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It Happened Late One Evening

Monster Tamer Tsuna - frei interpretiert
von

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IV

Nach drei Wochen gaben sie die Suche nach ihm auf.

Zuerst hatte Hayato sich verstecken müssen, um nicht von den schwarz-flecktarngemusterten Gestalten entdeckt zu werden, die zweifelsohne nach ihm suchten, doch je länger er in der Menschenmasse untertauchte, die Nächte in Einkaufszentren eingeschlossen verbrachte, desto weniger Vongola-Mitglieder fielen ihm noch auf den Straßen auf. Es waren rund zwanzig Tage, bis er wirklich einen Tag ohne den Anblick eines dunklen Overalls verbringen konnte.

Er kam nicht weit. Solange sie ihn suchten, kam er kaum von A nach B, immer versucht, sich zu verstecken. Er wusste nicht einmal, warum genau, aber er hatte das dumpfe Gefühl, diese Verrückten würden ihn nicht wieder gehen lassen. Würden seine Pläne ruinieren. Er konnte ihnen nicht vertrauen. Wenn sie auch von Daemon Spade manipuliert wurden… Es war ein zu großes Risiko. Er musste zu seinem Juudaime zurück, und dafür würde er alles tun – und sei es, einem anderen Juudaime zu misstrauen.

Immerhin half die Zeit, seine Schulter heilen zu lassen.
 

Namimori war wirklich anders. Bei Tag war die Stadt voller Leben, doch obwohl die Menschen lachten und scherzten, und ganz normal vor sich hinlebten, wirkten sie angespannt, ihre Gesichter hatten diesen krampfhaften Ausdruck, den man bekam, wenn man versuchte, demonstrativ nicht an die dunklen Sorgen zu denken, die direkt hinter der Fassade darauf lauerten, hervorzubrechen. Hayato sprach mit niemandem. Er kaufte Essen, wenn er hungrig war, Zigaretten, wenn sie ihm ausgingen, betrat ein öffentliches Badehaus, wenn er sich säubern wollte, aber er vermied Kontakt. Die Menschen waren einfach anders, egal, wie normal und vertraut sie auf den ersten Blick wirkten. Die gehetzten Gesichter, das angespannte Gebaren, und manchmal diese seltsamen Blicke, als fürchten sie, ihr Gegenüber entpuppe sich als Monster.

Und kaum, dass die Sonne unterging, wurde die Stadt leerer und leerer.

Bis auf die Supermärkte, die rund um die Uhr geöffnet waren, und solche Dinge wie Bahnhöfe oder Bankautomaten, versank alles in geisterhafter Stille. Hayato verbrachte keine Nacht draußen. Er zweifelte nicht daran, dass er auf Dinge stoßen würde, die er nicht sehen wollte. Schließlich hatte Daemon hier seine Hand im Spiel. (Und da waren ja noch die Geister.)

So hastig, wie die Läden zu Schließzeit geschlossen wurden – die Schließzeit variierte, je nachdem, wann und wie schnell es dunkel wurde –, war die Security nicht besonders gut. Nicht selten war Hayato gar nicht der Einzige gewesen, der die Nacht in einem Kaufhaus verbracht hatte. Gesprochen hatte er mit den Anderen nie. Nur gewartet, geschlafen, und weiter gewartet, bis er zurück in strahlendes Sonnenlicht konnte. Die Launen der Leute steckten an. Inzwischen war er selbst verspannt, nervös, unruhig. Selbst tagsüber glaubte er, Schatten umherhuschen zu sehen, die nicht da sein konnten, und eine kleine Stange Dynamit hielt er nun fast dauerhaft in der Hosentasche umklammert.

Es war nur die Massenhysterie. Nur die Hysterie.

Aber das nahm das beklemmende Gefühl von Beobachtetwerden einfach nicht weg.
 

Je näher er der Mittelschule kam, desto seltener wurde der Anblick von anderen Menschen. Wer an ihm vorbei kam, schien in die andere Richtung unterwegs zu sein, oder bog bald in eine Seitenstraße ab. Jemand warf ihm einen zweifelnden Blick zu, als er frontal auf das große Gebäude zusteuerte. Hayato konnte das Theater kaum glauben; Hibari war schon immer kein angenehmer Zeitgenosse gewesen, aber so schlimm? Ob nun mit spitzen Eckzähnen oder nicht, Hayato würde aus ihm herausprügeln, was er hören wollte. Er musste Daemon ausschalten. Sonst konnte er gar nichts beweisen. Sonst würde er in einer Woche brav auf einem Stuhl sitzen, doch alle um ihn herum würden glauben, er wäre ein tollwütiges Biest.

Es gab keine Werwölfe, verdammt!

Der Biss, der inzwischen weitgehend verheilt war, musste auch nur Einbildung sein. Eine sehr überzeugende Illusion, aber nichtsdestotrotz eine Illusion. Egal, wie real sie sein mochte. Egal, was sein Körper glaubte. Egal, dass er den Arm immer noch nur mit einem leichten Ziepen bewegen konnte. Es war wie Chromes Organe; funktional, aber nicht wirklich real. Nur real genug, um als real wahrgenommen zu werden.

Und das musste er ändern, oder er konnte nicht zurück zu seinem Juudaime.

Entschlossen trat er durch das Tor zum Schulgelände. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, es zu verschließen, doch so ausgestorben und tot, wie der Weg zum Haupteingang aussah, glaubte Hayato nicht, dass hier vor allzu langer Zeit noch jemand gewesen war. Eine belebte Schule sah einfach anders aus.

Nicht einmal der Haupteingang war verschlossen. Lautlos schob Hayato die Tür auf, schlüpfte hindurch. Der Eingangsbereich war staubig, seine Schritte hinterließen tiefe Abdrücke in der grauen Schicht. Er schluckte, blieb noch in der Halle wieder stehen. Es war still, von Schullärm nichts zu hören. Er sah niemanden, keinen Hinweis darauf, dass hier irgendjemand war. Hayato schauderte. Er mochte verlassene Schulen nicht, sie hatten etwas unangenehm Gespenstisches. Bei jedem Schritt fürchtete er, hinter der nächsten Ecke eine Bewegung aus dem Augenwinkel zu erhaschen. Ein Geist vielleicht. Schulen waren bekannt dafür, Geister zu haben.

Hatte ihre Schule nicht sogar ihre eigenen Geisterlegenden? Er hatte nie so genau zugehört, aber er ahnte, wenn er sich zu lange hier herumtrieb, dann würde er es am eigenen Leib erfahren.
 

Immerhin wusste er zur Genüge, wo das Disziplinarkomitee sich befand. Er würde also gar nicht lang genug hier sein.

Zielstrebig steuerte er die nächste Treppe an. Seine Schritte auf den Stufen hallten laut wieder, und auch, wenn er leiser wurde hinter den Treppen, der Hall blieb, als er sich schließlich auf den Weg durch die ewig langen Korridore machte. Schritt – Echo – Schritt – Echo, immer im Gleichtakt, immer leicht verschoben, doch noch in Erinnerung an seinen Aufenthalt in dem elenden Parkhaus schob er den Impuls, sich umzudrehen, wieder von sich. Er würde ohnehin nichts entdecken können.

Hier war schließlich niemand.

Als er um die nächste Ecke bog, in einen weiteren Korridor, den nur trübes, staubgedämpftes Tageslicht erhellte, warf er dennoch kurz einen Blick in die Richtung, aus der er gekommen war. In einer Türöffnung schien ein Schatten zu verschwinden. Er schnaubte erheitert. Als ob. Dahinter wäre nicht genug Raum, um sich zu verstecken, also konnte dort nichts sein. Eine offene Tür hätte Hayato schließlich bemerkt. Kopfschüttelnd wandte er sich ab, genau in dem Moment, in dem eine Tür zuschlug.

„Einbildung“, redete er sich gut zu, eine Hand auf sein rasendes Herz gepresst. Hier war niemand. Wer auch? Wahrscheinlich war nicht einmal Hibari hier. Hayato könnte es ihm nicht verübeln; die Schule war ein elendes Drecksloch, verstaubt und ungepflegt, die Atmosphäre suggerierte B-Klasse-Horrorfilm. Vielleicht sogar noch schlechter.

Das Echo seiner Schritte verschwand, als er um die nächste Ecke bog, weg von der Fensterfront in einen Gang, der gerade so zu erkennen war im schwachen Halblicht. Hayato schluckte, blieb stehen, lauschte. Stille. Behutsam machte er einen Schritt. Nichts. Noch einen. Wieder nichts. Er ging langsam, die Ohren gespitzt, doch außer seiner eigenen Schritte hörte er rein gar nichts, nicht einmal einen leisen Hall. Stattdessen hörte er ein neuerliches Türknallen, dieses Mal demonstrativ laut wie ein Pistolenschuss. Instinktiv krallten sich seine Finger um die kleine Dynamitstange in seiner Hosentasche. Er konnte sich wehren, er war sicher. Er kannte genug Verse des Exorzismus, um es mit einem Geist aufzunehmen, und Vampire waren nicht einmal tagaktiv, weil sie Sonnenlicht scheuten. Selbst wenn es Vorhänge vor den Fenstern gab, er würde sie einfach wegsprengen können!

Was sollte ihm schon passieren? Er war kein dummer Protagonist eines Horrorfilms.

Er war Gokudera Hayato, und er war auf alles vorbereitet.
 

Dennoch zögerte er, als er die Tür zum Disziplinarkomitee erreichte. Das Schild neben der Tür war nicht leserlich in den schlechten Lichtverhältnissen, doch Hayato wusste, er stand vor der richtigen Tür. Zwar hatte sie nicht die Kerbe, an die er sich noch aus seinem letzten Mittelschuljahr erinnerte – Hibari hatte sie hineingeschlagen in einem Kampf gegen ihn –, doch er war zweifelsohne richtig. Er schluckte. Es würde ohnehin niemand dort sein. Langsam streckte er die Hand aus. Und selbst wenn, er konnte sich wehren. Die Andere umklammerte das Dynamit fester, die angespannten Muskeln zogen bis hoch zur verletzten Schulter und ließen sie dumpf pochen. Er unterlag Hibari schon seit einem Jahr nicht mehr gnadenlos. Der Türgriff fühlte sich kühl an unter seinen Fingern. Juudaime.

Er öffnete die Tür.
 

Der Raum war stockfinster. Obwohl er aus dem Halbdunklen kam, brauchte Hayato einen Moment, bis er überhaupt irgendetwas erkannte. Schwere Vorhänge verdeckten die Fenster, doch ansonsten erkannte er nichts Auffälliges. Der Raum sah komplett leer aus. Langsam, vorsichtig, setzte er einen Fuß hinein. Noch ein Schritt. Niemand. Das Sofa war leer. Keiner von Hibaris Handlangern, kein Hibari selbst.

In einer Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung stieß er die Luft aus.

Die Tür fiel zu.

Hayato wirbelte herum. Im tiefsten Schatten stand eine Gestalt, hochgewachsen, schlank. Ihre Arme hingen zu ihren Seiten herab, doch ihre Form wirkte unnatürlich. Die Gestalt tat einen Schritt. Weniger tief in der Dunkelheit sah Hayato die Tonfas an ihren Armen. Die obere Hälfte des Gesichts war unkenntlich, doch Hayato wusste längst, mit wem er es zu tun hatte. Hibari öffnete den Mund. Seine Zähne wirkten fast grell in der Dunkelheit, und wenn nur schemenhaft, Hayato bildete sich verlängerte Eckzähne ein, als er ein bedrohliches, kurzes Fauchen ausstieß.

„Was machst du in meiner Schule, Werwolf?“

Unwillkürlich trat er einen Schritt zurück, packte sein Dynamit fester.

„Ich suche Antworten“, erwiderte er selbstbewusst, reckte das Kinn vor, „Wo ist Daemon Spade?“

Hibari erstarrte, und Hayato musste seinen Blick nicht sehen, um die Mordlust dahinter zu spüren.

Es war kein Sekundenbruchteil, da stand der Kerl plötzlich vor ihm, eiskalte graue Augen bohrten sich in seine, kaltes Metall drückte gegen seinen Hals.
 

„Ich beiß dich tot.“



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