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Federspiel

von

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Auf Abwegen

Ellenki!“

Wazu!“

Der gewaltige Blitz, der dem gelb funkelnden Schwert entwichen war, zerbarst an dem Schild aus Eis, der sich erst Sekundenbruchteile vor diesem Zusammentreffen gebildet hatte. Aber schon im nächsten Augenblick stand der Junge direkt vor dem Mädchen und stieß sein Schwert kraftvoll nach vorn – der Eisschild zerbrach mit einem leisen Klirren. Misty wich zurück, versuchte, etwas Abstand zwischen sich und Ash zu bringen. Rasch hob sie die Hand, rief Wazu an und ließ einen filigranen Degen erscheinen, doch sie kam nicht dazu, ihn auch zu benutzen, da hatte die breite Klinge des Elektroschwerts ihn schon in Tausend Teile zerschlagen. Schweiß trat ihr auf die Stirn, während sich in Ashs Mundwinkel nun ein siegessicheres Lächeln kniete. Aber noch hatte er nicht gewonnen. Als er zum nächsten Angriff überging, hatte sie bereits einen neuen Eisschild geschaffen, an dem Ellenkis Funkenregen nun hilflos abprallte. Und schon im nächsten Moment ließ sie den Schild wie eine Eiswand nach vorne rasen, woraufhin Ash, der damit nicht gerechnet hatte, schützend sein Schwert vor sich hielt. Der Schild zersprang daran, gab aber dafür den Blick auf Misty frei, die nun einen blau glitzernden Bogen in den Händen hielt, einen funkelnden Eispfeil fest gespannt. Eindringlich sah sie Ash an.

 „Du kannst noch immer keinen Schild mit Ellenki formen, oder?“

Ash ließ das Schwert sinken.

„Nein, kann ich nicht.“

„Ok.“ Sie senkte ebenfalls ihre Hände; der Bogen verschwand. „Dann ist es zu gefährlich, hier weiterzumachen.“

 

„Kein schöner Anblick, die Federn gegeneinander kämpfen zu sehen, oder?“ Gary sah auf. Er hatte Mary nicht kommen hören, die sich nun schwerfällig neben ihm ins Gras setzte. Er wandte den Blick von ihr ab und richtete ihn wieder auf Ash und Misty, die nun mit einer neuen Übung begonnen hatten.

„Nein, ist es nicht.“ Er verschwieg, dass er es schon einmal gesehen hatte und dass es damals kein Spiel, kein Training gewesen war, sondern bitterer Ernst. „Aber sie meinen, so könnten sie ihre Energien am besten trainieren.“

„Sie machen ihre Sache gut. Also denke ich, dass sie recht haben.“ Er entgegnete nichts. Auch Mary schwieg nun, beobachtete wie er eine Weile die Kampfübungen, die Ellenki- und Wazu-Rufe, das Zerschellen und Neuentstehen von Waffen und Schilden.

Dann richtete sie ihren Blick wieder auf Gary.

„Meinst du, ihr werdet es schaffen?“

Er sah sie an, die Spur eines verschmitzten Lächelns auf seinen Lippen.

„Das ist eine komische Frage. Gibt es denn eine andere Möglichkeit? Sind wir nicht die 'Guten', die diesen Kampf gewinnen müssen? Ich meine, das ist kein Wettbewerb, keine Pokémonliga oder ein Sportturnier, wo man sein Bestes gibt, um am Ende möglichst gut abzuschneiden und sagen zu können, dass man alles versucht hat. Hier geht es um ein Menschenleben, und wenn sich die Sache schneller ausbreitet, als wir sie eindämmen können, vielleicht noch um so vieles mehr. Keiner würde wohl antworten: 'Mal sehen, wir werden es auf jeden Fall versuchen' … Deine Frage ist so ehrlich, dass sie mir Angst macht.“

„Und? Glaubst du, ihr schafft es?“

„Ja, das tue ich. Denn alles, was ich zulasse, dass man dem Ishi-Träger antut, werde ich mir niemals verzeihen können.“

„Dir geht es vor allem um diesen Menschen, nicht wahr? Ash und Misty versuchen vor allem, die Welt zu retten. Aber du …“

„Ich möchte die Welt genauso vor ihrem Untergang oder irgendeinem grauenhaften Schicksal bewahren. Und Ash und Misty sind genauso wie ich der Meinung, dass wir alles versuchen werden, um den Ishi-Träger zu beschützen.“

„Trotzdem.“ Sie betrachtete ihn ausgiebig. „… Du hast gesehen, wie jemand gestorben ist, nicht wahr?“ Seine Augen weiteten sich überrascht, aber er antwortete nicht. Sie nickte dennoch, verstehend, wissend. „Ich bin eine alte Frau. Ich habe viel erlebt und viel gesehen. Auch ich musste Lebewesen gehen lassen, die ich sehr geliebt habe. Zuletzt meinen Mann. Wenn man einmal gesehen hat, wie jemand stirbt, ist man nicht mehr der gleiche.“

Seine Brust verkrampfte sich.

„Wie muss es da nur den drei Vögeln gehen, die das anscheinend immer wieder mit ansehen müssen … Kein Wunder dann, dass Lavados diesmal jemanden wie dich erwählt hat.“

Er stand auf, schweigend, sah sie nicht an und entfernte sich ohne ein weiteres Wort. Für eine Weile sah Mary nachdenklich in die Richtung, in die er gegangen war, obwohl sie ihn dort längst nicht mehr erblicken konnte. Dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Ash und Misty, die in diesem Moment ihr Training unterbrachen und auf sie zukamen.

„Mary, wo ist Gary?“ Suchend sah Ash sich um, denn er hätte schwören können, dass der andere Junge vor einigen Minuten noch an der Seite der alten Frau gewesen war. Außerdem sah Gary ihnen jedes Mal zu, selbst wenn er sich an den Kämpfen nicht beteiligte.

„Ich weiß es nicht genau. Wir haben ein bisschen geredet, über eure Aufgaben als Federn. Dann ist er wortlos aufgestanden und gegangen.“

Ash seufzte.

„Das macht er in letzter Zeit ständig.“ Auch ohne sie anzusehen wusste er, dass beide Frauen ihn überrascht und fragend ansahen. „Von jetzt auf gleich irgendwohin verschwinden … Ich mein', ok, einmal war es, als er mir das von seinem Nachtara erzählt hat. Da versteh' ich's ja, wenn er ein bisschen Ruhe und Abstand brauchte.“

„Nachtara …“ Ash hatte eigentlich weitersprechen wollen, aber nun richtete er seinen Blick überrascht auf Mary, als sie den Namen des Pokémons leise und nachdenklich aussprach. „Ist das das Pokémon, das er … verloren hat?“ Ashs Verwunderung wuchs, und auch Misty war nun sichtlich irritiert.

„Woher wissen Sie das, Mary? Hat Gary Ihnen etwa davon erzählt?“

„Oh, ich wusste es nicht, aber deine Reaktion zeigt mir, dass ich recht habe. Wundert euch nicht zu sehr. Mit dem Alter bekommt man ein Gespür für gewisse Dinge. Ich habe es mir einfach gut zusammengereimt.“

„Aha …“ Die Silben kamen langsam, zögerlich, und Ash versuchte sich an das zu erinnern, was er zuvor hatte sagen wollen. „Haben Sie mit Gary eben auch über Nachtara geredet, als er gegangen ist?“

„In gewisser Weise schon.“

„Dann ist es ja kein Wunder, wenn er sich wieder verkrümelt“, entgegnete Misty.

„Ich werd' mal schauen, ob ich den Jungen irgendwo finde.“ Mary erhob sich vom Boden, mühsam, doch bevor Misty ihr aufhelfen konnte, hatte sie es aus eigener Kraft geschafft und trottete nach einem kurzen Abschiedswort davon, in die Richtung, in die zuvor Gary gegangen war.

Erst, als sie außer Sichtweite war, durchbrach Ash das Schweigen.

„Ich weiß nicht.“

„Hm? Was weißt du nicht?“

„Ob wirklich nur Nachtara der Grund dafür ist, dass Gary sich ab und zu davonmacht. Das war gestern nämlich nicht das erste Mal. Er hat das vorher schon gemacht, als wir uns abends in unserem Zimmer unterhalten haben.“

„Und worüber habt ihr euch da unterhalten?“

„Über dich.“

„Über mich?“ Ihre grünen Augen blitzten ihn verwundert an, und er musste den Blick abwenden und ärgerte sich darüber, dass ihn das Thema nun doch in Verlegenheit brachte.

„Na ja … Mehr über euch. Also über eure Beziehung.“ Sie hätte wohl nicht verwundert sein dürfen, weil ihr durch Ashs Worte ein paar Stunden zuvor hätte klar sein müssen, dass er bereits alles wusste, was Gary ihm hatte erzählen können. Und trotzdem überraschte es sie, und vor allem hatte sie mit einem Mal ein schlechtes Gewissen und das Gefühl, nicht ehrlich zu Ash gewesen zu sein, weil sie es ihm nie selbst erzählt hatte.

„Wie … seid ihr denn da drauf gekommen?“

„Na ja, ich war … neugierig? Ganz offensichtlich hattet ihr in den letzten Jahren irgendwann einmal Zeit miteinander verbracht, und ich wollte einfach wissen, was für Zeit das war. Er hat mir auch so ziemlich alles erzählt, denke ich, aber dann, mitten im Gespräch, hat er plötzlich abgebrochen und meinte, er müsse mal kurz raus. Hatte sich verschluckt, oder so. Ich war vollkommen perplex und hab gar nicht gerafft, was los war, und mich gefragt, ob ich ihn irgendwas Falsches gefragt hatte. Aber es hatte eigentlich nicht den Eindruck gemacht, als ob er mir irgendwas nicht erzählen wollte.“ Ash seufzte. „Und dann erzählt er uns heute nebenbei, dass Ishi versucht hat, ihn mit Nachtara auszunutzen. Ich weiß nicht, vielleicht war das sogar in dieser Nacht?“

„Wir hätten ihn mehr dazu fragen sollen.“

„Ja, hätten wir. Aber ich war vorhin so wütend, und jetzt würde es mir leid tun, Nachtara noch mal anzusprechen … Weißt du, ich will ihm ja glauben, wenn er sagt, da ist nichts mit Ishi passiert. Aber ich weiß einfach nicht, ob er das selbst einschätzen kann. Und dass er sich jetzt wieder mal allein davonmacht, dass er immer erst auf Nachfragen irgendetwas erzählt … Wenn ich ehrlich bin, macht es mir das etwas schwierig.“ Er hatte sagen wollen, macht es mir das etwas schwierig, ihm zu vertrauen, aber dann hatte er es doch nicht fertiggebracht, diese Worte auszusprechen. Durfte er soweit gehen? Durfte er wirklich denken, dass er anfing, Gary zu misstrauen? Wenn die Federn anfingen, aneinander zu zweifeln, war das dann nicht schon der Anfang vom Ende? Sie mussten einander vertrauen, blind, in jeder erdenklichen Situation, sonst würde Ishi leichtes Spiel mit ihnen haben.

Er schüttelte den Gedanken beiseite.

„Und Mary war gerade auch so seltsam … Ich weiß manchmal nicht, ob sie wirklich nur eine alte Frau mit viel Durchblick ist oder ob sie mehr weiß, als sie sagt.“

„Sollen wir vielleicht auch erst mal zurückgehen und schauen, was mit Gary ist? Vielleicht hatte es ja einen ganz banalen Grund, dass er gerade gegangen ist.“

Ash dachte kurz nach, dann schüttelte er den Kopf und irritierte Misty damit.

„Ehrlich gesagt … Ist es ok, wenn ich auch mal für ein Stündchen oder so verschwinde? Wir wollten ja eh gerade Pause machen. Ich hab einfach das Gefühl, ich brauch mal einen Moment für mich. Versteh das nicht falsch, es ist nicht so …“ Er suchte nach Worten, fand aber keine und fühlte sich mit einem Mal hilflos, weil er nicht wollte, dass Misty irgendetwas Falsches dachte.

Doch sie lächelte sanft und legte ihm eine Hand auf die Schulter.

„Ist schon ok. Wir hocken jetzt seit Tagen ständig alle aufeinander, ich kann verstehen, wenn du mal eine Auszeit brauchst.“

Er nickte, so unendlich dankbar, dass sie tatsächlich zu verstehen schien, was in ihm vorging. Es war nicht so, dass er die Gegenwart der anderen beiden nicht mehr ertrug, aber bevor Misty vor ein paar Tagen zu ihm gekommen war, hatte er die meiste Zeit allein verbracht, nur mit seinen Pokémon, und hatte vielen seiner Gedanken nachgehen können. Auch wenn das zu diesem Zeitpunkt sicherlich nicht der beste Zeitvertreib gewesen war, im Moment fehlte es ihm einfach, auch mal einen Moment für sich zu sein, um sich selbst sammeln und seine Gedanken sortieren zu können.

„Danke.“ Er schenkte ihr ein aufrichtiges Lächeln. „Ich werd' ein bisschen spazieren gehen und komm dann später zur Pension zurück, ok?“

„Klar. Und ich versuche inzwischen mal rauszufinden, was zwischen Gary und Mary war.“

 

Ehrlich gesagt hatte er Angst gehabt.

So sehr er auch spürte, dass er diese Auszeit brauchte, zunächst hatte er befürchtet, dass sie ihm nicht gut tun würde. Dass er in alte Muster verfallen, sich wieder abschotten würde, dass er spürte, dass ihm die Gegenwart anderer Menschen doch zu viel war.

Doch glücklicherweise war dem nicht so. Zwar genoss er es tatsächlich, einfach einmal schweigend durch die belebten Straßen laufen zu können, aber irgendwie, und das konnte er sich selbst nicht so recht erklären, war das ein anderes, angenehmeres Alleinsein, als das, was er noch bis vor kurzem gelebt hatte. Ja, jetzt brauchte er mal ein Weilchen für sich, aber später, da würde er zu Misty und Gary zurückkehren und gemeinsam würden sie schon irgendeine Lösung für alles finden, was vor ihnen lag.

Als Ash sich nun umschaute, um zu sehen, wo sein zielloser Gang ihn eigentlich hingebracht hatte, stellte er zu seiner Verwunderung fest, dass sich nur ein paar Meter vor ihm wieder das kleine Nudelsuppenrestaurant befand, in dem sie gestern diese unverhoffte Begegnung gehabt hatten.

Er zögerte. Sollte er seinen Weg einfach fortsetzen, oder den Zufall nutzen und noch einmal vorbeischauen, wenigstens ein kurzes 'Hallo' da lassen? Doch irgendwie fühlte es sich falsch an, noch einmal hineinzugehen. Das gestern, das war eine dieser besonderen Ereignisse im Leben gewesen, die man einfach so stehen lassen musste. Eine schöne Erinnerung, die man sich bewahren musste, indem man nicht versuchte, sie zu wiederholen.

Nun, vielleicht war das alles etwas zu kitschig und übertrieben. Vielleicht hätte es überhaupt keinen Unterschied gemacht, wenn er heute ein weiteres Mal in das Restaurant eingekehrt wäre. Aber er entschied sich dagegen und wollte seinen Weg gerade fortsetzen, jetzt mit einem Lächeln auf den Lippen, als in diesem Moment Tess durch die Ladentür trat. Ihre Blicke trafen sich, und augenblicklich wurde sein Lächeln größer. Sie schien überrascht ihn zu sehen, und ihn überraschte es, dass er jetzt zielstrebig auf sie zulief.

Ja, er hatte allein sein wollen. Doch jetzt kam ihm der Gedanke, dass es vielleicht gar nicht das Alleinsein war, das er vermisste, sondern die Möglichkeit, einfach mal wieder mit jemand anderem als den immer gleichen Menschen zu sprechen. War er bei Misty und Gary, ging es, natürlich, um die Legende. Und sprach er, wie an diesem Vormittag, mit jemandem, der ihm nahe stand, der aber nichts von der ganzen Geschichte wusste, dann plagte ihn ein schlechtes Gewissen. Selbst gestern mit Jessie und James war es beinahe seltsam gewesen, ihnen das ganze zu verheimlichen, auch wenn diese Verbindung so eine ganz andere war und sie sich außerdem seit Jahren nicht gesehen hatten.

Aber Tess war eine Fremde. Wenn er mit ihr plauderte, dann war es in Ordnung, nicht alles preiszugeben, dann war es in Ordnung, auch mal über Belanglosigkeiten zu reden.

„Hi, Tess!“ Sie lächelte. „Na, schon Feierabend?“

„Nein, nur Pause. Um diese Zeit ist nie viel los, da sind die meisten Leute lieber am Strand. Dafür ist abends die Hölle los.“

„Glaub ich gern, ich hab ja gesehen, wie voll es bei euch war. Halte ich dich von irgendwas ab, oder wollen wir ein Stück zusammen gehen?“ Sie wirkte noch immer überrascht, und Ash konnte es ihr nicht verübeln. Seine Anhänglichkeit musste ihr seltsam vorkommen, im Grunde wunderte er sich ja über sich selbst. Man hätte glauben können, er wolle das Mädchen angraben, dabei war es wirklich nur die Sehnsucht nach einem anderen Gesprächspartner, die ihn so forsch sein ließ.

Verschreckt zu haben schien er sie aber nicht, denn sie nickte nun langsam.

„Meinetwegen … Ich habe nichts Besonders vor. In den letzten Tagen bin ich einfach ein wenig durch die Stadt gelaufen oder habe mich an den Strand gesetzt und aufs Meer hinaus gesehen.“

Sie gingen wieder in Richtung Strand, blieben aber diesmal oberhalb des Hangs, der die asphaltierten Straßen von Sand und Meer trennte. Unten tobte das Leben, kein Vergleich zu der beschaulicheren Atmosphäre, die gestern geherrscht hatte, als sie vier sich hier getroffen hatten. Ash lehnte sich an das Geländer der Böschung und sah in die Ferne. Die Sicht war klar und draußen auf dem Meer konnte man schemenhaft die Insel mit der Legende erkennen.

„Bist du heute gar nicht mit Misty und Gary zusammen?“

„Nein, wir … ich hatte Lust, einfach mal was alleine zu machen.“

Sie nickte.

„Dansazu City ist schön.“ Bis eben war ihm dieser Gedanke noch kein einziges Mal gekommen. Gut, er hatte auch nicht wirklich die Zeit gehabt, sich ein Urteil über diese Stadt zu bilden, und er wusste auch nicht, was ihn jetzt zu dieser Aussage verleitet hatte. Es war immer noch ein Touristenstädtchen und ein typischer Urlaubsort. Aber irgendetwas gefiel ihm an Dansazu City.

„Ja, und voll.“ Er lachte lautlos.

„Das stimmt. Gefällt es dir denn nicht hier? Warum bist du denn dann hier?“

„Wegen der Legende.“ Er hatte vergessen, dass sie zumindest grob von der Legende wusste. „Ich bin ständig mal hier, mal da, immer auf der Suche nach neuen Geschichten.“

„Fast wie ein Pokémontrainer, der von einem Abenteuer ins nächste zieht.“

„Ja, fast wie ein Pokémontrainer … nur ohne Pokémon.“

Er betrachtete sie von der Seite, doch sie hielt ihren Blick starr in die Ferne gerichtet und sah ihn nicht an.

„Bereust du es manchmal?“

„Was?“ Nun blickte sie doch überrascht hinüber.

„Dass du sie weggegeben hast.“

Sie zuckte mit den Schultern und wandte sich wieder ab.

„Was hätte es denn gebracht … Ich habe so viele Jahre meines Lebens damit verbracht, einem Traum hinterherzujagen, den ich nicht erreichen konnte. Da war es besser, einen Schlussstrich zu ziehen.“

Lieber ein Ende mit Schrecken?

„Aber du hättest doch auch …“

„Ich weiß, was du sagen willst. Natürlich, als ich gemerkt habe, dass das Trainer-Sein nichts für mich ist, da hätte ich mich nicht zwangsläufig von meinen Pokémon trennen müssen. Viele halten sich Pokémon einfach als Haustiere, und vielleicht hätte ich das auch tun können. Aber …“ Sie biss sich auf die Unterlippe, schien unsicher, ob sie weitersprechen sollte. „Aber ich weiß, dass ich einfach jemand bin, der etwas komplett und ganz von sich stoßen muss, um wirklich damit abschließen zu können. Ich musste mich einfach von meinen Pokémon trennen, weil ich es sonst bestimmt doch wieder versucht hätte. Und außerdem hätte es wehgetan, durch sie immer wieder an mein Versagen erinnert zu werden.“

„Ist es ein Versagen, zu merken, dass man dem falschen Traum hinterhergerannt ist?“

„Wenn alle von dir erwarten, dass es dein Traum ist, vermutlich schon.“

Er wusste es doch selbst. Er hatte gesehen, wie die Menschen um ihn herum reagiert hatten, als er beschlossen hatte, nicht mehr in der Pokémonliga anzutreten. Aber er hätte es niemals fertiggebracht, sich von seinen Pokémon zu trennen.

„… Was hattest du für Pokémon?“

„Ein Tauboga, ein Fukano, Wiesenior, Rattfratz … Halt all die typischen Pokémon, die man auf so einer Reise eben trifft.“ Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. „Ich wollte immer irgendwann mal ein Evoli haben. Aber es hat sich leider nie ergeben. Na ja, letztendlich wäre es eh egal gewesen.“

„Ein Evoli? Wir haben gestern Nacht hier am Strand eins gefunden. Irgendwer muss es ausgesetzt haben. Wir haben es erst mal mitgenommen und zu Professor Eich geschickt, bei dem auch meine anderen Pokémon sind. Aber, falls du …“

„Nein! Ich hab's dir doch gesagt, ich musste sie weggeben, weil ich sonst niemals mit dem ganzen Trainer-Sein hätte abschließen können. Vielleicht wirkt das auf dich zu radikal, aber ich kann anders einfach keinen Schlussstrich ziehen.“

Ash nickte.

„Tut mir leid, ich wollte dich nicht verletzen …“

Sie seufzte.

„Schon gut. Ich sollte jetzt sowieso langsam wieder zurück.“

„Oh, ok. Dann mach's gut!“

Er sah ihr unsicher nach, als sie sich nun auf den Rückweg machte, und hatte ein schlechtes Gewissen, dass er das erst so lockere Gespräch in eine blöde Richtung gelenkt hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: MiyaToriaka
2017-01-06T22:40:03+00:00 06.01.2017 23:40
Ich mach mir langsam richtig Sorgen um das Trio. Da weiß doch keiner mehr was der andere macht und wie sie sich fühlen.
Gary macht sich verdächtig weil er immer abhaut.
Misty steht zwischen den Fronten.
Und Ash weiß nicht so recht mit wem er reden soll.
Da ist Ärger vorprogrammiert. Plus Tess. Was spielt sie für eine Rolle? Es kann kein Zufall sein dass es Ash ausgerechnet zu ihr in seinem Gefühlschaos hinhingezogen hat.

Ich bin so damn gespannt wies weiter geht und freue mich so sehr über das Update. ❤ Mach weiter so,  Miuu ^^


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