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Das Blut der Mana-i

Der König von Kalaß
von

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Prinz Aiven

Da Siva so schnell wie möglich Abwechslung in ihrem Alltag haben möchte, drängt sie darauf schon im späten Frühjahr nach Yoken reisen zu dürfen. Dem König gefällt es nicht, dass sie es diesmal so eilig hat von ihm und dem Nalitischen Schloss wegzukommen und verbietet es ihr. Viel lieber würde er sich erst einmal mit ihr aussprechen, was Siva ziemlich nervt. Erfolg hat er bei dem sturen und verschlossenen Mädchen nicht.

So einfach lässt sie sich nicht von ihm abspeisen. Wenn sie schon nicht verreisen darf, dann soll Deskend zu ihr kommen. Sie veranlasst einen Besuch der Yokener Königsfamilie in der Hauptstadt Nalita, indem sie die Monarchen einfach mittels Brief zu sich einläd.

Was sie sich eigentlich erhofft, ist dass ihre beste Freundin Prinzessin Nomi sie besuchen kommt. Sie ist das zweite Kind von König Hendryk und Königin Yasane von Yoken. Aber auch über einen Besuch des Königspaares würde sie sich sehr freuen. Einzig der älteste Sohn Aiven, Kronprinz von Yoken, interessiert sie nicht wirklich. Er mag hübsch sein und auch nett und lustig, doch er hat eine Art, mit der sie einfach nicht klar kommt. Er geht sehr offen und fröhlich auf Menschen zu, nein, sie muss sich verbessern: er geht sehr offen und fröhlich auf Mädchen zu, bei denen er damit auch noch total gut ankommt. Sie hält ihn deshalb für einen Schürzenjäger, vielleicht sogar einen Schwerenöter. Wie oft er schon versucht hat bei ihr zu landen, will sie gar nicht erst zählen. Seine Avancen waren ihr schon immer peinlich und sie hat ihn schon so oft abblitzen lassen, dass sie sich ernsthaft wundern muss, wieso er es trotzdem immer weiter versucht hat. Nomi hielt sich aus der Sache immer komplett heraus. Sie bezog nie eine Stellung für einen von beiden, weder ihrem Bruder, noch ihre Freundin Siva, was sie sehr gut nachvollziehen kann. Nomi ist so eine gute und zarte Seele, dass sie nicht so recht zum Rest des Yokenischen Königsadels passen will. Man könnte fast sagen, dass sie einen Ruhepol am Hof von Deskend darstellt. Kein Wunder also, dass sich die im Moment völlig verunsicherte Siva ihre beruhigende Anwesenheit herbeisehnt.
 

Zu Sivas Enttäuschung reisen zwei Wochen später nur König Hendryk und sein Sohn Aiven zu einem Staatsbesuch an. So hatte sie sich das nicht vorgestellt. Natürlich freut sich sehr darüber Hendryk wieder zu sehen, denn sie mag ihn. Der Yokenische König erscheint im ersten Moment kühl und angriffslustig, doch in Wahrheit ist er ein sanftmütiger Mensch, der immer ein offenes Ohr und auch immer einen guten Rat parat hat. In ihrer aktuellen Situation kann sich Siva jedoch nicht an ihn wenden. Die Prinzessin ist hin und hergerissen ob ihr Prinz Aivens Anwesenheit nun egal ist, oder ob sie sich nicht doch ein wenig darüber freut. Immerhin bietet er ihr die Möglichkeit einer Ablenkung von ihren Problemen.
 

König Hendryk und Prinz Aiven werden am Schlosstor herzlich von König Nico und Königin Kara in Empfang genommen. Der Sommer kommt merklich in großen Schritten auf Nalita zu. Zu keiner Jahreszeit ist es hier schöner und grüner als jetzt, denn je weiter das Jahr fortschreitet, desto mehr Pflanzen verbrennen unter der gleißenden Hitze der Sonne. Kara, die ein lockeres langes altrosa-farbenes Kleid trägt, das ebenso wie ihr glänzendes bordeauxrotes Haar sanft im Wind weht, läuft elegant über den gepflasterten Boden auf Hendryk zu, der gerade aus der Kutsche steigt. Der stattliche Yokener König hat langes blaues Haar, das er inzwischen offen zu tragen pflegt und schöne durchdringende hellblaue Augen. Er ist eher leger, aber trotzdem in der roten Landesfarbe Yokens gekleidet. Sie fällt ihrem immer noch besten Freund um den Hals, den sie seit drei Jahren nicht mehr gesehen hat. Ebenso erfreut drückt er die wunderschöne Frau fest an sich. Bereits in dem kurzen Augenblick, in dem er sie gesehen hat, bemerkte er ihre immerzu beständige jugendliche Schönheit. Die Königin ist in seinem Alter, wird also dieses Jahr vierzig, doch sie sieht frischer und strahlender aus als seine vier Jahre jüngere Gattin Yasane. Auch auf Nico scheint dieses Phänomen zuzutreffen. Seinen Freund begrüßt er im Anschluss ebenfalls mit einer Umarmung und den Worten:

„Nico, ich würde dich gern als „Alten Freund“ begrüßen, aber alt siehst du nun wirklich nicht aus. Was ist los mit euch? Habt ihr einen Jungbrunnen am Nalitischen Hof?“

Dieses für Nico unangenehme Thema gleich zu Beginn anzusprechen, ist typisch für seinen Freund Hendryk. Er antwortet gedämpft:

„Das ist etwas, das wir besser hinter verschlossenen Türen besprechen sollten.“

Dann ändert er seinen Ton in einen herzlichen:

„Ich freue mich sehr euch beide zu sehen.“

Das Rosheanische Königspaar begrüßt nun auch den Prinzen Aiven mit einer Umarmung. Er ist hübsch geworden, ganz wie seine Mutter und er hat den guten Körperbau seines Vaters in dessen Jugend. Sein Haar ist hellblau, fast weiß und seine türkisblau strahlenden Augen stechen in ihrer Leuchtkraft hervor. Alles in allem ist er ein bemerkenswerter junger Mann, dem man seine Wurzeln aus der nordischen Heimat nicht absprechen kann. Helle Haut und Haare sind so weit im Süden, den er gerade besucht, nicht oft anzutreffen. Der Junge sticht sehr heraus, wenn er sich hier frei auf der Straße bewegen will.

Nico läd seine Gäste ins angenehm kühle Schloss ein, um sich etwas auszuruhen. Auf dem Weg da hin erkundigt er sich nach dem Rest der Familie, Königin Yasane und Prinzessin Nomi.

“Wie geht es Yasane? Wollten Nomi und sie nicht eigentlich mitkommen?“

König Hendryk nickt freudig.

„Das stimmt, aber sie ist schwanger.“

Nicos voreiliger Schluss Hendryk würde damit die sechzehn jährige Prinzessin Nomi meinen, gipfelt in der Aussage:

„Oh, Stille Wasser si--!“

was Kara früh genug bemerkt und ihren fehlgeleiteten Mann mit dem Satz:

„Wie schön! Herzlichen Glückwunsch zum dritten Kind, Hen!“ übertönt. Dabei stößt sie Nico mit dem Ellenbogen an, dessen Lächeln dadurch nur noch etwas breiter wird. Er ist ziemlich erheitert.
 

Sie alle betreten das kühle Schloss und treffen dort bereits im Eingangsbereich auf Prinzessin Siva, die sich gerade aus ihrem Unterricht davongestohlen hat. Sie fällt König Hendryk ebenfalls um den Hals, dem sie einen Kuss auf die Wange drückt. Den Prinzen begrüßt sie kühl mit einem höfischen Knicks. Die Erwachsenen amüsieren sich darüber.

Nico murmelt belustigt zu Hen:

„Siva ist immer noch so schüchtern bei jungen Männern.“

Dieser antwortet belustigt flüsternd:

„Aiven ist überhaupt nicht schüchtern bei jungen Frauen. Er wird das schon hin bekommen.“

Die beiden lachen laut, was Kara etwas ausschließt, weil sie nicht mitbekommen hat was die beiden getuschelt haben. Sie stört sich daran jedoch nicht. Wie Männerfreundschaften funktionieren hat sie bis heute nicht ganz begriffen, aber das muss sie wohl auch nicht. Es reicht, wenn sie ihrem Mann den Spaß gern gönnt.

Die Monarchen möchten gern unter sich etwas besprechen und bitten die beiden Jugendlichen sich zusammen die Zeit zu vertreiben. Es ist ja nicht so, als ob sich die Kinder nicht kennen würden. Immerhin sehen sie sich jeden Sommer.

Prinzessin Siva wünscht sich gerade zurück in ihren Unterricht, als Prinz Aiven unvermittelt fragt:

„Freust du dich denn überhaupt nicht mich zu sehen, Siva?“, was sie forsch und vielleicht etwas zu ehrlich beantwortet:

„Nomi wäre mir lieber gewesen.“

Natürlich beleidigt ihn das, aber er kennt Siva ja bereits und weiß um ihre besonderen Reize. Er lässt sich von dem Mädchen nicht unterkriegen.

„Was für eine raubeinige Prinzessin du bist. Ich dachte immer du legst das irgendwann mal ab.“

„Das könnte dir so passen. Du wünschst dir doch nur, dass ich dir wie alle anderen Mädchen hinterher laufe, aber darauf kannst du lange warten.“

Faucht sie, wobei er nichts anderes erwartet hatte. Sie dreht sich von ihm weg, was ihn dazu bewegt um sie herum zu laufen. Aus seinen hellen Augen lächelt er sie freundlich an.

„Dann warte ich eben lange. Außerdem missverstehst du mich. Ich mag es wie du bist.“

„Ach komm schon, Aiven. Die Tour zieht bei mir nicht. Du überschätzt deine Wirkung.“ entgegnet sie sich erneut weg drehend. Ihr Gehabe bringt ihn zum Lachen. Er macht sich überhaupt nichts daraus. Wieder tritt er vor sie und nun kommt er ihr näher, als das unter Freunden oder Bekannten üblich wäre. Er versucht sie zum Zurückweichen zu bewegen, doch zu seiner Überraschung tut sie das nicht. Dazu ist sie viel zu eitel und zu standhaft. Bevor die Prinzessin nach hinten weicht, hat der Prinz eher eine Ohrfeige im Gesicht sitzen, deshalb nimmt er von sich aus wieder etwas mehr Abstand. Die Situation überspielend spricht er weiter:

„Ich meine es ernst, Siva. Ich mag es, dass du nicht so bist wie die anderen Mädchen. Du hast etwas unbeschreiblich cooles an dir.“

„Das sagst du doch jeder! Wenn du kein halbwegs hübscher Thronfolger wärst, würde dich kein Mädchen auch nur anschauen.“

Das war wieder einmal ganz schön dreist von ihr, auch wenn sie ihn hübsch genannt hat. Aiven braucht ein ziemlich dickes Fell, um mit ihr überhaupt erst einmal ins Gespräch zu kommen. Wäre er nicht so ein Sonnyboy, würde ihn das Gesagte wahrscheinlich ganz schön verletzen. Er funkelt sie jedoch einfach mit seinen türkisblauen Augen an, als sei er unwiderstehlich.

„Du hast recht und genau das mag ich ja so an dir. Dich interessiert meine Herkunft kein bisschen. Du bist zu mir genau so raubeinig wie zu anderen jungen Männern auch. Wenn du mir irgendwann einmal gewogen bist, dann kann ich mir sicher sein, dass du wirklich hinter mir steht und nicht hinter meiner Position. Das ist einfach nur genial. Ich will dich unbedingt zum Freund haben, Siva.“

Auch wenn sie sich das noch nicht anmerken lässt, so hat sie das schon etwas berührt. Entweder spielt er so gut, oder ist er doch kein so schlechter Typ.

„Hor auf mich raubeinig zu nennen!“ faucht sie verärgert, worauf er wieder lachen muss:

„Wäre dir kratzbürstig lieber? Oder derb? Oder...--“

„Lass es einfach!“

Ihre dauernden Widerworte regen ihn zum Denken an. Auf welche Weise soll er denn nun mit ihr sprechen? Er sagt einfach, was ihm in den Sinn kommt:

„Manchmal wünschte ich mir ich wäre auch ein Mädchen, damit du zu mir so nett wärst wie zu Nomi. Hm, aber nun denke ich, dass ich dann gar nicht merken würde wie besonders du bist.“

Anscheinend hat es gewirkt, denn sie dreht sich endlich zu ihm und schaut ihm anmutig in die Augen.

„Aiven, jetzt hör mir mal gut zu, wenn du wissen willst was du falsch machst. Wir sind gerade mal fünf Minuten zusammen und du machst mir schon die wildesten Komplimente. Das ist mir echt peinlich. Du bist und bleibst ein Schürzenjäger. Das ist es, was ich denke und genau deshalb werde ich jetzt auch gehen. Unterricht ist besser als deine Gesellschaft.“

Ihre Worte sind erbarmungslos ehrlich und treffen ihm nun voll ins Herz. Sie hat ernsthaft vor ihren erklärten Feind Aiven auf dem Schlachtfeld, den gerade der Eingangsbereich des Schlosses darstellt, zu vernichten und tatsächlich ist sie kurz davor zu siegen. Ihr Blick ist völlig unterkühlt. Sie fühlt nicht das geringste Mitgefühl für ihn. Sie macht sich auf, um zu gehen, was ihm überhaupt nicht passt.

Langsam ziemlich verzweifelt wendet der Prinz sich ein letztes mal an sie:

„Siva, jetzt warte doch mal!

Was soll ich denn deiner Meinung nach machen, damit du mir nicht die kalte Schulter zeigst? Ich wäre echt gern mit dir befreundet. Das ist keine Lüge.“

Siva hält inne. Diese Worte haben sie diesmal wirklich bewegt. Sie scheint beschwichtigt zu sein, lächelt und dreht sich zu dem in sich gekehrten Prinzen um.

„Bist du dir da sicher? Weißt du denn nicht was ich mit Freunden mache?“

Aiven ist tatsächlich ein wenig verunsichert. Als er schweigt antwortet sie selbst auf ihre Frage.

„Ich kämpfe mit ihnen. Komm mit!“

Sie winkt ihn mit einer Armbewegung zu sich und läuft voran. Aiven folgt ihr. Er überlegt kurz, ob er Angst haben soll oder sich freuen. Er entscheidet sich für letzteres und baut sich langsam wieder auf.

Auf dem Weg hinaus aus dem Schloss zum Übungsplatz auf dem Seitenhof, sagt sie siegessicher:

„Wenn ich gewinne, dann hörst du auf mir Avancen zu machen, ist das klar?“

So langsam wieder zu alter Stärke auflaufend, entgegnet der Prinz schlagfertig:

„Für diesen Sommer jedenfalls. Abgemacht. Aber wenn ich gewinne, dann verlange ich, dass wir unsere Begrüßung von vorhin wiederholen. Aber dann erwarte ich einen herzlichen Empfang mit Begrüßungskuss, so wie bei meinem Vater.“

Siva runzelt die Stirn. Da sie sich sicher ist nicht zu verlieren, ist sie einverstanden. Und so schlimm ist eine Umarmung und ein Kuss auf die Wange eines hübschen Jungen nun auch wieder nicht, deshalb stimmt sie zu.

Auf dem staubigen und schattenlosen Übungsplatz angekommen, nimmt sie zwei echte, jedoch ungeschliffene Schwerter aus dem Waffenständer und wirft Aiven eines davon so geschickt zu, dass er nur noch vor sich in die Luft greifen muss, um es am Schaft aufzufangen. Die zierliche Siva fordert den athletisch gebauten Aiven zu einem Schwertduell heraus. Er lächelt Siegessicher. Er hat sich zu Hause in verschiedenen Waffenlosen und bewaffneten Kampftechniken ausbilden lassen und er trainiert sehr oft. Allerdings macht er das weniger, um sich fit zu halten, als vielmehr um gut auszusehen. Aber das ist ja auch egal, denn jetzt profitiert er davon. Was er nicht weiß ist, dass Siva zwei mal wöchentlich mit ihrem Vater den Schwertkampf trainiert und jeden Tag zusätzliche Übungen macht. Ihre körperliche Stärke ist ihr nur nicht anzusehen.

Die beiden Königskinder stellen sich in der Grundstellung gegenüber und Siva erklärt die Regeln:

„Drei Runden. Wer zwei für sich entscheidet, gewinnt.“

Er nickt. Sie ist sehr konzentriert. Beide verbeugen sich und dann beginnt er, der wichtigste Kampf, an dem die beiden jemals teilgenommen haben. Er stürmt so schnell auf die zu, dass es eine Menge Staub auf dem Platz aufwirbelt, doch das irritiert sie überhaupt nicht. Behände dreht sie sich zur Seite und deutet sanft einen Hieb auf seine ungeschützte Flanke an.

Überheblich lacht sie: „Bing! - Eins zu Null.“

Er nickt in sich gehend. Sie ist verdammt gut. Er hat sie gehörig unterschätzt aber jetzt macht er ernst. Die Jugendlichen stellen sich wieder in die Grundstellung und verbeugen sich. Als es los geht, machen beide einen Schritt aufeinander zu.

Er ruft ihr gespielt abschätzig zu:

„Was bist du nur für ein raubeiniges Mannweib!“

Das bringt sie so aus der Ruhe, dass sie sich nicht mehr auf den Kampf konzentrieren kann. Nach ein paar abgewehrten Hieben, geht Aiven sich drehend und vor ihrem Schlag ausweichend in die Hocke und tritt ihr leicht gegen ihren Standfuß. Sie gerät ins Wanken und fällt direkt in seine Arme. Er flüstert grinsend:

„Eins-Eins“

Immer noch total überrascht und mit aufgerissenen Augen in Schockstarre verharrend, brüllt sie:

„Das wahr nicht fair! Du hast mich aus dem Konzept gebracht.“

Er lächelt die in seinem Armen liegende Prinzessin nur weiter selbstbewusst an. Dann drückt sie ihn von sich weg und richtet sich vor ihm wieder auf, als sei nicht gewesen.

Jetzt geht es in der dritten Runde um alles. Beider Stolz ist angegriffen und keiner will das Duell verlieren. Aiven weiß, dass sein Trick kein zweites mal funktionieren wird. Er hat einen anderen Plan, doch Siva ist hochkonzentriert.
 

Nico, Kara und Hen haben inzwischen bemerkt, dass sich die Kinder duellieren und beobachten sie von einem Fenster aus. Keiner der beiden Väter glaubt an eine Niederlage seines Schützlings.

Die Königskinder fühlen sich jedoch unbeobachtet. Nach der Verbeugung brecht Aiven genau wie beim ersten mal sofort nach vorn und ebenfalls der ersten Runde gleich, ist Sivas Antwortbewegung, die Aiven ja nun aber schon kennt. Sie hält ihn für einen Dummkopf das selbe noch einmal zu machen uns ist sich ihres Sieges sicher. Aiven aber dreht sich zu ihr, packt ihrem Arm und nutzt ihren Schwung, um ihre Hand auf seine Schulter umzulenken. Der harte Aufschlag ihrer Finger auf seiner Schulter, öffnet ihre Hand, wodurch sie ihr Schwert fallen lässt.

Aiven haucht ihr freudig ein: „Gewonnen“ ins Ohr.

Entwaffnet und wehrlos muss sie ihre Niederlage eingestehen. Er ist der einzige Gleichaltrige, der das jemals bisher geschafft hat. Besiegt und gedankenverloren, schaut sie an Aivens Schulter vorbei ohne etwas zu fixieren. Er lässt sein Schwert ebenfalls fallen, legt den rechten Arm um ihre Hüfte und als sie empört aufschreckt, küsst er sie ungestüm. Aber nicht wie vereinbart auf die Wange, sondern direkt auf den Mund.

Die Prinzessin drückt sich an seiner Brust von ihm weg, um sich von seinen zugegeben angenehm warm und weich anfühlenden Lippen zu lösen. Sie ist weniger empört, als er gedacht hätte. Sogar ihr Ton, als sie sich beschwert ist nicht so hart, wie der beim Gespräch mit ihm im Eingangsbereich.

„Aiven, was fällt dir ein? So war das nicht abgemacht!“

Sie wehrt sich überhaupt nicht mehr, weshalb er sanft entgegnet:

„Ich habe mich hinreißen lassen.“

Der Fairness halber lockert der Prinz nun den Griff um sie und sagt dann leise zärtlich:

„Wenn ich dich sehe, habe ich nur noch Augen für dich, Siva. Tut mit Leid.“

Unerklärlicherweise schimpft sie wieder nicht, sondern legt ihre rechte schmerzende Hand um ihn und gibt ihm im Anschluss einen Kuss auf die Wange.

Dann flüstert sie: „Willkommen in Roshea.“ und löst sich darauf hin vollständig von dem jungen, überraschten Prinzen.

Die beiden richten sich wieder auf.

Aiven weiß gar nicht was ihm geschieht als er bemerkt, dass er zum allerersten mal überhaupt in seinem Leben die sanfte Siva vor sich hat, die er sonst immer nur von Weitem beobachten konnte. Dafür hat er nur Anerkennung übrig.

„Siva, du bist eine verdammt gute Verliererin.“

Die Prinzessin antwortet als sei nichts gewesen:

„Wettschulden sind Ehrenschulden, junger Kadett.“, dann lacht sie, was ihn auch zum Lachen bringt.

König Nico, der die ganze Zeit hoffte, seine süße Siva würde sich endlich mal ein wenig öffnen, ruft stolz:

„Na endlich!“

Die drei stehen immer noch hinter dem Fenster. König Hendryk und Königin Kara schauen den Roscheanischen König nun in gleicher Weise perplex an. Dieser schaut interessiert zwischen den beiden hin und her und bemerkt, dass die beiden überhaupt nicht zu wissen scheinen welche Tragweite dieser denkwürdige Augenblick für ihn und den jungen Prinzen hat.

„Endlich hat es der Bursche geschafft.“ freut er sich.

„Seine Mutter Yasane schreibt mir seit Jahren Briefe, in denen sie ihre Beobachtung schildert, dass ihr Aiven in meine Siva verliebt wäre und er Jahr für Jahr bei ihr abblitzt.“

Hen fixiert die beiden Kinder auf dem Übungsplatz. Er wundert sich und steigert sich gleich in die Sache hinein:

„Warte mal. Wieso weiß ich davon nichts? Das ist doch so eine Vater-Sohn Sache, oder? Warum vertraut er sich mir nicht an? Ich bin so ein miserabler Vater.“

Nico legt brüderlich den Arm um seinen Freund und beschwichtigt: „Kinder in dem Alter erzählen sowas nicht, Hen. Oder hast du damals deinen Eltern von deinen Bemühungen für Kara erzählt?“

Sie schaut betroffen zu Seite. Nach einer rhetorischen Pause erklärt Nico selbstbewusst weiter:

„Eben. Auch Yasane wusste es nicht. Sie hat es nur vermutet. Außerdem hat du ein super Verhältnis zu Nomi. Bei ihr kannst du dann mitreden, wen sie zum Mann bekommt.“

Hen schreckt hoch. An Nomi hat er auch schon gedacht. Seine süße, zarte Tochter muss ja auch irgendwann mal heiraten. Er hofft nur, dass sie nicht auf so einen selbstverliebten Schönling wie Nico hereinfällt, an den er Kara in seiner Jugend verloren hat. Das wäre für ihn echt wie die Hölle auf Erden. So einen will er nicht bei sich im Schloss wohnen haben. Daran will er lieber noch gar nicht denken. Erstmal ist sein Großer dran.

Kara, die in der zweiten Reihe hinter den Männern am Fenster steht und zwischen ihnen hindurch schaut, schaltet sich nun besorgt ein:

„Hen, deinen Sohn in allen Ehren, aber Nico, wieso freut es dich so, dass unsere Tochter einem Schürzenjäger um den Hals fällt? Er wird ihr doch nur das Herz brechen.“

Nico grinst seine hübsche Frau schelmisch an:

„Ach komm schon Kara. Von mir hat man das auch behauptet und ich habe dir das Herz nicht gebrochen...(er schluckt aufgrund einer ganz speziellen unschönen Erinnerung) naja, jedenfalls nicht endgültig. Außerdem ist unsere Siva doch genau so prüde wie du damals. Das kann sie langsam ruhig mal ablegen und ein bisschen Spaß haben.“

Empört widerspricht Kara ihrem Mann:

„Sie ist siebzehn!“

Er nickt fröhlich und überhört geflissentlich die Entrüstung seiner Königin.

„Eben. Yasane war auch siebzehn, oder Hen?“

Dieser räuspert sich. Das ist kein Thema zu dem er sich äußern möchte.

Nico respektiert das. Eine Idee kommt ihm durch den hübschen Kopf geschossen, die er für die beste hält, seit er vor zwei Jahren Schach zu einer Sportart ausrufen ließ. Er liebt es Schachmeistern bei schier endlosen Tournieren zuzusehen. Er selbst würde den Landesmeister natürlich schlagen können, nur leider fehlt ihm die Zeit dazu das zu beweisen. Ein König ist eben immer ziemlich beschäftigt.

„Was wäre, wenn wir die beiden Turteltauben auf eine Reise schicken würden. Ein gemeinsames Abenteuer wird sie zusammenschweißen und aus einer anfänglichen Verliebtheit echte Liebe machen. Sie könnten inkognito reisen und sich die beiden Königreiche anschauen. Und stellt euch vor was für eine perfekte Verbindung unserer beiden Königshäuser das wäre! Roshea und Yoken- im Herzen vereint! Yasane würde es lieben. Ich muss ihr gleich schreiben.“

König Hendryk reagiert amüsiert.

„Nico, du Träumer. Willst du die Königreiche zusammenlegen, oder wie?“

Die Königin antwortet, nach anfänglicher Skepsis nun doch von der Idee angesteckt:

„Hm, ja, warum eigentlich nicht?“

Des Königs Gesichtsausdruck wird ernst, denn diese Idee bringt ihn wieder zu dem anfänglichen Thema, das er mit Hen besprechen wollte. Er wendet sich mit einem sorgenvollen Blick an seinen Freund.

„Das weiß ich noch nicht so genau.

Hen, mein Freund, du hast es doch auch schon bemerkt. Kara und ich... Wir haben aufgehört zu altern. Ich weiß nicht genau woran es liegt, oder besser ich will es gar nicht wissen, aber wir werden wahrscheinlich ziemlich alt. Kara und ich befürchten, dass Siva den Thron nicht zu deinen Lebzeiten erben wird, falls sie es überhaupt jemals tut.“

Es tut Nico sehr weh diese Vermutung auszusprechen. Kara berührt ihn am Arm, um ihn zu trösten. Unzählige Stunden haben die beiden nun schon über dieses Thema diskutiert. Kara war immer dafür es Yasane und Hendryk zu sagen, doch Nico hielt es bisher für keine so gute Idee, deshalb ist sie überrascht über seine Meinungsänderung. Er wollte die unsinnigen Behauptungen vom göttlichen Blut der Mana-i auf keinen Fall weiterverbreiten, auch wenn seine Auswirkungen, aus Karas Sicht, langsam nicht mehr von der Hand zu weisen sind.

Hendryk fragt konsterniert:

„Was? Wie alt werdet ihr denn? Sprechen wir hier über hundert Jahre oder mehrere hundert?“

Kara antwortet an Nicos Stelle, der nicht vorhat sich weiter aktiv an diesem Gespräch zu beteiligen. Er glaubt alles gesagt zu haben, was wichtig ist.

„Vielleicht auch tausend. Das wissen wir selbst nicht, Hen.“

Hendryk, der gerade einsetzt um eine weitere Frage zu stellen, wird von Nico unterbrochen:

„Lass es bitte dabei bewenden, mein Freund. Wir wissen nicht viel und das was wir zu wissen glauben, sind größtenteils pure Spekulationen. Ich wäre dir sehr verbunden es außer deiner Frau Yasane niemandem weiter zu erzählen.“

Hendryk kann nicht nachvollziehen wieso Nico sich so wenig für seine Wurzeln interessiert. Sein fragender Blick an Kara wird von ihr mit einem Kopfschütteln beantwortet. Wenn nur Yasane hier wäre. Sie wäre fähig weitere Informationen aus den beiden heraus zu quetschen, doch das ist sie nicht. Als er an sie denkt, freut er sich plötzlich über sie und ihre neue späte Schwangerschaft.

Siva würde doch ohnehin dann zur Frau des Königs von Yoken, was ein Thronfolgeproblem für Roshea nach sich ziehen würde. So gesehen ist es doch gut, dass sie den Thron von Roshea nicht erben wird. So ganz versteht Hendryk das Problem seiner beiden Freunde nicht. Sicherlich wird es sich aber über die Zeit noch aufklären.



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