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How to Save a Life

Wichtelgeschichte für Puppenspieler
von

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Half-time

Hanamiya sprach erst wieder mit Kiyoshi, als sie beide in ihrem ersten Jahr an der Oberschule waren und Kirisaki Dai'ichi in einem offiziellen Match gegen Seirin antrat. Das bedeutete jedoch nicht, dass sie sich vorher nicht über den Weg gelaufen waren, denn wie er in den letzten Monaten hatte feststellen müssen, war Kiyoshi genauso schlimm wie ein Stalker. Oder vielleicht schlimmer, denn ein Stalker gab wenigstens darauf Acht, dass man ihn nicht bemerkte. Kiyoshi hingegen hatte sich alle Mühe gegeben, Hanamiya auf sich aufmerksam zu machen.

Doch Hanamiya hatte ihn ausgeblendet, hatte ihm in seltenen Fällen Blicke zugeworfen, die mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht hatten, dass er nicht unverletzt davonkommen würde, sollte er ihn noch einmal ansprechen. Sehr zu seiner Überraschung hatte Kiyoshi sich damit abgefunden; zumindest bis zu diesem Spiel.

Als er erfahren hatte, dass Kiyoshi für ihren nächsten Gegner Seirin spielte, war er weder erstaunt noch besorgt gewesen. Vielleicht interessiert, weil sie zwar öfters miteinander, aber noch nie gegeneinander gespielt hatten, aber selbst das wollte er nicht zugeben. Schon gar nicht, als der andere ihn kurz vor Spielbeginn abfing, um ihn einmal mehr zu einem Gespräch zu zwingen.

Kiyoshi hatte kurz gewunken und ihn dann lächelnd zu einem kleinen Seitengang im Stadion geführt. Hanamiya war jedoch schlau genug gewesen, sich nicht wieder in die Enge treiben zu lassen, also war er vor dem Gang stehen geblieben und hatte sich an die Wand gelehnt.

»Wir haben uns lange nicht gesehen«, sagte Kiyoshi, nachdem er sich ein wenig vom anderen entfernt ebenfalls an die Wand gelehnt hatte, im Gegensatz zu Hanamiya jedoch seitlich, sodass er ihn noch ansehen konnte.

Dieser schnalzte lediglich mit der Zunge. »Für meinen Geschmack nicht lange genug.«

»Bissig wie immer.« Kiyoshi lächelte und war sich vermutlich im Klaren darüber, dass Hanamiya alles dafür getan hätte, wenn er ihm nur endlich ins Gesicht schlagen durfte.

»Was willst du, Tesshin?« Er klang genervt, klang so, als hätte er mit jedem Thema, das Kiyoshi anschneiden könnte, schon längst abgeschlossen.

»Dir eine Frage stellen.« Seine Mundwinkel sanken ein wenig, doch das Lächeln blieb. »Ich wollte sie dir eigentlich schon viel früher stellen.« Bei jedem anderen hätte ein Vorwurf mitgeklungen, doch Kiyoshi machte lediglich den Eindruck, als würde er es wirklich bedauern.

»Und?«, fragte Hanamiya ungeduldig, auch wenn er sich sicher war, dass der Unterton den anderen nicht interessieren würde. In der Tat sah Kiyoshi ihn erst für ein paar Augenblicke schweigend an, ehe er fortfuhr.

»Macht es dir Spaß, Basketball zu spielen? Oder tust du es nur, weil du gut darin bist?«

Die Frage brachte ihn kurzzeitig aus dem Konzept, aber über die letzten Monate hinweg hatte er zu seiner alten Form zurückgefunden, hatte endlich gelernt, solche Dinge nicht so schnell an sich heranzulassen – selbst, wenn sie mit Kiyoshi zu tun hatten.

»Warum interessiert dich das?« Er musste sich keine mehr Mühe geben, seine Stimme kalt und distanziert klingen zu lassen. Selbst das nervenaufreibende Lächeln des anderen brachte ihn aus dem Konzept.

»Weil du mich interessierst.«

Früher hätte man ihm seine Reaktion am Gesicht ablesen können, jetzt zuckte Hanamiya nicht einmal, sondern rollte nur genervt mit den Augen. »Soweit waren wir schon.«

»Warum beantwortest du meine Frage nicht?«

»Weil dich die Antwort nichts angeht.« Und, weil er noch nicht einmal selbst darüber nachgedacht hatte. Dann wiederum war das nichts, das Hanamiya interessierte – und das lag ganz bestimmt nicht daran, dass er sich vor der Antwort fürchtete.

Er schüttelte den Kopf, stieß sich von der Wand ab und wollte gehen, als Kiyoshi ihn zurückrief.

»Was denn noch?«, fragte er gereizt und sah über die Schulter zurück zu dem anderen, der ihn mit einem so ekelerregend freundlichen Lächeln auf dem Gesicht ansah, dass er spürte, wie ihm die Galle hochkam.

»Lass uns Spaß haben.«

»Huh?« Misstrauisch beäugte er den anderen und brachte unwillkürlich noch ein paar Schritte mehr Abstand zwischen sich und ihn. Kiyoshi seinerseits ging auf ihn zu und lächelte weiter.

»Sich für etwas aufzuopfern, das einem am Herzen liegt, bringt den meisten Spaß«, raunte er ihm im Vorbeigehen zu und machte sich auf den Weg zu seiner Umkleide. Zurück blieb Hanamiya, der ihm zunächst ausdruckslos hinterher blickte. Irgendwann verzog sich sein Gesicht zu einer abfällig grinsenden Fratze.

Sich aufopfern? Alles in seiner Macht stehende tun, um sich einer Tätigkeit hinzugeben, deren Ausübung einen im Leben nicht weiter brachte? Die keine Probleme lösen konnte und die man nur zum Zeitvertreib machte?

Hanamiya lachte leise und nahm sich vor, Kiyoshis Opfer bei Weitem größer ausfallen zu lassen, als dieser es sich jemals hätte vorstellen können.
 

Als Hanamiya im letzten Viertel eingewechselt wurde, lag Seirin mit zehn Punkten in Führung. Es waren nicht einmal mehr vier Minuten zu spielen, und trotz der Tatsache, dass sie das Spiel hätten gewinnen können, wenn er das gewollt hätte, war ihm der Sieg vollkommen egal. Obgleich er nicht gerne verlor, gewann er noch weniger gerne für ein Team, das nicht das tat, was er von ihnen erwartete.

Beiläufig beschwerte er sich über seinen Captain, während er am Rand darauf wartete, aufs Spielfeld zu dürfen. Ihr Captain hatte gewusst, dass Hanamiya ihr bester Spieler war, besser als all die arroganten Spieler im dritten Jahr, und er hatte auch gewusst, dass er ihn schon viel früher hätte aufs Feld schicken müssen, wenn sie problemlos hätten siegen wollen. Aber er mochte ihn nicht, so wie die meisten Älteren aus ihrem Team. Deshalb war es für Hanamiya ganz selbstverständlich, dass er sich nicht für diese Menschen anstrengen würde.

Außerdem hatte er einen viel amüsanteren Plan für die letzten paar Spielminuten.

Derweil beobachtete Kiyoshi angespannt, wie der andere den Platz betrat. Obwohl sie sich schon lange kannten, hatten die fünf Mukan no Goshou unabhängig voneinander entschieden, dass sie sich bei offiziellen Spielen so verhalten würden, als wenn sie sich das erste Mal über den Weg liefen. Wenn man ihre Persönlichkeiten in Betracht zog, war der Einzige, der damit Schwierigkeiten hatte, vermutlich Hayama, und von dem erwartete ohnehin niemand, dass er den Ignoranten mimte.

Kiyoshi wendete den Blick erst dann von Hanamiya ab, als Izuki und Hyuuga neben ihm auftauchten. Letzterer legte den Kopf schief und sah interessiert zu dem neu eingewechselten Spieler.

»Kennt ihr ihn?« Kiyoshi war niemals ein guter Lügner gewesen, deswegen war er froh, dass Izuki antwortete, bevor ihm selbst etwas herausgerutscht wäre.

»Er ist einer der Mukan no Goshou und damit genauso stark wie Kiyoshi.« Vermutlich sogar stärker, wenn er ernsthaft spielte, aber er wusste, dass Hanamiya sich keine Mühe mehr geben würde.

»Wieso wird er jetzt erst eingewechselt?«

Izuki zuckte mit den Schultern. »Das weiß ich nicht. Allerdings habe ich nur Schlechtes über ihn gehört...«

Kiyoshi lächelte, ohne wirklich zu wissen warum. Freude war es jedenfalls nicht. Ihm war klar, dass Hanamiya etwas plante, irgendetwas, das seine Erwartungen bei Weitem übersteigen würde, also machte es keinen Sinn, jetzt darüber nachzudenken. Stattdessen wollte er sich auf ihren Sieg konzentrieren. Er musste nur darauf achten, vorsichtig zu sein, wenn er während des Spiels in seine Nähe kam.

Tatsächlich gab es in der ersten Minute nichts, das ihn unter normalen Bedingungen hätte beunruhigen müssen. Hanamiya blieb zunächst bei regulären Spielzügen, die zwar mit Perfektion ausgeführt wurden, aber dennoch nichts Besonderes waren. Das wusste dieser genauso gut wie Kiyoshi, doch im Gegensatz zu seinem Gegner wusste Hanamiya auch, worauf er sich eigentlich konzentrierte.

Wenn er nicht im Ballbesitz war oder das Spiel langsamer verlief, starrte er vollkommen fixiert auf Kiyoshis linkes Bein. Warum er sich ausgerechnet für dieses Körperteil entschieden hatte, war ihm schleierhaft, aber es war auch nicht von Bedeutung.

»Gebt nicht auf! Lasst uns ihnen zeigen, was wir können!«, rief er mit einem Lächeln, von dem er erwartete, dass nur ein Mensch auf diesem Platz erkannte, was er damit bezwecken wollte. Kiyoshi hätte beinahe laut losgelacht, als er hörte, wie Hanamiya sein Team anfeuerte. Gleichzeitig sah er es als Zeichen, noch vorsichtiger zu sein.

Woran es lag, konnte Kiyoshi nicht sagen, doch noch bevor sie ihren Angriff gestartet hatten ahnte er, dass es nicht gut enden würde. Er tat sein Möglichstes, um sich von diesem Gedanken nicht in seinem Spiel beeinflussen zu lassen, und bis zu Koganeis Wurf gelang ihm das auch ganz gut.

Er spürte einen Schauer über seinen Rücken jagen, sowie er Hanamiya aus dem Augenwinkel grinsen sah. Dennoch sprang er, als der Ball den Korb verfehlte und als Offense Rebound im Spiel blieb, fing ihn tatsächlich und brachte Seirin zurück in den Ballbesitz. Und als Kiyoshi spürte, wie der Schmerz sein linkes Bein durchzuckte, wusste er, dass es vorbei war.

Hanamiya hatte lange auf diesen schmerzerfüllten Schrei gewartet, hatte ihn herbeigesehnt, hatte sogar davon geträumt, und endlich war der Moment gekommen, in dem er ihn hören konnte. Gleichzeitig hörte er etwas zerbrechen, von dem er sich nicht sicher war, was es sein könnte, aber das war nicht relevant, würde niemals mehr wichtig sein, denn nun hatte er alle Bande gelöst, die ihn und Kiyoshi zusammengehalten hatten. Aber er konnte es nicht dabei belassen. Er musste weitermachen, musste etwas sagen, denn er fürchtete, dass sein Grinsen sonst verschwinden würde.

»Was stimmt nicht mit ihm? Geht es ihm gut?« Hanamiya war sich bewusst, dass er nicht so überzeugend klang, wie er gerne gewollt hätte, aber für den Moment würde es reichen.

Hyuuga zumindest verhielt sich so, wie er erwartet hatte. Vor Wut schäumend packte er Hanamiya am Kragen seines Trikots und zog ihn zu sich. »Was sollte das?! Euer Timing bei dem Rebound war vollkommen falsch! Außerdem hast du irgendeine Form von Signal gegeben!«

»Oi oi. Unterstellst du uns etwa Absicht?« Er reckte das Kinn ein wenig nach vorne, wollte den anderen noch weiter provozieren, wollte sehen, wie weit er ihn treiben konnte. »Wenn du dir da so sicher bist, wirst du wohl irgendwelche Beweise dafür haben, nicht wahr?«

Mittlerweile sah Hyuuga so aus, als ob er ihm jeden Augenblick ins Gesicht schlagen würde. Hätte Kiyoshi nicht eingegriffen, wäre es wohl auch so weit gekommen.

»Warte, Hyuuga! Das ist es nicht wert, mir geht es gut.« Kiyoshi war bereits auf eine Trage gebettet worden und wurde gerade vom Platz getragen. Ihm war klar, dass Hanamiya sich in den nächsten paar Spielminuten auch am Rest seines Teams – allen voran Hyuuga – austoben würde, wenn er diesen jetzt nicht aufhielt.

Also schenkte er seinem Team ein aufmunterndes Lächeln. »Ich werde bald zurück sein.«

Hanamiya war sich nicht sicher, ob dieses Versprechen an Seirin oder an ihn gerichtet war, und es würde ihm definitiv besser gehen, wenn er es nicht wusste. Während Hyuuga auf seinen verletzten Freund zulief, blieb er auf Abstand.

»Du hast ihn gehört«, sagte er tonlos, doch das Grinsen auf seinem Gesicht war kaum zu übersehen. Kiyoshi fing seinen höhnischen Blick auf und runzelte die Stirn. So hätte ihr Aufeinandertreffen nicht enden sollen. Kiyoshi hatte ein faires Spiel gewollt, hatte gegen den anderen antreten wollen, hatte herausfinden wollen, was ihn davon abhielt, Spaß am Spiel zu haben.

Er hatte versagt. Dessen war er sich schmerzlich bewusst, als er vom Platz getragen wurde.

»Selbst schuld, Tesshin«, murmelte Hanamiya leise und erhielt den Blickkontakt zu Kiyoshi aufrecht, bis dieser aus seiner Sicht verschwand. »Ich habe dich gewarnt.«



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