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Klang des Regens

Ryoki
von

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Die Furcht sie flackert auf

Kapitel 1
 

Die Furcht, sie flackert auf
 

Die laute, trommelnde Musik, die trotz Kopfhörer nach außen drang, beruhigte und isolierte sie von der Außenwelt, was ihr nur ganz Recht war. Warme, angenehme Luft wehte durch das offene Fenster ihres Zimmers zu ihr hinüber und seufzend huschten ihre Augen auf das Handy in ihrer Hand.

Dummer Idiot hatte sie sich in der Nacht nicht klar genug ausgedrückt?

Anscheinend nicht, denn er hatte ihr noch in eben dieser eine Nachricht

geschrieben. Er glaubte ihr nicht, schrieb er. Pech für ihn.

Das kleine Telefon auf den Tisch schmeißend, drehte sie sich auf den Rücken, verschränkte die Hände hinter ihrem Kopf.

Ein verfluchtes Jahr musste sie das hier noch aushalten, nur noch eines, dann konnte sie ausziehen und ihre Mutter würde es still hinnehmen müssen, genauso wie dieser Bastard. Denn dass sie mit 18 hier wegging, war sicher.

Rika schloss ihre Augen.

Müde war sie nicht, auch wenn sie kaum geschlafen hatte, aber der Körper

gewöhnte sich an wenig Schlaf. Am Anfang war es schwer gewesen, aber

mittlerweile klappte es doch ganz gut.

Die Tür wurde aufgezogen und knallte an die Wand, sodass sie es noch durch ihre Kopfhörer vernehmen konnte.

Er war sauer, kein Wunder, sie hatte ihm vor nicht einmal einer Stunde gesagt, was für ein Arschloch er eigentlich sei. Ihr Glück, und dafür war sie dankbar, war, dass sich ihre Mutter ausnahmsweise einmal zu Hause aufhielt. Sie machte auf heile Familie und kochte selbst, was ihr tierisch auf die Nerven ging.

Die Musik verstummte und zwang sie so, die Augen zu öffnen. Er hasste es, wenn sie ihn ignorierte, das wusste sie nur zu gut.

„Ruki!“, erklang die dunkle Stimme des Mannes, der an ihrer Anlage stand und sie wütend musterte.

„Nenn mich nicht so, das hab ich schon mal gesagt“, fauchte sie ihm

entgegen.

„Du nimmst dir heute eindeutig zu viel raus!“ Sein Blick verdunkelte sich, als sie weiterhin die Kopfhörer aufbehielt. Das sagte der Richtige...

„Was willst du?“ Ihr Ton minderte sich nicht im Geringsten, doch bereute sie ihre barschen Worte im nächsten Moment, als seine Faust ihre Stereoanlage traf.

Wunderbar...

„Das Essen ist fertig!“ Langsam zog er seine Hand zurück und besah sich die junge Frau knurrend. Sie antwortete ihm nicht und schloss seufzend die Augen.

Ihre schöne Musikanlage, davon abgesehen, dass sie teuer und neu war, konnte sie jetzt auch keine Musik mehr hören.

„Du wirst jetzt aufstehen und zum Essen kommen, hast du mich verstanden,

Ruki?“ Sie fixierte einen Punkt über ihr. Wenn sie jetzt liegen blieb, würde entweder noch mehr zu Bruch gehen, was sie nicht wollte, oder aber er zog sie mit Gewalt hinaus, was sie ebenso wenig wollte. Was blieb ihr also übrig? Genau, zum Essen zu gehen und sich irgendetwas hinunterzuwürgen. Dreckiger Mistkerl.

Das Splittern von Kunststoff versicherte ihr deutlich, dass eine ihrer CD's gerade an die Wand geprallt war. Klasse, wahrscheinlich auch noch eine, die sie gerne hörte, aber gut, sie hatte ja jetzt auch kein Gerät mehr, womit sie eben genannte abspielen konnte, wie dumm aber auch.

„Ich komm gleich“, zischte sie leise.

„Jetzt!“ Ihre Fingernägel bohrten sich schmerzhaft in ihren Arm und noch im nächsten Moment, zog sie die Kopfhörer von ihrem Kopf.

Sie musste daran denken, immer schön ruhig bleiben, alles, was sie zu ihm sagte, würde doppelt und dreifach zurückkommen. Sie würde also weiterhin still sein, denn seine Ohrfeigen hatten es in sich.

Abwertend schnaufte sie aus, während sie an ihm vorbei ging. Das Nächste, das sie spürte, war die Kante ihres Schranks, die sich unbarmherzig in ihren Rücken bohrte.

„Du willst mich Reizen, nicht wahr, Ruki?“ Zischend und leise.

„Nenn mich verdammt noch mal nicht so.“ Im nächsten Moment wurde ihr Kopf hart auf die Seite gerissen, als er ausholte und ihr eine mitgab. Sie blieb still, doch das unterdrückte Beben der Wut ließ sich trotz allem nicht verschleiern.

Der Mann beugte sich zu ihr hinab, sein Griff um ihren Oberarm verfestigte sich und gefährlich wisperte er: „Du willst es nicht anderes, nur so lernst du endlich, mir Respekt entgegenzubringen, Ruki.“

Rika wandte ihren Kopf zu ihm.

„Du kannst mich noch so oft verprügeln, Respekt werde ich vor dir nie haben, Jack.“

Die laute und fröhliche Stimme ihrer Mutter hallte geräuschvoll wider, als sie nach beiden rief.

„Das werden wir sehen“, meinte er noch, stieß sie abermals gegen die Kante und verließ ihr Zimmer.

Schluckend berührte sie ihre Wange. Sie war so dumm, warum konnte sie nicht einmal ihre verfluchte Klappe halten. Spätestens, wenn ihre Mutter außer Haus war, würde er auf ihre Worte zurückkommen.

Rumiko rief abermals nach ihr und keuchend ging sie einen Schritt nach vorne. Ihr Rücken tat höllisch weh und sie bezweifelte nicht, dass er spätestens in einer Stunde blau gefärbt war.

Scheißkerl. Sie war feige, einfach nur feige, sie sollte sich wehren, so wie sie es bei jedem anderen getan hätte. Sie war immer schon selbstbewusst gewesen, hatte sich nie etwas gefallen lassen, nur bei ihm gab sie jedes Mal klein bei und es war egal, um was es ging. Immer war es sie.

Rika schluckte abermals.

Wenn sie ehrlich war, wusste sie auch ganz genau wieso. Dieses dunkle Flimmern in seinen Augen, wenn sie widersprach oder etwas tat, was er nicht mochte. Dieses scheiß Flackern war es, was ihr Selbstbewusstsein weichen ließ.

„Ruki!“, rief es durch das Haus, zornig, eine solche Wut, die ihre Mutter niemals an den Tag gelegt hätte. Rika biss die Zähne zusammen, als sie durch die Tür hinausging und seiner donnernden Stimme gehorchte.
 

Nur am Rande vernahm sie das Vibrieren ihres Handys, dass sie aus ihrem Halbschlaf riss. Genervt tastete sie mit einer Hand nach eben besagten Teil. Sie wollte eigentlich nur schlafen, ein paar Stunden, mehr nicht. Ihre Mutter hatte mitten im Essen ein Anruf bekommen, ein Shooting bei Nacht für irgendeinen angesagten Designer und so wie Rumiko am Abend ging, würde sie es ihr gleichtun. Alleine blieb sie mit diesem Mann nicht, natürlich könnte sie einfach ihre Mutter fragen, ob sie mit könnte und das Rumiko begeistert davon wäre, wusste sie. Genau das war der Grund, warum sie nicht fragte, am Ende bildete sich die Frau noch ein, es gefiele ihr.

Desinteressiert öffnete Rika ihre Augen einen Spalt weit, um zu sehen, wer ihr dieses Mal eine Nachricht geschickt hatte. Wenn es Ryo war, würde sie das Telefon rückwirkend zurückschmeißen.

Ihr Blick huschte über die Wörter, die ihr Jen geschickt hatte. Ob sie Lust hätte, ins Kino zu gehen, heute Abend. Nein, hatte sie nicht und genau das schrieb sie auch. Mit der Kato alleine vielleicht, aber sie wusste auch, ohne dass ihre Freundin es dazu geschrieben hatte, dass auch die Anderen dabei waren.

Das Handy ausschaltend, legte sie es beiseite und zog sich die Decke höher.

Jen würde ihre kurze Antwort nicht so einfach auf sich beruhen lassen, genau deswegen hatte sie es ausgeschaltet. Was sich jedoch im Nachhinein, wie sie feststellen musste, als Fehler herausstellte.

Denn keine zwei Stunden später, in denen sie vergeblich Versuch hatte, irgendwie Schlaf zu finden, hallte die Türklingel wieder. Als ihre Mutter dann auch noch wenig später leise in ihr Zimmer trat, hätte sie sich am Liebsten selbst schlagen können, denn Kazus Stimme vernahm sie trotz der Decke, die über ihr lag.

„Rika, Süße, deine Freunde sind hier.“ Eigentlich wollte sie nicht antworten und hoffte, dass ihre Mutter wieder ging und somit auch ihre Freunde.

Das Parfüm, das ihr in die Nase stieg, hielt sie jedoch davon ab, ihre Mutter legte es nur auf, wenn sie außer Haus ging.

„Gehst du jetzt schon?“, rutschte es ihr dummerweise über die Lippen. Die Augen öffnend, besah sie sich Rumiko.

„Ja, ich geh noch Kaffee trinken mit dem Fotografen.“ Super. Echt klasse.

Jetzt musste sie ins Kino gehen oder mit ihrer Mutter mit. Scheiß Auswahl und doch fiel die Entscheidung nicht schwer. Nach dem Motto: Glut oder Feuer. Sie zog die Glut eindeutig dem Feuer vor.

„Sag den Idioten, ich komm gleich“, murrte sie ihr entgegen.

„In Ordnung, bis morgen Spatz und hab Spaß.“ Ihr Lächeln konnte sie sich

sonst wohin stecken.

„Mama?“ Rumiko drehte sich kurz, bevor sie aus der Tür hinaus war, fragend um.

„Hast du noch kurz Zeit?“

„Sicher, was ist denn?“ Den nächsten Satz würde sie so bereuen, sie wusste es, aber wie zuvor, sie lief lieber durch die Glut. Jack wartete im Wohnzimmer oder sonst wo. Sie bezweifelte stark, dass es ihm schwerfallen würde, ihren Freunden die Tür vor der Nase zu zuhauen, wenn ihre Mutter vor ihr aus dem Haus ging. Und dann hatte er es leicht, sie daran zu hindern, zu verschwinden.

„Kannst du mir schnell helfen? Ich weiß nicht genau, was ich anziehen soll.“

Rika sah Rumiko ungläubig blinzeln und konnte es selbst nicht glauben, dass sie so etwas wirklich laut ausgesprochen hatte.

Ein strahlendes Lächeln blitzte ihr entgegen. Was hatte sie getan, auf nimmer wiedersehen Stolz, nun gut, viel besaß sie ohnehin nicht mehr.

„Natürlich, mein Liebling.“ Sie beobachtete ihre Mutter dabei, wie sie ihre Handtasche auf dem Boden abstellte und zu ihrem Schrank ging.

„Möchtest du lieber ein Kleid oder einen Rock?“ Jetzt hieß es den Schaden so weit wie möglich eingrenzen.

„Es wird in der Nacht sicher kalt und ich weiß nicht, wann ich nach Hause komme.“

Rumiko legte einen ihrer Finger an die Lippen, eine alte Angewohnheit, wenn sie überlegte.

„Da könntest du recht haben.“ Sicher hatte sie recht und auch wenn nicht, würde sie eine Hose anziehen. Wenigstens das wollte sie beibehalten. Jack hatte ihr vor einem Monat schmerzend klargemacht, dass er nicht wollte, dass sie mit geschlossenen Haaren rum lief. Zwei Ohrfeigen waren ausreichend, um auch die letzten Haargummis wegzuschmeißen. So blieb ihr nur eine Möglichkeit, ihre Strähnen einigermaßen hinten zu halten, das altbewährte Haarspray. Fehlte nur noch die Schminke, dann sah sie aus wie die Weiber in ihrer Schule. Aufgetakelt, als wäre der Unterricht eine angesagte Disco aber gut, man wusste ja nie, wann einen die Stifte im Stich ließen, nicht? Zur Not nahm man eben einfach mal einen Lippenstift oder die Wimperntusche, der Lehrer wäre sicher angetan davon.

Rika zog das Oberteil an, das ihre Mutter ihr entgegen hielt, und musste ein frustriertes Seufzen unterdrücken. Sie liebte nichts mehr, als bauchfrei.

Wenigstens war die Hose normal und die Kürze des T-Shirts das Einzige, das nach ihrer Meinung nicht stimmte, damit konnte sie sich noch irgendwie abfinden.

„Du siehst gut aus, Schatz, und die Handschuhe passen sehr gut dazu.“ Rikas Blick schweifte kurz zu ihren Händen, an denen sie eben Besagtes trug. Die Finger waren frei und eigentlich verdeckten sie genau die Flächen. Zum Spaß oder, weil es gut aussah, trug sie die Dinger sicher nicht. Vielmehr verschleierte einer davon den hässlichen Bluterguss, der sich schön sichtbar auf ihrer Haut entlang zog. Sie hatte vorgestern einen Moment lang geglaubt, Jack würde ihr die Knochen brechen, als er so fest zudrückte.

„Danke“, meinte die junge Frau, ehe sie sich ihr Handy schnappte und an ihrer Mutter vorbei ging. Kazu konnte man durch das ganze Haus hören und genervt seufzte sie. Dass Jen nie ein Nein akzeptieren konnte, erschreckenderweise kam die Kato mit solch einer Masche auch immer durch. Am Ende ging sie mit, obwohl sie zuvor nicht wollte.

„Glaubst du, es war eine gute Idee herzukommen? Immerhin hat Rika geschrieben, dass sie nicht mit will“, vernahm man Takato, der neben Kazu und Ryo stand. Jen winkte ab und fing an zu lächeln, als sie Rika entdeckte.

„Das Wort „Nein“ ist dir ein Fremdbegriff oder?“ Die junge Frau lief auf die Gruppe zu und griff nach ihrer Jacke.

„Ach hab dich nicht so, wird sicher lustig.“ Bekam sie lediglich zur Antwort, bevor die Kato sich bei ihr unterhakte und sie, ohne auf die Jungs zu achten, aus dem Haus zog.

Kazu blinzelte genau wie es Takato tat.

„Die haben uns gerade so was von stehen gelassen“, warf der Kappenträger

in die entstandene Stille hinein. Ryo schüttelte grinsend den Kopf und vergrub seine Hände in den Taschen, ehe er den Frauen folgte. Man merkte, dass beide Freundinnen waren. Es war eine gute Idee, Jen eine Nachricht schreiben zu lassen, vielleicht vertraute sich Rika ihr an oder aber er übertrieb. Immerhin war gerade nichts ungewöhnlich, außer dass sie ihre Haare offen trug und er musste zugeben, sie sah gut damit aus, sehr gut sogar.

Wahrscheinlich dramatisierte er das von gestern Nacht einfach.
 

Die jungen Männer holten sie in der nächsten Seitengasse ein, wobei nur Takato leicht außer Atem schien.

„Könnt ihr nicht warten?“ Jen wandte nur milde lächelnd den Kopf zu Kazu, was wohl so viel hieß wie nein.

„Was willst du dir überhaupt ansehen?“

„Der Film gefällt dir sicher, Rika“ Die Augenbrauen hebend, besah sie die Jüngere und ignorierte die Jungs weiterhin.

„Herr der Ringe. Im Karoji Kino wird der erste und zweite Teil gezeigt.“

„Du willst mir gerade nicht ernsthaft erzählen, dass wir sechs Stunden in einem Film sitzen, denn du bereits auswendig kennst oder?“

„Im Kino ist aber die Atmosphäre ganz anders.“

„Du hast doch ’nen Dachschaden“, schnaufte die Nonaka genervt aus. Noch schlimmer konnte es nicht kommen.

„Jen hat recht, es gibt Süßzeug und daneben ist gleich eine Bar, falls wir noch was trinken wollen.“ Kazu verschränkte seine Hände über dem Kopf.

„Ich verbessere mich, ihr habt alle einen Dachschaden.“

„Wie war das noch? Gleich und Gleich gesellt sich gern.“ Rikas Augen schweiften zu Ryo.

„Dann frage ich mich, was ich hier zu suchen habe“, konterte sie ihm. Ein Schmunzeln legte sich auf seinen Zügen nieder. Jedes Mal dasselbe, egal was er sagte, sie hielt immer dagegen. Er wollte gerade ansetzten, etwas zu erwidern, als Kazu ihm zuvor kam.

„Oh bitte. Ihr seit keine zwei Minuten zusammen und schon fangt ihr an zu streiten.“

Jen lachte leise. „Streiten? Das ist eher die hohe Kunst der Diskussion.“

Ryo schüttelte belustigt den Kopf. Streiten war das wirklich nicht, es war mehr ein ewiger Meinungsaustausch, den es gab, seit sie sich kannten.
 

Das Karoji Kino war nichts im Vergleich zu den wirklich großen Filmpalästen in der Innenstadt, doch bot es alles, was man für einen schönen Abend brauchte.

Getränke, Essen und eine kleine Bar, die ein wohlfühlendes Flair verbreitete.

Rika ließ ihren Blick über die Menschen schweifen. Es waren erstaunlich viele Leute hier, obwohl es den Film bereits auf DVD und Video zu kaufen gab.

Anscheinend war nicht nur Jen so verrückt, die mit Takato im nächsten Moment laut verkündete, dass sie die Karten holten. Kazu war kurz danach verschwunden, um sich und den anderen, Popcorn zu hohlen, typisch.

„Lass uns schon mal zum Saal gehen.“ Ryo umfasste ihre Hand und zog sie aus der Menschenmenge hinaus. Stumm ließ Rika es sich gefallen, doch löste sie den Griff, sobald sie an der großen Tür angelangt waren.

Lautlos seufzend lehnte sie sich an die Wand hinter sich und verschränkte die Arme vor der Brust. Sechs Stunden würde das Ganze hier dauern, also würden sie circa um 12 Uhr hier rausgehen, dann wäre sie um halb eins zu Hause.

Eigentlich eine gute Zeit, Jack schlief um die Uhrzeit meist, aber sie wusste nicht, wann ihre Mutter nach Hause kam, vielleicht wartete er auf sie. Sollte sie auf Nummer sichergehen oder auf ein Funken Glück hoffen? Wenn sie in Betracht zog, dass sie kaum geschlafen hatte, war es durchaus einen Versuch wert.

Ryos Stimme holte sie aus den Gedanken und blinzelnd drehte sie ihren Kopf zu ihm.

„Hast du was gesagt?“ Der junge Mann musterte sie kurz. „Nicht wichtig.

Ist alles in Ordnung?“

„Sicher.“ Rika wandte sich ab, als Jen und Takato auf sie beide zu liefen.

„Man, es geht hier ganz schön zu.“ Die Kato hakte sich, wie bereits auf

dem Weg hierher, bei der jungen Frau unter und zog sie mit sich.

Seinen Blick über sie schweifend, legte Ryo die Stirn in Falten. Eigentlich hatte er ihr nur gesagt, dass sie gut aussähe. Er wurde das Gefühl nicht los, dass eben nicht alles in Ordnung war, sie verhielt sich zwar weitest gehend normal, wie immer, aber irgendetwas war anderes.
 

Kalte Nachtluft strich ihr entgegen, als sie dicht gefolgt von den anderen das Kino verließen. Das war definitiv das letzte Mal gewesen, dass sie Herr der Ringe ansah. Sechs Stunden in einem Film sitzen, den man in und auswendig kannte, war einfach nur langweilig.

Sie strich sich ihre Haare mit einer lockeren Bewegung nach hinten und sah zurück, Jen war die Erste, die anfing zu sprechen.

„Auch wenn ich beide Filme liebe, ich bin froh, wenn ich jetzt daheim bin.“

Ein langes Gähnen unterstrich ihre Worte.

Sie hoffe, dass ihre Mutter jetzt bereits daheim war oder zumindest, dass Jack schlief. Die Chancen standen gut, dass sie unbemerkt in ihr Zimmer kam und wenn nicht, dann konnte sie sich auf einen Streit vorbereiten, bei dem sie unterlag.

Er hatte ihre Worte heute Mittag sicher nicht vergessen. Keinen Blick oder gar ein Wort hatte sie mehr an ihn gerichtet und das hasste er, das wusste sie.

„Wir sehen uns dann morgen.“ Rika sah auf, als sich Jen verabschiedete und mit Kazu, Takato über die Kreuzung ging.

Sie hob nur ihre Hand und als ihr die Kato hinterher rief, dass sie gegen Nachmittag bei ihr war, entwich ihr ein Seufzen. Jen kannte das Wort „Nein“ einfach nicht. Noch im Kino hatte sie laut verkündet, morgen Bowlen zu gehen.

Natürlich hatte man sie selbst nicht gefragt, auf ihr nein hatte Jen nur gelächelt. Ein solches Schmunzeln, das sagte: Ist mir egal, du kommst trotzdem mit.

„Hättest du nicht die Letzte abbiegen müssen?“, richtete sie sich nach Kurzem an Ryo, der neben ihr herging.

„Richtig.“

„Und warum läufst du mir dann nach?“ Er ließ seine Augen über sie schweifen. Sie hatte ihm ganz normal geantwortet, fast müde, so wie in der Nacht, als es regnete.

„Weil ich dich nicht allein um die Uhrzeit herumlaufen lasse.“

„Mach, was du willst.“ Die junge Frau zog ihr Handy aus der Tasche, das leise summend vibrierte. Klasse... Jack war noch wach und nach seinen Worten zu urteilen, die er ihr geschrieben hatte, nicht gerade gut gelaunt.

Beinahe wäre ihr ein wehleidiger Laut über die Lippen gerannt, doch wurde ihr der Blick von Ryo, der nach wie vor musternd auf ihr lag, siedend heiß bewusst.

Das Telefon wegsteckend, strich sie ihre Haare erneut nach hinten. Sie konnte nicht einmal wegbleiben, er würde ausrasten, und dass er das tun würde, stand in seiner Nachricht drinnen.

Was blieb ihr also anderes übrig, als nach Hause zu gehen, sofern sie seinen Zorn nicht noch mehr anstacheln wollte. Richtig, nichts.

„Rika.“ Der junge Mann wandte seinen Kopf nach vorne und betrachtete die Autos, die an ihnen vorbeifuhren.

„Was willst du?“

„Ich will wissen, was los ist.“ Sie konnte ihm nicht erzählen, dass mit ihr alles in Ordnung sei. Sie war nie so still gewesen wie jetzt.

„Alles bestens“, fauchte sie ihm barsch entgegen.

„Glaube ich dir nicht und das weißt du. Ich bin nicht blind.“ Ihre Blicke trafen sich.

„Und ich bin nicht dumm. Das mit Jen war unnötig, genau wie dieser beschissene Kinobesuch oder glaubst du, dass ich den Zusammenhang nicht sehe? Deine SMS trudelt ein und am nächsten Tag belagert mich Jen. Von Zufall kann kaum die Rede sein.“

Rika wandte sich ab und registrierte unwohl, das Licht in ihrem Haus brannte.

Sein Seufzen erklang. „Ich mach mir nur Sorgen, Rika, mehr nicht.“

Die junge Frau antwortete nicht, zog das Gartentor auf, an dem Ryo stehen blieb.

„Danke fürs Begleiten.“ Sie drehte sich kein einziges Mal mehr um und doch stockte sie, als sie seine Worte vernahm.

„Du kannst jederzeit zu mir kommen, egal wie viel Uhr es sein sollte. Gute Nacht.“

Idiot...
 

Tief durchatmend sperrte sie die Haustür auf und fand sich in einem dunklen, nur vom Wohnzimmerlicht beleuchteten Gang wieder. Ihre Augen huschten von alleine zu den Schuhen ihrer Mutter. Sie war also noch nicht wieder da. Zögernd zog sie ihre Jacke aus, hing sie zu den anderen und verbannte ihre Haare zurück, die ihr in das Gesicht fielen.

„Ruki.“ Obwohl die junge Frau bereits wusste, dass er noch wach war, musste sie anhand seiner Stimme schlucken. Wenn sie es nicht besser wüsste, könnte sie meinen, dass sie Angst hätte.

„Ruki! Komm her und zwar jetzt!“ Wie einen dummen Hund rief er sie und was tat sie? Gehorchte. Das war reiner Balsam für ihren noch vorhandenen Stolz.

Ihre Beine trugen sie unwillig in das milde scheinende Wohnzimmer, doch blieb sie am Türrahmen stehen.

„Was willst du?“ Ihre Stimme hörte sich sogar in ihren Ohren dünn an.

„Wenn ich jetzt aufstehen muss...“ Gefährlich leise. Rika riss sich los, ging zu Jack, der auf der Couch saß. Der Fernseher spulte leise einen eingelegten Film ab, dem er bis eben aufmerksam verfolgt hatte.

Sein Blick richtete sich auf ihre Gestalt. Das kurze Flackern in seinen Augen veranlasste sie, sich neben ihn zu setzen.

„Dein Benehmen ist zurzeit unakzeptabel, Ruki, das weißt du selbst, aber ich will es noch einmal im Guten mit dir versuchen.“ Die junge Frau zuckte zusammen, als er sich zurücksinken ließ und seinen Kopf auf ihren Schoß bettete. Mit dem Rücken wich sie an die Polsterung und musste den Impuls, ihn wegzustoßen unterdrücken.

„Was soll das werden?“

„Wir warten auf deine Mutter!“ Seine Hand griff nach der ihren, legte sie auf seine Schulter.

„Zieh die scheiß Handschuhe aus!“, setzte er nach, doch riss er ihren Arm grob nach vorne. Rika biss sich schmerzhaft auf die Lippen, als er den Stoff ruppig herunterzog. Die dunkel unterlaufene Färbung konnte man trotz schlechtem Licht erkennen.

„Wo waren wir?“ Er legte ihre Hand zurück. „Genau, ich will es noch einmal im Guten mit dir versuchen und dazugehören einige Regeln.“

Mehr und mehr verkrampfte sie sich und wollte ihre Finger von seiner Haut nehmen. Sein leises Knurren veranlasste sie, die Augen zu schließen und zu verharren.

Sie hätte wegbleiben sollen.

„Die Regeln werden folgende sein: Wenn deine Mutter arbeiten muss, dann wirst du hier bleiben und mir Gesellschaft leisten. Deine Ausflüge in der Nacht wirst du einstellen, genauso wie deinen immer wehrenden Trotz. Du wirst tun, was ich dir sage und zwar sofort ohne Widerworte. Solltest du dich nicht daran halten, werde ich es nicht mehr auf deine schlechte Erziehung schieben, sondern persönlich nehmen.“ Er stoppte, bevor er weiter sprach: „Und du willst doch nicht, dass ich mir etwas zu Herzen nehme oder, Ruki?“

„Nein.“ Mehr wie ein abgehacktes Wort bekam sie nicht über die Lippen. Sie wollte hier nur noch weg...

„Gut! Jetzt lass uns den Film ansehen, er soll gut sein, habe ich gehört.“

Sie hoffte bei allem, was ihr lieb war, dass ihre Mutter bald nach Hause kommen würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von: abgemeldet
2012-07-03T22:20:46+00:00 04.07.2012 00:20
Weiter weiter. Du hast einen tollen schreibstil!
Von: abgemeldet
2006-02-15T15:15:28+00:00 15.02.2006 16:15
Also wie versprochen:zu jedem Kapitel nen Kommi!

Das ist wirklich super.Du hast einen Tollen Schreibstil und es ist nicht mehr so kurz^^
Man kann schon ahnen das es eine Ryoki wird.
Bye Airi_chan(das is mein neuer nick da hab ich auch nen Steckbrief)
Von:  habdichlieb
2006-02-05T10:57:51+00:00 05.02.2006 11:57
wahnsinn, du kannst echt gut schreiben...
hat mir sehr gut gefallen..
ich hoffe das Rika sich das nicht noch zu lange gefallen lässt...
schreib bitte schnell weiter...
bye habdichlieb ^^
Von:  yuri-engel
2006-02-04T20:03:44+00:00 04.02.2006 21:03
verdammt, normalerweise wurde sie sich währen (schreibt man es so?)
bin wirklich gespannt wie's weida geht.....
ob er mal auch eine runterkriegt?
Von:  Levisto
2006-01-01T12:51:11+00:00 01.01.2006 13:51
Cool, wieso hab ich die FF nicht vorher gesehn.

Mach ja schnell weiter

Levisto
Von:  basta
2005-12-14T16:01:28+00:00 14.12.2005 17:01
voll cool =)
schreib schnell weiter un sag bitte bescheid =)
bei mir isset auch weitergegange =)
lara
Von: abgemeldet
2005-12-06T15:01:22+00:00 06.12.2005 16:01
Hodrio auch.
Tja, ob's mir gefallen hat, dass Rika verprügelt wurde?
Was für eine Frage *zitter*!

Aber ich weiß ja, wie du's meinst^^
Ich find die Idee auch gut, und freue mich auf's nächste Kapitel.
Sag mal, benutzt du eigentlich Microsoft Word?

Gruß, Rika
Von: abgemeldet
2005-12-02T22:09:23+00:00 02.12.2005 23:09
Ersteee!!!
Also super FF!!^__^echt eine gute idee!schreib bitte schell weiter!=)
freu mich schon auf's nachste kappi!:)
Also bis dann!
sayonara


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