des Grafen.
 

„Tatsächlich? Nun wie ich sehe, scheinst du dein Handwerk zu verstehen. Ich bin aber nicht so einfach zu erledigen, wie diese armen Kreaturen. Also entweder wir Regeln das ohne großes Aufheben und du ergibst dich, oder ich reiße dich in Stücke.“
 

Luc wusste, dass er keine Chance hatte. Der Graf gehörte der oberen Clanschicht an. Allein mit einem gewöhnlichen Schwert gegen ihn anzutreten, wäre wie mit einem Zahnstocher gegen einen Löwen zu kämpfen. Dennoch, er würde sich nie ergeben. Nicht in tausend Jahren. Er würde sterben, aber nicht kampflos.
 

„Dann versuche dein Glück, Vampir.“

Die Miene des Grafen zog sich verärgert zusammen. „Du solltest besser Angst vor mir haben.“

„Bedaure, da muss ich wohl euer Ego kränken. Ich habe keine Angst vor dem Tod.

Und erst recht nicht vor einem geringeren Vampir, wie ihr es seid.“

Das saß. Der Graf schäumte sichtlich vor Wut. Inständig hoffte Luc, dass Zorn und Stolz seinen Gegner nachlässig und unaufmerksam werden ließ.

„Genug geredet Jäger. Ich bin mir sicher, dass du zumindest den Schmerz fürchtest und davon werde ich dir eine Menge bescheren!“
 

Eine schwarze Gestalt wirbelte über Lucs Kopf hinweg und kam direkt vor ihm auf. Luc erkannte sofort die Silhouette und war wie gebannt, als schwarze Augen tief in seine blickten.

Bevor er sich darin verlor, wandte sich der Prinz von ihm ab, um den Grafen zu taxieren.

Das behagliche Gefühl blieb jedoch. Erneut war der Jäger von Ivens Erscheinung gebannt. Seidig wandte sich glänzendes Haar über den stattlichen Rücken des Vampirs und verlor sich spielerisch an der schlanken Taille. Der unverwechselbare Duft von Feuer und Regen zugleich, betörte durch einen sachten Windhauch. Die Aura wirkte düster und erleuchtend im selben Schein. Anziehung, die mühelos gewann und Sehnsucht in Luc weckte.
 

Die kratzige Stimme des Grafen holte den Jäger in die brenzlige Gegenwart zurück.

„Ah, verzeiht. Ich hoffe ihr wurdet nicht zu schwer getroffen, mein Prinz.

Das Privileg der Bestrafung überlasse ich selbstverständlich euch, wenn ihr es wünscht.“

Der Prinz nickte knapp und wandte sich abermals Luc zu.
 

Er sollte das Schwert führen, sein Werk vollenden.

Doch sein Körper war wie taub. Seine Sinne vertrauensvoll dem Charme des Prinzen ergeben.
 

Die Hände des Schwarzhaarigen legten sich auf die Schultern des Jägers.

Sanft aber bestimmt, wurde Luc in die Arme des Vampirs gezogen.

Sofort wurde er von dessen Wärme eingefangen. Sein Instinkt hätte ihm flieh oder kämpfe befehlen sollen. Stattdessen fühlte er auf unerklärliche Weise wieder diese Vertrautheit.

Ivens weiche Lippen kitzelten sein rechtes Ohr.
 

„Lauf.“ Ein Flüstern, welches kribbelnd durch seine Glieder fuhr.

Dann verschwand die Wärme und Luc sah wieder klar. Er zerrte Vernon nach oben.

„Zu den Pferden und blicke nicht zurück! Das ist ein Befehl!“

Irritiert sah Vernon zu Luc, als auch schon der Kampf begann.
 

Der Prinz rang mit dem Grafen. Die anderen Vampire schienen noch unschlüssig, wie sie sich verhalten sollten.

Die Verwirrung war allgegenwärtig.

Luc durchbrach mit seinem Schwert die überraschte Reihe von Vampiren.
 

Vernon gehorchte und lief um sein Leben. Er blickte nicht zurück, auch wenn es ihm schwer viel. Er konnte Luc im Kampf keine Hilfe mehr sein, aber er konnte versuchen die Pferde zu erreichen.
 

Luc war erleichtert, als sich Vernon schnell von dem Kampfgetümmel absetzen konnte.

Immer mehr Vampire mischten sich in den Kampf mit ein.

Sie wurden beide angegriffen. Hartnäckig versuchte er in dem ungleichen Kampf zu bestehen.

Sein linker Arm und sein rechter Oberschenkel bluteten inzwischen heftig.

Er wusste nicht, wie lange er das noch durchhalten konnte.

Wie zur Erlösung gellte ein Schrei durch die Nacht.

Der Graf war besiegt.

Demonstrativ hielt Iven den abgetrennten Kopf in die Höhe. Die Vampire verbeugten sich nun furchtsam vor ihrem Herrn.
 

Ohne zu zögern nutzte Luc die Chance und rannte Richtung Wald. Sein Bein stach bei jedem Schritt und brannte wie Feuer. Die Blutung an seinem Arm, nahm deutlich zu. Er musste unbedingt die Wunden verbinden.

Leise drangen weitere Kampflaute an sein Ohr.

Ja, er war sich sicher, dass Iven keinen schonen würde. Sie hatten gezögert, dem Prinzen den erforderlichen Gehorsam versagt und nun sahen sie ihrer Strafe entgegen.

Inständig hoffte Luc, dass Iven kein Leid davon tragen würde.

Keines außer der Verletzung an seiner linken Schulter.
 

Keuchend ließ sich Luc an den Ufern eines Sees ins Gras fallen.

Hoffentlich hatte es Vernon geschafft.

Seine Lunge stach.

Als er Umhang und Oberbekleidung ablegte, um die Wunde an seinem Arm zu reinigen, legte sich die eisige Kälte der Nacht wie eine Decke aus Schnee auf seine Haut.

Das kalte Wasser hatte eine beruhigende Wirkung auf seinen pochenden Arm.

Er riss sein Hemd in Streifen und Verband sich selbst so gut es ging.
 

Wieso hatte Iven das getan? Wusste er von dem Hinterhalt und wollte er sich nur an dem Grafen rächen? Oder wollte er sein Leben retten, obwohl er wiederum gekommen war, ihn zu töten?
 

„Du hast mich abermals geschont, Jäger.“
 

Die Worte schnitten schärfer in seine Gedanken, als ein Messer in Fleisch.

Es war, als ob Iven seine Gedanken hören konnte und sie komplettierte.

Was sollte er entgegnen? Er wollte ihn töten. Doch in dem Moment, als sich sein Finger um den Abzug der Armbrust legte, da ... Luc schluckte.
 

„Verzeih, ich will dich nicht in Verlegenheit bringen, Erklärungen zu suchen.“

„Was willst du dann?“ Seine Stimme klang vorwurfsvoll. Dabei hatte er gar keinen Grund dazu. Iven hatte sein Leben gerettet. Seines und das von Vernon.
 

Iven trat näher. Wie beiläufig schweifte der Blick des Vampirs über den freien Oberkörper des Dunkelblonden. Schweigend ließ er sich neben dem Jäger ins Gras sinken.

Die Nähe des Prinzen, trieb Lucs Blut schneller durch seine Adern. Er konnte wieder diese angenehme Wärme fühlen, die ihn in Sicherheit und Geborgenheit wog.
 

„Das war eben ein ziemliches Massaker. Ich möchte mich vorab dafür entschuldigen was ich tun werde Luc, aber ich habe keine Wahl. Ich brauche ein Alibi.“
 

Noch bevor der Jäger die Worte begriff, wurde er abermals in die Arme des Vampirs gezogen. Wie in einem Schraubstock fühlten sich seine Glieder gefangen gehalten. Der heiße Atem an seinem Hals, ließ ihn schwindlig werden. Er wusste was folgen würde.
 

„Oh Gott, nein. Alles, aber nicht das!“
 

Seine Stimme war ein gebrochenes Wispern, doch er wusste, dass Iven sein Flehen gehört hatte und es ignorierte.

Wie zwei Speere gruben sich die Fangzähne in seinen Hals.

Die gerechte Strafe für dein Unvermögen, sprach seine innere Stimme.

Dann wurde er von einem Nebel aus Emotionen eingehüllt, die er nicht verstand.

Es war, als ob sich sein Innerstes nach außen kehren würde. Sein Herz setzte für einen Augenblick aus. Der Schmerz an seinem Hals ließ nach und er empfand den Biss wie einen Kuss. Leidenschaftlich, wild und zugleich voller Sanftheit.

Er fühlte Verlangen, Gier nach mehr. Ein Lustgefühl, das jenem gleich kam, wenn er des Nachts bei einer Frau lag. Nur intensiver, intimer.

Seine Hände krallten sich fordernd und zweifelnd in den Mantelaufschlag des Prinzen, während seine Sinne in der Woge von Behaglichkeit versanken.
 

Benommen wurde er behutsam zu Boden auf seinen abgelegten Umhang gelegt.
 

„Mache dir bitte keine Sorgen. Ich habe nicht getrunken. Siehst du?“

Iven hielt ihm ein weißes Taschentuch entgegen, das etwas mit Blut getränkt war.

Luc verstand die Worte, doch konnte er ihren Sinn nicht zuordnen.

Er glaubte im Fieber zu liegen.

Ungläubig griffen seine Finger nach dem Tuch.

Wie versteinert blickte er auf die roten Flecken, die vor seinen Augen verschwammen.
 

„Ich kann nicht bleiben, Luc. Der Morgen naht und mein Weg ist weit.“
 

Der warme Pelzmantel des Prinzen legte sich um seinen kalten Körper.

Seine Augen wurden schwer. Noch einen Blick wollten sie von der Schönheit vor ihm erhaschen, doch bevor er Iven in der Dunkelheit ausmachen konnte, viel er erschöpft in einen tiefen Schlaf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  ReinaDoreen
2012-01-29T19:02:09+00:00 29.01.2012 20:02
Eine tolle Geschichte. Ich freue mich über jedes neue Kapitel
Reni


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