Zum Inhalt der Seite

Ein ungeliebter Tag

in fünf Akten
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Akt 2: Am Morgen

Noch bevor die ersten Strahlen der Sonne durch seine Jalousien blinzelten, wusste Kurt bereits, dass dieser Tag einfach nur arg beschissen würde, es gab dafür keinen anderen Ausdruck. Er brummte tief, während seine Hand nach dem Wecker suchte, der mit infernalischem Geschrei klingelte und unaufhörlich weckte, mochte es noch so sehr dessen Profession sein, Kurt gewann dem nicht das Geringste ab. Er drehte sich auf die andere Seite und nahm sich fest vor, nur kurze fünf Minuten noch zu dösen, einfach um wach zu werden, das musste doch erlaubt sein. Wenig später ertönte leises Schnarchen von seinem Kissen.
 

"Verdammt! Verdammt! Verdammt!", fluchte Kurt. Schnell und zerrend riss er sich die Jeans über die Beine, versuchte es zumindest, aber Eile vereinfachte das Anziehen nicht im Geringsten. Sollte erfunden werden, dachte er kurz und verdammte dann weiter den Morgen, Schlaf und süße Träume, die er nicht gehabt hatte; nur Mäuse waren darin vorgekommen. Nicht gerade seine Lieblingstiere, selbst wenn sie ebenso Teil der Schöpfung Gottes waren. "Mann ey!" Kurt hechtete aus seinem Zimmer, für einen Abstecher in die Küche und ein stärkendes Frühstück war leider keine Zeit mehr, er kam auch so bereits viel zu spät zum Unterricht. Dann verschwand er in dem schwarzen Rauch. Kurz darauf stand er in ihrem Unterrichtszimmer, nicht mit der Art von Inneneinrichtung wie an normalen Schulen, aber genau deswegen war jeder Einzelne von ihnen hier. Er setzte sich auf seinen Platz.

"Bonjour monsieur Wagner", begrüßte Professor Beaubier ihn mit strenger Stimme und unnachgiebigem Blick. Mochte den meisten seiner Schüler gerade der Französischunterricht nicht wichtig erscheinen, zu spät zu kommen war entschieden keine Lösung.

"Bonjour", erwiderte Kurt nuschelnd und nickte leicht. Er kam nicht absichtlich zu spät und mit solch einem Blick vergingen ihm seine sonst so frechen Sprüche. "Excusez-moi."

Professor Beaubier nickte kurz und fuhr mit seinem Unterricht fort. Seine Schüler schrieben fleißig mit, beteiligten sich mit manchen Meldungen und trotz der frühen Morgenstunde ging das Lernen überraschend gut voran.
 

Schließlich räumten sie ihre Blöcke und Stifte zusammen, Kurt beendete noch die Notizen, welche er gerade aufschrieb. Robert blickte ihm über die Schulter und grinste: "Dein O sieht aus wie ein Arsch."

"Ich hab zumindest keinen auf dem Kopf." Kurt sah nicht auf. Das feixende Grinsen des anderen war ihm auch so mehr als bewusst und der Stupser gegen seine Schulter sagte das Übrige.

"Du könntest O auch wie sexy Brüste schreiben", schlug Robert vor und grinste in einer eindeutigen und dreckigen Weise. Noch war er in der Phase, solche Witze lustig zu finden und machen zu müssen.

Professor Beaubier schüttelte kurz den Kopf: "Müssen diese sexistischen Anspielungen immer sein, Bobby?"

"Ihnen wären die Ärsche sicher lieber." Es war für niemanden ein Geheimnis, dass Jean-Paul Beaubier kein romantisches Interesse an Frauen hatte, dem aufmüpfigen Jungen schien das eine gute Zielscheibe zu sein.

"Das ist ein O, trotz aller Verkrüppelungen", erklärte Kurt, "So wird es nie selbstsicher, wenn es ständig wie ein runzeliger Hintern betitelt wird." Er selbst hatte an Pflaumen gedacht, mit leerem Magen konzentrierte er sich eben schlecht.

Robert sah ihn zweifelnd an: "Selbstsicher? Wofür? Damit es nicht zu O-Saft gehäckselt wird?"

"Selbstsicherheit, das mag der O-Saft", schmunzelte Professor Beaubier, überging Roberts vorherigen Kommentar schlicht. So leicht ließ er sich nicht mehr provozieren. Dann verließ er den Unterrichtsraum, musste noch Utensilien für seine nächste Stunde holen.

Kurt sah ihm kurz nach, indes er seinen Block endlich schloss und in seine Tasche packte. "Gehäckselt oder gepresst, hätten sie Selbstbewusstsein, müssten sie weder das eine noch das andere ertragen. So ein O muss schon viel durchmachen. Wir müssen die Os retten", witzelte er. Er war trotz allem in seiner Vergangenheit ein fröhlicher Mutant und hätte er nicht solchen Hunger, wäre ihm sicher noch etwas Originelleres eingefallen. "Rettet die Os! Unsere armen Ärsche brauchen genauso viel Schutz wie Wale und Eisbären."

Robert lachte leise und amüsiert. "Und dabei leben sie mitten unter uns", ließ er sich auf die Spinnerei ein. Sie waren nicht die besten Freunde, aber eine angenehme und lustige Konversation teilten sie hier und dort gerne. Sie hatten einen ähnlichen Humor.

"Das ist doch das prekäre", erklärte Kurt und schulterte seine Tasche, damit sie ebenso den Raum verlassen konnten wie alle anderen zuvor, "Sie leben mitten unter uns, gehen durch so viele Hände, verschandelt von so vielen Stiften und müssen dann immer noch die Tortur zum Saft über sich ergehen lassen. Wir sollten einen Hof für den angenehmen Lebensabend von Os einrichten. So viel Leid kann doch kein noch so großer Kringel ertragen."

"Kringel", schnaubte Robert belustigt, "Jetzt wirst du diskriminierend. Das ist politisch nicht korrekt."

"Nicht? Entschuldige, ich bin wohl nicht auf dem neuesten Stand. Wie heißt es denn richtig?", und seine blauen Finger suchten blind in seiner Tasche nach etwas Essbarem. Vielleicht war noch ein Schokoladenriegel oder ein Bonbon zu finden. "Wir sind doch hoffentlich noch nicht bei gehandikapten... was denn Us angekommen? Oder maximalausgelassene Punkte?"

Robert lachte: "Maximalausgelassen find ich gut. Auf jeden Fall nichts mit Kreis, der Durchmesser hat sich bereits bei der letzten Konferenz beschwert – Ah, ich muss los." Er hob kurz die Hand, dann wandte er sich seiner Gruppe von Freunden zu, die im Gang standen und auf ihn warteten.

"Bis später", nickte Kurt noch. Ihm fielen wieder die Hausaufgaben ein, die er bisher erfolgreich verdrängt hatte, und seufzte: "Doofer Tag..." Kein Frühstück. Vielleicht war er ein wenig einfach und monoton gestrickt in diesem Bereich, aber ein hungriger Nightcrawler war ein nutzloser Nightcrawler – allerdings war das ohne Hausaufgaben nicht von Bedeutung. Er entschied sich, diese Mahlzeit beim Mittagessen nachzuholen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2014-03-18T15:32:36+00:00 18.03.2014 16:32
~ Kommentarfieber ~

Hallöchen,
ich habe dich nicht vergessen. ^^
Das Kapitel ist unterhaltsam. Auch wenn man nicht unbedingt ihren Humor teilt, kann man doch das Amusement klar erkennen. Für mich ist es schwierig, mir Kurt so fröhlich vorzustellen. Aber es gefällt mir auch.
Und die Anspielung dem Lehrer gegenüber ist vielleicht nicht gerade die netteste, aber er scheint sie ja nicht böse zu nehmen. Auf dieser Schule ist es natürlich alles etwas anders.
Auch finde ich es interessant, wie du erzählst. Wir wissen ja schon, dass ihm am Nachmittag eine Verletzung erwartet.
Bin gespannt auf den Rest. Habe hier nichts weiter zu meckern.

Liebe Schreibziehergrüße,
abgemeldet
Antwort von:  In-Genius
18.03.2014 16:41
Hi^^

ich hab mir für Kurts Charakter meine Erinnerungen an die Zeichentrickserie als Vorbild genommen. Früher, als ich jung war…, lief auf Kabel1 eine X-Men-Serie und da war Kurt ein aufgeweckter Teenager, mit so manchem Schabernack im Kopf. (Zumindest erinnere ich das so.)

Schön, dass auch die Reihenfolge der Kapitel was weckt. Ich wollte mal von der üblichen Chronologie abweichen^^

Hoffe, du fühlst dich auch von den verbleibenden Kapiteln unterhalten,
Jaehwa


Zurück