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Balance Defenders Kurzgeschichten

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Die Aufgabe lautete „Dein*e Meister*in der Ausreden ist scheinbar tot und muss mit dem Tod ums Leben feilschen.“
Da war es klar, dass Vivien ran muss.

Angesichts der Aufgabe, brauche ich wohl nicht erwähnen, dass das Thema Tod vorkommt, nur so als Triggerwarnung. Komplett anzeigen

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Vivien und der Tod

Vivien fand sich auf einer von dunklen Nebeln umhüllten Ebene wieder, deren wahre Größe sie nicht erahnen konnte. In den Nebeln vor ihr stand ein Sensenmann.

Ob es sich tatsächlich um einen Sensenmann oder eine Sensenfrau handelte oder eine Mischung aus beidem konnte sie nicht sagen. Die schwarze Robe war ja nicht grade figurbetont und sie war die Letzte, die der Sensenperson vorschrieb, welchem Geschlecht sie sich zuordnen sollte. Sie hatte ohnehin größere Probleme.

Wie war sie hier gelandet und was war überhaupt passiert?

„Hast du vor, mich anzugreifen?“, fragte sie die Sensenperson. Es war besser, direkt zu wissen, was Sache war.

Eine tiefe Stimme, aus der viele zu sprechen schienen, ertönte: „Dafür gibt es keinen Grund.“

„Gut, dann sind wir uns ja einig.“, meinte Vivien. „Könntest du mir dann vielleicht sagen, wie ich hier rauskomme?“

„Folge mir.“ Sie merkte jetzt erst, dass die Sensenperson offenbar über dem Boden schwebte.

„Vitali, wenn das ein Scherz ist, …“, setzte sie an. „Dann ist er echt gut!“

„Ich bin nicht Vitali.“

„Ja, das würde er auch sagen.“

„Ich bin nicht Vitali.“, wiederholte die Sensenperson.

„Wer bist du dann?“

„Das weißt du.“

„Also jemand, den ich kenne!“

„Jeder kennt mich.“, antwortete die Sensenperson in ehrfurchtgebietendem Ton.

„Ja, mich auch.“, behauptete Vivien lächelnd.

„Das bezweifle ich.“, meinte die Sensenperson.

„Also ich kenne niemanden, der mich nicht kennt.“ Vivien grinste.

„Kannte.“, verbesserte die Sensenperson.

„Du meinst, du kennst mich nicht?“

„Ich kenne jeden.“

„Wow.“, sagte Vivien. „Ist das nicht anstrengend? Wie hältst du die alle auseinander?“

„Berufsgeheimnis.“

Vivien lachte. „Du bist witzig.“

Die Sensenperson starrte sie an. Okay, eigentlich konnte Vivien das nicht so genau sagen, schließlich verdeckte diese Kapuze das gesamte Gesicht. Aber sie nahm an, dass die Sensenperson sie anstarrte.

„Ist das so eine Nahtoderfahrung?“, fragte sie.

„Streiche das ‚Nah‘“

„Es ist eine Erfahrung!“, scherzte Vivien.

„Die letzte.“, stellte die Sensenperson klar.

„Also, ich glaube, da liegt eine Verwechslung vor.“

„Es gibt keine Verwechslungen.“

„Sagt wer?“

„Ich.“, verkündete die Sensenperson mit Nachdruck.

„Ich bin mir nicht sicher, wie viel ich auf dein Wort gebe.“

„Du bist ziemlich dreist.“

„Ja, das höre ich öfter.“ Vivien grinste.

„Ab jetzt nicht mehr.“

Vivien zuckte mit den Schultern. „Ich habe nicht vor, damit aufzuhören.“

„Deine Vorsätze sind nicht länger von Bedeutung.“, sagte die Sensenperson ernst.

„Also ich bin der Meinung, dass die immer von Bedeutung sind.“, widersprach Vivien.

„Du bist nicht die erste, bei der die Phase der Leugnung länger anhält.“

„Okay, sprechen wir Klartext.“, entschied Vivien. „Du deutest die ganze Zeit an, dass ich tot bin und ich deute die ganze Zeit an, dass ich es nicht bin. Hat einer von uns irgendwelche Beweise für seine Behauptung?“

Die Sensenperson hob gebieterisch ihren Arm und der Nebel zu ihrer Rechten wurde zu einer Art Leinwand umfunktioniert. Das Bild zeigte Viviens Freunde, die um ihren leblosen Körper knieten und bitterlich weinten.

Vivien wandte den Blick ab und musste sich kurz sammeln. Hände zu Fäusten ballen, Zähne zusammenbeißen, weitermachen. Wie immer.

„Fake News!“, rief sie. „Sowas kann heutzutage doch jeder fälschen! Serena könnte das auch. Das ist hier doch auch so eine Art Nebendimension. Vielleicht hast du einfach nur die gleiche Fähigkeit wie sie und willst mir einreden, ich sei tot, damit ich mit dir mitgehe.“

„Wir befinden uns hier in einem Raum jenseits der Zeit. Ganz gleich wie lange du leugnest, es wird nichts an dem Umstand ändern, dass deine Lebenszeit abgelaufen ist.“

„Wer bestimmt das?“, forderte sie zu wissen. „Ich verlange mit demjenigen zu sprechen! Ich habe noch eine ganze Liste an Dingen, die ich erleben muss, bevor ich gehe.“

„Und das wäre?“

„Nachdem ich Monate gebraucht habe, um mit Justin zusammenzukommen, kann ich nicht sterben, bevor wir nicht Sex hatten. Und so wie ich Justin kenne, könnte das noch Jahre dauern. Außerdem will ich sehen, wie Serena und Vitali und Erik und Ariane Pärchen werden. Mein Shipper-Herz verkraftet das nicht. Weißt du nicht, wie das ist, wenn man die ganze Zeit etwas verfolgt und will, dass bestimmte Personen endlich eine Beziehung eingehen und dann wird die Serie abgesetzt? Das geht so nicht. Ich will das gefälligst miterleben! Außerdem hab ich vor, mein Leben mit Justin und den anderen zu verbringen und zu sehen, wie meine Geschwister erwachsen werden. Und ich will Kinder mit Justin. Stell dir nur vor, das wäre eine absolute Verschwendung. Justins Kinder werden die süßesten auf der ganzen Welt und wenn ich jetzt einfach sterbe, dann – wer weiß, ob er dann überhaupt noch mal eine andere an sich ranlässt. Er ist so sensibel. Außerdem neigt Serena eh schon zu depressiven Verstimmungen. Ich kann nicht zulassen, dass sie komplett zusammenbricht, wenn ich nicht mehr da bin. Und überhaupt! Das kann ich keinem von ihnen antun! Ich habe Verantwortung zu tragen!“

„Das haben andere auch.“

Vivien stieß empört die Luft aus. „Ich möchte mit jemandem reden, mit dem ich hierüber verhandeln kann.“

„Man verhandelt nicht über seinen Tod.“

„Ich habe mich noch nie an Regeln gehalten.“, meinte Vivien nonchalant. „Also wo ist mein Ansprechpartner? Kann ich die Nummer der Service Hotline bekommen? Ich habe eine Beschwerde zu machen.“

„Keine Service Hotline. Kein Kundenservice.“

„Das gibt eine schlechte Google Bewertung.“

Die blöde Sensenperson ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen.

„Der Teufel!“, fiel es Vivien ein. „Der Teufel geht doch gerne Wetten ein. Also will ich mit dem Teufel sprechen, damit er mir ein Angebot unterbreiten kann.“

„So funktioniert das nicht.“

„Natürlich funktioniert das so!“, rief Vivien. „Du bist ja nur beleidigt, weil ich es herausgefunden habe.“

Die Sensenperson seufzte.

Das war ein gutes Zeichen! Einfach weiterreden und der Sensenperson den letzten Nerv rauben! Vielleicht gelang es ihr so, diesem Mist zu entkommen.

„Ich bin mir ohnehin sicher, dass der Teufel ein Interesse daran hat, dass ich leben bleibe. Ich meine, ich habe mir vorgenommen, den unschuldigsten Jungen überhaupt zu verführen, ich manipuliere grundsätzlich jeden in meiner Umgebung und ich bin wirklich gut darin.“ Sie blinzelte ihr Gegenüber unschuldig an.

„Es gibt keinen Teufel.“, sagte die Sensenperson unbeeindruckt.

„Das würde ich an deiner Stelle jetzt auch behaupten. Überhaupt könnte das alles nur ein Trick sein. Vielleicht bist du nur ein Lichtloser, der mir etwas vorgaukelt. Genau. Oder es ist wieder eine Wahnvorstellung der Allpträume. Wieso diskutiere ich überhaupt mit dir?“

Vivien wandte sich um und versuchte einen Weg durch die Nebel zu finden. Doch als sie durch die erste Nebelbank hindurchgetreten war, stand schon wieder die Sensenperson vor ihr. Sie machte kehrt und versuchte ihr Glück an einer anderen Stelle. Gleiches Ergebnis.

„Es gibt kein Entkommen von diesem Ort.“, verkündete die Sensenperson.

„Blabla.“, sagte Vivien. „Natürlich! Wenn das der Trick eines Lichtlosen ist, kann ich nicht von hier entkommen. Ich muss irgendwie mit den anderen Kontakt aufnehmen.“ Sie hob den Kopf und rief in die Höhe. „Ewigkeit! Ewigkeeeeeiit!!!“

„Hier kann dich niemand hören.“, sprach die Sensenperson.

Ein kleines weißes Licht erschien neben Vivien.

„Ewigkeit!“ Sie fischte das Schmetterlingsmädchen aus der Luft und drückte es gegen ihre Wange.

Du zerdrückst mich.“, klagte die Kleine.

Vivien ließ sie los und wischte sich die Tränen aus den Augen.

Was hast du?“, fragte Ewigkeit, dann entdeckte sie die Sensenperson.

Etwas ging in Ewigkeits Blick vor. Eine Veränderung, die Vivien schon so lange nicht mehr gesehen hatte.

„Hab keine Angst.“, sagte die melodische Frauenstimme, von der sie geglaubt hatte, sie nie wieder hören zu können.

„Eternity…“ Weitere Tränen trübten Viviens Blick. Nachdem sie Ewigkeit fast getötet hatten, war ihre zweite Stimme nicht mehr aufgetaucht.

Das hatte nur bedeuten können, dass sie dem damaligen Angriff nicht hatte entkommen können. Zumindest hatte Vivien das bisher angenommen.

Eternitys Blick war sanft. Es lag kein Groll darin. „Ich kümmere mich darum. Schließ die Augen.“

Vivien war sich unsicher, ob sie dem Folge leisten sollte. Sie fürchtete sich davor, nichts mehr zu sehen.

„Vertrau mir.“

Vivien schniefte und nickte. Hinter ihren geschlossenen Lidern konnte sie weiterhin Eternitys Leuchten wahrnehmen.

„Es ist nicht ihre Zeit.“, sprach Eternity salbungsvoll.

„Du hast das nicht zu entscheiden.“ Mit geschlossenen Augen wirkte die mächtige Stimme des Todes noch angsteinflößender.

Eternity klang unbeeindruckt, fast als wäre sie es gewöhnt, mit dem Tod zu sprechen. „Genauso wenig wie du.“ Ihre Stimme war fest. „Du folgst dem Leben.“

„Du weißt, was es bedeutet, den Fluss zu unterbrechen.“, gemahnte der Tod.

Vivien war verwirrt. Kannte Eternity tatsächlich den Tod? War sie ihm damals ebenfalls begegnet?

„Das weiß ich besser als jeder andere.“, antwortete Eternity. „Und du weißt, welche Entscheidung ich treffen würde, wenn es in meiner Macht stünde. Doch sie ist eine derjenigen, die dazu beiträgt, das Gleichgewicht wiederherzustellen. Das liegt in unser aller Interesse.“

Es war befremdlich, Eternity sprechen zu hören, als wäre sie ebenso mächtig wie der Tod. Oder hatte sie einfach keine Angst vor ihm?

„So einfach ist es nicht.“, widersprach der Tod.

„Doch, so einfach ist es. Du brauchst sie nicht schonen. Sie wird den Schmerz des Lebens ertragen.“

„Sie wird es bereuen.“

Vivien spürte den Stich der Angst.

„Das tun Menschen nunmal.“, sagte Eternity hart.

„Du versagst ihr den Frieden. Ob sie dir diese Grausamkeit verzeiht?“

„Ich suche nicht nach Vergebung. Und ich bin nicht so gnädig wie du.“

Irgendwie klang das beängstigend.

Ein Schnauben kam vom Tod. „Sie wollte mit dem Teufel verhandeln. Offenbar ist ihr das gelungen.“

„Hättest du ihr die Wahrheit gesagt, hätte sie den Weg alleine zurück gefunden.“, entgegnete Eternitys Stimme entschieden. „Jeder Mensch ist sein eigener Teufel.“

Das war das letzte, das Vivien hörte.

Ein übermächtiger Schwindel erfasste sie. Ihre Sinne schwanden, ohne dass sie sich noch dagegen hätte wehren können. Die Erinnerungen entflohen ihr. Sie versuchte nochmals die Augen zu öffnen und glaubte schemenhaft eine leuchtende Frauengestalt zu erkennen. Dann war alles verschwunden.

 

Schmerz. Sie stieß einen Laut des Leids aus.

„Vivien!“

So sehr sie Justins Stimme liebte, das war verdammt laut.

Sie hörte den Lärm der andere, die plötzlich auch auf die Idee kamen, sie anzuschreien. Musste das sein?

„Hey Verlangen, du solltest sie heilen.“

Secret war offenbar auch da. Er war der einzige, der es wagte, sich über Arianes Beschützernamen lustig zu machen. Vivien wollte grinsen, aber ihr tat alles weh.

Dann spürte sie, wie von ihren Beinen aus die beruhigende Energie von Arianes Heilungskräften auf sie über ging.

Gott sei Dank. Das war echt unerträglich gewesen.

Nun begriff sie auch, dass sie in Justins Armen liegen musste, sie konnte seinen Geruch wahrnehmen und seinen festen Griff. Serena schluchzte neben ihr lautstark.

Schwerfällig öffnete Vivien die Augen, um die anderen zu beruhigen, dass sie nicht tot war. Sofort bereute sie es und kniff sie wieder zu. Das war so anstrengend. Sie war nicht mal in der Lage, es zu genießen, dass Justin sie festhielt.

Etwas Helles erschien vor ihr. Nochmals startete sie den Versuch, etwas zu sehen.

Ewigkeit schwebte vor ihr und lächelte sie freudig an.

Vivien atmete erleichtert auf und wusste im gleichen Moment, dass alles gut werden würde.



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