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A Bullet For You

Mafiosi, Dämonen, Bandenkriege - und Naruto mittendrin! [Trailer online]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo Freunde,
ja, ihr habt richtig gelesen. A Bullet For You wird endlich fortgesetzt. Und abgeschlossen.
Ja, wirklich. Der Final Arc – die rund 15 Kapitel, die noch fehlen – befindet sich endlich in seiner Gänze auf meiner Festplatte, und ab heute werde ich ca. wöchentlich ein neues Kapitel hochladen.
Da mehr als dreieinhalb Jahre vergangen sind (O.o), hier noch ein kleines Spezialkapitel, das die bisherige Handlung zusammenfasst. Und hier gibt es noch einen neuen Trailer, den ich extra für den Final Arc gemacht habe. Mir persönlich gefällt er besser als der alte, und ich denke, auch meine schreiberischen Qualitäten haben sich in all den Jahren verbessert – aber das müsst ihr beurteilen ;)
Nun also genug der Vorreden – viel Spaß mit dem lang erwarteten Rest von A Bullet For You! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier noch einmal obligatorisch der Link zum ABFY-Final-Arc-Trailer ;) Komplett anzeigen

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Hitziger Empfang

Es sah in etwa so aus, wie er es erwartet hatte. Von außen war das Lokal schon unansehnlich gewesen. Die Fenster waren teilweise vernagelt, sodass es ziemlich finster hier drin war. Ein paar alte Lampen mit zum größten Teil zerbrochenen Schirmen spendeten schmieriges Licht, das von fetten Qualmwolken umwabert wurde. Und das war also das beste Lokal weit und breit, das berühmte Ichiraku‘s Paradise? Diese Stadt war wirklich heruntergekommen.

Zumindest war es gut besucht. Immerhin gab es nicht nur jede Menge Spielautomaten und Kartentische, sondern auch zwei Tänzerinnen, die auf kleinen Podesten herumwirbelten, und man konnte den geifernden Männern ringsherum ansehen, dass sie schon länger vergeblich darauf warteten, dass sie ihre Hüllen fallen ließen.

Naruto schob sich zwischen den eng stehenden Stühlen zur Bar durch. Nicht wenige grobschlächtig wirkende Kerle sahen ungehalten brummend zu ihm auf und einige starrten ihn an, als würden sie ihn am liebsten für die Störung umbringen wollen. Aber Naruto ließ sich nicht einschüchtern; wenn er eins hatte, dann Selbstvertrauen, und das vielleicht sogar mehr, als gut war. Jedenfalls erreichte er nach einigen tollpatschigen „Entschuldigung!“ und „Tut mir leid, es ist hier so eng!“ die Schank, wo ein untersetzter Kellner die brandgeschwärzte Platte vor sich auf Hochglanz polierte.

„Was willst du?“, fragte er mürrisch.

„Haben Sie Ramen?“, fragte Naruto.

„Hör mal, du bist hier in Ichiraku’s Paradise, dem besten Lokal in ganz Akuma Gakure! Ohne Ramen würden wir heute höchstens Hundefutter verkaufen! Obwohl das meiste hier ohnehin nicht besser ist …“ Während er redete, schöpfte der Kellner Nudelsuppe in eine Schale und reichte sie Naruto. Bevor er die Schüssel allerdings losließ, vergewisserte er sich: „Du kannst doch bezahlen, oder?“

Naruto konnte wieder einmal nicht widerstehen. „Hören Sie mal, Sie stehen hier vor Naruto Uzumaki! Natürlich kann ich bezahlen!“

Wortlos knallte der Wirt die Schüssel auf die Platte und fluchte, als er die heiße Suppe über das eben polierte Holz verschüttete. Naruto schnappte sich einen Barhocker und begann schlürfend zu essen. Dabei beobachtete er aus den Augenwinkeln die anderen Besucher von Ichiraku’s Paradise. Die meisten beachteten ihn gar nicht mehr, nur in der linken hinteren Ecke des Lokals saß ein Mann in einem schwarzen Mantel, der ihn unter dem Rand seines breitkrempigen Sonnenhuts durchdringend anstarrte. In seiner Hand hielt er ein Glas Milch, was Naruto merkwürdig vorkam. Ohne zu wissen, warum, wurde er unter diesem Blick nervös und konzentrierte sich wieder auf seine Suppe.

Keine zwei Minuten später ging wieder die Tür auf und ließ gleißendes Licht herein. Wie schon bei Narutos Eintreten verstummten schlagartig alle Gespräche. Nur Narutos Schlürfen war zu hören, als zwei Leute eintraten und schnurstracks auf die Bar zugingen. Die Gäste machten respektvoll Platz, obwohl die beiden eher harmlos aussahen – und zudem ziemlich klein. Der eine hatte einen Buckel und über dem ganzen Gesicht einen Verband; lediglich ein Auge lugte heraus. Der andere hatte aufgestellte Haare und ein Stirnband darum. Beide trugen fleckige, militärisch anmutende Kleidung, die aber in wesentlich besserem Zustand war als die der meisten anderen Gäste.

Der Kellner wich zurück, je näher sie kamen, bis er mit dem Rücken gegen das Regal hinter sich stieß, in dem die Weinflaschen zu wackeln begannen.

„Hol Ichiraku“, sagte der Buckelige mit grollender Stimme. Der ganze Raum schien den Atem anzuhalten.

Der Kellner verbeugte sich vielmals. „Wie Sie wünschen, Dosu, ich werde ihn sofort herbringen!“ Fluchtartig verließ er den Raum durch eine Tür auf der linken Seite der Bar, wo eine Treppe nach oben führte. Kurz danach erschien ein groß gewachsener Mann im Nadelstreifenanzug, der Ichiraku sein musste.

Beim Anblick der beiden erbleichte er und katzbuckelte genauso wie der Kellner zuvor. „Oh, Dosu, Zaku, dass Sie mich mit Ihrem Besuch beehren, freut mich wirklich … Darf ich Ihnen etwas Ramen anbieten?“

Zaku grunzte. „Du bist mit deinen Zahlungen seit über einem Monat im Rückstand, alter Mann. Orochimaru wird ungeduldig, und du weißt, dass …“ Er verstummte, als Naruto, der das Interesse an der Unterhaltung verloren hatte, sich wieder schlürfend ans Essen machte. „Kann der da nicht ruhig sein?“, knurrte Zaku.

„Ich kümmere mich darum“, versprach Ichiraku. Leise sagte er zu Naruto: „Kannst du bitte aufhören zu schlürfen? Das ist hoher Besuch, der da im Haus ist.“

„Ich kann essen, wann und so laut ich will. Ich habe diese Nudelsuppe gekauft und sie gehört mir. Lesen Sie im Gesetz nach“, sagte Naruto stur und schlürfte weiter.

„Ich bitte dich, hör auf, ich gebe dir auch einen Nachschlag umsonst!“, flüsterte Ichiraku flehend.

Naruto überlegte – und wurde plötzlich von einer heftigen Druckwelle erfasst und samt dem Barhocker davon geschleudert. Der Tisch, in den er krachte, zerbrach mittendurch. Die Leute, die daran gesessen waren, sprangen erschrocken von ihren Stühlen auf.

Zaku ließ die Hand sinken, in der eine kleine Öffnung zu sehen war. Ohne Naruto noch eines Blickes zu würdigen, sagte er: „Orochimaru wird ungeduldig, und du weißt, dass er ziemlich ungemütlich werden kann. Wir sind hier, um ein wenig aufzuräumen, falls du wieder versuchst, dich vor der Zahlung zu drücken.“

Ichiraku wurde noch bleicher. „Aber die Summe, die er verlangt, ist immens! Dafür hat der Monat nicht genug Tage!“

„Wenn man im Wettbewerb nicht bestehen kann, sollte man überlegen, ob es nicht besser ist zu schließen“, sagte Dosu kalt.

„Also, alter Mann!“, sagte Zaku und richtete drohend die Handfläche auf Ichiraku. „Wenn du das Geld nicht hast, dann werden wir wohl …“

Er kam auch diesmal nicht dazu, seinen Satz zu Ende zu führen. Naruto war aus den Trümmern aufgesprungen und mit großen Sätzen auf die beiden zugerannt und noch ehe sie reagieren konnten, hatte er Zaku einen Kinnhaken verpasst, der ihn über die Theke fliegen ließ, wo er gegen ein Regal voller Flaschen prallte. Das Regal brach in sich zusammen und Flaschen und Gläser und eine Menge Alkohol prasselten auf Zaku nieder.

Dosu streckte den Arm aus und Naruto sah die seltsame Apparatur an seinem Handgelenk, eine Art metallenes Gehäuse mit mehreren Löchern darin. Es sah zwar nicht gefährlich aus, aber er reagierte trotzdem blitzschnell und setzte zu einem Sprungkick an. Dosu sprang jedoch unerwartet flink über ihn hinweg. Narutos Bein zertrümmerte einige Bierkrüge, die auf der Theke standen. Die Gäste waren längst in Deckung gegangen.

Dosu landete hinter ihm und schlug zu. Naruto duckte sich unter dem Hieb durch, packte einen Stuhl und schmetterte ihn mit aller Kraft gegen den Kerl, der daraufhin zurück taumelte. In diesem Moment kam Zaku wieder zu sich und schwang sich über die Theke. Er traktierte Naruto mit Schlägen, die dieser gekonnt mit den Handflächen und seinen Ellbogen abblockte. Das viele Kampfsporttraining machte sich bezahlt. Dann ging Naruto in die Offensive.

Zakus Faust zischte neben seinem Ohr vorbei ins Leere. Naruto duckte sich und rammte seinem Gegner den Kopf in den Magen. Zaku ächzte – und gleich darauf noch einmal lauter, als ihn ein Schlag am Kinn traf. Dann packte Naruto seinen Arm und warf ihn über seine Schulter gegen die Wand. Irgendetwas in Zakus Körper zerbrach knackend, doch ehe Naruto Luft holen konnte, erwischte ihn etwas Metallenes an der Schläfe und ließ Sterne vor seinen Augen tanzen. Er wurde gegen den Tresen geschleudert und Dosus krumme Gestalt baute sich vor ihm auf und richtete erneut sein seltsames Gerät auf ihn. „Du kleiner Idiot“, knurrte der Schläger. „Man legt sich nicht ungestraft mit uns an!“

Das Gerät an seinem Arm begann zu vibrieren. Es stieß einen Ton aus, der Naruto durch und durch ging. Plötzlich wurde ihm übel. Dosu lachte trocken. Was war das für eine Maschine?

Plötzlich ließ Dosu ein schmerzerfülltes Keuchen hören. Sein Gewand riss auf und Naruto sah, dass sich ein knochenweißer Stachel durch seinen Brustkorb gebohrt hatte. Das Vibrieren brach ab. Dosu bewegte zitternd den Kopf und sah die Gestalt an, die hinter ihm stand. „Du …“ Er keuchte, als sich ein zweiter Stachel durch ihn bohrte und gleich darauf ein dritter. Dann sackte er reglos in sich zusammen.

Naruto, der immer noch das Gefühl hatte, sich gleich übergeben zu müssen, blinzelte zu der Gestalt hoch, die ihn gerettet hatte. Es war der Mann, der in der Ecke gesessen war. Unter dem Sonnenhut starrten ihn zwei rot umrandete Augen an. Weißes Haar fiel über die Schultern des Mannes.

Aus den Augenwinkeln sah Naruto, wie Zaku sich aufrappelte, zum Ausgang humpelte und, mit einem offensichtlich gebrochenen Bein, das Weite suchte. Dann starrte er wieder den Fremden an, der in diesem Moment den Mund aufmachte und mit kalter Stimme sagte: „Du solltest dir beim nächsten Mal genau überlegen, mit wem du dich anlegst.“

Naruto schluckte. Vielleicht hätte er sich bedanken sollen, aber … „Pah, ich hätte das auch ohne deine Hilfe geschafft! Ich bin schließlich Naruto Uzumaki, der beste Überlebenskämpfer, den es auf der Welt gibt, echt jetzt!“

Ohne eine Miene zu verziehen, sagte der Fremde: „Und du solltest deinen Namen nicht dauernd so hinausposaunen. Das könnte dir schlecht bekommen. Und jetzt solltest du Zaku hinterher laufen.“

„Warum?“, fragte Naruto verwundert.

„Um ihn zu töten“, lautete die gefühllose Antwort.

„Häh? Warum sollte ich das tun? Er ist doch abgehauen!“

„Eben.“ Der Fremde machte eine Handbewegung, die den ganzen Saal einschloss. „Wenn Orochimaru erfährt, dass seinen Schutzgeldeintreibern in Ichiraku’s Paradise Schwierigkeiten gemacht wurden, sind alle, die zu dieser Zeit hier waren, dem Tod geweiht. Wenn du ein bisschen nachgedacht hättest, hätte es vielleicht nur Ichiraku erwischt.“

Naruto wurde plötzlich wütend. „Wie kannst du nur so gefühllos daherreden!“

Der Fremde sah ihn ernst an. „Du bist nicht von hier, was? Du hast den Leuten hier die Suppe eingebrockt. Wenn Zaku zu Orochimaru gelangt, wird viel Blut fließen. Ich hoffe, du weißt, was du zu tun hast.“ Er warf Ichiraku ein paar Münzen zu, rückte seinen Hut gerade und ging mit langsamen Schritten zur Tür.

„Hey, warte!“, hielt Naruto ihn zurück. „Wer bist du eigentlich? Und warum hilfst du mir nicht? Diesen Dosu-Typ hast du doch auch … Du bist derjenige, der ihn umgebracht hat!“

Der Fremde blieb stehen, drehte sich allerdings nicht zu ihm um. „Mit ihm hatte ich noch eine kleine Rechnung offen. Du hast angefangen, Blödsinn zu machen. Ich hab dir dein Leben gerettet, also mach etwas draus. Ach ja, und wenn du es schaffst, Zaku zu erledigen, dann mal um seine Leiche herum drei Punkte auf den Boden. Kleiner Tipp von mir.“ Damit ging er davon und ließ Naruto perplex zurück.

Aber Naruto wäre nicht Naruto gewesen, wenn er sich nicht sofort wieder gefasst hätte. Kurz entschlossen sprang er auf einen Tisch, der durch die Schlägerei noch nicht zu Kleinholz verarbeitet worden war, und rief mit ausgebreiteten Armen: „Ihr habt gehört, was der Kreidekopf gesagt hat! Wer hilft mir, Zaku zu verfolgen?“

Es tat ziemlich weh, als er kopfüber auf dem harten Straßenpflaster landete. Hinter ihm hörte er die Stimmen der anderen Gäste schimpfen.

„Wehe dir, du schnappst ihn dir nicht!“

„Jawohl!“

„Dann mach ich dich kalt, wenn ich dich wiedersehe!“

„So ein Kindskopf!“

Schließlich wurde die Tür zu Ichiraku’s Paradise zugeknallt und Naruto lag allein auf der Straße. Nun ja, fast allein. Als er sich stöhnend aufrappelte, hörte er hinter sich eine Stimme. „Bist du in Ordnung? Geschieht dir recht.“

„Hä?“ Er drehte sich schlecht gelaunt um und sah in das Gesicht einer der Tänzerinnen. Sie hatte langes blondes Haar und trug ein bauchfreies, violettes Top und gleichfarbige Hot Pants. „Was willst du?“

„Da hast du dir ja ganz schön was eingebrockt. Aber ich werde dir helfen.“

Naruto sah sie missbilligend an. „Ich habe nie gesagt, dass ich Zaku wirklich hinterher laufe! Wer bist du überhaupt?“

„Mein Name ist Ino. Ich arbeite als Tänzerin in Ichiraku’s Paradise, wie du sicher gemerkt hast. Daher will ich nicht, dass Ichiraku zusperrt. Wenn Orochimaru ihn töten lässt, sitze ich wieder auf der Straße.“

Naruto dachte nicht im Traum daran, sich auf eine Verfolgungsjagd mit irgendwelchen verrückten Gangstern einzulassen, und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. „Das geht mich doch nichts an. Ich verschwinde jedenfalls von hier.“

Ino lachte humorlos. „Das schaffst du nie. Orochimaru hat bisher jeden gefunden, der etwas gegen ihn unternommen hat. Und ihn dann gelyncht. Wenn du überleben willst, musst du Zaku töten, bevor er seinen Boss erreicht. Dann wird niemand erfahren, dass das alles in Ichiraku’s Paradise begonnen hat, und es wird vielleicht nicht in ein Gemetzel ausarten.“

„Wie ist denn das hier, kennt ihr nur das Extreme oder was? Töten, um nicht getötet zu werden? Was ist denn das für eine schwachsinnige Philosophie?“

„Das ist nun mal so hier in Akuma Gakure“, sagte Ino bitter. „Die Stadt der Dämonen und Verbrecher. Ein Sumpf aus Gewalt. Und wer sich nicht anpasst, stirbt.“

„Bäh! Eure Stadt kotzt mich an, echt jetzt. Da bin ich froh, dass ich nicht hier wohne. So, und ich geh jetzt. Ihr könnt mich alle mal mit eurer Lynchjustiz.“ Er wollte sich gerade umwenden und gehen, als Ino blitzschnell ein winziges Sprungmesser aus der Tasche ihrer Hose zog und die Klinge aufspringen ließ. Drohend hielt sie es ihm an die Kehle.

„Das kann ich nicht zulassen. Ich habe keine Lust, auf der Straße zu leben, ebenso wie ich keine Lust habe, mich von Orochimarus Gorillas abschlachten zu lassen. Ichiraku’s Paradise wird nur noch ein rauchender Trümmerhaufen sein, wenn sie hierher kommen. Aber allein schaff ich das nicht! Du musst mir helfen! Wenn du willst, verpasse ich Zaku den letzten Stoß.“

Naruto starrte auf die schmale Messerklinge unter seinem Kinn. „Ich weiß nicht einmal, wo er hin ist. Zaku könnte wer weiß wo herumlaufen.“

„Keine Sorge, er wird mit seinem Bein nicht weit gekommen sein. Außerdem weiß ich, welchen Weg er nimmt. Ich bin ihm und Dosu mal nachgeschlichen, als sie Ichiraku wieder einmal das Schutzgeld abgepresst haben.“

Naruto seufzte tief. „Na gut, ich helfe dir. Aber nur, weil ich Naruto Uzumaki bin und mich nie vor meiner Verantwortung drücke!“

Sie klappte das Messer wieder zusammen, steckte es aber nicht wieder ein. „Keine Fluchtversuche?“

„Versprochen.“

„Gut. Dann komm mit.“ Ino lief los, die Straße entlang, die rechts von Ichiraku’s Paradise weg führte. Naruto folgte ihr.

„Sag mal, wer ist denn dieser Orochimaru? Das muss ja ein ziemlich übler Bursche sein.“

„Übler, als du glaubst. Ich erzähl es dir, wenn wir hier fertig sind, okay?“, erwiderte Ino.

Naruto murmelte etwas vor sich hin, während sie die Straße hinab liefen und in eine Seitengasse einbogen.

„Was hast du gesagt?“, fragte sie.

„Ach, nichts. Nur, dass es wieder einmal typisch ist.“

„Was ist typisch?“

„Naja, da bin ich einen einzigen Tag in dieser verfluchten Stadt und schon wieder bis zum Hals in Schwierigkeiten.“

Ino sah ihn skeptisch an. „Also weißt du, irgendwie wundert mich das auch nicht.“
 

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So, das war die Einleitung :-)

Wie hat es euch gefallen?

Keine Sorge, das nächste Kapitel wird etwas spannender ;-D
 

PS: Ich will das gleich am Anfang loswerden^^: Es sind schon so einige Kapitel geworden ... Wenn meine FF euch so gut gefällt, dass ihr sie alle durchgelesen habt, und eine ENS bekommen wollt, wenn ich neue Kapitel hochlade, schreibt mir einfach ins Gästebuch oder eine ENS!

Dankeschön :)

Jagd

Sie kamen auf eine Art Hauptplatz – eine große Statue stand in der Mitte, aber was sie darstellen sollte, war nicht mehr zu erkennen –, als Ino plötzlich stehen blieb. Links von der Statue humpelte gerade Zaku in eine schmale, finstere Gasse. „Wir haben ihn eingeholt. Gut.“

„Wo will er überhaupt hin?“, fragte Naruto.

„Zu Orochimarus Anwesen natürlich. Das liegt ganz im Norden der Stadt, aber wenn wir ihm zu nahe kommen, verarbeiten uns seine Gorillas zu Hackfleisch. Glaub mir, die sind nicht gerade zimperlich und verglichen mit denen sind Zaku und Dosu echte Memmen. Hast du übrigens eine Waffe?“

„Äh … Nein.“

Ino seufzte. „Na gut, dann müssen wir ihn eben überraschen.“

Vorsichtig schlichen sie über den Platz und betraten die Gasse, in der Zaku verschwunden war. Es war wirklich ziemlich dunkel, was zum Teil auch daran lag, dass die Sonne im Begriff war unterzugehen. Und – die Gasse war leer.

„Scheiße!“, fluchte Ino. „Wo ist er hin? Das gibt’s doch nicht!“

Naruto ließ seinen Blick schweifen. Es gab nirgendwo Türen und obwohl die drei- oder vierstöckigen Gebäude links und rechts von ihnen ziemlich heruntergekommen und unbewohnt aussahen, waren alle Fenster dicht. „Das gefällt mir nicht“, murmelte er. Ino nickte.

Auf der linken Seite stand, zehn oder zwanzig Meter vor ihnen, ein großer Müllcontainer. Versteckte er sich vielleicht dahinter? Bis zum Äußersten angespannt schlichen sie näher. Ino hatte das Messer wieder aufgeklappt und hielt die Spitze gesenkt. Narutos Atem ging schwer. Er hatte plötzlich Angst. Den Feind bei aufkommender Dunkelheit nicht zu sehen war das Schlimmste, was ihnen in dieser Situation passieren konnte. Nur mühsam konnte er sein Zittern unterdrücken.

Inos Messer blitzte in dem schwachen Licht auf. Auf ihrer Stirn sammelten sich Schweißtropfen. Narutos Schritte schienen immer langsamer, seine Füße immer schwerer zu werden. Jeden Moment war er darauf gefasst, dass Zaku hinter dem Müllcontainer hervorspringen würde. Noch ein Schritt … Noch ein Schritt … Noch einer …

Ino hielt das Messer vor sich und sprang um die Ecke des Containers. „Oh nein!“, flüsterte sie, und einen Moment später sah Naruto, warum.

Zaku versteckte sich nicht hinter dem Container. Stattdessen war dort eine schmale, grüne Plastiktür, die von der Müllsammelstelle verdeckt worden war. Und sie war gewaltsam aufgebrochen worden.

„Da stimmt etwas nicht“, sagte Ino und ihr Kinn zitterte. Naruto lief ein Schauer über den Rücken, als er die Angst in ihrer Stimme hörte. „Wenn er hier herein gewollt hätte, hätte er doch einen Schlüssel …“ Plötzlich ruckte ihr Kopf herum und sie sah ihm mit geweiteten Augen an. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Naruto … Er … Er hat uns bemerkt!“

Im nächsten Moment ertönte ein Schuss. Das Fenster über ihnen zerbarst. Ino schrie auf und stürzte, als sie getroffen wurde. Glassplitter prasselten auf die Straße. Naruto wirbelte herum und sah Zaku in der Fensteröffnung stehen, mit einer Schrotflinte bewaffnet, ein irres Glitzern in den Augen. Ein Klacken ertönte, als er nachlud – Naruto konnte sich gerade noch zu Boden werfen. Die Schrotladung zeichnete Löcher in die gegenüberliegende Hauswand. Noch bevor Zaku erneut laden konnte, packte Naruto einen besonders großen Glassplitter und schleuderte ihn wie ein Wurfmesser auf den Schutzgeldeintreiber. Zaku schrie auf, als sich der spitze Splitter in seine Schulter bohrte und die Schrotflinte fiel ihm polternd auf die Füße. Naruto packte Ino, hievte sie sich auf die Schulter und rannte so schnell es ging durch die eingebrochene Tür.

Er fand sich in einem dunklen, schmutzigen Flur wieder. Von beiden Seiten führten Türen weg. Behutsam legte er Ino auf den Boden. Der Schuss hatte nur ihre Schulter gestreift, aber die Wunde blutete ziemlich stark. Naruto riss ein Stück seiner Klamotten ab und verband sie notdürftig. Dann nahm er das Messer, das sie immer noch verkrampft in der Hand hielt, und schlich auf die Tür zu, hinter der Zaku sein musste. Er trat sie ein und sprang sofort zurück, falls der Schutzgeldeintreiber mit der Schrotflinte darauf zielte. Nichts. Kein Schuss. Kein Schmerz. Naruto schluckte und schlich in den Raum, der ebenso heruntergekommen und schmutzig war wie der Flur. Er durchquerte das Zimmer mit dem kaputten Fenster und kam dann in ein Stiegenhaus. Eine hölzerne Wendeltreppe mit morschem Geländer führte in das nächste Stockwerk.

Ein Reflex rettete ihm das Leben. Er sah etwas am oberen Stufenabsatz aufblitzen und rollte sich nach vorne. Eine halbe Millisekunde später traf eine Schrotladung das Geländer, sprengte es und hagelte in den Fliesenboden. „Hol mich doch, wenn du kannst!“, höhnte Zaku und rannte plump die Treppe hoch.

Naruto wollte ihm schon hinterher, aber dann fiel ihm ein, dass das ziemlich dumm gewesen wäre. Wahrscheinlich würde Zaku oben schon auf ihn warten. Also machte er stattdessen kehrt, schlich in den Flur zurück und brach die Tür auf der gegenüberliegenden Seite auf. Diese Wohnung war genauso eingerichtet wie die, in der sich Zaku versteckte. Naruto fand die Treppe und lief in den ersten Stock. Dort öffnete er ein Fenster und kletterte hinaus auf das Fensterbrett. Ein schmaler Sims führte am Gebäude entlang. Naruto schob sich, eng an die Wand gepresst und darauf bedacht, ja keinen Blick in die Tiefe zu werfen, nach rechts, bis er vor dem Fenster ankam, das ungefähr auf Zakus Höhe liegen musste.

Jetzt war Schluss mit Leise. Er hielt die Luft an und sprang rücksichtslos durch die Scheibe. Das Glas schnitt ihn in die Haut, aber der Schmerz verebbte sofort, als er Schritte hörte. Zaku war nicht in diesem Zimmer, aber ganz offensichtlich vor der Tür, die ins Treppenhaus führte. Ohne lang zu überlegen warf sich Naruto mit der Schulter dagegen, brach die Tür auf und warf sie Zaku gegen den Kopf, der daraufhin zurücktaumelte und sich am Treppengeländer festhalten musste.

Hätte Naruto nicht so viel Schwung in diesen Angriff gelegt, hätte er ihm vielleicht mit dem Messer den Rest geben können, aber so musste er einen Moment um sein Gleichgewicht kämpfen – und schon traf ihn Zakus Faust ins Gesicht.

Naruto schrie auf. Zaku verwendete seine Flinte nun nicht mehr als Schuss- sondern als Hiebwaffe. Wie mit einer Keule schlug er auf Naruto ein, bis dieser sich krümmte und zu Boden sank. Dann richtete Zaku den Lauf seiner Waffe auf ihn. „Zeit, abzukratzen, du Störenfried!“, keuchte er.

Mit verschleiertem Blick sah Naruto ihm entgegen. „Nicht so schnell!“ Er umfasste Inos Messer und schleuderte es auf Zaku. Der stieß einen mehr überraschten als schmerzvollen Schrei aus, als das Sprungmesser sich in sein verletztes Bein bohrte und stecken blieb. Diesen Moment, in dem sein Feind abgelenkt war, nutzte Naruto aus, sprang auf und warf sich mit seinem ganzen Gewicht auf Zaku.

Gemeinsam prallten sie gegen das Treppengeländer. Das morsche Holz gab nach und brach aus. Sie stürzten auf die Treppe und kollerten, miteinander ringend, weiter. Schließlich blieb Zaku auf einer breiteren Stufe liegen, während Naruto bis zum Ende der Treppe schlitterte. „Das wird jede Menge blauer Flecken geben, echt jetzt!“, stöhnte er. Dann sah er die Schrotflinte, die direkt vor seiner Nase lag. „Haha!“, rief er triumphierend und schnappte sich die Waffe. „Was sagst du jetzt?“

Bevor er überhaupt anlegen und zielen konnte, hatte Zaku die Hand erhoben. Aus der Öffnung in seiner Hand strömte ein Luftstoß, der Naruto gegen die Wand schleuderte. Sämtliche Luft wurde aus seinen Lungen gepresst. Die Waffe landete irgendwo in einer dunklen Ecke des Raumes. Schwer atmend kam Zaku auf die Beine. „Glaubst … du wirklich … ich bräuchte so ein Spielzeug?“ Er hob auch die zweite Hand. Ein zweiter Luftstrahl presste Naruto gegen das kalte Mauerwerk. Panisch versuchte er, rechtzeitig wieder auf die Beine zu kommen, aber da war Zaku schon heran und packte in am Hals. Die andere Hand legte er auf Narutos Stirn. „Ich verrate dir was!“, flüsterte der Schutzgeldeintreiber. „Ich kann die Luftströme, die aus meinen Handflächen kommen, so verstärken, dass sie deinen Schädel in Stücke reißen!“

Nackte Angst wirbelte wie ein Eissturm in Naruto hoch, als er auf seiner Haut spürte, wie sich Ventile in Zakus Händen wieder öffneten. Er packte dessen Arm und versuchte sich aus dem Würgegriff zu befreien, aber es gelang ihm nicht. Zaku lachte ihm ins Gesicht.

Nein, es durfte hier noch nicht enden! Er war noch nicht einmal einen ganzen Tag in dieser Stadt und sollte jetzt schon sterben? Er hatte hier noch etwas zu erledigen, verdammt noch mal, dann konnten ihm die ganzen Schwerverbrecher gestohlen bleiben! Feurige Wut und Trotz regten sich in ihm und überdeckten seine Angst. Oh nein, er würde nicht so einfach aufgeben. „Ich … bin … Naruto … Uzumaki!“, schrie er und fühlte, wie seine Adern plötzlich mit Feuer gefüllt waren. Was war das für ein Gefühl? Er fühlte sich plötzlich so stark wie ein ungebändigtes, wildes Tier. Ohne große Mühe riss er Zakus Arme weg, der ihn verblüfft anstarrte. Dann verpasste er ihm einen Hieb, der so heftig war, dass er den Schutzgeldeintreiber quer durch den Raum schleuderte, wo er keuchend liegen blieb. So stark konnte doch kein Mensch zuschlagen, oder? Naruto sah erstaunt seine Faust an. Sie sah aus wie mit einer roten Blase überzogen.

„Unmöglich!“, flüsterte Zaku, als Naruto näher trat und ihm in die Augen sah. „Du … Du bist ein … ein Fuchs …“ Dann rührte er sich nicht mehr, atmete aber noch. Der Schutzgeldeintreiber hatte das Bewusstsein verloren.

Naruto stand neben seinem Feind und überlegte. Der Fremde hatte gesagt, er sollte Zaku töten und ein Zeichen auf den Boden malen, aus welchem Grund auch immer. Aber er dachte nicht daran, wegen irgend eines Streits, der ihn nichts anging, zum Mörder zu werden. Er musste schließlich nur dafür sorgen, dass Zaku nicht zu diesem Orochimaru kam. Ihn mitzunehmen oder irgendwo zu verstecken sollte wohl ausreichen. Naruto hob den Bewusstlosen auf und trug ihn durch das Haus, bis er eine Tür fand, die in den Keller führte, eine dicke Brandschutztür mit einem Schloss davor. Er legte Zaku neben den im Keller stehenden, kalten Ofen auf einen Kohlehaufen. Fesseln wäre vielleicht eine gute Idee gewesen, aber er hatte nichts dafür parat. Also warf er einfach die Tür zu, schloss sie ab und steckte den Schlüssel ein. In diese heruntergekommene Gasse würde sowieso keiner so schnell kommen.

Jetzt musste er sich erst mal um Ino kümmern. Als er im Flur ankam, war sie noch ohnmächtig. Wenigstens hatte der behelfsmäßige Verband gehalten. Aber es war wohl unumgänglich, sie zu einem Arzt zu bringen. Naruto trug die Tänzerin nach draußen bis auf den Hauptplatz und sah sich um. Der ganze Platz schien verlassen zu sein; kein Haus war bewohnt. Seufzend und ächzend schleppte Naruto sich und Ino die Straße entlang, bis er endlich jemanden traf, der ihm den Weg zu einem Arzt beschreiben konnte.

Ein folgenschwerer Fehler

Es war Nacht geworden. Als er das Haus nach mindestens einer Stunde endlich gefunden hatte, war er so erschöpft, dass er auf der Stelle hätte umfallen und einschlafen können. Inos Arm immer noch über die Schulter gelegt und sie so stützend, drückte er den Klingelknopf. Ein junger Mann mit Brille öffnete die Tür einen Spalt und blinzelte misstrauisch in die Dunkelheit. „Ja?“

„Sind Sie der Doktor?“

Der Mann schob die Tür ganz auf. „Was kann ich denn für Sie tun … Oh, ich verstehe“, sagte er, als er Ino sah. „Kommen Sie bitte herein.“

„Danke.“ Naruto folgte ihm durch den Vorraum und durch einen kurzen, geschmackvoll eingerichteten Flur, in dem ein roter Teppich lag, bis in das Wohnzimmer, wo der Arzt ihn anwies, Ino auf das Sofa zu legen. Dann ging der Mann kurz hinaus und kehrte bald darauf mit frischem Verbandszeug, einer Tetanusspritze und Einweghandschuhen zurück. Es dauerte nicht lange, bis er Ino und zur Sicherheit auch Naruto eine Injektion verpasst hatte, dann desinfizierte er die Wunde und verarztete die Tänzerin. „Sie braucht jetzt etwas Ruhe, wegen dem Blutverlust. Wie ist denn das passiert?“, fragte der junge Arzt dann.

„Wir haben gegen einen Schutzgeldeintreiber von einem gewissen Orochimaru gekämpft. Er hat sie mit dem Gewehr getroffen“, erzählte Naruto. „Wer ist denn das eigentlich, dieser Orochimaru?“

Der Arzt senkte plötzlich den Blick und sagte mit leicht veränderter Stimmlage: „Keine Ahnung, nie gehört, den Namen. Entschuldigen Sie mich bitte für einen Moment, ich muss … meine Vorräte überprüfen. Passen Sie auf, dass sie nicht aufsteht, bis ich wiederkomme.“ Damit ließ er Naruto und Ino im Wohnzimmer zurück und verschwand durch eine Tür.
 

Sasuke saß in dem schweren roten Stoffsessel und säuberte seinen Colt. Die Zeiger der Uhr standen auf halb zehn. Dumpf hörte er die Stimmen der Gäste, die sich in der Bar aufhielten; alles bekannte Leute, denen es erlaubt war, die Sharingan-Bar zu besuchen.

Die Tür zum Sitzungszimmer ging auf und Itachi kam herein. Seine roten Augen funkelten gefährlicher als sonst. „Die Klänge sind hier“, sagte er.

Sasuke ließ die Trommel seiner Waffe rotieren. „Was wollen sie denn?“

„Das weiß ich noch nicht.“

Mürrisch stand Sasuke auf. „Gut, dann fragen wir sie.“

Itachi nickte und ging vor seinem Bruder her zum Hintereingang. Auf dem Weg lud Sasuke seinen Colt. „Ich hoffe, sie haben einen guten Grund. Ich möchte nicht wieder mein Sharingan benutzen müssen.“

Itachi brummte etwas in seinen Mantel.

Der Hintereingang führte zu einem Zulieferhof. Dort standen zwei Lastwägen und einige Autos, gestapelte Kisten und ein Haufen Altmetall lag auch herum. Geladene Gäste benutzten für gewöhnlich den Vordereingang. Dass die Klänge um die Bar herumgegangen waren, zeugte davon, wie unsicher sie waren. Itachi öffnete die Tür und die beiden Brüder sahen in vier Gesichter, die wohl unterschiedlicher nicht hätten sein können.

Sie trugen alle schwarzweiße Anzüge. Der eine war ziemlich dick und trug einen gewaltigen Gürtel voller Messer, Granaten und Munition. Auf dem Rücken trug er ein schweres Rohr, das verdächtig nach einer Bazooka aussah, und in den zahlreichen Seitentaschen seiner Pilotenjacke, die er über den Anzug gezogen hatte, war genug Platz für ein ganzes Waffenarsenal.

Der zweite in der Reihe hatte sechs Arme. Dämonenbrut, dachte Sasuke abfällig bei seinem Anblick. Die Sharingan-Familie hatte wesentlich mehr Stil, was den Umgang mit Dämonen anging. Aber die vielen Hände hatten ihren Vorteil; der Kerl konnte sechs Waffen gleichzeitig halten und genauso viele Pistolen hatte er auch in seinem Gürtel stecken.

Nummer drei war eine junge Frau mit roten Haaren, die zugegebenermaßen ziemlich hübsch war, aber einen eisigen Gesichtsausdruck hatte. Sie war auf den ersten Blick unbewaffnet, aber Sasuke wusste natürlich, dass das nicht sein konnte. Im Gegenteil: Wenn jemand, von dem man glaubte, er wäre harmlos, zu Orochimaru gehörte, musste man auf ihn mehr aufpassen als auf die anderen. Allein die Blicke, die sie den Familienmitgliedern zuwarf, schienen töten zu können.

Der letzte der vier war der Anführer und stand einige Schritte vor den anderen. Er hieß Sakon, soweit Sasuke informiert war, und sollte einer der besten Schützen sein, die es in Akuma Gakure gab. Momentan hatte er keine Waffe in den Händen, was ein gutes Zeichen war.

„Was wollen Orochimarus Handlanger hier?“, fragte Itachi eisig. „Die Familie hat ein Abkommen mit ihm. Verschwindet, oder ihr werdet perforiert.“

„Ach ja? Und wer von euch beiden ist der Superschütze, der uns vier auf einmal umpustet?“, fragte das Mädchen abfällig. Itachi warf ihr nur einen Blick zu, der sie sofort verstummen ließ.

„Ganz ruhig, Tayuya“, sagte Sakon. „Wir wollen nur etwas in Erfahrung bringen.“

„Und das wäre?“, fragte Itachi, während Sasuke scheinbar nebensächlich mit seinem Colt spielte. In Wirklichkeit war er auf Äußerste angespannt. Orochimaru hatte seine Leibgarde das letzte Mal vor vier Jahren hierher geschickt, als ihre Familie neu in der Stadt gewesen war. Seither machten sie einen Bogen um die Sharingan-Familie.

„Seit wann macht eure Familie Jagd auf Orochimarus Schutzgeldeintreiber?“

Itachi sah ihn ungerührt an. Sasuke runzelte die Stirn. „Was soll das heißen?“

Sakon streckte die Hand aus und der Sechshänder reichte ihm einen Stapel Bilder, die er an Itachi weitergab. Sie zeigten Fotos von einem von Orochimarus Leuten, Dosu, der – offenbar in einer U-Bahn-Station – am Boden lag. Um ihn herum waren mit roter Farbe – oder war es Blut? – drei Punkte gemalt worden, das Erkennungszeichen der Sharingan-Familie.

Wortlos gab Itachi die Bilder zurück. „Da will offenbar jemand unsere Familie in den Schmutz ziehen“, sagte Sasuke. „Keiner von uns hatte den Befehl, einen eurer Leute zu liquidieren.“

„Das könnt ihr hoffentlich auch beweisen!“, fauchte Tayuya anklagend.

„Wir haben keinen Streit mit euch“, erklärte Itachi ruhig.

„Vielleicht hattet ihr es auch einfach auf das Geld abgesehen, ihr schmierigen Missgeburten! Dosu hatte nämlich keines mehr dabei!“

„Tayuya, verwende nicht solche unfeinen Ausdrücke!“, ermahnte sie der Dicke.

„Halt’s Maul, Fettwanst!“

„Orochimaru kommt die Sache auch seltsam vor“, erklärte Sakon. „Er hält euch nicht für solche hinterhältigen Meuchelmörder. Ganz im Gegensatz zu mir“, fügte er gefährlich leise hinzu. „Also überzeugt mich, dass ihr nichts mit der Sache zu tun habt.“

„Wann habt ihr ihn gefunden?“, fragte Sasuke.

„Vor etwa einer Stunde.“

„Keiner aus unserer Familie hat die Bar innerhalb der letzten Stunden verlassen. Ihr könnt die Gäste fragen. Wenn sie dann rauskommen. Belästigt sie bloß nicht da drin“, sagte Sasuke achselzuckend.

„Dann habt ihr eben jemanden angeheuert!“, giftete Tayuya.

Sakon wollte etwas sagen, als sein Handy läutete. Er hob mit einem knappen „Ja“ ab und lauschte. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich. „Dann zieh sie aus dem Verkehr, verdammt noch mal!“ Er legte auf und drehte sich zu seinen Leuten um. „Das war Kabuto. Er hat eine Spur. Kommt, wir sind hier fertig.“

Nicht ohne den beiden noch ein paar böse Blicke zuzuwerfen folgten die Klänge ihrem Anführer, stiegen in einen weißen Kombi ein und fuhren davon.

„Was war das jetzt?“, fragte Sasuke.

„Offenbar lehnt sich jemand gegen die Giftschlange auf“, sagte Itachi.

„Dann wünsche ich diesem Spinner viel Spaß.“
 

Der Arzt war noch im Nebenzimmer, als Ino die Augen aufschlug. „Hey, endlich bist du wach!“, rief Naruto. „Ich hab mir schon Sorgen gemacht, echt jetzt!“

„Wo bin ich?“, murmelte sie benommen. „Aua … Meine Schulter …“

„Bei einem Arzt. Doktor Kabuto oder so ist auf dem Türschild gestanden. Vielleicht hab ich mich auch verlesen.“

Sie hörte auf, ihre verbundene Schulter zu betasten und starrte ihn an. Wenn es möglich gewesen wäre, wäre sie in diesem Moment wohl noch bleicher geworden. „Was??“

„Ja, tut mir leid“, sagte Naruto beleidigt. „Ich habe nicht so genau hingesehen, du warst ganz schön schwer.“

„Das mein ich nicht! Naruto … Wir müssen sofort hier weg!“

„Kommt nicht in Frage. Der Arzt hat gesagt, du sollst liegen bleiben.“

„Nein!“ Ihre Stimme wurde lauter und in ihren Augen war ganz eindeutig Angst zu sehen. „Wir müssen wirklich hier raus!“

„Wieso?“
 

Die Tür zum Nebenzimmer ging auf und Doktor Kabuto kam zurück. Etwas an seiner Haltung war verändert, aber das wäre nur einem geübten Beobachter aufgefallen. In der Hand hielt er ein Skalpell, das im Lampenschein aufblitzte. Sein Blick fiel auf den Sessel neben dem Sofa. Er war leer. Die Tür zum Flur stand offen. Wahrscheinlich war der Blondschopf auf die Toilette gegangen. Seine Freundin hatte er offenbar noch ordentlich zugedeckt, und zwar bis über den Kopf.

Kabuto ging um den Wohnzimmertisch herum und stach mit dem Skalpell zu. Das Messer bohrte sich durch die Decke und … in etwas, das viel zu hart war. Überrascht schlug Kabuto die Decke zurück. Dort lag nur der zusammengerollte Teppich aus dem Flur.
 

Naruto beobachtete den Doktor ungläubig dabei, wie er wütend das Sofa umstieß und wieder in das Nebenzimmer rannte. Mit klopfendem Herzen trat er vom Fenster zurück und ließ sich neben Ino gegen die Hausmauer ins Gras sinken. „Du hattest Recht, echt jetzt!“

Ino bewegte prüfend ihr Schultergelenk und verzog das Gesicht dabei. „Kabuto ist einer von Orochimarus Spitzeln. Das weiß ja wohl wirklich jeder!“

Naruto zog einen Schmollmund. „Tut mir leid, dass ich noch nie hier war. Wer ist denn dieser Orochimaru jetzt eigentlich? Jedesmal, wenn ich dich frage, kommt keine Antwort. Ist er sowas wie euer Bürgermeister?“

Ino lachte trocken. „Bürgermeister, das ist gut. Ich werde es dir sagen, aber erst, wenn wir hier weg sind. Was hast du eigentlich mit Zaku gemacht?“

„Der? Der verschrumpelt gerade im Keller.“

„In welchem Keller?“

„Da, wo wir gekämpft haben.“

„Ähm, seine Luftspucker hast du aber dabei schon berücksichtigt, oder?“

Naruto schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. „Oh, Scheiße, das hab ich komplett vergessen!“

Sie seufzte. „War ja klar. Idiot.“

So schnell es Ino mit ihrer verletzten Schulter möglich war, rannten sie den Weg zurück in die dunkle Gasse. Naruto lief voraus, als das Haus in Sicht kam, stürmte hinein und hinunter in den Keller.

Ein breites Loch klaffte in der Brandschutztür. Naruto fluchte. Obwohl er ahnte, was er darin vorfinden würde – nämlich nichts – sperrte er auf, warf den Schlüssel fort und betrat den Heizraum. Dort raufte er sich ausgiebig die Haare. Jetzt war Ichiraku’s Paradise wohl verloren. Und das nur, weil er nicht nachgedacht hatte!

Auch Ino kam hinter ihm in den Raum hinein. „Sieh mal, da!“ Sie deutete auf die rechte Wand, der Naruto bislang noch keine besondere Beachtung geschenkt hatte. Dort hatte Zaku mit einem Stück Kohle eine Nachricht hinterlassen. In großen, unförmigen Buchstaben und mit einem Haufen Rechtschreibfehler, aber was es heißen sollte, war klar.

An den Fuchsjungen“, las Ino laut. „Meint er dich damit?“

Naruto zuckte mit den Schultern.

Wir sind noch nicht fertig miteinander. Ich will eine Revanche. Komm beim nächsten Vollmond in die alte Stahlfabrik neben dem Fluss im Westen, allein und ohne Begleitung. Pff, allein und ohne Begleitung, wäre ja komisch, wenn du allein und mit Begleitung kommen würdest. Also weiter: Wenn du kneifst, liefere ich Ichiraku an Orochimaru aus. Sonst bleibt der Zwischenfall in seinem Laden unser Geheimnis.

„Da muss ich wohl hin“, murmelte Naruto. „Und meinen Fehler gutmachen.“

„Würd ich dir raten“, sagte sie.

„Wann haben wir wieder Vollmond?“

„In drei Tagen, glaube ich“, sagte Ino.

„Okay. Dann lass uns erst mal zu Ichiraku zurückgehen und ihm sagen, dass er soweit außer Gefahr ist.“

„Mach das bloß nicht!“, rief sie aus. „Wenn die herausfinden, dass Zaku noch lebt, drehen sie dir den Hals um! Ich meine, was, wenn Zaku seine Meinung doch ändert? Ich würde mich dort erst wieder blicken lassen, wenn ich das erledigt habe.“

„Gut. Da gibt es nur ein kleines Problem: Ich bin erst seit heute hier und habe noch keine Gelegenheit gehabt, mich nach einem Platz zum Schlafen umzusehen“, sinnierte Naruto.

Ino überlegte kurz. „Na, wenn’s weiter nichts ist. Ich lebe in einer WG. Wir sind momentan nur zu zweit, aber eigentlich ist auch Platz für drei.“

„Bist du sicher? Das wäre wirklich nett von dir.“

Sie zuckte mit den Schultern. „Vielleicht wird das ganz lustig“, meinte sie mit einem verschmitzten Grinsen, das Naruto nicht verstand. „Du hast mir immerhin wahrscheinlich das Leben gerettet. Ist doch wohl das Mindeste. Und dort erzähle ich dir dann auch alles über die Stadt, was du wissen willst.“

„Ist gut!“ Jetzt grinste Naruto. „Dann los, ich bin nämlich hundemüde!“
 

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So, das wäre mal wieder geschafft ;-) Ich hoffe, es gefällt euch soweit. Keine Sorge, es wird bald spannender!

Unter Freunden

Es war nach Mitternacht, ein Uhr, vielleicht auch zwei, als sie endlich das klobige gelbe Gebäude erreichten, wo Ino eine – halbe – Wohnung gehörte. So leise es ging schloss sie die Eingangstür auf, dann ging es die Treppe hoch in den ersten Stock und die letzte Tür rechts war es dann. Ino öffnete die Tür, ließ ihn in völlige Dunkelheit eintreten und sperrte dann wieder ab, wobei sie nach dem Lichtschalter tastete. Warmes, gelbes Licht blendete Naruto. Als sich seine Augen daran gewöhnt hatten, sah er, dass die Wohnung zwar einfach, aber gemütlich eingerichtet war: Ein halbhoher Tisch mit drei Stühlen, eine Einbauküche in der Ecke, ein Spiegel und eine Kommode rechts vom Eingang, ein Fenster und eine Tür zum Balkon, und auf der linken Seite noch zwei Türen, eine mit der Aufschrift WC.

Ino warf den Schlüssel achtlos auf die Kommode und rief: „Hinata? Bist du noch wach?“

Etwas rumorte, dann ging die hintere Tür auf, die ins Schlafzimmer führte, und ein Mädchen kam heraus. „Ino, was macht du für einen Krach? Und wo warst du so lange?“, murmelte sie schlaftrunken und rieb sich die Augen.

Naruto klappte die Kinnlade hinunter, als er sie sah. Hinata musste wirklich schon geschlafen haben, denn ihr Haar war zerzaust und sie trug nur Unterwäsche und ein dünnes Hemd darüber. Als sie ihn bemerkte, erstarrte sie, lief knallrot an und versteckte sich hinter dem Türstock.

Naruto hatte den ersten Schock schnell überwunden. „Hallo, ich bin Naruto Uzumaki!“, sagte er lächelnd. Von Hinata war nur mehr eine Gesichtshälfte zu sehen.

Ino rollte die Augen. „Keine Angst, er ist ein wenig verrückt, aber okay. Kannst du den Tisch decken, Hina?“

Hinata nickte schüchtern und verschwand wieder im Schlafzimmer. Naruto sah ihr nach. „Sie ist irgendwie … niedlich“, stellte er fest.

„Sie ist ganz in Ordnung. Obwohl sie sehr verschlossen ist. Ich weiß nicht einmal, was sie arbeitet. Wir sehen uns eigentlich nur am Abend, aber man kommt ganz gut mit ihr aus“, sagte Ino, die mittlerweile frischen Tee aufgesetzt hatte.

Hinata kehrte bald darauf in einem türkisen Morgenmantel zurück und machte sich daran, den Tisch zu decken. Naruto fühlte sich verpflichtet, ihr zu helfen, was sie ihm mit einem schüchternen Lächeln dankte.

Als der Tee fertig war, setzten sie sich am Tisch zusammen und tranken. „Hinata, es stört dich doch nicht, wenn Naruto kurze Zeit bei uns wohnt, oder?“, fragte Ino.

Das schüchterne Mädchen errötete, als Naruto sie erwartungsvoll ansah und schüttelte heftig den Kopf. Als er sie genauer anblickte, fiel ihm etwas auf. Schockiert deutete er auf ihr Gesicht. „Sag mal, was ist denn mit deinen Augen? Warum sind die so weiß? Ist das nicht ungesund? Du bist doch nicht …“ Er sprang erschrocken auf. „Du bist doch nicht blind?? Mein Gott, das tut mir leid … Ich meine, ich will dir nicht zu nahe treten, aber deine Augen … Ich hatte ja keine Ahnung …“ Er stotterte wirres Zeug daher. Ino trank seelenruhig ihren Tee, während Hinata zu Boden sah und anscheinend nicht wusste, ob sie etwas sagen sollte. Naruto war nicht wieder einzukriegen. „Vielleicht sollte ich mich beschreiben … Ja, genau, das mach ich! Also, ich bin ein bisschen größer als du, ich habe blonde Haare und blaue Augen und ich esse gerne Ramen … Ach so, das kann man ja nicht sehen … Aber ich habe orange Klamotten an, die momentan ziemlich dreckig sind … Ino ist auch blond, hast du das gewusst? Ich meine, ich will dich jetzt nicht verletzen, weil du das nicht sehen kannst, echt nicht!“

„Setz dich hin. Hinata ist nicht blind“, machte Ino dem grausamen Spiel ein Ende, ein Grinsen auf den Lippen, das zum Ausdruck brachte: Ich hab doch gewusst, dass das lustig wird!

„Oh“, machte Naruto und nahm verlegen wieder Platz. Hinata lächelte. „Aber deine Augen …“

„Ich erkläre es dir beizeiten“, versprach Ino. „Jetzt werde ich dir erst einmal deine Fragen über Akuma Gakure beantworten. “

Naruto schlürfte den heißen Tee. „Eigentlich will ich ja nur etwas über diesen Orochimaru wissen …“

„Geduld. Also, erst mal warst du mit deiner Annahme, er wäre unser Bürgermeister, gar nicht so daneben. Weißt du, Orochimaru ist die rechte Hand des Dämonenkönigs, der diese Stadt sozusagen kontrolliert.“

„Ein Dämonenkönig?“

„Hast du noch nie einen Dämon gesehen?“, fragte Ino.

Naruto überlegte. „Hm, ja, doch. Einen.“

Ino nickte. „Diese Stadt ist voll davon.“

Er starrte sie erschrocken an. „Soll das heißen …“ Sein Blick schwenkte zu Hinata.

Ino seufzte. „Nein, Naruto, wir sind keine Dämonen. Wenn ich sage, die Stadt ist voll davon, dann meine ich, es gibt hier mehr als anderswo. Deswegen heißt sie ja auch Akuma Gakure, die Stadt der Dämonen.“

„Die Stadt der Dämonen“, murmelte Naruto. „Wo bin ich da nur wieder gelandet?“

„Nur Mut“, beschwichtigte ihn Ino. „Es ist nicht so schlimm, wie es sich anhört. Nicht alle Dämonen sind böse, und vielen Menschen ist es sogar gelungen, sie unter ihre Kontrolle zu bringen, anstatt andersrum. Aber Dämonen sind und bleiben sehr mächtige und gefährliche Zeitgenossen.“

Sie genehmigte sich einen Schluck von ihrem Tee. „Der Dämonenkönig ist der mächtigste und gefährlichste von allen und er beherrscht Akuma Gakure. Niemand weiß, wie er aussieht oder wie er heißt, aber er muss wirklich überaus mächtig sein. Allerdings kümmert er sich nicht viel um weltliche Dinge, also erledigt Orochimaru in seinem Namen die Verwaltung der Stadt. Unter uns, Orochimaru ist nicht mehr als ein Gangster.“

„Hab ich mir schon gedacht“, kommentierte Naruto.

„Die ganze Stadt wird von Gangstern kontrolliert.“

„Ich dachte, von Dämonen?“

„Auch“, sagte Ino ungeduldig. „Lass es mich dir erklären: Es gibt hier keine Polizei. Vor Jahren versuchte die Stadt einmal, eine freiwillige Polizei aufzustellen, aber die wurde von den Familien nach Strich und Faden fertig gemacht.“

„Familien?“

Ino stöhnte genervt. „Also bitte, du weißt ja auch überhaupt nichts! Familien nennen sich die großen Banden, die in der Stadt leben! Organisiertes Verbrechen, Mafia! Das wirst du doch hoffentlich schon mal gehört haben!“

„Ich bin ja nicht blöde …“, murmelte Naruto beleidigt und versenkte seine Nasenspitze in der Teetasse.

„Also: In Akuma Gakure gibt es Bandenkriege ohne Ende. Irgendjemand hatte mit irgendjemand anderem vor Generationen Zoff und deshalb bekriegen sich jetzt die Nachfahren. Daher erlebst du solche Situationen wie heute jeden Tag.“

„Hab ich schon mal erwähnt, dass mich eure Stadt ankotzt?“

„Hast du“, sagte Ino trocken. „Was willst du eigentlich hier?“

„Ich …“ Er druckste herum. „Ich muss nur was herausfinden. Hat aber Zeit. Und warum gehst du hier nicht weg?“

Sie zuckte die Schultern. „Wo soll ich schon hin? Ichiraku zahlt wenigstens vernünftig. Ich schlage mich hier durch und wenn ich mir ein hübsches Sümmchen zusammengespart habe, kann ich ja wegziehen. Aber zurück zum Thema: Der Punkt ist, dass Orochimaru im Namen des Dämonenkönigs Schutzgeld eintreibt. Jeder, der genug Geld verdient, so wie Ichiraku, muss einmal im Monat zahlen, egal ob er so viel nun hat oder nicht. Und wenn du nicht zahlst, demolieren dir Orochimarus Schläger dein Haus und bringen dich schlimmstenfalls um. Liquidieren nennen sie das.“

„Okay …“ Naruto musste ein wenig über das Ganze nachdenken, um es zu verstehen. „Das heißt, Orochimaru hat eine Bande, die …“

„Falsch“, unterbrach ihn Ino. „Orochimaru hat sich nur eine kleine Privatarmee zusammengeschart. Lauter Schwerverbrecher und Leute, die fast so gruselig sind wie er selbst. Aber zu einer Familie gehört er nicht. Im Gegenteil, nicht einmal die Banden sind vor seinen Schutzgeldeintreibern sicher, bis auf eine Ausnahme.“

„Bitte keine Ausnahme! Mir schwirrt schon der Kopf! Du erklärst das alles so kompliziert!“

Ino starrte ihn böse an. „Das ist überhaupt nicht kompliziert! Eine Familie wird von Orochimaru in Ruhe gelassen, und das ist die Sharingan-Familie. Sie beherrscht das Gebiet im Osten.“

„Und warum will er von denen nichts?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich schätze, er hat Respekt vor ihnen. Angeblich sollen diese Leute einen Pakt mit einem ziemlich mächtigen Dämon haben.“

Hinata verschluckte sich plötzlich und hustete. Als die anderen sie ansahen, wischte sie sich verlegen den Mund ab.

„Eins verstehe ich dann noch nicht. Wer kontrolliert jetzt die Stadt: Der Dämonenkönig und Orochimaru oder die Banden?“, fragte Naruto, obwohl er schon todmüde war.

Ino fuhr sich durch ihr Haar. „Hm, wie erkläre ich das am besten, dass du es verstehst? Also, wenn du annimmst, dass einem Menschen ein Dorf gehört, herrscht er quasi darüber. Und in diesem Dorf gibt es womöglich Katzen, die untereinander um ihr Revier kämpfen. Dem Menschen ist das egal, er schaut nur darauf, dass ihm kein anderer Mensch das Dorf wegnimmt. Was ich damit sagen will: Orochimaru berühren die Banden nicht.“

„Aha“, machte Naruto.

„Bist du zufrieden?“, fragte Ino.

Er nickte. Diese Informationsflut war geradezu erdrückend, aber er hatte das Gefühl, jetzt alles begriffen zu haben, was wichtig war. Er warf einen kurzen Blick zu Hinata und bemerkte, dass sie ihn die ganze Zeit über angestarrt hatte und jetzt hastig wegsah. Seltsam.

Ino gähnte demonstrativ und stand auf. Ihre Teeschale war bereits leer. „So, ich hau mich jetzt auf’s Ohr. Ich muss früh wieder raus.“

„Gute Idee“, sagte Naruto und gähnte ebenfalls.

Da fiel Ino etwas ein. „Oh, ich sehe gerade, da gibt es ein kleines Problem.“

„Was denn?“

„Nun ja … Wir hatten zwar ursprünglich drei Betten, aber weil das eine nie jemand benutzt hat, haben wir es verkauft … Das heißt, du musst wohl oder übel auf dem Boden schlafen.“

Naruto winkte ab. „Das macht nichts. Ich würde sogar auf einem Stein wie ein Stein schlafen.“

„Dann ist ja gut.“

Naruto wartete vor der Tür, bis Ino ihren Pyjama angezogen hatte, dann nahmen sie und Hinata das Schlafzimmer in Beschlag, während Naruto sich neben dem Tisch mit einer Decke niederließ.

Obwohl er so erschöpft war wie noch nie zuvor in seinem Leben, fiel es ihm dann doch schwer, einzuschlafen. Die Uhr in der Küche schlug drei Uhr morgens, und er war immer noch wach. Unruhig rollte er sich herum. Wenigstens hatte er morgen nichts vor und musste nicht fürchten, gleich den Schädel eingeschlagen zu bekommen. Der Kampf sollte erst in drei Tagen sein, also konnte er sich in Ruhe vorbereiten. Er starrte in der Dunkelheit dorthin, wo seine Hand war. Was war das heute für ein seltsames Gefühl gewesen? Und warum hatte Zaku das mit dem Fuchs erwähnt? Hing das vielleicht mit dem zusammen, was diese alte Hexe gesagt hatte? Seufzend versuchte er, doch noch einzuschlafen, obwohl er wusste, dass er wahrscheinlich von Schutzgeld, Dämonen und Schrotflinten träumen würde.

Irgendwann ging die Tür auf zum Schlafzimmer auf. Naruto hatte gerade zu dösen begonnen, drehte sich aber herum und erkannte, dass es Hinata im Morgenmantel war, eine schwache Taschenlampe in der Hand. Als sie sah, dass er wach war, senkte sie den Blick und murmelte: „Entschuldigung.“ Das war das erste Mal, dass sie mit ihm sprach. Ihre Stimme war zwar piepsig, aber Naruto gefiel sie trotzdem irgendwie.

Hinata verschwand auf der Toilette und kam kurz darauf zurück. Bevor sie die Tür zum Schlafzimmer öffnete, hielt sie noch einmal inne und sah auf Naruto herab. „Kannst du auch nicht schlafen?“

Naruto sah sie verwundert an. Hatte sie da tatsächliche einen ganzen Satz zu ihm gesagt? „Nein“, gab er zu.

„Ist der Boden zu hart?“

Sie war ja richtig nett. „Ach, das geht schon.“

„Wenn du willst … Wenn du willst …“ Hinata wusste wieder nicht, wohin mit ihrem Blick. Also starrte sie direkt vor sich auf den Boden und ihre Wangen röteten sich schon wieder. „Mein Bett ist ziemlich groß … Groß genug für zwei … Ich meine …“ Sie brach ab und ihr Kopf hatte trotz des schwachen Lichts plötzlich große Ähnlichkeit mit einer überreifen Tomate.

Naruto überwand seine anfängliche Verwirrung schnell. Er wusste zwar nicht, warum sie so verlegen war, aber die Aussicht, nicht auf dem harten Boden schlafen zu müssen, hatte tatsächlich etwas Angenehmes an sich. „Meinst du das ernst?“

Sie reagierte erst nach einer halben Minute mit einem ruckartigen Nicken.

Naruto stand auf und klopfte sich die Klamotten ab. „Danke! Du bist klasse, Hinata, echt jetzt!“

Hinata lächelte verlegen und sagte: „Aber leise, damit Ino nicht aufwacht.“

Naruto nickte und schlüpfte schnell aus der Straßenkleidung. „Damit ich nichts dreckig mache“, erklärte her und Hinata errötete einmal mehr.

Schließlich folgte er ihr ins Schlafzimmer. Es war ziemlich klein und stickig hier drin. Ino schnarchte leise. Das linke Bett war frei und es sah tatsächlich groß genug für zwei Personen aus. Ohne den Morgenmantel abzustreifen, kletterte Hinata hinein. Naruto sprang regelrecht hinterher und sie musste fast ganz bis zur Kante rücken. „Danke. Gute Nacht, Hinata!“, flüsterte er, rollte sich zusammen, ihr den Rücken zuwendend. Hinata blieb noch einen Moment sitzen, als wollte sie etwas sagen, dann zog sie sich aber die Decke über die Nasenspitze. Ihr „‘nacht“ hörte Naruto gar nicht mehr, denn er war bereits eingeschlafen.
 

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Jaja, unser Naruto ... XD

Das war jetzt das obligatorische Aufklärungskapitel. Im nächsten wird es wieder spannend - versprochen! Dann kommt der erste (richtige) Auftritt der Sharingan-Familie!

Raubzug

So, hier wieder das nächste Kapitel. Treiben wir doch mal die Story ein wenig voran ;-)

Viel Spaß!
 

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Demütig knieten die Klänge vor ihrem Meister. Diesen Respekt hätten sie keinem anderen Menschen gezollt. Orochimarus Gesicht lag im Schatten. Nur seine giftigen Augen funkelten aus der Dunkelheit.

Sie befanden sich in der Empfangshalle von Orochimarus Anwesen. Es war Nacht, und keine Lampe erhellte den Raum, nur der Mond schien durch die hohen Fenster. Der Eigentümer saß auf einem teuren Sessel wie auf einem Thron und sprach mit rauchiger Stimme. „Es kann sein, dass ihr bald einen neuen Auftrag bekommt. Irgend jemand rebelliert gegen den Dämonenkönig.“

„Wir stehen auf Abruf bereit, Meister“, sagte Sakon ergeben nach Halbdämonenmanier.

Orochimaru ignorierte ihn. „Zaku hat sehr klug gehandelt. Ich habe besondere Pläne mit dem Rebellen. Haltet euch bereit. Für die nächsten drei Tage werdet ihr in keiner Weise aktiv werden.“

Die Klänge nickten, standen auf und wollten sich entfernen, als die Eingangstür aufging und Kabuto hereinkam. „Sie haben nach mir rufen lassen, Orochimaru?“

„Kabuto, mein treuer Helfer. Ich möchte, dass du mir ein Phantombild des Rebellen anfertigst. Aber das hat Zeit. Hast du die Substanz dabei?“

Kabuto nickte. „Folgen Sie mir bitte.“

Orochimaru erhob sich langsam und bedeutete den Klängen, ebenfalls mitzugehen. Kabuto führte sie in einen kleinen Behandlungsraum, der an die Empfangshalle angrenzte. Auf dem Tisch stand eine kleine Flasche mit einer violetten Flüssigkeit, die ziemlich stark rauchte. „Das hier ist das Ergebnis meiner Forschung. Es sollte soweit fertig sein.“ Kabuto zuckte mit den Schultern. „Allerdings müssen wir es noch testen.“

Orochimaru nickte und wandte sich wieder an die Klänge. „Ihr habt es gehört. Ich brauche einen Freiwilligen.“

Wir sollen das machen?“, fragte Tayuya wenig begeistert. „Habt Ihr nicht andere Idioten, die das übernehmen können?“

„Ich hätte tatsächlich viele, die sich für mich ohne zu zögern opfern würden“, sagte Orochimaru mit einem Lächeln. Jetzt, im Licht der Deckenlampen, war er ganz zu sehen, aber er sah immer noch unheimlich aus. „Doch ich befürchte, ihr seid die einzigen, die die Wirksamkeit dieser Substanz testen können. Gewöhnliche Menschen sollten davon nicht betroffen sein.“

„Ist sie für ihn?“, fragte Sakon.

Orochimaru nickte böse lächelnd.

„Aber Meister, wir wissen doch gar nicht, ob er noch am Leben ist!“

„Falsch. Wir wissen nicht, ob er tot ist. Daher besteht kein Grund, ein Risiko einzugehen. Also? Fangt an!“

Kidoumaru zog einen Stapel Spielkarten aus seinem Anzug. „Ein Spiel! Ich liebe Spiele!“

Tayuya rollte die Augen. „Idiot.“

Sie zogen jeder eine Karte. „In Ordnung, dreht sie herum!“, sagte Kidoumaru grinsend. Sie zeigten sich ihre Karten. Tayuya hatte die niedrigste gezogen. „Tut mir leid für dich“, grinste Kidoumaru.

„Halt die Fresse, Missgeburt.“

Kabuto hatte die Flasche mit einer hölzernen Zange genommen. Tayuya ging unter Orochimarus wachsamen Augen zu ihm und setzte sich auf den Behandlungsstuhl. „Sieh zu, dass nicht zu viel wegrinnt“, sagte Kabuto. Seine Brillengläser blitzten, als er die Flüssigkeit auf Tayuyas Arm tropfen ließ. Es zischte, und sie zuckte leicht mit dem Arm. „Still halten“, sagte Kabuto und stellte die Flasche zurück.

„Ich hab’s kapiert, Brillenschlange“, schimpfte das Mädchen.

„Wie fühlt es sich an?“, fragte Orochimaru.

„Es ist nur heiß. Wie heißes Wasser eigentlich.“

„Gut!“, sagte ihr Meister freudig. „Und jetzt verwandle dich.“

Tayuya sah ihn gelangweilt an und benutzte dann ihr Verfluchtes Siegel, um die Dämonenkraft in ihr zu entfesseln.

Kaum eine Sekunde später gellte ihr Schrei durch das ganze Anwesen.

Orochimarus Grinsen wurde triumphierend.
 

Narutos Schlaf war völlig traumlos. Und er endete nach seinem Empfinden auch viel zu bald, als ihn plötzlich helles Licht blendete. Er war ein paar Sekunden verwirrt, bis ihm einfiel, wo er war und wie er dorthin kam. Außerdem sah er, dass bereits der größte Teil des Betts ihm gehörte und er Hinata bis an den Rand gedrängt hatte. Und er sah eine ziemlich aufgebrachte Ino, die im Pyjama am Lichtschalter stand. Der Wecker an ihrem Nachtkästchen zeigte acht Uhr morgens. Draußen war es wohl schon hell, was man durch die heruntergelassenen Jalousien nicht gut sah, nur ein paar schmale Streifen goldenen Lichts drangen herein.

Ino hatte die Arme verschränkt und tippte mit dem Zeigefinger auf ihren Oberarm. „Das ging ja schnell“, stellte sie humorlos fest.

Hinata, die erst jetzt wach wurde, fuhr hoch und zog sich die Decke bis zum Kinn. „Das ist nicht … wonach es aussieht …“, stammelte sie.

„Ach nein?“, fragte Ino herausfordernd, woraufhin Hinata, karmesinrot wie immer, schwieg und ins Leere starrte. „Da werde ich wach und will mich für die Arbeit vorbereiten und was muss ich sehen?“, fragte die Tänzerin abfällig und zeigte auf Naruto, der die Welt nicht mehr verstand. „Du da! Komm mal mit!“

Um sie nicht noch mehr zu verärgern folgte er ihr hinaus ins Wohnzimmer. Ino schloss die Tür zum Balkon auf, wohl weil sie nicht wollte, dass Hinata mithörte. Draußen standen zwei Plastikstühle, auf denen sie sich niederließen. „Hör zu, mir ist es ja egal, was du tust, aber wenn du was mit Hinata anfängst, kannst du echte Probleme kriegen!“

„Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Ach, tu doch nicht so! Gestern habt ihr euch schöne Augen gemacht und heute …“

Jetzt lief auch Naruto rot an. „Ich hab nichts mit Hinata!“, protestierte er. „Sie war nur so nett, mich neben ihr schlafen zu lassen!“

„Ich hasse es, wenn mich jemand unterbricht!“, sagte Ino. „Hör zu, wie gesagt, es ist mir egal, aber sei vorsichtig! Hinatas Bruder ist ein fanatisches Mitglied der Hyuuga-Familie! Also, wenn man es genau nimmt, gehört sie auch dazu, auch wenn sie kaum etwas mit denen zu tun hat, aber wenn du einer von der Hyuuga-Familie schöne Augen machst, könntest du ganz schnell bei den Fischen schlafen! Die Hyuuga haben einen Codex, der besagt, dass die Väter die Bräutigame für ihre Töchter aussuchen! Da Hinatas Vater tot ist, geht diese Verpflichtung auf ihren Bruder Neji über, und wenn der das herausfindet …“ Sie ließ den Satz unvollendet, aber Naruto verstand auch so, was sie meinte.

„Das ist doch Blödsinn!“, rief er aus. „Warum darf sie das nicht selbst entscheiden? Wenn sie noch nicht einmal wirklich dazu gehören will – ich meine, ich will natürlich nichts von ihr, aber …“

„Ich wollte dich nur warnen.“ Dafür, dass Ino es selbst nicht besonders mochte, unterbrach sie andere anscheinend gerne und oft. „Du trittst von einem Fettnäpfchen ins nächste. Also, nicht dass du dich wunderst, wenn du eines Tages mit einer Kugel im Kopf aufwachst. Wobei das wahrscheinlich noch das Beste ist, was dir passieren kann.“

„Wieso?“

„Weil die Hyuuga-Familie einen Dämon als Gott verehrt. Sie nennen ihn Byakugan und zweimal im Jahr bringen sie ihm ein Opfer dar. Keine Ahnung, wen sie opfern oder wie, aber was man so hört, ist das nicht gerade das, was man einen angenehmen Tod nennt …“

„Warte mal, du meinst, sie opfern Menschen?“, fragte Naruto entsetzt.

Ino zuckte die Schultern. „Das wissen nur die Familienmitglieder. Ich glaube, Hinata weiß es auch nicht. Vielleicht halten sie auch nur eine Gedenkfeier ab, was spielt das für eine Rolle? Du brichst gerade den Codex einer sehr gefährlichen Bande!“

„Aber … Ich wusste doch nicht, dass Hinata zu ihnen gehört!“, verteidigte sich Naruto.

„Du weißt ja auch sonst nichts. Aber wenn man diese weißen Augen sieht, weiß man im Normalfall, dass ihr Besitzer sie von Byakugan bekommen hat. Diese Augen können alles sehen, wenn ihr Benutzer es will, dreihundertsechzig Grad weit und sogar durch Wände hindurch. Wenn du es dir mit den Hyuuga verscherzt, kannst du dich also nicht einmal verstecken!“ Inos Stimme war immer lauter geworden, sodass sie sich zwingen musste, ruhiger zu werden. „Ich muss jetzt zu Ichiraku’s Paradise und werde euch zwei allein lassen, aber ich warne dich noch einmal: Stellt keine Dummheiten an!“

Damit ging sie und ließ einen verdatterten wie entsetzten Naruto auf dem Balkon zurück.
 

Sasuke warf den Geldsack auf die Rückbank des schwarzen Porsches und sprang auf den Beifahrersitz. „Los, fahr!“

Ashitori trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch und der Wagen sprang regelrecht die Straße entlang. Sasuke sah im Seitenspiegel, wie die Leute aus dem Casino liefen und ihnen wütend hinterher brüllten. Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen. Das durfte eine kalte Dusche für Tsunade, die alte geizige Schachtel, sein. Er sah wieder nach vorne – und erschrak.

„Nein … Ashitori, zur Seite!“ Als Ashitori nicht schnell genug reagierte, riss Sasuke einfach das Lenkrad nach links. Der Wagen scherte aus, geriet ins Schleudern – Ashitori lenkte dagegen und brachte das Fahrzeug zum Stillstand und fuhr sofort in die andere Richtung weiter.

„Das war knapp“, keuchte Sasuke. „Hast du das nicht gesehen?“ Anklagend deutete er auf die tellerförmige Mine, die mitten auf der Fahrbahn lag. „Ich dachte, du hättest so gute Augen!“

Ashitori murmelte etwas und sah ziemlich geschockt aus.

„Wer die wohl dort platziert hat?“, überlegte Itachi, der auf der Rückbank saß.

Kaum dass sie das Casino erneut passiert hatten, erfuhren sie es. Aus einer Seitengasse kam plötzlich ein weißer Kombi gefahren. Die Windschutzscheibe war mit Eisenlamellen gesichert, die wie Jalousien wirkten; man konnte nicht in den Wagen sehen, wohl aber von innen heraus, und nebenbei war somit die ganze Scheibe schusssicher. Der Kombi beschleunigte und nahm die Verfolgung auf.

„Gib Gas“, sagte Sasuke. „Wer auch immer das ist, der holt uns nie ein!“

Da ertönte ein Schuss. Der Porsche kam schon wieder ins Schleudern. „Scheiße!“, fluchte Sasuke und drückte auf den Knopf, der das Fenster hinunter fahren ließ.

„Ich glaube, das war unser Reifen“, sagte Itachi und tat dasselbe auf seiner Seite. „Ashitori, pass auf, dass wir nicht in eine Mine fahren.“

Sasuke hatte bereits den Kopf aus dem Fenster gesteckt – und musste ihn wieder einziehen, weil aus dem hinteren Fahrzeug jemand auf ihn zielte. Ein Schuss zertrümmerte einen Kaugummiautomaten, der am Straßenrand stand. Sasuke zückte die Pistole, beugte sich weit aus dem Fenster und schoss zurück. Der Kombi fuhr in Schlangenlinien, was das Zielen erschwerte. Er traf die Windschutzscheibe, aber wie erwartet ging die Kugel nicht durch.

„Und fahr schneller!“, rief er Ashitori zu.

„Ich versuch’s ja!“, ächzte der. „Aber fahr du mal mit einem Platten so schnell! Ich kann kaum noch lenken!“

Sasuke fluchte. Aus dem Fenster des hinteren Wagens lehnte sich ein Mann mit Maske und einer alten Thompson in den Händen heraus. Ratternd ballerte er eine volle Salve auf Sasuke, der sich gerade noch rechtzeitig zurückziehen konnte, bevor auch schon der Seitenspiegel getroffen wurde und abbrach. Die Heckscheibe zersplitterte.

„Jetzt haben wir dann ein Problem“, sagte Itachi ruhig und lud seine eigene Waffe.

Sasuke lud ebenfalls nach und sah wieder nach vorne. Sie waren in einer schmalen Gasse und rasten mit hundertvierzig Stundenkilometern in eine Hauptstraße hinein. „Pass auf“, schrie Sasuke, als Ashitori so knapp an einer fahrenden Straßenbahn vorbeischrammte, dass auch noch der zweite Seitenspiegel abbrach.

Kaum eleganter kam der weiße Kombi aus der Gasse hervor, wich der Straßenbahn im letzten Moment aus und fuhr eine weite Schleife, bevor er sich wieder an sie heftete. „Schade“, murmelte Ashitori. „Hat nicht geklappt.“

Der Schütze am Beifahrersitz des Kombis beugte sich wieder hervor. Die Maschinenpistole setzte sie wieder unter Dauerfeuer. „Sag mal, Ashitori“, brummte Sasuke. „War die Kiste eigentlich teuer?“

„Keine Ahnung. Die stammt doch von unserem letzten Beutezug.“

„Na dann ist ja gut. Itachi? Kannst du den Fahrer nicht etwas verwirren?“

Itachis rote Augen sahen ihn an. „Dazu müsste ich ihm in die Augen sehen. Wenn du das Eisengestell abmontierst, gerne.“

„Hm. Diese Typen kennen uns ja sehr gut.“ Der Kugelhagel hörte auf. Sasuke beugte sich wieder aus dem Fenster und feuerte alles, was er hatte, auf die Reifen des Kombis und wurde tatsächlich mit einem Platzer und einem ungeschickten Fahrmanöver belohnt, als der Fahrer die Kontrolle verlor und mit dem Heck ein parkendes Auto rammte. „Ashitori, wie weit noch bis zu unserer Bar?“

„Ich weiß gerade nicht, wo wir sind“, kam die Antwort.

„Na großartig.“ Ein scheuerndes Geräusch fiel Sasuke auf. „Sag mal, kann das sein, dass wir einen zweiten Platten haben?“

„Möglich“, murmelte Itachi und lehnte sich ebenfalls aus dem Fenster, gerade als der Maschinenpistolentyp wieder das Feuer eröffnete.

„Hey, bist du verrückt?!“, rief Sasuke, aber Itachi trotzte dem Kugelhagel und schoss zurück. Der Mann mit der Thompson zuckte zurück, als ihn Itachis Kugel am Handgelenk erwischte. Die Thompson fiel auf die Straße.

„Geht doch“, sagte Itachi seelenruhig und setzte sich wieder gerade hin.

„Angeber“, brummte Sasuke.

„Wenn ihr wollt, unter meinem Sitz liegt noch eine Granate“, sagte da Ashitori.

„Waass?! Und das sagst du erst jetzt??“

„Ihr habt nicht gefragt. Außerdem muss ich mich auf was anders konzentrieren“, sagte Ashitori und wich den entgegenkommenden Autos aus. Sie waren in einer Einbahnstraße.

Sasuke griff mit den Augen rollend unter den Sitz, schnappte sich die Granate und zog den Sicherungsstift heraus. „Dann wollen wir mal!“ Er warf sie beim Fenster hinaus und sie geriet genau unter die Räder des Kombis. Eine orangefarbene Feuerwolke hüllte das Fahrzeug ein. Reifen und Türen flogen durch die Luft, als der Kombi explodierte. Ein Teil der Seitentür traf ihren Porsche am Heck. Ashitori verlor die Kontrolle darüber und drehte hastig am Lenkrad und trat auf die Bremse, aber es war zu spät. Der Wagen schlitterte wieder auf eine Hauptverkehrsstraße hinaus und krachte dort frontal in eine Straßenlaterne.
 

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Sorry für den Cliffhanger ;-) Ich konnte nicht widerstehen.

Ein sicheres Versteck?

Den ganzen Vormittag wusste Naruto nichts mit sich anzufangen. Ino hatte sie bald nach ihrem Vortrag verlassen und er und Hinata hatten gemeinsam gefrühstückt. Sie war zwar ziemlich nett, aber es war schwer, mit ihr ein Gespräch zu beginnen. Immer wieder hatte er sie dabei ertappt, wie sie ihn angestarrt hatte, worauf sie rot geworden war und sich wieder auf ihren Honigtoast konzentriert hatte. Naruto verstand ihr Verhalten nicht.

Nach dem Essen bereitete er sich auf den Kampf vor, der ihm bevorstand. Er räumte den Tisch zur Seite und machte ein paar Dehnungsübungen. Hinata verschwand kurz um Schlafzimmer und kam mit einem Buch zurück, in dem sie las, während sie ihn heimlich beobachtete. Er fühlte sich geschmeichelt. Wahrscheinlich bewunderte sie seine Beweglichkeit. Aber das hier war zu wenig Training. „Sag mal, habt ihr hier irgendwo ein Fitnesscenter oder so was? Oder irgendwas, wo ich drauf hauen könnte?“

„Ähm, es …“ Sie druckste schon wieder nur herum. „Es gibt ein Fitnesscenter am anderen Ende des Häuserblocks. Es ist angeschrieben, aber wenn du willst …“ Sie wurde wieder rot. „Wenn du willst, zeige ich es dir.“

Naruto überlegte. Aus ihrem roten Gesicht schloss er, dass es ihr peinlich war, mitgehen zu müssen, sie es aber aus Höflichkeit anbot. „Nein, nicht nötig, ich finde schon hin!“, rief er. Warum sah sie nun so enttäuscht aus?

Er verließ also das hohe Haus und ging die Straße entlang. Noch bevor er den Block umrundet hatte, hörte er von irgendwo her einen lauten Knall. In dieser Stadt hatte man wirklich keine Ruhe. Er bog um die Ecke und sah die Ursache des Lärms: Mitten auf der Fahrbahn war ein großer Brandfleck zu sehen. Überall lagen Teile eines zerstörten Fahrzeugs herum, und ein schwarzer Sportwagen war gegen eine Straßenlaterne gerast. „Hey, alles in Ordnung?“, rief er und rannte auf das Fahrzeugwrack zu.

Es war mehr als nur mitgenommen. Die Schnauze war zur Hälfte zusammengeknautscht, die Motorhaube hatte sich verbogen und war aufgesprungen. Beide Seitenspiegel waren weg und das Auto hatte mindestens zwei Platten. Die Windschutzscheibe lag in Scherben und dahinter erkannte Naruto zwei Leute. Einer von ihnen bewegte sich langsam und hatte eine üble Platzwunde am Kopf. Der Fahrer war, trotz des Airbags, so hart gegen das Lenkrad geschleudert worden, dass er das Bewusstsein verloren hatte. „Hey, was ist los? Seid ihr in Ordnung?“

Der Beifahrer sah ihn nicht einmal an, sondern starrte nur auf die gequetschte Motorhaube. „Scheiße!“, fluchte er. Dann rüttelte er den Fahrer an der Schulter, der sich jedoch nicht rührte. „Hey, Ashitori!“ Er wandte sich um und sah in den hinteren Teil des Wagens. Naruto vermutete, dass dort hinten auch noch jemand war. Er lief um den Wagen herum und zog unter großem Kraftaufwand die Beifahrertür auf. Dann öffnete er den Sicherheitsgurt des Beifahrers, packte ihn unter den Achseln und hob ihn aus dem Wagen, wie er es in diesem Erste-Hilfe-Kurs gelernt hatte, der schon Jahre zurücklag.

Damals hatte sich der Verletzte allerdings nicht so sehr gewehrt. „Was soll das – lass mich los, du Idiot! Hilf lieber Ashitori!“ Naruto erschrak, als er sah, dass der Typ eine vergoldete Pistole in der Hand hielt. Erschrocken ließ er ihn auf die Straße plumpsen. „Ah! Pass doch auf!“

Auf der anderen Seite des Wagens brach die Tür aus dem Rahmen, und ein ziemlich großer Mann stieg aus und half dem Fahrer aus dem Wagen. Naruto musterte sie eindringlich. Alle drei hatten schwarze Haare und schwarze Kleidung. Der Beifahrer und der große Typ hatten so ähnliche Gesichtszüge, dass sie glatt hätten Brüder sein können. Der Fahrer war eher schmächtig und sah auch noch ziemlich jung aus. Durfte der überhaupt Autofahren?

„Das ist ja nochmal gut gegangen“, stöhnte der Beifahrer mit der Pistole soeben. „Zum Glück hat Ashitori gebremst, sonst wären wir jetzt hinüber. Bist du okay, Itachi?“

Der andere kam um das Auto herum, Ashitori über die Schulter gelegt. Er schien ziemlich kräftig zu sein, aber der Junge war wohl auch nicht sonderlich schwer. Verletzt war er scheinbar nicht, was Naruto sehr wunderte, aber als er näher hinsah, bemerkte er, dass er stark humpelte. Sein rechtes Bein schien gebrochen zu sein. „Ihn hat’s ziemlich erwischt“, sagte er mit einer Stimme, die bei Naruto prompt eine Gänsehaut auslöste.

„Hast du das Geld?“

Itachi nickte und deutete mit dem Kinn auf den Sack, den er unter die Achsel geklemmt hatte. Ein paar grüne Scheine flatterten heraus. Naruto runzelte die Stirn. Waffen? Geld? Was waren das für Typen? „Wir sollten schnell von hier verschwinden. Ich glaube nicht, dass die Typen im Kombi die einzigen waren, die uns verfolgt haben. Das wäre zu einfach gewesen.“

Der Schwarzhaarige, dessen Namen Naruto noch nicht kannte, nickte. Dann deutete er auf ihn. „Was machen wir mit dem da? Er hat uns gesehen.“

„Zu viele Zeugen sind schlecht“, sagte Itachi. „Es haben uns schon genug Leute gesehen, was meinst du, Sasuke?“ Es klickte. Naruto fuhr herum und sah, dass auch Itachi eine Pistole hatte. Der Mann starrte ihn aus sonderbaren, roten Augen an.

„Hey, moment mal!“, rief Naruto panisch. „Ich hab euch das Leben gerettet!“

„Übertreib mal nicht“, sagte Sasuke. Dann schien er zu horchen. Naruto hörte es auch. Irgendwo quietschten Reifen. In dieser Stadt schien wohl niemand die Geschwindigkeitsbeschränkungen ernst zu nehmen. Gab ja auch keinen Grund dazu, schließlich gab es keine Polizei. Sasuke nickte ihm zu. „Wohnst du hier irgendwo, Kleiner? Oder parkt deine Karre in der Nähe?“

Kleiner? Ich bin mindestens genauso groß wie du, echt jetzt! Außerdem hab ich einen Namen, ich heiße Naruto Uzumaki! Wer seid ihr Typen überhaupt?“, ereiferte sich Naruto.

Sasuke seufzte. „Er stellt mir zu viele Fragen.“

„Das können wir ändern“, meinte Itachi kalt und Naruto spürte den Pistolenlauf am Rücken und erstarrte.

„Hey, hey … Können wir das nicht friedlich lösen?“

„Beantworte die Frage!“

„Nein, ich … Ich meine, ja, ich lebe in einer WG hier in der Nähe …“, stotterte Naruto.

„Perfekt.“ Itachi nahm die Waffe weg. „Dann bring uns dorthin.“

„Äh, ich weiß aber nicht, ob …“

Diesmal richtete auch Sasuke den Colt auf ihn. „Hör zu, wenn du diskutieren willst, kann ich dir jetzt schon sagen, dass wir die schlagkräftigeren Argumente haben.“

„Schon gut, schon gut! Kommt mit!“ Was würde Hinata sagen, wenn er eine Partie Gangster mitbrachte? Und Ino erst? Davor hatte er fast mehr Angst als vor den Pistolen.

Sasuke nahm Itachi den bewusstlosen Ashitori ab und sie gingen hinter Naruto her. Er hatte Hinatas Schlüssel genommen, um die Haustür aufzusperren. Als sie in den Flur traten, hoffte er, die Gangster würden damit zufrieden sein.

Waren sie aber nicht. „Hier sind keine Fenster“, sagte Sasuke. „Ich will sehen, ob da draußen was vor sich geht. Bring uns in deine Wohnung!“

Naruto zögerte noch einen Augenblick, dann führte er sie die Treppe hoch. „Ihr geht mir schon auf die Nerven, echt jetzt!“

Bei der Wohnung angekommen, atmete er tief durch und öffnete die Tür. „Hinata, ich …“

Das Mädchen räumte gerade die Reste des Frühstücks weg, als sie die drei zerrissenen Gestalten sah, die er mitbrachte, und dann die Pistolen in ihren Händen. Die Schüssel, die sie gerade in den Händen hielt, fiel zu Boden und zerbrach.

„Ganz ruhig“, sagte Itachi und deutete mit der Pistole auf sie und sie wurde so bleich, dass Naruto fürchtete, sie würde im nächsten Moment ohnmächtig umfallen.

„Lass das!“, sagte Naruto gereizt und drückte seine Hand auf die Seite. „Sie wird euch sicher nichts tun!“

Sasuke hatte sich bereits auf den Weg zum Fenster gemacht und bedeutete Itachi, den Balkon zu übernehmen. Der brachte Ashitori aber zuerst ins Schlafzimmer. „Sperr die Tür ab“, befahl er Naruto.

Durch die hinuntergelassenen Jalousien spähte Sasuke auf die Straße hinab. „Sie kommen“, sagte er. „Ein weißer Pick-Up. Nein, zwei! Jetzt springen Männer von den Ladeflächen, insgesamt vierzehn, alle vermummt. Aber es sind nicht Tsunades Leute, die hat nicht so viele. Aber wer würde sich sonst mit uns anlegen?“

„Die Hyuuga vielleicht“, sagte Itachi da und ging auf Hinata zu, die bei diesen Worten zusammengezuckt war. Naruto stellte sich sofort mit ausgebreiteten Armen vor sie. Er wollte nicht, dass sie sich fürchten musste, nur weil er – schon wieder – Mist gebaut hatte. Itachi blieb tatsächlich stehen. „Die Kleine da ist doch eine Hyuuga. Sag schon, sind das deine Leute da draußen?“

Hinata war total verängstigt und zuckte mit den Schultern. Sasuke warf Itachi den Colt zu. „Halt das mal. Habt ihr hier ein Telefon?“

Naruto sah Hinata fragend an, aber es sah nicht so aus als würde sie antworten.

„Ich habe vorhin eines im Schlafzimmer gesehen“, sagte Itachi.

„Gut. Bin gleich wieder da.“ Damit ging Sasuke in das Zimmer. Naruto konnte das Gespräch teilweise verfolgen. „Ja, Kakashi, ich bin’s, Sasuke … Nein, wir stecken momentan ziemlich tief in … Was? … Nein, wir sind hier in der Ninjastraße, Hausnummer sieben! … Ich weiß, dass das weit von Tsunades Casino ist, verdammt noch mal! … Ja, wäre nicht schlecht, weil uns irgendwelche Typen wahrscheinlich gleich die Bude einrennen! … Ja, das Geld haben wir! … Gut, aber beeilt euch!“ Er kam mit ernster Miene zurück. „Kakashi kommt mit ein paar Familienmitgliedern vorbei, aber es wird noch dauern. Was machen wir jetzt?“

„Was wohl?“, brummte Itachi, stieß den Tisch um und drehte ihn wie ein Schutzschild in Richtung Tür. „Uns verschanzen. Und hoffen, dass sie uns nicht finden.“

Sasuke sah zweifelnd auf die dünne Blutspur, die ihren Weg markierte und die von Ashitoris Nase stammte. Er nahm seine Waffe wieder von Itachi zurück.

Es dauerte tatsächlich nicht lange, bis vor der Tür Stimmen und Schritte laut wurden. „Ihr beide geht besser in Deckung. Es wird gleich ziemlich heiß hier drin werden“, sagte Sasuke und versteckte sich in der Küche. Kaum eine Minute später wurde die Tür eingetreten. Naruto konnte Hinata gerade rechtzeitig in den Türrahmen zum Schlafzimmer ziehen, bevor der Kugelhagel losging.

Kreuzfeuer!

Naruto sah nicht viel von den Feinden, aber was er sah, genügte ihm. Sie waren alle weiß gekleidet und hatten sich die Köpfe einbandagiert oder weiße Strümpfe darüber gezogen. Sie waren ausnahmslos bewaffnet, die meisten mit SMGs.

Itachi nickte Sasuke zu und schaute dann neben dem Tisch hervor. Noch bevor die Weißen reagieren konnten, hatte Itachis Colt schon das erste Opfer gefunden. Jetzt ratterten die Maschinenpistolen der anderen auch und zogen eine Linie aus Einschüssen über die Tischplatte. Praktisch im gleichen Moment beugte sich auch Sasuke vor und ballerte, was das Zeug hielt. Die Weißen wurden einer nach dem anderen getroffen, aber es drängte immer Nachschub durch die Tür.

Sasuke rannte los. Naruto sah, wie seine Augen rot wurden und er fast in traumwandlerischer Sicherheit durch das Kreuzfeuer lief, ohne getroffen zu werden. Es war fast, als könnte er voraussehen, wohin die Feinde schossen. Seine Kugeln hingegen trafen immer, als könnte er auch sehen, wohin sich die Weißgewandeten bewegten. Lag das an diesen roten Augen?

Die Feinde hatten fürs erste genug und drängten sich in den Gang zurück. Ein kleines, graues Ding kullerte vor Sasukes Füße. Er fluchte und im nächsten Moment quoll dichter grauer Rauch aus der Granate, der Naruto in den Augen tränte. Bald konnte man nichts mehr sehen.

„Es kommt einer“, flüsterte Hinata plötzlich. Er sah sie überrascht an. Ihre Augen hatten sich verändert. Hässliche Falten waren darum erschienen. Jetzt sah Naruto auch einen Schatten aus dem Rauch auftauchen, der irgendetwas in der Hand hielt, das ein Schwert sein konnte. Ohne lange zu überlegen, packte Naruto den Stuhl vor ihm und schmetterte ihn dem Feind auf den Kopf, bevor dieser Sasuke erreichte.

„Sieht so aus, als hätte ich dir das Leben gerettet, echt jetzt!“, grinste er den Gangster an.

Sasuke verzog den Mund. „Von wegen. Mit dem wäre ich im Schlaf fertig geworden.“

„Du arroganter …“

„Seid still! Sonst wissen sie, wo wir sind!“, rief Itachi aus der Rauchwolke. Sasuke duckte sich sofort und keine Sekunde später fielen Schüsse, die knapp über seinem Kopf Löcher in die Wand stanzten. Er warf sich herum, schoss in die gleiche Richtung zurück und wurde mit einem Aufschrei belohnt.

Itachi tauchte aus dem Rauch auf und packte Naruto und Sasuke. „Es sind zu viele! Da rein!“ Er schob sie ins Schlafzimmer. Sasuke warf die Tür zu, Itachi nahm Ashitori vom Bett, drehte es um wie zuvor schon den Tisch und dann versteckten sie sich alle fünf dahinter.

Unter dem Türspalt quoll immer noch grauer Rauch. Diesmal brachen die Angreifer die Tür nicht auf, sondern schossen einfach durch. Ratternd sprangen Löcher in das Holz; Rauch sickerte hindurch. Irgendwann brach die Tür aus den Angeln.

Naruto sah an dem Bettpfosten vorbei. Er erkannte, dass sich der Rauch schon fast verzogen hatte. Eine schlanke Gestalt wurde sichtbar. Sie trug weite Kleidung, hatte schwarzes Haar und eine weiße Maske mit kleinen Sehschlitzen vor dem Gesicht. „Gebt auf!“, rief sie. „Ihr sitzt in der Falle. Wir können unnötiges Blutvergießen vermeiden, wenn ihr euch kooperativ zeigt.“

„Zieh den Kopf ein!“, zischte Sasuke und zog Naruto zurück. Jetzt konnte er gar nichts mehr sehen. „Wer seid ihr?“, rief er laut.

„Wir sind die Weißen Richter und werden euch Dämonenbrut auslöschen, wenn es sein muss. Ihr versteckt euch hinter diesem Bett, soviel ist uns klar. Ich weiß nicht, wie viele ihr seid, aber ihr seid uns auf keinen Fall gewachsen.“

„Was wollt ihr?“, fragte Sasuke.

„Gebt uns das Geld“, lautete die Antwort.

Sasuke fluchte.

„Ich gebe euch zehn Sekunden“, sagte der Maskierte.

„Wir müssen uns beraten. Gebt uns eine Minute!“, rief Sasuke und überprüfte seinen Colt.

„Stellt meine Geduld nicht unnötig auf die Probe!“, rief der Maskierte wütend. Seine Stimme klang trotzdem ziemlich weich und wollte gar nicht zu einem Killer passen. „Der einzige Grund, warum ihr noch lebt, ist, weil wir Munition sparen wollen!“ Das war seltsam, fand Naruto. Gerade noch hatten sie sinnlos auf eine wehrlose Tür geballert.

„Es kommt doch wohl nicht auf ein paar Sekunden mehr oder weniger an“, rief Sasuke.

„Ihr habt dreißig Sekunden, keine Sekunde länger!“

„Okay“, sagte Sasuke leise. „Wir müssen Zeit schinden, bis Kakashi hier ist. Welche Möglichkeiten haben wir?“

Itachi deutete auf Naruto und Hinata. „Wir schicken die beiden vor.“

Naruto wollte schon auffahren, aber Sasuke meinte beschwichtigend: „Schon gut, das machen wir erst, wenn uns die Ideen ausgehen.“

„Wie beruhigend“, brummte Naruto.

„Machen wir es so …“, überlegte Sasuke und erzählte den anderen von seinem Plan.

„Die Zeit ist um!“, hörte man den Maskierten nach pünktlich dreißig Sekunden rufen.

Itachi warf den Geldsack über das Bett. „Da habt ihr es!“

„Das ist sicher nicht alles!“, vermutete der Maskierte. „Kommt raus und zeigt eure leeren Hände! Dann lassen wir euch vielleicht am Leben!“

„Die Betonung liegt auf vielleicht, oder?“, knurrte Sasuke.

„Genug jetzt!“, rief der Maskierte. „Bringt das Geld raus!“ Das sagte er offenbar zu seinen Leuten.

„Unser Plan geht nicht auf“, brummte Sasuke missmutig.

„Es sind vier Leute und der Anführer“, sagte Hinata unerwartet und so leise, dass Naruto sie fast nicht hörte. Sie hatten den Blick starr auf das Bett vor ihr gerichtet. Konnte sie etwa hindurch sehen?

„Byakugan“, murmelte Itachi abfällig.

„Sind sie bewaffnet?“, fragte Sasuke.

„Die vier schon. Der mit der Maske nicht.“

„Seltsam.“

„Zwei stehen in der Tür. Zwei weitere holen gerade den Geldsack.“

„Sag uns, wenn sie sich danach bücken“, verlangte Sasuke und machte sich schussbereit.

„Jetzt!“, sagte Hinata.

Auf dieses Stichwort sprangen Sasuke und Itachi in die Höhe und erschossen die beiden in der Tür und danach die, die den Sack nahmen, noch bevor die Feinde mehr als nur vier Schüsse abgeben konnten. Der Maskierte fluchte. Itachi nahm ihn aufs Korn, doch seine Kugeln prallten von seinem Gewand ab. „Er hat eine kugelsichere Weste an!“, rief Sasuke.

Der Maskierte langte in seine Tasche und zog ein paar dünne Nadeln heraus, die er geschickt auf Itachi warf. Der hielt sich schützend den Arm vor das Gesicht und keuchte auf, als sich die Nadeln in seine Haut bohrten.

Sasuke feuerte verzweifelt weiter, aber er konnte dem Maskierten nichts anhaben. „Ihr Idioten! Diesmal nützen euch eure Dämonenaugen nichts!“, rief dieser und warf zwei weitere Nadeln auf Sasuke. Dieser konnte sich gerade noch zur Seite rollen.

Draußen in der Wohnung wurden Schritte laut. Der Maskierte bekam Verstärkung. Narutos Kinn begann zu zittern. Es war alles umsonst gewesen.

Plötzlich fielen auch draußen Schüsse. Schreie ertönten und einen Moment später tauchte ein groß gewachsener Mann im Türrahmen auf. Er war noch nicht sehr alt, hatte aber schon weißes Haar und eine Narbe über seinem linken, roten Auge. Sein Mund wurde von einem Tuch verdeckt und in der Hand hielt er eine gewaltige Pumpgun. „Komme ich zu spät?“, fragte er.

„Kakashi!“, rief Sasuke erfreut.

„So, mein kleiner Freund, du bist jetzt schön brav und …“ Kakashi hatte nicht mit der Geschwindigkeit des Maskierten gerechnet. Der Weiße Richter sprang in die Höhe, trat dem Weißhaarigen die Waffe aus den Händen, traf ihn mit dem zweiten Fuß im Nacken und schleuderte ihn zu Boden.

Itachi fluchte und begann wieder völlig sinnlos auf den Maskierten zu schießen, der sich über den Boden rollte, den Geldsack schnappte, eine der SMGs auflas und ins Wohnzimmer flüchtete. Sofort fielen wieder Schüsse, als Kakashis Leute ihn sahen, aber der Maskierte schlug einen Salto und schoss zurück. Wieder schrien Leute. Naruto biss sich auf die Unterlippe. „Dieser Typ ist wirklich gut“, knurrte Sasuke und nahm die Verfolgung auf.

Der Maskierte sprang soeben durch die Scheibe zum Balkon, es regnete Splitter, dann kletterte er auf das Geländer und sprang auf den gegenüberliegenden Balkon. Itachi stürzte ihm trotz seines verletzten Beins hinterher und schoss wieder. „Er ist in die Wohnung dort drüben eingebrochen!“

„Er kommt nicht hinaus“, sagte Kakashi, der sich mittlerweile wieder aufgerappelt hatte. „Unsere Familie umstellt das Haus. Er wird das wissen.“

Sasuke nickte. „Dann wird er aufs Dach fliehen.“ Die beiden rannten zur Tür hinaus. Naruto ließ sich erschöpft zu Boden sinken.
 

Als sie das Dach erreichten, hatte der Maskierte bereits eines der vielen Bretter, die hier überall herum lagen, auf die Dachkante gelegt und so eine Brücke zum Nebengebäude gebaut. Unglaublich schnell hastete er geduckt das Brett entlang.

„Bleib stehen!“, brüllte Sasuke und folgte ihm und kurz darauf auch Kakashi. So einfach, wie der Weiße Richter hinübereilte, hatten sie es nicht. Es war schwer, bei dem sich durchbiegenden Brett nicht in Panik zu geraten.

Der Maskierte erreichte das andere Dach, sprang vom Brett und warf seine Nadeln auf Sasuke, der unbeholfen zurückstolperte, gegen Kakashi prallte und beinahe das Gleichgewicht verloren hätte. Während er wieder sicheren Stand fand, machte sich der Maskierte am Brett zu schaffen und versuchte es und somit auch die beiden Sharingan-Familienmitglieder, vom Dach zu stoßen. „Hey, hör sofort auf!“, rief Sasuke und musste erneut um sein Gleichgewicht kämpfen.

Der Maskierte schob das Brett noch ein Stück weiter – und taumelte zurück, als ein Schuss ihn am Kopf traf. Seine weiße Maske wurde ihm vom Gesicht gerissen, flog wild rotierend durch die Luft und zerbrach endgültig am Boden. Sasuke fuhr herum und atmete erleichtert auf. Am Aufgang zum Dach stand Ashitori, der wieder zu Bewusstsein gekommen war. Er hatte den Lauf seiner Pistole am anderen Unterarm abgestützt, um ein ruhigeres Ziel zu haben, und ein Auge geschlossen. Im anderen funkelte das Sharingan.

„Gut gemacht, Ashitori!“, rief Sasuke.

„Ein Hoch auf unseren Scharfschützen“, murmelte Kakashi.

Sasuke nickte und wandte sich zu ihrem Feind um. Er überwand die letzten Meter des Bretts um Laufschritt, sprang ihn an und riss ihn zu Boden. Als er die Pistole auf das nun unmaskierte Gesicht des Weißen Richters richtete, bemerkte er verblüfft, dass er noch ziemlich jung war. Er sah aus wie ein Mädchen, obwohl klar war, dass es ein Junge war, und noch dazu sah er so harmlos aus, dass er für einen Moment glaubte, den Falschen erwischt zu haben. Aber nur für einen Moment. Dann drückte Sasuke den Lauf seines Colts gegen die Stirn des Jungen. „So, und jetzt sagst du mir, für wen du arbeitest!“, knurrte er. „Wer hat dich angeheuert? Tsunade? Die Hyuuga-Familie? Orochimaru?“

Der Junge lächelte nur. „Warum sollte ich dir das sagen?“

„Das war die falsche Antwort!“, knurrte Sasuke unbarmherzig. „Stirb schön, Arschloch!“

Der Schuss zerriss die Stille.

Eine Blutfontäne spritzte auf.

„Sasuke!“, keuchte Kakashi.

Sasuke starrte den Jungen mit weit aufgerissenen Augen an, bis sein Blick verschwamm und sich eine heiße Schmerzwelle in seinem Leib ausbreitete. Der Junge hatte noch eine Waffe gehabt! Das hatte er komplett vergessen! Ihm wurde schwarz vor Augen.
 

Der Junge gab Sasuke einen Stoß, der ihn von seiner Brust rollen ließ, schnappte sich den Geldsack und rannte auf den Schornstein des Daches zu, um sich dahinter zu verstecken.

„Ashitori!“, rief Kakashi.

„Zwei“, sagte Ashitori und schoss. Der Junge schrie auf, als der Schuss sein Handgelenk zerfetzte. Der Geldsack landete auf dem Dach.

„Drei.“ Ashitoris dritter Schuss war wieder ein Kopftreffer. Der Weiße Richter kam nicht einmal mehr dazu, einen Schrei auszustoßen. Lautlos stürzte er vom Dach in die Tiefe.
 

Zurück blieben die zersplitterte Maske, der Geldsack und ein blutüberströmter Sasuke.
 

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Tjaa ... Das wird wohl bei mir zur Gewohnheit. Sorry ^^

Das nächste Kapitel wird kein Cliffhanger - versprochen ;-)

Außer Kontrolle

Es war ruhig geworden. Naruto ging unruhig in der Wohnung auf und ab, weil Itachi es ihm nicht erlaubte, sie zu verlassen. Hinata saß zitternd und mit angezogenen Beinen in einer Ecke und starrte mit großen Augen auf die Leichen, die überall herumlagen. Endlich kamen Kakashi und Ashitori, der kurz nach dem Verschwinden des Maskierten aufgewacht und seinen Kumpanen gefolgt war, zurück. Kakashi trug Sasuke, der schwer verletzt schien. Oder war er schon tot? Ashitori hielt den Geldsack im Arm, der blutbesudelt war. „Gehen wir“, sagte Kakashi.

„Habt ihr etwas über ihn herausgefunden?“, wollte Itachi wissen.

Kakashi verneinte und wandte sich zum Gehen. Itachi folgte den beiden, nahm dann aber ein Bündel Geldscheine aus dem Sack und warf es Naruto vor die Füße. „Für eure Unannehmlichkeiten“, sagte er.

„Wartet!“, rief Naruto. „Sasuke … Lebt er noch? Wird er durchkommen?“

Itachi ging einen Schritt langsamer, maß ihn dann aber nur mit einem kalten Blick und antwortete nicht. Sie gingen die Treppe hinunter und bald darauf hörte Naruto ein paar Wagen vor dem Haus wegfahren. Er seufzte tief und sah sich die Bescherung an. Die Weißen Richter lagen immer noch reglos in ihrem Blut herum, die Einrichtung war zertrümmert und zerschossen und Hinata konnte er voll vergessen. Obwohl es ihn ekelte, machte er sich ans Aufräumen.
 

Entsprechend geschockt war auch Ino, als sie am Abend von der Arbeit heimkam. Eine Einkaufstüte entglitt ihren Armen, als sie das Chaos in ihrer Wohnung sah, das Naruto und Hinata irgendwie verschönern wollten. „Was ist denn hier los??“, rief sie aufgelöst. „Kann man euch denn keinen Tag alleine lassen?“ Dann sah sie die Einschüsse und wurde noch blasser. „Was ist geschehen?“

„Tut mir leid, das ist alles meine Schuld“, sagte Naruto zerknirscht.

„Warum? Hast du dir ein Maschinengewehr gekauft und damit Schießübungen auf meine Möbel gemacht? Hinata!“ Das Mädchen zuckte zusammen. „Jetzt sag schon, was war hier los?“

„Nur die Ruhe, Ino“, beschwichtigte sie Naruto. „Ich werde es dir erzählen.“
 

Ino nahm alles kopfschüttelnd und irgendwie geistesabwesend zur Kenntnis. „Also, weißt du, seit ich dich getroffen habe, gibt es nur Ärger wegen dir.“

„Tut mir leid“, sagte Naruto ehrlich betroffen. „Wenn du willst, gehe ich. Ich habe euch wirklich schon genug Schwierigkeiten bereitet, echt jetzt. Ich werde irgendwo anders eine Bleibe finden und …“

„Vergiss es“, unterbrach ihn Ino. „Wenn ich dich einfach so in die Stadt hinaus lasse, ohne dass jemand auf dich aufpasst, überlebst du keine zwei Stunden.“ Naruto sagte nichts, aber er war ihr dankbar.

In der völlig verwüsteten Wohnung konnten und wollten sie nicht bleiben. Als Ino sich nach dem Vermieter umsah, der im Erdgeschoss seine Wohnung hatte, erlebten sie eine unangenehme Überraschung. Der Mann hatte sich offenbar gegen das Eindringen der Weißen Richter gewehrt. Er lag tot in seinem Zimmer. „War sowieso ein Geizkragen“, meinte Ino achselzuckend. Naruto starrte sie zornig an. „Wie kannst du so gleichgültig bleiben? Sie haben ihn erschossen!“

Ino antwortete nicht, sondern ging wieder nach oben. Da der Maskierte die Tür zum Nebenzimmer aufgebrochen hatte, zogen sie kurzerhand dort ein. Es war ein wenig kleiner als ihr eigenes Zimmer – vor allem für drei Leute – aber ansonsten sah es genauso aus. Den Rest des Tages verbrachten die drei in unangenehmes Schweigen gehüllt.
 

Am nächsten Tag machte Naruto sich auf zu dem Fitnesscenter, von dem Hinata geredet hatte. Obwohl er nach diesem Massaker keine Lust darauf verspürte. Er fand es an der beschriebenen Stelle und trainierte seine Arm- und Beinmuskeln. Aber es war ihm nicht genug. Wenn er gegen Zaku bestehen wollte, brauchte er auch eine bessere Reaktion. Er hängte die Gewichte wieder an ihre Haken zurück und sah aus dem Fenster. Es war den ganzen Tag schon bewölkt gewesen und nun hatte es zu regnen begonnen. Er seufzte. Dann konnte er genauso gut noch ein bisschen hier bleiben. Er war so ziemlich der einzige Besucher und die wenigen, die da waren, nahmen keine Notiz von ihm, auch nicht, als er sich in die Ecke setzte und die Sandwiches verspeiste, die Hinata ihm netterweise mitgegeben hatte. Er dachte darüber nach, dass er jetzt erst zwei Tage in Akuma Gakure war und schon gehörig die Nase voll davon hatte. Er würde Zaku im Zweikampf besiegen. Dann erst konnte er Akuma Gakure verlassen, und genau das würde er tun. Zaku würde er einfach mitnehmen. Töten wollte er ihn auf keinen Fall. Seufzend schlang er sein Essen hinunter und ging wieder ans Gewichte stemmen. Er wollte nicht nachdenken.

Es war gegen sechs Uhr Abends, als ihm alles so weh tat, dass er zufrieden war. „Oh weh, das wird einen Muskelkater geben, echt jetzt!“, murmelte er zu sich selbst, als er seine Schultern auf ihre Beweglichkeit prüfte. „Zaku wird sich freuen.“

Er verließ das Fitnesscenter. Einen Tag noch, dachte er sich. Der Regen strömte auf ihn hinunter und bald war er klitschnass. Links zweigte eine Gasse ab und er bemerkte, dass ein knallgelber Regenschirm dort drin lag. Erfreut lief er in die Gasse und wollte den Schirm aufheben. Wer den wohl hier vergessen hatte?

Von links packte zwei kräftige Hände zu und zerrten ihn in ein finsteres Gebäude. „Hehe, die Falle hat funktioniert! Wer hätte gedacht, dass wer so blöd ist und auf den Schirm reinfällt?“

Naruto wollte etwas sagen, aber da traf ihn ein Tritt in die Rippen. Er sah drei Gestalten, die sich um ihn drängten. Eine davon packte ihn und zog ihn hoch. „So, nun rück mal schön das Geld raus!“

„Ich hab … kein Geld!“, ächzte Naruto. Er wusste praktisch sofort, dass der andere das nicht glaubte, aber bevor er etwas sagen konnte, hatte er sich losgerissen und rammte dem Fremden den Ellbogen in den Bauch. Sofort stürzten sich die anderen zwei auf ihn und umklammerten seine Arme und Beine. Verdammt, all seine Muskeln schmerzten. Wie sollte er so kämpfen?

Der Typ hatte sich wieder aufgerappelt. „So, du stehst also auf Schmerzen, ja?“ Damit schlug er Naruto kraftvoll in den Bauch. Dieser schrie auf und versuchte sich zu befreien, aber seine Glieder waren schwer wie Blei.

„Mach ihn fertig! Los doch!“, feuerten die anderen Räuber ihren Kumpanen an, der wieder und wieder auf ihn einschlug. Bald spürte Naruto gar nichts mehr, nur noch das dumpfe Auftreffen seiner Fäuste. Und Wut. Grenzenlose Wut machte sich in ihm breit. Was fiel den dreien eigentlich ein?

Irgendetwas in ihm begann zu brennen und da war dieses Gefühl wieder. Es war genauso wie damals mit Zaku. Sein Blut schien plötzlich in Flammen zu stehen und sein Herz schlug so schnell, dass es ihn nicht gewundert hätte, wäre es im nächsten Moment geplatzt. Und er fühlte sich stark. Unglaublich stark. Die Müdigkeit war wie weggeschwemmt. Er bäumte sich auf – die Männer, die ihn hielten, wurden davon geschleudert. Der eine vor ihm wollte zuschlagen, aber Naruto wich aus und kickte den Räuber mit einem gezielten Tritt durch die Tür, die zerbrach, in die Gasse hinaus. Langsam kam er ihm hinterher. „Was fällt euch ein, mich ausrauben zu wollen, mich, Naruto Uzumaki??“, brüllte er und in den Augen des Straßenräubers flackerte Angst auf. Von hinten stürmten die anderen beiden heran. Naruto drehte sich und mit einem einzigen Schlag fegte er alle beide von den Füßen.

„Was … Was willst du von mir?“, fragte der Räuber, als er wieder auf ihn zukam. Er hatte die Hand abwehrend erhoben und in seinen Augen schimmerte nackte Panik.

Naruto wollte eigentlich nur weg von hier, aber das Feuer in ihm ließ das nicht zu. Er packte den Straßenräuber mit nur einer Hand und hob ihn hoch, obwohl er eigentlich viel zu schwer hätte sein müssen. Der Räuber begann zu zappeln. Seine Kollegen klammerten sich in dem Versuch, ihn zu retten, wieder an Naruto und versuchten ihn umzureißen, aber es gelang ihnen nicht. Er holte aus und warf den Räuber mindestens zehn Meter weit in die Gasse hinein, wo er hart aufschlug und reglos liegen blieb.

„Du hast ihn umgebracht!“, kreischte einer der verbliebenen Räuber.

Immer noch rasend drehte sich Naruto zu ihnen um. Was danach geschah, bekam er nicht mit.
 

Er saß benommen in der Ecke und starrte auf seine Hände. Sie waren blutbefleckt. Was hatte er getan? Was?

Die drei Räuber lagen reglos in der Gasse. Regen strömte auf sie hinab. Er zwang sich, nicht hinzusehen, wie er sie zugerichtet hatte. Sie waren tot. Er hatte sie umgebracht. Er war ein Mörder. Er hatte das nicht gewollt! Mit dumpfem Entsetzen in den Augen saß er noch lange so da. Irgendwann spürte er die Schmerzen wieder. Wahrscheinlich war er ein einziger blauer Fleck. Sie wurden immer schlimmer. Dazu kam, dass sich seine Haut so anfühlte, als wäre sie verbrannt. Er krümmte sich, sank ganz zu Boden und fiel vor Erschöpfung und Schmerz in Ohnmacht.

Als er wieder erwachte, sah er nur grau. Es regnete immer noch. Lange konnte er nicht bewusstlos gewesen sein. Nur dass er nun nicht mehr alleine war. Zwei braune Stiefel standen vor ihm. Naruto hob den Kopf und sah eine ziemlich kleine Gestalt, die die Arme verschränkt hatte und mit einem Blick auf ihn hinab sah, der unmöglich zu deuten war. Es war ein Junge mit feuerrotem, stacheligem Haar. Seine Augen hatten schwarze Ränder und sahen irgendwie ... seltsam aus, ohne Augenbrauen und so unnatürlich grün, pupillenlos. Über dem rechten Auge hatte der Junge eine Tätowierung.

Naruto wandte sich wieder ab und sah zu den toten Räubern hin. Dann wieder auf seine Hände. „Ich bin ein Mörder“, flüsterte er. „Geh lieber weg. Ich weiß nicht, wozu ich fähig bin.“

„Ich verstehe dich gut“, sagte der Junge. „Du musst lernen, es zu kontrollieren. Wenn du dich bemühst, wird es dir gelingen.“

Naruto sah auf. „Hast du mich beobachtet?“

Der Junge antwortete nicht, sondern ging an ihm vorbei. „Wir sind uns gar nicht so unähnlich, weißt du“, sagte er, bevor er im Regen verschwand. Naruto starrte ihm noch lange verwirrt hinterher, ehe er sich aufraffte und klitschnass, wie er war, den Weg zu Inos (neuer) Wohnung wieder aufnahm.

Ino war noch nicht zu Hause, aber Hinata starrte ihn erschrocken an, als sie sah, wie zerrissen er nach Hause kam. „Was ist passiert?“, fragte sie.

„Ach, nichts“, murmelte Naruto missmutig. Er wollte jetzt nicht reden.

„Ich habe dir ein Bad eingelassen“, sagte sie und sah zu Boden. „Ich dachte, nach dem Regen …“

„Danke. Habt ihr auch irgendwas zum Anziehen für mich?“

Sie zuckte zusammen. „Oh, das habe ich … vergessen … Ich meine … Ich … Ich besorge dir schnell was!“, stotterte sie zusammen und verließ fluchtartig die Wohnung. Naruto sah ihr kopfschüttelnd nach, dann ging er ins Bad, zog sich aus und ließ sich seufzend in das heiße Wasser sinken. Wenn er so darüber nachdachte, hatte er direkt Angst vor morgen Nacht. Nicht vor Zaku, sondern vor sich selbst. Was, wenn er wieder die Kontrolle über dieses … Etwas verlor, das in ihm zu wohnen schien? Hatte es mit dem zu tun, was diese alte Frau ihm gesagt hatte? Und wer war der Junge mit den roten Haaren?

Naruto seufzte noch einmal und tauchte unter, um diesen Fragen in der Hitze des Badewassers zu entgehen. Das hatte doch wohl noch Zeit, bis er diese Angelegenheit geregelt hatte.
 

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Mag vielleicht wie ein Filler wirken, aber das Kapitel ist in der Tat wichtig für die Geschichte^^ Ihr werdet sehen.

Die Falle

So, hier bin ich wieder mit dem neuen (und bislang längsten Kapitel) zu ABFY! Hoffe, es erfüllt eure Erwartungen - oder übertrifft sie sogar ;-)

Also, viel Spaß beim Lesen!
 

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Am nächsten Tag versuchte Naruto einfach nur den Muskelkater und die blauen Flecken loszuwerden. Im Bezug auf den Muskelkater gelang ihm das sogar einigermaßen; die Blutergüsse waren aber scheinbar noch mehr geworden und taten mehr weh als zuvor. Und als wäre das noch nicht genug, verging der Tag wie im Flug und ratzfatz war der Abend da. Und damit der große Abschied.

„Hier, nimm das“, sagte Ino und reichte ihm ihr Messer. „Du brauchst alles, was du kriegen kannst.“

„Äh, danke!“

„Und das!“ Sie ging in die Küche und kehrte mit einem riesigen Fleischmesser zurück. „Nur für den Fall.“

„Äh …“ Naruto war gar nicht wohl bei der Sache, aber er befestigte das Messer trotzdem am Gürtel. Dann drehte er sich um und wollte gehen, als Hinata ihm im Weg stand.

„Naruto, ich … ähm …“, stammelte sie, rot wie eine Tomate, und tippte nervös mit den Fingerspitzen aufeinander. Dann tat sie etwas, was er nie erwartet hätte. Plötzlich sprang sie ihm um den Hals und drückte sich für eine Sekunde an ihn, ehe sie ihn wieder losließ und mit glühenden Wangen ins Schlafzimmer lief. Naruto sah ihr kopfschüttelnd hinterher.

„Naruto, eins noch!“, hielt ihn Ino zurück, als er gehen wollte. Plötzlich loderte ein unheimliches Feuer in ihren Augen auf, dass Naruto ganz angst und bange wurde. „Wehe dir, du verlierst gegen Zaku!“

„Ich … geb mir Mühe“, meinte er mit einem schwachen Lächeln.

„Das will ich für dich hoffen. Ich hab keine Lust, mir einen neuen Arbeitsplatz suchen zu müssen. Weißt du, wo du hinmusst?“

„So ungefähr. Dieses Stahlwerk kann nicht so schwer zu finden sein.“

Ino seufzte. „Das war ja klar. Komm mit.“

„Aber …“

„Nichts aber. Ich begleite dich. Sonst verläufst du dich noch und Zaku denkt, dass du kneifst! Also keine Wiederrede!“
 

Der Vollmond warf sein kräftiges Licht auf das Gebäude, dessen grauer Umriss sich unheimlich aus den Schatten hervorhob. Der Fluss plätscherte auf der einen Seite vorbei. Im Hof standen stillgelegte Kräne, Lieferwagen und riesige, blaue Container. Naruto fröstelte.

„Das alte Stahlwerk. Es ist schon seit Jahrzehnten verlassen. Keine Ahnung, was genau die damals fabriziert haben“, erklärte Ino, als sie sich langsam dem Tor näherten. „Für gewöhnlich ist es verschlossen und versiegelt.“

Das große Betontor stand jedoch sperrangelweit offen. „So viel dazu“, murmelte Naruto. Sie gingen hindurch und durchquerten den Hof. Hier gab es mehrere Garagentore, die in die Fabrik führten, aber sie waren alle fest verriegelt. Am anderen Ende des großen, asphaltierten Platzes war aber eine Tür, über der in verblassten, roten Buchstaben stand: Nur für Mitarbeiter. Diese Tür war ebenfalls einen Spalt geöffnet.

„Zaku scheint schon hier zu sein. Lass dich nicht von ihm überraschen“, warnte Ino. „Und nimm die mit!“ Sie reichte ihm eine kleine Taschenlampe.

„Danke“, sagte Naruto. „Du kannst jetzt gehen. Von hier aus verlaufe ich mich sicher nicht.“

Sie schien sich dessen wohl nicht ganz sicher zu sein. „Vielleicht ist es besser, wenn ich warte.“

„Keine Sorge, ich mach das schon! Du wärst mir nur im Weg, echt jetzt!“, sagte er großspurig.

„Aber wenn du nachher vielleicht …“

„Ich lauf schon nicht weg, keine Sorge!“, redete er dazwischen.

„Unterbrich mich nicht!“, murrte Ino verärgert. „Ich mach mir eher Sorgen, falls du nachher verletzt bist und Hilfe brauchst!“

„Keine Sorge“, wiederholte er. „Du hast doch auch kein Verbandszeug mit, oder?“

Sie schüttelte resigniert den Kopf.

„Na also. Bis dann!“ Er ging auf die Tür zu.

„Naruto!“

„Ja?“

Plötzlich stand Ino wieder mit diesem unheimlichen Funkeln in den Augen vor ihm. „Ich schwöre dir, wenn du Zaku wieder laufen lässt, knüpf ich dich eigenhändig an der nächste Straßenlaterne auf!“

„Ist ja schon gut!“, sagte er und hob abwehrend die Hände.

Ino sah ihn noch einen Moment zweifelnd an, schlug dann den Kragen hoch und lief davon. Naruto atmete tief durch und betrat die Fabrik. So sicher, wie er sich gegeben hatte, war er natürlich nicht. Im Gegenteil, er war so nervös, dass seine Hände zitterten. Aber er musste da durch! Er musste seinen Fehler wieder gut machen!

Seine Taschenlampe war längst nicht so stark, um den ganzen Raum auszuleuchten, der da vor ihm lag. Aber wenigstens sah er weit genug, um den großen, roten Pfeil erkennen zu können, der auf den Boden gemalt worden war. Ein Zeichen von Zaku?

Hinter dem Pfeil war noch einer und dann noch einer und ein vierter. Sie führen ihn aus dem Raum hinaus in eine große Halle, die ebenfalls völlig finster dalag. Er betrat sie und leuchtete suchend mit der Lampe hin und her. „Zaku?“, rief er mit leicht zitternder Stimme.

Da fiel mit einem metallischen Wumm die Tür hinter ihm ins Schloss. Jetzt war seine Taschenlampe die einzige Lichtquelle. Naruto fuhr herum, aber wer auch immer die Tür zugeschlagen hatte – ein Luftzug konnte es nicht gewesen sein, dazu war sie zu schwer –, war nicht mehr da.

Mit klopfendem Herzen leuchtete er in der Halle herum. Das gefiel ihm nicht. Plötzlich hörte er von überall her ein Rascheln. Oder bildete er sich das nur ein? „Zaku? Komm raus, wenn du schon so auf Ehre stehst! Dein Versteckspielen nervt, echt jetzt!“ Sein Herz klopfte so laut, dass Zaku es sogar hören musste. Da! Da waren Schritte! Eindeutig! Aber aus welcher Richtung kamen sie?

Zitternd flackerte der Lichtkegel seiner Lampe über den Boden und endlich riss er ein Gesicht aus der Finsternis. Aber es war nicht das von Zaku. Es war nicht einmal das Gesicht eines Menschen.

Die Haut des Wesens war graubraun. Seine Haare waren geradezu absurd aufgestellt und über einem breiten Maul mit spitzen Zähnen funkelten ihn drei große, schwarzgelbe Augen an.

Naruto schrie auf und prallte zurück. Das Ungeheuer grinste breit, würgte etwas hoch und spuckte einen weißen Schleimbatzen auf ihn, der sich noch im Flug in ein riesiges Spinnennetz verwandelte, Naruto von den Füßen riss und sich klebrig über seine Haut legte. Die Taschenlampe entglitt ihm und fiel scheppernd zu Boden, wo sie erlosch.

Nur einen Moment später flammte grelles Licht auf, als die Neonlampen auf den Decken angingen. „Und das soll dieser gefährliche Fuchsjunge sein?“, höhnte eine Frauenstimme hinter ihm.

„Ja, das ist er“, hörte er Zaku.

Als sich Narutos Augen an das plötzlich so helle Licht gewöhnt hatte, sah er, dass er von vier Gestalten umringt war. Vor ihm stand immer noch das braune Ungeheuer, das sich aber soeben in einen Menschen verwandelte. Die braune Hautfarbe verschwand, ebenso wie das dritte Auge und die Haare wurden normal. Ganz schien der Typ seiner dämonischen Gestalt jedoch nicht entkommen zu können, denn er hatte immer noch sechs Arme.

Rechts von ihm stand ein ziemlich großer, dicker Mann mit eher spärlichem Haupthaar, der herablassend auf ihn hinab sah. Und hinter Naruto war ein Mädchen mit rotem Haar, das ziemlich hübsch gewirkt hätte, wäre da nicht dieser kalte Ausdruck in ihren Augen gewesen. Gleich neben ihr erblickte Naruto ein bekanntes Gesicht: Zaku. Bis auf den Schutzgeldeintreiber trugen sie alle schwarze Anzüge und elegante weiße Hemden darunter. Der Sechshandtyp und der Dicke waren bewaffnet. Das Mädchen war näher gekommen und beäugte Naruto abfällig. „Ein Schuss von Kidoumaru und er sitzt fest? Das war ja keine große Herausforderung. Zaku, du bist echt ein verweichlichter Schlappschwanz.“

„Tayuya, bleib wenigstens deinen Verbündeten gegenüber höflich“, ermahnte sie der Dicke.

„Wenn du nicht gleich ruhig bist, zeig ich dir, wie höflich ich sein kann, Jiroubu!“, knurrte Tayuya und trat zurück. „Und jetzt nimm ihn schon. Die anderen warten sicher schon auf uns.

Jiroubu sah sie noch einen Moment trotzig an und verschränkte dann die Arme. Kidoumaru schnaubte. „Schon gut, ich trage ihn.“

„Hey … wartet!“, rief Naruto, der endlich seine Sprache wieder gefunden hatte. „Zaku! Was soll das? Ich dachte, du wolltest ein Duell von Mann zu Mann!“

Zaku bedachte ihn mit einem schwer zu deutenden Blick. Der Spinnentyp packte das Netz, in dem Naruto gefangen war, und sie verließen die Halle durch eine dicke Tür. Dahinter öffnete sich gähnend der Schlund einer großen Treppe, die sie hinunterstiegen. Der Gefangene begann zu zappeln. „Hey, lasst mich raus! Wer seid ihr Typen überhaupt? Was soll das, verdammt?!“

„Wenn du nicht ruhig bist, schleife ich dich einfach hinter mir her!“, drohte Kidoumaru. Naruto zuckte zusammen und war fortan leise. Der Spinnenmann war ihm unheimlich. Er war kein Mensch, oder?

Nach der Treppe kam ein langer Gang, der in ein unterirdisches Labor mit chromblitzenden Wänden führte. An einer Art Computerpult standen zwei Personen, von denen Naruto eine kannte. „Du! Du bist das!“, rief er. „Dich hab ich doch schon gesehen!“

Kabuto drehte sich zu ihm herum und rückte seine Brille zurecht. „Allerdings. Und diesmal läufst du mir nicht davon.“

Auch der andere Typ wandte den Kopf ein wenig und sah lässig über die Schulter zu ihnen zurück. Er trug die gleichen Klamotten wie die anderen drei. „Da seid ihr ja. Habt ja lange gebraucht.“

„Er war nicht pünktlich“, erklärte Jiroubu.

„Verdammt, erklärt mir jetzt endlich mal jemand, was hier los ist?“, rief Naruto. „Wer seid ihr Typen? Und was wollt ihr von mir?“

Der eine, dessen Namen er nicht kannte, grinste schief. „Sagt’s ihm“, forderte er die anderen auf.

„Wir sind die Klänge. Wir wollen das, was in dir drin ist“, sagte Tayuya. Mit dieser Information konnte er nichts anfangen.

„Laut Zaku hast du dich verwandelt“, erklärte Kabuto. „In ein Fuchswesen.“

„Das stimmt!“, ereiferte sich Zaku. „Er hatte Fuchsohren und sogar einen Schwanz!“

Naruto lachte unecht. „Ihr spinnt ja!“

„Keineswegs“, sagte der Typ vor ihm, drehte sich endlich um und stemmte die Hände in die Hüften. Dabei sah er ihn so herablassend an, dass Naruto ihm am liebsten eine gewischt hätte. „Anfangs warst du einfach nur ein Störenfried, den es zu liquidieren galt. Aber nun hast du die Ehre, an Orochimarus Experimenten teilzunehmen.“

„Orochimaru!“, entfuhr es Naruto. „Zu dem gehört ihr also!“

„Verdammte Scheiße, ist der langsam!“, stöhnte Tayuya und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. „Ja, du Spatzenhirn, wir sind die Klänge, Orochimarus Leibwächter und gleichzeitig seine Elite-Einheit. Und momentan befindest du dich in seinem unterirdischen Geheimlabor.“

Jiroubu nickte. „Zaku hat ein großes Opfer gebracht. Er hat seine Ehre beschmutzt, indem er Orochimaru alles von dir und eurem kleinen Duell erzählt hat. Das war sehr anständig von ihm.“

„In dir lebt möglicherweise ein Wesen, an dem der große Orochimaru Interesse hätte“, fügte Kidoumaru hinzu. „Es kann gut sein, dass du selbst nichts davon weißt und dass du es auch nicht kontrollieren kannst. Aber trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass du ein Halbdämon bist, wenn auch auf eine andere Weise als wir.“

Naruto verstand nur noch Bahnhof. Das heißt, eigentlich wollte er das gar nicht verstehen. Ein Wesen, das in ihm lebte? Etwa das, das sein Blut immer so zum Kochen brachte … Er schluckte.

„Sakon, können wir anfangen?“, fragte Kabuto.

Der Anführer sah noch einen Moment hämisch auf Naruto hinab. „Ja“, sagte er dann knapp.

Kabuto gab ein paar Daten in das Computerterminal ein. Jetzt erst sah Naruto die Glaskugel, die in der Mitte des Raumes auf einem Metallsockel lag. Sie war mit vielen Drähten mit dem Computer verbunden und soeben ging fauchend eine Öffnung darin auf. Kidoumaru schleppte Naruto dorthin und warf ihn kurzerhand hinein. Noch ehe er wusste, wo oben und unten war, war die Öffnung auch schon wieder zu. Er hämmerte auf die Scheibe ein. Was war das? Panzerglas? „Was habt ihr mit mir vor, ihr Halunken?“

Kabutos Brillengläser leuchteten in dem unheimlichen blauen Licht, das der Bildschirm vor ihm verbreitete. „Wir werden das Wesen in dir testen. Wir werden sehen, wie weit du es kontrollieren kannst. Wenn du da raus kommen willst, musst du es wohl oder übel aktivieren.“

Naruto stemmte sich mit beiden Händen gegen die Scheibe. Nichts, sie war unnachgiebig. Aber dieses … Etwas in ihm wollte er erst recht nicht befreien. „Hm, versuchen wir das“, sagte Kabuto und drückte einen Knopf. Unter Naruto öffnete sich plötzlich eine kleine Klappe und ein daumengroßer Bohrer kam zum Vorschein, der sich rasend schnell drehte. Panisch presste er sich gegen die Scheibe. Der Bohrer saß auf einem Robotergelenk und folgte all seinen Bewegungen.

„Kannst du dich aus dieser Zwickmühle befreien?“, fragte Kabuto.

Schweiß lief Narutos Kinn hinab. Der Bohrer kam immer näher. Er bereitete sich innerlich bereits auf den Schmerz vor, der unweigerlich seine Knochen durchzucken musste, sobald sich die Bohrerspitze in seine Haut fraß. Zitternd versuchte er, zurückzuweichen. Er musste hier raus! Angsterfüllt kaute er auf seiner Unterlippe, bis sie blutete. Unmöglich! Es gab keinen Ausweg!

Unter seiner Haut begann es zu brodeln. Da war tatsächlich eine Hitze, die sich mit aller Kraft an die Oberfläche kämpfte. Und je größer seine Angst wurde, desto lauter schien das Wesen in ihm nach Freiheit zu schreien. Er spürte, wie der Bohrer an seinem Knie ankam und seine Hose zerfetzte.

Schließlich schloss Naruto die Augen und ließ den Dämon hervorbrechen. Hitze durchflutete seinen gesamten Körper. Mit einem einzigen, kraftvollen Tritt zertrümmerte er das Robotergelenk. Der Bohrer fiel klimpernd auf den Boden der Kugel und hörte auf sich zu drehen. In der Glasscheibe vor ihm konnte Naruto sein Gesicht spiegeln sehen. Er erschrak. Das sollte er sein? Seine Eckzähne waren gewachsen. Die Augen funkelten rot und seine Gesichtszüge waren irgendwie brutaler. Außerdem war sein ganzer Körper von einem roten, blubbernden Film umgeben, der tatsächlich mit einiger Fantasie aussah wie die Umrisse eines übergroßen Fuchses.

„Faszinierend“, flüsterte Kabuto.

„Schön, schön“, sagte Sakon. „Können wir ihn dann zu Orochimaru bringen? Er wartet sicher schon sehnsüchtig.“

„Gleich“, sagte der falsche Arzt und tippte wieder auf die Tastatur. „Ich will nur noch eines testen.“ Er drückte einen Knopf – und im gleichen Moment leuchteten im Inneren der Glaskugel blaue Blitze auf. Naruto schrie schmerzerfüllt auf, als ein wahnsinnig starker, elektrischer Schlag ihn erwischte.

„Aha“, war Sakons Kommentar dazu. „Und was wird das jetzt? Stromerzeugung für Anfänger?“

„Ich will noch herausfinden, wie sich seine Gestalt unter Schmerzen verändert. Wird er stärker? Verliert er seinen Fuchsmantel? Alles Fragen, auf die die Wissenschaft eine Antwort finden muss“, sagte Kabuto und seine Augen leuchtete.

Naruto wand sich vor Schmerzen. Sein ganzer Körper zuckte unkontrolliert, als die Stromstöße durch seine Glieder jagten. Er wünschte sich nichts mehr, als endlich das Bewusstsein zu verlieren. Es war nicht länger für ihn zu ertragen! Er konnte nicht mehr! Warum hörten diese Wahnsinnigen nicht auf??

Gegenüber des Stiegenabgangs zersplitterte die Wand. Ein Schatten sauste durch einen Hagel aus Steinbrocken und Metallsplittern und drehte sich in der Luft. Kabuto erschrak und machte einen Satz rückwärts. Da, wo er eben noch gestanden war, bohrten sich mehrere Projektile in den Metallboden.

Die Gestalt schlug einen eleganten Salto und landete neben dem Computerterminal. Sie machte sich allerdings nicht die Mühe, es auszuschalten, sondern vollführte nur eine schnelle Handbewegung. Etwas Weißes blitzte auf und verwandelte die Maschine in einen Haufen Altmetall. Die elektrische Spannung war weg und die Kugel öffnete sich. Naruto kollerte nach Atem ringend hinaus und hob schwerfällig den Blick. Verschwommen sah er einen jungen Mann mit schulterlangem silbernem Haar vor sich stehen. Er trug einen langen, schwarzblauen Mantel, dessen zahlreiche Löcher ihm etwas Dämonenhaftes gaben.

„War es das, was du unter Töte Zaku verstanden hast?“, fragte der Typ, ohne sich zu Naruto umzudrehen. Seine Stimme war kalt wie Stahl. Jetzt erkannte er seinen Retter auch: Es war der Typ aus Ichiraku’s Paradise.

„Kimimaro!“, flüsterte Tayuya.

Tseh! Du lebst immer noch?“, stellte Sakon fest.

Kidoumaru riss seine Pistolen aus den Halftern und gab gleichzeitig sechs Schüsse von sich. Kimimaro stieß Naruto zur Seite und wich im letzten Moment den Kugeln aus, mit einem Sprung, der unmöglich allein aus menschlicher Muskelkraft heraus vollbracht worden sein konnte. Kimimaro landete leichtfüßig auf einem Computerpult und streckte die Hand aus. Er ahmte mit den Fingern eine Pistole nach und Naruto zweifelte plötzlich an seinem gesunden Geisteszustand. Bildete er sich etwa ein, ein ausgestreckter Finger würde seinen Feinden Angst machen?

Etwas Kleines, Weißes flog aus Kimimaros Finger und streifte Kidoumaru an der Schulter. Naruto starrte den Weißhaarigen verwirrt an. Was war das gewesen?

Sein Retter hatte allerdings keine Zeit sich auszuruhen. Jiroubu hatte plötzlich ein riesiges Bazooka-Rohr auf der Schulter und zielte. „Das wird dich umpusten, Knochenmann!“

Das Projektil schlug in der Hinterwand ein und verursachte eine Explosion, die Naruto die Sicht nahm. „Hehe“, machte Jiroubu zufrieden und ließ das Rohr sinken.

„Zu langsam“, sagte eine Stimme hinter ihm. Jiroubu fuhr zusammen. Naruto blinzelte. Kimimaro stand plötzlich hinter ihm und holte aus. Der Dicke wollte davon springen, aber es war zu spät. Naruto riss ungläubig die Augen auf, als Kimimaro sich aus seiner Schulter einen Knochen herauszog und dieser scharf wie ein Schwert wurde. Damit schlug er zu und erwischte Jiroubu am Arm. Der Dicke schrie auf und stürzte. Der Knochenmann sprang sofort hinterher und holte erneut aus – Sakon war mit einem raschen Satz vor seinen Kameraden gesprungen und blockte das Schwert mit seinem Handrücken ab. Dann packte er Kimimaros Handgelenke und wollte ihn von den Füßen reißen.

„Sinnlos“, sagte Narutos Retter. Aus seinen Armen schossen Knochen hervor und Sakon zuckte zurück. Kimimaro holte aus und kickte den Anführer der Klänge zur Seite. Im gleichen Moment traf ihn ein Schuss an der Schulter und ließ ihn in die Knie gehen.

Kidoumaru stand, mit sechs Pistolen bewaffnet, grinsend in der Ecke. „Na, wie schmeckt dir das?“ Er ließ eine volle Salve auf ihn los. Kimimaro schaffte es, aus einer Rolle heraus auf die Beine zu kommen und zur Seite zu springen, während die Kugeln schadlos in den Boden fuhren, und gleichzeitig gelang es ihm auch noch ein weiteres Mal seine Fingerknöchel auf den Spinnenmann zu ballern, der den Geschossen, die ein wenig langsamer waren als Pistolenkugeln, auswich.

Naruto versuchte gar nicht mehr zu begreifen, was da vor seinen Augen geschah. Himmel, wer von diesen Typen war eigentlich menschlich?

Kimimaro stand wieder vor Jiroubu, aber als der zupacken wollte, sprang er auf seine Schulter und von dort aus weiter in die Höhe. Als er landete, rannte Zaku mit mordlüsterndem Gesichtsausdruck auf ihn zu, wobei er sein gebrochenes Bein ignorierte. „Na warte! Dir werd ich’s zeigen!“

„Zaku, nicht!“, rief Sakon. „Er ist auch ein Halbdämon, du Idiot!“

Der Schutzgeldeintreiber riss die Arme hoch und hielt die Handflächen auf Kimimaro, aus denen Luft strömte. Der Halbdämon nahm nicht einmal die Mühe auf sich, auszuweichen. Er wurde von den Luftströmen davon- und gegen die Wand geschleudert, aber noch im Flug warf er sein Knochenschwert. Zaku schrie auf, als sein Bauch getroffen wurde. Blut spritzte zu Boden. Röchelnd brach der Schutzgeldeintreiber zusammen.

„Tz“, machte Tayuya. „Was für ein Vollidiot.“

„Wie lange willst du noch hier herum stehen?“, fragte Kimimaro. Er war außer Atem. Naruto brauchte eine Weile, bis er begriff, dass er gemeint war. „Das Loch hinter dir führt ins Freie“, fügte Kimimaro hinzu, ohne seine Feinde aus den Augen zu lassen. Der Fuchsjunge schluckte und rannte gehorsam los. Er lief durch das Loch, das Kimimaro in die Wand gesprengt hatte, und fand sich in einem großen Abwasserkanal wieder.

Sakon fluchte. „So haben wir nicht gewettet! Kabuto! Bring Zaku in Sicherheit!“ Kabuto packte den Verwundeten wortlos unter den Achseln und zerrte ihn die Treppe hoch. Sakon wandte sich an die anderen Klänge. „Tayuya, du übernimmst Kimimaro!“

„Mit Vergnügen“, meinte sie hinterhältig lächelnd.

„Wir anderen verfolgen den Fuchsjungen. Ihm gilt Orochimarus Aufmerksamkeit. Los!“

Jiroubu und Kidoumaru folgten Sakon. Kimimaro wollte sich ihnen in den Weg stellen, aber eine neue Salve von Kidoumaru ließ ihn innehalten. Nachdem sie im Abwasserkanal verschwunden waren, zielte Jiroubu mit seiner Bazooka auf die Decke und ein Hagel aus Stein- und Metalltrümmern stürzte herab und versperrte den Weg.
 

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So, ich hoffe, es ist niemand enttäuscht, dass ich Naruto und Zaku nicht nochmal aufeinander losgelassen habe ;-) Vielleicht kommt das ja noch, mal sehen^^

Hoffe es hat euch gefallen!
 

greez

Flucht

Narutos Füße platschten durch das knöchelhohe Abwasser, als er völlig außer Atem durch den Kanal rannte. Die Fuchsgestalt hatte er längst verloren. Hinter sich hörte er die Schritte seiner Verfolger. Hin und wieder hörte er Schüsse; offenbar feuerten sie blind in die Dunkelheit.

Vor ihm wurde bald ein schwacher Lichtschimmer sichtbar. Naruto beschleunigte seine Schritte. Da vorn war der Ausgang! Er rannte noch schneller auf das Licht zu, und noch schneller und …

Mit einem lauten Schrei sauste er aus dem rostigen Rohr, das zwei Meter über dem Fluss aus der Fabrikwand ragte, und fiel in das eisige Wasser. Prustend tauchte er wieder auf. Die Strömung war ziemlich stark; er war bereits ein großes Stück abgetrieben worden.

Im Rohr tauchten die Gestalten von Sakon, Kidoumaru und Jiroubu auf. Naruto tauchte unter, aber sie hatten ihn bereits entdeckt. Unter Wasser konnte er sehen, wie mehrere Pistolenkugeln die Wasseroberfläche durchschlugen und sich sprudelnd in die Tiefe schraubten.

Mit kräftigen Schwimmzügen tauchte Naruto zum Ufer. Im Schutz einiger Bäume kämpfte er sich schwer atmend aus dem Wasser. Vor ihm lagen die Lichter der Stadt. In dem Labyrinth aus Gassen – in dem sich seine Verfolger sicher besser auskannten als er, aber sei es drum – würde er vielleicht entkommen können.
 

Sakon starrte Naruto finster hinterher. „Er kommt nicht weit. Spätestens in zehn Minuten haben wir ihn.“ Die drei Klänge begannen die rostige Eisenleiter hinunter zu klettern, die neben dem Rohr angebracht war und sie ans Ufer brachte, ohne dass sie nass wurden.
 

Tayuya und Kimimaro standen sich noch immer in dem unterirdischen Labor gegenüber. Die junge Frau griff langsam unter ihr Sakko und zog eine versilberte Querflöte hervor. „Ich werde dich töten“, sagte sie. Kimimaro sah sie mit unbewegtem Gesicht an. Tayuya lachte leise. „Das war das letzte, was du zu mir gesagt hast, als wir uns das letzte Mal gesehen haben.“ Sie gingen langsam auf einander zu.

„Ich hatte es völlig ernst gemeint“, sagte er.

„Das glaube ich. Und ich hatte gesagt, du solltest dich uns nie wieder in den Weg stellen.“

Sie standen sich nun gegenüber. Tayuya ließ die Flöte sinken. Seine Lippen pressten sich fest auf die ihren. Lange standen sie so da und teilten sich einen innigen Kuss. Dann lösten sie sich voneinander.

„Du schmeckst noch genau wie früher“, sagte Kimimaro und seine Mundwinkel verzogen sich zu dem leisen Anflug eines Lächelns.

„Komiker“, schnaubte Tayuya und auch sie lächelte kurz, wurde dann aber schlagartig wieder ernst. „Was willst du eigentlich noch hier in Akuma Gakure? Du könntest schon über alle Berge sein, wenn du die Stadt vor einem halben Jahr verlassen hättest!“

„Könnte ich“, sagte er knapp. Er packte ihr Handgelenk und hob ihren Arm hoch, sodass der Ärmel zurückrutschte. Darunter wurde eine mindestens zehn Zentimeter lange Brandwunde sichtbar. „Führt er wieder Experimente an dir durch?“ Seine Stimme war jetzt richtig eisig.

Grob riss sich Tayuya los. „Pah, mach dir lieber um dich selbst Sorgen. Orochimaru hat ein Mittel gefunden, das gegen unsere dämonische Form wirkt.“

„Nun, dann hat er es vergebens entwickelt. Ich habe seit einem halben Jahr keinen Gebrauch mehr von meinem Siegel gemacht. Ihr vier seid viel eher darauf angewiesen, wie ich das sehe“, meinte Kimimaro abfällig.

Tayuya seufzte. „Wie du meinst. Aber wir sollten langsam anfangen, bevor noch diese verfluchte Brillenschlange Kabuto zurückkommt.“ Sie breitete einladend die Arme aus.

Kimimaro stieß resigniert die Luft aus. „Ich hasse es, das tun zu müssen.“

„Glaubst du, mir macht dieser Scheiß Spaß?“, schnaubte Tayuya voller Sarkasmus. „Aber wenn ich unversehrt zurückkehre, wird Orochimaru ahnen, dass wir nicht gekämpft haben. Nun mach schon, ich wehre mich nicht. Wenn du entkommen sein willst, muss ich zwangsläufig verloren haben.“

Kimimaro sah ihr fest in die Augen. „Ich weiß“, murmelte er. „Verzeih mir.“ Damit hob er sein Knochenschwert.
 

Wo waren sie? Wo war er? Wohin sollte er laufen? Naruto irrte einfach durch die Gassen, halb blind vor Angst. Die Nacht war plötzlich viel kälter und die Luft biss in seine Lungen. Die nassen Klamotten schlotterten um seinen Körper und ließen ihn frieren. Er war mittlerweile so erschöpft, dass er nicht mehr wusste, wie lange er noch laufen können würde. Die Straßen sahen im bleichen Mondlicht alle gleich aus. Die Pflastersteine schimmerten bleich, genauso wie der Asphalt, und die Straßenlaternen warfen unheimliche Schatten.

Da! Da hatte sich was bewegt! Naruto stolperte fast über seine eigenen Füße, bevor er den Wetterhahn sah, der auf einem Gartenzaun montiert war und quietschend herumschwenkte. Er atmete tief durch. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren!

Etwas kreischte, eine Katze stob aus der Hauseinfahrt, sah ihn, machte einen Buckel und fauchte. Naruto war alles andere als abergläubisch, aber jetzt hatte er erst recht ein schlechtes Gefühl. Da hörte er Schritte. Schluckend ging er die Hausmauer entlang und bog vorsichtig um die Ecke. Bei so einem Versteckspiel war es vielleicht besser, wenn er seine Feinde sah, bevor er ihnen in die Arme lief.
 

Sakon lief in die Straße hinein und sah gerade noch einen Schatten. Sofort richtete er die Pistole auf ihn. „Hey, stehen bleiben!“

Der kleine Junge hielt mitten im Schritt inne und sah ihn – und vor allem seine Waffe – aus angsterfüllten Augen an. Aber es war nicht der Fuchsjunge. Dieser hier war viel kleiner. Ein Kind.

Perfekt.

Sakon ging drohend auf ihn zu, wobei er darauf achtete, keinen Zweifel daran zu lassen, dass er schießen würde, wenn er versuchte wegzulaufen. Er packte den Kleinen am Kragen und zerrte ihn zu sich hoch. „Hey, hast du hier einen Typen mit blonden Haaren vorbeirennen sehen?“

Der Junge schüttelte den Kopf. Er zitterte vor Angst wie Espenlaub. Tränen liefen ihm über die Wangen.

„Tja, das ist Pech für dich“, sagte Sakon kalt und hob die Pistole. Sein Finger krümmte sich um den Abzug – und mit einem schmerzvollen Aufschrei ließ er die Waffe und den Jungen fallen und umklammerte sein Handgelenk, aus dem plötzlich der Griff eines Messers ragte. Sakons Blick flackerte nach rechts. „Du!“

Naruto stürmte ihm entgegen und verpasste ihm einen heftigen Kinnhaken, der ihn zu Boden stürzen ließ. Dann packte er den kleinen Jungen um die Hüfte und trug ihn einfach mit. „Ich lasse nicht zu, dass noch irgendwer wegen mir Schaden erleidet, echt nicht!“, murmelte er. Der Kleine hatte zu weinen aufgehört und sah ihn aus großen Augen an.

Sakon hatte sich fluchend wieder aufgerappelt und hielt sich die blutende Hand. „Verdammt! Kidoumaru!!“

Naruto hatte die Straße noch nicht verlassen, aus plötzlich aus einer Seitengasse der Spinnentyp heraussprang. Noch in der Luft feuerte er mit seinen sechs Pistolen gleichzeitig auf ihn.

Naruto biss die Zähne zusammen und rannte im Zickzackkurs weiter. Wie durch ein Wunder traf ihn keine Kugel, auch wenn er ein paar Mal einen Luftzug spürte. Er prallte genau gegen Kidoumaru, riss ihn zu Boden, fand das Gleichgewicht wieder und lief weiter.

„Da rein!“, rief plötzlich das Kind in seinem Arm. Naruto schwenkte ohne nachzudenken herum und stürmte durch das offen stehende Tor. Dahinter lag der Hinterhof eines Gasthauses oder etwas Ähnlichen. Aber es gab außer den Mülltonnen kein Versteck!

Der Kleine begann zu zappeln, bis Naruto ihn hinunter ließ. „Sora! Sora!“ Naruto schloss mittlerweile vorsorglich das Tor.

„Konohamaru!“ Eine Gestalt trat aus dem Schatten der Müllcontainer. „Bist du verrückt, draußen rumzurennen, wenn scharf geschossen wird, Kono?“

„Keine Zeit, keine Zeit! Sie sind immer noch da draußen!“, rief Konohamaru aufgeregt.
 

Das Tor zerbarst in einer Explosion. Jiroubu senkte grimmig seine Bazooka. „So öffnet man Türen.“

Kidoumaru und Sakon, der sich immer noch seine verletzte Hand hielt, betraten den Innenhof. „Er muss hier irgendwo sein …“, murmelte Kidoumaru.

„Dieser lästige Bastard“, knurrte Sakon und bewegte prüfend das Handgelenk, wobei er das Gesicht verzog. „Wenn ich mit ihm fertig bin, kann er seinen Kopf unter’m Arm tragen, das schwör ich euch!“

Kidoumaru nahm währenddessen den Innenhof systematisch unter die Lupe. „Die Ecken sind sauber.“

Sakons Blick fiel auf die Müllcontainer. „Da drin muss er sich verstecken.“

Kidoumaru trat an die Container heran, steckte zwei seiner Waffen ein und riss mit den frei gewordenen Händen den ersten Müllcontainer auf. Er war leer. Grinsend öffnete er den zweiten. „Buh!“

Eine Ratte krabbelte hastig heraus.

„Scheiße, auch nicht! Oder suchen wir nach einem Stück angefaultem Brot?“

„Lass die Witze“, knurrte Sakon. „Suchen wir draußen weiter!“
 

Naruto sah mit angehaltenem Atem durch die Bretterritzen zu, wie die Klänge den Hof verließen. Sie warteten noch fünf Minuten, ehe sie sich aus ihrem Versteck wagten. Sora drückte gegen die Holzlatten und sie traten aus dem Gastzimmer wieder aus dem Hof raus. Naruto hatte nun erstmals Zeit, ihn sich anzusehen. Sora war ein Junge, etwas jünger und kleiner als er, wie es aussah, mit seltsam kurz getrimmten Augenbrauen, schulterlangem, dunklem Haar und ziemlich abgerissener Kleidung. Seine rechte Hand war mehrschichtig verbunden, auch wenn er sie so bewegte, dass es nicht aussah, als wäre sie verletzt. Momentan schlug er sich nämlich damit gegen die Stirn und sagte mit beihnahe hysterischer Stimme: „Bei allen Dämonen! Ich habe die Klänge ausgetrickst! Ich habe tatsächlich die Klänge ausgetrickst!“ Erst jetzt schien er Naruto zu bemerken. „Und wer bist du, Blondi?“

Konohamaru zupfte ihn am Gewand. „Er hat mich vor dem Klang gerettet! Er ist super!“

„Tatsächlich?“ Sora legte fragend die Stirn in Falten. „Und wer bist du?“

Naruto grinste und zeigte mit dem Daumen auf sich. „Ich bin Naruto Uzuma …“

„Okay, dann nenne ich dich Naru. Was willst du?“

„Was ich will?“ Naruto sah ihn verwirrt an. „Äh, ich will nichts. Ich habe mich nur versteckt, wie ihr.“

„Können wir ihn nicht bei uns aufnehmen? Können wir? Er ist sicher ein super Kerl!“, quengelte Konohamaru.

„Das kann nur Kiba entscheiden. Aber wenn er dich gerettet hat …“ Sora zuckte mit den Achseln. „Okay, du, Naru, komm mit uns.“

Naruto hatte zwar irgendwie das Gefühl, dass er schon wieder einen entscheidenden Fehler beging, aber er folgte den beiden.
 

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... Wisst ihr, wie nervig es ist, die Klänge immer mit Kursiv-Tags schreiben zu müssen?

Ach ja, tut mir leid, dass es so kurz war (vor allem im Vergleich mit dem vorigen). Das nächste Kapitel wird ein wenig länger ;-)

Als kleinen Vorausblick: Es kommen auch die Straßenwölfe endlich ins Spiel und sie stellen Naruto eine Art Aufnahmeprüfung ... Also freut euch schon mal drauf :-D

Willkommen bei den Straßenwölfen!

Nachdem Sora sich vergewissert hatte, dass die Klänge auch wirklich weg waren, führte er Naruto scheinbar ziellos durch das Gassenlabyrinth von Akuma Gakure. Nach sicherlich einer Stunde Fußmarsch – Naruto war todmüde und sein Magen knurrte bereits – erreichten sie in einer verlassenen Gasse einen stillgelegten Supermarkt. Die Tür war mit Brettern vernagelt, die Fenster ebenso und alles wirkte verstaubt und tot.

„Erzähl niemandem von dem, was du gleich siehst.“ Sora steuerte zielsicher den Eingang an, aber Konohamaru war der erste, der sich unter den Brettern hindurch bückte – die Lücke war gerade ein bisschen kleiner als er. Sora folgte ihm und Naruto unmittelbar danach. Zuerst sah er fast überhaupt nichts, sondern konnte nur die Umrisse eines umgestürzten Regals neben sich erahnen. Ansonsten war alles finster.

„Hoi, ich bin’s, Sora!“, rief sein neuer Bekannter in die Dunkelheit. Irgendetwas in der Finsternis raschelte, dann ging eine Taschenlampe an. Ein kindliches Gesicht, das von rötlichen Haaren umrahmt wurde, wurde aus der Finsternis gerissen. Naruto schluckte, als der Lichtschein das Messer beleuchtete, das der Unbekannte in der Hand hielt. Auch wenn sein Gesicht so aussah – er war ganz gewiss kein Kind, denn er musste Naruto um einen halben Kopf überragen. „Gut. Ich dachte schon, jetzt käme Ärger. Ist ziemlich viel los heute Nacht“, sagte der Rothaarige.

„Ah, also hast du heute Wache, Saso?“

„Ja, leider. Geh rein; Kiba wartet schon sehnsüchtig auf euch.“

Naruto verstand nicht ganz, was er mit rein meinte, aber dann sah er, dass ein Teil der Wand links weggebrochen war und den Blick in das Kellergeschoss eines Wohnhauses freigab. Sora, Konohamaru und er gingen hindurch und Sora öffnete eine Tür in dem Kellergang. Helles Licht schlug Naruto entgegen. Blinzelnd erkannte er einen alten, ziemlich großen Kellerraum, wo mehrere Gestalten auf Deckenlagern herumlungerten. Der Raum war gemütlich eingerichtet: Ein oder zwei alte, zerrissene Sofas, die besagten Decken, Kissen, ein Tisch mit einer alten Öllaterne darauf, die jedoch erloschen war, und einem Stapel Spielkarten daneben. An der Decke brannten zwei Neonröhren und tauchten den Raum in kaltes Licht. Und ebenso die vier Insassen: Alles in allem ein kunterbunter Haufen, jedoch alle in abgerissener Straßenkleidung, die seltsamerweise teilweise sogar recht modisch wirkte.

„Oi, Kiba, wir sind wieder da!“, rief Sora einem Teenager zu, der am anderen Ende des Raumes gegen die Wand gelehnt saß. Neben ihm lag ein riesiger Hund, der träge den Kopf hob. Zwei rote Dreieck-Tätowierungen zierten Kibas wölfisches Gesicht. Sein braunes Haar war wirr und lang und er hatte relativ große Eckzähne, die er offenbarte, als er Sora angrinste. „Hey, Sora, Konohamaru! Wo habt ihr gesteckt? Ich dachte schon, ich müsste euch suchen lassen. Ihr hattet doch keinen Ärger mit den Schattenjägern, oder?“

„Schlimmer. Die Klänge hätten uns fast erwischt“, antwortete Sora.

Kiba starrte ihn kurz an und lachte dann mit rauer Stimme. „Ist nicht dein Ernst!“

„Doch!“

Der Hundebesitzer lachte noch lauter. „Dann kann ich wohl froh sein, euch in einem Stück wieder zu sehen, was? Und wer ist der Typ da?“ Er deutete auf Naruto.

„Er heißt Naru“, sagte Sora schlichtweg.

„Naruto Uzumaki“, korrigierte ihn Naruto. „Ich bin …“

„Unwichtig“, unterbrach ihn Kiba. „Warum habt ihr den mitgebracht?“

„Kono hat einen Narren an ihm gefressen“, meinte Sora achselzuckend.

Konohamaru nickte eifrig. „Er ist so toll! Er hat mich vor einem Klang gerettet, der wollte mich erschießen! Er hat ihn mit einem Messer beworfen! Er kann sooo gut mit Messern umgehen!“

„Ach wirklich?“, fragte Kiba. „Und was machen wir jetzt mit ihm? Was, wenn er ein Spion von den Schattenjägern ist?“

„Von wem?“, fragte Naruto.

„Hm …“ Kiba überlegte. Jetzt waren auch die anderen drei aufgewacht beziehungsweise herangetreten um den Neuling zu begutachten.

„Au ja, ein neues Bandenmitglied?“, fragte ein Typ mit einem lächerlichen Topfschnitt und ebenso lächerlich dicken Augenbrauen.

„Das mit Sicherheit nicht“, sagte Kiba. „Noch nicht.“

„Äh, wartet, niemand hat mich gefragt, ob ich zu eurer Bande gehören will, echt jetzt!“, redete Naruto dazwischen.

„Du kannst gerne wieder gehen“, sagte Kiba grinsend. „Solange du die Schnauze hältst, ist alles in Ordnung.“

„Gut, ich …“ Naruto stockte. Wohin sollte er eigentlich gehen? Ino würde ihm den Hals umdrehen, weil er Zaku nicht getötet hatte. Mal abgesehen davon, dass er ihr Haus wahrscheinlich gar nicht mehr finden würde. Und sonst kannte er niemanden in dieser verfluchten Stadt, zu dem er hätte gehen können. Sich einer Bande anzuschließen bedeutete immerhin Schutz – und Schutz vor Orochimaru konnte er gut gebrauchen. „Ich bin dabei. Echt jetzt“, sagte er grinsend.

„Nicht so schnell …“, sagte Kiba. Er hatte die Arme verschränkt und ein Auge geschlossen. Mit dem anderen musterte er ihn. „Wir wissen noch gar nicht, ob du zu was taugst.“

„Er hat immerhin Konohamaru gerettet“, sagte das Mädchen, das noch dabei war.

„Wenn er wirklich so gut im Messerstechen ist, soll er es beweisen!“, fuhr Kiba fort.

„Ich habe nie gesagt, dass ich …“, begann Naruto abwehrend.

„Du wirst einen Kampf mit Sasori austragen“, beschloss der offensichtliche Anführer dieser Bande.

„Kiba!“, rief das Mädchen.

„Sei ruhig, Sakura, und sieh ihnen zu!“, schnauzte Kiba sie an. „Oder glaubst du, ich nehme jeden x-beliebigen Penner in unsere Bande auf?“

„Aber wir sind doch nur zu siebt“, fügte die Buschige Augenbraue hinzu. „Wir können ihn sicher irgendwo gebrauchen. Und es sieht so aus, als sei er in der Blüte seiner Jugend!“

„Shikamarus Leute sind zu sechst“, widersprach der Anführer. „Und trotzdem sind sie uns voraus.“

„Konohamaru zählt schließlich nicht“, sagte der letzte der Bande. Er hatte braune Haare und sah ziemlich eingebildet aus, nach Narutos Geschmack.

„Ich zähle sehr wohl!“, begehrte der Kleine auf.

„Ende der Diskussion!“, knurrte Kiba. „Messerkampf gegen Sasori. Hier und jetzt.“

Das passte Naruto gar nicht – er war müde und hungrig, aber er ahnte, dass es besser war, Kiba nicht zu widersprechen.

Auch, wenn er ein mieses Gefühl bei der Sache hatte. Ein sehr mieses.
 

„Versagen ist nichts, was man den Klängen nachsagen sollte“, stellte Orochimaru fest. Seine Augen bohrten sich strafend in Sakon, Kidoumaru und Jiroubu, die ehrerbietend vor ihm knieten.

„Verzeihen Sie, Boss“, sagte Sakon mit geschlossenen Augen. „Aber es war Kimimaro! Er ist zurückgekehrt!“

„Wir haben ihn bekämpft“, erklärte Kidoumaru. „Der Fuchsjunge ist uns entwischt, und Zaku und Tayuya wurden verletzt. Kabuto kümmert sich gerade um sie.“

„Hm …“, machte Orochimaru nachdenklich. „Das Mittel ist fertig für die Massenproduktion. Um einem weiteren überraschenden … Einmischen von Kimimaros Seite her vorzubeugen, werdet ihr bei jeder eurer Missionen etwas davon mitnehmen.“ Er stützte das Kinn auf seine Handfläche. „Das heißt also, Zakus Abmachung mit dem Fuchsjungen ist hinfällig?“

Sakon sah verwundert auf. „Boss?“

Orochimaru lächelte böse.
 

Der Kampf sollte mitten im Hauptquartier von Kibas Bande stattfinden. Sora hatte mit Kreide einen Kreis mit vier Metern Durchmesser auf dem Boden gezogen. Sasori war der Typ, der das Versteck bewacht hatte. Naruto hatte ihn gar nicht als so gefährlich eingeschätzt. Es war schwer vorzustellen, dass hinter seinem freundlichen Gesicht ein eiskalter Messerstecher oder so was steckte …

„Pass auf“, flüsterte ihm Sakura zu, als er in den Ring stieg. „Sasori ist schnell! Und er zielt meistens auf die Hand, in der du das Messer hältst!“

Zum Abschluss reichte Kiba ihm noch ein Butterfly-Messer. Sora hatte von irgendwo ein Seil hergenommen und band damit Sasoris und Narutos unbewaffnete Hände zusammen. Das Gesicht von Narutos Gegner war vollkommen ausdruckslos, immer noch freundlich, aber … Er wurde den Verdacht nicht los, dass Sasori irgendetwas zu sich genommen hatte, was seinen Blick verklärte.

„Los!“, rief Kiba.

Es kam völlig unerwartet und noch unerwarteter war Sasoris Angriff. Das Wort war noch gar nicht verklungen, als Naruto einen Ruck am Seil verspürte. Er flog regelrecht auf Sasori zu. Dessen Messer war nur als weißer Blitz auszumachen. Geistesgegenwärtig riss Naruto die Hand nach unten. Die Klinge durchtrennte ratschend den Stoff seines Ärmels, die Haut darunter blieb zum Glück unverletzt.

Sasori lächelte seltsam. „Keine Sorge – mein Messer ist bei solchen Testkämpfen niemals vergiftet.“ Während er das sagte, stach er mehrmals erneut zu und zumindest dem letzten Stich konnte Naruto nicht mehr ausweichen. Ob unvergiftet oder nicht, der Schnitt an seinem Handgelenk brannte höllisch.

„Er wird verlieren“, hörte er Sora sagen.

Naruto biss die Zähne zusammen. Den Teufel würde er tun! Brutal riss er Sasori zu sich her und stieß seinerseits zu. Sein Gegner wich fast tänzerisch aus und startete blitzschnell einen weiteren Angriff. Diesmal war Naruto vorbereitet. Er riss die andere Hand schützend vor sich. Sasoris blitzscharfe Messerklinge durchtrennte das Seil, das sie verband, ohne es auszufransen. Jetzt konnte sich Naruto etwas Luft verschaffen. Ein kurzer Blick in die Runde, die sie anfeuerte, sagte ihm, dass niemand kommen würde, um das Seil zu ersetzen. Offenbar war bei Kräftemessen dieser Art alles erlaubt. Oder das Seil galt nur als Anfangsregel.

Sasori zeigte sich wenig beeindruckt, aber er setzte Naruto nicht nach, sondern blieb reglos stehen. Er wartete auf ihn. Das war schlecht, denn wenn Naruto jetzt angriff, würde er sicher eine schlimme Überraschung erleben. Seine Gedanken überschlugen sich. Wie sollte er am besten vorgehen?

Die meisten Zuschauer waren sichtbar ungehalten ob des plötzlichen Stockens des Kampfes. Buh-Rufe wurden laut. „Macht schon weiter!“, rief der eine, dessen Namen Naruto noch nicht kannte.

„Lasst eure jugendliche Kraft explodieren!“, feuerte sie der Typ mit dem Topfschnitt an.

„Du bist ein Feigling. Komm schon!“, machte Naruto den kläglichen Versuch, seinen Gegner zu provozieren.

Sasori verzog keine Miene und erwiderte: „Du bist wohl nicht der offensive Typ, was?“

Naruto grinste. Auch das Grinsen gelang ihm nicht so gut, wie er gehofft hatte, und sah wohl ziemlich künstlich aus. „Ich bin geduldig“, gab er zurück, auch wenn das nicht ganz der Wahrheit entsprach.

„Nun, ich nicht", lächelte Sasori und stürmte auf ihn zu. Naruto wich dem Messerstich aus und versuchte seinem Gegner das Grinsen aus dem Gesicht zu schneiden. Um ihn nicht schwer zu verletzen, riss er im letzten Moment das Messer nach unten, um Sasori am Bauch zu treffen.

Der Rothaarige sprang zur Seite und konterte mit einem Stich, der in Narutos Oberarm ging. Fluchend presste sich der Fuchsjunge die andere Hand darauf. „Na warte, du! Niemand legt sich ungestraft mit Naruto Uzumaki an!“, schrie er.

Sasori sprang auf ihn zu und sein Messer blitzte wieder durch die Luft. Naruto ließ sich rücklings zu Boden fallen, sodass der Angriff ins Leere ging. Sasori war für einen Moment über ihm, und diesen Moment nutzte Naruto um ihm kräftig mit beiden Beinen gegen den Brustkorb zu treten. Empörte Rufe wurden im Publikum laut, als Sasori ächzend und nach Atem ringend rückwärts taumelte. Naruto sprang auf, packte seine Arme und gab ihm eine Kopfnuss, die ihn benommen zu Boden sinken ließ. Zu guter Letzt schlug er ihm das Butterfly aus der Hand und hielt ihm das eigene vor die Kehle.

„Ich hab gewonnen, echt jetzt!“, grinste er.

Sasori konnte nichts sagen, er musste erst wieder zu Atem kommen. „Das gilt doch nicht!“, schrie Sora erzürnt. „In einer Messerstecherei darfst du nur mit dem Messer kämpfen!“

„Genau!“, rief der Braunhaarige. „Das ist gegen die Regeln!“

„Du hast deine Ehre beschmutzt!“, empörte sich Buschige Augenbraue.

Naruto wurde unangenehm zumute. Der Gedanke, dass jetzt alle Bandenmitglieder offenbar wütend auf ihn waren, ließ ihn schaudernd. Bis Kiba plötzlich laut auflachte. Verdutzt sahen ihn alle an, einschließlich Naruto und Sasori. „Also, das ist mal ein Kerl nach meinem Geschmack! Tut alles, was ihm zum Vorteil gereicht, und hält sich an keine Regeln! Dieser Naruto gefällt mir!“

„Ähm, Kiba …“, begann Sakura, aber Kiba unterbrach sie.

„Du bist dabei! Willkommen bei den Straßenwölfen, Naruto!“
 

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So, endlich mal ein wenig länger. Das nächste Mal ist der erste Auftritt von Deidara!
 

Bis dann!

Deidara, der Dämonenjäger

Lassen wir Naruto einmal ruhen und gehen wir zu den anderen Hauptpersonen :-)
 

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„Deidara-senpai, dieser Ort ist unheimlich! Ich habe Angst! Was wollen wir hier?“, fragte Tobi mit zitternder Stimme.

„Hm.“ Deidara würdigte seinen Knappen keiner Antwort, sondern sah nur geradeaus. Sie waren außerhalb von Akuma Gakure, in den Bergen. Direkt vor ihnen erhob sich eine kleine, alte Burgruine aus den Felsen. Die Sonne ging soeben auf und sandte eine Welle aus Licht über die unwirtliche Landschaft. Dass Tobi die Ruine unheimlich fand, war kein Wunder. Sie war uralt und so baufällig, dass sie einfach jeden Moment einstürzen musste. Aber natürlich war das kein Grund, sein Vorhaben abzubrechen.

Tobi versuchte sich Mut zu machen, indem er einfach irgendwelches belangloses Zeug zusammenbrabbelte. „Tobi“, unterbrach ihn Deidara. „Hast du alle Vorbereitungen getroffen?“

„Äh … ja!“, rief Tobi. „Ich hab alles gemacht, wie du gesagt hast!“

„Gut. Dann kann’s ja losgehen, hm.“ Deidara griff in seinen Mantel und zog aus einer der großen Innentaschen eine Handgranate hervor. Grinsend zog er den Sicherungsstift heraus. „Wie lockt man am besten ein Untier aus seinem Versteck?“ Damit warf er die tickende Granate in eine der Fensterhöhlen der Ruine. Es vergingen einige Sekunden, bis eine Explosion die Burg erschütterte. Steine stürzten von den Zinnen, etwas im Inneren brach in sich zusammen und eine gewaltige Staubwolke stieg auf.

„Mal sehen, ob das genug war, hm.“ Der Staub wirbelte immer noch durch die Luft, als etwas durch die Außenmauer der Ruine brach. Zwei Masken schossen Deidara entgegen, jede von ihnen hing an einem Strang von schwarzen Fäden. Der Dämonenjäger lächelte. „Geh lieber etwas zurück, Tobi!“, sagte er und zog sein Schwert. Sein maskierter Knappe ließ sich das nicht zweimal sagen und versteckte sich hinter einem Felsen.

Die Masken rasten über den felsigen Untergrund hinweg. Deidara sprang zurück, bevor sie ihn erreichen konnten. Die eine war ziemlich nahe am Boden – er zog seine Pistole aus der Halterung und schoss auf das kleine weiße Etwas, das aus dem Boden ragte. In einem Hagel aus Felssplittern ging die Mine hoch und pulverisierte die Dämonenmaske sofort. Rauchend zwirbelten sich die Fäden und fielen schlaff zu Boden.

Im selben Moment kam die zweite Maske von hinten an ihn heran geschossen. Deidara wich mit einer Rolle aus, wirbelte herum und durchtrennte den Fadenstrang mit seinem Silberschwert. Die Maske polterte über den Boden, wo sie liegen blieb.

„Hurra!“, rief Tobi und stand hinter seiner Deckung auf und kam tanzend hervor. „Deidara-senpai hat es geschafft! Eine Meisterleistung!“

Deidara starrte misstrauisch auf die am Boden liegende Maske. „Halt den Mund, Idiot!“, knurrte er. „Das war noch nicht alles!“

Es krachte – und etwas brach aus den Ruinen der Burg heraus, die nun gar nicht mehr als solche zu erkennen war. Tobi schrie auf und sprang wieder hinter seinen Felsen. Das Wesen, das in der Burg gelebt hatte, war tatsächlich ein Dämon. Es bestand fast nur aus dünnen und dicken schwarzen Fäden, die die einzelnen Gliedmaßen zusammenhielten und überall hervorquollen, sogar aus dem Mund der Kreatur. Das Gesicht war scheußlich braun und wirkte irgendwie zusammengenäht, die Augen waren klein und böse. „Wer bist du, dass du es wagst, den edlen Schlaf von Kakuzu zu stören, elender Menschenwurm?“, grunzte der Dämon.

Deidara spuckte aus. „Na komm doch!“

Das ließ sich der Dämon nicht zweimal sagen. Allerdings blieb er völlig ruhig stehen und streckte nur einen Arm aus. Ein Bündel aus zappelnden Tentakelfäden sauste auf Deidara zu. Dieser zerteilte die Fäden mit seinem Schwert und schoss auf Kakuzus Kopf. Der Dämon zuckte kurz zusammen, aber dann brachen neue Fäden mit noch größerer Wucht aus seinem Körper hervor. „Pistolenkugeln bringen nicht viel. Wie erwartet“, murmelte Deidara. „Dann machen wir es auf die kunstvolle Art, hm!“ Er rannte los, um den Fäden zu entgehen, die wie die Greifarme eines Tintenfischs nach ihm zu schnappen versuchten.

Plötzlich brach unter ihm der Boden auf und weitere Fäden bohrten sich aus dem Fels. „Scheiße!“, keuchte Deidara, als sich ein Strang um seinen Knöchel wickelte und ihn fast zu Fall brachte. Nur eine Sekunde später schlangen sich weitere Fäden um seinen Körper und zurrten ihn fest, sodass er sich fast nicht mehr bewegen konnte. Ein fieser, dünner Faden legte sich um seinen Hals und schnitt ihm die Luft ab. Kakuzu grunzte triumphierend.

Deidara machte ein paar torkelnde Schritte und schaffte es unter Aufbietung seiner gesamten Kraft, die Hand mit der Pistole zu bewegen und sogar zu zielen. Sein Finger zog den Abzug nach hinten. Die Kugel sauste wirkungslos in den Boden. Fluchend schoss Deidara noch ein paar Mal, bis er endlich wieder eine seiner Minen traf.

In einer Kettenreaktion detonierten gleich mehrere Minen nacheinander und ein wahres Feuerwerk durchschnitt die Fadenbündel, die überall aus dem Boden wucherten. Mehrere Fäden verbrannten einfach oder wurden von herumfliegenden Steinsplittern zerteilt. Die anderen verloren die Spannung, weil sie plötzlich frei in der Luft lagen. Die Fesseln lockerten sich und mit einem letzten Schwertstreich war Deidara wieder frei und machte einen großen Satz aus der Gefahrenzone.

„Deidara-senpai! Vorsicht! Hinter dir!“, hörte er Tobis schrille Stimme.

„Huh?“ Deidaras Reaktion kam zu spät. Auf einmal tauchte Kakuzus Dämonengesicht hinter ihm auf und grinste ihn teuflisch an. Ein einzelner, kräftiger Faden schlang sich um seinen Fuß, riss ihn von den Füßen und schleuderte ihn gegen einen Felsen. Ächzend prallte Deidara auf. Sämtliche Luft wurde aus seinen Lungen getrieben und er sah für einen Moment Sterne. Der Geschmack von Blut in seinem Mund bewahrte ihn allerdings vor der Bewusstlosigkeit.

Allerdings war das, was jetzt kam, nichts, was man bei vollem Bewusstsein miterleben wollen würde. Die schreckliche Fratze tauchte wieder vor ihm auf. „Dummes Menschlein!“ Aus dem Rachen des Dämons quoll ein ganzer Dschungel aus Fäden und hüllte Deidara wie ein ekliges, lebendes Spinnennetz ein. Noch bevor er sich versah, wurde er nach vorn gerissen und verschwand in Kakuzus Rachen.

Tobi kreischte schrill auf. „Ahh! Deidara-senpai! Deidara-senpai! Oh nein, das Monster hat Deidara-senpai gefressen! Senpaiiiiii!“

Der Dämon würgte seine Beute hinunter und drehte sich langsam zu Tobi um, dem vor Angst alle Haare zu Berge standen. Mit seinen haarigen Füßen machte der Dämon einen Schritt in seine Richtung, hielt dann inne – und im nächsten Moment wurde seine hässliche Fratze von innen heraus in Stücke gerissen. Fäden flogen durch die Luft, während die Fäden, die an den anderen Enden mit Kakuzus Körper verbunden waren, erschlafften. Irgendwo weiter hinten kämpfte sich eine Gestalt mit langen blonden Haaren aus dem Gewirr frei.

„Deidara-senpai!“, rief Tobi erfreut.

Deidara stand auf und klopfte seine Kleidung ab. „Die einfachste Art, einen Dämon zu töten, der einen fressen will. Platziere eine Granate in seinem Maul und lass sie hochgehen, sobald er dich verschluckt hat, damit dir selbst nichts passiert. Anschließend klettere ins Freie und genieße deinen Sieg. Das ist Dämonenjagd, wie ich sie liebe. Das ist eine Kunst, Tobi!“

„Deidara-senpai, du bist toll!“

„Ich weiß“, grinste Deidara und tippte mit der stumpfen Seite seines Schwertes gegen seine Schulter. „Ich bin der einzige, der die wahre Kunst der Dämonenjagd versteht, hm.“

„Ähm, Senpai …“

„Man nennt mich nicht umsonst den furchtlosesten Dämonenjäger von ganz Akuma Gakure“, prahlte Deidara stolz. „Und gerade eben ist der Grundstein für weitere Berühmtheit gelegt worden.“

„Senpai, du solltest wirklich …“, sagte Tobi zögerlich.

„Unterbrich mich nicht! Um Kunst wirklich ausüben zu können, bedarf es Talent, Vorbereitung und der richtigen Ausrüstung. Und Talent, das hat man, oder man hat es nicht, hm. Und ich …“

Senpai, es lebt noch!!

Deidara horchte auf. „Was …“ Er wirbelte herum. Tatsächlich hatten die herumliegenden Fäden sich wieder zu bewegen begonnen. Sie krochen blindlings über den Boden und suchten scheinbar nach Deidara, der schnell auf einen höheren Felsen sprang, als ein paar davon nach seinen Stiefeln leckten. „Typisch Dämon“, meinte er abfällig. „Lebt sogar noch ohne Kopf weiter, hm!“

Er sah sich suchend um. „Tobi, wo hast du die anderen Landminen versteckt?“

„Etwa fünfzehn Meter links von dir, Senpai! Und weiter vorne, bei fünfzig Metern, sind auch noch welche.

„Nun gut“, sagte Deidara, steckte sein Schwert ein und tauschte das Magazin seiner Pistole aus. „Bringen wir es zu Ende!“ Er schoss mehrmals in die Richtung, die Tobi angegeben hatte. Einer davon traf eine Mine und erneut schossen Feuergeysire in die Höhe, als ein Sprengkörper die anderen zündete. Die Fäden krümmten sich und verkohlten teilweise. Deidara nahm sich noch die zweite Stelle vor und holte noch eine Hand voll Granaten aus seiner Manteltasche, die er entsicherte und in den Schnurhaufen warf. Krachend zerbarsten Felsen und wurden Fäden gekappt. Die überlebenden Stränge zogen sich zusammen und bildeten ein dichtes, lebendes Knäuel von der Größe eines (dicken) Menschen, das in einem halben Meter Höhe in der Luft schwebte.

„Ah, er geht in die Defensive“, stellte Deidara siegessicher fest. Er sprang von seinem Felsen und ging auf das Gewurl zu. Als er mit dem Finger gegen die Fäden tippte, zuckten diese zwar, schnappten aber nicht nach ihm. „Es ist ziemlich fest. Da muss ich wohl härtere Geschütze auffahren, hm. Tobi, mein Dynamit!“

„Jawohl, Senpai!“ Tobi lief los, wäre fast über seinen eigenen Mantel gestolpert, weil er es so eilig hatte, holte mehrere Stangen Sprengstoff von ihrem Nachtlager, das nicht weit entfernt lag, und reichte sie dem Dämonenjäger.

„Nehmen wir sechs Stück“, beschloss Deidara und rammte die Dynamitstangen mit großer Mühe in das Fadenknäuel. „Dann ist hoffentlich endlich Ruhe, hm!“ Er legte ein kleines Kästchen vor sich auf den Boden und verband es über rote Kabel mit dem Dynamit. Dann stellte er den Countdown ein. „Diese Dinger sind um einiges praktischer und effektiver als die Granaten“, murmelte er. „Wenn sie nur nicht so teuer wären … Tobi, erinnere mich bei Gelegenheit daran, in Tentens Waffenladen vorbeizuschauen um mir neue Ausrüstung zu kaufen!“

„Ja!“

Deidara stellte den Zähler auf acht Sekunden. „Deckung jetzt!“, rief er und rannte zu Tobi, der bereits hinter einem noch größeren Felsen Zuflucht gesucht hatte.

Eine orangefarbene Feuerwolke erhellte die Berge, deren Schein sogar den der aufgehenden Sonne übertrumpfte.

Als die beiden einen Blick riskierten, zeugten nur noch ein paar einzelne, zuckende Fadenabschnitte von der Existenz des Dämons Kakuzu. „Das war’s“, sagte Deidara und ging auf die Überreste zu.

„Aber Senpai … Die Schnüre! Sie bewegen sich doch noch!“

„Hm. Aber nicht mehr lange. In ein paar Stunden sind sie verrottet. So, wollen mal sehen …“ Deidara drückte auf einen speziellen Knopf an der Apparatur, die er vor seinem linken Auge hatte. Das Bild wurde grünlich und verschwamm ein wenig, dafür konnte er dann vier bunte Punkte sehen, die sich dort umkreisten, wo Kakuzu ungefähr sein Ende gefunden hatte. „Ich kann sie sehen, Tobi … Die Essenz des Dämons! Bring mir das Gefäß!“

„Jawohl!“ Tobi kam mit einem Holzzylinder angelaufen, dessen Deckel ein großer menschlicher Mund mit einer viel zu langen Zunge zierte.

Deidara nahm ihm das Gefäß ab und öffnete den Deckel. Bevor er die Essenz einfing, betrachtete er sie noch einmal eingehend. „Vier Kugeln? Sag bloß, dieser Dämon hatte vier Herzen!“ Er lachte. „Na, das wird mir einiges einbringen!“ Euphorisch stülpte er das Gefäß über die Lichter, verschloss es wieder und schaltete sein Sichtgerät ab. „Gehen wir, Tobi!“

„Eine beeindruckende Vorstellung“, ertönte da eine Stimme. Deidara fuhr herum. Auf einem Felsvorsprung, hoch über ihnen, saß ein junger Mann mit schlohweißem Haar, in dem sich die Sonne spiegelte.

Deidara kniff die Augen zusammen. „Du bist doch …“

„Du musst Deidara sein, der Dämonenjäger, oder irre ich mich?“, fragte Kimimaro.

„Nein, du irrst dich nicht. Willst du was? Ich will nämlich gerade gehen.“

„Du bist ziemlich gut. Einen Dämon zu töten ist keine Kleinigkeit.“

Deidara schnaubte. „Natürlich bin ich gut. Wäre ich sonst Dämonenjäger geworden? Hm.“

„Wohl war“, sagte Kimimaro. Er legte eine kurze Pause ein, ehe er fortfuhr: „Jemanden mit deinen Fähigkeiten kann ich gebrauchen. Was hältst du davon, wenn ich dir einen weiteren Dämon zeige, den du erledigen kannst?“

Deidara sah den ungebetenen Zuschauer missbilligend an. „Hör mal, mit Dämonen ist es in Akuma Gakure wie mit Pilzen: Sie tauchen überall auf und man stolpert fast über sie. Wenn ich einen Dämon will, finde ich auch einen.“

Kimimaro lächelte leise. „Der Dämon, den ich meine, ist ein ganz besonderer. Er wird deine Popularität ins Unermessliche steigern.“

„Wie schön“, spottete Deidara. „Zu schade, dass ich schon in der ganzen Stadt bekannt und gefürchtet bin. Und warum sollte ich mit einem Geächteten wie dir zusammen arbeiten?“

„Du verstehst mich nicht. Ich habe vor, den Dämonenkönig zu töten.“

Tobi zuckte erschrocken zurück. Deidara starrte Kimimaro mit geweiteten Augen an. „Weißt du, was du da sagst?“

„Allerdings.“

„Niemand, außer dieser Schlange Orochimaru, hat jemals den Dämonenkönig zu Gesicht bekommen und diese Begegnung überlebt“, hauchte Deidara.

Kimimaro hörte ihn trotzdem. „Ich weiß. Traust du es dir zu, mit mir gegen ihn zu kämpfen?“

Deidara wandte den Blick ab. Er sprach offensichtlich mit einem Wahnsinnigen. Aber es war wahr … Was ihm ein Sieg über den Dämonenkönig einbringen würde, das konnte er sich jetzt nicht einmal in seinen kühnsten Träumen vorstellen! Andererseits … „Aha!“, rief er aus. „Du willst dir seine Essenz unter den Nagel reißen! Hm!“

„Nein“, erwiderte Kimimaro. „Du kannst sie haben. Und nach Belieben damit verfahren.“

„Hm …“, überlegte Deidara. „Ich bekomme also Ruhm und die Essenz … Was hast du dann davon, wenn wir ihn killen?“

Kimimaro lächelte. „Ganz einfach – wenn der Dämonenkönig aus dem Weg geräumt ist, ist diese Stadt wieder zu haben.“

Deidara starrte ihn einen Moment perplex an und begann dann schallend zu lachen. Auch Tobi stimmte nach einer Weile mit seinem geistlosen Gekicher darin ein. Kimimaros Gesicht war unbewegt.

„Du bist völlig verrückt, weißt du das?“, lachte der Dämonenjäger und schulterte das Gefäß mit der Essenz. „Komm Tobi, gehen wir.“

„Wie ist deine Antwort?“, fragte Kimimaro ungerührt.

Deidara hatte ihm schon den Rücken zugekehrt, blieb aber stehen und sah ihn über die Schulter hinweg an. „Du meinst es also wirklich ernst, was? Sagen wir, ich überleg’s mir. Kakuzu wird mir für’s erste einiges einbringen, mal sehen, was danach kommt, hm.“

Kimimaro nickte. „Ich werde auf dich warten, Dämonenjäger.“
 

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Hoffe es hat euch gefallen :-D

Ich habe übrigens überall sonst vermieden, die japanischen Ausdrücke zu verwenden, weil -sama usw. meiner Meinung nach in eine Mafia-Stadt nicht passen. Aber Tobis "Senpaiiii" hat einfach in diese FanFic müssen ;)
 

Wie immer freue ich mich über Rückmeldungen jeglicher Art, etc. etc.^^

Die Rache der Klänge

„Hör auf zu pennen, Alter!“ Naruto bekam einen ziemlich unsanften Tritt in die Rippen, der ihn aufschrecken ließ. Im ersten Moment wusste er nicht, wo er war, dann fielen ihm die Ereignisse vom vergangenen Abend wieder ein. Oder wohl eher von der vergangenen Nacht – der Morgen hatte gegraut, als er sich auf einem der Deckenlager niedergelassen hatte und dort auf der Stelle eingeschlafen war. Sie – die Straßenwölfe und er – hatten seine Aufnahme groß gefeiert. Überall im Versteck der Bande lagen leere Alkopop-Flaschen herum und Naruto spürte, dass er einen gewaltigen Kater hatte. Eigentlich hatte er ja gar nichts trinken, sondern einfach nur schlafen wollen, aber ein spöttisches „Sei kein Weichei!“ von Idate hatte ihn dazu gebracht. Er schwor sich, nie wieder auch nur einen Tropfen anzurühren.

Richtig. Idate hieß der eine mit den braunen Haaren. Ein ziemlicher Angeber, soweit Naruto mitbekommen hatte. Der andere, der fröhlich-verrückte Typ mit den buschigen Augenbraunen und diesem Topfschnitt, hieß Lee.

Und der Stiefel, der ihn gerade getreten hatte, gehörte Kiba, dem Anführer der Straßenwölfe, der grinsend auf ihn hinab sah und dabei seine spitzen Eckzähne entblößte. Naruto fuhr sich gähnend durch das Haar. Eher unbewusst kam er dabei mit dem Ärmel seiner Nase zu nahe und verzog das Gesicht. Er stank, als hätte er sich zuletzt vor drei Jahren gewaschen. „Wie spät ist es?“, fragte er, sich den Schlaf aus den Augen reibend. „Aua, mein Kopf!“

Kiba lachte. „Um die Mittagszeit herum. Üblich für uns zum Aufstehen. Du hast ja heute Nacht echt einen draufgemacht! Hätte nie gedacht, dass du dich auf ein Wettsaufen mit Idate einlässt.“

„Ich hab was gemacht?“, fragte Naruto entsetzt.

Kiba schüttelte den Kopf. „Alter, erinnerst du dich nicht? Du hast so einiges gemacht, worüber wir den Kopf geschüttelt haben.“ Er beugte sich ein wenig zu ihm hinunter und sagte mit gesenkter Stimme und noch breiterem Grinsen: „Du liegst übrigens in Sakuras Bett. Ich frage mich, ob du noch weißt, wie du da hinein gekommen bist.“

Narutos Blick flackerte quer durch den Raum. Sakura war nirgends zu sehen. Sie beide waren allein, nur Idate saß irgendwo an die Wand gelehnt und war sichtlich fix und fertig.

Kiba weidete sich an Narutos entsetzter Miene und lachte dann: „Entspann dich, das war nur ‘n Scherz!“

„Der war aber nicht witzig, echt jetzt“, murrte Naruto finster.

Jetzt kamen auch die anderen herein. Sie hatten wohl den Morgeneinkauf erledigt, denn Sasori und Lee trugen einige Einkaufstaschen auf dem Arm, aus dem Chips, Burger und anderer Köstlichkeiten ragten. Sora trug ein kleines Päckchen unter dem Arm, das sorgsam verschnürt war und Konohamaru tollte vor ihnen her. Sakura hatte einen Geldbeutel in der Hand und zählte offenbar die Bandenkasse nach.

„Gut, dass ihr endlich da seid!“, rief Kiba. „Ich hab Hunger wie ein Wolf.“ Er lachte.

Naruto rappelte sich auf und holte sich seinen Anteil des verspäteten Frühstücks ab, einen Cheeseburger und eine Cola. Endlich essen! Er hatte sich schon so darauf gefreut, da machte es ihm auch nichts aus, dass der Burger vor Fett nur so triefte und auch ziemlich alt aussah. Im Nu war alles verschlungen.

Nach dem Essen rülpste Kiba. „So, Naruto, jetzt wird es Zeit, dass du beweist, dass du ein echter Straßenwolf bist!“

Naruto verschluckte sich fast an seiner Cola. „Was? Ich hab gestern doch schon die Aufnahmeprüfung geschafft, oder nicht?“

Kiba, der heute offensichtlich seinen humorvollen Tag hatte, lachte schon wieder. „Glaubst du denn, ein schurkisches Messerduell bringt uns dazu, dich zu akzeptieren? Alter, als Straßenwolf hast du einige Verpflichtungen! Das ist kein Zuckerschlecken und jeder von uns beweist das täglich aufs Neue!“

„Ja, sicher“, sagte Sakura humorlos.

„Ähm, und was soll ich jetzt also tun?“, fragte Naruto. „Soll ich dich im Ringkampf abservieren oder was?“

Diesmal lachte Kiba nicht. „Viel besser: Du bekommst die Chance, aktiv etwas für die Straßenwölfe zu tun! Dabei kannst du gleich beweisen, dass du ein vollwertiges Mitglied von unserer Bande bist“ Er nickte Sora zu. „Du wirst mit Sora zu dem alten Motel am Fluss gehen. Dort wird heute Nachmittag viel Geld übergeben. Eure Aufgabe besteht darin, den Koffer mit dem Geld in unser Versteck zu bringen und außerdem noch das, wogegen er eingetauscht werden soll.“

„Aber – das ist doch Diebstahl!“, empörte sich Naruto.

„Ich hab’s doch gleich gewusst, Kiba“, sagte Idate mit verschränkten Armen. „Der Typ bringt uns überhaupt nichts.“

„Das werden wir noch sehen! Ihr werdet sofort losgehen. Sora kennt den Weg.“

Sora sah nicht so aus, als wäre er begeistert davon, von dem Neuling begleitet zu werden. Aber er nickte knapp.

„Nur zwei Leute?“, erkundigte sich Sasori. „Nimm es mir nicht übel, Kiba, aber Shikamaru wird kaum so einfach auszutricksen sein.“

„Ich weiß, ich weiß! Lass mich ausreden“, sagte Kiba unwillig. „Lee wird die beiden begleiten und für Ablenkung sorgen.“

„Yes, Sir!“, rief Lee und salutierte kindisch.

„Aber, Kiba …“, sagte Sakura zögernd. „Ist das wirklich eine so gute Idee?“

„Wieso nicht? Eine kleine Finanzspritze kann nicht schaden und wenn wir das haben, wofür diese Typen, wer auch immer sie sind, so viel Geld ausgeben, können wir ihnen noch eine schöne Summe zusätzlich abpressen. Und Naruto kann gleich zeigen, was er drauf hat.“

„Das meine ich nicht“, sagte das Mädchen. „Das letzte Mal, als du versucht hast, Shikamaru auszutricksen, ist es gründlich schief gegangen. Glaubst du, er lässt sich so einfach aufs Kreuz legen?“

„Ach, jetzt hör auf mit dieser Schwarzseherei! Shikamaru ist auch nur ein Mensch und ich kann sehr wohl einen gut funktionierenden Plan aufstellen!“, blaffte Kiba.

„Und was, wenn uns Shikamarus Auftraggeber auf die Schliche kommen?“

„Das werden sie nicht. Vorausgesetzt“, sagte Kiba und sein Gesicht verdüsterte sich, „ihr macht nicht den Fehler und lockt sie hierher. Das Versteck der Straßenwölfe muss geheim bleiben, klar?“

„Glasklar!“, rief Lee. Naruto nickte.

„Dann wäre das also geklärt. Dann erweist den Straßenwölfen Ehre!“

„Aber …“, meinte Sakura und hob hilflos die Hand.

„Keine Sorge“, sagte Naruto grinsend. „Ich hab zwar keine Ahnung, was hier abgeht oder wen oder was wir da beklauen sollen, aber ich bin mir sicher, dass wir es schaffen. Immerhin bin ich Naruto Uzumaki und ich schaffe alles, echt jetzt!“

Sakura war nicht überzeugt, das sah man ihr an, aber Kiba gab ihr keine Gelegenheit mehr, zu widersprechen. „So, jetzt beeilt euch. Sora wird dir unterwegs alles über Shikamaru und die Schattenjäger erzählen, was du wissen musst. Alles soweit klar?“

Naruto freute sich, dass er offenbar endlich ernst genommen wurde. Aber vielleicht hätte er das nicht tun sollen, denn im Endeffekt sollte sich sein Nicken als einer der schlimmsten Fehler erweisen, die er in dieser Stadt begangen hatte. Wenn nicht sogar als der schlimmste Fehler überhaupt.
 

„Du sagst, die Spur führ hier her?“, fragte Itachi und nippte an seinem Glas. Eiswürfel klimperten in der orangebraunen Flüssigkeit. Sie saßen an der Bar in Ichiraku’s Paradise, wo gerade Hochbetrieb herrschte.

„Ich habe aus zuverlässiger Quelle erfahren, dass Dosu und Zaku hier zuletzt zusammen gesehen wurden“, sagte Kakashi. „Und die U-Bahn, wo Dosus Leiche gefunden wurde, kann man von hier aus unbemerkt über Schleichwege erreichen. Gut möglich, dass wir hier den entscheidenden Hinweis finden.“

„Gut.“

In diesem Moment trat Ichiraku persönlich hinter die Bar. Es kam selten vor, dass er das tat; heute war wohl ihr Glückstag. „Ist alles in Ordnung mit den Getränken, werte Gäste?“

Itachi hob seinen Hut ein wenig an, um dem Kneipeninhaber in die Augen zu sehen. „Fast.“

Ichiraku erstarrte, als er die roten Augen erblickte. „Sha … Sharingan …“, murmelte er. „Aber was … Was verschafft mir die Ehre? Ich meine … das ist doch gar nicht das Territorium der Sharingan-Familie … Wir bezahlen doch schon Schutzgeld an Orochimaru …“

„Beruhige dich“, sagte Kakashi. „Wir sind nicht hier, um dir etwas zu tun. Wir wollen nur Informationen.“

„Äh … Sicher … Womit kann ich dienen?“

„Jemand versucht, den Namen unserer Familie in den Schmutz zu ziehen. Dem wollen wir nachgehen“, sagte Itachi kühl, ohne den Blick von Ichiraku zu wenden.

„Ich … Nun … Es tut mir leid, aber das wird kostspielig …“

Kakashi kniff sein entblößtes Auge zusammen. „Ich hab mich wohl verhört!“

Ichiraku schwitzte und war offenbar ziemlich nervös, so etwas zu verlangen, aber er beharrte: „Informationen gegen Geld. Für sechshundert können Sie von mir alles erfahren, was sie wissen wollen.“

„So viel ist es uns auch nicht wert …“, begann Kakashi.

„Ihr versteht das nicht, ich muss Orochimaru bezahlen, sonst hetzt er mir seine Schläger auf den Hals … Ich bitte euch, wir helfen uns gegenseitig, ja?“

Itachi fackelte nicht lange. Er zog einige Scheine aus der Manteltasche und legte sie auf die Bartischplatte, ließ allerdings die Hand darauf ruhen, sodass Ichiraku das Geld nicht nehmen konnte. Dann zückte er seine Pistole und legte sie ebenfalls auf die Holzplatte. „Machen wir einen Deal. Wir wollen wissen, wer Dosu ermordet hat und uns dafür die Schuld in die Schuhe schieben will. Wenn deine Informationen uns etwas bringen, bekommst du das Geld. Wenn wir aber nichts damit anfangen können, bekommst du eine Kugel durch den Kopf. Hältst du dein Angebot aufrecht?“

Ichiraku sah die Waffe kurz aus angsterfüllten Augen an, dann nickte er heftig. „Einverstanden! Denn ich weiß, wer es getan hat! Es war hier, in meiner Bar!“

„Wer war es?“, fragte Kakashi.

„Ich kenne seinen Namen nicht …“

„Schlecht“, sagte Itachi kalt und entsicherte den Colt.

„W-Wartet! Er … Er hatte einen schwarzen Mantel an und einen Hut auf, beides ohne Aufdruck oder so etwas, und er hatte weißes Haar, obwohl er noch ziemlich jung war, er war etwa so groß wie Sie …“ Ichirakus zitternder Finger zeigte für einen Moment auf Itachi, dann schien es ihm unangenehm zu werden und er zog ihn wieder zurück.

„Ein typischer Durchschnittstyp also“, überlegte Kakashi. „Der schnell in der Masse untertauchen kann.“

„Deine Infos lassen zu wünschen übrig“, drohte Itachi.

Ichiraku wurde kreidebleich. Er sah längst nicht mehr auf die Pistole, sondern nur noch auf das Geld. „Eines weiß ich noch … Der Mann hat Dosu erstochen und danach einem Jungen mit blonden Haaren – einem ziemlich lästigen Schreihals – aufgetragen, Zaku zu töten und um seine Leiche herum euer Zeichen zu malen! Sein Name war … Moment, wie war der noch mal … Ach ja! Naruto Uzumaki!“

Itachis Gesicht hellte sich auf. „Könnte es möglich sein …“

Kakashi sah ihn fragend an. „Könnte es möglich sein – was?“

Itachi packte die Pistole ein und warf Ichiraku das Geld zu. „Hier. Das genügt.“

In diesem Moment zertrümmerte etwas das geschlossene Fenster. Für einen Moment fiel Licht herein – und dann flog etwas quer durch den Raum, zersplitterte am Boden und hüllte ein paar Tische samt den daran sitzenden Gästen in eine zuckende Flammenwolke.

Itachi riss seine Waffe wieder hervor und Kakashi zog sein Stirnband von seinem linken Auge fort. Dem ersten Molotow-Cocktail folgte ein zweiter. Er setzte einen großen Teil der Bar in Brand. Kreischend versuchten die Gäste zu fliehen, aber da erzitterte die Eingangstür unter einem heftigen Tritt und wurde regelrecht aufgebrochen. Drei Gestalten sahen mit überheblichen Mienen auf die Gäste in Ichiraku’s Paradise herab, die wie eine aufgeschreckte Ameisenkohorte umher wuselten.

„Die schon wieder“, murmelte Itachi.

Sakon, Jiroubu und Kidoumaru waren mit Baseballschlägern bewaffnet und hatten in ihren Taschen auch sicher noch die eine oder andere Waffe. Ohne viel Federlesens machten sie sich daran, die restliche Einrichtung in dem Lokal zu zertrümmern. Tische zerbarsten, Holzsplitter flogen umher. Gläser und Flaschen zersprangen, der Inhalt davon verteilte sich auf dem Fußboden. Ein Betrunkener, der an seinem Tisch schlief, wurde einfach zu Boden geworfen. Langsam aber sicher arbeiteten sich die Klänge bis zur Bar vor. Wenn ihnen einer der Gäste zu nahe kam, prügelten sie ihn gnadenlos nieder. Wer es schaffte, entkam durch die Tür. Beißender Qualm machte sich bereits im ganzen Lokal breit.

Eine der Tänzerinnen stieß einen Schrei auf und stürzte sich mit einem Messer auf Sakon. Obwohl seine rechte Hand verbunden war, schwang er den Schläger genauso gut mit der linken. Er wich der Waffe der Blonden aus und schmetterte ihr den Baseballschläger in den Rücken. Sie stürzte schwer und blieb reglos liegen.

„Was war denn das jetzt?“, fragte Sakon grinsend und trat an die Bar heran.

Neben Ichirakus Gesicht sah Schnee braun aus, so leichenblass war er. „Ich … Seid gegrüßt … Ich habe das Geld jetzt! Ihr könnt …“

„Bedaure, zu spät“, sagte Sakon gleichgültig.

„W-w-was? Aber das Geld …“

„Interessiert Orochimaru nicht“, unterbrach ihn der Klang, zückte seine Pistole und schoss Ichiraku genau zwischen die Augen. Ohne einen Laut brach der Barbesitzer zusammen.

Jiroubu war mittlerweile dabei, die Bar zu Kleinholz zu verarbeiten, aber Itachi und Kakashi saßen ihm im Weg. Grunzend hob er den Schläger – und erstarrte, als der Lauf von Itachis Colt plötzlich unter seiner Nase war.

„Ich dachte, ihr würdet euch nicht mit uns anlegen?“, fragte Itachi.

Jiroubu erkannte ihn erst jetzt. „Ihr Sharingan-Typen schon wieder! Warum kommt ihr uns dauernd in die Quere?“

„Wir waren hier sowieso fertig“, sagte Itachi und stand auf. Kakashi tat es ihm gleich. „Ich habe das Gefühl, wir werden uns noch öfter sehen. Wir haben versucht, etwas über den Mann herauszufinden, der Dosu getötet hat und unseren Namen in den Schmutz zieht.“

„Da seid ihr weit im Rückstand“, sagte Sakon. „Wir wissen bereits, wer es war. Kimimaro war sein Mörder.“

Kakashi horchte auf. „Kimimaro? War das nicht …“

„Ja, Kimimaro“, unterbrach ihn Sakon genervt. „Und der Typ ist zäh. Er kann sich praktisch überall verstecken.“

Itachi überlegte. „Das heißt, wir würden euch einen Gefallen tun, wenn wir ihn erledigen?“

„Ich hätte nichts dagegen“, grinste Sakon. „Auch wenn mir der Gedanke nicht gefällt, euch verpflichtet zu sein.“

„Nun, ihr wisst, wo ihr uns findet“, sagte Itachi. „Falls ihr etwas erfahrt, was uns weiterhilft, meldet euch.“

„Schön. Dann haut ab und lasst uns unsere Arbeit machen!“, knurrte Kidoumaru.

Ohne ein weiteres Wort gingen die beiden Mitglieder der Sharingan-Familie durch das Flammenmeer aus dem zerstörten Lokal hinaus.

„Und jetzt“, sagte Itachi, als sie draußen waren, „besuchen wir unsere Freunde in der Ninjastraße.“

Kakashi sah bedauernd zu dem Gebäude zurück. „Sie sind viel zu rabiat“, stellte er fest.
 

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So, und schon wieder vorbei.

Wie immer freue ich mich riesig über Kommentare :D

Die Übergabe

So, und hier das nächste ;)

Viel Spaß!
 

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„Wer ist denn dieser Shikamaru jetzt eigentlich? Und was hat der mit uns zu tun?“, fragte Naruto, während sie die Straßen entlang marschierten. Er ging neben Sora her, Lee turnte ein paar Meter vor ihnen herum. Naruto kniff die Augen zusammen und rief zu ihm nach vorn: „Du bist ja ein richtiges Energiebündel, echt jetzt! Hast du denn keinen Kater?“

„Lee trinkt nichts“, erklärte Sora. „Er darf nicht.“

„Was heißt das, er darf nicht?“

„Du willst nicht wissen, was passiert, wenn er auch nur einen Tropfen Alkohol trinkt, glaub mir“, sagte Sora und wechselte schnell das Thema. „Über Shikamaru wolltest du etwas wissen?“

„Ja. Am besten alles.“

„Also gut: Shikamaru ist genau wie Kiba der Anführer einer Straßenbande. Seine Leute nennen sich die Schattenjäger. Tja, und wir sind mit denen verfeindet.“

„Warum?“, fragte Naruto.

Sora sah ihn verwundert an. „Was, warum?“

„Warum seid ihr verfeindet? Was ist der Grund?“

„Äh … keine Ahnung … Ich bin erst seit einem Jahr bei den Straßenwölfen. Ich hab aber mal gehört, dass Kiba und Shikamaru irgendwann gemeinsam eine Bande geführt haben, aber dann haben sie sich zerstritten – und jetzt versucht jeder, dem anderen eins auszuwischen. Wenn es ihnen schlecht geht, geht es uns gut – so einfach ist das. Das Blöde ist nur, dass Shikamaru … Also, Kiba hört das nicht gern, aber Shikamaru ist ein Genie. Wenn er einen Plan macht, dann funktioniert der meistens. Darum ist es auch so schwer, die Schattenjäger zu übertrumpfen. Die haben übrigens sechs Leute. Wir wissen aber nicht, wie viele heute anwesend sein werden.“

„Aha“, meinte Naruto. Solange es nicht wieder mit Dämonen und Pistolenkugeln zu tun hatte, war es ihm auch schon egal.
 

Hinata kam gerade vom Einkaufen und bemerkte, dass die Tür zu dem Haus, wo sie und Ino – und vor kurzem noch Naruto – lebten, offen stand. Sie stockte im Schritt, ging dann aber doch mit klopfendem Herzen weiter und betrat die Veranda. Schluckend aktivierte sie ihre Byakugan-Augen. Da war jemand! Zwei Personen standen am oberen Ende der Treppe …

Sie überlegte, ob sie weglaufen sollte. Aber wohin? Vielleicht waren es auch nur … Ja, vielleicht waren es Naruto und Ino … Nein, dafür waren sie zu groß … Ein Schweißtropfen lief über ihre Stirn und in ihr Auge. Es brannte salzig. Ihr Herz klopfte längst in einem Takt, der jedem Maschinengewehr Ehre gemacht hätte. Ihr Hals war trocken, als sie zögerlich weiterging. „Es ist alles in Ordnung“, flüsterte sie sich zu, „es ist alles in Ordnung.“ Sicher waren es nur die Hyuuga, die sie wieder einmal ein wenig ausspionierten. Sie ging langsam die Treppe hoch. Hätte sie rufen sollen, dass sie die Fremden bereits gesehen hatte? Sie traute sich nicht.

Als sie oben war und die beiden erstmals mit ihren eigenen Augen sah, wusste sie nicht recht, ob sie erleichtert oder noch mehr verängstigt sein sollte. Es waren zwei der Männer, die sich vor drei Tagen in ihrer Wohnung versteckt hatten. Der eine hatte grauschwarze Haare und zwei lange, markante Falten im Gesicht, der andere hatte schneeweißes Haar und trug einen Mundschutz.

„Keine Sorge“, sagte letzterer sofort. „Wir sind nicht hier, um Ärger zu machen. Wir suchen Naruto Uzumaki.“

Hinata schluckte. Was sollte sie jetzt sagen?

„Wo ist er?“, fragte der andere. Seine Stimme war wie Eis.

Hinata brachte keinen Ton heraus.

Die Männer nickten einander zu. „Wir wollen ihm nichts tun“, sagte der Weißhaarige. „Aber er ist in großer Gefahr.“

Ihre Augen wurden groß. „W-was?“

„Orochimaru sucht ihn. Wir sind hier um ihn zu warnen und wir wissen auch, wie wir ihm helfen können. Wo ist er?“

„Ich … ähm ...“ Hinata wich ihren Blicken aus. Vor allem die roten Augen des einen machten ihr Angst. „Ich weiß nicht.“

Der Grauhaarige griff in seine Tasche und Hinata zuckte zusammen, er holte jedoch nur einen zusammengefalteten Zettel hervor. „Wenn er zurück kommt, gib ihm das. Dort kann er uns finden. Es ist wichtig, dass er uns so bald kontaktiert, wie es geht. Andernfalls ist sein Leben in Gefahr.“

„Gehen wir, Itachi“, sagte der Weißhaarige, als er dem Mädchen den Zettel in die Hand gedrückt hatte. Langsam gingen sie an ihr vorbei und verließen das Gebäude.

Hinata blieb noch eine Weile am Treppenansatz stehen und zitterte leicht. „Na … Naruto …“, hauchte sie.
 

„Da vorne ist es schon!“, sagte Sora und zeigte auf einen alten Bretterbau. Ein vermodertes Schild hing schief über dem vernagelten Eingang des Motels. Im Hinterhof, der von einem rostigen Maschendrahtzaun umgeben war, stapelten sich unzählige Kisten.

Lee hatte sich bereits von ihnen abgesetzt und ging von der anderen Seite auf das Motel zu, damit er die Schattenjäger von Naruto und Sora ablenken konnte. „Sei bloß leise“, sagte Sora, als sie sich durch ein Loch im Zaun zwängten. „Vielleicht gibt es einen Wachhund.“

„Der würde uns doch sowieso riechen, oder?“

Sora antwortete nicht, sondern lief schnurstracks auf die Kisten zu, kletterte an ihnen hoch zu einem schmalen Fenster, das gekippt war. Naruto sah nicht genau, was er machte, aber plötzlich hielt er den Fensterrahmen samt Scheibe in der Hand und der Weg war frei. Sora legte die Finger auf die Lippen und glitt durch das Fensterloch. Naruto folgte ihm, weniger elegant, aber er hoffte, dass es niemand gehört hatte.

Sie gelangten in einen finsteren Raum, in dem es stark nach Waschmittel roch. Die weißen Fliesen waren etwas eingestaubt und man sah ihre Fußabdrücke in dem Staubteppich, aber Sora schien das nicht zu stören. Ein leerer Türrahmen wies ihnen den Weg in die verlassene und komplett verwahrloste Küche. Von irgendwo hörte man gedämpfte Stimmen. „Das sind sie“, flüsterte Sora. „Leise jetzt!“

Sie schlichen weiter, durchquerten einen mit Holz verkleideten Gang und blieben vor einer weiteren Tür stehen, die offen stand. Trotzdem war das Schild Authorized Personal Only noch zu sehen.

„Und wer garantiert uns, dass ihr uns nicht betrügt?“, hörten sie nun eine Stimme.

„Das ist Shikamaru!“, hauchte Sora. Vorsichtig lugten die beiden durch den Türrahmen. Ein junger Mann in zerrissener Kleidung, mit gelangweiltem Blick und einen frechen, struppigen Zopf, der schräg von seinem Hinterkopf abstand, hatte lässig den Fuß auf einen Stuhl gestellt und sprach mit jemandem, den Naruto und Sora nicht sehen konnten. Hinter Shikamaru lümmelten noch andere Schattenjäger herum.

„Für wen haltet ihr uns?“, kam eine spöttische Stimme aus dem Teil des Raumes, den Naruto und Sora nicht einsehen konnten. „Ihr solltet euch lieber Sorgen machen, dass ihr euer Wort haltet. Seid froh, wenn wir mit Leuten wie euch überhaupt Geschäfte machen.“

„Wo ist das Geld?“, fragte Shikamaru ohne Umschweife.

Ein Mann trat ins Sichtfeld, der einen hochgeschlagenen Mantelkragen trug. Er stellte einen Aluminiumkoffer auf den Tisch vor Shikamaru und öffnete ihn. Die Banknoten sprangen förmlich heraus.

„Da ist das Geld!“, flüsterte Sora aufgeregt. „Heilige Scheiße, dass muss ein Vermögen sein!“

„Psst“, zischte Naruto. „Wir müssen noch auf Buschige Augenbraue warten.“

„Aber gegen was wollen sie das alles tauschen?“

Shikamaru griff nach den Geldbündeln und zählte sie ab.

„Das ist die erste Rate“, sagte der Unbekannte, den sie noch immer nicht zu Gesicht bekommen hatten. „Den Rest kriegt ihr, wenn sie sich bewährt hat.“

„Also gut.“ Shikamaru schloss den Koffer und warf ihn einem seiner Kumpel zu, einem Dicken mit einer wallenden, braunen Haarmähne. „Ihr könnt sie haben.“ Er nickte dem Mädchen zu, das neben ihm stand, und sie trat zögerlich vor.

Naruto blieb der Mund offen stehen. Die Schattenjäger betrieben Menschenhandel? Das Mädchen war doch allerhöchstens dreizehn Jahre alt! Sie hatte langes, glattes Haar und trug einen schwarzweiß gefleckten Schal.

„Das ganze Geld für dieses Mädchen?“, fragte Naruto verwirrt. „Aber wofür brauchen diese Typen sie nur?“

„Na, was glaubst du wohl?“, knurrte Sora. Er war sichtlich wütend. „Das hätte ich Shikamaru niemals zugetraut.“

„In einem Monat treffen wir uns wieder hier. Dann bekommt ihr entweder die zweite Rate, oder ihre Leiche und eine Kugel in den Kopf“, sagte der Fremde ungerührt.

Naruto wollte schon aufspringen und das Mädchen befreien, aber Sora hielt ihn zurück und zerrte ihn dorthin, wo ihn niemand sehen konnte. „Warte, bis Lee da ist! Wir holen sie schon raus!“

In diesem Augenblick sagte der Unbekannte: „Übrigens, wir werden belauscht. Zwei Straßenköter sind da hinter der Wand. Von einem von ihnen geht eine dämonische Aura aus.“

Naruto und Sora zuckten zusammen, als hätte sie jemand mit einer glühenden Nadel gestochen. Narutos Herz begann wie verrückt zu klopfen und die heiße Angstwelle, die ihn durchflutete, presste ihm den Schweiß aus den Poren. Wie war das gegangen? Wie hatte der Unbekannte sie sehen können, wenn sie doch nicht einmal ihn gesehen hatten?

Sofort wurden Schritte laut. Sora sprang auf. „Komm! Wir können nicht länger warten.“ Naruto zückte sein Messer, während Sora an der Tür mit dem dritten Schattenjäger zusammenprallte, der einen Baseballschläger in der Hand hielt.

Krachend sauste der Schläger gegen den Türrahmen. Ein paar Späne flogen heraus. Sora hatte sich unter dem Schlag hindurch gebückt und rannte unbeirrt weiter. Nun kam der Typ mit dem Schläger auf Naruto zu.

„Kankuro, hol dir den zweiten! Den da kannst du uns überlassen!“, hörte Naruto Shikamaru rufen.

Kankuro schlug zu und traf Naruto am Handgelenk, sodass er vor Schmerz aufschrie. Das Messer segelte quer durch den Gang. Naruto stieß Kankuro zur Seite, um zu Sora aufzuschließen, der gerade mit dem Dicken rang. Es sah nicht so aus, als könnte er dessen Körperkraft etwas entgegen setzen.

„Straßenbanden“, machte der Unbekannte abfällig. Naruto wirbelte herum und sah ihn zum ersten Mal. Er war noch gar nicht so alt, hatte langes, dunkelbraunes Haar, einen braunen Trenchcoat an und einen Hut auf und … seine Augen waren die gleichen wie die von Hinata.

Und in der Hand hielt er eine abgesägte Schrotflinte. Naruto schrak zusammen und stolperte über seine eigenen Füße – was ihm das Leben rettete. Eine Streusalve Schrot fauchte durch die Luft und stanzte mehrere, winzige Löcher in die weiße Wand, knapp über Narutos Kopf.

Der zweite Mann im braunen Mantel hatte ebenfalls plötzlich ein Gewehr in der Hand und legte auf Sora an – als krachend die Tür auf der anderen Seite des Raumes unter einem gewaltigen Schlag barst. Staub wirbelte auf, und Lee tauchte grinsend auf. „Ring frei für die Kraft der Jugend!“, rief er.

Der Mafiosi knurrte und zielte mit der Schrotflinte auf ihn an – als sich Sora plötzlich von dem Dicken losriss. Der Verband um seine rechte Hand riss fauchend auf und offenbarte eine riesige, stachelige Dämonenklaue, die von einem violetten Nebel umwabert wurde.

„Neji, pass auf!“, rief der Mann mit dem Gewehr.

Naruto starrte ihn perplex an. Das war Neji Hyuuga?

Obwohl Neji Sora den Rücken zuwandte, musste er ihn doch gesehen haben, denn er sprang mit einem Satz in Sicherheit. Soras Klaue bohrte sich in die Bodendielen und riss kürbisgroße Stücke heraus.

Der zweite Hyuuga schoss auf Sora, der die Kugeln mit der grässlichen Pranke abwehrte, dann war Lee heran und verpasste dem Gangster einen Tritt in den Nacken, der ihn zusammensinken ließ.

„Nimm das Geld! Schnell!“, keuchte Sora, als er Neji hinterherjagte, der in respektvollem Abstand zu ihm blieb.

Narutos Blick flackerte herum – er lief auf den Dicken zu, der den Koffer fallen gelassen hatte, als ihn ein heftiger Schlag zwischen die Schulterblätter traf, die Luft aus seinen Lungen presste und ihn zusammensinken ließ. „So nicht, Freundchen“, knurrte Kankuro hinter ihm und holte zu einem zweiten Hieb aus – aber Naruto rollte sich geistesgegenwärtig herum und trat dem Schattenjäger kräftig in den Bauch. Kankuro rang nach Luft und brach in die Knie. Naruto entrang ihm den Schläger und ließ ihn auf seinen Kopf niederfahren. Kankuro verdrehte die Augen und fiel wie ein Sack Mehl um.

Der Dicke war Neji zur Hand gegangen und hatte Sora gepackt, der sich in seinem Griff aufbäumte wie ein wildes Pferd. Niemand achtete auf Lee, der sich den Koffer mit dem Geld unter den Nagel riss. „Naruto!“, rief er. „Komm, wir müssen verschwinden!“

Naruto sah unsicher zu Sora, der sich immer noch verbissen wehrte, während Neji in aller Seelenruhe seine Schrotflinte neu lud.

„Naruto!“, rief Lee.

In diesem Moment gelang es Sora, sich unter einer enormen Kraftanstrengung loszureißen und Neji und dem Dicken zu entkommen. Der Straßenwolf lief geradewegs auf Shikamaru zu, der dem Kampf bisher nur beobachtet hatte und nun respektvoll zurück wich. „Naruto! Lee! Bringt das Mädchen in Sicherheit! Ich komm nach!“

Naruto schluckte und drehte sich zu dem Mädchen um, das verloren mitten im Raum stand und ziemlich verängstigt wirkte. Kurzerhand lief er auf sie zu, packte sie am Arm und folgte Lee durch die eingetretene Tür. Ein Schuss ertönte, aber er hatte ihnen gegolten; die Kugeln bohrten sich knapp über ihnen in den Türrahmen und rissen Späne heraus. Naruto warf noch einen Blick über die Schulter. Irgendwie war Neji wieder an Sora herangekommen, der ihn mit seiner Dämonenklaue angriff, doch der Hyuuga regierte blitzschnell: Er wich den Hieb spielerisch aus, packte Soras Arm kurz unterhalb des Auswuchses und schmetterte ihm die andere Faust ins Gesicht. Naruto schluckte. Sora würde es schon schaffen, er musste einfach. Nein, das war unmöglich gegen diese Übermacht! Alles in ihm schrie danach seinem Beinahe-Freund zu helfen, aber er wusste, dass Lee Recht hatte. Sie konnten nur fliehen. Und sie mussten schließlich das Mädchen in Sicherheit bringen, das jetzt stumm neben ihm herlief. So bitter es war, sie mussten Sora zurück lassen.

Als sie das Motel durch die – ebenfalls zertrümmerte – Vordertür verließen, hörten sie noch einmal einen wütenden Aufschrei, ein Bersten und Krachen, und dann – Stille.
 

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So, das war's auch schon wieder.

Als kleiner Vorausblick: Im nächsten Kapitel geht es um Freue, Streit, Pläne - und falsche Ärzte :)

Hausfriedensbruch

„Senpai, was tun wir denn schon wieder hier? Dieser Ort ist unheimlich!“

„Sei ruhig, Tobi. Dein Gejammere geht mir auf die Eier, hm.“

Deidara sah sich um. Die Burgruine, die Kakuzus Heim gewesen war, sah noch genauso aus wie gestern. Und, wie um das Ganze noch absurder zu machen, saß Kimimaro auf der Spitze des Trümmerhaufens. „Hast du dich entschieden?“, fragte er.

„Wäre ich sonst hier?“, versetzte Deidara.

„Demnach hat dir die Essenz nichts eingebracht.“

„Falsch“, sagte der Dämonenjäger. „Eigentlich wollte ich sie den Hyuuga verkaufen, aber dann hab ich mir gedacht, wenn ich die Essenz behalte, sind unsere Chancen, den Dämonenkönig zu erledigen, weit höher. Also hab ich mir gesagt, ich investier ein bisschen in die Zukunft. Wenn wir zwei ihn mit Kakuzus Essenz bekämpfen, kann er sich warm anziehen, hm.“

Kimimaro nickte. „Gut. Dann lass uns gleich beginnen.“

„Gerne. Was tun wir denn als erstes?“

„Wir gehen zu Tentens Waffenladen und rüsten uns mit dem Nötigsten aus. Dann geht es direkt los.“

„Ich glaub, ich hab es noch nicht erwähnt, aber ist es nicht ziemlich aussichtslos, Orochimaru entgegentreten zu wollen? Er hat eine ganze Horde Leute, die sein Anwesen bewachen, und nur er weiß, wo sich der Dämonenkönig versteckt.“

„Ich habe nicht vor, mir den Weg zu ihm zu erkämpfen“, sagte Kimimaro kühl. „Du hattest in deinem Leben zu wenig mit der Mafia zu tun. Tötet die Generäle, und die Soldaten geben kampflos auf. Das ist ein alter Mafiosi-Spruch. Wir werden Nadelstiche setzen. Wenn wir die richtigen Leute erwischen, kommen wir ohne viel Aufwand an Orochimaru heran.“

„Und welche Leute wären das?“, fragte Deidara.

Kimimaro lächelte, nur ein kleines bisschen, aber Deidara lief ein kurzer Schauer über den Rücken.
 

Genau wie geplant hatten sie sich aufgeteilt. Lee war mit dem Geldkoffer geradeaus weitergerannt und Naruto zerrte das Mädchen, das sichtlich außer Atem war, bei der nächsten Kreuzung nach rechts. Nach kurzer Zeit hatten sie sich hoffnungslos verirrt.
 

Kiba nahm zum wiederholten Male das Geld aus dem Koffer, ließ es durch die Luft fliegen und die einzelnen Scheine tanzen, wonach er sie wieder penibel aufsammelte und zusammenlegte, damit ja keiner verloren ging. „Ich kann noch immer nicht glauben, dass wir das getan haben! Wir haben Shikamaru ein Schnippchen geschlagen! Wir sind reich!“ Er machte vor Freude einen Luftsprung. Im gleichen Moment, in dem seine Füße wieder am Boden aufkamen, kamen Naruto und ein schwarzhaariges Mädchen in das Versteck geschlurft. Sie sahen beide ziemlich erschöpft und abgerissen aus.

„Ah, da seid ihr ja endlich!“, grinste Kiba. „Lee ist schon seit zwei Stunden wieder da. Wo wart ihr so lange?“

Naruto musste er einmal nach Atem schöpfen. „Ich hab … den Weg nicht mehr gefunden“, gestand er und sah sich um. Außer Kiba waren noch Lee, Konohamaru und Sakura anwesend. Sasori und Idate konnte er nicht entdecken.

„Naja, jetzt seid ihr ja da! Sieh mal, wir sind reich!“ Kiba warf Naruto ein Geldbündel zu, das er nur halbherzig zu fangen versuchte und das deshalb zielsicher am Boden landete.

„Sie haben Sora“, erklärte Naruto bedrückt.

Kiba nickte ernst. „Ich weiß, Lee hat es mir schon erzählt. Sasori und Idate haben sich schon auf die Suche nach ihm gemacht. Sie sind ziemlich gut im Aufspüren von Leuten, musst du wissen.“

„Und wenn er tot ist?“ Naruto ballte die Fäuste. Sakura sah in mitleidig an.

„Sora wusste besser als du, wie gefährlich die Schattenjäger sind“, sagte Kiba.

„Ja, aber er wusste nicht, dass wir es mit den Hyuuga zu tun bekommen!“, rief Naruto. „Ich weiß, dass sie es waren! Einer von ihnen hieß Neji!“

Kiba horchte auf und sah Lee plötzlich fragend, fast entsetzt an. „Moment mal, soll das heißen, dass ihr gegen Neji Hyuuga gekämpft habt? Dann habt ihr wirklich mehr Glück als Verstand gehabt, dass ihr noch lebt. Wer sich ihm in den Weg stellt, der schläft bald bei den Fischen.“

Als Naruto nichts mehr darauf erwiderte, sah sich Kiba nach seiner Begleiterin um. „Und du bist also die Kleine, für die die Hyuuga so viel Geld hinblättern? Ich muss sagen, für eine Straßenhure bist du ziemlich jung. Find ich geschmacklos von denen.“

„Ich bin keine … Was fällt dir ein?!“, rief das Mädchen aufgebracht.

Kiba grinste anzüglich. „Dann solltest du wohl nur den Abwasch für sie machen? Für so einen Batzen Geld? Du musst ja verdammt gut sein.“

„Wenn du noch ein Wort sagst, schneid ich dir die Zunge raus und erwürg dich damit!“, drohte sie mit zitternder Stimme.

„Oho?“ Kiba kam einen Schritt näher und beäugte sie höhnisch. „Du drohst mir, dem Anführer der Straßenwölfe? Bedank dich lieber, dass meine Leute dich da rausgeholt haben. Dein Leben liegt jetzt in meinen Händen, denke ich, also sei ein wenig höflicher, okay?“

„Du kannst mich mal!“, schrie sie ihm ins Gesicht. „Geh weg von mir! Du stinkst!“

Jetzt wurde auch Kiba wütend. „Du kleine, undankbare Göre …“

In diesem Moment wurde er grob von Sakura weggezerrt, die sich schlichtend zwischen die beiden stellte. „Jetzt reicht es. Entschuldige bitte Kiba, er ist manchmal etwas aufbrausend.“

„Ich bin überhaupt nicht …“

„Warum erzählst du uns nicht erst einmal, wie du heißt?“, fragte Sakura lächelnd.

Das Mädchen schien noch eine Weile mit sich selbst zu ringen, dann sagte sie: „Kin. Ich heiße Kin.“

„Kin also. Und was hattest du in den Händen der Schattenjäger zu suchen? Warum wollten sie dich an die Hyuuga verkaufen?“

„Das ist doch sonnenklar …“, setzte Kiba an, aber Sakura gab ihm einen Stoß in die Rippen.

„Ich … bin nicht wie ihr“, murmelte Kin und sah zu Boden. „Ich bin kein normaler Mensch. Wisst ihr, ich kann die … Ich kann die Essenzen von Dämonen sehen.“

Sakura wirkte überrascht. „Du kannst sie sehen?“ Kin nickte.

„Ich versteh gar nichts mehr“, murmelte Naruto. „Was ist das, so eine Essenz?“

„Jeder Dämon hat eine innere Kraftquelle, die man Essenz nennt“, erklärte Lee. „So etwas wie das Feuer, das in unser aller Brust brennt und die Kraft der Jugend entfacht!“

Sakura lächelte verzeihend. „Es ist besser, du lässt mich das erklären. Dämonen haben wirklich alle so eine Kraftquelle, die umso größer ist, je stärker der Dämon ist. Wenn ein Dämon stirbt, bleibt diese Kraftquelle zurück, die man Essenz nennt. Wenn man an so eine Essenz herankommt, erlangt man große Kräfte, man wird für eine kurze Zeit zum Übermensch. Dämonenessenzen sind rares Handelsgut. Allerdings können gewöhnliche Menschen sie nicht sehen und daher auch nicht nutzen.“

„Ich verstehe“, murmelte Naruto. „Und du sagst, du könntest sie trotzdem sehen?“

Wieder nickte Kin. „Darum wollten mich die Hyuuga auch unbedingt in ihre Finger bekommen. Mit meiner Hilfe könnten sie zur mächtigsten Familie in Akuma Gakure werden.“

„Da fällt mir etwas ein“, sagte Naruto plötzlich in die folgende Stille hinein. „Habt ihr gewusst, dass Sora eine Dämonenhand hat?“

Kiba nickte. „Deshalb habe ich auch ihn für diesen Job ausgewählt. Und wir werden ihn wiedersehen, keine Sorge. So leicht ist er nicht kaputtzukriegen.“

„Aber die Hyuuga …“ machte Sakura nachdenklich.

„Die werden nichts von ihm wollen. Shikamaru wird ihn gekidnappt haben, um uns zu erpressen, darauf wette ich.“

„Was machen wir jetzt mit Kin?“, fragte Lee.

„Mal sehen …“ In Kibas Gesicht erschien ein seltsamer Ausdruck. „Wir könnten sie doch selbst an die Hyuuga verkaufen. Dann bekommen wir das doppelte Geld.“

„Kiba!“, empörte sich Sakura. „Das kann nicht dein Ernst sein!“

Kiba grinste, und Kin ging auf ihn zu und gab ihm eine schallende Ohrfeige. Mit einem schnippischen „Hm!“ drehte sie sich um und ging aus dem Versteck hinaus.

Sakura seufzte. „Also ehrlich, sie muss gerade tausend Ängste durchgestanden sein und du fängst mit so was an? Ich sehe mal nach ihr.“ Damit folgte sie dem Mädchen.

Naruto setzte sich in eine Ecke des Verstecks und trank aus der nächstbesten Cola-Flasche, die er zu fassen bekam. Irgendwie hatte er sich die Mitgliedschaft in dieser Bande anders vorgestellt.
 

Kabuto goss sich summend Milch in seinen Kaffee. Auf Zucker verzichtete er, wenn etwas zu süß war, mochte er es nicht. Während er in seinem heißen Trunk umrührte, lehnte er sich mit dem Rücken gegen den Kühlschrank und lauschte dem leisen Surren. Es war doch praktisch, die Küche gleich neben der Praxis zu haben.

Von der plötzlich ein lauter Schrei die angenehme Stille ruinierte. „Wo bist du hin? Komm zurück, du Arschloch!“

Kabuto seufzte, nippte aber zuerst an seinem Kaffee, bevor er antwortete. „Schrei hier nicht so herum. Du bist hier nicht zu Hause.“

„Im Normalfall wäre ich ja auch dort geblieben, aber du hast mich ja einfach … Hey! Hörst du mir zu?“

„Sei ruhig. Ich mache gerade Kaffepause. Ich werde dir noch früh genug mein Skalpell anlegen, wenn du weiter so rumbrüllst.“

Endlich Ruhe. Kabuto schlürfte lautstark seinen Kaffee. Der heiße Dampf hatte seine Brillengläser anlaufen lassen. Seufzend stellte er die Tasse auf die Anrichte, nahm die Brille ab und wischte sie mit einem Taschentuch ab. Dann ging das Gezeter wieder los.

„Mach mich sofort los, du krankes Schwein! Was willst du von mir?! Lass mich frei!“

„Jetzt reicht‘s!“ Kabuto setzte seine Brille wieder auf und ging wütend in die Praxis zurück. „Wenn du nicht sofort die Klappe hältst, führe ich den Eingriff durch, während du bei vollem Bewusstsein bist! Willst du das? Häh?“, knurrte er.

Der Mann, der mit schweren Gurten auf dem OP-Tisch festgezurrt war, verstummte und wurde eine Nuance bleicher.

„Na also“, murmelte Kabuto zufrieden. Und jetzt lass mich meinen Kaffe zu Ende trinken, dann …“ Die Hausglocke läutete. Kabuto runzelte die Stirn. Er hatte doch das Geschlossen-Schild vorgehängt. Wer konnte da etwas von ihm wollen? Rasch besah er sich seinen Gefangenen, der hilflos und halb nackt auf dem Operationstisch lag. Er würde einfach nicht aufmachen. Aber wer es wohl war?

Seufzend durchquerte er die Praxis, ging ins Wartezimmer und von da aus zur Eingangstür. Durch den Türspion lugte er hinaus. Er konnte niemanden entdecken. Wahrscheinlich ein Dummejungenstreich, dachte er schulterzuckend.

Eine Explosion hob die Tür aus den Angeln, zerfetze sie und riss Kabuto von den Füßen. Mit einem lauten Aufschrei prallte er mit dem Gesicht gegen die Wand und wurde von Holztrümmern begraben. Eine Staubwolke hüllte ihn ein. Hustend kämpfte er sich in die Höhe. Das Band, das seine Haare zu einem Zopf bändigte, hatte sich gelöst und seine Mähne fiel ihm haltlos ins Gesicht. Die Gläser seiner Brille waren zerbrochen und nutzlos. „Was zum …“, keuchte er und schnappte nach Luft, als eine Gestalt im gähnenden Türrahmen erschien.

„Der Kümmerling soll ein Komplize von Orochimaru sein?“, fragte Deidara zweifelnd. In der Hand hielt er ein doppelläufiges Schrotgewehr und an seinem Rücken trug er eine weitere, noch größere Waffe. „Der sieht ja aus wie ein harmloser Student nach einer durchzechten Nacht, hm! Du bist doch Kabuto, der Arzt, oder?“

„Was ist denn da los?“, ertönte eine Stimme aus der Praxis. „Ist da jemand? Hilfe! Hiiiilfeee!“

„Wie interessant“, spottete Deidara. „Deine Patienten scheinen dir nicht gerade viel Vertrauen entgegen zu bringen, hm? Ich hatte dich eigentlich eher für einen gehalten, der an Leichen herumschnipselt.“

„Es reicht, Deidara.“ Hinter dem Dämonenjäger trat Kimimaro ein. Die Abendsonne hinter ihnen tauchte die beiden in goldenes Licht und ließ ihre Umrisse düster erscheinen. Die rechte und die linke Hand des Teufels, schoss es Kabuto durch den Kopf.

„Oh … Kimimaro …“, rief Kabuto mit zitternder Stimme, stand umständlich auf und hob die Hände. „Dass du dich hier her bemühst … Welche Ehre!“

„Ich habe gehört, es gibt ein Mittel gegen meine dämonische Form. Wo ist es?“, fragte der Angesprochene.

Kabuto lächelte listig. „Ich wäre ja ganz schon dämlich, wenn ich dir das verraten würde, oder?“

Kimimaros Gesichtsausdruck wurde grimmig, während Deidara ein machtausdrückendes Grinsen losließ. „Ich glaube, ich mach ihn mal ein wenig gesprächiger. Welches Körperteil soll’s denn sein, der Herr?“ Er richtete den Lauf seiner Waffe auf Kabuto, der daraufhin zusammenzuckte.

„Nur die Ruhe, nur die Ruhe, ich zeig es euch ja schon! Kommt mit!“ Er winkte sie hinter sich her und lief fast fluchtartig in die Praxis zurück.

Der weiße Raum wirkte wie ein Gruselkabinett. Anscheinend stand eine Operation an; ein Tisch mit Werkzeug dafür stand bereits bereit. Auf dem Tisch lag ein Mann mit krausem, braunem Haar, mit entblößtem Oberkörper, auf den einige rote Linien gemalt waren. Beim Anblick der ungebetenen Gäste versuchte er sich gegen seine Fesseln aufzubäumen. „Hilfe! So helft mir doch! Ich wurde überfallen! Man hält mich hier gefangen!“

„Da wäre ich jetzt gar nicht drauf gekommen, hm“, murmelte Deidara ungerührt.

„Wer ist das?“, fragte Kimimaro.

„Och, niemand“, sagte Kabuto und ging zu einem der Kästen. „Außer vielleicht … Mein Pfand!“

Es war so unerwartet, dass Deidara nicht die Zeit fand, zu schießen. Der Arzt sprang hinter den Tisch, hielt plötzlich ein blitzendes Skalpell in der Hand und drückte es dem Gefangenen an die Kehle. „Eine falsche Bewegung, und dieser Mann ist tot!“, rief er mit einem fast wahnsinnigen Glitzern in den Augen.

Tatsächlich verharrten Deidara und Kimimaro reglos, wobei der Dämonenjäger den Arzt anvisierte. „Wenn ich schieße, könnte ich sie beide treffen“, murmelte er. „Was tun wir jetzt?“

„Warum glaubst du, das Leben dieses Mannes würde mir etwas bedeuten?“, fragte Kimimaro kalt.

„Das könnt ihr nicht machen!“, rief der Gefangene aus. Panik flackerte in seinen Augen auf. „Ihr müsst mir helfen!“

„So kenne ich dich ja gar nicht, Kimimaro“, spöttelte Kabuto. „Das Töten war dir doch immer zuwider, oder? Und jetzt willst du Zaku, Dosu und mir ans Leder und dieser Unschuldige hier ist dir auch egal?“

Kimimaro erwiderte seinem Blick mit versteinerter Miene. Er rang offenbar nach Worten. Deidara fluchte. „Jetzt sag schon was! Soll ich ihn wegblasen?“

Kabuto drückte das Skalpell fester an den Hals seines Opfers, sodass der Mann erschrocken aufschrie. Ein dünnes Blutrinnsal schlängelte sich seine Brust hinab. „Ich warte“, sagte Kabuto drohend. „Wenn ihr wollt, lass ich ihn nachher frei, wenn ihr brav tut, was ich euch sage.“

Kimimaro rang mit sich selbst, das sah Deidara genau, obwohl er sich bemühte, den wahnsinnigen Arzt nicht aus den Augen zu lassen. „Was … verlangst du?“, fragte der Halbdämon dann mit schwerer Zunge.

Auf Kabutos Gesicht breitete sich ein triumphierendes Lächeln aus. „Nun, es ist ganz einfach. Ihr müsst eure Waffen wegwerfen. Aber zuerst wirst du, Blondi, Kimimaro in die Arme und Beine schießen. Es bringt ihn sicher nicht um und es wird ihm auch nicht schaden, ein wenig Schmerzen kennen zu lernen. Außerdem will ich nicht, dass er seine Knochen gegen mich einsetzen kann. Danach bringe ich euch zu Orochimaru und lasse ihn über euer Schicksal entscheiden.“

„Das kann nicht dein Ernst sein!“, keuchte Deidara. „So viel ist mir dieser Typ da auch nicht wert, hm!“

„Lass es gut sein, Deidara“, murmelte Kimimaro. „Es gibt nur eines, was wir tun können.“

Kabuto grinste noch breiter.
 

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Tut mir leid, ich konnte mal wieder nicht widerstehen, der Cliffhanger ist mich förmlich angesprungen :P Ich weiß, schön langsam wird das bei mir zur Gewohnheit^^
 

Übrigens, es gibt jetzt einen Spin-off-OS zu ABFY, der in die Mitte dieses Kapitels gehört:

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/466454/262306/

Gift

„Ihr müsst eure Waffen wegwerfen“, sagte Kabuto und zog das Skalpelle ein kleines bisschen vom Hals seiner Geisel fort. „Aber zuerst wirst du, Blondi, Kimimaro in die Arme und Beine schießen. Es bringt ihn sicher nicht um und es wird ihm auch nicht schaden, ein wenig Schmerzen kennen zu lernen. Außerdem will ich nicht, dass er seine Knochen gegen mich einsetzen kann. Danach bringe ich euch zu Orochimaru und lasse ihn über euer Schicksal entscheiden.“

„Das kann nicht dein Ernst sein!“, keuchte Deidara. „So viel ist mir dieser Typ da auch nicht wert, hm!“

„Lass es gut sein, Deidara“, murmelte Kimimaro. „Es gibt nur eines, was wir tun können.“

Kabuto grinste noch breiter.

„Aber … Hey, wir kennen den doch nicht mal! Was ist los mit dir, hm?“, rief Deidara.

„Es gibt nur eins, was wir tun können“, wiederholte Kimimaro.

Ein Knall ertönte, obwohl sich niemand gerührt hatte, und Kabutos selbstsicheres Grinsen verwandelte sich in einen Ausdruck puren Schmerzes. Seine Beine gaben nach und er stürzte nach vorn. Das Skalpell verfehlte den Hals des Mannes um Haaresbreite.

Kimimaro stieß sich vom Boden ab und sprang auf den Tisch zu. Mit einer raschen Bewegung zog er einen Knochen aus seiner Schulter und schmetterte ihn wie eine Keule gegen Kabutos Gesicht. Der Arzt konnte nicht einmal reagieren. Er wurde gegen die Wand geschleudert, während das Messer klimpernd am Boden landete. „Mistkerl“, murmelte er und hielt sich mit der einen Hand die Nase und mit der anderen sein Bein. In seinem Unterschenkel war ein heftig blutendes Einschussloch zu sehen.

„Hast du nie daran gedacht, dass ich auch meine Zehenknöchel abschießen könnte?“, fragte Kimimaro überheblich.

Deidara schmunzelte und schulterte lässig sein Gewehr. „Er hat unter dem Tisch hindurch geschossen, ohne sich auch nur zu bewegen. So gefällt mir das schon eher, hm.“

„Du verräterischer Bastard!“, keuchte Kabuto. „Ich halte mein Wort, verlass dich drauf!“ Er versuchte blitzschnell an Kimimaro vorbei zu kriechen, aber da traf ihn der Knochenknüppel im Rücken und schleuderte ihn zu Boden. Seinen Fingern jedoch gelang es, einen kurzen Schalter am OP-Tisch umzulegen.

Im nächsten Moment schrie der Gefangene auf. Sein Körper zuckte unkontrolliert, das Gesicht hatte er zu einer schmerzgepeinigten Fratze verzerrt. Ein elektrisches Surren lag in der Luft. „Verdammt!“, fluchte Kimimaro. „Schalt den Strom ab! Sofort!“

Kabuto grinste ihn nur aus seinem geschwollenen Gesicht an. Kimimaro stieß ihn grob zu Boden und legte den Schalter wieder zurück. Nichts geschah. Der Mann schrie und zuckte weiter. Auch Deidara fummelte an den vielen Knöpfen und Schaltern herum. Als das nichts half, sprang er einen halben Meter zurück, riss die vollautomatische Waffe von seinem Rücken und feuerte eine volle Salve auf das Schaltpult. Endlich verstummte das Summen und der Körper des Gefangenen hörte auf zu zucken. Aber er rührte sich nicht mehr.

Der Mann war bereits tot.

Knurrend fuhr Kimimaro herum und packte Kabuto brutal am Kragen. „Das wirst du büßen“, murmelte er, kaum hörbar. „Aber jetzt hast du dein Druckmittel verloren. Du stehst mir jetzt Rede und Antwort! Wo sind Zaku und Tayuya? Sie waren doch sicher bei dir in Behandlung!“

„Ach, du willst zu Ende bringen, was du begonnen hast?“, spotte Kabuto, dessen dämliches Grinsen wohl nicht aus seinem Gesicht zu vertreiben war. „Ihr kommt zu spät. Heute Morgen habe ich sie entlassen. Sie sind bereits wieder im Einsatz für Orochimaru.“

„Dann zeig mir, wo du dieses Mittel hast! Sofort!“ Kimimaros Stimme war kalt und schneidend wie ein Eisbrocken.

„Nur die Ruhe“, beschwichtigte ihn Kabuto, aber Kimimaro schmiss ihn derb gegen den Schrank, auf den er vorhin zugesteuert hatte. Deidara richtete seine Waffe auf ihn, für den Fall, dass er wieder etwas Dummes tun würde, aber Kabuto konnte sich kaum auf den Beinen halten und seine Finger wollten ihm wohl nicht so recht gehorchen, als er den Schrank öffnete und zittrig und unbeholfen drei Reagenzgläser mit violetter Flüssigkeit darin auf die Theke neben dem Schrank stellte. „Ich nenne es stolz Antidemonicum. Ich habe nur drei Proben davon hier bei mir in der Praxis, den Rest habe ich bereits zu Orochimarus Anwesen liefern lassen, und in seinem Labor wird kontinuierlich etwas davon hergestellt. Oder glaubst du allen Ernstes, der Boss würde es hier in meiner Praxis lagern, ungeschützt?“ Er holte noch ein etwas größeres, dickbäuchiges Fläschchen mit orangefarben schimmerndem Inhalt heraus. „Übrigens, glaubst du, ich bin wirklich so hilflos?“

Damit ließ er die Flasche einfach fallen. Sie zerbrach am Boden. Die Flüssigkeit verpuffte sofort in der Luft und bildete dichten Qualm, der bald den ganzen Raum einhüllte. „Teufel!“, fluchte Deidara und hielt sich hustend die Hand vor dem Mund. Es stank höllisch. „Was ist das für ein Zeug?“

Kimimaro fühlte sich plötzlich leicht schwindelig. Deidara wankte bereits. „Gift“, erklärte Kabuto. Aus seinem Lächeln war etwas anderes geworden, etwas viel Bedrohlicheres. Vielleicht hatten sie den Arzt tatsächlich unterschätzt. „Ihr habt es bereits eingeatmet, also werdet ihr in drei Stunden tot sein. Ich rechne schon länger damit, dass du bei mir aufkreuzt, daher spritze ich mir jeden Morgen ein Gegenmittel.“ Er legte den Kopf schief. „Ich hätte nie gedacht, dass ich es sein würde, der Kimimaro umbringt. Wenn ich gewusst hätte, dass es so einfach ist, hätte ich mir das Entwickeln des Antidemonicums sparen können.“

„Du hast … noch nicht … gewonnen“, hustete Kimimaro, dessen Sicht sich langsam vernebelte, was sicher nicht nur an dem immer dichter werdenden Qualm lag.

„Aber in drei Stunden“, erwiderte Kabuto und sah auf seine Uhr. „Bis dahin werdet ihr schön leiden. Das Gift habe ich selbst entwickelt, es zersetzt nach und nach eure Blutgefäße.“

Deidara beugte sich bereits würgend vor.
 

Es war Nacht geworden. Lee und Kiba schliefen bereits und schnarchten um die Wette, aber Naruto konnte Nejis Blick nicht vergessen, diese kalten, leblosen Augen, die ihn angestarrt hatten. Und dann war da noch die Sache mit Sora. Seufzend setzte er sich auf. Schales Mondlicht drang durch den Eingang zum Versteck. Sakura und Kin waren noch nicht zurückgekehrt. Er beschloss, sie zu suchen.

Direkt hinter dem Durchgang wurde er fündig. Kin schlief zusammengerollt auf dem harten Boden des stillgelegten Supermarkts. Sakura hockte vor ihr und beobachtete sie schweigend. Als Naruto sich neben sie setzte, sah sie kurz auf. „Ich glaube nicht, dass sie es lange bei den Straßenwölfen aushält“, sagte Sakura leise. „Sie ist für ihr Alter ziemlich mutig, aber trotzdem. Wahrscheinlich ist sie das raue Leben nicht einmal gewöhnt.“

Naruto nickte schweigend. „Darf ich dir eine Frage stellen?“, fragte er dann.

„Nur zu.“

„Wie bist du eigentlich zu den Straßenwölfen gekommen?“

Es dauerte eine Weile, bis Sakura antwortete. „Ich war schon seit dem Anfang dabei. Bevor Shikamaru und Kiba sich zerstritten haben. Wir waren ein unschlagbares Dreiergespann“, sagte sie lächelnd. Es mussten schöne Erinnerungen sein, die sie an diese Zeit hatte. „Dann haben sie sich getrennt und mir die Wahl gelassen, wem ich mich anschließe.“

„Und du bist zu Kiba gegangen.“

Sakura zuckte mit den Schultern. „Shikamaru ist ein großer Denker, aber er hat es nicht wirklich geschafft, Leute zu motivieren. Kiba ist da schon anders. Er hat vor allem eine große Klappe. Ich habe mich von seinen emotionalen Reden mehr beeindrucken lassen als von Shikamarus kalter Logik.“ Sie lächelte traurig. „Wahrscheinlich bin ich einfach zu gefühlsbetont, um vernünftig zu sein.“

Naruto schwieg und sah auf die schlafende Kin hinab. Sie hatte ihnen den Rücken zugedreht; ihr Atem ging ruhig und gleichmäßig. „Was ist mit deinen Eltern passiert?“, fragte er.

Diesmal dauerte es noch länger, bis Sakura bitter sagte: „Sie sind tot. Ermordet, von Mafiosi, als ich zwölf war. Ich weiß nicht einmal, warum sie das getan haben. Seitdem lebe ich auf der Straße. Ich kann von Glück sagen, dass Kiba und Shikamaru mich aufgenommen haben. Ich wüsste nicht, was ich sonst gemacht hätte.“

„Das tut mir leid“, murmelte Naruto bedrückt. „Das mit deinen Eltern.“

Sie seufzte. „Schon gut. Es ist lange her.“ Sie sah ihn an. „Was ist mit dir? So wie ich das verstanden habe, bist du aus freien Stücken nach Akuma Gakure gekommen. Warum? Was hat dich hergeführt?“

„Das ist … eine ziemlich lächerliche Geschichte“, wich Naruto aus.

„Erzähl sie mir ruhig. Ich werde dir schon sagen, ob ich sie lächerlich finde.“

„Hm …“ Warum eigentlich nicht? Er wollte sich schon lange einmal jemandem anvertrauen. „Ich bin hier, weil mir eine sehr weise Person das geraten hat.“

„Und was ist dein Ziel?“

Naruto zuckte nur mit den Schultern.

„Du weißt es nicht einmal selbst?“, fragte Sakura ungläubig.

„Diese Person sagte, ich müsse nur hierher kommen, dann würde sich mir alles offenbaren“, murmelte er. „Aber ehrlich gesagt, hab ich bis jetzt nur Dinge erlebt, auf die ich auch hätte verzichten können.“

„War es so schlimm?“

„Wahrscheinlich nichts im Vergleich mit dem, was du durchgemacht hast, aber …“

„Erzähl es mir.“

„Es ist aber eine lange Geschichte.“

„Wir haben ja auch nichts Besseres zu tun.“

Das stimmte, also begann Naruto zu erzählen. Von seiner Ankunft in Akuma Gakure, von Zaku und Dosu, dass er eine Weile bei Ino und Hinata gewohnt hatte, von Orochimarus Falle und von seiner Flucht vor den Klängen. Zuerst war er noch zögerlich, dann sprudelte es regelrecht aus ihm heraus. Sakura war eine gute Zuhörerin, und er spürte, dass er ihr vertrauen konnte. Als er fertig war, holte er tief Luft.

„Orochimaru hat dich verfolgt?“, fragte Sakura ungläubig.

„Tja, sieht so aus.“ Er wich ihrem Blick aus. „Wo ich auch hinkomme, überall mache ich Ärger. Sogar bei euch, jetzt ist Sora in der Gewalt von Shikamaru. Ich hätte ihn retten müssen“, flüsterte er und ballte die Fäuste. „Am besten wäre es gewesen, ich hätte Zaku direkt umgebracht, so wie es dieser weißhaarige Knochentyp gesagt hat. Aber ich hab es einfach nicht über mich gebracht, verstehst du?“

Sakura sah ihn lange und seltsam an. Dann verlor sich ihr Blick in der Dunkelheit ihr gegenüber. „Weißt du, als du zu uns gekommen bist, hab ich dich für einen Idiot gehalten.“

Naruto sah sie nur leidvoll an.

„Nein, wirklich. Aber mittlerweile hat sich das geändert. Ich glaube, du hast mehr Mut und bist einfühlsamer als wir alle zusammen.“ Sie rutschte unbehaglich auf der Stelle herum. „Ich weiß, dass du Sora unbedingt hast retten wollen. Weißt du was? Dass du Zaku nicht getötet hast, beweist nur, dass du ein gutes Herz hast. Und das ist nie falsch.“

Naruto lächelte sie dankbar an.

Kin hatte die Augen geöffnet und lauschte ihnen schweigend.
 

„Sag schon“, verlange Kimimaro hustend. „Wo ist das Gegengift?“

Kabuto lächelte nur. „Es gibt keines mehr. Ich stelle mir jeden Abend die Menge zusammen, die ich am nächsten Tag brauche. Heute bin ich noch nicht dazu gekommen.“

Deidara hatte seine Waffe nur noch halbherzig in den Händen und musste sich auf der Theke abstützen, um nicht umzuknicken. Er war kreidebleich geworden. Der Qualm hatte sich schon fast wieder verzogen, aber das Gift wirkte bereits.

„Dann sag mir noch eines“, murmelte Kimimaro. „Was wollte Orochimaru von diesem blonden Jungen?“

„Ist das dein letzter Wunsch? Gerne: Der Fuchsjunge hat Orochimarus Interesse geweckt, weil in ihm ein Dämon wohnt. Er scheint auch ziemlich mächtig zu sein, darum ist der Boss so versessen darauf, ihn in die Finger zu bekommen“, erklärte Kabuto.

„Gut“, murmelte Kimimaro, trat ohne ein weiteres Wort zu der Theke hin, schob Deidara aus dem Weg und riss grob die Schubladen heraus. Kabuto verfolgt sein Tun mit gerunzelter Stirn.

In einer Schublade wurde er schließlich fündig. Ein ganzer Stapel bedrucktes Papier, auf dem allerlei chemische Formeln und medizinische Fachausdrücke standen. Er hielt Kabuto die Zettel unter die Nase. „Ist das Gegenmittel hier dabei?“

Der Blick des Arztes war Antwort genug. „Und wennschon. Du bist kein Arzt, du kannst es nie herstellen. Und in weniger als drei Stunden seid ihr beide tot.“

„Das werden wir noch sehen“, sagte Kimimaro gefasst und entfesselte seine dämonische Kraft.

Das Mal auf seiner Brust wuchs an und verfärbte sich rot, es bedeckte bald seinen gesamten Körper. Kimimaros silbernes Haar wurde grau, die Haut verdunkelte sich stark. Seine Augen wurden schwarzgelb, als er in seine dämonische Form wechselte. Kabuto wich zurück, blanke Angst in den Augen. Seine Hände griffen nach dem Antidemonicum, aber das hatte Kimimaro bereits in seine Manteltaschen gesteckt. Die Kleidung des Halbdämons platzte am Rücken auf und große, knöcherne Auswüchse sprossen in die Höhe. Ein langer Dinosaurierschweif wuchs aus seinem Steißbein.

„Das hat doch keinen Sinn! Du wirst sterben!“, kreischte Kabuto aufgelöst, als er die Welle dämonischer Kraft spürte, die von ihm ausging und die Fensterscheiben bersten ließ. Der Boden begann zu zittern.

„Du wirst es in jedem Fall vor mir tun“, knurrte Kimimaro mit einer tiefen, kehligen Stimme.
 

Kabutos Haus lag friedlich in der Allee, von außen hatte man nichts davon mitbekommen, was drinnen im Gange war.

Bis jetzt.

Ein gewaltiges Beben lief durch das Gebäude. Holz splitterte, als sich Hunderte baumdicke, spitze Knochen durch die Decke bohrten, durch die Wände, alles zu Kleinholz verarbeiteten, wie die Stacheln eines Igels aussahen. Dachschindeln regneten auf die Straße. Holzspäne flogen durch die Luft, das Dach brach haltlos in sich zusammen, nur die Knochen hinderten es am totalen Einsturz. Eine tiergleiche Gestalt durchbrach das Dach an einer weiteren Stelle und landete neben einem der Knochen. Kimimaro trug den bewusstlosen Deidara im Arm. Er stieß sich so kraftvoll ab, dass die Dachschindeln Risse bekamen, schoss quer über die Straße und landete auf dem gegenüberliegenden Gebäude. In diesem Moment zogen sich die gewaltigen Knochenbäume zurück, als würden sie im Boden versinken, und einen Augenblick später stürzte das Haus ein und hinterließ nur einen staubigen Trümmerhaufen. Kabutos Schrei war kaum zu hören gewesen.

Kimimaro taumelte. Das Gift war stärker, als er es gedacht hatte, sogar, wenn er in der Dämonenform war. Er musste sich beeilen. In Windeseile hetzte er über die Dächer, sprang von einem Haus zum anderen, und wer ihn über sich hinweg fliegen sah, musste plötzlich an fliegende Dinosaurier glauben.
 

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Das nächste Kapitel heißt: Sturm auf die Sharingan-Bar!

Also wieder was für Sharingan- und Actionfans :)

Sturm auf die Sharingan-Bar

War es ein Albtraum gewesen, der sie geweckt hatte? Mit klopfendem Herzen setzte sich Shizune in ihrem Bett auf. Nein, da war ein Geräusch gewesen … Mit einem seltsam mulmigen Gefühl im Bauch schwang sie die Beine aus dem Bett und stand auf. Das Geräusch wiederholte sich. Jemand pochte an die Tür. Shizune nahm sich die Taschenlampe vom Nachtkästchen – irgendwie widerstrebte es ihr, im Dunkeln zum Lichtschalter zu tappen. Langsam schlich sie bis zur Haustür. Ein Patient vielleicht, der etwas Wichtiges vergessen hatte? „Ich … Ich habe geschlossen! Kommen Sie morgen wieder!“, rief sie und konnte das Zittern in ihrer Stimme nicht ganz verhindern. Aber warum hatte sie eigentlich solche Angst? Es hatte sie doch schon einmal jemand mitten in der Nacht aus dem Bett geklopft, damals war es ein pillensüchtiger, ziemlich verzweifelter Patient gewesen.

Der Unterschied wurde ihr klar, als sie der Tür so nahe gekommen war, dass sie das Holz unter den Schlägen vibrieren hörte. Noch nie hatte sie jemanden so stark und energisch – und verzweifelt – an eine Tür klopfen hören, dass diese regelrecht ächzte. Bog sie sich nicht auch durch? Shizune schüttelte den Gedanken ab, hakte die Sicherungskette aus und öffnete die Eingangstür.

Ihr Herz blieb für einen Moment stehen. „Großer Gott“, murmelte sie. Vor ihr hockte eine Gestalt auf dem Terrassenboden, die nicht mehr die Kraft zu haben schien, aufrecht zu stehen. Ein junger Mann mit schlohweißem Haar, das im Mondlicht leuchtete. Seine Haut war mit strengen, rot glühenden Linien durchzogen und eines seiner Augen war schwarz, während die Pupille golden schimmerte. Blut lief ihm aus dem Mundwinkel, der Nase und sogar den Ohren. Shizune brauchte einen Moment, ehe sie sich von dem dämonischen Anblick lösen konnte, dann sah sie den zweiten Mann, den dieses Wesen über die Schulter gelegt hatte wie einen Sack Kartoffeln und der ganz offensichtlich bewusstlos war.

„Du … kannst damit sicher etwas anfangen“, keuchte der Weißhaarige und hielt ihr ein Bündel zerknüllter Zettel unter die Nase. Als sie, verängstigt und verwirrt, nicht sofort zugriff, rappelte sich der Mann hoch und kam mit seinem Gesicht unangenehm nah an ihres. „Wir brauchen ein Gegenmittel … So schnell wie möglich!“

Langsam begann Shizune zu verstehen. Die beiden waren offensichtlich vergiftet worden. Sie war Ärztin, es war ihre Pflicht, zu helfen. „Sicher“, murmelte sie, rührte sich aber nicht von Fleck.

„Ich habe Geld“, sagte der Weißhaarige schwer atmend.

Shizune nickte. Das war es nicht. Sie war sich nicht sicher, was für ein Wesen das war, das da vor ihr kniete. Aber dann ging sie doch ins Haus zurück und ließ die Tür offen. Sie hatte keine Zeit zu verlieren. Wenn der Mann ihr noch folgen konnte, war es gut, wenn nicht, war es wohl ohnehin schon zu spät.
 

Naruto wachte in der Ecke des Supermarktes auf, wo er sich schließlich hingelegt hatte. Die Anstrengungen des Tages hatten ihren Tribut gefordert und er hatte geschlafen wie ein Stein, traumlos, und er fühlte sich dennoch nicht erfrischt. Was ihn geweckt hatte, wusste er nicht. Blinzelnd sah er Sakura in eine Decke eingerollt liegen, neben Kins Schlafplatz. Sie hatten sich und dem Mädchen noch Decken geholt, doch Kins lag zusammengeknüllt da und der Platz war leer.

Gähnend rieb sich Naruto den Schlaf aus den Augen. Die Sonne war erst am Aufgehen, es war noch ziemlich früh, aber er spürte, dass er nicht mehr schlafen konnte. Außerdem – wo war Kin hin? Es war sicher nicht gut für sie, wenn sie alleine in der Stadt umher irrte. Er ging zu Sakura und rüttelte sie an der Schulter. Sie drehte sich nur um und murmelte etwas. Naruto seufzte und rüttelte stärker. „Was ist denn …“, stöhnte sie, als sie endlich aufwachte und sah ihn verschlafen an.

„Kin ist fort.“

„Wer …? Ich meine, was?“ Mit einem Schlag war sie hellwach und sprang auf. Immer noch in die Decke eingewickelte, verlor sie sofort das Gleichgewicht. Naruto, der geistesgegenwärtig die Arme ausgestreckt hatte, fing sie auf – und konnte gerade noch verhindern, dass auch er stürzte. „D…Danke“, murmelte Sakura, machte sich von ihm los und streifte die Decke ab.

„Sollen wir Kin suchen gehen?“, fragte Naruto. „Sie ist sicher verängstigt …“

Sakura nickte. „Wird das Beste sein.“

In diesem Moment erschien ein Schatten vor dem Eingang, als Kin sich unter den Brettern hindurch bückte und den alten Supermarkt betrat. Sie sah müde aus, als hätte sie kaum geschlafen, und irgendwie – missmutig.

„Da bist du ja!“, rief Naruto aus. „Wir haben uns schon Sorgen um dich gemacht, echt jetzt!“

„Oh. Das war nicht nötig“, sagte das mysteriöse Mädchen knapp, legte sich wieder auf ihre Decke und schloss einfach die Augen, als würde sie weiterschlafen. Naruto sah Sakura fragend an, die fassungslos den Kopf schüttelte.
 

Es klingelte, als die Tür zur Sharingan-Bar aufging. Es war lange nach Sperrstunde; die Stühle standen auf den Tischen und kein Gast war mehr hier. Itachi schloss sorgfältig die Tür hinter sich. Er knöpfte seinen Mantel ein Stück weit auf – es war ein neuer, schwarz mit roten Wolken darauf –, zog ihn aber nicht aus. Sein hochgeschlagener Kragen war seit jeher sein Markenzeichen.

„Und? Etwas herausgefunden?“, fragte der Mann, der in Kellnerkleidung hinter der Bar stand und lustlos ein bereits sauberes Glas polierte.

Itachi musterte Fugaku mit einem kalten Blick. Er war nicht in Stimmung für ein Schwätzchen. Aber Fugaku gehörte zur Familie und hatte ein Recht darauf, es zu erfahren. „Nein. Wer auch immer es ist, der unseren Namen in den Dreck zieht, er versteckt sich gut.“

„Besser für ihn“, sagte Fugaku unbeeindruckt und hielt sein Glas ins Licht der Lampe. Es war noch nicht wirklich hell draußen. „Vielleicht hat Kakashi mehr Glück gehabt. Er ist noch nicht zurück. Aber wir sollten diese Typen bald finden – Verleumdung ist etwas, das der Don überhaupt nicht leiden kann.“

„Apropos“, sagte Itachi, „wo steckt der Don eigentlich? Ich habe ihn seit Tagen nicht gesehen.“

Fugaku zuckte mit den Schultern. „Geschäfte. Irgendwo im Süden der Stadt. Mehr weiß ich nicht.“

Itachi unterdrückte ein Seufzen. Der Don schien die Familie in letzter Zeit stark zu vernachlässigen. Wortlos ging er zu den Fenstern, lichtete die Jalousien und sah hinaus. „Wenigstens ist es ruhig.“

Obwohl es früh am Morgen war, fuhren bereits etliche Autos die breite Straße entlang. Keiner von ihren Stammkunden war dabei, soweit er das erkennen konnte. Und da … Itachi kniff die Augen zusammen. Ein Kleinbus. Und er war viel zu schnell, um nicht aufzufallen.

„Runter“, zischte Itachi und warf sich zu Boden, wobei er gerade noch erkennen konnte, wie die Schiebetür des Busses aufglitt und mehrere Männer mit Maschinenpistolen das Feuer eröffneten. Die Scheiben der Bar zersplitterten, Teile der Jalousien brachen aus und hinter der Theke zerbrachen Flaschen. Itachi zog sich geduckt vom Fenster zurück. Mit quietschenden Reifen folgte dem Bus ein längliches Auto – und ein kleiner, grauer Gegenstand flog durch das zerschossene Fenster in die Bar. Dank seiner Sharingan-Augen erkannte Itachi die Granate sofort und konnte auch sofort reagieren: Er sprang auf, fing den Sprengkörper im Flug auf und warf ihn in der gleichen Bewegung zurück auf die Straße. Die Granate explodierte und brachte das Auto ins Schleudern, das daraufhin gegen den Häuserblock am gegenüber liegenden Straßenrand prallte.

Itachi hatte bereits seine Pistole gezückt und sich wieder unter das Fenster geduckt. Aus dem Bus waren mehrere Leute gesprungen, in braunen Anzügen und Mänteln. Blitzartig richtete sich Itachi auf, zielte mit seinen Sharingan, drückte ab und ging wieder in Deckung, alles im Bruchteil einer Sekunde. Ein Schrei bestätigte, dass er getroffen hatte. Noch zwei oder drei Mal konnte er diese Aktion wiederholen, dann erbebte die Eingangstür unter einem Schlag und brach kurz darauf aus den Angeln. Herein stürmten allerdings nicht die Angreifer, sondern ein weiterer, grauer Gegenstand. Itachi fluchte, aber die Granate explodierte nicht in einen vernichtenden Feuerball, sondern entließ zischend dichten, wallenden grauen Rauch, der binnen Sekunden Itachis Blick verschleierte. „Mistkerle“, knurrte Itachi und feuerte blindlings zum Eingang. Schritte hallten vom Boden wieder. Wenigstens sahen ihre Feinde ebenso wenig wie sie selbst.

Ein harter Schlag traf ihn in den Rücken und ließ Itachi aufschreien. Sofort wirbelte er herum und schoss in die Richtung, aus der der Angriff gekommen war. Er traf nicht – stattdessen traf der Baseballschläger ihn in den Magen und ließ ihn in sich zusammen sinken. In diesem Rauch brachte ihm sein Sharingan nichts. Aber wie konnte es sein, dass die Angreifer ihn sahen? Dann fiel es ihm ein.

„Verdammte Hyuuga-Bastarde“, knurrte er und bekam als Antwort einen Schlag ins Gesicht. Hart schlug er mit dem Kopf auf dem Boden auf. Pochender Schmerz breitete sich in seinem Schädel aus, und er spürte, wie im das Blut aus einer Platzwunde an der Stirn lief. Er feuerte sein ganzes Magazin auf den unsichtbaren Angreifer, aber er wusste, dass er nicht treffen würde. Der Hyuuga sah mit seinem Byakugan genau, wohin er zielte. Er hatte nur eine Chance.

Mühsam drehte er sich herum und kroch zum Ausgang. Sein Körper war ein einziger Schmerz. Der Hyuuga setzte ihm nach und verpasste ihm noch einen Hieb in den Rücken, der sich anfühlte, als würde er sein Kreuz brechen, aber Itachi gab nicht auf. Endlich erreichte er die Tür und zog sich hinaus, spürte den kalten Stein des Gehsteigs unter sich. Er sah immer noch nichts, weil ihm sein Blut in die Augen lief, aber er ignorierte seine Kopfschmerzen, sprang auf und lief los.

Vor ihm hupte es und ein heller Scheinwerfer bohrte sich durch sein rot verschleiertes Gesichtsfeld. Dann rammte ihn die Motorhaube eines Sportwagens und warf ihn zu Boden. Zum Glück war das Auto schon fast zum Stillstand gekommen, sonst wäre der Zusammenprall schlimm ausgegangen. Aber auch so tat jeder Knochen in Itachis Leib höllisch weh, als er sich das Blut aus den Augen wischte und sich aufrichtete, um zu sehen, wer ihn angefahren hatte.

Das erste, was er sah, waren zwei teure Markenstiefel, die aus der Beifahrertür stiegen. Sie gehörten einem der Hyuuga-Bosse, wie Itachi erkannte. „Hizashi“, murmelte er.

„Ich bin Hiashi“, berichtigte ihn der Mann, der wie alle hohen Hyuuga lange, dunkelbraune Haare hatte und ihn aus leeren Augen ansah. Links und rechts von ihm bauten sich andere Hyuuga auf, die teilweise noch nicht einmal Byakugan hatten, und richteten ihre Waffen auf Itachi. Kanonenfutter, dachte er abfällig.

Hiashi gab einem der Männer ein Zeichen, woraufhin dieser Itachi in die Höhe zog und ihm kräftig in den Magen boxte. Er tat ihm nicht den Gefallen, vor Schmerz aufzustöhnen, sondern biss die Zähne zusammen.

„Wir haben mitbekommen, dass ihr bei einem unserer Schützlinge … gewildert habt“, sagte Hiashi.

„Wovon redest du?“, murmelte Itachi. Er bewahrte ruhig Blut und suchte nach einem Ausweg, aber es schien keinen zu geben. Hinter ihm, in der Bar, wurden Schüsse laut.

„Tsunades Casino liegt in unserem Territorium“, sagte Hiashi betont. „Und sie zahlt schließlich Schutzgeld an uns, damit wir sie vor Leuten wie euch beschützen. Ihr werdet das Geld wieder rausrücken – zusammen mit einer kleinen Aufwandsentschädigung.“

Wie um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, schlug der Mann vor ihm Itachi ins Gesicht. Nun, da er wieder etwas sehen konnte, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, dem Schlag auszuweichen und den Hyuuga auf die Matte zu schicken, aber er wusste, dass das ein Fehler wäre. Wenn er sich wehrte, würden die anderen Hyuuga sofort das Feuer auf ihn eröffnen. So kam er vielleicht mit einem blauen Auge davon. Als ihm das Blut auch noch aus der Nase lief, überdachte er diese Entscheidung noch einmal kurz, kam aber zu keinem anderen Ergebnis.

„Tsunade gehören Etablissements in der ganzen Stadt. Einige davon liegen in unserem Gebiet – und an uns hat sie nichts gezahlt“, erklärte er.

„Das ist uns egal“, sagte Hiashi. Itachi bezweifelte, dass er ihm wirklich zugehört hatte. „Was ihr getan habt, werten wir als Kriegserklärung. Ich wurde geschickt, um euch einen Denkzettel zu verpassen.“

Itachi sah ihm fest in die Augen. „Ihr seid verrückt.“

Reifen quietschten und gleißendes Fernlicht erhellte die Szene vor der Bar. Ein Auto raste heran und genau auf die versammelten Hyuuga zu. Einige schafften es nicht, rechtzeitig zur Seite zu springen und wurden von der Kühlerhaube erwischt und quer über die Straße geschleudert. Hiashi brachte sich mit einem Satz in Sicherheit. Der Wagen scherte aus und stellte sich quer auf die Straße. „Spring rein, schnell!“, rief Kakashi vom Fahrersitz aus. Itachi nickte ihm kurz zu, riss die Hintertür auf und schwang sich hinein. Kaum war er im Wagen, fuhr Kakashi schon weiter, brachte das Auto in die Mitte der Straße und lehnte sich aus dem Fenster, um zurück zu schießen. Mit seinem Sharingan hätte er Hiashi vielleicht sogar getroffen, wäre er nicht in diesem Moment in ein Schlagloch gefahren. Der Schuss ging daneben, Kakashi fluchte und tat sein Möglichstes, damit sie nicht ins Schleudern gerieten. „Ist noch jemand in der Bar?“, rief er zur Itachi zurück, der sich halbwegs aufgerichtet hatte und seinen Colt nachlud.

„Fugaku. Sasuke. Noch ein paar andere.“

„Verdammt“, fluchte Kakshi, schwenkte das Lenkrad herum und fuhr eine scharfe Kurve um den Block, auf den Hinterhof der Bar zu.

Dort standen für gewöhnlich die Privatwagen der Familienmitglieder. Jetzt waren zwei Hyuuga dabei, eben diese Wagen mit Schlägern zu demolieren. Kakashi fuhr, ohne zu bremsen, auf sie zu, und zielte. Einer der Schläger holte eine Maschinenpistole hervor, aber so viel er dank seinem einzelnen Byakugan auch sehen konnte, Kakashi war zu schnell unterwegs. Die Sharingan-Familienmitglieder hingegen hatten keine Abschläge. Kakashis erste Kugel traf ihr Ziel genauso gut wie Itachis. Die beiden Hyuuga sanken leblos zu Boden. Quietschend brachte Kakashi den Wagen zum Stehen, stieg aus und nahm die Maschinenpistole an sich.

„Sie haben eine Rauchgranate geworfen“, erklärte Itachi. „Wir werden kaum etwas sehen, wenn wir rein gehen.“

„Wir können unmöglich warten. Sasuke ist verletzt und Fugaku nicht gerade der beste Schütze“, sagte Kakashi bestimmt.

Itachi wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht, überlegte kurz und nickte seinem Kamerad dann zu.

Falls hinter einer Tür Hyuugas lauerten, würden sie sie dank ihren Byakugan sehen. Also brachen Itachi und Kakashi die Tür des Hintereingangs kurzerhand mit einem einzigen Tritt auf. Der Rauch hatte sich ein wenig verzogen, aber es dennoch schwierig, etwas zu sehen.

„Hörst du das?“, flüsterte Kakashi.

Itachi nickte. Er hörte gar nichts, das hatte Kakashi gemeint. Es war geradezu abartig ruhig. Vorhin hatten noch Schüsse geknallt, aber nun … Totenstille. Wahrscheinlich wortwörtlich.

Die beiden Mafiosi nickten einander zu und schlichen mit angehaltenem Atem weiter. Der Rauch ließ die Bar seltsam anders aussehen. Der Weg zum Krankenzimmer kam ihnen weiter vor, als er war. Endlich sahen sie die dunkle Holztür und bauten sich links und rechts davon auf. Itachis Herz klopfte ihm kräftig den Kehlkopf wund. Auch wenn er es nie zugegeben hätte – er war nervös. Mehr als nervös. Sie hatten es mit Feinden zu tun, die sie überall sehen konnten und wahrscheinlich ausgebildete Killer waren. Schweiß und Blut brannten in seinen Augen. Jetzt, da sich der Rauch gelichtet hatte, hatten sie eine reelle Chance, feindlichen Kugeln auszuweichen. Aber es war klar, dass Itachi den ersten Schritt machen musste; Kakashis Sharingan war nicht so mächtig wie seines. Ein Geräusch drang aus dem Zimmer. Dort drinnen war jemand. Itachis Gedanken rasten. War es das Klicken einer Waffe gewesen? Oder hatte er sich gar verhört? Wenn nicht, dann war Sasuke ...

Schluckend bedeutete er Kakashi, ihm die Maschinenpistole zuzuwerfen. Im Gegenzug gab er ihm seinen Colt. Langsam spannte er seine Muskeln an. Er würde die Tür aufbrechen und das Zimmer unter Dauerfeuer stellen. Er würde seinen Bruder rächen. Sasuke hatte die Verletzung, die ihm der Weiße Richter zugefügt hatte, noch nicht überwunden. Er hatte sich kaum rühren können, als er im Krankenbett gelegen war. Er war wehrlos gewesen …

Itachi holte tief Luft, warf sich mit der Schulter gegen die Tür und sprengte sie damit auf. Dann packte er Lauf und Abzug seiner Waffe und ...

„Ach, du bist es“, sagte Sasuke und senkte seine Pistole.

Itachi starrte ihn ungläubig an und atmete dann erleichtert aus. Sein Bruder stand zwischen den Fenstern des Raumes an der gegenüberliegenden Wand, durch die erstes Tageslicht strahlte. Um seinen entblößten Oberkörper waren zahlreiche Schichten Verband gewickelt. Vor ihm lagen zwei Hyuuga am Boden.

Jetzt steckte auch Kakashi fragend den Kopf in den Raum. „Sasuke!“, rief er aus. „Was tust du da? Du solltest doch im Bett bleiben!“

Sasuke zuckte mit den Schultern. „Hätte ich mich abknallen lassen sollen? Ich bin sowieso wieder fit.“

Kakashi schüttelte den Kopf und schmunzelte unter seinem Mundtuch. Itachi sagte nichts, sondern starrte Sasuke nur weiter aus seinen roten Augen an. Sein Bruder hatte schon immer eine Vitalität gehabt, die ihn verblüfft hatte. Seit er von Mangekyou seine Sharingan empfangen hatte, waren seine Verletzungen in Rekordgeschwindigkeit geheilt. Dennoch war Itachi überrascht. Der Bauchschuss hatte zuerst tödlich ausgesehen, als Sasuke dann über dem Berg gewesen war, hatten die Familienmitglieder bezweifelt, dass er jemals wieder aufstehen konnte, und jetzt …

„Aber schone dich wenigstens“, brummte Itachi.

Sie verließen zu dritt das Krankenzimmer – Sasuke begleitete sie natürlich – und machten sich auf den Weg in die Barstube. Der Rauch war endgültig verschwunden, ebenso wie die letzten Hyuuga. Aber der Raum bot einen Anblick des Jammers: Die gesamte Einrichtung war zertrümmert, alle Fenster eingeschlagen, Dekoration heruntergerissen worden.

„Fugaku!“, rief Kakashi, als er den Barmann hinter der Schank liegen sah. Seine Augen waren weit aufgerissen und starrten ins Leere. Das Leben darin war längst erloschen. Zahlreiche Schusswunden verunstalteten seinen Körper und unter ihm hatte sich bereits eine große Blutlache ausgebreitet. Auch die anderen Familienmitglieder, die sich in dem Gebäude aufgehalten hatten, lagen irgendwo in den abstrusesten Haltungen herum, allesamt tot. Itachi senkte den Blick. Es waren gute Männer gewesen, die hier ihr Leben gelassen hatten.

Kakashi ließ sich neben Fugaku zu Boden sinken und schloss ihm die Augen. Vor der Bar quietschten Reifen auf. Die Hyuugas zogen wieder ab.

„Das bedeutet Krieg“, murmelte Kakashi und starrte ins Leere.

„Verdammte Scheiße!“, brüllte Sasuke und trat wuchtig gegen die Überreste eines Tisches. Im nächsten Moment stöhnte er auf, sank zu Boden und presste die Hand gegen seinen Leib. Der Verband färbte sich leicht rot.

„Irgendjemand muss sofort den Don verständigen“, murmelte Itachi, ohne auf seinen Bruder zu achten. „Es gibt nichts, was wir alleine jetzt tun könnten.“
 

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Hoffe es hat euch gefallen, freue mich natürlich über Rückmeldungen ;)

Wie ein Schachspiel

Halloy! Lang ist's her, aber jetzt komm ich endlich mal dazu, das nächste Kapitel zu veröffentlichen. Außerdem gibt's eine Freudennachricht: ABFY hat die 100-Kommi-Grenze genkackt :D -Applaus-

So, jetzt ohne weitere Vorreden: Viel Spaß mit dem neuen Kapitel!
 

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Der Tag verging zäh und schleppend. Gegen Mittag etwa kam Idate zurück, abgekämpft und rußverschmiert, und Naruto wollte eigentlich gar nicht wissen, wo er überall gewesen war. Seufzend ließ Idate sich im Versteck zu Boden sinken und leerte eine Flasche Mineralwasser.

„Wo steckt Sasori?“, wollte Kiba wissen.

„Sucht wahrscheinlich noch. Wir haben uns aufgeteilt“, erklärte Idate knapp und sah Naruto abfällig an. „Ihr Typen habt ja wirklich nur Scheiße im Kopf. Lasst einfach zu, dass einer von euch geschnappt wird. Idioten.“

Das hörte Naruto gar nicht gern. Auf seiner Stirn wurde eine pochende Ader sichtbar, als er mit dem Finger auf Idate zeigte und rief: „Halt du mal die Klappe! Immerhin haben wir einen Koffer voll Geld zurückgebracht, und du gar nichts! Echt jetzt, du kotzt mich so was von an!“

„Tut mir wahnsinnig leid“, spottete Idate.

„Hört auf, euch wie kleine Kinder zu streiten“, bat Sakura. „Könnt ihr Jungs denn nie vernünftig sein?“

Aber Idate war anscheinend in der Stimmung zu stänkern. „Jaja, wir sollen aufhören, und du fängst dabei gleich an, uns zu beleidigen.“

„Wenn ihr nichts anderes versteht …“, meinte Sakura schnippisch. „Außerdem – soll ich dich mal wirklich beleidigen?“

„Pff. Ich hab es nicht nötig, mich mit einer flachbrüstigen Riesenstirn wie dir zu ärgern.“

Sakura sah aus, als wolle sie ihm gleich an die Gurgel gehen, und wenn Lee sie nicht zurück gehalten hätte, hätte sie es wahrscheinlich auch getan. Naruto fühlte sich plötzlich verpflichtet, ihr beizuspringen. „Das war wirklich nicht gerade nett, echt nicht.“ Mehr fiel ihm allerdings auch nicht ein.

„Haltet einfach die Klappe, ich bin müde!“, knurrte Idate, dem wohl etwas mit großer Geschwindigkeit über die Leber gelaufen war. Oder er war einfach schlecht gelaunt, weil sie Sora nicht gefunden hatten.

„Okay, okay, wir sind alle ein bisschen überdreht“, schlichtete Kiba – ausgerechnet Kiba – den Streit. „Wisst ihr was? Bis Sasori oder Sora zurück kommen, können wir sowieso nichts tun. Aber mit dem Geld, das wir jetzt haben, können wir mal so richtig Party machen! Wie wär’s?“

Naruto fand das ziemlich makaber, aber auch er stimmte zu, als die anderen nickten. Blöder Gruppenzwang. Kiba grinste zufrieden. „Also dann, Lee und ich, wir gehen einkaufen. Du bist selbstverständlich auch eingeladen“, sagte er zu Kin, die keine Miene verzog.
 

So verging auch der Nachmittag. Es war kein so schlimmes Saufgelage, wie Naruto erwartet hatte, aber es ging ziemlich rau zu. Kiba kam zwar auf die Idee, ein Trinkspiel zu veranstalten, aber nur er, Idate und Lee waren dafür, und Lee zählte nicht.

Also gefiel es auch Naruto. Sie räkelten sich auf den Decken in ihrem Versteck, aßen Kuchen, Schokolade und anderes Süßes – Obst, Gemüse oder sonstige gesunde Sachen hatten Kiba und Lee nicht mitgebracht. Es gab aber kalte Würste und einen Laib Brot mit ausgezeichnetem Thunfischaufstrich, an dem speziell Kin einen Narren gefressen zu haben schien. Konohamaru war ganz wild darauf, einen der vielen Alkopops zu kosten, und Kiba ließ das sogar zu, auch wenn es ihm einen tadelnden Blick von Sakura einbrachte.

So vergingen die Stunden. Als das Feiern langsam langweilig wurde, beschlossen sie, doch ein Spiel zu spielen. „Na, Idate, Wahrheit oder Pflicht?“, fragte Kiba, leicht angetrunken.

„Sollten wir nicht vielleicht erst mal eine Nachtwache einteilen?“, fragte der Angesprochene.

„Ist doch noch nicht dunkel. Also, Wahrheit oder Pflicht?“

„Wahrheit“, sagte Idate trocken. „Weil ich genau weiß, dass du mich sonst wieder nackt um den Supermarkt laufen lässt.“

Alle Versammelten brachen in schallendes Gelächter aus, bis auf Sakura, die die Hand vor die Augen legte und murmelte: „Bitte nicht.“ Moment, dachte Naruto, hatten sie das tatsächlich schon einmal gebracht?

„Also gut! Dann erzählt uns mal, wie das war mit dir und dieser Kellnerin, in diesem Pub letztes Jahr. Das interessiert mich schon seit damals brennend“, sagte der Anführer der Straßenwölfe grinsend und sein Hund bellte zustimmend.

Idate lief plötzlich rot an. Es war Balsam für Narutos Seele, dieses Großmaul mal so zu sehen. „Ich … äh … Also, da war … gar nichts …“

„Ach nein?“, witzelte Kiba. „Bist du sicher? Du weißt, du musst die Wahrheit sagen.“

„Naja … Sie war ja recht hübsch … Aber wir haben uns nur geküsst, dann hat der Besitzer uns gesehen und sie an die Arbeit zurück geschickt. Und mich rausgeschmissen, weil ich kein Geld dabeigehabt habe.“

„Oh“, machte Kiba und wirkte enttäuscht. „Na gut. Du bist dran.“

„Okay“, sagte Idate und überlegte. „Kin, Wahrheit oder Pflicht?“

Kin, die offenbar überrascht war, dass sie in das Spiel mit einbezogen wurde, sagte: „Äh … Pflicht.“

„Gut. Dann befehle ich dir, Kiba eine runterzuhauen.“

„Mit dem größten Vergnügen.“

Kin führte die Aufgabe regelrecht begeistert aus und die Ohrfeige hallte fast sekundenlang nach, wie es Naruto vorkam. Er grinste. Heute bekam anscheinend jeder, was er verdiente.

„Jetzt bist du dran“, sagte Sakura zu Kin, die das Spiel offenbar nicht wirklich kannte.

„Hm … Sakura? Wahrheit oder Pflicht?“

„Pflicht.“

„Gut, dann hol mir was zu trinken.“

„Och, Kin!“, rief Kiba enttäuscht. „Was soll denn das? Das ist doch kein bisschen interessant!“

„Ich hab aber Durst.“

„Danke“, sagte Sakura und zwinkerte ihr zu. Zu Kiba sagte sie: „Ich bin nur froh, dass du deine Wut schon an Idate ausgelassen hast.

Nachdem Kin ihr Getränk bekommen hatte, fragte Sakura Kiba: „Wahrheit oder Pflicht?“

„Pflicht.“

„Gut, dann hören wir mit dem Spiel auf und spielen was anderes. Ich hab keine Lust mehr.“

Kiba wirkte schon wieder enttäuscht, hatte dann aber eine zündende Idee, die seine Augen zum Leuchten brachte.

„Gut, dann spielen wir Flaschendrehen!“ Er zog eine leere Rumflasche hervor. Naruto lief prompt rot an. Irgendwie hatte er da ein ungutes Gefühl …

„Wie soll das gehen, wir haben nur zwei Mädchen?“, fragte Idate.

„Macht nichts. Wir drehen zweimal, einmal zwischen den beiden und dann zwischen uns.“

Sakura sah nicht gerade glücklich aus, aber Kiba duldete keine Widerrede. Er legte die Flasche zwischen sie und Kin und ließ sie rotieren. Die Wahl fiel auf Sakura. „Warum hab ich das nur schon kommen sehen?“, murmelte sie.

„Sehr gut“, grinste Kiba und ging zum Kreis der Jungs. „Und jetzt ermitteln wir den glücklichen Gewinner!“

„Nein, danke“, sagte Idate und stand auf. „Ich mach nicht mit.“

„Klar machst du das, Feigling! Setz dich her – uns los geht’s!“

Die Flasche drehte sich. Naruto wurde ganz schwindlig, daher sah er die anderen Teilnehmer an. Konohamaru saß auch im Kreis und sah ziemlich unbeteiligt drein, Lee beobachtete die Flasche fieberhaft und mit hervortretenden Augen und zusammengepressten Lippen. Kiba wirkte nur noch betrunken und Idate hoffte sichtlich, dass er nicht an die Reihe kam.

Dann blieb die Flasche liegen und ihr Hals zeigte auf Naruto.

Sein Herz begann plötzlich schneller zu schlagen. Wie war das jetzt, er sollte Sakura küssen? Er sah ihr ins Gesicht und sah, wie sie errötete. Wenigstens sah sie nicht angeekelt weg …

„Na was ist, fangt an, wir wollen noch ‘ne Runde spielen!“, drängte Kiba und Naruto hätte ihm am liebsten eine gewischt.

Langsam beugte er sich vor, genauso wie Sakura auch. Kurz vor ihrem Gesicht hielt er nochmal inne. „Ich … Tut mir leid“, murmelte er verlegen.

Sie zuckte mit den Schultern. „So sind die Spielregeln.“

Naruto nickte. Etwas weiter noch … Aber es würde sein erster Kuss sein, und den sollte er bei einem dämlichen Spiel hergeben?

„Mensch, wie lange braucht ihr noch, ihr Keuschheitsfanatiker?“, rief Kiba.

Naruto schluckte und fasste sich ein Herz. Kurz entschlossen rutschte er noch ein Stück näher … Noch drei Zentimeter …

„Amüsiert ihr euch gut?“, fragte eine Stimme in die Stille hinein.

Idates erschrockenes Keuchen ließ Naruto herumfahren. In der Tür stand der Typ, den er schon einmal gesehen hatte, gestern in dem alten Motel. Der Kerl mit dem Baseballschläger. Kankuro.

„Ach du Scheiße“, entfuhr es Kiba, der den ungebetenen Gast nur anstarrte und völlig überrumpelt wirkte. Sein Hund Akamaru knurrte bedrohlich.

Kankuro zeigte ihm grinsend den Mittelfinger, drehte sich dann um und machte sich aus dem Staub. Endlich lösten sich die Straßenwölfe aus ihrer Erstarrung. „Hinterher!“, schrie Kiba mit schriller Stimme. „Er hat unser Versteck gesehen! Idate!“

Idate war sofort auf den Beinen und stürmte los. Naruto musste anerkennend feststellen, dass er ein begnadeter Sprinter war. Im Vorraum des Bandenverstecks war es bereits ziemlich dunkel, sodass ihn die Finsternis nach wenigen Schritten komplett verschluckte. Dann hörten sie einen erschrockenen Aufschrei und wie Idate hart stürzte.

„Idate?“, rief Lee erschrocken.

„Verdammte Scheiße … Verdammte Scheiße!!“ , kam es von draußen. „Kiba! Sie sind da! Alle!“

„Was meinst du mit alle?“

„Alle Schattenjäger!“

Was?!“ Kiba sprang auf. „Wie haben die hierher gefunden?“

„Offenbar hat dieser Sora ausgepackt“, murmelte Kin und raufte sich die Haare, die Augen angstvoll geweitet.

„Sora? Das würde er nie tun!“, rief Lee.

Kiba war inzwischen zu dem Waffenlager getaumelt: Allerlei Gerümpel, das in der Ecke des Kellerraumes aufgetürmt war. Er nahm sich selbst eine rostige Eisenstange und reichte seinen Bandenmitgliedern ebenfalls Schläger, Schlagringe oder Messer.

„Oh nein … Sie werden mich wieder an die Hyuuga verkaufen!“, hauchte Kin panisch. „Schnell! Ich will auch ein Messer!“

Kiba ließ sich nicht lange bitten und so hielt Kin kurz darauf ein Butterfly in der Hand.

Ein Lichtschein wurde draußen sichtbar. Die Schattenjäger hatten wohl eine beachtliche Anzahl Lampen mitgebracht. Man hörte einen Schlag und einen neuerlichen Aufschrei Idates. „Naruto! Sieh nach Idate!“, befahl Kiba.

Obwohl er ihn nicht leiden konnte, wollte er ihn nicht leiden hören. Also sprang Naruto auf die Füße und lief mit seinem Messer nach draußen.

Und genau in die gleiche Falle wie Idate vor ihm. Er stolperte mit den Füßen über einen kaum sichtbaren, straff gespannten Draht in Knöchelhöhe, fiel hin und schlitterte haltlos über den glatten Boden. Das Messer entglitt ihm und blieb außerhalb seiner Reichweite liegen. Ein Stiefel trat darauf. „Blöd gelaufen, Kumpel“, spottete Kankuro und wiegte seinen Baseballschläger in der Hand. „Sei schön brav und bleib liegen, dann bleiben deine Knochen heil.“

Naruto dachte nicht daran, wollte sich aufrappeln und bekam sofort einen Schlag in den Rücken, der ihn ächzend wieder zusammen brechen ließ.

„Sachte, Kankuro“, hörte er eine Stimme und erkannte erst jetzt, wen Idate mit alle Schattenjäger gemeint hatte: Der Dicke, den er bereits kannte, dann ein Mann zwischen zwanzig und dreißig mit einem seltsam unpassenden, blütenweißen Hemd, eine hoch gewachsene, gut aussehende junge Frau mit vier blonden Zöpfen und ein merkwürdiger Typ mit Sonnenbrille, die es ihm fast unmöglich machen musste, in dem Halbdunkel etwas zu sehen. Von ihm war praktisch kein Stückchen Haut sichtbar, so gut war er in seine Kapuzenjacke eingepackt. Und Shikamaru, der Anführer der Schattenjäger, saß hinter ihnen lässig im Schneidersitz, eine glimmende Zigarette im Mund. Er hatte Kankuro zurückgerufen. „Fangen wir an mit Operation Ausräuchern.“

Der Dicke und der Sonnenbrillentyp verschwanden kurz aus dem Supermarkt und kehrten dann mit vier großen Ballen Stroh zurück. Naruto blinzelte. Was wurde das jetzt? Das Stroh glitzerte feucht. War es nass? Es roch nach … Benzin! Alarmiert wollte er aufspringen, bekam aber sofort einen Tritt von Kankuro in den Rücken. Der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen. Verdammt, dabei hatten sie gerade noch gefeiert!

Die Strohballen wurden in das Versteck der Straßenwölfe geworfen und die Blondine warf noch ein brennendes Streichholz hinterher. Fauchend entzündete sich das Benzin. Eine Welle aus orangegelbem Licht vertrieb alle Dunkelheit und sofort breitete sich stinkender Qualm im Versteck aus.

„Gut. Kankuro, pass auf die beiden auf“, sagte Shikamaru mit ruhiger Stimme, womit er garantiert Naruto und Idate meinte, der sich unweit von ihm auf dem Boden krümmte. „Temari und Shino, zurück zu mir. Chouji, geh drei Schritte nach links.“ Naruto sah ihn verwundert an. Shikamaru sah seinen Blick und lächelte seicht, wobei er seine Zigarette abklopfte. „Es ist wie ein Schachspiel.“

Es dauerte nicht lange, da stürmten die restlichen Straßenwölfe hustend aus dem Versteck. Der Dicke – Chouji – griff wahllos zu und erwischte Konohamaru am Kragen und hob ihn in die Höhe. Der Kleine zappelte, aber es half nichts.

„Lass ihn los!“, forderte Kiba und Akamaru sprang Chouji knurrend an.

Der Dicke ließ das Kind aufs Hinterteil plumpsen und nahm von seinem Rücken ein seltsames Gerät, das Naruto erst jetzt erkannte: Ein Eisenrohr mit einer Fangschlaufe, wie es Hundefänger verwenden. So geschickt, wie Naruto es dem plumpen Kerl nicht zugetraut hätte, wich er Akamaru aus und schaffte es irgendwie, den Kopf des Hundes in die Schlaufe zu bekommen, die er sofort zuzog. Akamaru wehrte sich nach Kräften, aber Chouji zerrte ihn einfach mit sich zu Kankuro.

„Akamaru!“, rief Kiba und wollte losstürmen, sah sich aber sofort von den anderen Schattenjägern eingekreist.

„Halt mal“, sagte Chouji und gab Kankuro das Rohr mit dem Hund dran, der sich immer noch zornig schüttelte. Naruto sah seine Chance gekommen und wollte sich herumwerfen, fing sich aber wieder nur einen – weitaus schmerzhafteren – Tritt ein.

„Ich kann mir das nicht länger ansehen“, rief Lee und in seinen Augen flackerte ein Feuer auf. „Ihr werdet die jugendliche Kraft in uns nicht auslöschen!“ Damit stürmte er los und hielt auf Shikamaru zu.

Plan F“, sagte der Anführer der Schattenjäger nur.

Sofort stellte sich Temari zwischen ihn und Lee.

„Aus dem Weg!“, rief der Jungspund.

Aber Temari sah ihn nur aus treuherzigen Augen an. „Du wirst doch wohl keine Frau schlagen?“, fragte sie so hilflos, dass sogar Naruto Mitleid bekommen hätte, und krönte das Ganze noch mit einer aufreizenden Geste.

Lee zögerte tatsächlich sichtbar – und bekam im nächsten Moment den Baseballschläger des Hemd-Mannes zu spüren. Der Straßenwolf verdrehte die Augen und sank bewusstlos zu Boden. Kiba fluchte.

„Gut gemacht, Temari, Iruka“, kommentierte Shikamaru.

Die Blondine kam grinsend zu ihm zurück und drückte ihm einen Kuss auf die Nasenspitze.

„Kiba, wir müssen etwas tun!“, sagte Sakura gehetzt. Sie, Kiba und Kin waren die letzten, die noch standen, und noch dazu hüllte sie jetzt wieder der Qualm ein, der höllisch in den Augen und im Hals brennen musste. Naruto registrierte beiläufig, dass Sakuras Haare etwas angesengt waren. Kin zitterte am ganzen Körper. Nein, so war es: Nur noch Kiba und Sakura gegen sechs Schattenjäger.

„Hast du nicht mal Kampfsport gemacht?“, fragte Kiba.

„So was Ähnliches …“, sagte Sakura.

„Dann übernimm Iruka. Ich mach Chouji platt. Na, was sagst du, Dicker?“

Eine seltsame Veränderung schien mit Chouji vorzugehen. Seine Augen begannen plötzlich zu glühen. All seine Muskeln und Sehnen strafften sich.

„Chouji, beherrsch dich!“, warnte Shikamaru, aber es war unmöglich, ihn zu beruhigen.

Ich bin nicht dick!!“, brüllte er und ging wie eine außer Rand und Band geratene Dampfwalze auf Kiba los, der grinsend auswich und ihm ein Bein stellte. Chouji stürzte schwer, rollte mehr oder weniger über den Boden und knallte dann voll mit dem Gesicht gegen die Wand.

„Da siehst du, Shika“, grinste Kiba. „Ich kann auch taktisch vorgehen.“

Im gleichen Moment rannte Sakura los und gab Iruka, der ihr am nächsten stand, einen blitzschnellen Schlag auf die Nase. Der erholte sich ziemlich schnell, holte mit seinem Schläger aus – dann trat ihm Sakura heftig zwischen die Beine. Als der Mann ächzend in die Knie ging, stieß sie ihn um und schnappte sich in der gleichen Bewegung seinen Schläger.

Naruto begann Hoffnung zu schöpfen. Vielleicht konnten die beiden sie ja doch noch irgendwie aus dieser Zwickmühle raushauen …

„Shino, Plan K“, befahl Shikamaru unbeeindruckt.

Der vermummte Typ fischte etwas aus seiner Jackentasche heraus, was Naruto als zugeschraubten Glasbehälter identifizierte. Der Schattenjäger schleuderte es Sakura vor die Füße, die instinktiv zurückwich. Was auch gut war: In dem Glas, das mit einem lauten Klirren in Tausende Scherben zersprang, befanden sich drei große, haarige Vogelspinnen. Sakura kreischte auf, als eine davon auf ihrem Bein landete, und schüttelte das Tier mit einer raschen Bewegung ab. Dann fasste sie sich wieder. „Glaubst du, du kannst mir mit Spinnen Angst machen?“, fragte sie, trotzdem ein wenig bleich.

„Der Biss einer Vogelspinne ist nicht tödlich“, murmelte Shino monoton. „Aber er ist sehr schmerzhaft. Ich habe noch drei solche Gläser. Warum? Weil ich leidenschaftlicher Sammler bin.“

Ob das stimmte oder ob er nur bluffte, konnte Naruto nicht sagen. Shinos Gesicht war nicht einmal zu sehen. Es konnte stimmen oder es konnte nicht stimmen … Aber Sakura schien ihm zu glauben und wich noch ein paar Schritte vor den Spinnen zurück, den Schläger zum Schlag erhoben.

In diesem Moment seufzte Shikamaru. „Beenden wir dieses grausame Spiel“, sagte er und drückte seine Zigarette auf dem Boden aus, wo sie zischend erlosch. „Kin, Plan Z.“

Naruto hatte ihn im ersten Moment gar nicht verstanden. Es war, als hätte Shikamaru gerade etwas gesagt, was seinen Horizont überstieg.

Kiba schien es ähnlich zu gehen. Er konnte gar nicht reagieren, auch nicht, als Kin ihm von hinten ihr Messer an die Kehle setzte. Der Anführer der Straßenwölfe riss keuchend die Augen auf. „DU?!“

Auch Naruto konnte nichts sagen. Er starrte das Mädchen nur ungläubig an. War sie etwa …? Die ganze Zeit …?

Shikamaru lächelte. „Gut gemacht. Hast du wirklich geglaubt, es wäre Zufall gewesen, dass ihr mit unserem Geld abhauen konntet, Kiba? Ich hatte das alles von Anfang an geplant.“

„A … Aber wie … Und wann?“ Mehr brachte Kiba nicht heraus. Akamaru winselte.

„Weißt du, es gibt da eine Erfindung namens Handy“, sagte Kin triumphierend. "War nicht weiter schwierig, Shikamaru den Standort eures Verstecks zu verraten. Was sagst du jetzt, Großmaul?“

Naruto brachte immer noch keinen Ton heraus. Auch Sakura war mitten in der Bewegung erstarrt und wurde sofort von Chouji gepackt, der ihr den Baseballschläger aus der Hand drehte und sie eisern festhielt. Konohamaru kauerte in der Ecke und weinte, und Idate, der nun aufspringen wollte, wurde sofort wieder von Kankuro niedergeschlagen.

„Tja, Game Over, Kiba“, sagte Shikamaru.
 

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Tadaaaa ... Ich hoffe mal, dass mir die Überraschung gelungen ist ;)

Und dass die Party der Straßenwölfe ein wenig zur Auflockerung beigetragen hat und nicht langweilig war^^

Sorry für den Cliffhanger, ich konnte mal wieder nicht widerstehen XD

Das Ende vor Augen

„Ich … Ich glaub das nicht“, murmelte Naruto. Immer noch starrte er Kin an, als wäre sie ein Geist. Oder auch ein Dämon.

Shikamaru hatte sich erhoben und kam auf Kiba zu. „Sieh es ein, Kiba, du hast verloren. Du bist Schachmatt.“

Kiba starrte ihn so hasserfüllt an, dass Naruto schon befürchtete, er würde das Messer an seinem Hals einfach vergessen und sich auf seinen Widersacher stürzen. Aber das war auch gar nicht notwendig.

„Ohhhhh …“ Dieser Kampfschrei konnte nur von einem kommen.

Lee war aufgewacht, mit einem Satz aufgesprungen und raste auf Shikamaru zu. In seinen Augen brannte ein wildes Feuer. „Ihr werdet die Kraft der Straßenwölfe zu spüren bekommen!“, schrie er. Naturo war verwundert, dass er nicht Jugend sagte.

Temari stellte sich wieder schützend vor Shikamaru, aber Lee schloss einfach die Augen und rannte sie um, dann prallte er gegen den Anführer der Schattenjäger, der wiederum gegen Kankuro stieß und mit ihm zu Boden fiel.

„Bleib stehen!“, kreischte Kin. „Oder ich bringe ihn um!“

„Kannst du das wirklich, du kleine Straßenhure?“, knurrte Kiba. Dass er keine Angst zeigte, schien sie zu verunsichern, denn sie tat nicht nur nichts, sondern senkte auch ihr Messer ein Stück. „Idate! Naruto! Lauft!“, rief Kiba.

Das ließen sie sich nicht zweimal sagen. Noch ehe einer der Schattenjäger reagieren konnte, stürmten sie zur Tür hinaus. Idate hinkte, deshalb war Naruto der erste, der aus dem Supermarkt lief.

Und dann abrupt stehen blieb, als er direkt in den Lauf einer Uzi starrte. Und als er den Mann, der die Waffe hielt, erkannte, wünschte er sich weit, weit weg.

„Ich glaube, dieses Gossen-Machtspiel ist jetzt weit genug gegangen“, sagte Neji.
 

War es immer noch Nacht? Oder schon wieder? Kimimaro konnte es nicht sagen, er sah nur, dass es finster war. Oder lag es daran, dass die Vorhänge in diesem Zimmer zugezogen waren? Oder waren seine Augen noch geschlossen? Ja, das war es. Er öffnete sie, aber es blieb dennoch schwarz davor.

Er hatte Deidara in das Bett der Ärztin gelegt und war selbst auf das Sofa gesunken, gerade noch rechtzeitig, bevor er das Bewusstsein verloren hatte. Er lauschte in sich hinein. Ganz zweifellos hatte er seine dämonische Gestalt verloren, aber er spürte auch die Wirkung des Giftes nicht mehr. Erleichtert setzte er sich auf. Über sich erkannte er nun die Schemen eines Lampenschirms – dessen Glühbirne urplötzlich in so hellem Licht aufflammte, dass der Schmerz wie ein Blitz durch seinen Kopf schoss. Er hörte Schritte, fuhr herum, war aber immer noch geblendet.

„Bleiben Sie liegen“, hörte er die Stimme der Ärztin. Shizune war ihr Name, wenn er sich nicht irrte. Als sie Kabutos Haus über die Dächer der Stadt verlassen hatten, war ihm der Gedanke, zu ihr zu gehen, wie eine Kugel in den Kopf geschossen. Zum Glück. Wie es aussah, war er außer Gefahr.

Shizunes Silhouette schälte sich wie ein Schatten aus dem gleißenden Licht. Sie hielt ihm einen Becher mit einer Flüssigkeit hin, die übelst stank. „Trinken Sie das. Sie müssen das Gegenmittel mehrmals einnehmen, bis das ganze Gift in Ihrem Körper abgebaut ist.“

Kimimaro nickte, nahm die Medizin entgegen, verzog kurz die Lippen und kippte sie dann in einem Zug hinunter. Sie schmeckte grauenhaft. „Wie geht es meinem Freund?“, fragte er krächzend.

„Er schläft. Das Gift hat bei ihm viel schneller gewirkt, aber ich habe ihm bereits zwei Dosen des Gegenmittels injiziert. Er wird bald wieder zu sich kommen, auch wenn es ziemlich knapp war.“ Sie setzte sich auf einen der Ledersessel neben der Couch. „Darf man fragen, was Ihnen beiden zugestoßen ist?“

Kimimaro schüttelte stumm den Kopf. „Wir wollen nicht noch mehr Ärger machen. Es ist besser, wenn Sie es nicht wissen.“

„Aha“, machte Shizune.

Kimimaro kramte in den Taschen seines zerfetzten Mantels herum – er registrierte, wie er nach Schweiß stank – und reichte ihr ein Bündel Geldscheine. „Für Ihre Umstände. Es sollte genügen.“

Shizune starrte die Scheine an, machte aber keine Anstalten, sie in die Hand zu nehmen. „Sie können von Glück sagen, dass ich die Zutaten für das Gegenmittel im Haus hatte. Wer hat denn dieses Teufelszeug hergestellt?“, fragte sie beharrlich.

Kimimaro starrte nur an ihr vorbei ins Leere. Er fühlte die drei Fläschchen mit Kabutos Antidemonicum in seiner Tasche.

Als er nichts sagte, stand sie seufzend auf und ging in ihr Schlafzimmer zurück. Ihre Bewegungen waren erschöpft und müde. Er und Deidara mussten wohl doch länger geschlafen haben. Aber er wollte die Ärztin sowieso nicht länger vom Schlafen abhalten. Sobald Deidara wohlauf war und sie alle Dosen des Gegenmittels erhalten hatten, wollte Kimimaro wieder aufbrechen.

Er hatte bereits ein neues Ziel.
 

Vor dem Eingang des Bandenverstecks hatte sich eine ganze Truppe von Männern in den wüstenbraunen Mänteln der Hyuuga-Familie versammelt.

„Shikamaru hat mich gebeten, mich aus seiner Sache herauszuhalten“, sagte Neji mit einem hämischen Unterton in der Stimme. Es wäre Naruto nur normal vorgekommen, hätte er gelächelt, aber sein Gesicht blieb vollkommen ausdruckslos. „Aber wenn er es nicht schafft, euch alle da drinnen festzunageln, muss ich wohl einspringen.“

Er ließ seine Waffe sinken – seine Leute hatten ihre immer noch auf Naruto und Idate gerichtet – und kam langsam auf Naruto zu. „Aber das, was wir wollen, scheint ja freiwillig zu uns zu kommen. Shikamaru! Kommt raus!“, rief er.

Die Straßenwölfe traten zuerst aus dem Gebäude und hoben die Hände. Die Schattenjäger folgten ihnen, der dicke Chouji versperrte den Weg zurück ins Versteck, aus dem immer noch ein wenig Qualm kam. Shino hatte den Koffer mit dem Geld in der Hand. Er war angekokelt, aber sein Inhalt schien unversehrt zu sein.

„Gut, wir wären hier fertig“, sagte Neji mit einem Blick auf Kin. „Das Mädchen kommt mit uns. Ihr habt das Geld – alle sind glücklich.“

„Nicht so schnell“, sagte Shikamaru. Neji warf ihm einen bösen Blick zu, den der Schattenjäger gekonnt mit seiner typischen gelangweilten Miene ignorierte. „Sie haben bereits einen Teil des Geldes ausgegeben. Wir wollen diesen Teil zurück.“

„Pff“, machte Neji abfällig. Seine Stimme war gefährlich leise, als er sagte: „Du wagst es, solche Ansprüche zu stellen? Glaubst du nicht, ich hätte durchschaut, dass ihr ein doppeltes Spiel gespielt habt? Ihr habt uns benutzt, um das Versteck der Bande zu finden und um sie gefangen zu nehmen. Dafür willst du auch noch Geld?“

„Ich habe damit gerechnet, dass sie bei unserem Treffpunkt aufkreuzen. Geplant habe ich es nicht. Wenn die Hyuuga besser vorgesorgt hätten, wäre das alles gar nicht passiert – und außerdem haben meine Schattenjäger ihren Kopf hingehalten, um Kin und das Geld zurück zu bekommen“, sagte Shikamar ruhig.

Neji war nicht überzeugt. Er starrte ihn nur böse an.

„Wenn schon nicht dafür, dann bezahlt wenigstens für die Informationen, die Kin euch beschafft hat“, fuhr Shikamaru fort. Nejis Blick wanderte zu Naruto, was diesem gar nicht gefiel. Sein Herz begann zu klopfen. Konnte es sein …

„Ich weiß, wer deine Schwester ist, Neji Hyuuga“, fügte Shikamaru leise hinzu. „Ich denke, du schuldest uns etwas.“ Narutos Herz rutschte ihm in die Hose.

Neji schien zu überlegen. „Also schön“, knurrte er. „Was willst du?“

„Noch einmal fünftausend. Und eine eurer Uzis – mit Munition.“

Neji zuckte mit der Augenbraue. „Dreitausend. Und die Waffe könnt ihr vergessen.“

„Viertausend“, beharrte Shikamaru. „Und die Waffe. Dafür geben wir euch zehn Prozent Rabatt auf die nächsten beiden Ratenzahlungen für Kins Arbeit.“ Naruto war überrascht, wie er sich mit einem so gefährlichen Mafioso zu verhandeln traute.

Neji überlegte scharf. „Dreitausendfünfhundert. Und das nur, wenn sie gute Arbeit leistet und uns einige gute Dämonenessenzen beschert“, sagte er mit einem Blick auf Kin, die diesen ungerührt erwiderte.

„Einverstanden.“

Naruto konnte fühlen, wie die Spannung zwischen den Hyuuga und den Schattenjägern abflaute. Neji gab einem seiner Männer ein Handzeichen, woraufhin dieser Shikamaru seine Waffe zuwarf. „Wie viele Patronen?“

„Zehntausend Schuss. Das sollte für euch kein Problem sein.“

Neji nickte. Einer seiner Männer verschwand kurz im Inneren des Lastwagens, der Naruto erst jetzt auffiel; darin war wohl Platz genug für das ganze Dutzend Hyuuga. Der Mann kehrte mit einem Sack voller Uzi-Magazine zurück, den er Shikamaru aushändigte, der zufrieden dreinblickte.

„In Ordnung, dann wollen wir nicht noch mehr Zeit mit diesen Straßenbastarden verlieren“, brummte Neji. „Schafft mir die beiden in den Laster, dann fahren wir.“ Ohne Shikamaru noch eines Blickes zu würdigen, ging er davon und stieg bei der Beifahrerseite ein. Seine Männer packten Naruto und schleiften ihn mit sich in den Laderaum des LKWs, in dem eiserne Sitzbänke an den Wänden geschraubt waren. Er warf noch einen Blick zurück zu den Straßenwölfen, die für kurze Zeit seine Freunde gewesen waren. Seine einzigen. Kiba erwiderte seinen Blick ausdruckslos. Sakura sah ihm nicht in die Augen, sondern beschämt zu Boden. Naruto wusste, dass es vorbei war. Das war es gewesen, definitiv. Die Hyuuga schlossen die Heckklappe des Trucks und bald darauf spürte er, wie die Reise losging; eine Reise ins Ungewisse, mit Sicherheit aber in sein Grab.

Er fühlte eine Leere in sich, die alles verschlang. Während ihrer Feier hatte er so etwas wie eine Zugehörigkeit gefühlt, eine Sorglosigkeit, ein Hochgefühl. Nun war nur noch bittere Enttäuschung in ihm. Die Welt hatte ihren Boden für ihn verloren. Er wollte es sich nicht eingestehen, aber er hatte tatsächlich Angst vor Neji. Dass es im Grunde nur eine Reihe von Missverständnissen war, die ihn in diese Lage brachten, würde dem Mafioso egal sein. Naruto seufzte.

Jetzt erst sah er Kin sich gegenüber sitzen. Sie maß ihn mit einem eindeutig spöttischen Blick. Sie war es gewesen, die alles zerstört hatte. Aber er empfand nicht einmal den Wunsch, sich an ihr zu rächen. „Was hast du ihnen alles erzählt?“, fragte er nur mit belegter Stimme.

„Alles“, sagte sie tonlos.

„Wirklich alles?“ Im Grunde kannte er die Antwort schon, aber es war die letzte verzweifelte Hoffnung, die er hatte.

„Ja“, sagte Kin ungerührt. „Ich war wach, als du Sakura deine Geschichte erzählt hast. Was ich da gehört habe, war sehr interessant.“ Sie grinste. „Und es hat uns eine Menge Extrageld beschert.“

Naruto blickte niedergeschlagen zu Boden. Das bedeutete, dass Neji wusste, dass er Hinata getroffen hatte. An sich war das kein Verbrechen, aber er traute dem Hyuuga zu, allein in diese Tatsache eine heiße Liebesaffäre hineinzuinterpretieren.

Es war das Ende. Das Ende von den Straßenwölfen, und das Ende von Naruto Uzumaki.
 

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The End.

Nein, sicher noch nicht XD Auch wenn es so aussieht, weil ich hier ja ewig nicht weitermache :/ Die Wahrheit ist, dass ich nicht so viel Lust auf ABFY habe (tja, kann vorkommen^^) Ich arbeite schon wieder an einer neuen FF und mache die hier nur nebenbei. Aber fortgesetzt wird ABFY sicher! Ich weiß nur noch nicht wann XD

Falls jemand Interesse an der anderen FF hat, soll er sich bei mir melden! Es geht vor allem um Sakura und Naruto, und davon, wie sie sich sozusagen gegen Konoha verschwören. Könnte man sagen^^

Also bis zum nächsten Kapitel :)

Der Dämon in dir

Die Straßenwölfe und die Schattenjäger sahen dem davonfahrenden Truck nach, bis er in der Dunkelheit verschwunden war. Shikamaru lud seine neu erworbene Uzi mit einigen gekonnten Bewegungen. „So“, sagt er und lenkte damit die Aufmerksamkeit wieder auf sich.

„Was, so?“, fragte Kiba bitter. „Legst du uns jetzt alle um? Glaubst du, mit der Knarre geht es sauberer?“

Shikamaru sah ihn überrascht an. Entweder war er das tatsächlich, oder er schauspielerte es gekonnt, Kiba konnte es nicht sagen. „Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Ach, tu doch nicht so. Ich kenne dich gut genug“, spottete Kiba. „Oder wofür hast du dir sonst das Ding geben lassen? Doch wohl nicht als Trophäe? Einer wie du hat immer ein Motiv bei allem, was er tut.“

„Schön, dass du das merkst, Flohkutsche“, schnappte Temari. Kiba knurrte sie an, wagte es aber nicht, auch nur einen Finger zu rühren.

„Du kennst mich scheinbar überhaupt nicht, Kiba“, sagte Shikamaru. Seine Augen spiegelten so etwas wie gelangweiltes Bedauern wider. „Wenn ich deine Bande hätte platt machen wollen, hätte ich die Hyuuga nicht gebeten, sie zu verschonen.“

„Du hast was?“, entfuhr es Idate.

„Spiel dich nicht als Held auf“, meinte Kiba herablassend. „Wenn die Hyuuga uns verschont haben, dann höchstens, weil wir es nicht würdig sind durch ihre Hand zu sterben, oder so ähnlich.“

Shikamaru zündete sich eine Zigarette an und inhalierte. Dann blies er den Rauch gen Himmel, und wie als Reaktion darauf schwebten Schneeflocken herunter.

Es schneite.

„Weißt du noch, wie es war, bevor wir uns getrennt haben?“, fragte Shikamaru und sein Blick glitt in die Ferne. Kiba spannte sich an, aber Kankuro wiegte drohend seinen Schläger in den Händen. „Wir waren die erfolgreichste Bande der ganzen Stadt. Uns gehörte das größte Gebiet und mein Intellekt und deine rohe Kraft brachten uns einiges ein.“ Shikamaru sah dem Straßenwolf fest in die Augen. „Kiba“, sagte er, „ich will, dass wir uns wieder zusammenschließen.“

Kiba gaffte blöd. „Häh?“

„Ich nehme an, du hast tatsächlich nicht damit gerechnet.“ Obwohl seine Zigarette noch lange nicht aufgeraucht war, schnippte Shikamaru sie weg. „Hör zu, wir vereinen unsere Banden. Natürlich führe ich das Kommando, du bist zweiter Anführer. Mit so einer Hierarchie kommen wir nie wieder ins Streiten.“

„Und der erste Anführer hat die Uzi?“, vermutete Sakura.

„Genau. Zur Sicherstellung seiner Macht.“

„Glaubst du wirklich, wir steigen einfach so bei euch ein?“, fragte Kiba.

„Es ist deine Entscheidung“, sagte Shikamaru und gähnte. „Du solltest tun, was für deine Wölfe am besten ist.“

Kiba starrte auf die am Boden liegende Zigarette. Sie glomm immer noch, obwohl bereits Schnee auf ihr lag.
 

Der Truck kam mit einem Rumpler zum Stehen. Naruto, Kin und die anderen Hyuuga wurden ordentlich durchgeschüttelt. Bald ging die Heckklappe auf und bewaffnete Mafiosi holten sie heraus. Naruto sah sich um. Sie waren in einem Teil der Stadt, den er noch nie gesehen hatte. Die Gebäude waren abweisend und wirkten kalt, was vielleicht auch einfach an den Straßenlaternen lag, die weißes Licht verbreiteten. Es hatte zu schneien begonnen, ziemlich stark sogar. Naruto fröstelte. Schnee? War es denn schon Winter? Es konnte erst früher Herbst sein, seinem Gefühl nach. War vielleicht auch das Wetter in dieser Stadt so verrückt wie alles andere?

Ein Gebäude stach aus der Straße heraus: Es sah aus wie eine kleine Kathedrale oder auch eine Gruft, ein altes, gotisches Bauwerk aus verwittertem Mauerwerk, mit gewölbtem Dach, Gitter- und Buntglasfenstern und einem gewaltigen Tor. Naruto registrierte beiläufig, wie Kin das Bauwerk nervös, wenn nicht sogar alarmiert ansah. Er erinnerte sich an ihre Fähigkeit und fragte sich, was sie wohl gerade spürte.

Neji schlug seinen Mantelkragen höher und ging voran. Bewacht von dem Hyuuga-Trupp, folgten ihm Naruto und Kin bis zum Tor des Gebäudes. Kaum dass der Mafioso vor dem Portal stand, wurde es nach innen aufgezogen. Drinnen war es relativ düster; weißes Licht kam aus kalten Wandlampen, Schatten flackerten unruhig. Fast hatte Naruto Gebetsbänke oder so etwas in der Art erwartet, aber alles, was den Raum ausfüllte, waren schmale Marmorsäulen, die die hohe Decke trugen, und etwas, das ein Altar sein konnte: Eine kreisrunde Erhebung in der Mitte des Saales. Überall, hinter den Säulen und vor dem Altar, standen weitere Hyuuga. Naruto schluckte. Er war wohl mitten in ein Wespennest geraten.

Um den Altar herum waren mit Kreide seltsame Zeichen auf den Boden gemalt worden und wiederum um sie herum sah man ein gewaltiges Pentagramm, das in einem eigenen Licht zu glühen schien.

„Bruder!“, hörte Naruto eine Mädchenstimme rufen. Er drehte sich um und sah ihre Besitzerin heranlaufen. Auch ohne ihren Ausruf wäre ihm sofort klar gewesen, dass es sich um eine weitere Schwester von Neji handelte; sie sah ihm weit ähnlicher als Hinata.

Neji ging auf sie zu. „Hanabi“, sagte er und strich ihr flüchtig über den Kopf, als sie ihn umarmte. Naruto schluckte. War Neji vielleicht gar nicht so ein Fiesling, sondern auch ein netter großer Bruder?

Er reversierte den Gedanken, als Neji ihn mit einem Blick maß, der selbst ein warmes Kaminfeuer eingefroren hätte, und sagte: „Ich habe den Frevler gefunden.“

Zwei Männer, die sich glichen wie ein Ei dem anderen, traten in weiten, weißbraunen Zeremonienroben gemächlich auf den Hyuuga zu und sagten gleichzeitig: „Es ist alles vorbereitet.“

„Schön.“ Neji warf Naruto einen spöttischen Blick zu. „Dann führen wir diesen Bastard seiner gerechten Strafe zu.“

Naruto biss sich auf die Lippe, um ihn nicht anzumotzen. Noch einmal überdachte er seine Einstellung Neji gegenüber. Der Typ war ein Arschloch.

Es war empfindlich kalt, selbst hier drin, fand er, und fröstelte.

„Bitte, Bruder, darf ich diesmal auch bei dem Ritual mitmachen?“ Hanabi zerrte am Ärmel ihres Bruders.

Neji maß sie mit einem nachdenklichen Blick. „Ich weiß nicht, ob dein Byakugan schon weit genug entwickelt ist … Wenn es schief geht …“

„Willst du mal sehen?“, fragte das Mädchen. Falten erschienen um ihre großen Augen und sie runzelte die Stirn. „Ihr seid mit einem Lastwagen gekommen, nicht wahr? Der Fahrer ist Seiryoku.“ Ihr Blick wanderte zu Kin. „Das Mädchen scheint uns nicht zu trauen. Sie trägt noch ein Messer in einem Unterschenkelhalfter. Ihre Unterwäsche ist hellblau“, grinste Hanabi. Kin lief rot an. Als Hanabis Röntgenblick zu Naruto glitt, faltete dieser hastig die Hände vor dem Unterleib, was ihr ein neuerliches Grinsen entlockte. Sie machte den Mund auf, um etwas zu sagen, aber ihr Bruder unterbrach sie.

„Schon gut. Du darfst an der Beschwörung teilnehmen.“ Hanabi sprang jauchzend in die Luft. „Aber du spielst nur eine passive Rolle! Ich werde die Anrufung vornehmen“, schränkte Neji ein.

„Danke!“, rief die kleine Hyuuga und umarmte ihren Bruder stürmisch.

Als Neji wieder zu Naruto sah, konnte dieser nicht anders, er musste ihm einen spöttischen Blick zuwerfen. Neji errötete leicht und räusperte sich. Dann gab er jemandem hinter Naruto ein Zeichen, der ihm so plötzlich mit seinem Gewehr ins Kreuz stieß, dass er zu Boden stürzte und für einen Moment nach Luft rang. Ein pochender Schmerz breitete sich in seinen kalten Gliedern aus. „Du bist also Naruto Uzumaki. Der Mann, der mit meiner Schwester Hinata geschlafen hat.“

„Ich … hab nicht mit ihr geschlafen“, stieß Naruto zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Nur … neben ihr.“

Neji ging nicht einmal auf seine Worte ein. „Vielleicht kennst du unsere Gesetze nicht, aber Unschuld schützt vor Strafe nicht.“

„Das ist aber nicht fair, echt jetzt“, murmelte Naruto und rappelte sich vorsichtig auf, aber er wurde zum Glück nicht gleich noch mal niedergestoßen.

„Und wennschon“, sagte Neji kalt. „Wenn eine Bande einen unserer Schutzgeldzahler ausraubt, weil sie nicht weiß, dass wir sie beschützen, sollen wir dieses Verbrechen dann etwa ungesühnt lassen?“

„Aber … das ist doch was völlig anderes!“, rief Naruto aus.

„Ach? Es ist schlimm genug, dass sich meine Schwester nicht zur Familie bekennt, aber dass sie einen Liebhaber hat, der nicht nur fremd ist, sondern uns auch noch Ärger gemacht hat, kann ich nicht dulden!“, knurrte der Hyuuga.

„Lass das Hinata doch selbst entscheiden! Eure Gesetzte sind dermaßen beschissen, echt jetzt!“

„Du scheinst ja förmlich um den Tod zu betteln“, sagte Neji mit gefährlich leiser Stimme. „Aber ich muss dich enttäuschen: Dich erwartet Schlimmeres.“ Damit drehte er sich um und ging auf den Altar zu. Er legte den Mantel ab, reichte ihn einem Familienmitglied und nahm von ihm eine Zeremonienrobe entgegen. „Fangen wir an!“

Die beiden Zwillinge und noch ein anderer Hyuuga, die alle die gleichen Roben trugen, stellten sich um den Altar herum auf. Neji und Hanabi nahmen ebenfalls ihre Plätze ein und dann aktivierten sie alle gleichzeitig ihr Byakugan. Neji hob die Arme, seine Handflächen begannen blau zu leuchten. „Großer Byakugan, höre uns!“ Seine Stimme donnerte in der kalten Halle als langes Echo. „Komm in unsere Welt! Erscheine deinen treuen Kindern!“

Naruto wurde noch kälter und er fing an wie Espenlaub zu zittern. Neben ihm trat Kin nervös von einem Fuß auf den anderen. Aus der Mitte des Altars stieg etwas in die Luft – eine grelle, weiße Kugel. Neji und die anderen Mafiosi klatschten gleichzeitig in die Hände, und das Licht explodierte. Naruto schloss geblendet die Augen. Als die Helligkeit wieder zurückgegangen war, blinzelte er vorsichtig.

Über dem Altar schwebte eine riesige, grauweiße Kugel. Dünne Blitze zuckten unstet daraus hervor und Naruto hatte das Gefühl von einem unsichtbaren Auge angestarrt zu werden. Die Hyuuga waren respektvoll zurückgewichen und auf die Knie gefallen.

„Großer Byakugan, wir haben ein Opfer für Euch vorbereitet“, sagte Neji. „Dieser Mensch hat unsere Familie beschämt.“

„Gar nicht wahr!“, rief Naruto, und zuckte zusammen, als ihn eine gewaltige Stimme wie ein Blitzschlag traf, die von überall und nirgends zu kommen schien.

„ICH SPÜRE KEINEN MENSCHEN.“

Neji sah überrascht auf.

„WAS ICH SPÜRE, IST EIN DÄMON.“

Naruto war wie betäubt von dieser Stimme, die so unglaublich kraftvoll und unmenschlich war, dass ihm fast die Sinne schwanden. Neji warf ihm einen Blick zu. Er wirkte verunsichert.

„WER BIST DU?“ Byakugan richtete sich erst jetzt an Naruto, wie dieser schmerzhaft bemerkte, denn die Frage war, als hätte man ihm einen Hammer gegen den Kopf gedonnert.

„Na … Naruto Uzumaki …“

„NEIN.“ Das Wort traf Naruto mit der Wucht eines Huftritts und schleuderte ihn von den Füßen. „WER BIST DU?“

Schon wieder? „Ich … ich bin Naruto Uzumaki, und ich …“

„NEIN.“ Er presste sich die Hände gegen die Schläfen. Sein Kopf wollte explodieren!

„Bitte … Ich weiß nicht, was du willst …“, wimmerte er.

Byakugan erwiderte für einen Moment nichts. Hatte er ihn überzeugt? „DU WEISST ES NICHT“, stellte der Dämon fest. Diesmal war die Stimme nicht ganz so aufdringlich. „WOHER KOMMST DU?“

Naruto wollte eigentlich nichts von sich erzählen, schon gar nicht vor Kin und der Hyuuga-Familie und schon absolut nicht vor einem furchteinflößenden Dämon, aber Byakugan hatte etwas mit den unheimlichen Augen der Hyuuga-Familie gemeinsam. Nichts blieb vor ihm geheim – Naruto konnte einfach nicht anders, als auf seine Fragen mit der Wahrheit zu antworten.

„Ich komme aus einem kleinen Dorf, das weit weg von hier liegt.“

„WAS WILLST DU HIER?“

„In meinem Dorf lebt eine weise, alte Frau mit übersinnlichen Fähigkeiten; sie wird auch als Hexe beschimpft, aber ich weiß nicht, ob das stimmt. Seit mehreren Jahren habe ich das Gefühl, dass irgendetwas mit mir nicht stimmt … Ich war noch nie in meinem Leben krank. Wenn ich mich verletze, heilt die Wunde viel schneller als bei jedem anderen. Und ich hatte immer das Gefühl, als würde mich etwas in die Ferne ziehen … als sollte ich woanders sein, nicht in meinem Heimatdorf … Und da war noch etwas: Einmal kam ein Dämon in unser Dorf und tötete ein paar Menschen. Er kam auch in unser Haus, aber als er mich sah, starrte er mich nur an und floh plötzlich. Zuerst habe ich mich darüber gefreut, aber es hat mir auch zu denken gegeben. Warum sollte ein Dämon Angst vor mir haben? Als ich dann alt genug war, dass es mir meine Eltern erlaubten, alleine auf Reisen zu gehen, ging ich zu der alten Frau. Sie sagte, in mir schlummere ein großes Potential und ich sei zu etwas Großem bestimmt, aber dazu müsse ich nach Akuma Gakure gehen, dort würde ich eine Antwort auf meine Fragen finden … Ich wollte endlich wissen, warum ich mich oft so … seltsam fühlte. Seit ich hier bin, ist dieses Gefühl weg … Aber dafür spüre ich etwas anderes, als würde mein Blut brennen … und … ich würde trotzdem lieber wieder aus der Stadt weggehen, echt jetzt.“

Byakugan schwieg eine Weile, und keiner der Hyuuga gab einen Laut von sich. Selbst Neji hielt den Blick gesenkt. Dann erhob der Dämon wieder seine Stimme: „DU BIRGST EINEN DÄMON IN DIR. NUR EINMAL HABE ICH ETWAS ÄHNLICHES GESPÜRT.“

Naruto wagte zu hoffen, dass Byakugan ihn verschonen würde. Vergebens.

„ICH WERDE MIR DEINE KRAFT EINVERLEIBEN UND NOCH MÄCHTIGER WERDEN.“

Naruto spürte einen ziehenden Schmerz in der Bauchgegend und keuchte auf. Es war, als würde ihm etwas die Kraft entziehen … Ein dünnes, weißes Gespinst verband ihn plötzlich mit der weißen Kugel, die immer unruhiger zu zucken begann. Er fühlte sein Blut kochen … Seine Sicht nahm plötzlich einen Rotstich an. Oh nein, er würde sich nicht so einfach geschlagen geben. Naruto warf den Kopf zurück und ließ ein unmenschliches Brüllen hören. Er wehrte sich mit aller Kraft gegen das ziehende Gefühl und merkte sofort, wie Byakugan seine Anstrengungen, seine Kraft zu verschlingen, verstärkte. Die Blitze der Kugel wurden länger, stärker und heller, streiften den Boden und zogen glühend orangerote Furchen darin. Die Hyuuga wichen mit blassen Gesichtern zurück, als sie die beiden Dämonen miteinander rangen. Naruto brüllte sich die Seele aus dem Leib und spürte Byakugans Worte mehr, als dass er sie hörte, doch sie machten ihm nichts mehr aus. Die Blitze zuckten noch heftiger und frequenter, zertrümmerten Fenster und trafen Säulen, die daraufhin einstürzten. Metergroße Steinbrocken stürzten von der Decke und der Boden begann zu wackeln.

Narutos ganzer Körper schien zu brennen. Er spürte, wie seine Haut dampfte und seine Kleidung in einem plötzlichen Wind flatterte. Dennoch wusste er, dass er verlieren würde. Er hatte einem uralten Dämon wie Byakugan nichts entgegenzusetzen. Schon schwanden seine Kräfte. Sein Sichtfeld verschwamm mehr und mehr …

Und gerade in dem Moment, in dem er glaubte, zusammenbrechen zu müssen, zerbarst das Tor der Kathedrale und zwei Hyuuga, die wie alle in dem Raum nur Augen für die beiden Dämonen hatten, fielen von mehreren Kugeln getroffen zu Boden.

Kampf der Titanen

Im Bruchteil einer Sekunde war die Hölle los. Die Hyuuga reagierten blitzschnell, doch ehe sie sich herumgedreht hatten und mit ihren Waffen zielen konnten, brachen drei weitere getroffen zusammen. Der Truck, der Naruto und Kin zur Kathedrale gebracht hatte, rumpelte über die Torschwelle hinweg und kam quietschend in der Mitte der Halle zum Stehen. Mehrere Gestalten mit roten Augen sprangen aus dem Laderaum und eröffneten das Feuer. Durch das Tor kamen noch einige.

Naruto fühlte mit einem Ruck, wie Byakugan von ihm abließ und sich wieder zu der Kugel zusammenballte, die er einst gewesen war. Ein paar Querschläger flogen einfach durch den Dämon hindurch. Narutos Muskeln wurden plötzlich so schwach, dass er einfach zu Boden fiel – was ihm das Leben rettete, denn die Luft war plötzlich voller Kugeln, die kreuz und quer durch die Halle sausten, bevor sowohl die Hyuuga als auch die Angreifer irgendwo Deckung gefunden hatten. Plötzlich war es fast abartig ruhig, aber die Luft war so angespannt, dass sie beinahe elektrisch wirkte.
 

Das Überraschungsmoment war vorbei. Jetzt waren die Hyuuga mit ihren Dreihundertsechzig-Grad-Röntgenaugen wieder im Vorteil. Neben sich hörte Itachi Sasuke schwer atmen. Er war dagegen gewesen, dass sein Bruder an dem Angriff teilnahm, da er immer noch etwas angeschlagen war, aber Sasuke war erpicht darauf, Fugaku zu rächen.

Sie waren zu dritt hinter einem herabgestürzten Gewölbeteil in Deckung gegangen. Itachi sicherte die rechte Flanke, Sasuke die linke. Ein drittes Familienmitglied hielt mit seinem Sharingan nach Angriffen von oben Ausschau.

Mittlerweile flogen keine Kugeln mehr. „Eine wunderschöne Patt-Situation“, murmelte Sasuke.

Itachi nickte. Die Hyuuga sahen mit ihrem Byakugan alles, was ihre Feinde taten; wohinter sie sich versteckten, wie sie bewaffnet waren, in welche Richtung sie sahen – ein enormer Vorteil in einem Untergrundkampf. Dennoch brachte es ihnen nicht viel: Sobald ein Hyuuga seine Deckung verließ und angriff, war er in Reichweite – und dank ihren Augen konnten die Mitglieder der Sharingan-Familie viel schneller auf so einen Angriff reagieren und schießen als er. Allerdings sahen die Hyuuga natürlich, wenn einer der Sharingan-Familie sich für einen Konter bereit machte …

Sasuke schnaubte amüsiert. „Das könnte länger dauern.“

Nejis Stimme erklang vom anderen Ende der Halle. „Wenn das keine Überraschung ist – unsere Freunde, die Sharingan-Familie. Wir hätten nicht damit gerechnet, dass ihr so schnell unsere Kriegserklärung erwidert.“

Itachi übernahm das Reden. „Ihr habt unsere Bar verwüstet und einige Familienmitglieder getötet. Das lassen wir euch nicht durchgehen“, erklärte er ruhig, aber laut genug, damit der Mafioso ihn hörte.

„Es ist eine große Ehre für euch, den mächtigen Byakugan in seiner irdischen Gestalt erleben zu dürfen“, sagte Neji, ohne auf seine Worte einzugehen.

Itachi warf einen Blick auf die leuchtende Kugel, von der er von seinem Versteck aus nur einen Rand und ein paar kurze, zuckende Blitze sah.

„Auf diese Ehre können wir verzichten!“, gab Sasuke zurück.

„Solange das Vieh sich nicht einmischt“, murmelte Itachi. „Granate?“

„Nein“, sagte Sasuke zerknirscht. „Ich hab nur einen Molotow-Cocktail dabei. Ich konnte ja nicht ahnen, dass die Hyuuga in ihrem Versteck nichts haben, was irgendwie brennbar ist.“

Itachi warf einen Blick zu Kakashi, der unweit von ihnen hinter einem weiteren Felsbrocken in Deckung gegangen war. Er hielt zwei Granaten in der Hand und sah Itachi fragend an. Dieser signalisierte ihm zu warten und sagte dann zu Sasuke: „Kakashi hat welche. Nejis Stimme ist vorhin von ganz hinten gekommen, es wäre gut zu wissen, ob er noch dort ist.“

Sasuke nickte und rief laut: „Hört mal, vielleicht können wir verhandeln! Das hier bringt nichts!“

Zu ihrer Enttäuschung war es nicht Neji, der antwortete, sondern Hiashi oder Hizashi. „Niemals! Ihr seid in unser Heiligtum eingedrunden, das darf nicht ungesühnt bleiben!“

„Verdammte Fanatiker“, knurrte Sasuke und Itachi nickte Kakashi zu. Er sollte es auf gut Glück versuchen. Kakashi hob den Finger; er hatte eine Idee. Er zog den Stift aus einer der Granaten, ohne diese zu werfen.

„Wir sehen, was du tust, Kakashi!“, warnte einer der Hyuuga.

„Dann tut was dagegen!“ Kakashi hatte lange genug gewartet und warf die Granate im hohen Bogen über den Felsklotz vor ihm. Sie segelte bis unter die Decke der Kathedrale – und explodierte mitten im Flug. Steintrümmer und ein zerbrochener Gewölbebogen stürzten auf die Hyuuga hinunter und Sasuke registrierte mit grimmiger Zufriedenheit, dass zumindest einer ihrer Feinde aufschrie.
 

Naruto, der auf dem Boden lag und die Hände über dem Kopf verschränkt hatte, sah seine Chance gekommen. Als die Decke krachend einbrach, sprang er auf und hechtete hinter die nächste Säule. Niemand schenkte ihm Beachtung, jeder blieb hinter seiner Deckung versteckt. Naruto erschrak, als er Kin sah, die reglos am Boden lag. Unter ihr hatte sich eine Blutlache gebildet; sie war von den ersten Kugeln getroffen worden. Sie hatte Naruto und seinen Freunden zu viel angetan, als dass er wirklich Mitleid gehabt hätte … Dennoch fand er es eine sinnlose Verschwendung von Leben.
 

Kakashi zog den Stift aus der zweiten Granate und schleuderte diese dorthin, von wo Nejis Stimme erklungen war. Dabei wagte er es sich aufzurichten. Neji sah das Geschoss auf sich zufliegen und kam mit einer eleganten Rolle hinter der abgebrochenen Säule hervor, hinter der er sich versteckt hatte. Kakashi zielte mit seinem Sharingan und drückte seine Handfeuerwaffe ab – und hätte ihn womöglich sogar getroffen, hätte nicht ein anderer Hyuuga blitzschnell reagiert und ihn am Arm erwischt. Kakashis Kugel schlug haarscharf neben Neji am Boden ein und er selbst stolperte zurück und presste die Hand auf die Schulter, ging aber nicht wieder in Deckung.

„Kakashi!“, schrie Sasuke.

Neji lächelte schmal und hob seine eigene Waffe – und ließ sich zur Seite fallen und hinter einen Gewölbebrocken rollen. Ein einzelnes Geschoss bohrte sich dort in die Wand, wo sich gerade noch sein Kopf befunden hatte. „Sehr schlau!“, rief der Mafioso. „Aber denkt ihr, ich würde nicht sehen, dass ihr noch einen Scharfschützen vor dem Tor platziert habt?“

Sasuke fluchte. „Ashitori hat versagt“, murmelte er. Sein Blick wanderte durch die Halle und blieb an dem quer stehenden Laster hängen. „Wir müssen irgendwie in den hinteren Teil der Halle kommen, dann haben wir sie. Am besten setzt ihr sie unter Dauerfeuer, und ich versuche, in den Truck zu kommen.“

„Das ist Wahnsinn“, warnte ihn Itachi.

„Wir müssen es versuchen, sonst kommen wir nicht weiter. Ich vermute, du willst unsere neue Geheimwaffe noch nicht einsetzen?“

Itachi schwieg.

„Dann bleibt uns keine Wahl. Alle Mann, raus! Und schießt, was das Zeug hält!“, schrie Sasuke. Die Leute der Sharingan-Familie sprangen aus ihrer Deckung hervor und füllten erneut die Luft mit Blei. Auch Sasuke sprang auf und hechtete geduckt zum Lastwagen. Er sah, dass kein einziger der Hyuuga es wagte, aus seinem Versteck zu kommen. Die Sharingan-Leute würden jeden von ihnen sofort treffen. Sasuke riss die Beifahrertür auf, rutschte zum Fahrersitz und startete den Motor.

„Wir sehen dich, Sasuke!“, rief Neji. „Glaub nicht, dass du damit durchkommst!“

Sasuke legte den Rückwärtsgang ein und gab Gas. Der Motor heulte auf, als er den Truck wieder in die richtige Poisition brachte. Dann fuhr er vorwärts, hielt das Lenkrad fest und duckte sich unter der Windschutzscheibe, um kein Ziel zu bieten.

Was er vergessen hatte, war, dass Byakugan immer noch in der Mitte der Halle schwebte. Als der Truck mit einem seiner Räder über den Altar rumpelte, erfasste eine plötzliche Druckwelle das Fahrzeug und warf es über. Sasuke schrie auf, als aus Oben Unten wurde, der Truck sich überschlug und dann auf der Seite liegen blieb.

„Anfänger“, sagte Neji trocken. „Alle Mann – Feuer!“

Dort im hinteren Teil der Halle war der Truck ein gefundenes Fressen für die Waffen der Hyuuaga, ohne dass diese ihre Deckung aufgeben mussten. Sie durchlöcherten das Fahrzeug regelrecht, zerschossen den Kühler, perforierten den Laderaum, ließen die Reifen platzen und stanzten Löcher in die Windschutzscheibe. Sasuke reagierte von innen, indem er seinen Molotow-Cocktail mit einem Feuerzeug entzündete und durch die zerschossene Scheibe nach draußen warf, wo er aufschlug und einen oder zwei Quadratmeter Boden in Brand setzte. Das Feuer kam jedoch nicht einmal in die Nähe der Hyuuga.

Itachi fluchte. So war das nicht geplant gewesen. „Weiterschießen!“, befahl er seinen Leuten und sprang aus seinem Versteck hervor.
 

Naruto kaute an seinen Fingernägeln. Das sah nicht gut aus. Er konnte Sasuke zwar nicht leiden, aber die Hyuuga dafür noch weniger. Er sah sich suchend um. Keine zwei Meter hinter ihm lag ein toter Hyuuga, der noch eine SMG in der Hand hielt. Naruto schluckte. Er hatte noch nie eine Schusswaffe in der Hand gehabt … Dennoch lief er hin und nahm sie an sich. Er fühlte sch kein bisschen sicherer dadurch, eher im Gegenteil.

„Wir sehen, was du tust, Uzumaki!“ Nejis Stimme ließ ihn zusammenzucken. „Versuch es gar nicht erst!“
 

Itachi erreichte unter Feuerschutz unbehelligt den Truck, sprang auf dessen Oberseite und rannte zum Führerhaus. Kurz bevor er in Schussweite der Hyuuga kam, stolperte er und verlor seine Pistole, die zu Boden klapperte.

Sofort traten zwei Hyuuga aus ihrer Deckung gerade so weit heraus, damit sie ihn treffen konnten. Einer der beiden war Hiashi. Er konnte das sagen, weil der Mafioso ihn genauso abfällig ansah, wie damals vor der Sharingan-Bar. „Sowas von ungeschickt“, kommentierte Hiashi. „Das war deine einzige Waffe, wie ich sehe.“ Gemächlich hob der Hyuuga im Zeremoniengewand seine Maschinenpistole.

„Das war Absicht“, sagte Itachi kühl und sah ihm fest in die Augen. Sein Sharingan veränderte sich – und plötzlich schrie Hiashi auf. Der zweite Hyuuga starrte ihn erschrocken an. Hiashis Augen waren angstgeweitet, er wandte sich zu seinem Kollegen um und prallte erschrocken zurück. „Monster!“, schrie er – und erschoss den Hyuuga. Wie im Wahn lief er dann plötzlich quer durch die Reihen der Hyuuga und schoss wahllos um sich. Mindestens drei der Mafiosi fielen ihrem amoklaufenden Bruder zum Opfer, bevor sich jemand überwinden konnte, zurückzuschießen. Hiashi sank stöhnend zu Boden, als er an der Hüfte getroffen wurde, und schrie wie am Spieß weiter. Ein Hyuuga verließ seine Deckung, rannte zu ihm und trat ihm die Waffe aus der Hand – und wurde von Ashitori tödlich getroffen, der immer noch vor dem Tor lauerte.

Neji fluchte. „Was ist das für ein Dämonenwerk?“, schrie er wütend.

Itachi hatte inzwischen die Windschutzscheibe des LKWs eingebrochen und zerrte Sasuke heraus, der wie durch ein Wunder unverletzt geblieben war. Sie gingen an der Rückseite des Trucks in Deckung und Sasuke gelang es, einen weiteren Hyuuga, der nur ein einzelnes Byakugan besaß, auszuschalten. Somit war die rechte Flanke sicher.

„Mangekyou war außer sich, als der Don ihm von eurer Kriegserklärung erzählt hat“, antwortete Itachi verspätet auf Nejis Frage. „Er hat mir ein neues Sharingan gewährt – das Mangekyou Sharingan!“
 

Neji fluchte erneut und sah sich suchend um. Er konnte Hanabi nirgendwo entdecken, selbst mit seinem Byakugan nicht – er hatte sie schlicht vergessen. Offenbar war sie durch den Geheimgang aus der Kathedrale geflohen, eine Option, über die nun auch Neji nachdachte. Die Sharingan-Familie zog ihren Kreis enger und war ihnen zahlenmäßig überlegen. Und von allen Seiten konnten sie sich unmöglich verteidigten … Nein, zu fliehen wäre eine Verhöhnung seiner toten Familienmitglieder! Außerdem hatte die feindliche Familie die Kathedrale von Byakugan entweiht! Es blieb nur eine Möglichkeit …

Neji schwang sich urplötzlich über seinen Felsbrocken und stürzte auf Byakugans Altar zu. Sofort wehte ein Kugelhagel in seine Richtung, doch da hatte er die weiße Kugel auch schon erreicht. Byakugan rettete ihm tatsächlich das Leben. Winzige Blitze zuckten durch die Luft und trafen zielgenau die Geschosse, die daraufhin rauchend zu Boden fielen.

Neji breitete die Arme vor Byakugan aus und schrie heiser: „Großer Byakugan, leihe mir etwas von deiner Kraft! Lass mich diese Frevler zerschmettern!“ Ein weißer Blitz traf ihn und ein blauer Schein hüllte seinen Körper ein.

„Das gefällt mir nicht“, murmelte Itachi und rieb sich das Auge. Das Mangekyou Sharingan war sehr schmerzhaft.
 

Naruto sah, wie Neji wankend von der Kugel zurück trat. Sofort eröffneten die Sharingan-Leute wieder das Feuer auf ihn. Und der Hyuuga tat etwas, was Narutos Mund aufklappen ließ. Er wehrte die Kugeln mit den Händen ab!

So schnell, dass man sie gar nicht sehen konnte, fuchtelte Neji in der Luft herum und lenkte die Geschosse ab. Dann sprang er nach vor und stieß einem der Sharingan-Mafiosi die flache Hand vor die Brust. Es zischte, der Mann ächzte und sank zu Boden.

„Dämonenkraft gegen Dämonenkraft, Itachi!“, rief Neji und nahm sich den nächsten Feind vor.
 

Sasuke biss die Zähne aufeinander. Neji war nicht aufzuhalten. Itachi zündete seinen Molotow-Cocktail und warf ihn auf den Hyuuga. Dessen Byakugan wirkte so gut wie immer, doch er wich nicht aus: Neji drehte sich wie ein Kreisel übermenschlich schnell um die eigene Achse. Der blaue Schein um seinen Körper nahm an Kraft zu und der Cocktail zerbarst wirkungslos daran.

„Lauf davon“, murmelte Itachi seinem Bruder zu.

„Was?“

„Geh schon. Alle Mann – Rückzug. Ich bin der einzige, der etwas gegen ihn ausrichten kann.“

Sasuke sah ihn einen Moment zweifelnd an, dann machte er sich auf den Weg. Auch die anderen Sharingan-Leute rannten zum Ausgang, einer wurde noch von einem Hyuuga in den Rücken getroffen und auch Neji fuhr wie ein Blitz unter die Flüchtenden. „Fühlt die Macht Byakugans! Die Hyuuga-Familie ist unsterblich!“, rief er und berührte einen Mann am Hals und einen zweiten am Kopf. Sie sackten daraufhin in sich zusammen und Itachi konnte nicht sagen, ob sie noch am Leben waren.

Entschlossen trat er vor. „Lass uns das unter uns bereinigen“, rief er Neji zu. „Mann gegen Mann!“

„Sehr gerne!“ Der Hyuuga machte kehrt. Inzwischen lieferten sich die Sharingan-Leute ein Scharmützel mit den verbliebenen Hyuuga. Keiner von ihnen verließ sich noch auf ihre übernatürlichen Augen, sie ballerten einfach drauf los.

Neji sprang über den Dämon Byakugan hinweg und saugte dabei weitere Blitze ein. Zweifellos tankte sein Meister seine Energien wieder auf.

Itachi konzentriete sich. Wenn er in Nejis Augen sehen konnte, war es vorbei. Er konnte eine Wahnvorstellung erzeugen, wie bei Hiashi, und ihn in den Wahnsinn treiben oder betäuben. Neji schien das jedoch zu wissen. Er hatte sein Byakugan deaktiviert und sah nur auf Itachis Füße.

Itachi biss die Zähne zusammen. Das würde nicht einfach werden – aber wenn er hier versagte, würden die wichtigsten Mitglieder der Sharingan-Familie sterben. Grimmig erwartete er seinen Feind.
 

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Und noch ein Cliffhanger^^

Tut mir leid, aber ich wollte unbedingt eine Actionszene über zwei Kapitel haben^^ Ich weiß, ich bin fies XD

Neji vs. Itachi

So ... Nach laaangem Warten nun endlich das nächste Kapitel!

Ich empfehle, das vorige nochmal zu lesen, damit ihr euch noch auskennt, was gerade passiert ;)

Ansonsten, viel Spaß!
 

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Rasend schnell näherte sich Neji. Itachi atmete tief durch … Er konnte sein Mangekyou Sharingan nicht einsetzen, wenn ihm der Hyuuga nicht in die Augen sah. Beinahe nebenbei schlug Neji noch einen aus der Sharingan-Familie mit der flachen Hand nieder, der nicht schnell genug fliehen konnte. Ohne dabei nennenswert langsamer zu werden, rief der Mafioso: „Du wirst die Kraft Byakugans am eigenen Leib spüren, Frevler!“

Itachi verschwendete einen kurzen Gedanken daran, dass Neji sich irgendwie … seltsam benahm. Er kannte ihn schließlich von früher, und auf seinen Gegner zuzurennen und herumzuschreien passte eigentlich nicht zu ihm …

Er würgte den Gedanken ab. Das konnte warten. Itachi wich einen Schritt zurück. Hinter sich fühlte er das kalte Blech des umgestürzten LKWs. Sackgasse.

Es gab nur eines, was er jetzt tun konnte. Itachi atmete tief durch; Neji war nur noch wenige Meter von ihm entfernt. Er aktivierte sein neues Sharingan – und öffnete alle Kraftschleusen, die ihm Mangekyou verliehen hatte. Ein heftiger, stechender Schmerz fuhr in sein linkes Auge und ließ ihn taumeln. Er begann zu zittern. Nie hätte er gedacht, dass ihn das so viel Überwindung kosten würde … Er musste sich gegen den Truck lehnen, um stehen zu bleiben. Dann riss er das Auge auf, zwang sich es auch offen zu halten und fixierte einen Punkt vor Neji.

Eine halbe Sekunde verging, und Itachi wusste nicht, ob das, was Mangekyou gesagt hatte, tatsächlich eintreffen würde. Dann schoss plötzlich eine schwarze Stichflamme aus den Bodenfliesen. Neji zuckte zurück und entging dem Feuer im letzten Moment mit einem Hechtsprung.

Itachi atmete erleichtert auf. Es funktionierte. Sein Auge brannte höllisch, aber jetzt hieß es Durchhalten!

Mit seinem Blick fixierte er Neji, der die Gefahr zu spüren schien, denn er änderte seinen Kurs und lief in einem Halbkreis um Itachi herum. Direkt hinter seinen Füßen schossen schwarze Flammen in die Höhe. „Was bei Byakugan ist das?“, rief der Hyuuga.

Itachi antwortete nicht. Es dauerte einen Moment, bis das Amaterasu-Feuer wirkte, begriff er. Neji war zu schnell … Er musste seine Taktik ändern. Er blickte nun nicht mehr auf den Mafioso, sondern immer zwei Meter vor ihn, dorthin, wo er in einer halben Sekunde rennen würde.

Neji hatte wieder diese Falten um die Augen – sein Byakugan war wieder aktiv. Kaum dass das erste Anzeichen einer Flamme vor seinen Füßen auftauchte, stieß er sich so kraftvoll ab, dass die Bodenfliesen Risse bekamen, und segelte weit über die Flamme hinweg. Itachi versuchte ihm nachzusehen, aber Neji war so schnell, dass er ihn mit seinem schmerzenden Auge nicht fixieren konnte.

Der Hyuuga landete auf der anderen Seite des Trucks. Itachi ging ein paar Schritte davon. Vielleicht gelang es ihm, mit dem schwarzen Feuer den Tank des Gefährts in Flammen zu setzen – vorausgesetzt, das Amaterasu würde sich im Benzin überhaupt ausbreiten. Schließlich war es kein normales Feuer.

Während er noch überlegte, ruckte der LKW plötzlich – Itachi riss fassungslos die Augen auf. Neji hatte das tonnenschwere Fahrzeug gepackt und wuchtete es allein mit der Kraft seiner Arme in die Höhe! War er überhaupt noch ein Mensch?

„Was ist los, Itachi? Wo ist dein schwarzes Feuer?“, ächzte Neji, als Itachi vor Überraschung völlig vergaß, das Amaterasu einzusetzen. Der Hyuuga bot all seine Kraft auf und schleuderte den Truck auf Itachi, der das riesige Ding auf sich zufliegen sah, ohne dass er hätte ausweichen können. Seine Beine wollten ihm nicht mehr gehorchen.

Das konnte Byakugan also alles bewirken? Wenn das so war, dann konnte Mangekyou nicht mit ihm mithalten. Oder hatte der Dämon ihnen seine wahre Kraft noch nicht offenbart?

In Zeitlupe kam der Truck auf ihn zu. Itachi konnte sein Gesicht matt in der zerquetschten Karosserie spiegeln sehen. Es sah gar nicht für ihn gut aus …

Etwas prallte wuchtig gegen Itachi. Ein starker Arm packte ihn und riss ihn mit sich. Der Truck krachte unter ohrenbetäubendem Lärm auf die Fliesen. Glas splitterte, ein Reifen löste sich und flog quer durch die Luft.

Itachi stand schwer atmend auf. Die vordere Stoßstange war keine zwanzig Zentimeter von seinen Füßen entfernt.

„Das ist ja gerade noch mal gut gegangen“, stellte Kakashi fest, der sich neben ihm aufrichtete und den Staub von der Hose klopfte. Seinen Mantel hatte er verloren.

„Sagte ich nicht, dass sich alle zurückziehen sollten?“, fragte Itachi verärgert.

„Es sah aus, als bräuchtest du Hilfe.“ Kakashi verzerrte das Gesicht und fasste sich auf die heftig blutende Schulterwunde.

„Die wirst du gleich brauchen“, murmelte Itachi, als er Neji sah, der schon wieder wie ein wütender Bulle angestürmt kam.

„Keine Sorge“, sagte Kakashi, atmete tief durch und nahm eine abgesägte Schrotflinte von seinem Schulterriemen. „Die kann er garantiert nicht abwehren.“ Damit zielte er kurz und feuerte eine gestreute Ladung Schrot auf den Angreifer.

Neji blieb nicht einmal stehen. Im Laufen drehte er sich um die eigene Achse, wie schon einmal zuvor, und die Kugeln prallten wirkungslos von seinem blauen Schimmer ab.

Kakashi ließ die Schrotflinte fallen. „Mist!“

Ein Knall ertönte – Neji riss die Hand hoch und fing eine weitere Kugel ab. „Diesen lästigen Scharfschützen nehme ich mir als nächstes vor“, versprach er kalt.

Plötzlich schoss eine Idee wie ein Blitz durch Itachis Kopf. So laut er konnte, schrie er: „Alle Mann sofort auf Neji feuern! Benutzt Handfeuerwaffen!“ Es war entwürdigend, so zu schreien, fand er. Itachi zog seine eigene Pistole und nickte Kakashi zu.

„Ich weiß zwar nicht, was das bringen soll, aber …“ Der große Mafioso zuckte mit den Schultern und zog ebenfalls eine kleine Pistole aus einer Gürteltasche.

Itachi sah am Lauf seiner Waffe entlang und zielte. Hoffentlich waren noch genug Sharingan-Familienmitglieder am Leben …

Seine Sorgen zerstreuten sich, als sowohl Sasuke als auch ein halbes Dutzend andere hinter den Säulen hervorkamen. Sie hatten sich nicht, wie befohlen, zurückgezogen, sondern eine Art Stellungskrieg mit den Hyuuga geführt. „Feuer aus allen Rohren!“, schrie Sasuke, der ahnte, was Itachi vorhatte.

„Sinnlos!“, rief Neji, strengte seine Byakugan-Augen an und fischte blitzartig sämtliche Kugeln aus der Luft, ohne auch nur langsamer zu werden.

Dann hielt er abrupt an. Seine Augen weiteten sich. „Was zum … Das ist doch unmöglich!“

Die Sharingan-Leute ließen ihre rauchenden Waffen sinken. Es wurde beinahe still in der Halle.
 

Die Halle und seine Feinde waren verschwunden. Neji war allein in einem blutroten Raum. Er lag auf einer mittelalterlichen Streckbank, mit rostigem Stacheldraht gefesselt, der sich schmerzhaft in seine Haut bohrte. „Wie? Wie, Itachi?“, schrie er in die Leere hinein. „Wie hast du es geschafft, mich in dieser Illusion einzufangen? Ich habe dir nicht in die Augen gesehen!“

„Hast du doch.“ Die Stimme erklang aus allen Richtungen gleichzeitig.

Neji rüttelte an seinen Fesseln, mit dem Ergebnis, das sich die Stacheln immer tiefer in sein Fleisch bohrten. Er keuchte auf, eher wütend denn irgendetwas anderes.

„Dein Byakugan ist eine mächtige Gabe, aber es hat eine Schwachstelle, die es gegen mein Sharingan verlieren lässt“, fuhr Itachi fort. „Um all die Schüsse abzuwehren, musstest du in einem Dreihundertsechzig-Grad-Radius alles sehen, was sich in deiner Umgebung tat. Dein Byakugan erlaubt dir das – aber wenn du alles sehen kannst, ist es nur eine Frage der Zeit, bis du auch in meine Augen siehst. Ich habe sie knapp neben meinem Lauf gehalten, da ich wusste, dass du dort hinsehen würdest – woher solltest du sonst die Richtung kennen, aus der die Kugeln auf dich zufliegen? Ich habe mein Mangekyou Sharingan aktiviert und eine Illusion erzeugt, und du hast mir – unbeabsichtigt – direkt in die Augen geschaut!“

Neji ächzte. Er deaktivierte sein Byakugan und schloss die Augen. Dann schmunzelte er. „Du hast mich ausgetrickst. Nicht schlecht, aber du hast etwas vergessen.“

Itachi schwieg.

Neji sammelte all seine Willensstärke und sagte. „Wenn das eine Illusion ist, bin ich nicht wirklich gefesselt. Ich bin frei, und ich kann in die Realität zurückfinden! Deine ganzen Bemühungen waren umsonst!“

Er ließ seinen Willen durch seinen ganzen Körper strömen und spürte, wie sich die Stacheldrahtfesseln auflösten. Die Bank unter ihm verschwand, und als er die Augen öffnete, blich auch das scheußliche Rot aus und wurde wieder zu der zerstörten Kathedrahle.

Neji stieß das letzte bisschen Illusion von sich – und schrie gepeinigt auf. Sein ganzer Körper stand in schwarzen Flammen!

„Während du in der Illusion gefangen warst, hast du dich nicht bewegt. So konnte ich dich endlich anvisieren“, erklärte Itachi. „Das Amaterasu-Feuer lässt sich niemals löschen. Es ist vorbei.“

„Niemals!“, schrie Neji, sprang auf und taumelte, brennend und seine Beine vor Schmerzen kaum mehr spürend, auf den Dämon Byakugan zu. „Großer Meister, sieh, was sie uns angetan haben!“, krächzte er und ging vor der grauweißen Kugel in die Knie. „Ich wollte sie dir alle opfern, jeden einzelnen … Aber nun … Aber nun …“ Er warf sich in die Kugel, das schwarze Feuer wurde von gleißendem Licht verschluckt. „Nimm mich als Opfergabe, und zerstöre diesen Ort und alle, die ihn entweiht haben!“

Seine Worte wurden immer leiser, und als sie verklungen waren, begann die Erde zu beben. Fliesen sprangen aus dem Boden, der sich wölbte und stellenweise anhob. Staub rieselte von der Decke. Ein einziger, gleißender Blitz schoss in die Höhe und zerstörte den Rest des Gewölbes.

Itachi, der so erschöpft war, dass er sich kaum auf den Beinen halten konnte, wurde abermals von Kakashi gepackt. „Nichts wie raus hier!“, brüllte dieser. Im Laufschritt verließen die Sharingan-Leute die Kathedrale. Die Kugel glomm noch einmal in grellstem Licht auf, dann zerbarst sie. In alle Richtungen schossen Blitze davon, zerstrümmerten Säulen oder töteten davolaufende Mafiosi. Die Explosion pulverisierte alles in ihrem Umfeld, die Druckwelle erfasste Sasuke, Itachi und Kakashi, die fast beim Tor angekommen waren, und wehte sie regelrecht aus der Kathedrale, wo sie im Schnee liegen blieben.

Hinter ihnen stürzte das Bauwerk mit einem lauten Krachen komplett ein.

Sasuke war der erste, der sich aufrappelte. Er spuckte Schnee aus und wischte sich das kalte Zeug mit fahrigen Bewegungen aus dem Gesicht. „Ich hätte nie gedacht, dass unser Rachefeldzug so ausarten würde“, murmelte er.

Ashitori kam zu ihnen gelaufen. „Alles in Ordnung mit euch? Da drin war ja die Hölle los!“

„Alles …“, Itachi unterbrach sich und hustete, „bestens. Die Hyuuga sind besiegt.“

Kakashi nickte und sah zu der vernichteten Kathedrale zurück. Wirkliche Trümmer gab es nur dort, wo die Außenmauer gestanden war. In der Mitte war alles zu grauem Staub geworden. „Neji, Hiashi und Hizashi sind alle drei tot. Sie waren die wichtigsten Männer der Familie. Der Don kann zufrieden sein. Mit deinem Auge alles in Ordnung?“, fragte er Itachi, der sich den Handballen dagegen presste.

„Geht schon“, murmelte er. „Ich habe nur das Gefühl, als würde ich plötzlich unscharf sehen – das gibt sich sicher bald wieder.“

Rings um sie herum kamen auch die anderen Familienmitglieder auf die Beine. Sasuke zählte sie rasch ab. Außer ihnen vieren hatten noch elf weitere überlebt. Ein Bruchteil ihrer ursprünglichen Stärke. Es war wohl wahr, was man sich über Krieg erzählte und was jeder hier in der Stadt, trotz der gewalttätigen Anarchie, wusste: Sich auf einen Krieg einzulassen bedeutete immer Verluste. Selbst, wenn man gewann, verlor man mehr, als der Sieg eigentlich wert war. „Immerhin ist die Ehre der Sharingan-Familie, zumindest, was die Hyuuga-Familie angeht, wiederhergestellt“, versuchte er sein Gemüt zu beruhigen. „Und das Gebiet der Hyuuga fällt jetzt auch in unsere Hände.“

Kakashi seufzte. „Bis wir genug Leute haben, es unter Kontrolle zu halten, haben sicherlich schon die Straßenbande das Kommando übernommen.“

„Das soll der Don entscheiden“, sagte Itachi. „Wir haben genug getan.“

Ashitoris Miene hellte sich auf. „Ach ja, das hatte ich fast vergessen! Ich hab jemanden abgefangen, der aus der Kathedrale abhauen wollte!“ Er wies auf Naruto, der von einem Mann mit Sharingan-Augen und einer Pumpgun bewacht wurde.

„Der schon wieder“, murmelte Sasuke. „Was hat der denn mit den Hyuuga zu schaffen?“

„Sie haben mich gefangen!“, rief Naruto. „Ohne euch Typen wäre ich tot … Also … Ich würde gerne gehen.“

„Lass die Hände, wo ich sie sehen kann“, knurrte der Mann hinter ihm.

„Das könnte dir so passen“, murmelte Sasuke. „Mitgehangen, mitgefangen.“

„Hey, jetzt mal langsam. Er war bisher nie unser Feind, oder?“, hielt Kakashi dagegen.

Naruto seufzte. Und er hatte sich schon Hoffnungen gemacht. Mittlerweile fand er das alles nur noch lächerlich.

„Doch“, sagte Itachi und kam näher. „Du kennst seinen Namen nicht, weil du damals erst so spät hinzugekommen bist, Kakashi. Er heißt Naruto Uzumaki – das stimmt doch, oder?“

Kakashi riss die Augen auf. „Er ist …“

Naruto sah verwirrt von einem zum anderen. Itachi nickte. „Von ihm hat Ichiraku gesprochen. Er steckt mit diesem weißhaarigen Typen, Kimimaro, unter einer Decke. Die beiden waren es, die den Namen der Sharingan-Familie in den Dreck ziehen und uns mit Orochimaru anfeinden lassen wollten.“

„Ich weiß nicht, wovon du redest“, sagte Naruto wahrheitsgemäßg.

„Hat dir dieser Typ nicht aufgetragen, drei Punkte um Zakus Leiche zu malen? Dasselbe hat er mit Dosu getan. Drei Punkte um eine Leiche sind unser Zeichen – und wir haben Orochimarus Häschern nichts getan.“

„Ah … Jetzt wird mir alles klar.“ Narutos Stimme blieb fest, wahrscheinlich wurde er langsam abgebrüht. So klang sie zumindest glaubwürdig, wie er zufrieden feststellte. „Das ist ein Missverständnis. Ich wusste nicht einmal, wie der Typ heißt. Er hat irgendetwas gegen Orochimaru, er hat mich zweimal vor ihm gerettet.“

„Kannst du uns zu ihm bringen?“, fragte Kakashi.

Naruto zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, wo er wohnt … Wenn er überhaupt ein Haus oder so hat.“

„Aber du weißt, wie er aussieht, richtig? Und er kennt dich und hat dich gerettet?“

„Ja.“

„Du kommst mit zu unserem Don“, entschied Itachi. „Vielleicht kannst du uns in dieser Angelegenheit nützlich sein. Du bist der einzige, der in Ichiraku’s Paradise dabei war und noch lebt. Ichiraku selbst wird uns ja leider keine Hinweise mehr geben können.“

„Heißt das, Ichiraku ist …“ Narutos Augen weiteten sich entsetzt. Wie konnte das passieren? Und was war dann mit Ino?

„Ja. Keine weiteren Fragen mehr, wir brauchen eine Mitfahrgelegenheit, die uns zu unserer Bar bringt.“ Sasuke fuchtelte mit seinem Colt vor Narutos Gesicht herum. „Diese Richtung. Du gehst voran.“

„Du hast dich kein bisschen verändert“, murmelte Naruto trocken. „Aber weißt du was?“

„Was?“

„Ich bin irgendwie froh, dass du noch lebst, echt jetzt. Dieser Weiße Richter hat dir ja übel mitgespielt.“

Sasuke war platt. Er starrte Naruto aus großen Augen an, dann verzerrte sich sein Gesicht vor Wut. „Sei ruhig! Solche Schleimereien kann ich nicht ausstehen! Beweg dich schon!“

Naruto wollte trotzig etwas erwidern, beschloss aber, dass ein Streit zu nichts führte. Gehorsam ging er mit der Sharingan-Familie davon. Es war tiefe Nacht, und es schneite immer noch. Dicke Flocken hatten sich zentimeterdick über die gelb leuchtenden, altmodischen Straßenlaternen gelegt. Irgendwie sah alles ziemlich friedlich aus, fand Naruto. Er war trotzdem heilfroh, dass sie von diesem unheimlichen Ort wegkamen.
 

Es hörte erst nach einigen Stunden zu schneien auf. Der Mond kam hervor und beleuchtete das, was von der Kathedrale übrig geblieben war. Etwas rumorte unter der Erde im Zentrum der Ruine. Staub wirbelte auf. Eine Hand brach durch den Boden. Eine zweite Hand folgte, dann ein Kopf und schließlich arbeitete sich Nejis ganzer Körper frei.

Er stand minutenlang da und sah sich das Schlachtfeld gleichgültig an. Seine Augen glänzten silbern, seine Haut war weiß mit einem schwachen Blaustich, seine Kleidung war vollständig zu Asche verbrannt. In seiner nackten Brust pulsierte etwas gleißend Helles und tauchte die Umgebung in schummriges, unwirkliches Licht, das sogar den Mond übertrumpfte. Dann tat Neji ein paar unbeholfene Schritte und begann zu kichern. Lauter und lauter wurde sein Lachen, bis er schallend wie wahnsinnig vor sich hin gackerte. Ein absolut unmenschlicher Ausdruck gelangte auf sein Gesicht, die Augen glühten auf und der Mund verzog sich zu einer grinsenden Fratze. Er stieß die Faust in die Luft. „Sieh, was du angerichtet hast, Mangekyou! Das zwischen uns ist noch nicht beendet, mein jahrtausendelanger Feind!“
 

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Zum Abschluss möchte ich noch eine gute Nachricht vermelden: Und zwar ist mir die Lust am Schreiben von ABFY wieder gekommen! Das heißt, ab jetzt wird es wieder regelmäßig(er^^) neue Kapitel geben :)

Der Informant der Unterwelt

Das Ticken der Uhr machte Naruto nervös. Seltsamerweise ließ ihn diese altmodische Standuhr unbehaglicher zumute werden als die Augen des Mannes, die ihn ruhig und abschätzend anstarrten.

Die Sharingan-Familie hatte ihn in eine demolierte Bar gebracht. Die Fenster waren zersprungen, die Einrichtung rußgeschwärzt, zerschlagen, zerschossen, und es waren keine Gäste in dem Schankraum. Braune Flecken waren auf dem Boden und den Wänden zu sehen, und Naruto wollte gar nicht erst Genaueres über ihre Herkunft wissen. In einem Hinterzimmer, das von der Zerstörung so gut wie verschont geblieben war und in dem sich außer einem sauberen Billardtisch, einem breiten, halbrunden Tisch aus hellem Holz und passenden Stühlen dazu eben jene nervenaufreibend tickende Standuhr befand, hatte er die Ehre, den Don der Sharingan-Familie zu treffen.

Naruto hätte sich den Boss einer Mafiabande anders vorgestellt, als kleinen, rundlichen Kerl mit Halbglatze, einem von Falten und Narben entstellten Gesicht und einer Augenklappe, der Zigarre paffte und mit rauer Stimme den Tod seiner Feinde bestimmte. Nichts davon war Don Madara. Es war unmöglich abzuschätzen, wie alt er war, aber er kam Naruto keinesfalls älter als fünfunddreißig vor. Er hatte eine glänzende, schwarze Haarmähne und ebenmäßige Züge und wenn man ihm erzählt hätte, dass er Fernsehmoderator oder ein bekannter Rockstar wäre, hätte er es auch geglaubt. Einzig seine roten Augen störten Naruto. Es waren Sharingan-Augen, ohne Zweifel, aber sie sahen irgendwie anders aus als die Augen der übrigen Familienmitglieder.

Die Uhr tickte weiter, während Madara Naruto schweigend musterte. „Ich verstehe“, sagte er nach einer zähen Ewigkeit. „Du scheinst mir ein Einfaltspinsel zu sein, aber mehr kann man dir wohl nicht vorwerfen.“

Ein hölzernes Klacken ertönte hinter Naruto. Er drehte den Kopf und bemerkte, dass Sasuke und Ashitori den Billardtisch in Beschlag genommen hatten. Kakashi und Itachi, der immer noch Probleme mit seinen Augen hatte, waren in ein Krankenzimmer oder etwas Ähnliches gebracht worden. Außer den beiden war niemand im Zimmer, der Naruto bewacht hätte, aber er war nicht so dumm anzunehmen, dass dieser Umstand einen anderen Grund hatte als den, dass das schlicht und einfach nicht notwendig war.

„Kimimaro, sagtet ihr?“, fuhr Madara fort.

Sasuke stieß zu und lochte gekonnt die rote Kugel ein. Ohne aufzusehen sagte er: „Ja.“

„Verstehe. Dann macht alles Sinn.“ Der Don schlug die Beine übereinander und faltete die Hände im Schoß.

„Könnte mir mal jemand erklären, wer dieser Kimimaro eigentlich ist?“, fragte Naruto, der jetzt nicht mehr eingeschüchtert, sondern vor allem genervt war, als wäre er in einem Traum gefangen, den er ohne Hilfe nicht mehr verlassen konnte und jenseits dessen sein wirkliches Leben auf ihn wartete.

„Er ist einer der mächtigsten Halbdämonen, die Akuma Gakure je gesehen hat“, sagte Madara ohne eine Spur der Beeindruckung. „Er war früher bei den Klängen, hat sich dann aber gegen Orochimaru gewandt.“

Naruto riss die Augen auf. „Echt jetzt? Der Typ war bei denen?“

Madara nickte gemächlich. „Manche sagen, er hätte Orochimaru sogar stürzen wollen, aber das halte ich für ein Gerücht. Den wirklichen Grund für sein Handeln kennt keiner. Böse Zungen behaupten, er wäre der leibliche Sohn des Dämonenkönigs und hätte es nicht für nötig gehalten, einem Menschen zu dienen, aber das ist meiner Ansicht nach kompletter Blödsinn. Dann gibt es noch Gerücht, dass er ein ein Mädchen verliebt war, das Orochimaru töten ließ … Und so weiter und so fort. Du könntest ein ganzes Buch über solche Mythen schreiben. Allerdings haben selbst wir angenommen, dass Kimimaro tot ist oder zumindest die Stadt verlassen hat. Dass er noch hier und am Leben ist, muss nichts Gutes heißen.“

Naruto trat von einem Fuß auf den anderen und versuchte, sich an alle Einzelheiten seiner Begegnungen mit dem Halbdämon zu erinnern. Das war nicht einfach, bei den Abenteuern, die er in der letzten Woche durchlebt hatte.

„Was auch immer Kimimaros Grund für den Zwist mit Orochimaru ist“, sagte Don Madara und erhob sich von seinem Stuhl, „er hat die Sharingan-Familie da mit hineingezogen und unsere Ehre beschmutzt. Das darf nicht ungesühnt bleiben.“ Der Mafia-Boss blickte nachdenklich zu Sasuke. Er und Ashitori spielten beide mit Sharingan-Augen und lochten eine Kugel nach der anderen ein. Hätten sie nach den Regeln gespielt und sich nicht nach jeder Kugel abgewechselt, hätte einer alle auf einmal eingelocht. Nachdem Madara eine Zeit lang überlegt hatte, kam er zu einem Entschluss. „Naruto Uzumaki, ich mache dir ein Angebot. Du willst doch sicher aus dieser höllischen Stadt raus, oder?“

Naruto nickte.

„Hilf uns, dann helfen wir dir. Kimimaro scheint dir zu einem gewissen Grad zu vertrauen. Du wirst uns zu ihm führen, damit wir die Rache der Familie vollstrecken können.“

„Ich? Ich weiß doch gar nicht, wie ich ihn finden soll …“

„Das lass unsere Sorge sein. Deine Aufgabe ist es, mehr über seine Ziele herauszufinden, dann können wir ihn leichter an einem schwachen Punkt erwischen. Einen Halbdämon zu töten, ist nicht einfach. Er hat auch keine Verwandten, an denen wir uns rächen könnten.“

Naruto glaubte nicht recht zu hören. Er hatte zwar schon vernommen, dass Mafiabanden sich gerne an den Familien derer vergriffen, die sie nicht erwischen konnte, aber dennoch war er schockiert über solche Geschäftsgepflogenheiten.

„Irgendetwas muss Kimimaro hier in Akuma Gakure halten, und sei es nur, gegen Orochimaru zu kämpfen“, fuhr Don Madara fort. „Du wirst uns helfen, das herauszufinden, damit wir es gegen ihn verwenden können. Im Gegenzug schenken wir dir bewaffnetes Geleit aus der Stadt heraus, damit du vor Orochimaru und den anderen, die dir ans Leder wollen, sicher bist.“

„Hm“, machte Naruto. Er fühlte sich hin und her gerissen. Kimimaro war, sah man von den Straßenwölfen ab, bisher der einzige gewesen, dem wirklich etwas an seinem Wohlergehen gelegen war. Ihm eine solche Falle zu stellen würde Verrat bedeuten … Und Naruto war kein Verräter. Auf der anderen Seite wollte er nichts weiter, als endlich aus dieser Stadt zu verschwinden und zu seinen Eltern heimzukehren. Während er noch mit seinem Gewissen haderte, kam ihm ein Gedanke. Hatte er überhaupt eine Wahl? Er sah in Madaras kalte Augen. Nein. Es hatte zwar geklungen wie ein freundschaftliches Angebot, aber der Don der Sharingan-Familie würde kein Ablehnen akzeptieren. Naruto seuzfte. „Na schön. Aber ich hab mit euren Streitigkeiten nichts zu tun. Und ich will nie wieder etwas von euch oder eurer verfluchten Stadt hören.“

Don Madara nickte. „Du hast mein Wort.“

„Gut. Ich hoffe mal, es ist etwas wert.“

„Du weißt sehr wenig über die Familie der Sharingan, nicht wahr?“ Madara schien amüsiert. „Ich werde dir einen unserer besten Leute mitgeben, der dich beschützen wird.“

Überwachen, wolltest du wohl sagen, dachte Naruto.

„Er wird ebenfalls Kimimaros Vertrauen gewinnen und unsere Rache durchführen.“ Madaras Blick wanderte wieder zu den beiden Cousins, die sich am Billardtisch ein hartes Duell lieferten.

Naruto wurde mulmig zumute. Bitte, alles, nur nicht …

„Sasuke“, sagte Madara ruhig.

Naruto seufzte. Natürlich. Ausgerechnet dieser arrogante Kerl. Er hatte auch wirklich nichts als Pech.

„Muss das sein?“, zeigte sich auch Sasuke wenig begeistert.

Es war nur noch die schwarze Kugel übrig. „Dein Zug“, murmelte Ashitori enttäuscht.

Don Madara führte seine Überlegungen aus. „Du warst seinerzeit nicht in der Bar, als die Klänge das erste und einzige Mal Schutzgeld von uns eintreiben wollten. Kimimaro kennt dich also nicht. Du siehst deinem Bruder und deinem Cousin zwar ähnlich, aber wenn man es nicht weiß, würde man nie vermuten, dass ihr verwandt wärt. Du darfst Kimimaro nur dein Sharingan nicht zeigen.“

„Verstehe.“

„Wann bist du bereit, die Ehre der Familie wiederherzustellen?“, fragte Madara, und es klang wie ein Bestandteil eines alten Rituals.

„Jederzeit“, murmelte Sasuke ohne aufzusehen. Er beugte sich über den Billardtisch und lochte die schwarze Kugel ein.
 

Naruto hatte erwartet, dass er sich nicht mit Sasuke verstehen würde, aber genau das Gegenteil war der Fall. Sie redeten einfach nicht miteinander. Der Mafioso schwieg, als er Naruto im zweiten Stock der Sharingan-Bar ein Zimmer zeigte, und auch, als er am nächsten Morgen zeitig an die Tür pochte und ihn in einem alten, klapprigen Wagen durch die belebten Straßen kutschierte. Naruto hatte keine Ahnung, wohin die Fahrt ging, aber er wollte nicht derjenige sein, der Fragen stellte. Erst als sie hinter einer stillgelegten Baustelle an einem riesigen Backsteingebäude anhielten und Sasuke ihn zu einer Kellertür führte, die ein Stück weit unter dem Erdboden lag und über einige abgetretene Stufen zu erreichen war, hielt er es nicht mehr aus.

„Du tust so, als wüsstest du genau, wo Kimimaro wohnt.“

„Ich habe keine Ahnung“, sagte Sasuke unwillig.

„Und was wollen wir hier?“

Sasuke sah ihn so von oben herab an, dass Naruto ihm am liebsten eine gewischt hätte. „Informationen“, sagte er knapp und pochte an die mit Eisen verstärkte Tür. Nach einigen Sekunden wurde eine Metallplatte darin zur Seite geschoben und ein finsteres Augenpaar, über dem die Brauen zusammengewachsen waren, starrte sie finster an. „Hm?“, knurrte sein Besitzer.

„Wir sind hier, um mit Sai zu reden“, sagte Sasuke. „Die Sharingan-Familie braucht seine Dienste.“

Der Mann grummelte etwas, schob die Sichtluke zu und öffnete die Tür. Aus der langen Wartezeit zwischen diesen Tätigkeiten und dem wiederholten Scheppern und Klirren entnahm Naruto, dass die Tür ziemlich gut gesichert war.

Sie traten in etwas, das wie eine schäbige Kellerwerkstadt aussah. Jeder Quadratmillimeter war mit etwas zugepflastert, seien es einfache Pistolen, Schrotflinten, veraltete Armeegewehre, Baseballschläger, Schrauben, Akkubohrer, Besen, Verbandszeug, kleine Päckchen mit pulvrigem Inhalt oder Whiskey-Flaschen. Eine nackte Glühbirne an der Decke spendete dämmriges Licht. Der Mann, der ihnen geöffnet hatte, sah aus der Nähe wirklich furchteinflößend aus. Seine Schultern waren doppelt so breit wie die von Naruto, der rätselte, wie der Koloss durch die Tür kam, seine Statur bullig und auf seinem Stiernacken glänzten Schweißperlen.

„Michizure, du kannst das wieder ins Lager bringen“, sagte da eine dünne Stimme. Naruto wandte den Blick von dem Riesen ab und sah blinzelnd auf die andere Seite des Raumes. Hinter einem wuchtigen, rohen Holztisch saß eine im Vergleich zu Michizure kümmerliche Gestalt. Der junge Mann war kaum älter als Naruto und Sasuke, hatte schmale Augen und schien noch nie aus diesem Kellerloch herausgekommen zu sein. Bei der blassen Hautfarbe würde er es keine Minute in der prallen Sonne aushalten, ohne krebsrot zu werden.

Der massige Michizure trat an ihn heran und nahm das Gewehr, das der Kümmerling ihm reichte, und wirkte dabei noch einmal größer, so als könnte er den anderen mit einem simplen Fingerschnippen in zwei Teile brechen. Danach verschwanden seine breiten Schultern in einem Türrahmen, der in den angrenzenden, halbdunklen Raum führte.

Das Bleichgesicht machte sich daran, ein weiteres Gewehr mit einem gelblichen Tuch zu polieren, während er Sasuke falsch anlächelte. „Was verschafft mir die Ehre, dass jemand einer so gefürchteten Familie den einfachen Sai besucht?“

„Geschäfte“, sagte Sasuke wortkarg.

„Sehr schön. Darf ich euch gleich dieses Gewehr hier empfehlen?“ Er hielt Sasuke den staubigen Schießprügel unter die Nase. „Fast neu, 170er-Kaliber, und ich kann euch noch ein Zielfernrohr draufschrauben, wenn ihr wollt. In Kombination mit dem Sharingan unfehlbar. Ich habe vielleicht nicht die Auswahl von Tentens Laden, aber dafür bekommt ihr bei mir alle Extrawünsche, die ihr sonst noch habt. Wie wäre mit einem Patronengürtel? Wenn ihr beides nehmt, gibt’s den zum halben Preis.“

„Danke“, unterbrach ihn Sasuke. „Aber wir wollen nur Informationen.“

„Aha, verstehe. Ein kostbares Gut. Was wollt ihr denn wissen? Ihr wisst ja, wie das Geschäft läuft.“ Sai legte die Flinte weg, nahm einen Kugelschreiber zur Hand und musterte Naruto nachdenklich.

„Was ist über Kimimaros letzte Taten bekannt?“, fragte Sasuke als erstes.

Sai horchte auf. „Oh, der Halbdämon und Ex-Klang. Das ist teuer.“

„Wieviel?“

„Sechshundert“, legte Sai nach einigem Überlegen fest.

„Sechs …“, entfuhr es Naruto.

Sasuke beachtete ihn gar nicht. „Einverstanden. Sag uns, was du weißt.“ Er holte ein Bündel Geldscheine aus seiner Tasche hervor und zählte die Scheine ab. Die Sharingan-Familie konnte sich so eine Abzocke wohl leisten.

Sai lächelte, als er das Geld sah. „Man kann darauf schließen, dass er wahllos Orochimarus Leute abschlachtet. Vor einigen Tagen hat er in Ichiraku‘s Paradise den Schutzgeldeintreiber Dosu getötet und vor kurzem hat etwas das Haus des Arztes Kabuto zerstört. Augenzeugen berichten von einem Dinosaurierdämon. Wenn man das mit dem Wissen kombiniert, dass Kimimaros Dämonenform so aussieht wie ein Dinosaurier, kann man sagen, dass er es war, der Kabuto getötet hat.“ Was er sagte, kritzelte er in Windeseile auf ein Blatt Papier.

Kabuto war also tot? Sai war ja wirklich hervorragend informiert. Er musste viele Spitzel haben. Und eine Menge Geld damit verdienen. Naruto kam bei seinen Worten ein Gedanke: „Warte – wie war das eigentlich mit Ichiraku’s Paradise? Gestern habt ihr da was angedeutet – Was ist da passiert?“

Sai lächelte kaufmännisch. „Noch eine heiße Information. Zweihundert.“

„Einver …“, wollte Naruto rufen, obwohl er kein Geld mehr besaß, aber Sasuke unterbrach ihn.

„Vergiss es.“ Sai wirkte enttäuscht. Sasuke wandte sich Naruto zu. „Die Klänge sind aufgekreuzt und haben sein Lokal verwüstet. Ichiraku ist dabei gestorben, und da er keine Erben hatte, war’s das wohl mit dem Paradies.“

„Oh.“ Dann war es wirklich Orochimarus Werk. Erneut verfluchte Naruto sich halbherzig dafür, Kimimaros Rat damals nicht befolgt zu haben. „Und das weißt du so genau?“

Sasuke rollte die Augen. „Itachi und Kakashi sind dabeigewesen.“

„Und haben nichts dagegen unternommen?“, fuhr Naruto auf.

„Das verstehst du nicht. Ichiraku hat nie Schutzgeld an uns gezahlt.“

„Ihr seid doch …“

Sai räusperte sich. „Kann ich euch für noch etwas interessieren?“

„Kimimaros Ziele“, sagte Sasuke.

„Siebenhundert“, lächelte Sai.

Diesmal verzog der Mafioso den Mund, als er ihm das Geld reichte.

„Wie gesagt, er scheint es auf Orochimarus Handlanger abgesehen zu haben. Genaueres weiß niemand. Angeblich hat er sich sogar mit jemandem zusammengetan, der in der Stadt bekannt ist wie ein bunter Hund.“ Wieder flog der Kugelschreiber flink über den Zettel.

„Und wer ist das?“, hakte Sasuke nach.

Sais Lächeln war immer noch gegenwärtig. „Zweihundert.“

„Vergiss es“, knurrte der Mafioso. „Das finden wir auch anders raus. Sonst noch was?“

„Sie haben schwere Waffen gekauft. Leider nicht bei mir. Das ist alles.“

„Das ist alles?“, wiederholte Naruto ungläubig. „Mann, wir haben dir siebenhundert gezahlt, und das ist alles? Rück sofort das Geld wieder raus!“

Sasuke hob die Hand und hielt ihn zurück. „Lass ihn. Das ist mit Sai so üblich.“

Naruto starrte ihn ungläubig an.

„Man zahlt immer zuerst. Dafür sind die meisten von seinen Informationen zuverlässig und wertvoll.“

Achselzuckend beruhigte sich Naruto wieder. „Wie du willst. Ist ja deine Kohle.“

„Eine letzte Frage“, sagte Sasuke und etwas an seiner Haltung änderte sich. „Wo hält sich Kimimaro zurzeit auf?“

Sofern das überhaupt noch möglich war, wurde das Grinsen des Informanten noch breiter. „Das wären dann tausend.“ Sasuke rang sichtlich mit sich, und Sai fügte hinzu. „Nein, sagen wir tausendzweihundert. Dafür kann ich euch schon jetzt versichern, dass ich jemanden kenne, der euch direkt zu ihm führen kann.“

„Und dem wir dann noch einmal dasselbe blechen können“, vermutete Sasuke. Sai zuckte nur mit den Schultern. „Also schön. Raus mit der Sprache.“ Er reichte Sai ein dickes Bündel. Viel konnte er jetzt nicht mehr bei sich haben, ging Naruto durch den Kopf.

„Ich werde meinem Kontaktmann sagen, dass ihr in treffen wollt. Sagen wir, heute Abend, bei der Kirche in den östlichen Slums?“

„Einverstanden“, sagte Sasuke und wandte sich zum Gehen. „Das wäre alles.“

Sai lächelte unbeirrt, reichte dem Mafioso den bekritzelten Zettel und drückte die Geldscheine wie sein eigenes Kind an sich. „Danke für euren Einkauf.“
 

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Ich hoffe, es war nicht langweilig ohne eine Action-Szene ... Aber irgendwann muss man auch mal wieder Atem schöpfen ^^

Madara ist übrigens eine eigenständige Person, die nichts mit einem bestimmten "Knappen" zu tun hat ;)
 

Habe übrigens Madara bei der Charaktereliste hinzugefügt. Kimimaro hat auch ein neues Bild bekommen, das meiner Meinung nach verdammt cool aussieht XD
 

Bis zum nächsten!

Das Team steht

Sie waren schon einige Stunden vor Sonnenuntergang am vereinbarten Ort. Es war ein verschneiter Platz, umrandet von heruntergekommenen Gebäuden. An einer Seite stand eine baufällige, kaum noch als solche zu erkennende Kirche. Naruto saß auf einem der Steinblöcke, die heruntergefallen waren, und wartete ungeduldig. Sasuke schien die Ruhe weg zu haben.

Als die Sonne über den Dächern verschwand und die Welt in orangefarbenes Licht tauchte, schälten sich drei Schatten aus den Häuserruinen. Naruto sprang auf. Endlich war der Informant gekommen.

Die der kamen näher und ihm blieb die Spucke weg.

Sie hatten auf jemanden gewartet, der sie zu Kimimaro bringen sollte. Stattdessen war Kimimaro selbst gekommen, in Begleitung eines Mannes mit blonder Haarmähne und eines Maskierten. Eine Weile starrten sich alle fünf perplex an.

„Da hat Sai uns wohl reingelegt, hm“, sagte der Blonde, den Naruto nicht kannte. War er der bunte Hund, den Sai erwähnt hatte?

„Wie jetzt, hat er auch auch hergeschickt?“, fragte Naruto ungläubig.

„Er hat gesagt, er würde jemanden kennen, der uns zu Naruto Uzumaki bringt“, knurrte der Blonde. „Ich kann mich täuschen, Kimimaro, aber der Typ passt genau auf deine Beschreibung.“

„Er ist es auch“, murmelte der Halbdämon. „Solche Streiche passen zu Sai. Er hat uns beiden Geld abgenommen. Offenbar haben wir uns gegenseitig gesucht.“

„Das ist ja eine Überraschung“, murmelte Naruto.

„Und was genau ist der Grund, warum ihr nach uns gesucht habt, hm?“, fragte der Blonde.

„Ihr scheint über Orochimaru Bescheid zu wissen, und Orochimaru will Naruto“, sagte Sasuke. „Mein Name ist Sasuke, ich bin Söldner. Naruto hat mich angeheuert, ihn zu beschützen. Da ihr auch gegen Orochimaru seid, wäre es gut, wenn wir zusammenarbeiten.“

„Ach, ist das so?“ Der blonde Typ beugte sich abfällig zu Sasuke vor. „Du musst ganz schön mutig sein, wenn du gegen Orochimaru vorgehst. Oder verrückt.“

„Nicht verrückter als du“, antwortete Sasuke im selben Tonfall. „Ich kenne dich, du bist Deidara, der Dämonenjäger.“

Deidara grinste schief. „Und ich kenne dich nicht. Sehr bedeutend kannst du also nicht sein.“

„Manchmal sind die, die ihre Identität geheim halten können, die besseren Männer“, gab Sasuke zurück.

„Genug“, machte Kimimaro der Streiterei ein Ende. Er wandte sich an Naruto. „Ich habe Antworten für dich und Pläne mit dir – aber sie drehen sich nicht darum, dass du vor Orochimaru beschützt werden sollst.“

„Sondern?“, fragte Naruto unsicher.

Kimimaro musterte ihn nachdenklich. Naruto kam sich dabei seltsam klein vor. „Du weißt, dass in deinem Inneren ein Dämon schläft?“

Naruto nickte langsam.

„Orochimaru weiß es auch – und er will diesen Dämon haben. Vielleicht glaubt er, mit seiner Hilfe den Dämonenkönig stürzen zu können, um alleiniger Herrscher über die Stadt zu werden. Der Grund ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass er es auf dich abgesehen hat. Solange du also in Akuma Gakure bist, wirst du keine ruhige Minute haben.“

„Das hab ich auch schon gemerkt“, murmelte Naruto bitter.

Kimimaro musterte ihn lange. „Naruto Uzumaki, richtig? Ich möchte dir anbieten, dich uns anzuschließen. Wir werden dich nicht vor Orochimaru beschützen – wir werden ihn aktiv bekämpfen. Niemand kennt den Dämonenkönig besser als er – das heißt, wenn er glaubt, dass deine Macht die seine übertrumpfen kann, hat er womöglich Recht.“

„Rück mit der Sprache raus“, knurrte Sasuke. „Was willst du?“

Kimimaro musterte ihn kühl. „Ganz einfach: Wir beide, Deidara und ich, wollen den Dämonenkönig ebenfalls töten. Und die Schlange Orochimaru mit ihm.“

Eisiges Schweigen senkte sich auf den Platz. „Ihr gebt wirklich ein seltsames Paar ab“, stellte Sasuke trocken fest.

„Bist du dabei oder nicht?“, fragte Kimimaro Naruto ruhig.

Dieser zögerte, warf dann Sasuke einen Seitenblick zu und sagte: „Nur, wenn Sasuke auch mitkommen darf.“

Deidara maß Sasuke mit einem abfälligen Blick. „Ich weiß ja nicht … Taugt er denn überhaupt was?“

„Willst du es herausfinden?“, fragte Sasuke drohend.

„Warum nicht?“, ging Kimimaro besonnen dazwischen. „Ich werfe dir den Fehdehandschuh hin, Sasuke. Duellieren wir uns.“

„Wa…“ Naruto blieb der Mund offen stehen. Und was sollte das jetzt? „Ich dachte, ihr wollt Orochimaru bekämpfen … Warum wollt ihr euch dann gegenseitig über den Haufen schießen?“

„Der erste Blutstropfen entscheidet“, bestimmte Kimimaro. „Ich werde auf keine wichtigen Organe zielen … Und ich kann einiges wegstecken. Fangen wir an.“

Hinter Sasukes Stirn ratterten die Zahnräder. „Einverstanden“, murmelte er.

„Aber ihr …“, wollte Naruto rufen, dann ging ihm wieder durch den Kopf, was Don Madara gesagt hatte. Sasuke sollte die Ehre der Familie wiederherstellen … und Kimimaro töten.

Das war die perfekte Gelegenheit – zumal Sasuke dank seiner Sharingan-Augen kaum danebenschießen konnte.

„Lehn dich zurück und genieße die Vorstellung“, sagte Deidara überheblich, lehnte sich an einen Gesteinsbrocken und zündete sich lässig eine Zigarette an.

„Deidara-senpai, Ihr habt doch gesagt, Ihr raucht nicht mehr!“, ertönte eine piepsige Stimme hinter der Maske des anderen Mannes.

„Halt’s Maul, Tobi.“

Kimimaro und Sasuke hatten mittlerweile Aufstellung genommen. Sasuke hielt seine vergoldete Pistole in der Hand. Kimimaro hatte keine Waffe – aber die brauchte er wohl nicht. Rücken an Rücken standen sie da, dann gingen sie langsam los und zählten gemeinsam: „Eins … zwei … drei …“

Naruto brach der Schweiß aus, als würde er selbst dort stehen – auch wenn er sich sicher war, dass Sasuke gewann.

„Vier …“

Wind kam auf und wirbelte Schnee auf.

„Fünf!“

Beide wirbelten herum und dann hörte man nur ein Knallen und ein Pfeifen.

Ein einziger Blutstropfen fiel in den Schnee und färbte ihn leicht rot.

Sasuke starrte seinen Gegner wutentbrannt an. „Warum hast du nicht geschossen?!“, fauchte er.

Kimimaro musterte seine Wunde fast beifällig und senkte den ausgestreckten Finger. Sasuke hatte ihn am Schlüsselbein erwischt, aber die Kugel war nur wenige Milimeter eingedrungen, ehe sie ein massiver Knochenpanzer gestoppt hatte. Kimimaro schnippte das Projektil weg. „Nicht schlecht.“

Naruto versuchte zu erkennen, ob Sasuke rote Augen hatte – nein, oder?

„Den ersten Tropfen hast du gewonnen – du hast meinen Test bestanden.“

„Soll das heißen, du wolltest nur, dass ich Zielübungen mache?“, knurrte Sasuke.

Kimimaros Gesichtsausdruck zufolge war es dabei um weit mehr gegangen, aber er sagte nichts, sondern zog sich nur den Mantel enger und kam wieder auf Deidara, Tobi und Naruto zu. „Ihr seid beide an Bord. Von nun an sind wir eine Rebellengruppe, die sich dem Kampf und der restlosen Auslöschung von Orochimaru und dem Dämonenkönig verschrieben hat. Wir vier bilden ein Team.“

Naruto schluckte und sah von einem zum anderen. Sasuke, Deidara, Kimimaro, Naruto … Sie wollten also das Schicksal der Stadt ändern …

„Und ich?“, fragte Tobi.

„Du zählst nicht, hm.“

„Gehen wir“, sagte Kimimaro und schritt mit wehendem Mantel los.

„Und wohin?“, fragte Naruto und warf Sasuke einen Blick zu, der nachdenklich aussah.

„Zu Tentens Waffenladen. Wir rüsten uns mit dem Nötigsten aus“, kam die Antwort von Deidara.

Sie folgten ihnen. Naruto ließ sich zu Sasuke zurückfallen und flüsterte: „Warum hast du dein Sharingan nicht eingesetzt? Du hättest ihn erledigen können!“

„Hmpf, Idiot“, murmelte der Mafioso. „Du hast gesehen, wieviel eine Pistolenkugel bei ihm ausrichtet. Ich hätte ihn nicht töten können, und er hätte sofort gewusst, dass ich einer von der Sharingan-Familie bin.“ Er senkte die Stimme so weit, dass selbst Naruto Schwierigkeiten hatte, ihn zu verstehen. „Es muss sich eine andere Gelegenheit ergeben … Bis dahin spielen wir einfach mit.“

Naruto konnte sich eines mulmigen Gefühls in der Bauchgegend nicht erwehren.
 

Es gab Gerüchte, dass Tsunade schon über fünfzig war. Wenn, dann hatte sie sich erstaunlich gut gehalten – zweifellos mit unzähligen OPs und Massen von Botox. Keine Falten krochen auf ihrem Gesicht und ihre Haare waren noch immer reinblond. Momentan saß sie auf einem luxuriösen, mit rotem Samt gepolsterten Sessel hinter ihrem Schreibtisch. Der Raum war, verglich man ihm mit dem Rest des Gebäudes, eines der teuersten Bordelle der Stadt, recht dezent eingerichtet, geschmackvoll, nicht so übertrieben mit roten Lampen und anzüglichen Neon-Figuren beleuchtet wie der Rest des Etablissements, und strahlte Exklusivität aus.

Jetzt, im Nachhinein, kam es Shikamaru beinahe wie ein kleines Wunder vor, dass sie überhaupt hier hereingelassen worden waren – was auch sicher zum Teil an der großzügigen Finanzspritze für die Türsteher lag.

Tsunade paffte genüsslich eine teure Zigarre, während sie darauf wartete, dass ihre Besucher zuerst das Wort ergriffen. Shikamaru musste sich beherrschen, nicht die Nase zu rümpfen. Er war selbst Raucher, aber wenn der Qualm so dicht war, dass man alles nur noch durch einen Nebel sehen konnte, und in den Augen und im Hals brannte, war das einfach zu viel.

Als sie schwiegen, seufzte Tsunade und lehnte sich zurück. „Ihr seid doch von einer dieser Straßenbanden, oder?“

Shikamaru wunderte es nicht, dass sie darüber Bescheid wusste. Er warf Kiba einen kurzen Blick zu und sagte dann: „Stimmt. Wir sind Mitglieder der Schattenwölfe.“

„Was wollt ihr dann?“ Tsunade musterte die beiden kritisch. „Ich habe keine Lust, für irgendwelche Straßengören die Zuhälterin zu spielen, wenn ihr deswegen gekommen seid.“

Kiba machte den Mund auf und wollte wohl gerade etwas Unüberlegtes sagen, aber Shikamaru kam ihm zuvor. „Deswegen sind wir nicht hier. Wir wollen Ihnen einen Deal vorschlagen.“

Tsunade legte ihre Zigarre auf den Zigarrenhalter. „Worum geht es? Ihr wärt wohl kaum zu mir heraufgekommen, wenn ihr normale Kunden wärt.“ Sie sah die abgerissenen Gestalten mit einem Gesichtsausdruck an, der klarmachte, dass sie sich nicht einmal vorstellen konnte, dass die beiden für die Dienste hier bezahlen könnten.

Shikamaru trat einen genau kalkulierten Schritt vor und beugte sich zu ihr. „Rauschgift“, murmelte er mit gesenkter Stimme.

Tsunade sah ihn überrascht an. „Drogenhandel? Machst du Witze?“ Dann wurde ihr Blick anders. „Ich werde dir mal erklären, wie das hier läuft, Söhnchen. Der Drogenhandel ist fest in den Händen der Hyuuga-Familie. Wenn jemand anders versucht, Stoff zu verkaufen, wird er gelyncht. Ein ungeschriebenes Gesetz, aber wirkungsvoll.“

„Die Hyuuga-Familie“, sagte Shikamaru betont, „ist auseinandergefallen.“ Seltsam, dass sie davon noch nichts gehört hatte, aber vielleicht spielte sie nur die Ahnungslose.

„Ach? Hat ihr Dämon sie aufgefressen?“, fragte sie hämisch und paffte wieder.

„So in der Art. Angeblich ist eine Beschwörung schief gegangen. Es heißt, die Sharingan-Familie hätte auch ihre Finger im Spiel gehabt. Aber Fakt ist, dass der Drogenhandel jetzt in der Luft hängt, und jeder versucht ein Stückchen vom Kuchen abzubekommen.“ Er machte eine Kunstpause und versuchte, in Tsunades aufgespritzter Miene zu lesen. „Unser Vorteil ist, dass wir wissen, wo die Hyuuga Kokain säckeweise gebunkert haben.“

„Ach ja?“ Tsunade lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. „Und woher weiß eine schäbige Bande wie ihr sowas?“

„Wir sind keine …“, brauste Kiba auf, aber Shikamaru unterbrach ihn.

„Ein Bandenmitglied von uns wurde von den Hyuuga gefangengehalten. Ein zweiter, unser bester Messerstecher, hat ihn kürzlich gefunden und befreit. Dabei sind sie auf interessante Unterlagen gestoßen … Wir haben das Lager innerhalb eines Tages ausfindig gemacht und die Drogen in unseren Besitz gebracht.“

„Schau an, schau an.“ Tsunade tippte mit ihrer Zigarre auf die Schreitischplatte und überlegte sichtlich. „Warum kommt ihr dann zu mir, wenn ihr das Zeug bereits habt?“

„Das ist genau der Punkt“, sagte Shikamaru langsam. „Jemandem wie uns fällt es schwer, den ganzen Stoff zu verkaufen. Wir sind nur eine Bande und haben kaum Beziehungen. Sie hingegen sind in der ganzen Stadt bekannt und haben genügend Etablissements, um das Kokain massenweise unter der Hand zu verkaufen, und genügend Kunden, damit sich das Geschäft rentiert.“

„Hm“, machte Tsunade. „Dann machen wir also beide einigen Gewinn, was? Nun gut, ihr habt mich überzeugt.“ Sie riss ein Stück Papier aus einem Notizblock und kritzelte eine Adresse darauf. Den Zettel legte sie vor ihnen auf den Tisch; sie ließ sich nicht dazu hinab, ihn ihnen in die Hand zu geben. „Seid nächsten Samstag um elf Uhr nachts dort. Dann wickeln wir das Geschäft ab.“

Shikamaru nickte und steckte die Notiz ein. Sie kehrten der Zuhälterin den Rücken zu und wollten eben aus dem Büro gehen, als die Tür aufging und Kiba gegen die Nase prallte. „Autsch … verdammte …!“

Ein Mädchen mit langen blonden Harren und verweinter Schminke um die Augen kam herein. „Verzeihung, ich …“

„Was willst du schon wieder hier?“, donnerte Tsunade. Die junge Frau zuckte zusammen. „Hab ich dir nicht gesagt, du sollst dich fortscheren? Wie bist du überhaupt hier hereingekommen?“

„Ich … wollte fragen, ob Sie es sich nicht vielleicht … noch mal überlegt haben …“, murmelte das Mädchen.

Zornfalten wurden auf Tsunades sonst so glattem Gesicht erkennbar. „Wie oft soll ich es dir noch sagen? Das hier ist ein Edelbordell, wer hier arbeiten will, muss schön sein!“

„Aber ich … Ich bin schön!“, rief die Blonde erbost.

„Schön?“ Tsunade sprang auf, trat auf sie zu und riss grob ihr Top in die Höhe. „Das nennst du schön?!“

Shikamaru schluckte. Quer über den Rücken des Mädchens zog sich eine hässliche, knotige Narbe. Tsunade ließ sie los. „Such dir was anderes, hier kannst du nicht arbeiten.“

Die Miene des Mädchens veränderte sich plötzlich und wurde rot vor Scham und Wut. „Ich … ich könnte mir tausend angenehmere Arbeiten vorstellen!“, schrie sie erstickt, dann wurde ihre Stimme ein Wimmern. „Aber ich … ich brauche das Geld, ich … Sonst bin ich …“

„Hinaus!“, schrie sie Tsunade unnachgiebig an.

Das Mädchen wich zurück, sah kurz Kiba und Shikamaru an, ließ dann ein bitteres Schluchzen hören und stürmte aus dem Zimmer.

„Immer diese jungen Gören, die denken, eine schlanke Figur und schöne Haare wären alles“, murmelte Tsunade, an ihre beiden Besucher gewandt, als wollte sie sich rechtfertigen.

Shikamaru sah dem Mädchen mitleidig nach. Er konnte sich gar nicht vorstellen, wie verzweifelt man sein musste, um um einen Arbeitsplatz in Tsunades Bordell zu flehen … Ohne ein Wort des Grußes traten er und Kiba auf den Gang hinaus.

„Naja, ist doch gut gelaufen“, meinte Kiba.

Shikamaru nickte. „Ich hab doch gesagt, wenn ich rede, geht alles glatt.“

„Abwarten.“ Sie gingen den langen, mit einem roten Teppich ausgelegten Gang entlang um zur Treppe zu gelangen. „Aber so hat das Massaker bei den Hyuuga wenigstens was Gutes.“

Shikamaru nickte langsam. Es war jetzt fünf Tage her, seit sie die zerstörte Kathedrale gesehen hatten. Von Kin hatten sie nur noch einen angekohlen Schuh gefunden, alles andere von ihr war pulverisiert worden. Ihr Tod hatte vor allem Shikamaru schwer mitgenommen, weil er sie dazu getrieben hatte, für die Hyuuga zu arbeiten. Aber wenigstens war kurz darauf Sasori zurückgekommen, mit Sora im Schlepptau.

„Was, meinst du, ist aus Naruto geworden?“, fragte Kiba.

Shikamaru zuckte mit den Schulern. Sie bogen um die Ecke und sahen das Mädchen von vorhin auf einem kleinen Sofa sitzen, das an der Wand stand. Ihre Augen waren gerötet und ihr Blick leer. Shikamaru überlegte kurz, ob er ihr anbieten sollte, bei ihnen einzusteigen, aber das konnte er nicht tun. Abgesehen davon, dass er ihr nicht trauen konnte, müsste er dann wohl auch die tausend anderen armen Seelen von den Straßen aufklauben. Sie musste selbst sehen, wo sie blieb, so bitter das auch war.

„Ich bin mir fast sicher, dass er noch lebt“, fuhr Kiba fort. „Ich hab ihn nur kurz gekannt, aber Naruto ist zäh.“

Shikamaru nickte geistesabwesend. Sie erreichten die Treppe und bevor sie hinunter ins Erdgeschoss gingen, sah er noch einmal zurück. Das blonde Mädchen saß immer noch auf dem Sofa und starrte ihnen hinterher.
 

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Ich weiß, ich hab schon spannendere Kapitel geschrieben, aber ich hab einfach die Story noch weiter vorantreiben müssen.

Aber jetzt sind alle Dinge erstmal geklärt: Ich habs witzig gefunden, Sasuke, Naruto, Deidara und Kimimaro in ein Team zu stecken^^ Ist mal was anderes :P

Gut, also ... zwei Kapitel ohne wirkliche Action ... Keine Sorge, sie waren nur die Überleitung zu einem neuen Handlungsbogen. Wo wieder viel Action und Dramatik und das alles drin ist ... Also mir persönlich gefallen meine Ideen, wie es weitergeht, sehr gut, ich hoffe, euch auch :)

Bis zum nächsten also!
 

Ich habe übrigens begonnen, an einem Trailer zu A Bullet For You zu arbeiten. Ich melde mich, wenn er fertig ist.

Spezialkapitel - Was bisher geschah

Da die FF schon ziemlich lang online ist, es zwischen den Kapitel natürlich immer wieder Abstände gab und weil jetzt der neue Handlungsbogen von A Bullet For You beginnt, hab ich mir gedacht, ich schreibe eine kurze Zusammenfassung über die wichtigsten Dinge, die bislang geschehen sind.
 

Wenn ihr noch alles wisst, was passiert ist und somit up-to-date seid, überspringt dieses Kapitel einfach und lest beim nächsten weiter ;)
 

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Naruto hatte eine seltsame Kindheit: Er war niemals krank, seine Verletzungen heilten schneller als gewöhnlich und einmal nahm sogar ein Dämon vor ihm Reißaus. Außerdem spürte er oft ein unbestimmtes Fernweh. Eine alte Hexe, die in seinem Heimatdorf lebt, gab ihm den Rat, nach Akuma Gakure zu gehen, in die Stadt der Dämonen. Dort würde er Antworten auf seine Fragen finden.

Kaum in Akuma Gakure angekommen, gerät Naruto in Schwierigkeiten: Er legt sich mit zwei Schutzgeldeintreibern des Gangsters Orochimaru in dem Lokal Ichiraku’s Paradise an. Ein Halbdämon namens Kimimaro hilft ihm, sie zu überwältigen, aber einer der beiden, Zaku, entkommt, weil Naruto ihn nicht töten wollte.

Naruto findet Unterschlupf bei Ino, einer Tänzerin in Ichiraku’s Paradise, und ihrer Freundin Hinata. Er will sich für einen Revanchekampf mit Zaku treffen, doch bevor es so weit kommt, schließt er gezwungenermaßen Bekanntschaft mit der Sharingan-Familie, der mächtigsten Mafia-Bande der Stadt, und den Weißen Richtern, die die Dämonen in Akuma Gakure ausrotten wollen. Als einmal eine unbekannte Kraft aus ihm hervorbricht und er aus Versehen jemanden tötet, trifft er einen jungen Mann mit roten Haaren, der meint, sie wären sich ähnlich.

Das Treffen mit Zaku verläuft anders als geplant: Nicht nur Zaku erwartet Naruto, sondern auch die Klänge, vier Halbdämonen in Orochimarus Diensten. Dieser hat von Narutos Fähigkeiten Wind bekommen und möchte sie austesten. Naruto wird wieder von Kimimaro gerettet und findet Unterschlupf bei den Straßenwölfen, einer Gossenbande.

Kimimaro, der in Tayuya, eine der Klänge, verliebt ist, schließt sich mit dem Dämonenjäger Deidara zusammen, um mit ihm zusammen Orochimaru und den Dämonenkönig, der die Stadt beherrscht und dessen rechte Hand Orochimaru ist, zu stürzen und Akuma Gakure zu befreien. Sie suchen Kabuto auf, einen Arzt, der ebenfalls dem Gangster ergeben ist. Dieser erzählt ihnen vor seinem Tod, Orochimaru habe es auf Naruto abgesehen, weil in ihm vermutlich ein mächtiger Dämon wohnt.

Die Klänge zerstören indessen in Orochimarus Namen Ichiraku’s Paradise.

Naruto wird bei den Straßenwölfen aufgenommen und hilft ihnen, einen Koffer voller Geld von der Hyuuga-Familie und den Schattenjägern, einer rivalisierenden Straßenbande, zu stehlen. Doch Shikamaru, der Anführer der Schattenjäger, trickst sie aus und führt die Hyuuga direkt zu ihrem Versteck. Weil Hinata ebenfalls zur Familie gehört und Naruto mit ihr Kontakt hatte, ist Neji, der höchste Würdenträger der Mafia-Bande, gar nicht von ihm angetan. Er soll dem Dämon Byakugan geopfert werden, der ihm erzählt, dass in ihm tatsächlich ein Dämon wohnen würde. Während der Anrufung werden die Hyuuga von der Sharingan-Familie attackiert, die auf einen Racheakt aus sind. In einem spektakulären Kampf schaffen sie es, die Hyuuga-Familie auszulöschen. Neji opfert sich selbst Byakugan.

Jetzt in der Gewalt der Sharingan-Familie, wird Naruto von Don Madara ein Angebot gemacht: Kimimaro hat die Ehre der Familie beschmutzt und soll liquidiert werden. Naruto, dem er zu vertrauen scheint, soll dabei helfen. Zusammen mit dem Mafioso Sasuke soll er den Halbdämon ausfindig machen, mehr über seine Ziele herausfinden und ihn dann töten. Dafür bietet der Don ihm freies Geleit aus der Stadt, von der Naruto gehörig genug hat.

Auch Kimimaro und Deidara suchen nach Naruto. Sie sehen in ihm einen nützlichen Verbündeten im Kampf gegen den Dämonenkönig, und weil Orochimaru ihn unbedingt haben will, muss er Angst vor ihm haben. Die vier schließen sich zu einem Team zusammen, weil Sasuke noch warten will, bis er eine Gelegenheit hat, um Kimimaro sicher zu töten.

In der Zwischenzeit hat Shikamaru seine Macht über die beiden Straßenbanden gesichert und die Straßenwölfe und die Schattenjäger zusammengeführt. Sie schließen einen Deal mit Tsunade, einer Bordellbesitzerin ab, um ihr Geld zu vermehren.

Kimimaro hat bereits einen neuen Plan. Der Kampf um Akuma Gakure hat erst begonnen …

Der Maskenball

„Ich kann einfach nicht fassen, dass ich hier meine Zeit verschwende“, murrte Sasuke und sah den Tanzpaaren zu, die sich zur Musik der Jazzkapelle über den Marmorboden drehten.

Er, Naruto und Kimimaro standen in der Eingangshalle eines glamourösen Herrenhauses vor dem prachtvollen Buffet, das entlang der Wände auf mit weißen Tüchern überzogenen Tischen präsentiert wurde. Über ihnen schwebte ein riesiger Kristallleuchter. Sasuke kippte sich soeben sein viertes Glas Cherry in den Rachen und sein Blick glitt desinteressiert über die versammelten Gestalten, die wie sie in kleinen Grüppchen beieinanderstanden oder tanzten. „Ich dachte, das Haus gehört Orochimaru?“, sagte Sasuke und warf Kimimaro einen Seitenblick zu. „Wir gehen ein großes Risiko ein.“

„Niemand wird uns erkennen“, sagte Kimimaro leise.

Das stimmte – hoffentlich. Das hier war ein Ball, den der Verwalter des Anwesens mit Orochimarus Zustimmung veranstaltete, damit die rechte Hand des Dämonenkönigs in der Öffentlichkeit präsenter wurde – genauer gesagt, war es ein Maskenball.

Naruto lockerte sich die Fliege, die er um den Hals trug, und verfluchte im Stillen den kratzigen Anzug. Kimimaro hatte für sie edle, schwarzweiße Smokings aufgetrieben, und Naruto kam sich darin wie ein Lackaffe vor. Die Masken dazu hatten sie sich selbst ausgesucht. Naruto trug eine schwarzgelbe Katzenmaske. Ursprünglich hätte ihm auch die Fuchsmaske im Laden gefallen, aber sicherheitshalber hatte er dann eine andere gewählt. Man wusste ja nie.

Sasuke trug über seinem Anzug – in dem er sich offenbar recht wohl fühlte – eine Zorro-Maske, dazu ein schwarzes Mundtuch und einen passenden Hut. Von seinem Gesicht waren nur die Augen zu sehen. Die Maske, die Kimimaro aufhatte, war so einfach, dass sie schon wieder auffallend war: Ein schlichtes, graues, eiförmiges Kartonstück mit Löchern für Augen und Mund.

Naruto warf einen Blick in die Menge. Es war irritierend, in lauter maskierte Gesichter zu blicken. Nach einer Weile hatte er an einem Tisch am Aufgang der Stiege, die von zwei Seiten am hinteren Ende des Raumes zu einer Galerie hoch führte, Deidaras Maske entdeckt: Den Falkenkopf des ägyptischen Sonnengottes Ra. Dass der Dämonenjäger recht arrogant war, hatte Naruto in den zwei Wochen, die sie sich nun kannten, schon festgestellt, aber sein Aufzug schlug dem Fass den Boden aus. Deidara hatte vor einer halben Stunde wahllos eine Frau mit Panthermaske zum Tanz aufgefordert und seitdem führten die beiden eine angeregte Diskussion über Kunst.

„Mich würde auch interessieren, was wir hier eigentlich tun“, murmelte Naruto.

Kimimaro vergewisserte sich, das ihnen niemand zuhörte. Dann drehte er sich um und tat, als würde er sich etwas zu essen auf seinen Teller laden, während er sagte: „Wir sind hier, weil wir uns mit jemandem treffen. Ein Bekannter von mir, der für Orochimaru arbeitet, wird uns helfen, unbemerkt in Orochimarus Anwesen zu gelangen.“

„Ist das Anwesen nicht das hier?“, fragte Naruto.

Kimimaro schüttelte sachte den Kopf. „Das ist nur eines der vielen Herrenhäuser, die ihm gehören. Seine eigene Residenz liegt im Norden der Stadt, eine wahre Festung. Da kommt man nicht so einfach rein.“

„Dein Kontaktmann“, sagte Sasuke leise, nachdem er einen weiteren Cherry vom Tablett eines Kellners, der durch den Saal wuselte, genommen hatte. „Ist er vertrauenswürdig?“

„Ja und nein. Er arbeitet zwar für Orochimaru, aber insgeheim sucht er schon lange eine Möglichkeit, ihn zu hintergehen. Die Schlange behandelt ihre Untergebenen nicht gerade gut. Und abgesehen davon, dass mein Bekannter seine Großmutter für eine Handvoll Münzen verkaufen würde, rächt er sich gerne an denen, die ihm Angst einjagen wollen. Orochimaru gehört dazu.“

„Und wie lange sollen wir noch auf ihn warten?“, fragte Sasuke.

„Er wird auf uns zukommen, hat er gesagt. Dann besprechen wir die Details. Er kennt meine Maske“, sagte der Halbdämon.

„Andersherum wäre es mir lieber“, murmelte Sasuke.

Naruto hatte sich eben eines der kleinen, blassen Würstchen auf seinen Teller gepackt, als sein Blick auf die Galerie glitt. Er zuckte so heftig zusammen, dass ihm beinahe das Essen hinunterfiel, und fuhr herum, sodass er die Wand anstarrte.

„Was ist los?“, fragte Kimimaro alarmiert.

„Zaku“, murmelte Naruto gepresst. „Ich hab ihn gesehen … Er ist auf der Galerie. Er hat keine Maske auf.“

„Nicht hinsehen“, flüsterte Kimimaro Sasuke zu.

„Das hatte ich nicht vor“, meinte der Mafiosi kühl.

„Nun, es war zu erwarten, dass wir auf einen Handlanger von Orochimaru treffen, wenn nicht sogar auf mehrere. Beten wir, dass die Klänge nicht hier sind.“

„Wenn dein Kontaktmann nicht bald Kontakt zu uns aufnimmt, wird uns Beten auch nichts mehr helfen“, gab Sasuke gereizt zurück. „Wir warten jetzt schon fast zwei Stunden lang!“

Und es blieb nicht bei den zwei Stunden. Die große Uhr unterhalb der Galerie zeigte halb drei Uhr morgens an, als immer noch die meisten Gäste da waren und tanzten. Naruto wurde langsam müde. Er hatte, um nicht aufzufallen, drei ungeschickte Tänze mit anonymen Partnerinnen hinter sich gebracht. „Entschuldigt mich kurz“, murmelte er seinen Kameraden zu, nachdem er wieder zu ihnen zurückgekehrt war. Auch Deidara war wieder bei ihnen, er – oder wohl eher seine Bekanntschaft – hatte die Lust am Gespräch verloren und nun kostete er sich durch das Essensangebot.

Naruto verließ den Hauptsaal durch einen der vielen Gänge auf der Suche nach der Toilette. In dem Gewirr aus Gängen dauerte es eine Weile, bis er sie auch fand. Nur ein einziger anderer Gast kam ihm entgegen, ein Mann in einem Skelettkostüm mit Totenkopfmaske.

Nachdem Naruto wieder auf den Gang getreten war, fiel ihm ein eigenartiger Geruch auf. Naserümpfend folgte er seinem Riechorgan in einen Teil der Gänge, der nicht beleuchtet war. Er konnte kaum etwas sehen; nur aus einem kleinen Fenster am Ende des Flurs fiel Mondlicht. Der Gestank wurde immer stärker. Naruto drückte eine Tür auf, die nur angelehnt war. Völlige Finsternis erwartete ihn.

Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit – und er schnappte nach Luft. Das Buffetessen drängte plötzlich nach oben, er presste die Hand vor den Mund und taumelte nach hinten, hinaus aus dem Zimmer. Kalter Schweiß trat aus seinen Poren und unter der Maske wurde ihm plötzlich unglaublich heiß. Mehr stolpernd als laufend eilte er in die Halle zurück.

Die Jazzkapelle spielte immer noch unermüdlich, auch wenn kaum noch jemand tanzte. Mittlerweile lehnten schon einige Betrunkene an den Tischen oder schliefen darauf. Kimimaro, Sasuke und Deidara standen immer noch alleine an ihrem Platz am Buffet und beäugten misstrauisch ein Dutzend Männer in schwarzen Anzügen und mit weißen Masken mit langen, spitzen Schnäbeln, die, scheinbar auf der Suche nach etwas, rastlos in kleinen Grüppchen durch den Saal tigerten.

Naruto kam keuchend vor ihnen zum Stehen. „Leute … Leute, ich … Da hinten im Gang, da ist ..“

Er unterbrach sich, einerseits um sich von dem Schrecken zu erholen und Luft zu schnappen, andererseits, weil ein anderer Gast ziemlich nahe an ihnen vorbeischlenderte. Er trug einen schwarzen Mantel und auf seiner Maske war ein blanker Totenschädel abgebildet. Es war der Typ, den er vorhin gesehen hatte. Naruto wartete, bis der Mann vorüberging, aber stattdessen rempelte er Kimimaro wie zufällig an und raunte, gerade laut genug, dass die vier es hören konnten: „Na? Täuschen mich meine Sinne, oder bist du ein beschissener Halbdämon?“

Kimimaro reagierte blitzschnell. Er stieß dem Fremden die Hand vor die Brust und kurz konnte Naruto den pfeilspitzen Knochen sehen, der daraus hervorschoss und sich in das Herz des Mannes bohrte. Ohne einen Laut kippte der Fremde nach vorn. Kimimaro fing ihn auf und sagte laut: „Sie sollten wirklich nicht so viel trinken, Sir. Schlafen Sie Ihren Rausch aus.“ Damit legte er die Leiche so an die Wand, dass niemand das Einstichloch sehen konnte.

„Das war knapp“, kommentierte Deidara und nippte an seinem Glas.

Naruto atmete tief durch und entsann sich dann, warum er eigentlich so stürmisch herangerauscht war, dass ihm die Maske ein wenig verrutscht war. Eilig schob er sie wieder an ihren Platz und hoffte, dass ihn niemand gesehen hatte. „Leute, ich …“

Er kam auch diesmal nicht dazu, auszusprechen, denn eine starke, behandschuhte Hand legte sich auf Kimimaros Schulter und drückte gerade so fest zu, dass es drohend wirkte. Der Halbdämon drehte sich herum. Hinter ihm standen zwei der Kerle mit den venezianischen Pestmasken. „Sir? Wir hätten einige Fragen an Sie“, sagte das eine Schnabelgesicht, das Kimimaro festhielt.

Naruto spannte sich – als plötzlich etwas durch die Luft blitzte und der Kopf von den Schultern des Mannes segelte.

Sowohl Naruto als auch dessen Kollege schrien auf. Deidara riss die Augen auf, Kimimaro und Sasuke wirbelten herum auf der Suche nach dem Angreifer.

Der Gast mit der Totenkopfmaske stand gemächlich auf und grinste sie mit seinen bleichen Zähnen an. Das Loch in seiner Brust rauchte und in der Hand hielt er plötzlich eine riesige Sense mit drei Klingen. „Ich hab lang genug gewartet, Scheiße noch mal!“, knurrte er und schwang seine Waffe. Aus den Klingen barst ein Getöse, das die Musik übertönte. Wie ein schneidender Luftzug fegten silbrig blitzende Halbmonde durch die Halle. Der Boden der Halle wurde aufgeschlitzt, der Klingenwind riss das zweite Schnabelgesicht in Stücke. Das Licht im Raum flackerte, Fenster zerbarsten, Schnitte zerteilten die edlen Teppiche, ein Stück der Treppe brach zusammen; je weiter der Sturm wehte, desto stärker wurde er. Panisch schrien die Besucher auf und versuchten orientierungslos vor dem Sturm davonzulaufen. Mehr als einer stolperte und fiel hin, andere stürzten einfach über die am Boden liegenden hinweg. Kreischen und Schreie erfüllte die Luft.

Der Sensenmann ließ die Waffe ein zweites Mal durch die Luft sausen. Kimimaro ließ sich mit übermenschlicher Schnelligkeit einfach fallen, als die silbernen Klingen über ihn hinwegfegten. Die Buffettische wurden glatt entzweigeteilt, unter das Klirren von Glas mischten sich die Schreie der Ballgäste, die die Sichelblitze erwischten.

„Ein Dämon! Er ist ein Dämon!“, brüllte Deidara, der sich sein elektronisches Gerät vors Auge hielt.

Die anderen Männer mit den Schnabelmasken zogen mit einem Mal Waffen aus ihren Anzügen hervor. Knatternd erfüllten sie die Luft mit einem Kugelhagel, der dem Sensenmann galt.

Mehrere Schüsse trafen die Totenkopfmaske des Mannes und ließen sie zerspringen. Dahinter kam ein Gesicht zum Vorschein, das nicht viel anders, aber noch furchteinflößender war, eine Mischung aus schwarz und weiß. Die Kreatur kicherte hämisch, als sie dem Kugelhagel trotzte. Die Geschosse zerfetzten ihren Mantel und durchsiebten ihren Körper, doch es war kein Blut sichtbar, nur violetter Rauch, der aus den Wunden quoll. Lachend stieß der Dämon die Sensenblätter in den Boden. Drei weiße Lichtblitze rissen den Marmor auf und schossen in alle Richtungen davon, fraßen sich wie überschnelle Raupen durch den Boden und zerteilten alles, worauf sie stießen. Die Schnabelgesichter, die nicht rechtzeitig auswichen, wurden praktisch niedergemäht. Naruto starrte mit geweiteten Augen auf ihre Körper, in denen plötzlich halbmeterlange Schnitte klafften. Die Blitze krachten in die Wände und die Treppe und ließen sie erzittertern. Die Instrumente, deren Besitzer längst das Weite gesucht hatten, flogen meterweit durch die Luft.

„Lauft!“, schrie Kimimaro. Er und Deidara setzten sich in Bewegung. Sasuke war irgendwohin verschwunden. Auch Naruto stürmte los. Eine plötzliche Sturmböe erfasste ihn und schleuderte ihn zu Boden. Er spürte, wie sein Anzug aufriss, doch die Schnitte erreichten zum Gück seine Haut nicht. Das Band, das seine Maske hielt, wurde zertrennt und das Katzengesicht wurde vom Sturmwind davongetragen.

Mitllerweile war der ganze Ballsaal ein einziges Chaos aus schreienden Stimmen. Der Dämon metzelte sich wahllos durch die flüchtenden Gäste. Wann immer er an einer Leiche vorbeikam, stieg blaues Licht daraus hervor, das der Dämon einsaugte. „Jaaaah … Gebt mir eure Energie, ihr kleinen Hosenscheißer!“, johlte das Ungeheuer.

Die Männer mit den weißen Schnabelmasken pulverten weiterhin wirkungslos ihre Munition auf den Dämon. Naruto sah, wie Kimimaro einem weiteren Sensensturm entkam, indem er sich kraftvoll vom Boden abstieß und sich an die Unterseite des gewaltigen Lusters klammerte.

„Da oben!“, schrie eines der Schnabelgesichter. „Er ist auch ein Dämon!“

Sofort wandten die Männer Kimimaro ihre Aufmerksamkeit zu – und ihre SMGs –, während der andere Dämon unaufhaltsam unter den Gästen wütete. Kimimaro ließ sich fallen, um dem Kugelgewitter zu entgehen, landete am Boden – als ihm plötzlich der gesamte Kronleuchter entgegenkam. Mit einer waghalsigen Rolle entkam er dem Teil – wenn auch nur knapp. Direkt neben ihm prallte der Luster am Boden auf. Tausende Kristallsplitter regneten klirrend in alle Richtungen davon. Die kurze Feuerpause nutzte Kimimaro, riss sich einen kurzen Knochendolch aus dem Knie und fällte damit zwei der Schnabelgesichter. Er sprang breitbeinig über einen umgekippten Tisch hinweg und spreizte die Finger der ausgestreckten Hand. Aus seinem Daumen und seinem kleinen Finger schossen seine Fingerknöchel und trafen zielsicher zwei weitere Männer, die auf ihn zielten.

Naruto sah nicht, was dann geschah, denn plötzlich packte ihn jemand am Oberarm und riss ihn brutal zurück. Er fuhr herum und blickte in das fassungslose Gesicht von Zaku. „Du!“, spie ihm der Schutzgeldeintreiber entgegen – und verdrehte die Augen, als ihm jemand von hinten mit aller Kraft eine Champagnerflasche gegen den Schädel depperte, sodass sie zersplitterte.

Ein Mädchen in einem schlichten roten Ballkleid und einer dezenten Schmetterlingsmaske über den Augen packte ihn am Handgelenk. „Komm, schnell!“ Sie zerrte ihn im Strom der Flüchtenden in einen der Gänge, in der anderen Hand trug sie ihre Stöckelschuhe.

Naruto packte seinen Hemdkragen und riss ihn auseinander. Der Knopf sprang davon, ebenso die verhasste Fliege. Endlich konnte er wieder frei atmen. Sie stürmten die finsteren Gänge entlang – das Licht im ganzen Anwesen war wohl ausgefallen. Seine Begleiterin hatte ihn losgelassen und ihr Kleid gerafft; dennoch kamen sie nur mäßig schnell voran.

Schüsse hinter ihnen ließen Naruto über die Schulter blicken – und er erstarrte. Soeben brachen zwei weitere Schnabelgesichter zusammen und der Dämon fraß ihre Energie auf, als er vorbeiglitt … Naruto kniff die Augen zusammen. Tatsächlich! Der Dämon rannte nicht, er schwebte einige Zentimeter über dem Boden!

Und er holte schnell auf.

Kreischend fiel eine maskierte Dame, die nicht schnell genug war, seiner Sense zum Opfer. Naruto meinte, den Luftstrom zu spüren, dann brannte plötzlich in Schnitt in seiner rechten Schulter. Er keuchte vor Schmerz auf, rannte aber weiter. Ein neuerlicher Sturm rauschte vorbei, Naruto riss seine Begleiterin in einen Nebengang und sie waren allein. Hinter ihnen wurden weitere Schreie laut, ein einzelner Schuss, und das Fauchen und Zischen des Windes und ein grässliches, nasses Geräusch.

„Hier lang!“, rief das Mädchen, als vor ihnen im Gang zwei Männer mit Schnabelmasken auf sie zustürmten und ohne Rücksicht auf die Flüchtenden das Feuer eröffneten. Sie stürzten gerde noch rechtzeitig links in eines der Zimmer, ein geschmackvoll und teuer eingerichtetes Schlafzimmer, das durch ein Fenster vom Mondlicht beleuchtet wurde. Ein silberner Blitz zerteilte die offene Tür und ließ die beiden Männer aufschreien. Der Dämon lachte, etwas krachte laut … Und dann stand die Kreatur mit gierigen Augen in der Tür.

Naruto und das Mädchen wichen bis zur Wand zurück. Sie saßen in der Falle.

Kichernd kam der Dämon näher. „Glaubt ihr Scheiß-Sterblichen denn wirklich, ihr entkommt dem furchtbaren Hidan?“ Er grinste hämisch. Naruto griff kurzatmig in die Innentasche seines Sakkos und holte eine Pistole mit Schalldämpfer hervor, die sie in Tentens Laden gekauft hatten. Zitternd richtete er sie auf das Monster. Er hatte noch nie mit einer Pistole geschossen und es nie vorgehabt … Schluckend zielte er auf Hidan. Schweiß tropfte von seinem Kinn. Das ist kein Mensch … Das ist kein Mensch …

Er drückte ab, und dann nochmal und ein drittes Mal. Die ersten beiden Schüsse gingen weit daneben, der dritte jedoch schlug ironischerweise genau zwischen den Augen des Dämons ein.

Und ironischerweise ging Hidan immer noch nicht zu Boden. Er zuckte nur kurz zurück, dann sah Naruto, wie violetter Rauch aus dem Loch brodelte, sich kurz in der Luft kräuselte und dann zurück in die Wunde gesogen wurde und sie heilte, als wäre da nie ein Treffer gewesen.

„Das bringt dir überhaupt nichts, du kleiner Bastard!“, rief Hidan und schlug mit der Sense zu. Naruto stolperte rückwärts gegen seine Begleiterin und sie plumpsten vor dem Fenster zu Boden. Die Sense kappte seine Pistole knapp oberhalb seiner Finger sauber ab und fuhr in den Boden – wo sie ein Blitzgewitter verursachte, dass den Raum zweizuteilen schien: Der Teppich wurde in die Höhe gewirbelt und zerschnitten, das Bett in Stücke gerissen und der Schnitt im Boden pflanzte sich bis an die Wand fort, wo er ein Gemälde zerteilte, das zu Boden fiel.

Narutos Herz raste. Er konnte kaum noch klar denken. Dieser Dämon war schlimmer, zerstörungswütiger als alles andere, was er je in dieser höllischen Stadt gesehen hatte. Sein Blick flatterte gehetzt zum Fenster. Würde ihn ein Sprung nach draußen retten? Das Anwesen befand sich am Rande der Stadt, fast schon in den Bergen, und das ziemlich hoch … Wenn da draußen nichts als scharfe Felszacken auf ihn warteten …

Andererseits, war das wohl schlimmer als das Schicksal, das ihn hier erwartete? Oder … Er horchte in sich hinein. Würde er den Dämon in seinem Inneren erwecken können?

Mit einem gewaltigen Knall explodierte etwas neben ihnen. Ein Hagel aus Holz, Steinen und Schutt ging auf Naruto und das Mädchen nieder. Hidan wurde von den Füßen gerissen und krachte genau in eine Kommode. Aus der Staubwolke, die dort aufwallte, wo zuvor die Wand gewesen war, tauchte Deidara auf. Er hatte seinen Falkenkopf endgültig abgelegt und das Essenzengerät direkt auf seinem Auge befestigt. „Wusst ich’s doch! Die Essenz von dem Vieh leuchtet sogar durch die Wände durch, hm!“

Naruto stand immer noch geschockt auf, hinter ihm auch das Mädchen. Deidara sprang vor und zog zwei Granaten. „Ihr zwei Hübschen seht zu, dass ihr hier wegkommt!“, riet er, zog die Sicherungsstifte heraus und platzierte die Granaten direkt unter dem Dämon, der soeben wieder auf die Beine kommen wollte – also stieß Deidara ihn wieder zu Boden und stürzte dann durch das Loch zurück in den Raum, aus dem er gekommen war. Naruto und das unbekannte Mädchen folgten ihm. Sie erreichten eine weitere Tür, die wieder auf den Gang führte, und spürte, wie der Boden erbebte und eine gewaltige Doppelexplosion das Gebäude erschütterte. Selbst hier draußen spürte Naruto noch die Druckwelle und Staub schwappte auf den Gang wie Meereswellen.

„Das sollte es gewesen sein, hm“, sagte Deidara. „Suchen wir die anderen.“
 

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So, wie versprochen die Action ;)

Ich hatte echt riesigen Spaß, das Kapitel zu schreiben, vor allem den Maskenball ;D

Der einzig wahre Sensenmann

Sasuke atmete tief durch. Es war totenstill und finster geworden in dem Ballsaal. Er hatte sich mit gezückter Pistole hinter einen umgestürzten Tisch gekauert, aber niemand hatte ihm anscheinend Beachtung geschenkt – was ihm ganz recht war. So lief er nicht Gefahr sich zu verraten, wenn er in Kimimaros Gegenwart sein Sharingan benutzte.

Irgendwo auf der Galerie blitzte eine defekte Lampe, ansonsten war der Raum in bläuliches Schwarz getaucht. Wachsam richtete Sasuke sich auf. Der Ballsaal war übersät von Marmorbruchstücken, zertrümmerten Tischen und Stühlen – und Leichen. Der Kampf hatte massenweise Opfer gefordert, sowohl von Seiten der Schnabelmaskenträger als auch unter den gewöhnlichen Gästen. Sasuke hatte in seiner Zeit als Mafioso mehr als genug Gemetzel gesehen, aber das hier überstieg alles andere. Es kam schließlich nicht alle Tage vor, dass ein sensenschwingender Dämon unter wehrlosen Menschen wütete. Sasuke schritt an den verstümmelten Körpern vorbei und suchte seine Partner.
 

Es war wohl der Sensendämon gewesen, der Zaku erwischt hatte – das, was von ihm übrig geblieben war, ließ unter den gegebenen Umständen keinen anderen Schluss zu: Er lag glatt in zwei Hälften geteilt in einem der Gänge. Die Neonröhre über ihm funktionierte seltsamerweise noch. Kimimaro war eben dabei, mit einem Streifen von Zakus blutgetränktem Hemd drei Punkte auf den Boden zu malen, als er Schritte hörte. Er wirbelte herum und zog sich noch in der Bewegung einen Knochen aus seiner Schulter, der sofort wieder nachwuchs. „Du bist es“, murmelte er, als er Sasuke erkannte.

Sasuke nickte knapp und musterte Zaku und das halb fertige Zeichen, das um ihn herum auf den Boden gemalt war. „Weißt du, wessen Zeichen das ist?“, fragte er.

Kimimaro hatte sich bereits wieder umgedreht und setzte sein Werk fort. „Das Zeichen der Sharingan-Familie“, sagte er leichtfertig. Sasuke zog die Augenbrauen zusammen. Der Halbdämon tat es also schon wieder.

„Orochimarus Leute werden garantiert nicht so dämlich sein zu glauben, dass wirklich die Sharingan-Familie dahintersteckt“, meinte Sasuke.

„Wahrscheinlich nicht“, stimmte Kimimaro ihm zu. „Aber es kann nicht schaden, es zu versuchen. Wenn sich die beiden größten Mächte der Stadt bekriegen, selbst wenn sie sich nur nicht trauen, kommt uns das zugute.“ Er war fertig und begutachtete sein Werk.

Sasuke blies sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Je schneller er seine geheime Mission hinter sich brachte, desto besser war es wohl ...

„Yo, auch noch am Leben?“, ertönte da eine Stimme aus dem Gang. Deidara kam anspaziert, zusammen mit Naruto und einem maskierten Mädchen. Letztere zuckten bei Zakus Anblick zusammen; das Mädchen schlug die Hand vor den Mund.

„Sieht so aus“, gab Sasuke mürrisch zurück.

„Alles klar bei euch?“, fragte Kimimaro.

„Klar. Der Dämon hätte sich vergewissern sollen, dass auch kein Dämonenjäger unter seinen Opfern ist, hm. Ich hab das Siegelgefäß im Van gelassen, aber wenn wir es holen, können wir uns seine Essenz auch noch schnappen.“

„Ich weiß nicht.“ Kimimaro überlegte. „Wir sollten machen, dass wir hier wegkommen. Orochimaru hat vielleicht schon erfahren, was hier passiert ist, und dann haben wir in Null Komma Nichts die Klänge am Hals.“

Naruto wandte sich dem Mädchen zu. „Danke übrigens“, sagte er. „Du hast mich vor Zaku gerettet – wie heißt du?“

Das Mädchen lachte leise. „Seltsam – ich dachte, du hättest es schon gemerkt. Naja, wir haben uns ja auch nicht lange gekannt.“ Sie nahm die Schmetterlingsmaske ab und löste den Knoten, der ihr Haar zusammengebunden hatte.

Narutos Augen wurden groß, als er Sakura erkannte. Ihre Haarfarbe war zwar ziemlich einzigartig, aber die Frisur und die Hitze des Gefechts hatte ihn wohl blind dafür gemacht ... „Wie ... wie kommst du hierher?“, stieß er aus.

Sie lächelte. „Es ist alles in Ordnung gekommen“, sagte sie. „Shikamaru hat jetzt das Sagen über beide Banden, aber wir haben endlich aufgehört, uns zu bekriegen. Ich sollte eigentlich herkommen um zu sehen, ob ich während des Balls was von den Gästen stibitzen kann. Dass ich dich hier treffe, hätte ich nie gedacht.“

„Können wir der Kleinen vertrauen?“, unterbrach Deidara ihre Wiedersehensfreude.

Naruto nickte. „Ja, sie ist sauber.“

„Das hast du aber schön gesagt“, spöttelte Sakura. „Übrigens, Sora ist wohlauf. Und Shikamaru und Kiba haben schon ihr nächstes großes Ding eingefädelt.“

„Das freut mich zu hören“, sagte Naruto erleichtert.

„Seht euch das hier mal an“, ertönte plötzlich Sasukes Stimme. Er war den Gang entlanggeschlichen und hatte hinter jeder Tür nach verbliebenen Feinden gesucht. Als die anderen zu ihm gingen und ebenfalls in den fast komplett finsteren Raum sahen, verschlug es ihnen den Atem. Ein schmaler Streifen Mondlicht fiel durch ein einzelnes Fenster und offenbarte ein verzerrtes Gesicht, das den Mund zu einem stummen Schrei aufgerissen hatte. Sie zogen die Tür weiter auf, und das Licht aus dem Gang offenbarte ein Bild des Grauens: Der Mann war knapp unter dem Brustbein mit einem schwarzen, spitzen Stab an die Wand genagelt worden. Keinen Zoll darunter hörte sein Körper einfach auf – der Rest von ihm lag unten am Boden. Sakura schlug würgend die Hand vor den Mund. „Mein Gott“, murmelte Deidara. „Den hat’s übel erwischt.“

„Das war es, was ich euch vorher sagen wollte, bevor der Dämon aufgetaucht ist“, murmelte Naruto. „Der hängt da schon eine ganze Weile.“

„Dann wissen wir, warum wir so lange warten mussten“, murmelte Kimimaro bitter. „Das ist mein Kontaktmann, der uns in Orochimarus Anwesen bringen wollte.“

„Heißt das, die Schlange ist hinter unseren Plan gekommen?“, fragte Sasuke und umfasste unwillkürlich den Griff seiner Pistole fester.

Naruto für seinen Teil wäre dem Toten lieber nicht zu nahe gekommen, aber Kimimaro trat ein und untersuchte ihn sogar aus der Nähe. „Eher nicht. Das ist das Werk des Sensendämons.“

„Hidan“, murmelte Naruto.

„Er war wohl sein erstes Opfer. Einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Verdammt!“

„Fluchen hilft uns auch nicht weiter“, murmelte Sasuke. „Wir brauchen wohl einen neuen Plan.“

„Der Schmalspursöldner hat Recht“, kommentierte Deidara. „Gehen wir zum Van und holen wir das Siegelgefäß. Dann schnappen wir uns die Essenz und dann nichts wie weg hier.“

Wessen Essenz willst du schnappen?“, schnarrte eine Stimme.

Die fünf wirbelte herum.

Vor ihnen stand, durch das flackernde Licht von unheimlichen Schatten umrissen, Hidan. Das unmenschliche Gesicht grinste sie breit an. Weite Teile seines Körpers waren violette Rauchwolken, die ihn wie Nebel umwaberten. Die Hand, in der er die dreiblättrige Sense hielt, schwebte in der Luft und wurde nur von einem violetten Rauchfaden mit seiner Schulter verbunden.

„Sag mir, dass ich träume“, murmelte Deidara. „Verdammt nochmal, ich hab den Kerl in die Luft gesprengt!“ Hidan ließ ein gackerndes Lachen hören.

„Weg!“, kommandierte Kimimaro. „Der Typ ist unsterblich!“
 

Sie stürmten die Gänge entlang. Überall waren Pfützen aus Blut und machten den Boden glitschig. Der Dämon schwebte unheilvoll hinter ihnen her. Seine Sense hielt er so, dass sie die Wand streifte und Funken versprühend einen Spalt durch das Mauerwerk zog. „Jaaah!“, schrie der Dämon, wobei seine Stimme sich überschlug. „Gebt mir euer Fleisch! Gebt mir euer Blut! Gebt mir eure Energie! Gebt mir alles!“ Hidan kam immer näher.

„Deidara!“, schrie Naruto gegen das Kreischen der scherenden Sense an. „Kannst du nicht die Decke sprengen, damit wir von ihm abgeschnitten sind?“

„Quizfrage: Was glaubst du, wie viele Granaten haben in so einem Anzug Platz, ohne gleich gesehen zu werden?“, rief Deidara im Laufen zurück.

„Was soll das wieder heißen?!“

„Genauso viele, wie ich schon verbraucht habe, das heißt das! Im Klartext, ich hab keine mehr!“

Sie rannten und rannten auf die Eingangshalle zu. Von dort aus mussten sie nur noch durch den Garten des Anwesens, durch das große, schmiedeeiserne Tor, dann den Weg hinunter zu ihrem Van, und dann die Straße durch die Bergen entlang … Und dann? Selbst wenn sie es überhaupt so weit schafften, einem unsterblichen Dämon konnten sie nicht entkommen! Ihre einzige Hoffnung lag darin, dass er mit dem Van nicht mithalten konnte …

Die fünf fegten regelrecht um die Ecke – und starrten in die Münder mehrere Gewehre. Naruto zuckte zusammen, Sasuke riss seine Pistole in die Höhe, aber das alles geschah erst nachdem die Gestalten vor ihnen ein halbes Dutzend Schüsse abgegeben hatten. Naruto spürte eine Kugel an seinem Haarschopf vorbeisegeln, noch ehe er erkannte, dass die Männer in den eleganten Anzügen ebenfalls venezianische Schnabelmasken trugen.

„Ihr dämlichen Idioten zielt auf die Falschen!“, schrie Deidara, der sich zu Boden hatte fallen lassen und den Kopf mit den Händen schützte. „Der Dämon kommt erst!“

In dem Moment schwebte die schwarzweiße Gestalt um die Ecke.

„Runter!“ Kimimaro packte Naruto und Sakura am Hinterkopf und drückte sie zu Boden. Keinen Herzschlag später knatterten die Waffen der Schnabelgesichter los.

„Das bringt nichts!“, brüllte Deidara. „Er ist unsterblich!“

Die Salve ließ nach, die Männer wichen zurück und luden nach. Die Löcher, die sie in Hidan gepumpt hatten, füllten sich mit Rauch und schlossen sich wieder. Das Monster kicherte.

„Den Weißen Richtern ist noch kein Dämon entkommen!“, schrie eines der Schnabelgesichter.

Der Name brachte etwas in Naruto zum Klingeln. Weiße Richter? Dieselben, die sie in Inos Apartment angegriffen hatten?

„Verdammt, wo sind Zabusa und Aoi?“, keuchte einer der Weißen Richter und ballerte erneut sinnlos auf den mächtigen Dämon. Hidan schwebte immer näher und schwang seine Sense auf Hüfthöhe. Schreie erfüllten die Luft, als die Hälfte der Richter-Truppe niedergemäht wurde wie Kornähren.

Sakura presste würgend die Hand vor den Mund. In einer Sekunde, in der nicht geschossen wurde, zerrte Naruto sie in eine seitliche Tür. Die anderen folgten ihm. Es war eine Besenkammer; das bekam vor allem Deidara zu spüren, dem ein hölzerner Mopp auf den Kopf fiel. „Scheiße!“, zischte er.

Sie zwängten sich in den winzigen Raum und spähten durch den Türspalt nach draußen. Das flackernde Licht ließ nur wenig von dem Kampf erkennen, der draußen tobte, aber sie konnten sich vorstellen, was passierte. Die Weißen Richter kamen nicht gegen Hidan an.

Eines der Schnabelgesichter hob etwas an den Mund, das wie ein kleines Handfunkgerät aussah, und riss in der gleichen Bewegung die Maske vom Gesicht. „Team drei an Team eins, kommen, schnell!“

Es knarzte, dann erklang eine blecherne Stimme. „Hier Team eins, Aoi. Wo seid ihr?“

„Scheiße, verdammt, holt uns hier raus!“ Der Weiße Richter klang panisch. Sein Kopf war hochrot und das Licht ließ Schweißperlen auf seiner Stirn glänzen. „Wir haben hier einen Dämon, der ist nicht kleinzukriegen!“

„Was ist mit den anderen?“, meldete sich eine neue Stimme aus dem Funkgerät.

„Woher zum Teufel soll ich das wissen?!“, schrie der Weiße Richter. „Wir haben den Kontakt zu Team zwei und Team vier verloren! Wir kämpfen hier gegen den Sensenmann persönlich! Er mäht uns reihenweise nieder, Scheiße nochmal!“

„In Ordnung, wir gehen rein“, erklang Aois Stimme. „Wo seid ihr?“

„Beim Eingang rein, dann immer links halten!“

Es dauerte keine Minute, in der die verbliebenen Weißen Richter immer weiter vor Hidan zurückwichen, als ein neues Dutzend Männer den Gang entlanglief. Sie steckten in den gleichen Anzügen, hatten aber keine Masken auf. Nur zwei von ihnen hatten sich in Alltagskleidung gehüllt: Ein grünhaariger Typ, der etwas trug, das wie ein Schwimmanzug aussah, und ein muskulöser Mann mit einem Verband vor dem Mund und einem riesigen Jagdgewehr in der Hand. „Ahaaaa, Nachschub!“, krähte Hidan erfreut.

„Zabusa, Kugeln bringen nichts!“, rief der Weiße Richter, der gefunkt hatte, als der Muskulöse mit seinem gewaltigen Gewehr anlegte.

„Halt die Klappe und sieh zu.“ Er drückte ab, mehrmals, ohne nachladen zu müssen. Die Projektile stanzten fast faustgroße Löcher in Hidans Brust – die jedoch nicht wieder verheilten. Der entwichene Rauch kräuselte sich um die Wunden herum. Es roch nach verbranntem Fleisch.

Hidan schrie auf. „Ah, verdammt! Was soll die Scheiße?! Was ist das?!“

„Das sind Silberkugeln“, erklärte Zabusa. „Silber ist extrem schmerzhaft für Dämonen und annulliert ihre Fähigkeiten.“

„Ah! Scheiße, das brennt!“, brüllte Hidan und riss den Kopf in die Höhe. „Das brennt, das brennt, das …“ Er begann zu lachen und rief erregt: „Das tut so gut!

Zabusa und der andere Typ rissen die Augen auf. „Ich glaub, ich spinne“, kommentierte Deidara leise.

„Aoi, du bist dran“, murmelte Zabusa.

„Mit Freuden!“ Der Typ im Schwimmanzug zog etwas aus seinem Gürtel. Eine Schwertklinge aus Licht flammte daraus hervor und tauchte den Gang in kalte Helligkeit. Während Hidan auf ihn zutaumelte, schlug Aoi zu. Der Dämon lachte und schrie wie am Spieß, abwechselnd, als ihn das Blitzschwert traf. Sein ganzer Körper wurde in einen Mantel aus Elektrizität gehüllt. Das Licht flackerte, die Luft knisterte. Man sah Hidan kaum noch, nur sein kreischendes Lachen hörte man noch.

„Jetzt!“, murmelte Kimimaro und stieß die Tür zur Besenkammer so heftig auf, dass sie aus den Angeln brach. Sie quetschten sich durch den leeren Rahmen und rannten die Gang entlang, in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Naruto warf kurz einen Blick zurück. Die Weißen Richter waren immer noch mit Hidan beschäftigt. Trotz der Blitzklinge trat der Dämon langsam auf die Männer zu und stieß die Sense in den Boden. Es krachte, schepperte, blitzte, rauschte, zischte – dann schrien mehrere Männer auf. Das elektrische Knistern verstummte immer noch nicht.

Naruto und die anderen bogen um die Ecke und entkamen dem Anblick des Kampfes.
 

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Cliffhanger Nr. 2 :P

Ich hoffe, ihr seit soweit mit diesem Arc zufrieden ;)

Die Rückkehr der Weißen Richter

Oha, es hat fast ein Monat gedauert ... Nun ja, dafür präsentiere ich euch hiermit ein ABFY-Kapitel von noch nie zuvor erreichter Länge ;P
 

Übrigens, bevor ich es vergesse:

Ich habe in letzter Zeit bei den Chara-Bildern einiges verändert. Sowohl das Titelbild ist ein neues als auch die Bilder von Kabuto, Itachi, Madara, Ashitori und Gaara.
 

Dann möchte ich noch sagen, dass ich von Zeit zu Zeit Kurzmeldungen mache über den voraussichtlichen Upload-Termin des nächsten Kapitels. Diese schreibe ich immer ans Ende der FF-Beschreibung.
 

Dann möchte ich noch sagen, dass wir bereits die 100-A4-Seiten-Grenze geknackt haben :D
 

So, genug der Vorreden, los gehts:
 

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Sie fanden eine Treppe, die in ein höheres Stockwerk führte. Leise traten sie auf. Wer wusste schon, was da unten vorging? Jeden Moment konnte der Boden unter ihnen wegbrechen oder Hidan wieder geisterhaft hinter ihnen auftauchen. Sakura war es, die einen guten Orientierungssinn bewies und sie zu der Galerie führte, die über der Eingangshalle angebracht war. Ihre Masken hatten sie schon abgelegt, als Hidans erster Angriff sein Ende gefunden hatte.

Vorsichtig beugte sich Naruto über die Brüstung. In einem der Gänge war immer noch ein elektrisches Blitzen zu sehen, und wieder und wieder hörte man Schreie, die meisten gehörten definitiv zu Hidan, doch das musste ja bekanntlich nichts heißen.

Nur noch eine der Treppen, die ins Erdgeschoss führten, war intakt – und es war gerade die, die dem Gang, in dem der Kampf stattfand, am nächsten lag. Naruto wagte kaum zu atmen, als er sich an den grauen Wänden abstützte und einen Fuß vor den anderen setzte. Das Geländer sah so demoliert aus, dass er es nicht berühren wollte, aus Angst, es könnte wegbrechen oder zumindest ein verräterisches Geräusch von sich geben. Die Kälte hatte sich wie Spinnweben über die Halle gelegt und Naruto fröstelte. Er zwang sich, nur die doppelflügelige Eingangstür im Auge zu behalten, und wäre mehrmals über eine der unzähligen Leichen gestolpert, hätte Sakura ihn nicht rechtzeitig festgehalten.

„Hier sieht’s aus wie in einem Schlachthaus“, meinte Deidara. Diesen Kommentar hätte er sich ruhig sparen können, fand Naruto.

Kimimaro legte warnend den Finger an die Lippen. Sasuke hatte kein Wort mehr gesprochen und konzentrierte sich auf den fraglichen Gang. Das Lichtgeblitze hatte aufgehört, aber ein schleifendes Geräusch ertönte von dort. Naruto wollte gar nicht erst wissen, was es zu bedeuten hatte.

Hinter der Doppelflügeltür befand sich noch ein leerer Garderobenraum, dann eine eisenverstärkte Eichenholztür mit gelb getönten Glasfenstern. Kimimaro stieß sie auf. Kühle Nachtluft empfing sie. Die fünf nickten einander zu und liefen los. Sie mieden den gekiesten Weg, um keine Geräuscht zu verursachen, und hasteten die leicht hügelige, mit Schnee gesprenkelte Grünfläche entlang, an kunstvoll geschnittenen Büschen und Hecken und an prächtigen Springbrunnen vorbei. Hier draußen hörte man nur das Plätschern des Wassers. Das Anwesen lag nun komplett im Dunkeln; der Strom dürfte endgültig ausgefallen sein. Wie ein Geisterschloss ragte es als schwarzer Schatten hinter ihnen auf.

Sie liefen durch das breite Tor auf den riesigen Platz, der an zwei Seiten von Felsen eingerahmt war. Hier standen die Autos der Ballgäste, Autos, deren Besitzer sie nie wieder in Betrieb nehmen würden …

Kimimaro schien ähnliche Gedanken zu verfolgen. „In spätestens zwei Tagen sind die hier alle weg. Aber vorher wird es noch eine ordentliche Straßenschlacht darum geben, welche Bande sie in die Finger kriegt.“ Er schien zu überlegen. „Wenn euch eines gefällt, sucht es euch aus. Aber macht schnell.“

„Hm …“ Deidara hielt zielstrebig auf einen schnittigen DeLorean am Beginn des Parkstreifens zu.

„Seid ihr verrückt? Wir haben keine Zeit, auch noch ein Auto zu knacken!“, rief Sakura.

Naruto stellte sich neben sie. „Sakura hat Recht. Bis wir unser ganzes Zeug da reingeschafft haben, geht die Sonne auf.“ Er drehte sich um. Die Sonne ging tatsächlich bereits auf; über den Bergspitzen war ein goldener Schimmer zu sehen.

„Ach, jetzt kommt schon!“ Deidara stand bereits neben seinem Traumauto. „Seid keine solchen Hosenscheißer, hm!“

„Kannst du mir verraten, wie wir zu fünft in einem Zweisitzer Platz haben sollen?“, fragte Sakura.

Deidara setzte eine pikierte Miene auf, ging zu ihnen zurück und baute sich mit verschränkten Armen vor Sakura auf. „Wer sagt denn, dass wir dich mitnehmen, hm?“

Sie hielt seinem Blick mühelos stand. „Auch zu viert habt ihr keinen Platz da drin, hm“, äffte sie seine Macke nach.

Deidara zog die Augenbrauen zusammen, legte den Kopf schief und musterte sie eindringlich. „Saruka, richtig?“

„Sakura.“

„Ah ja. Also, du bist definitiv nicht mein Typ, hm.“

Sakura riss die Augen auf. „Hä? Spinnst du?“

„Seid ihr bald fertig dort drüben?“, fragte Sasuke genervt. Er stand bereits vor ihrem weißen Van und tippte ungeduldig auf der Motorhaube herum.

Kimimaro sperrte den Wagen auf und setzte sich hinters Lenkrad. Deidara nahm auf der Beifahrerseite Platz. „Die Kiste ist also tatsächlich noch ganz“, sagte er.

„Wieso sollte sie es nicht sein?“, fragte Naruto, während er, Sakura und Sasuke sich nebeneinander auf die Rückbank quetschten.

„Wegen Kakuzus Essenz. Ich hab sie im Kofferraum gelassen und eine Bombe drauf montiert. Falls jemand sie versucht rauszunehmen, fliegt die Karre in die Luft.“

„Und die Essenz gleich mit“, murmelte Naruto humorlos.

„Unsinn, das Gefäß ist schuss- und bombensicher.“ Deidara holte eine kleine Fernbedienung in einer Plastikhülle aus seiner Hemdtasche und drückte einen Knopf darauf. Aus dem Kofferraum kam ein zweimaliges Piepsen. „So. Deaktiviert. Wir können fahren, Kimi.“

Kimimaro legte den Gang ein und brauste den abschüssigen Platz hinauf. Als er wendete, knirschte der Kies und spritzte in alle Richtungen davon, dann rasten sie die schmale Straße entlang, die ins Gebirge führte. Bald ragten links und rechts von ihnen scharfe, braungelbe Felswände auf.

„Was habt ihr jetzt vor?“, fragte Sasuke. Er saß in der Mitte und wurde auf der holprigen Straße am meisten durchgeschüttelt. Anschnallen wollte er sich wohl aus Prinzip nicht.

Kimimaro blickte ihn im Rückspiegel an. „Da unser Kontaktmann tot ist, kommen wir so schnell nicht in Orochimarus Festung. Also halten wir wieder an unserem ursprünglichen Plan fest.“

„Das heißt?“, hakte Sasuke nach.

Kimimaro kam nicht dazu zu antworten. Die Gebirgsstraße machte eine Kehre und der Van kam an einer kleinen Bucht vorbei, in der mehrere Trucks und Jeeps standen, zusätzlich einige Kanister und Kisten mit Munition. Hier parkten also die Weißen Richter.

Und die bemerkten den Van natürlich sofort.

Kaum dass Kimimaro den Wagen vorbeigesteuert hatte, flammten die Lichter eines Jeeps auf. Er scherte aus und folgte den fünf, knapp dahinter noch ein Wagen. „Wir haben wohl nie Ruhe“, murmelte Sasuke und ließ seinen Colt in seiner Hand kreisen.

„Ganz ruhig“, sagte Kimimaro. „Vielleicht sind sie ja …“

Ein Schuss durchschnitt die Luft und prallte an ihrem gepanzerten Heck ab. Naruto und Sakura zuckten zusammen, als es so laut dröhnte, als hätte ganz in der Nähe eine Explosion stattgefunden.

„Soviel dazu“, sagte Sasuke sarkastisch, drehte sich herum und sah durch die Heckscheibe nach draußen. Zwei Autos verfolgten sie, und er glaubte zu sehen, wie sich in der Parkbucht noch ein Truck in Bewegung setzte.

Dem ersten Schuss folgten weitere; aus dem Jeep lehnte sich ein Mann mit einer modernen Maschinenpistole und setzte den Van unter Dauerfeuer. Außerdem holte der Geländewagen auf der unebenen Strecke rasch auf.

„Wie weit ist es noch bis in die Stadt?“ Naruto wurde langsam nervös. Das Abprallen der Geschosse von der Panzerschicht war fast schrecklicher, als würden sie wirklich getroffen werden, so sehr zerrte es an seinen Nerven.

„Hast du geschlafen bei der Herfahrt?“, schnauzte ihn Deidara an. Auch er warf immer wieder einen Blick aus dem Fenster in den Seitenspiegel, während Kimimaro die Ruhe in Person war. „Eine halbe Stunde!“

Der Abstand zwischen ihnen und dem Jeep der Weißen Richter schmolz in Windeseile dahin. „Warum schießen die überhaupt auf uns? Sind wir nicht auf derselben Seite?“, fragte Sakura. Es gelang ihr nicht ganz, das Zittern in ihrer Stimme zu vertreiben. Naruto verstand sie gut; als Mitglied einer Straßenbande war sie schwere Geschütze nicht gewohnt.

„Davon träumst du“, murmelte Deidara. „Ich kenne diese Schweinehunde. Die schießen auf alles, was auch nur ein bisschen dämonisch aussieht. Und dass bei uns ein Halbdämon am Steuer sitzt, werden sie sicher irgendwie mitgekriegt haben. Selbst wenn sie es nur vermuten, reicht das als Grund für sie schon aus.“

„Ein Halb…“ Sakura wurde eine Nuance blasser, als sie Kimimaro anstarrte.

Die Straße beschrieb eine enge Kehre, für einen Moment waren die Felswände ganz nah. Naruto warf einen Blick nach hinten und bemühte sich gelassen zu klingen, als er sagte: „Ich will ja nichts sagen, aber sie holen auf …“

„Ich weiß“, murmelte Kimimaro, der immer wieder in den Rückspiegel sah und das Lenkrad fest umklammert hielt. „Ich bremse.“

„Du tust was?“

Der Jeep hatte sie eingeholt und zwängte sich links neben sie. Es war eine monströse Maschine, viel höher als ihr Van und mit ungleich mehr PS. Die Weißen Richter rammten ihren Wagen seitlich und versuchten ihn nach rechts gegen die Felswand zu drängen.

„Sind wir seitlich auch gepanzert?“, fragte Sasuke, der in der Mitte heftig hin- und hergeschleudert wurde.

„Nein“, antwortete Kimimaro.

Sasuke musterte den Halbdämon nachdenklich. „Was hast du vor?“, fragte er gedehnt.

Anstatt zu antworten, ließ Kimimaro das Fenster hinunter und streckte seine Hand hinaus. Der Beifahrer des Jeeps nahm eben wieder seine Feuerwaffe in Anschlag, als aus Kimimaros Handfläche ein weißer, spitz zulaufender Knochen schoss. Wie eine Lanze durchbohrte er die Beifahrerseite des Jeeps. Ihr Van schlenkerte. Naruto sah die beiden Weißen Richter aufschreien, als sie von dem Knochen regelrecht aufgespießt wurden. Der Fahrer verlor die Kontrolle über den Jeep; das Fahrzeug strauchelte. Kimimaro zog den blutigen Stachel wieder ein, packte das Lenkrad wieder mit beiden Händen und trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Der Motor röhrte und sie brausten weiter, während der Jeep quer über die ganze Fahrbahn schlitterte und gegen einen Felszacken krachte, sodass die Motorhaube den Zacken regelrecht verschlang.

„Einer weniger“, freute sich Deidara.

„Der zweite wird nicht so dumm sein“, murmelte Kimimaro.

Naruto sah Sakura an, die sich mit der Hand am Haltegriff über ihrer Tür festgekrallt hatte. Es war zwar keine wirkliche Angst in ihrem Blick, aber ein Ausdruck, der ganz eindeutig besagte: Wo bin ich hier nur reingeraten? Ihre Augen begegneten Naruto, und er konnte sehen, wie sich die Frage darin änderte. Naruto, was hast du für gefährliche Freunde?

„Scheiße!“, fluchte Kimimaro plötzlich. Naruto riss seinen Blick von seiner Freundin los und sah nach vorne. Der Weg gabelte sich. Naruto glaubte sich erinnern zu können, dass die rechte Straße vom Berg hinunter in die Stadt führte – und genau die war blockiert. Jeeps und ein LKW standen quer in der Öffnung, auf dem Boden glitzerten in der Morgensonne Nadelstreifen. Männer mit Thompson-Gewehren eröffneten das Feuer auf den Van.

Kimimaro riss das Steuer herum, aber der Wagen war zu schnell. Die Reifen quietschten und blockierten. Ein Weißer Richter musste sich mit einem Hechtsprung in Sicherheit bringen, als der Van seitlich gegen einen der Jeeps prallte. Naruto glaubte, jeden Knochen in seinem Leib ächzen zu spüren. Ein stechender Schmerz zuckte durch seine Schulter und sein Kopf knallte gegen den von Sasuke, der regelrecht auf ihn draufflog. „Verdammt, schnall dich endlich an!“, schrie Naruto, während ihm kurz schwarz vor Augen wurde.

Die Männer mit den Gewehren liefen auf sie zu, Sasuke hob schon den Colt – dann wurden sie alle in die Sitze gedrückt, als Kimimaro auf das Gaspedal sprang. Die Reifen drohten auf dem sandigen Boden durchzudrehen, aber nach ein paar Metern griffen sie auf dem rauen Fels und der Wagen jagte die linke Abzweigung entlang. „Wohin fahren wir?“, rief Deidara gegen das Knallen der Schüsse an, die hinter ihnen laut wurden.

„Ich hab nicht den leisesten Schimmer“, gab Kimimaro zurück. Das klang nicht gerade beruhigend, fand Naruto.

Zu allem Überfluss löste sich auch noch ein Jeep aus der Straßensperre und kam rasch näher. Auch der Wagen von vorhin, ein weißer Kleinbus, hatte aufgeholt. „Welcher zuerst?“, fragte Deidara. Wie konnte er nur so cool bleiben bei der ganzen Sache?

„Wird sich zeigen“, sagte Kimimaro knapp und konzentriert. Diese Straße führte weiter in die Berge und war voller Unebenheiten und Schlaglöcher. Die Straßenränder waren mit Schneewehen bedeckt. Und täuschte sich Naruto, oder kam da ein Scheuern vom rechten Hinterreifen? Er rutschte unbehaglich auf seinem Sitz herum und spürte, dass sein Anzug komplett von Schweiß durchnässt war.

Der Jeep schob sich rechts neben sie und rammte den Van, noch ehe Kimimaro irgendwie seinen Knochentrick wiederholen konnte. Wieder und wieder stießen die Weißen Richter gegen die ohnehin schon stark eingedellte Seite des Wagens. Kimimaro drehte das Steuer nach links – und sie schnellten eine Rampe hinauf, die sich urplötzlich vor ihnen erhob. Auf einem schmalen, natürlich entstandenen Grat, der jederzeit zuende sein konnte, wie Naruto schweißtreibend bewusst wurde, holperten sie weiter, gute anderthalb Meter über dem Jeep. Naruto betete, dass Kimimaro es schaffte, sie da wieder heil runterzubringen …

Mittlerweile war es fast komplett hell geworden, sodass man gut erkennen konnte, was sich auf der eigentlichen Straße tat. Der Fahrer des Jeeps streckte eine Pistole aus dem Fenster und schoss auf sie. Naruto zuckte zusammen, als eine Kugel die ungepanzerte Autotür noch oberhalb des Fensters durchschlug und durch das Dach wieder hinaustrat. „Mach mal Platz!“, sagte Sasuke plötzlich und beugte sich über Naruto auf die rechte Autoseite. Naruto musste sich so weit ducken, dass der Mafioso halb über ihn klettern konnte. Die Pistole hielt er fast lässig in der Hand. „Kurbel das Fenster runter!“

„Was zum …“

Als Naruto ihm zu langsam war, schoss Sasuke einfach. Das Sicherheitsglas der Scheibe zerbröselte regelrecht, die winzigen Scherben blieben wie in einem abstrusen Spinnennetz hängen. Sein ganzes Magazin schoss Sasuke leer, bis die Scherben schließlich auch auf sie hinabregneten, aber er erwischte den Jeep nur einmal, und das war am hinteren Ende. Naruto schielte zu seinen Augen hinauf. Sie waren normal. Befürchtete Sasuke etwa sogar in einer Situation wie dieser, enttarnt zu werden?

„Haltet euch fest“, kam es vom Fahrersitz. „Das Bergsteigen hat ein Ende!“

Kimimaro riss das Lenkrad herum und trat nochmal kräftig aufs Gas. Der Motor heulte auf, als sie plötzlich durch die Luft flogen. Naruto schrie auf, Sakura ließ ein helles Kreischen hören, Sasuke schnappte mit weit aufgerissenen Augen nach Luft und Deidara brüllte etwas, das man über diese Kakofonie nicht verstehen konnte. Der Boden und der Jeep kamen rasend schnell näher – Naruto konnte die entsetzten Blicke der Weißen Richter darin sehen. Der Jeep machte eine Vollbremsung. Krachend kam der Van knapp vor dem anderen Fahrzeug am Boden auf. Die Stoßstangen federten den Aufprall kaum ab. Es fühlte sich an, als würden alle von Narutos inneren Organen durcheinanderpurzeln und sich in seinen Beinen sammeln. Seine Zähne schlugen schmerzhaft gegeneinander und ein hässlicher Kopfschmerz blitzte auf und zog sich seine Wirbelsäule hinab. Er hörte Sakura erstickt ächzen. Sasuke war plötzlich aus seinem Blickfeld verschwunden. Der Kofferraum des Vans sprang auf und Kimimaro riss das Lenkrad in die eine und wieder in die andere Richtung, als sie beinahe ins Schleudern kamen. Nach ewig zähen Sekunden brachte er das ramponierte Auto wieder dazu, geradeaus zu fahren.

Der Jeep hatte nicht so viel Glück gehabt. Als Naruto in den Rückspiegel sah, erblickte er nur einen Schrotthaufen: Der Fahrer hatte nach Kimimaros Kamikazeaktion die Kontrolle über seinen Wagen verloren und war frontal gegen die Felswand gekracht. Die Motorhaube war zerknautscht, Wrackteile lagen überall herum und wurden sofort von dem Kleinbus überrollt, der auf respektvollem Abstand blieb. Aber schon eröffnete sich ein neues Problem.

„Den letzten werden wir nicht so schnell los“, murmelte Sasuke finster. Er war zwischen die Vordersitze geraten und auf die Mittelkonsole geknallt. Wie durch ein Wunder schien er jedoch, bis auf heftiges Nasenbluten, unverletzt. „Der hat Eisenlamellen vor der Windschutzscheibe. Da geht keine Kugel durch – ich hab mit sowas schon leidvolle Erfahrungen gemacht.“

„Soso, hm“, überlegte Deidara und begann, unter seinem Sitz herumzufummeln, während die Straße immer enger wurde und noch holpriger, sofern das überhaupt möglich war. Es ging immer noch bergauf, aber sie mussten bald den höchsten Punkt des Berges erreichen. Teilweise blinzelte die Sonne zwischen den Felszacken hindurch.

„Sag bloß, du hast eine Granate dabei.“ Sasuke erinnerte sich hoffnungsvoll an seine letzte Verfolgungsjagd mit einem stahlgesicherten Auto der Weißen Richter.

„Ich hab was viel Besseres“, grinste der Dämonenjäger und zog eine Waffe hervor, die aussah wie eine Harupune für Hobbywalfänger: Eine Art Gewehr mit einer Druckkammer, aus dessen Lauf ein stählern blitzender Pfeil mit fiesen Widerhaken ragte. An dem Schaft des Pfeiles befestigte Deidara mit einer Schnur rotbraune Sprengstoffstäbe, die über eine lange Leine mit einem Kästchen verbunden waren, das er aus dem Handschuhfach zutage gefördert hatte. „Hab ich selbst gebastelt“, erklärte Deidara stolz, als er Sasukes spektischen Blick sah. „Ein echtes Kunstwerk, was?“

Er kurbelte sein Fenster herunter, lehnte sich weit hinaus – was Naruto sehr gewagt vorkam, hatten ihre Verfolger doch Gewehre – und schoss die Harpune ab. Sie flog nicht sehr schnell und der Schuss war auch nur mäßig gut gezielt, dazu fuhr Kimimaro zu unstet, aber sie hatte genug Durchschlagskraft, um die Spitze der Motorhaube zu durchbohren und zitternd stecken zu bleiben. Das Kabel fiel schlaff zu Boden, als das Auto ungehindert aufholte. Deidara drückte auf einen großen Knopf auf dem Kästchen, das mit dem Kabel verbunden war.

Die Sprengstoffstäbe detonierten fauchend, zerfetzten die Kühlerhaube des Wagens der Weißen Richter. Die Explosion fraß sich durch den Motor, zerrieb Stahl und Kunststoff in winzige Teilchen und ließ den Wagen erbeben. Ein teil der gepanzerten Frontscheibe bröselte einfach ab, der Rest wurde in einzelne Lamellen zerlegt, die glühend wie tödliche Geschosse durch die Schlucht flogen. Für den Bruchteil einer Sekunde sah man die erschrockenen Gesichter der Insassen des Wagens, aber vielleicht hatte Naruto sich das auch nur eingebildet. Der Kleinbus wurde von der Druckwelle von den Rädern gehoben und auf die Seite geworfen. Knirschend pflügte er durch den Boden, die Reifen rotierten in der Luft, ehe er gegen eine Felswand krachte und endgültig auf dem Dach zum Liegen kam. Die Vorderseite war nur noch ein qualmendes, scharfkantiges Loch; es sah aus, als hätte etwas Großes seine Zähne in den Wagen geschlagen und seine mechanischen Eingeweide herausgerissen.

Deidara hieb mit der Faust durch die Luft. „Ja!“, schrie er gegen das Echo der Explosion an. „Kunst ist eine Explosion, Baby!“ Das Kabel, genauer gesagt das, was davon noch übrig war und das sie hinter sich herschleiften, kappte er kurzerhand mit einem Messer und verstaute seinen Harpunenwerfer wieder im Van.

Naruto fehlten die Worte. Er war zwar nicht gerade angetan von Deidaras rabiater Art, aber wenigstens hatten sie einen Verfolger weniger.

Sakura hatte die Hände über dem Kopf verschränkt, als könnte ihr im nächsten Moment der Himmel auf den Kopf fallen. „Ist es vorbei? Sind sie alle weg?“

Sasuke, der sich soeben mit einem Taschentuch das Blut aus dem Gesicht gewischt hatte, drehte sich herum und kniff die Augen zusammen. „Ich glaube, da hinten kommt noch einer.“

„Unmöglich!“, rief Deidara. „Drei haben wir schon zerlegt, das war alles!“

Der Mafioso machte sich nicht die Mühe, zu antworten. Er schüttelte nur den Kopf. Naruto folgte seinem Blick. Tatsächlich. Der LKW, der sich aus der ersten Parkbucht gelöst hatte, war noch übrig – und hatte während Kimimaros wiederholten Beschleunigungs- und Bremsmanövern bis auf etwa zweihundert Meter aufgeholt. Jetzt, da sie eine enge, gerade Schlucht durchfuhren, konnten sie das schwarze Monster gut ausmachen. Es war ein gigantisches Fahrzeug, riesenhaft, so breit, dass es beinahe die Seitenwände der Schlucht streifte. Die eingeschalteten Fernlichter wirkten wie gierige Augen. Und auf dem Dach …

„Da oben steht jemand!“, meldete Naruto.

Sasuke kniff die Augen zusammen. „Jetzt haben wir ein echtes Problem“, murmelte er dann plötzlich. Etwas lauter, aber immer noch abartig ruhig, sagte er: „Kimimaro, auf dem LKW-Dach steht ein Weißer Richter mit einem Raketenwerfer auf der Schulter.“

Naruto sah im Rückspiegel, wie Kimimaros Augenbrauen zuckten, und das beunruhigte ihn mehr als alles andere.

„Hast du nicht noch so eine Harpune?“, fragte Sakura Deidara zaghaft.

Der Dämonenjäger schnaubte. „Haben schon. Aber auf die Reichweite kannst du das vergessen. Zwanzig Meter, weiter fliegt so ein Ding nicht. Der Kerl trifft uns ohne Probleme auf einen Kilometer.“

„Und dabei muss er uns gar nicht erst genau treffen“, murmelte Kimimaro und biss die Zähne zusammen. „Wenn er nur die Straße vor uns oder die Felswände erwischt, sind wir geliefert. Wir geraten in einen Steinschlag, und das war’s.“

„Wir müssen doch etwas tun können!“ Naruto ließ den Weißen Richter mit dem tragbaren Raketenwerfer nicht aus den Augen. Noch tat er nichts – aber er zielte definitiv in ihre Richtung.

„Ich bin am Überlegen …“ Man sah Kimimaro an, dass er sich zu seinen nächsten Taten überwinden musste. „Übernimm das Steuer“, sagte er plötzlich zu Deidara, stieß die Tür auf und schwang sich elegant auf das Dach des Vans.

Für Deidara kam es so überraschend, dass er unbeholfen zum Lenkrad hinübergriff, um das Fahrzeug auf Kurs zu halten. Nichtsdestotrotz geriet es so sehr ins Schlenkern, dass Naruto schlecht wurde. Die offene Tür streifte die Felswand und wurde einfach abgerissen. Noch bevor Deidara auf den Fahrersitz gerutscht war und wieder Gas gab, hatte Kimimaro sein Verfluchtes Siegel aktiviert und sich so heftig vom Dach des Wagens abgestoßen, dass das Blech eine Delle bekommen hatte.

Wie ein Blitz sauste er auf den LKW zu, landete zielsicher auf der Motorhaube, drückte auch diese ein und sprang auf das Dach weiter. Dabei schoss er noch einen seiner Zehenknöchel ab. Die Frontscheibe des Führerhauses zerbarst, doch das Geschoss verfehlte den Fahrer um ein Haar.

Kimimaro hatte keine Zeit, um diesen Fehler zu korrigieren. Kaum dass er mit beiden Füßen auf dem wackeligen Dach stand, schaute er in den Lauf einer Schrotflinte. Hinter dem Mann mit dem Raketenwerfer kniete ein zweiter und gab seinem Kameraden Feuerschutz. Sie trugen beide weiße Anzüge und cremefarbene Hemden und hatten sich die Köpfe mit Mullbinden einbandagiert.

Als der Schuss ertönte, hatte sich Kimimaro schon zur Seite gerollt. Er verlor den Boden unter den Füßen und klammerte sich an der Kante des LKW-Dachs fest. In der Zeit, die er brauchte, um sich wieder hochzuziehen und den Weißen Richter mit der Flinte mit einem gezielten Schuss seines Fingerknöchels niederzustrecken, feuerte der andere seinen Raketenwerfer ab.

„Nein!“, keuchte Kimimaro und spürte das Grinsen des Weißen Richter mehr, als dass er es sah. Wie in Zeitlupe schien die Rakete durch die Luft zu pflügen – genau auf den Van zu.
 

Sasuke stieß Naruto abermals nach unten, als er sah, dass Kimimaro sich vom Dach des LKWs gerollt hatte, und streckte die Pistole aus dem Fenster. Diskretion hin oder her – wenn er es jetzt nicht tat, waren sie geliefert!

Etwas flammte auf, die Rakete verließ das Rohr. Für einen Sekundenbruchteil aktivierte er seine Sharingan, nur so lange, wie er brauchte, um die Rakete und ihre Flugbahn genau erfassen zu können. Für einen weiteren, kostbaren Moment betete er, dass seine Patronen stark genug waren. Dann drückte er ab.

Auf halber Entfernung traf seine Kugel zielsicher den Sprengkopf der Rakete. Mit einem ohrenbetäubenden Knall wurde das Geschoss mitten in der Luft zerrissen, gleißendes Licht erfüllte die Schlucht, flüssiges Feuer spritzte nach allen Seiten.

„Wahnsinn“, hauchte Sakura und verfolgte das schaurig-schöne Schauspiel mit großen Augen.

Sasuke lehnte sich zurück und schloss die Augen. „Der Rest liegt an Kimimaro.“
 

Als Kimimaro sah, wie die Rakete explodierte, nahm er das Schlimmste an, aber dann sah er, dass es Sasuke gewesen war, der sie zerschossen hatte. Er gestattete sich weder erleichtert aufzuatmen noch darüber nachzudenken. Der Weiße Richter hatte seine Rakete verschossen, das Rohr einfach vom Dach geworfen und war bis zum hinteren Ende der Dachplane des LKWs zurückgewichen, wo er ein silbernes Schwert aus einer Gürtelschlaufe zog. Grimmig ließ Kimimaro einen Knochen aus seiner Schulter wachsen, den er herauszog und ebenfalls als Schwert benutzte. Unter dem ewig schaukelnden Untergrund gingen die beiden aufeinander los.

Kimimaro brauchte nur wenige Schläge. Der Weiße Richter war nicht im Ansatz so kräftig wie er in seiner Dämonenform, und schon nachdem ihre Waffen dreimal aufeinander geprallt waren, gelang Kimimaro ein Volltreffer. Schreiend stürzte der Weiße Richter vom Dach, eine hässliche Schnittwunde quer über der Brust.

Eine Bewegung in seinen Augenwinkeln ließ den Halbdämon gerade rechtzeitig herumfahren. Ein weiterer Weißer Richter war über eine Leiter an der Außenwand des Trucks hochgeklettert. Kimimaro schoss auf ihn zu, trat ihm die Waffe aus der Hand und beförderte den Mann mit einem wuchtigen Faustschlag vom Fahrzeug. Jemand klammerte sich von hinten an ihn, schlang die Arme um seine Rückenstacheln und hielt ihm ein Messer an die Kehle. Ein Knochen, der aus Kimimaros Genick stach, spießte den Weißen Richter auf. Der Halbdämon drehte sich um.

Der ganze LKW war ein Wespennest.

Auf der anderen Seite kletterten soeben wieder zwei Gegner über die Dachkante. Irgendwo dort unten musste eine Klappe sein … Die Männer wurden von seinen Fingerknöcheln erwischt, noch ehe sie sich orientieren konnten. Kimimaro wandte sich dem letzten Weißen Richter zu, der eben an der Rückseite des Trucks aufgetaucht war. Er schoss auf ihn, doch irgendwie gelang es dem Mann, der genauso Mullbinden um seinen Kopf gewickelt hatte und einen weißen Anzug trug wie seine Kameraden, dem Knöchel auszuweichen. Er zog blitzschnell etwas aus der Tasche und drückte ab.

Eine Kugel wird mich nicht aufhalten, dachte Kimimaro – und schrie auf, mehr vor Schreck als vor Schmerz, als sich ein gewaltiger Stromstoß durch seine Glieder fraß. Mit zittrigen Augen starrte er die beiden winzigen Projektile an, die sich wie Nadeln in seine Brust gebohrt hatten. Dünne Kabel verbanden sie mit einer Taserpistole, die der Weiße Richter in der Hand hielt.

„Glaubst du, das stoppt mich?“, knurrte Kimimaro, holte mit dem Schwert aus und stieß es dem Mann bis ins Heft an die Brust.

Doch der Weiße Richter fiel nicht.

Ungläubig starrte er den Mann an. Er hatte auf das Herz gezielt … Warum stand sein Gegenüber noch? Hatte er es verfehlt? Oder lag es daran, dass der Weiße Richter kein Herz hatte?

Er sah sich die Wunde genauer an. Kein Blut. Überhaupt sah es nicht aus wie Haut, in der eine Klinge steckte – die Wundränder waren zerflossen wie zu schwarzem Öl. Das Knochenschwert, das im Rücken des Mannes wieder ausgetreten war, brannte ohne ersichtliche Feuerquelle. Beißender Gestank erfüllte die Luft. Dann begriff Kimimaro.

„Ein Halbdämon, der für die Weißen Richter arbeitet?“, murmelte er. „Was würdest du tun, wenn sie herausfinden, was du wirklich bist?“

Wie von selbst lösten sich die Mullbinden um den Mund des Mannes und entblößten ein spitzes Grinsen. „Tarnung ist alles, was einem bleibt, wenn man nicht getötet werden will. Es hat bis jetzt nie jemand gesehen – und es wird auch keiner davon berichten können.“ Damit griff er in die Tasche und klinkte ein zusätzliches Gerät in der Taserpistole ein, auf dem er einen Regler nach oben schob, bis zur Grenze.

Augenblicklich spürte Kimimaro, wie die Intensität, mit der der Strom durch seinen Körper zuckte, zunahm. Er hatte keine Kontrolle mehr über seine Gliedmaßen. Seine Arme zuckten, aber es gelang ihm nicht, das Knochenschwert loszulassen. Nur mit Mühe konnte er sich auf den Beinen halten, die wie festgeklebt schienen. Keuchend starrte er seinem Gegenüber ins Gesicht, auf dem sich das teuflische Lächeln mehr und mehr ausbreitete.

„Ich bin neugierig, wie lange du das aushältst. Ein normaler Mensch würde bei dieser Spannung bereits gegrillt werden“, verkündete er. „Ich gebe dir eine Minute. Höchstens. Na, was sagst du?“

Kimimaro konnte nichts sagen. Auch seine Gesichtsmuskeln zuckten unkontrolliert. Der Strom fühlte sich an wie Feuer, das durch seine Venen rauschte. Ein brüllendes Klingeln betäubte seine Ohren, von dem er wusste, dass es eigentlich nicht da war. Sein Herz jagte und er spürte, wie er seine dämonische Form verlor. Verdammter Mist! In einem menschlichen Körper würde er nicht überleben … Aber er konnte sich nicht bewegen!

Der Mann packte sein Handgelenk und zog es samt dem Schwert aus seinem Körper, gemächlich langsam. Obwohl er ihn berührte, schien er immun gegen die Elektrizität zu sein. Knapp über seinem Handgelenk flimmerte die Luft; der Halbdämon leitete den Strom irgendwie ab.

Kimimaro sank auf ein Knie herab und keuchte schwer. Sein Sichtfeld verschwamm. Überall in seinem Körper bewegten sich die Knochen, wuchsen nur Millimeter, ehe sie sich wieder zusammenzogen. Wenn er sich nur konzentrieren konnte … Doch er konnte keinen klaren Gedanken fassen.

Er wusste nur, dass er hier und heute sterben würde.
 

„Er steckt in der Klemme!“, keuchte Naruto. Seine Nerven schleiften mittlerweile am Boden. Noch immer rasten sie in halsbrecherischem Tempo den Gebirgspfad entlang, der schon gar nicht mehr als solcher zu erkennen war: eine winzige, ebene Stelle zwischen schroffen Felswänden, die zum Teil so hoch waren, dass sie sogar die Sonne aussperrten. Hüfthoher Schnee bedeckte die Straßenränder und teilweise die ganze Schlucht; jeden Moment mussten die vier befürchten, auszubrechen und an einem der Felsen zu zerschellen.

Deidara warf einen Blick in den Rückspiegel, während sie über scharfkantige Steine holperten. Auf sein Gesicht war Schweiß getreten; er hatte alle Mühe, den Van auf Kurs zu halten. Narutos Blick glitt weiter zu Sasuke, der scheinbar seelenruhig dasaß – bis auf die Tatsache, dass er immer noch am meisten von allen durchgeschüttelt wurde – und nur mit den Fingern auf den Fahrersitz trommelte. Naruto argwöhnte, dass sich der Mafioso im Moment nur Gedanken machte, ob es schlimm wäre, wenn ein Fremder Kimimaro umbrachte und nicht er. Auch wenn der Tod des Halbdämons Naruto aus seiner verzwickten Lage retten würde, er konnte es nicht so einfach hinnehmen, dass er starb. Nicht jetzt, und nicht so. Aber was konnte er tun?

„Weiß einer von euch, wie man mit meiner Sprengharpune umgeht?“, fragte Deidara gepresst. Er hatte beide Hände fest ums Lenkrad geklammert. Die drei warfen ihm nur vielsagende Blicke zu. „Dumme Frage, hm“, murmelte Deidara und sah wieder stur geradeaus. „Kann dann vielleicht einer von euch nach vorn klettern und das Lenken übernehmen?“

Niemand meldete sich. Sasuke sah den Dämonenjäger nur böse an, obwohl er am nähesten saß. Naruto warf noch einen Blick aus dem Rückfenster. Kimimaro stand immer noch mit dem Weißen Richter am Dach des LKWs und wurde von etwas kräftig durchgeschüttelt, das man von hier nicht sehen konnte. „Ich mach’s“, verkündete er, löste den Sicherheitsgurt, zwängte sich an Sasuke vorbei und setzte sich auf den Beifahrersitz.

„Gut, dann halt das.“ Naruto konnte gerade rechtzeitig hinübergreifen um das Steuer zu fassen zu bekommen, als Deidara plötzlich losließ. Der Van zog nach links. Der Seitenspiegel brach ab, als sie mit dem Vorderreifen an der Felswand entlangschleiften. Deidara bückte sich und zog unter dem Beifahrersitz seine Harpunenwaffe hervor.

„Ich dachte, das Ding hat eine zu kleine Reichweite!“, schrie Sakura gegen das Brüllen des Fahrtwinds und das Kreischen an, das die Radkappen an den Felsen verursachten, ehe Naruto das bockige Fahrzeug einigermaßen unter seine Kontrolle bringen konnte.

„Halt die Klappe und sieh zu, hm“, versetzte Deidara. Er holte noch einen neuen Speer und Sprengstoffstangen unter dem Sitz hervor, die er hastig zusammenbaute. „Der LKW ist ein größeres Kaliber …“, überlegte er laut und band die dreifache Menge Sprengstoff an der Harpune fest. Dann zog er mit einem Ruck das lose Kabel aus dem Kontrollkästchen, führte das neue ein und steckte den Speer in die Waffe. „Es kann losgehen, hm!“

Er beugte sich aus dem leeren Türrahmen, zielte kurz und drückte ab. Die Harpune flog davon und bohrte sich in der Mitte der Fahrbahn in den Boden.

„Das war zu kurz!“, rief Naruto, der einen kurzen Blick riskiert hatte. Vom Beifahrersitz aus zu lenken war die Hölle; ständig schlenkerte der Wagen zu weit nach links oder nach rechts.

Deidara beachtete ihn nicht weiter. „Ich hoffe, das Kabel ist lang genug …“, murmelte er.

Naruto verstand seinen Plan im gleichen Moment, in dem der LKW über die im Boden steckende Harpune hinwegdonnerte.

Deidara leckte sich über die Lippen und drückte den Auslöserknopf.
 

Kimimaro weigerte sich, einfach mit dem Leben abzuschließen. Er konnte noch nicht sterben … Schon gar nicht, wo er noch nichts Großes erreicht hatte, schon gar nicht durch die Hand eines so mickrigen, feigen Halbdämons! Er stieß einen Wutschrei aus, stieß aber bei seinem Feind nur auf ein höhnisches Lächeln. „Mach es dir nicht so schwer“, sagte der Weiße Richter. „Gib einfach auf.“

Ein dumpfer Knall ertönte. Plötzlich bäumte sich der ganze LKW ein Stück weit auf. Der überraschte Weiße Richter fiel von den Füßen und konnte sich gerade noch an der Dachkante festhalten, um nicht hinunterzustürzen. Dann machte das ganze Gefährt einen derartigen Holperer, dass Kimimaro seinerseits den Boden unter den Füßen verlor und weit durch die Luft geschleudert wurde. Er überschlug sich, die Elektroden rissen aus seiner Haut aus und seine Muskeln begannen noch einmal richtig zu schmerzen, als der Strom plötzlich weg war.

Kaum hatte er wieder die Kontrolle über seine Gliedmaßen, schleuderte er sein Schwert auf den dämonischen Weißen Richter, der wehrlos am Truck hing. Wie ein Wurfstern raste die Knochenklinge heran und trennte dem Halbdämon sauber den Kopf ab. Es zischte und rauchte, als sein Körper vom Hals abwärts in Flammen aufging und sich in Windeseile zu Asche verwandelte, die vom Wind fortgetragen wurde – einen Moment später fiel der Truck, der seit der Explosion gefährlich nach links geneigt war, auf die Seite und rutschte quietschend und Funken sprühend über den Felsboden, ehe er zum Stillstand kam.

Das bekam Kimimaro jedoch alles nicht mehr mit. Er landete kopfüber in einer der Schneewehen am Straßenrand, die fauchend aufstob.
 

„Was ist mit Kimimaro? Habt ihr gesehen, was mit ihm passiert ist?“, rief Deidara. Der Fahrtwind, der durch den leeren Türrahmen und den offenen Kofferraumdeckel pfiff, zerzauste sein Haar und ließ es vor seinem Gesicht herumwirbeln. Naruto, der sich immer noch zur Fahrerseite hinüber beugte und das Lenkrad in den Händen hielt, hatte den Van gerade so um eine enge Kehre steuern können, sodass sie nicht mehr sehen konnten, was hinter ihnen geschah.

„Scheeeeeißeeee!“, schrie Naruto plötzlich. „Deidara! Tritt auf die Bremse!“

Der Dämonenjäger wandte sich herum – und erstarrte. Die Weißen Richter hatten nicht umsonst nur einen Teil der Gabelung abgesperrt. Keine hundert Meter vor dem dahinpreschenden Van hörte die Straße auf und mündete in eine bodenlose, gähnende Schlucht. Deidara trat wuchtig das Bremspedal durch. Die Reifen quietschten, aber an ihrer Geschwindigkeit änderte sich erstmal nichts.

„Das wird nichts!“, schrie Sakura. „Aufs Gas! Aufs Gas!“

Deidara verstand sofort und trat auf das andere Pedal. Vielleicht konnten sie, wenn sie genug Schwung hatten, bis zum anderen Rand der Schlucht springen … Aber dann müssten sie mehr Glück als Verstand haben.

Naruto wollte eigentlich die Augen schließen, als der Abgrund heran war, aber er schaffte es nicht. Sein Magen drehte sich um, als sie über eine kleine, natürliche Rampe rasten und wie ein Pfeil in die Luft schossen. Die Sonne blinzelte durch die Fenster und schneidend kalter Fahrtwind erfüllte das Auto. Der Motor röhrte auf.

Endlose Sekunden waren sie in der Luft … Die andere Seite der Schlucht war noch so weit weg … Der Van kippte nach hinten, die Schnauze wanderte nach oben wie bei einem startenden Flugzeug. Sakura stieß einen kurzen Schrei aus und umklammerte mit beiden Händen den Kopfpolster des Vordersitzes, Sasuke war geistesgegenwärtig genug, sich endlich anzuschnallen – wenn es überhaupt noch etwas brachte – und Naruto und Deidara beugen sich so weit vor, wie es ging, um das fliegende Fahrzeug wieder in eine stabile Lage zu bringen.

Es half nichts.

Der Van neigte sich, bis er fast senkrecht in der Luft hing. Es polterte und krachte, als sich der Inhalt des Kofferraums in die Schlucht ergoss. Dann war plötzlich wieder Boden unter ihren Rädern.

Die Hinterreifen setzten ruckartig auf felsigem Boden auf und prallten wie Gummibälle ein Stück weit in die Höhe. Naruto wurde nach vorn geschleudert und knallte hart mit dem Kopf gegen das Armaturenbrett. Erst danach sprang der Airbag auf und klatschte ihm mit der Wucht eines Hammers ins Gesicht. Etwas knallte – ein Reifenplatzer?

Nach zwei, drei weiteren Hopsern kippte das Fahrzeug vorne nach unten und landete auf allen vier Reifen, drehte sich ein, stellte sich quer, schlitterte auf dem felsigen Untergrund weiter und kam nach endlosen Sekunden mit stotterndem Motor zu stehen.

Minutenlang war es still im Inneren des Wagens, bis sich Deidara hustend regte. Er sah zur Decke des Wagens, hatte aber die Augen geschlossen. „Wenigstens etwas Gutes hat die Sache, hm“, ächzte er.

„Ach ja“, murmelte Naruto, dessen Körper ein einziger Schmerz war. „Was denn?“

„Wenigstens haben wir nicht den DeLorean geschrottet.“
 

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Rekord! An die 6000 Wörter ... Ich hoffe, es war auch spannend ;)

Bis zum nächsten Mal, wo es unter anderem wieder ein Auftreten der Schattenwölfe gibt ;)
 

PS: Ich hatte ein paar ... sagen wir, Probleme, die ENS-Liste korrekt zusammenzustellen. Ich hoffe, jeder, der eine ENS für Kapitelupdates wollte, hat sie auch gekriegt ... Falls das hier jemand liest und keine ENS bekommen hat, obwohl er eine wollte, bitte melden ;)

In den Bergen

So ... lange ists her ... Ich brauchte ein wenig Erholung XD

Aber hier ist das nächste Kapitel! Viel Spaß :)
 

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„Autsch … verdammt!“, fluchte Naruto, als er sich von Sakura die üble Platzwunde an seiner Stirn behandeln ließ. Zum Glück hatte sich der Erste-Hilfe-Koffer nicht im Kofferraum, sondern im Handschuhfach befunden.

Das Auto hatte nach der Beinahe-Bruchlandung nicht mehr anspringen wollen. Die vier waren wie durch ein Wunder bis auf Prellungen und vermutlich einige angeknackste Rippen unversehrt ausgestiegen und hatten zu Fuß einen schmalen Trampelpfad gefunden, der zwischen Felsen hindurch zu einem kleinen, ausgetrockneten Fichtenwäldchen geführt hatte. Im Schutz der schneebedeckten Bäume hatten sie erst mal ihr Lager aufgeschlagen. Sie hatten es riskiert, ein Feuer zu entfachen, um es wenigstens warm zu haben; die Sonne war in den letzten Minuten hinter dicken, schwarzen Wolken versunken. Es stimmte schon, dass das Wetter in den Bergen schnell umschlug.

„Ich kann es immer noch nicht glauben, was ich gerade erlebt habe“, murmelte Sakura. Sie hatte sich erstaunlich gut unter Kontrolle, aber ihre Hände zitterten noch ein wenig, als sie Narutos Wunde mit einem brennenden Alkotupfer säuberte und ein dickes Pflaster darauf klebte. „Ich hätte wohl eher bei der Villa bleiben sollen, anstatt mit euch mitzufahren …“

Deidara ließ ein abfälliges Schnauben hören. „Klar, dann würdest du jetzt zerstückelt überall im Anwesen verteilt herumliegen.“

Verärgert drehte sie sich zu dem Dämonenjäger um. „Und was ist mit eurer Aktion? Ich hätte es mir aussuchen können, ob ich lieber über den Haufen geschossen, überfahren, von einer Rakete zerfetzt oder in einen Abgrund gestürzt wäre. Vielen Dank auch.“

Deidara stand von dem Baumstumpf, auf dem er hockte, auf und baute sich vor ihr auf. Sakura hielt seinem Blick mit blitzenden Augen stand. „Ist doch alles gut gegangen, oder?“, schnauzte er sie an.

„Aber nur knapp! Und jetzt sitzen wir mitten im Nirgendwo fest!“ Ihre Stimme wurde lauter.

„Lass ihn“, wollte Naruto sie beschwichtigen.

„Hm!“, machte Deidara. „Hör auf ständig herumzujammern, du führst dich wie ein Mädchen auf!“

„Ach ja?“ Sakura stemmte herausfordernd die Hände in die Hüften und reckte das Kinn. „Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, ich bin ein Mädchen!“

„Tatsächlich?“, giftete Deidara und musterte sie übertrieben genau von oben bis unten.

Sakura schnappte empört nach Luft. „Jetzt hör mal …“

„Weißt du was, Saruka?“

Sakura!“

„Wie auch immer, hm. Ich kenn da einen Witz, den ich dir unbedingt erzählen muss. Der ist so lustig, das fallen dir die Titten ab – oh, warte mal, ich sehe grade, du kennst ihn schon.“

Sakura riss die Augen und den Mund auf, aber sie brachte keinen Laut hervor. Eine geschlagene halbe Minute stand sie wie erstarrt vor dem Dämonenjäger, ehe sie ihre Sprache wiederfand. „Du kleiner, mieser …“, begann sie und wollte schon mit den Fäusten auf Deidara losgehen, als im Gebüsch ein Rascheln ertönte.

Simultan drehtens ich alle um. Sasuke, der auf einem umgestürzten Baumstamm saß, richtete seinen Colt auf die Gestalt, die zwischen den Bäumen hervorkam. „Du bist es“, stellte er fest und ließ die Waffe sinken.

Kimimaro wirkte abgekämpft. Seine sonst weißen Haare waren schmutzig grau und hingen ihm weit ins Gesicht, sein Anzug war zerrissen und ließ ihn wie einen Bettler wirken, der die Fetzen irgendwo in einer Mülltonne gefunden hatte.

„Oi, Kimi!“, rief Deidara erfreut. „Warst du unten im Graben? Hast du sie gefunden?“ Seine Augen leuchteten.

„Habe ich was gefunden?“, fragte Kimimaro nach und ließ sich nahe dem Feuer zu Boden fallen.

„Die Essenz! Kakuzus Essenz! Das verdammte Ding ist in die Schlucht gefallen, weil der Kofferraum offen war …“, sprudelte es aus Deidara hervor.

„Darum ist der Typ auch schon die ganze Zeit über so unausstehlich“, kommentierte Sasuke.

Kimimaro hob entschuldigend die Hände. „Ich war nicht unten in der Schlucht. Ich wüsste auch gar nicht, ob und wie man da unbeschadet hinunterkommt. Ich bin am Abgrund entlanggegangen, bis ich eine schmale Stelle zum Drüberspringen gefunden habe.“ Er maß das Feuer mit einem kritischen Blick. „Wenigstens sind wir alle unsere Verfolger losgeworden. Ich würde sagen, wir haben großes Glück gehabt.“

„Alles Können, hm“, legte sich Deidara fest und setzte sich zu ihm ans Feuer.

„Es war Glück“, beharrte Kimimaro. „Und wir werden noch eine ganze Menge mehr davon brauchen, um wieder in die Stadt zurück zu finden. Hier kenne ich mich nicht aus – aber das Schlimmste ist wohl überstanden“ fügte er hinzu, als er Sakuras und Narutos mutlose Mienen sah.

Eine Weile schwiegen sie alle und starrten nur in die knisternden Flammen. Deidara murmelte etwas von Erkundungsgang und verschwand im mageren Dickicht. Kimimaro setzte sich bald darauf zu Sasuke. „Hattest du Angst?“, fragte er.

Sasuke starrte den Halbdämon an, als hätte er den Verstand verloren. „Wie war das?“

„Ob du Angst hattest, als der Dämon uns angegriffen hat.“

„Habe ich auf dich den Eindruck gemacht, dass ich Angst hätte?“, schnappte Sasuke.

„Allerdings“, sagte Kimimaro und plötzlich lag ein merkwürdiger Ausdruck in seinen Augen. „Ich erwarte nicht von dir, dass du Deidara oder mir zur Hilfe kommst, aber du hättest als Söldner wenigstens deinen Klienten beschützen können.“ Er deutete auf Naruto. „Aber du hast dich versteckt und bist erst wieder aufgetaucht, als alles vorbei war.“ Sein Blick wurde noch eine Nuance forschender, als Sasuke nichts erwiderte. „Dabei bist du wirklich ein guter Schütze. Ein überdurchschnittlich guter, würde ich sagen … Du hast die Rakete mitten im Flug getroffen.“ Schwang da Anerkennung mit? Sasuke konnte es nicht sagen. Oder ahnte Kimimaro etwas?

„Das war Glück“, sagte der Mafioso.

Eine Weile schweigen. „Glück braucht man auch“, sagte Kimimaro abwesend, während er wieder in das Feuer starrte.

Ein paar Meter weiter weg, nahe dem Feuer, legte Sakura immer wieder Holz nach. „Schon komisch“, sagte sie zu Naruto. „Gestern war ich noch in einer Straßenbande … Und vor einigen Tagen warst du das auch. Und jetzt steckst du mit solchen schweren Jungs unter einer Decke.“ Sie schüttelte fassungslos den Kopf.

„Heute war wirklich extrem“, murmelte Naruto zustimmend. „Das war auch für mich heftig. Und für die anderen auch, glaube ich.“

Sakura rubbelte mit der Hand über ihren Oberarm, um ihre Gänsehaut zu vertreiben. Ihr dünnes Kleid war für solche Temperaturen nicht geschaffen. Oder war es die Erinnerung, die ihr einen Schauer verursachte? „Am meisten Schiss hatte ich vor diesem Dämon … Ich weiß ja, dass Akuma Gakura voll von den Biestern ist, aber die können wirklich gefährlich und angsteinjagend sein …“

„Wem sagst du das“, murmelte Naruto.

„Es wäre nicht schlecht, wenn man sie wirklich gezielt von hier vertreiben würde. Die Dämonen stiften nur Unfrieden …“, fuhr sie fort.

„Tja“, sagte Naruto traurig. „Du redest gerade mit einem.“

Sakura starrte ihn an, dann wich sie instinktiv ein Stück von ihm weg. Es tat ihm weh, das zu sehen. In ihren Augen war Unglauben. „Du … Nein, du doch nicht … Oder?“

Naruto zuckte mit den Schultern. „Nicht wirklich ich … Aber da lebt etwas in mir. Der Dämon Byakugan hat gemeint, es ist auch ein Dämon. Aber das Schlimmste ist …“ Er musste eine kurze Pause machen und schlucken. „Ich … Ich kann ihn nicht kontrollieren.“

Sakura sagte nichts darauf, drückte jedoch seine Hand. „Tut mir leid, wenn ich dich verletzt habe. Ich hätte mir nur nie träumen lassen …“

Er sah sie leidvoll an. „Mir ist jetzt alles klar geworden. Die alte Hexe Chiyo hat gesagt, ich würde hier die Antwort finden. Jetzt weiß ich, warum ich so anders bin … Ich trage einen Dämon in mir. Darum heilen meine Verletzungen so schnell, darum werde ich nicht krank. Und der Dämon, der mein Heimatdorf angegriffen hat … Er ist nicht vor mir davongerannt, weil er mich verschonen wollte. Er hatte Angst vor mir.“ Sein Blick wurde traurig, und einmal mehr war er froh, dass er Sakura sein Herz ausschütten konnte. „Und natürlich hat sich mir hier alles offenbart – Das hier ist die Stadt der Dämonen, darum war es nur eine Frage der Zeit, bis auch mein Dämon erwacht oder andere ihn spüren.“

Sakura schwieg lange und sah nur in die Flammen. Dann seufzte sie. „Tut mir leid … Ich würde dir wirklich gerne irgendeinen Rat geben, glaub mir … Aber ich weiß auch nicht, wie ich dir helfen kann …“

Naruto seufzte auch tief. „Schon gut. Danke, dass du mir zugehört hast. Ich kann nur hoffen, dass der Dämon wieder weiterschläft, wenn ich die Stadt verlasse …“ Er schielte zu Sasuke und Kimimaro hinüber, die seltsam einträchtig nebeneinander saßen.

„Hm“, machte Sakura. Täuschte er sich, oder klang es traurig? „Meinst du, es gibt hier jemanden, der … Du weißt schon, der dir den Dämon irgendwie austreiben kann?“

Naruto sah sie an. „Das geht?“

„Ich weiß nicht. Vielleicht.“

„Hm.“ Das Gespräch erstarb.

Bald machte die Müdigkeit die Wirkung des Adrenalins zunichte. Deidara kam mit Neuigkeiten zurück, als sie gerade beschlossen, trotz der Gefahr, gesehen zu werden, im Auto zu schlafen. „Ihr glaubt nicht, was ich gefunden habe“, sagte der Dämonenjäger.

„Was?“, fragte Naruto.

„Ich hab eine gute und eine schlechte Nachricht. Aber ich werde euch nicht fragen, welche ihr zuerst hören wollt, sondern fange gleich mit der guten an.“

„Ich bin zu müde für solche Spielereien, Deidara“, seufzte Kimimaro und sah dabei wirklich müde aus. „Sag, was du zu sagen hast, und dann genug für heute.“

„Also die gute Nachricht ist, ich hab Menschen gefunden, hier in den Bergen.“

„Und die schlechte?“

Deidara grinste in Erwartung, welche Reaktionen seine Antwort auslösen würde. So schlecht konnte die Nachricht also nicht sein, dachte Naruto. „Es ist ein Nest der Weißen Richter. Ein Lager oder etwas Ähnliches.“

Die anderen waren mit einem Schlag wieder hellwach. „Wie groß?“, fragte Kimimaro.

„Und wo?“, fügte Sasuke hinzu.

„Keine Sorge, sind ein paar Kilometer. Aber es sind verdammt viele. Sicher hundert Leute. Vielleicht ist es sogar ihr Hauptquartier – aber dafür haben sie jede Menge Autos und vom Lager zweigt sogar eine kleine Straße ab.“

„Hm“, machte Kimimaro und begann im Lager auf und ab zu gehen. „Sicher sind sie gut bewaffnet … Das wäre unter normalen Umständen schon ein Problem. In unserem jetzigen Zustand …“ Er seufzte.

„Sie haben vielleicht nicht unsere Gesichter gesehen“, wandte Sasuke ein. „Vielleicht kommen wir an ihnen vorbei.“

Kimimaro nickte und warf einen Blick in den Himmel. Die Sonne hatte den Zenit noch nicht erreicht. „Ich würde vorschlagen, wir schlafen erst einmal eine Runde. Am Abend überlegen wir uns einen Plan.“
 

Der Treffpunkt war nicht sehr gemütlich; es handelte sich um einen alten Schuppen im Industrieviertel der Stadt, nicht weit von dem stillgelegten Stahlwerk entfernt. Leere, staubige Kisten stapelten sich überall in dem Schuppen, der groß genug war, um als kleine Lagerhalle durchzugehen. Shikamaru war äußerlich zwar gelassen wie immer, aber innerlich war er äußerst unruhig. Er hatte bereits vier Zigaretten geraucht und bearbeitete soeben die fünfte. Tsunade war jetzt schon eine halbe Stunde zu spät. Shikamaru wusste, dass es kein Zufall war; sie ließ die Schattenwölfe absichtlich warten, um ihre Wichtigkeit zu unterstreichen.

„Können wir ihr wirklich trauen?“, murmelte Kiba neben ihm. Mit Ausnahme von Sakura waren die Schattenwölfe vollständig versammelt.

Shikamaru ließ sich mit der Antwort Zeit. „Tsunade ist nicht dumm. Sie wird wissen, dass wir ihr nicht alles auf einmal verkaufen, geschweige denn alles dabei haben. Nur wenn sie mit uns zusammenarbeitet, kann sie viel Profit machen.“

Allerdings traute er dem Frieden nicht und hatte sich zur Sicherheit seine Uzi hinten in den Hosenbund gesteckt.

Sie hatten keinen Motor gehört, als Tsunade und ihre Gefolgschaft den Treffpunkt betraten. Die blonde Zuhälterin war dunkel gekleidet und hatte einen breitkrempigen Hut auf, ebenso das halbe Dutzend Männer, das sie begleitete. Sie alle hatten Waffen in den Händen und warfen rasch Blicke in alle Ecken des Schuppens, der von einigen ranzigen Deckenlampen erhellt wurde.

„Was wird das?“, knurrte Kiba. „Traut ihr uns nicht?“

„Man kann nicht vorsichtig genug sein“, sagte Tsunade. „Es geht hier um viel Geld.“

„Das ist wahr. Erlaubt mir, eurem Beispiel zu folgen“, sagte Shikamaru und zog auch seine Uzi hervor, damit Tsunades Gorillas nicht auf dumme Gedanken kamen. Für einen Moment glaubte er, vor der Türe noch einen Schatten zu sehen, aber den hatte er sich wohl eingebildet.

„Dann zeigt mal die Ware her“, forderte sie Tsunade auf.

Shikamaru nickte Chouji zu, der einen zusammengeschnürten Müllsack an einen von Tsunades Leuten weitergab. Dieser schüttete ihn auf dem Boden aus. Kleine Plastiksäckchen mit weißem Pulver fielen heraus. Der Mann nahm eine kleine Küchenwage hervor, wog sie ab und machte sich schweigend Notizen auf einem Block, den er dann an Tsunade weiterreichte. Diese nickte. „Sechstausend“, sagte sie dann.

Shikamaru trat langsam vor, sammelte die Päckchen wieder ein und steckte sie in den Sack zurück. „Ich habe mich informiert“, sagte er ruhig. „Der Stoff ist mindestens das Dreifache wert. Achtzehntausend.“

Tsunades Miene verdüsterte sich. „Du willst feilschen?“

„Sie wollen doch sicher noch öfters Geschäfte mit mir machen.“

„Ts.“ Tsunade bließ eine Strähne ihres blonden Haares aus dem Gesicht. „Sechzehntausend, und das ist großzügig. Sonst bekomme ich es sowieso anderswo billiger.“

„Einverstanden.“ Shikamaru stellte ihnen den Müllsack wieder hin.

Jetzt rückte auch einer von Tsunades Gorillas mit einem Plastiksack heraus, zählte Geldscheine in Tausenderbündeln, legte sie hinein und reichte den Sack Shikamaru.

In diesem Moment knurrte Kibas Hund.

„Akamaru?“, fragte Kiba und sein Blick glitt zum Eingang. Dann verfinsterte er sich. „Sagt mal, steht da noch wer von euch Wache?“

Tsunade sah ihn überascht an und gab dann einem ihrer Männer ein Zeichen. Dieser schlich auf leisen Sohlen zum Eingang, sprang dann hinaus und zerrte kurz darauf eine sich heftig wehrende Person in den Schuppen. Shikamaru hob überrascht die Augenbraue, und Kiba entfuhr ein „Du?“, als sie das Mädchen erkannten, das in Tsunades Bordell hatte arbeiten wollen.

Die Zuhälterin war ebenfalls unangenehm überrascht. „Was willst du schon wieder? Du hängst wohl wie eine Klette an mir?“

Der Mann stieß das Mädchen zwischen den beiden Parteien grob zu Boden. Sie rappelte sich auf und strich sich eine Strähne ihres langen blonden Haares, dessen Zopf sich etwas gelöst hatte, aus dem Gesicht. Sie sah Kiba und Shikamaru an und wollte etwas sagen, aber dann flackerte ihr Blick unsicher zu Tsunade und ihren Gorillas zurück.

„Wer ist das?“, fragte Shikamaru ruhig.

Tsunade zuckte mit den Schultern. „Ihr Name ist Ino. Sie bettelt mich schon seit Tagen an, dass ich ihr Arbeit gebe …“

„Ino, hm.“

Ino fasste sich sichtlich ein Herz, denn sie stand nicht nur auf, sondern straffte den Rücken und hob die Nase hoch. „Ihr kennt Naruto Uzumaki, richtig?“

„Häh?“ Kiba riss die Augen auf, doch ehe jemand etwas antworten konnte, ertönte eine weitere Stimme vom Eingang her.

„Yo, yo, yo, hallo auch! Die Baracke hier ist eine Goldgrube, was?“

Simultan wirbelten alle Versammelten herum. Zwei Männer hatten den Schuppen betreten. Sie trugen beide schwere Kevlaranzüge und dazu passende Helme mit getönten Visieren. In den Händen hielten sie goldene AK-47.

Tsunades Leute hoben sofort ihre Waffen, doch noch ehe sie den Abzug betätigen konnten, hatten die Fremden die meisten von ihnen mit sauberen Einzelschüssen ausgeschaltet. Hektik brach im Schuppen aus, die Versammelten stoben auseinander und versuchten in Deckung zu gehen. Die Schattenwölfe sprangen hinter die Kisten, die den hinteren Bereich fast komplett blockierten, und Shikamaru zog die Uzi, die er von der Hyuuga-Familie erhalten hatte, aus dem Hosenbund und gab prüfend einen einzelnen Schuss ab. Die Kugel traf ihr Ziel, konnte die Kevlarweste des Mannes aber nicht durchdringen. Genau, wie er erwartet hatte. Shikamaru zog den Kopf ein. Atemlos lugten sie über die Ränder der Kisten. Der Staub juckte sie in den Nasen.

Außer den beiden Bewaffneten befand sich jetzt nur noch eine Person im Eingangsbereich, und das war das blonde Mädchen, das eben erst aufstand. „Gut“, sagte sie. „Ich würde sagen …“

Ich würde sagen“, unterbrach sie einer der Männer, „verwandeln wir die Bude in ein Leichenschauhaus, was, Bruder?“

„Gute Idee“, pflichtete ihm der andere bei und richtete sein Gewehr auf Ino. „Mit dir fangen wir an.“

Ino prallte zurück und starrte die beiden an. „Was? Aber ich …“

„Tut uns ja leid, aber bei der Menge an Geld werd‘ ich schwach“, sagte der eine und wirkte gut gelaunt. „Deswegen bezahlt man Söldner erst nach Abschluss des Auftrags. Und gibt acht, dass sie das Geld für die Bezahlung erst später zu Gesicht bekommen.“

„Das könnt ihr nicht machen“, keuchte Ino und sah sich hektisch nach einer Fluchtmöglichkeit um.

„Jetzt“, sagte Shikamaru leise. „Plan W.“

Die Kisten in der linken Ecke des Schuppens zerbarsten mit einem lauten Krachen. Staub und Holzsplitter versperrten die Sicht – aus der Wolke brach fauchend Sora hervor, die dämonische Hand weit ausgestreckt.

„Teufel noch eins!“, stieß einer der Söldner hervor, wirbelte herum – und wurde auch schon von Soras Klaue zu Boden gerissen. Knirschend bohrten sich die Dämonenkrallen durch die Panzerung des Mannes in seine Brust. Der Söldner schrie gellend auf und strampelte hilflos mit seinen Gliedmaßen.

Sein Partner legte sofort an und ging ein paar Schritte rückwärts. Shikamaru musterte jede seiner Bewegungen und biss sich auf die Unterlippe. Die Männer waren Profis. Jetzt kam es auf das richtige Timing an. Der Söldner würde schießen, ohne Zweifel; dank der Kevlarpanzerung würde er seinen Kumpans ohnehin nicht verletzen können …

In Zeitlupe sah Shikamaru, wie sich der Finger des Mannes krümmte, und er ließ sich auch nicht durch den Kampfschrei ablenken, der ertönte. Dann sprang Lee ihn regelrecht von der Seite an. Zwei Schüsse lösten sich und stanzten Löcher in den Boden, als das Energiebündel ihm wuchtig die Kalaschnikow aus den Händen trat.

„Jaaa, das ist die Kraft der Jugend!“, brüllte Lee und traktierte den Söldner mit Schlägen, während die Schreie seines Kumpanen röchelnd verebbten. Was Shikamaru nicht für möglich gehalten hätte, geschah: Der Söldner wehrte gekonnt Lees Hiebe ab und wich nur wenig zurück. Eine Weile flogen Fäuste, wurden von Unteramen blockiert, schnellten Fußtritte, wurden von Beinen abgefangen. Lee bewies wieder einmal unumstößliche Ausdauer, aber keine seiner Angriffe zeigte Wirkung.

Plan P, sofort!“, rief Shikamaru.

Kankuro sprang auf und verließ seine Deckung, den Baseballschläger in der Hand. Mit voller Wucht donnerte er ihn von hinten auf den Helm des Söldners. Dieser spürte den Schlag wahrscheinlich kaum, aber er musste unter dem beschichteten Helm wie ein Hammerschlag dröhnen. Der Söldner wankte für einen winzigen Augenblick, den Lee sofort ausnutzte. Er verpasste ihm einen Tritt gegen den Brustkorb, der ihn zurückwarf und gegen die Wand stoßen ließ.

„Ihr verfluchten Wichser!“, brüllte der Söldner. Jetzt, da er eine Atempause von Lees Schlägen hatte, fuhr seine Hand zu seinem Gürtel und zog eine blankschwarze Pistole heraus.

„Vorsicht!“, schrie Kiba.

„Jetzt ist’s aus mit dir, Bastard!“ Der Söldner richtete die Waffe auf Lee, der nur ein paar Schritte vor ihm stand. Ein Schütze seines Formats konnte unmöglich daneben schießen …

Aus den Schatten zwischen den Kisten schoss blitzend etwas Kleines, Längliches hervor. Zielsicher bohrte sich das Messer in die ungeschützte Hand des Söldners. Mit einem Schrei, der schon eher ein Fauchen war, ließ der Mann die Pistole fallen und umklammerte die verletzte Hand einen Moment mit der gesunden, ehe er damit aus einer Schlaufe am Rücken ein gezacktes Jagdmesser zog. „Ihr wollt mit Messern kämpfen, ja?“ Nun klang er eindeutig wütend, während einige Blutstropfen zu Boden fielen. Während er die Schattenwölfe mit der langen Klinge auf Distanz hielt, bewegte er sich Schritt für Schritt zu seiner AK-47.

„Warum nicht?“ Sasori trat aus seiner Deckung, ein Butterfly in der Hand. „Kämpfen wir also mit Messern.“ Er stürmte los. Der Söldner erwartete ihn grimmig. Sasori stieß zu, doch der Söldner zuckte zurück und griff seinerseits an. Er hatte einen gewaltigen Vorteil; bis auf seine Hände war er überall an seinem Körper geschützt. Im fahlen Licht blitzten die Messer auf, als sie aneinander vorbeifuhren. Sasori konnte gerade rechtzeitig zur Seite springen, bevor das Jagdmesser seine Wange aufschlitzte.

„Das gefällt mir nicht“, murmelte Shikamaru. „Gehen wir auf Nummer sicher. Shino, Plan K.“

Sofort erhob sich Shino, stumm wie ein Schatten. Sasori hatte offensichtlich genug von dem ermüdenden Duell. Er tauchte unter dem Messer des Söldners hinweg und rammte ihn ohne Rücksicht auf Verluste mit der Schulter. Überrascht kippte der Mann nach hinten und landete auf dem Rücken, das Messer immer noch in der Hand, bereit, Angriffe abzuwehren. Sasori kniete sich auf seine Beine, gerade außerhalb der Reichweite des Jagdmessers

„Shino, Plan K“, wiederholte Shikamaru, als sein Freund zögerte. Der Käferfreak zog ein ausgedientes Marmeladenglas aus seiner Tasche und holte daraus eine winzige Spinne hervor, die er vorsichtig auf den Helm des Söldners setzte.

„Was machst du da? Hey!“, rief der Mann und fuchtelte mit dem Messer nach ihm. Das hätte er nicht tun sollen. Sofort warf sich Sasori vor und stieß zu. Er erwischte abermals zielsicher die Hand des Söldners, diesmal die, die das Messer hielt. Die Waffe entglitt dem Mann, der brüllend und fluchend versuchte, sich freizumachen.

Shino versetzte der Spinne auf seinem Kopf einen kleinen Schubs, der sie in den Atemschlitz des Helmes krabbeln ließ. Der Söldner kreischte auf. „Ah! Nehmt das Ding weg! Was ist das? Aah! Verdammt, es hat mich gebissen!“

„Diese Spinnenart ist sehr selten und giftig“, erklärte Shino monoton. „Ihr Biss lähmt das Opfer in Sekundenschnelle.“

„Wa… Du kleiner, mieser …“ Der Söldner fluchte noch eine Weile herum, aber seine Bewegungen wurden langsamer. Schließlich hatte er nicht mehr die Kraft, seine Glieder zu heben. Schwer atmend lag er auf dem Rücken, reglos. Er war keine Gefahr mehr.

Shikamaru gestattete sich aufzuatmen. Er trat hinter seiner Deckung hervor und auf den Mann zu.

„Hey! Wo ist das Geld?“, rief Kiba plötzlich.

Shikamaru wirbelte herum. Beide Säcke fehlten, sowohl der mit dem Rauschgift als auch der mit der Bezahlung. Sein Blick fiel auf Tsunade, die ebenfalls hinter den Kisten hervorkam, aber ihm fiel auf, dass einer ihrer Männer fehlte.

„Dieser verdammte Hund hat die Ware gestohlen!“, stieß Kankuro hervor.

„Er kann nicht weit sein“, murmelte Shikamaru. „Sie sind ohne Fahrzeuge gekommen.“

„Das haben wir gleich“, sagte Kiba. „Idate!“

„Bin gleich wieder da!“, rief Idate und sprintete los, aus dem Schuppen hinaus.

„Es gibt niemanden, der Idate abhängen kann“, erklärte Kiba grinsend an Shikamaru gewandt.

Der Anführer der Schattenwölfe nickte und bedachte Tsunade mit einem kurzen Blick. „Ihre Leute sind nicht gerade die zuverlässigsten“, bemerkte er kühl. Dann erst wandte er sich wieder dem Mann vor ihm zu. „Also. Ihr seid Söldner, sagst du? Für wen arbeitet ihr?“

„Für … für sie.“ Der Söldner konnte nicht mehr klar sprechen, sondern lallte stark. Mit einer Bewegung, die ihm alles andere als leicht fallen musste, streckte er den Finger aus.

Shikamaru starrte stirnrunzelnd die Person an, auf die er zeigte.

Es war Ino.

„Du wirst uns einiges erklären müssen“, stellte der Anführer der Schattenwölfe fest.
 

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Lust auf mehr? Ich hoffe es^^

Bis zum nächsten Kapitel :)

Deidaras große Stunde

Wow, Kapitel Numero 30^^ Ich würde sagen, das ist eine Leistung ;)

Ich habe übrigens Anko zur Chara-Liste hinzugefügt.
 

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Anko pflückte ihren letzten Dango mit dem Mund vom Spieß, kostete ihn voll aus und fand es bedauerlich, als sie ihn hinunterschlucken musste. Seufzend ließ sie sich in ihrem Campingsessel zurücksinken. Es war jetzt fast Mitternacht. Ein weiterer ereignisloser Tag wie dieser und sie würde durchdrehen.

Sie hörte die Schritte draußen trampeln, noch bevor jemand ihren Namen rief. „Anko!“

„Ja?“

Jetzt erst wurde die Zeltplane zurückgeschlagen und ein junger Mann mit verschwitztem Gesicht trat atemlos ein. „Wir haben eine verdächtige Person aufgegriffen!“

Anko seufzte. Jetzt war zwar etwas passiert, aber so wie sie übereifrige Neue wie diesen Jungen kannte, war es falscher Alarm oder etwas in der Art. Sie ließ sich betont noch eine Minute Zeit um ihre Jacke zuzuknöpfen, ehe sie in die Kälte hinaustrat. Der Schnee schimmerte hell im klaren Mondlicht.

Der junge Weiße Richter hatte die Wahrheit gesagt: Am Nordende des Lagers standen tatsächlich mehrere ihrer Leute herum, die Waffen im Anschlag und auf einen Mann gerichtet, der die Hände erhoben hatte.

„Haben Sie hier das Sagen?“, fragte der Mann, als er sie sah. „Ein Glück. Mit solchen Pfeifen will ich mich nicht herumschlagen.“ Er ließ die Hände sinken und ging auf Anko zu.

Die Weißen Richter wichen sofort zurück und streckten drohend die Waffen vor. „Hände oben lassen, wo wir sie sehen können!“, knurrte einer von ihnen.

Der Mann seufzte. „Also wirklich, behandelt man sich so unter Kollegen?“

Anko musterte ihn genau. „Dämonenjäger Deidara“, stellte sie schließlich trocken fest. „Was verschafft uns die Ehre?“

Deidara zuckte mit den Achseln. „Zufall. Ich bin froh, dass ich euer Lager gefunden hab. Ich irre schon seit Tagen durchs Gebirge.“

„Ist schon gut“, sagte Anko und bedeutete ihren Leuten, die Waffen zu senken. „Er ist zwar nicht vertrauenswürdig, aber er kämpft auf der gleichen Seite wie wir. Was wollen Sie?“

Deidara lächelte schief. „Fürs erste? Einen Cognac, eine warme Mahlzeit und ein Bett zum Schlafen. Alles andere besprechen wir morgen.“

„Ach so ist das?“ Anko musste grinsen. Sie hatte noch nie persönlich mit dem berüchtigsten Dämonenjäger von Akuma Gakure zu tun gehabt, aber sie konnte es nicht leugnen, dass sie ihn interessant fand. Vielleicht würde der Rest des Tages doch nicht so eintönig verlaufen. „Ein Fünf-Sterne-Hotel haben wir hier nicht gerade. Aber wenn Sie mit Tee zufrieden wären, den kann ich Ihnen anbieten.“

Deidara zuckte lässig die Achseln. „Mir ist alles Recht, was flüssig ist. Mein Hals ist ausgetrocknet wie die Haut eines Felsendämons, hm.“

„Dann kommen Sie mal mit“, sagte Anko, drehte sich um und ging voraus.

Deidara wollte ihr folgen, aber einer der Weißen Richter hielt ihn zurück. „Einen Moment“, brummte er und tastete seine Taschen und den Gürtel ab. Deidara hob brav die Arme und ließ ihn auch noch sein zerrissenes Sakko untersuchen.

„Aha!“, rief der Kerl und hielt triumphierend den Revolver hoch, den er gefunden hatte. „Willst du uns verscheißern, Alter?“

„Sieh mal in die Trommel, du Depp“, gab Deidara zurück. Der Weiße Richter klappte die Ladevorrichtung zur Seite. Sie war leer. „Alles verschossen“, erklärte Deidara. „Darum bin ich ja hier. Sonst würd ich mich schon irgendwie selbst durchschlagen. Du entschuldigst mich?“ Er schob den anderen zur Seite und beeilte sich zu Anko aufzuschließen.

Sie betraten eines der drei größten Zelte, die im Zentrum des Lagers standen. Deidara ließ beeindruckt den Blick über die großzügige Innenausstattung gleiten: Es gab mehrere Klapp- und Campingsstühle, einen Campingtisch, Abstellflächen für einen Reisekocher und eine Mikrowelle, eine Kühlbox und sogar tragbare Generatoren mit Brennstoffzellen für die Stromversorgung. „Wie war das? Kein Fünf-Sterne-Hotel?“, bemerkte er.

Anko grinste und bedeutete ihm, Platz zu nehmen, nachdem er die Zeltplane sorgfältig wieder verschlossen hatte. „Earl Grey?“, fragte sie und machte sich daran, den Tee zuzubereiten.

„Den hab ich am liebsten.“

Deidara wartete, bis der Tee fertig war und sie ihm seine Tasse brachte. „Was führt die Weißen Richter in dieses gottverlassene Gebirge?“, fragte er.

„Was führt Sie denn hierher?“, entgegnete Anko und ließ keinen Zweifel daran, wer hier wem die Fragen stellte.

„Mein Job. Es soll hier eine Menge Dämonen geben. Die richtig großen Fische findet man nur außerhalb von Akuma Gakure, heißt es.“

„Nun, wir sind auch deswegen hier“, sagte Anko und nippte an ihrem Tee. „Gestern hat auf einem Anwesen ein paar Dutzend Meilen von hier hat ein Ball oder so etwas stattgefunden. Wir haben Gerüchte gehört, dass unter den Gästen Dämonen sein könnten.“

„Interessant, hm“, murmelte Deidara und trank einen winzigen Schluck des heißen Gebräus.

„Wir haben auch Gerüchte gehört, dass Sie sich mit dem Halbdämon Kimimaro zusammengetan haben.“ Anko ließ ihre Stimme vorwurfsvoll klingen und überschlug die Beine. „Was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen, Dämonenjäger?“

„Wegen so was soll ich mich verteidigen? Wir gehen wieder getrennte Wege. Er hat mir geholfen, einen Dämon zu erledigen. Ich hätte ihn ja auch umgelegt, aber Halbdämonen hinterlassen keine greifbare Essenz. Ich verschwende keine Munition, wenn ich damit kein Geld machen kann.“ Er stellte die Tasse auf den Tisch. „Ihr seid also auch hier auf Dämonenjagd? Dann sind wir wohl Konkurrenten.“

„Nicht wirklich“, sagte Anko und spielte mit einem Zuckerstück herum, ehe sie es zwischen die Lippen nahm und einen größeren Schluck Tee hindurchschlürfte. „Wer die Dämonen erledigt, ist mir im Endeffekt egal, Hauptsache, sie sind weg.“

„Klar.“ Deidara beugte sich vor und sah Anko direkt in die Augen. „Nur, wenn ihr sie erwischt, mach ich keinen Gewinn.“

„Sehen Sie? Genau deswegen jagt man Dämonen nicht aus Gewinnsucht“, meinte sie schnippisch und grinste.

Deidara erwiderte ihr Grinsen. „Reden wir nicht mehr nur übers Geschäft. Von Dämonen und Essenzen hab ich für den Moment genug, hm.“ Er nahm einen weiteren Schluck, ehe er fortfuhr. „Ich wusste gar nicht, dass es eine Frau bei den Weißen Richtern gibt, noch dazu in den oberen Rängen. Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, dass es überhaupt eine Frau in unserem Gewerbe gibt.“

„Ach ja?“ Anko legte erwartungsvoll den Kopf schief. „Was ist denn dabei?“

„Überhaupt nichts.“ Deidara zwinkerte ihr zu. „Ich kann mir nichts vorstellen, was so sexy wäre wie eine Frau, die gegen Dämonen kämpft, mit Schwertern und Dum-Dum-Geschossen und allem Drum und Dran.“

Anko beugte sich spielerisch zu ihm vor. „Dann warte nur ab, bis du mich einmal in Aktion siehst.“

„Oha, sind wir denn schon bei Du angelangt?“, grinste er.

„Wir sind ja unter uns.“

„Also schön – du gehst also davon aus, dass ich dich sexy finde?“

Ankos Grinsen wurde neckischer. Es war eine willkommene Abwechslung, einmal mit jemandem flirten zu können, der nicht zu ihren Untergebenen zählte. „Ich glaube nicht, dass dir etwas anderes übrig bleibt.“

„Na mal sehen, hm.“ Er stand auf und umrundete sie nachdenklich. „Lass mich überlegen, deine Frisur, deine Figur … Ja, ich glaube, ich könnte dich durchaus als gutaussehend einstufen.“

„Willst du dich jetzt etwa bei mir einschleimen?“, fragte sie, während er sich wieder setzte. Das verspielte Grinsen war noch immer nicht von ihrem Gesicht gewichen.

„Aber nein, niemals!“, rief er aus. „Was würde mir das bringen – du hast doch an die hundert Mann um dich herum. Bei der Konkurrenz kann jeder Neuling einpacken.“

Ankos Lächeln veränderte sich um eine Spur. „Ehrlich gesagt sind die Männer hier im Lager alle Nieten. Die meisten sind Jungspunde oder Leute, denen ein Dämon etwas Schlimmes angetan hat. Amateure, die gerade einmal wissen, wie sie eine Pistole halten müssen, damit sie sich nicht selbst den Kopf wegblasen.“

„Mein herzliches Beileid“, erwiderte Deidara spöttisch. „Ich hab schon bemerkt, dass sie Flaschen sind.“

„Wem sagst du das“, seufzte sie. „Der einzige richtige Mann, der bei den Weißen Richtern ist, ist Zabusa. Der Kontakt zu seiner Gruppe ist abgerissen, als er gestern das Anwesen gestürmt hat. Keine Ahnung, was aus ihm geworden ist.“

Deidara hob die Augenbraue. „So gleichgültig, wie du das sagst, scheint ihr aber keine enge Beziehung gehabt zu haben, hm.“

Mit einem neckischen Wimpernaufschlag fragte sie: „Man braucht doch nicht unbedingt eine enge Beziehung, um ein bisschen Spaß zu haben, oder?“

Ein schmutziges Grinsen erschien auf Deidaras Lippen. „Nein, da hast du Recht. Außerdem, selbst wenn er tot ist, jetzt bin ich ja da um diese Lücke zu füllen.“

„Oho?“, rief Anko aus. „Du gehst also davon aus, dass du auch ein richtiger Mann bist?“

„Etwa nicht?“

„Ich weiß ja nicht“, murmelte sie zweifelnd. „Deine Frisur ist schon sehr mädchenhaft … Dein Gesicht ist kindlich, du bist definitiv jünger als ich und ein Muskelpaket auch nicht gerade … Zabusa spielt in einer ganz anderen Liga als du.“

„Dieser Zabusa ist dein Traumtyp, was? Aber er ist tot, und ich lebe noch, hm. Und seit wann reden wir über ihn? Ich hab den männlichsten Job der Welt!“ Er beugte sich so weit vor, dass ihre Gesichter nur mehr eine Handbreit voneinander entfernt waren. Deidara zwinkerte verschwörerisch. „Außerdem – kann sein, dass Zabusas Gewehr größer ist als mein Revolver, aber es gibt keinen, der besser damit umgehen kann als ich, und darauf kommt’s im Endeffekt an.“

Anko lehnte sich langsam zurück und verschränkte herausfordernd die Arme vor der Brust. „Das musst du mir erst beweisen.“

„Kannst du haben.“ Deidara stand auf, beugte sich über sie und versuchte sie zu küssen, aber sie drückte ihn mit der flachen Hand von sich und wieder in seinen Stuhl zurück.

„Du gehst ja ganz schön ran“, stellte sie trocken fest. „Hätte ich nicht von dir gedacht.“

„Und ich hätte nicht von dir gedacht, dass du so zimperlich bist, hm“, brummte Deidara beleidigt. „Wie war das, man braucht keine enge Beziehung für ein wenig Spaß?“

„Nachplappern kannst du.“ Anko war immer noch nicht fertig damit, ihn gründlich zu mustern. „Nun ja, es wäre zumindest eine Abwechslung … Aber deine Persönlichkeit sagt mir nicht so ganz zu “, sagte sie rundheraus.

Deidaras Grinsen verlor etwas von seiner Breite. „Also schön – dann lass mich dir wenigstens beweisen, dass ich muskulöser bin, als ich aussehe.“ Er hielt ihr seine Arme hin. „Willst du nicht mal fühlen?“

Anko stand betont langsam auf und setzte sich mit einem aufreizenden Lächeln auf seinen Schoß. Deidara hob überrascht die Augenbrauen. Plötzlich war sie es, die ran ging? „Du sagst mir vielleicht nicht besonders zu, aber immerhin bist du der berühmteste Dämonenjäger der Stadt. Es wäre doch schade, so eine interessante Gelegenheit verstreichen zu lassen“, schnurrte sie ihm ins Ohr. Zufrieden stellte sie fest, dass er schneller atmete. Gerade, als sich ihre Lippen beinahe berührten, zog sie sich zurück und stand wieder auf. „Allerdings macht es viel mehr Spaß, dich ein wenig zappeln zu lassen“, grinste sie.

Deidaras Ausdruck in den Augen wurde zornig. „Geht das jetzt die ganze Nacht so weiter, hm?“, schnaubte er ungehalten.

„Vielleicht?“

„Hm.“ Er stand auf auf und streckte wieder seine Arme aus. „Vielleicht überlegst du dir es ja, wenn du meine Muskeln spürst. Na?“

Diesmal tat Anko ihm den Gefallen und tastete seine Oberarme ab. Ein überraschter Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht, als sie die Unebenheiten unter dem Stoff des Anzugs spürte. „Was … Zieh das sofort aus!“, befahl sie scharf.

Deidaras Grinsen war wieder da. „Warum machst du es nicht selber?“

Anko schnappte empört nach Luft. Sie packte ihn grob am Kragen und riss den Anzug so kraftvoll auseinander, dass die Knöpfe davonsprangen. Dann zog sie ihn nach hinten weg, um seine Arme zu entblößen. Sie riss die Augen auf. Deidaras Augen funkelten triumphierend. „Was ist das?“, fauchte Anko.

„Wonach sieht’s denn aus?“

Anko schüttelte ungläubig den Kopf. Um Deidaras Oberarme waren mit einem Kabel dünne, rote Röhrchen gebunden. Sprengstoff. An der Vorderseite zweier Kästchen, die mit den Kabeln verbunden waren, waren kleine Ziffernblätter angebracht, auf denen leise tickend Zeiger im Kreis liefen. „Was zum Teufel hast du vor? Was soll das Theater?“

„Tja, wie soll ich das sagen …“ Deidara tat, als würde er überlegen, während die Uhren tickend weiter abliefen. Er stellte zufrieden fest, wie Anko Schweiß auf die Stirn trat. „Ich hab dich verarscht, kurz gesagt.“

„Was ist das?“, wiederholte Anko eine Spur schärfer.

„Das“, sagte Deidara mit einem Grinsen, „sind meine Muskeln. Und sie sind knapp vor dem Explodieren.“ Er machte eine Kunstpause. „Du wirst doch wohl gemerkt haben, dass es Zeitbomben sind.“ Er warf einen kurzen Blick auf die Ziffernblätter. „In acht Minuten gehen sie hoch. Also, so leid es mir tut, das mit uns wäre nie was geworden. Zumindest nichts, was Bestand hätte. “ Er zuckte bedauernd mit den Achseln.

Ankos Unglauben wuchs mit jeder Sekunde. „Du hast … Sprengstoff … auf deine Arme …?“

„Jep. Deine Weißen Richter sind wirklich Flaschen. Wenn sie nur unter den Achseln nach Waffen suchen, sind sie selbst schuld, wenn sie in die Luft fliegen. Die Bomben haben genug Sprengkraft, um das ganze Lager hochzujagen.“ Deidara machte eine weit ausholende Geste und lachte. „Und du warst noch dazu so nett, mich genau in die Mitte eures Lagers zu bringen.“

„Hast du das alles geplant?“, fragte Anko, die sich äußerlich wieder gefasst hatte.

„Nein, aber ich bin ein Improvisationstalent. Weißt du, ich bin nicht der einzige, der aus diesen verdammten Bergen raus will. Ich hab da noch vier Leute, die ich rausbringen soll. Mir reicht‘s, wenn du mir einen eurer Geländewagen gibst. Und freies Geleit, versteht sich.“

„Warum sollte ich dich nicht einfach erschießen lassen?“, murmelte Anko zornig.

„Weil du dich damit nur noch schneller in die Luft jagen würdest?“, schlug Deidara gut gelaunt vor. „Und wenn du mich zuerst gewaltsam aus dem Lager zerren willst, werd ich die Bomben einfach selbst auslösen. Gib’s auf. Du hast selbst gesagt, dass du lauter Burschen hier im Lager hast, die noch grün hinter den Ohren sind. Falls kein echter Sprengstoffexperte darunter ist, kriegst du die Dinger nie von mir ab. Und mit echter Sprengstoffexterte meine ich einen von meinem Kaliber, und Sprengstoff ist schließlich mein Leben, meine eigene Kunstrichtung, hm.“

Hinter Ankos Stirn ratterten die Zahnräder. Was sollte sie tun? Das war ihr noch nie passiert, einfach so getäuscht zu werden … Noch dazu von einem Mann! Sie knirschte mit den Zähnen. „Also nochmal, was willst du?“

Deidaras Grinsen wurde noch breiter. „Freies Geleit und einen fahrbahren Untersatz für fünf Personen. Das reicht.“

Anko überlegte noch einen Moment, dann nickte sie. „Also schön, einen Wagen können wir verkraften.“
 

Die anderen Weißen Richter wurden mehr als hektisch, als sie von Deidaras Tat hörten – und vor allem von den Bomben, die an seinen Armen tickten. Binnen Kürze wurde ein alter, klappriger Käfer an den Rand des Lagers gebracht, an den eine geschotterte Straße mündete. Dann wurden Naruto, Sasuke, Sakura und Kimimaro – Anko zog die Augenbrauen zusammen, als sie ihn erkannte – durch das Lager gebracht, wobei mehr als einer der Weißen Richter aussah, als würde er im nächsten Moment durchdrehen und sie über den Haufen schießen; Deidara hoffte inständig, dass diese Frischlinge wenigstens ein bisschen Nervenstärke hatten.

Die ganze Aktion war schlicht und ergreifend wahnsinnig gewesen, aber vielleicht war es an Deidaras Ego gelegen, dass er die nötige Zuversicht geschöpft hatte, lebend wieder das Lager zu verlassen, mit seinen Kumpanen im Schlepptau. So stiegen sie unbehelligt in den Käfer. Bevor Kimimaro den Motor anließ, beugte sich Deidara aus dem Beifahrerfenster und rief Anko zu: „Übrigens – dein Zabusa ist wirklich tot. Ein ziemlich heftiger Dämon mit einer fetten Sense hat ihn abgeschlachtet. Besser, du suchst dir einen neuen Spielkameraden, hm.“

Anko kniff die Lippen zusammen und blies die Backen auf, sagte aber nichts. Hätten ihre Augen töten können, wäre Deidaras Grinsen sofort aus seinem Gesicht gewichen.

Kimimaro ließ den Wagen anrollen und sie brausten davon. Anko drehte sich um und ging mit wehendem Mantel zu ihrem Zelt zurück.

„Anko … Was tun wir jetzt wegen ihnen?“, fragte sie einer der Weißen Richter unsicher.

„Nichts.“

„Nichts? Aber … wir könnten sie verfolgen, und …“

„Ich sagte nichts“, unterbrach sie ihn unwirsch, schlug ihre Zeltplane zur Seite und schmiss sich in einen Campingsessel. Noch nie war sie so gedemütigt worden.
 

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Sooo, das wars auch schon wieder^^

Ich weiß, das Kapitel weicht ein wenig von der typischen ABFY-Manier ab, aber ich fand den Gedanken einfach witzig: Deidara und Anko, beide dem anderen nicht abgeneigt (wohlgemerkt nur wegen Ruf und Position), aber er ist zu arrogant und sie zu verspielt, um etwas zustande zu bringen^^
 

Im nächsten Kapitel werd ich die Story mal wieder etwas vorantreiben. Es wird Zeit, dass wir diesen Arc abschließen ;)
 

ÜBRIGENS: Was ich vor langer Zeit schon angekündigt habe, ist endlich geschehen: Ich habe das erste Kapitel meiner neuen FanFic Sakura, Queen of the Dark Horizons veröffentlicht. Wer mag, schaue rein^^ Trailer ist auch vorhanden.

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/466454/277265/

Verloren

Hanabi rannte atemlos die Gasse entlang. Es hatte zu regnen begonnen, und es war immer noch stockfinstere Nacht. Ihre nackten Füße trampelten hart über das glitschige Straßenpflaster. Ihre Schuhe hatte sie verkauft; die Winterkälte hatte ihre Fersen und Zehen blau anlaufen lassen. Ihr Haar fiel ihr klatschnass ins Gesicht und erschwerte ihr Vorankommen. Ihr Zeremonienkleid bestand nur noch aus Fetzen; sie hatte die letzten beiden Wochen auf der Straße zugebracht, in einem Pappkarton neben einem struppigen, gutmütigen Hund geschlafen und in Mülltonnen nach Essen gesucht.

Nun hatte er sie gefunden. Doch es war anders, als sie es sich ausgemalt hatte.

Er rannte ihr nicht hinterher, er ging nur, schlenderte fast. Hanabi rutschte auf dem nassen Boden so oft aus oder stolperte vor Erschöpfung über ihre eigenen Füße, dass sie ihm auch so kaum entkommen konnte. Sie taumelte in eine weitere Gasse – und stand vor einer glatten Betonmauer, zu hoch, um sie zu überklettern. Dennoch versuchte sie es, nahm kräftig Anlauf …

„BLEIB STEHEN!“ Die Stimme überrollte sie wie eine Meereswelle. Mit einem Aufschrei stürzte sie bäuchlings in eine Pfütze. Als sie sich herumdrehte, war er direkt hinter ihr.

„Bruder … Warum tust du das?“, schluchtze sie mit tränenerfüllten Augen.

Neji baute sich vor ihr auf, seine Haut blau schimmernd, die Augen kalt und unwirklich. „Ich nehme mir nur, was mir gehört“, knurrte er und streckte seine Hand nach ihr aus.
 

„Wollen wir’s noch interessanter machen?“, fragte Deidara grinsend.

„Komm schon, das ist nicht mehr witzig!“, blaffte Sakura entnervt.

„Finde ich schon. Spannung ist auch eine Art Kunst, hm.“

Sie holperten den Schotterweg entlang, der sich in langen Kehren um die Felsen wand, aber es ging wenigstens wieder in Richtung Stadt. Kimimaro fuhr sehr vorsichtig; es hatte zu schneien begonnen, aber auch ohne diesen Nachschub wäre die Fahrbahn voller Schnee gewesen. „Lass es sein, Deidara“, sagte er scharf. Die Anstrengungen der letzten Tage hatten auch dem Halbdämon zu schaffen gemacht.

„Ja, mach die Dinger endlich ab!“, rief Naruto.

„Schon gut, schon gut“, maulte der Dämonenjäger. Er griff zu den Zeitbomben, die er immer noch um die Arme gebunden hatte und die mittlerweile auf vierzig Sekunden standen. Lässig schraubte er die Deckel der Wecker auf und zog jeweils einen dünnen Metallstift aus dem Gehäude. Das Ticken hörte sofort auf und er machte sich daran, die Dynamitstangen abzumontieren. Sakura atmete hörbar auf. Deidara musterte den Sprengstoff nachdenklich, ehe er ihn vor sich im Handschuhfach des Wagens deponierte. „Ihr seid nur neidisch, weil ich den besten Part hatte“, sagte er dann.

„Hm“, machte Sasuke.

„Doch, wirklich. War ganz nett, diese Weiße Richterin – ich hab ihren Namen vergessen, aber sie war ziemlich heiß.“ Deidara grinste. „Und sie war mir komplett verfallen. Wirklich, es war schade, dass ich nur so wenig Zeit hatte …“

„Vermutlich hast du ohnehin nicht mehr Ausdauer“, murmelte Sasuke trocken.

Deidara brauchte einen Moment, um die Anspielung zu verstehen. Dann drehte er sich wütend im Sitz herum und rief: „Du kleiner Bastard, sag das noch mal, und ich beweise dir, dass das Dynamit wirklich scharf war!“

„War es das denn?“, fragte Sakura.

„Klar, hm.“ Deidara nahm die Nase hoch und schloss stolz die Augen. „Ich mache keine halben Sachen, hm.“

„Du bist echt verrückt“, murmelte Sakura. Täuschte sich Naruto, oder funkelte ihn ihren Augen etwas wie Bewunderung? Er hoffte, dass er sich täuschte.

„Weißt du, meine Kleine, als Dämonenjäger muss man ein wenig verrückt sein, hm.“

Sofort verschwand das Funkeln aus Sakuras Augen und sie sah aus, als würde sie es kaum erwarten können, ihm demnächst eine reinzuhauen. „Und seit wann bin ich die Kleine?“

Deidara wollte etwas antworten, und da das unweigerlich zu einem neuen Streit geführt hätte, fragte Naruto ihren Fahrer rasch: „Nicht, dass ich es gern getan hätte, aber warum habt ihr das Lager nicht anschließend in die Luft gejagt? Das hättet ihr doch sicher auch gekonnt, oder? Ich meine, wenn Deidara einfach wo eine Granate oder noch eine Bombe versteckt hätte …“

Kimimaro ließ sich mit der Anwort Zeit. „Das hat mehrer Gründe“, sagte er. „Zum einen haben sie sich an unsere Abmachung gehalten. Ich habe nicht vor, den ewigen Krieg der Mächtigen in dieser Stadt aufzuhalten, indem ich selbst unnötig Krieg führe. Außerdem kämpfen auch die Weißen Richter gegen Dämonen. Vielleicht sind ihre Methoden schlecht, aber ihre Ziele sind es nicht. Stell dir nur mal vor, sie würden die Klänge erwischen. Ich glaube kaum, dass die Weißen Richter sich von Orochimaru bestechen lassen, seine Leute in Ruhe zu lassen. Dazu sind sie zu fanatisch. Desweiteren brauchen wir unsere Munition vielleicht noch und es wäre auch für uns riskant gewesen. Sind dir das genug Gründe?“

Naruto nickte. „Nicht dass du denkst, ich hätte ihnen gerne etwas angetan … Ich schätze, ich gewöhne mich langsam an die raue Tour.“

Eine Weile sagten sie alle nichts, während Kimimaro in der finsteren Nacht, die mit dem Schnee die Landschaft in ein monochromes Bild verwandelte, ihren Käfer schleichend langsam durch einen Kieferwald quälte. Deidara schwebte immer noch in Selbstzufriedenheit, hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt und summte vor sich hin, als Kimimaro sagte: „An alles hast du nicht gedacht, Deidara.“

„Hm?“

„Sieh mal auf’s Armaturenbrett.“

Deidara beugte sich seufzend zu ihm hinüber und sah es sofort. „Ich weiß. Ist mir schon seit längerem aufgefallen. Die Anzeige ist kaputt.“

„Es ist nicht bloß die Anzeige, fürchte ich“, murmelte Kimimaro düster. Er kurbelte das Fenster hinunter und sah nach hinten. Das Auto zog eine nasse Spur durch den matschigen Schnee.

„Was ist denn los?“, fragte Naruto unbehaglich.

„Ich wusste es“, sagte der Halbdämon grimmig. Kurz darauf begann der Motor zu stottern, dann gurgelte er – und plötzlich stand der Wagen still. Kimimaro seufzte. „Wir haben kein Benzin mehr.“

Was?!
 

„Dein Vermieter, sagst du?“, hakte Shikamaru nach.

Ino nickte.

Sie saßen im neuen Geheimversteck der Schattenwölfe; einer leerstehenden Eigentumswohnung, in die sie kurz nach ihrem Zusammenschluss eingebrochen waren. Mittlerweile hatten sie sich schon ziemlich häuslich eingerichtet. Es gab kaum Möbel, nur einen Tisch und zwei Fauteuil vor einem Kamin, in dem sie ein Feuer entzündet hatten. Außerdem hatten sie für jedes Bandenmitglied neue Matratzen zum Schlafen organisiert, die sie überall im Erdgeschoss verteilt hatten; die Treppe in den ersten Stock war uralt und so morsch, dass sie sie nicht betreten wollten. Es war ein kurzer Streit zwischen Kiba und Shikamaru entstanden, weil ersterer einen Fernseher oder zumindest eine Stereoanlage anschaffen wollte und letzterer ihr Geld noch für andere, gewinnbringendere Investitionen aufsparen wollte. Das Problem hatte sich von alleine gelöst, als sie bemerkt hatten, dass es in dem Haus keinen Strom gab.

Draußen war ein Gewitter losgebrochen; im strömenden Regen hatte Idate völlig durchnässt und abgekämpft die beiden Plastiksäcke zurückgebracht, zusammen mit Tsunades Gorilla, mit dem offensichtlich die Nerven durchgegangen waren, denn er entschuldigte sich vielmals. Sie hatten den Deal abgewickelt, einen Termin für die zweite Übergabe vereinbart und waren dann durch das Regenwetter hierhergelaufen. Ino hatten sie für den Weg die Augen verbunden. Hier drin war es wenigstens wohlig warm.

„Hier, bitte“, sagte Temari und reichte Ino eines der Würstchen, die sie über dem Feuer brieten. Für Konohamaru hatten sie Marshmallows besorgt.

„Danke“, sagte Ino, nahm aber keinen Bissen. Nach einer Weile, in der sie mit angezogenen Beinen am Boden gehockt war und auf den Teppich gestarrt hatte, sagte sie: „Unser alter Vermieter ist gestorben. Er wurde erschossen von so ein paar Typen, die … Ich glaube, Hina… also, meine Mitbewohnerin, sie nannte sie Weiße Richter. Jedenfalls war er ein alter Griesgram, ein richtiges Aas. Um ihn ist es nicht schade“, behauptete sie. Ihre Miene wurde eine Spur finsterer und sie stützte das Kinn auf ihre Knie. „Aber der, dem jetzt das Haus gehört … Er ist tausendmal schlimmer.“ Sie verstummte für eine Weile. Man hörte nur das Knistern der Flammen und das Schnarchen des überlebenden Söldners. Sie hatten den Mann gefesselt und hierhergebracht; später wollten sie überlegen, was sie weiter mit ihm anstellten. Er litt noch immer ein wenig an den Nachwirkungen des Spinnenbisses und schlief mittlerweile tief und fest.

„Er heißt Assei“, fuhr Ino mit einem tiefen Seufzer fort. „Er war wohl irgendwie mit unserem alten Vermieter verwandt, sein Sohn oder Enkel oder Neffe oder was weiß ich. Vielleicht hat er sich das Haus auch einfach unter den Nagel gerissen. Aber er ist ein Tyrann … Ja, ein Tyrann! Er verlangt Unmengen an Miete, wöchentlich, und die Reparaturen für das zerschossene Zimmer sollen wir auch noch bezahlen … Ich versuche seit eineinhalb Wochen verzweifelt, einen gut bezahlten Job zu finden, ohne Erfolg. Weil dieser dämliche Idiot Naruto mich um meinen alten Job gebracht hat!“ Inos Stimme war immer lauter geworden.

„Das ist alles?“, fragte Kiba. „Nur ein Typ, der dir auf den Senkel geht? Wegen dem willst du in Tsunades …“

Shikamaru legte ihm die Hand auf die Schulter und er verstummte. Ino sah ihn verbittert an. „Du hast ja keine Ahnung“, murmelte sie. „Assei ist nicht einfach ein Typ. Er hat eine ganze Bande, einen Haufen Schlägertypen. Wenn Hinata und ich uns zur Wehr setzen, wer weiß, was die uns antun. Einmal sind sie in der Nacht sturzbetrunken in unser Zimmer eingebrochen, um …“ Ino sprach nicht weiter, aber es war nicht nötig. Shikamaru schauderte leicht. „Zum Glück hat Hinata schon gesehen, wie sie die Treppe herauf getorkelt sind, also hab ich sie mit einer Bratpfanne empfangen. Ich hab sie mit Müh und Not wieder nach draußen befördert. Als ich mich bei Assei beschwert habe, hat er einfach nur gelacht.“

„So ist das also“, sagte Shikamaru leise und nahm einen Zug von seiner Zigarette. „Dieser Assei terrorisiert euch also, kurz gesagt?“

Ino nickte. „Seine Bande ist ein Haufen Schweine und ich bekomme das Geld, das er verlangt, niemals zusammen. Früher hätte sich das niemand bei Hinata erlaubt. Sie stand unter dem Schutz der Hyuuga-Familie. Aber da die jetzt weg sind … Und da ich jetzt entstellt bin, kann ich nicht einmal für Tsunade arbeiten. Es war das letzte, was mir eingefallen ist …“ Man sah Ino an, dass sie gegen die Tränen ankämpfte.

Temari legte ihr tröstend den Arm um die Schulter. „Wie ist denn das passiert?“, fragte sie.

„Es ist alles Narutos Schuld“, murmelte die junge Frau. „Weil er Zaku nicht gleich erledigt hat, haben die Klänge Ichiraku’s Paradise verwüstet. Einer von ihnen hat mich mit seinem Schläger am Rücken erwischt. Seitdem kann ich auch nicht mehr tanzen; wenn ich mich zu sehr bewege, tut mir sofort die Wirbelsäule weh.“

„Du solltest zu einem Arzt gehen“, meinte Choji.

Ino lachte bitter. „Ach ja? Hast du eine Ahnung, was das kostet? So einen Luxus wie Krankenkassen gibt’s hier ja leider nicht.“

Shikamaru warf die fast aufgerauchte Zigarette ins Kaminfeuer und deutete auf den gefesselten Mann, der in der Ecke vor sich hin schnarchte. „Und du hast diese Söldner angeheurt, weil du unser Geld wolltest?“

Ino knetete ihre Hände. „Ja und nein … Ich habe unabsichtlich gelauscht, als ihr bei Tsunade wart. Ihr wisst schon, als ihr wegen der Drogen verhandelt habt. Dann habe ich euch über Naruto reden gehört. Ich hab die zwei angagiert, um euch zu zwingen, mit mir zu verhandeln; ich wollte etwas von eurem Geld, um uns von Assei freizukaufen. Und ich wollte Naruto heimzahlen, was er mir angetan hat. Es war wohl wirklich ein Fehler, den Söldnern den zweiten Teil von eurem Geld zu versprechen …“ Sie schwieg betreten. „Tut mir leid“, flüsterte sie dann. „Aber mir ist sonst nichts mehr eingefallen.“

Als sie nun absolut nichts mehr sagte, stand Shikamaru auf, bedeutete Kiba mitzukommen und ging auf den Flur hinaus. Temari zögerte einen Moment, dann folgte sie den beiden.

„Was tun wir mit ihr, was meinst du?“, fragte Shikamaru gedämpft.

„Ich weiß nicht. Sie kommt mir ziemlich … keine Ahnung … falsch vor. Ich weiß nicht, ob wir ihr trauen sollten.“

Shikamaru nickte. „Sie hat uns immerhin die Söldner auf den Hals gehetzt.“

„Wir können sie doch nicht einfach wieder auf die Straße setzen“, murmelte Kiba kaum hörbar. „Das würde Sakura sagen, wenn sie hier wäre. Aber sie hat schon Recht, das Mädchen tut mir leid.“

„Ich finde auch, dass wir ihr helfen sollten“, sagte Temari. Ehe Shikamaru etwas entgegnen konnte, fragte sie Kiba: „Naruto war doch bei dir in der Clique, oder?“

Kiba nickte.

„Was meinst du? Sind wir für das verantwortlich, was er Ino eingebrockt hat?“, fragte Shikamaru sie.

„Ich finde, wir sollten wenigstens ein bisschen solidarisch sein“, sagte Temari.

Der Anführer der Schattenwölfe überlegte für ihren Geschmack eine Spur zu lange, also fügte sie hinzu: „Wir könnten sie wenigstens ein bisschen unterstützen. Immerhin haben wir dank ihr jetzt zwei nagelneue AK-47.“

Shikamaru seufzte ergeben. „Du musst auch wirklich immer solche Umstände machen. Das ist so anstrengend.“

„Danke, mein Braver“, lächelte Temari und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange.

„Wie viel schuldest du Assei?“, fragte Shikamaru, als sie wieder im Wohnraum waren.

„Pro Woche verlangt er dreihundert“, sagte Ino. „Aber wir sollen auch noch die viertausendzweihundert für die alte Wohnung aufbringen …“

Shikamaru nickte. „Naruto Uzumaki ist kein Mitglied unserer Bande mehr. Wenn man es genau nimmt, war er nie ein Mitglied der Schattenwölfe, unserer jetzigen Bande. Aber wir bezahlen dir die Miete für diese Woche. Du kannst heute Nacht noch hier bleiben, morgen werden dir Temari und Sora die Augen verbinden und zu dem Schuppen zurückbringen. Ich wünsche dir noch viel Glück bei deiner Jobsuche. Vielleicht findest du noch etwas.“

Ino nickte, wirkte aber traurig.
 

Anko lachte schallend. „Du hast was?“

Der junge Weiße Richter grinste ein breites Raubtiergrinsen und entblößte eine Reihe spitzer Zähne. „Ich dachte mir, wir sollten uns von ihnen nicht so verarschen lassen. Also hab ich ihren Tank aufgebohrt. Sie werden jetzt irgendwo gar nicht weit von uns in der Wildnis festsitzen und sich schwarz ärgern.“

Anko lehnte sich mit einem befreiten Seufzer in ihrem Campingstuhl zurück. „Das hättest du mir ruhig vorher sagen können.“

„Ich wollte Sie überraschen“, grinste der Junge.

Auch Anko grinste, als sie sich nach vor beugte und ihm sein schlohweißes Haar zerwuschelte. „Du gefällst mir, Kleiner. Wie heißt du?“

„Suigetsu.“

„Dann seid ihr Neuen wohl doch nicht alle Flaschen. Bereitet alles vor, wir werden diesen Unglücksraben nachfahren und sie gehörig aufmischen!“

„Jawohl!“ Suigetsu stand auf und wollte ihr Zelt verlassen, als plötzlich ein anderer Weißer Richter hereinstürmte.

„Anko!“, rief er aufgeregt.

„Was ist denn nun wieder?“

„Wir haben einen Funkspruch erhalten! Von Zabusa! Er lebt, aber er steckt noch in der Villa fest!“

Anko starrte ihn entgeistert an, dann sprang sie auf und lief ihm nach.

„Was ist jetzt mit den Typen, die uns verarschen wollten?“, rief Suigetsu ihr nach.

„Zum Teufel mit denen! Seht zu, dass ihr alle verfügbaren Einheiten zur Villa bekommt!“

Rückkehr nach Akuma Gakure

„Was kann ich denn dafür, hm?“

„Du hättest nachsehen können, ob sie ein Loch in den Tank gebohrt haben! War doch klar, dass sie uns nicht so einfach davonkommen lassen!“

„Das wäre dir genauso passiert, hm!“

„Und du hättest einen Reservekanister Benzin verlangen können!“

„Der bringt gar nichts, wenn der Tank ein Loch hat, hm!“

Naruto seufzte. Er war es leid, Deidara und Sakura beim Streiten zuzusehen. Das ging jetzt schon seit Minuten so. Er überlegte, ob er Kimimaro folgen sollte, der in den Schatten des Waldes verschwunden war, überlegte es sich dann jedoch anders und ging zur Heckklappe, wo Sasuke lehnte. Der Mafioso steckte sich soeben eine Zigarette an.

„Du rauchst?“ Naruto klang fast ein wenig vorwurfsvoll.

Sasuke betrachtete die glühende Spitze, die einzige Lichtquelle weit und breit. „Eigentlich nicht“, sagte er. „Aber ich habe mal gehört, es hilft gegen die Kälte.“

Jetzt, wo er das anprach, fiel Naruto erst auf, wie kalt es wirklich war. Er fragte sich, warum Sasuke nicht wieder ins Wageninnere stieg; sie hatten zwar kein Benzin mehr, aber die Batterie hatte noch Strom und die Heizung funktionierte soweit. „Und wenn wir uns einfach einen anderen Wagen besorgen? Was meinst du?“, fragte er halbherzig.

Sasuke machte ein abfälliges Geräusch. „Die würden auf uns schießen, kaum dass sie uns sehen.“

Ein lautes Bersten und Krachen ließ sie herumfahren. Es kaum aus dem Waldstück, in das Kimimaro verschwunden war. Naruto machte ein paar Schritte und erkannte, dass ihr Freund seine Dämonenform angenommen hatte. In der Hand hielt er ein Knochenschwert, mit dem er soeben wieder ausholte.

Holz splitterte, als er es so wuchtig knapp über dem Waldboden gegen einen Baum schlug, dass der Stamm in einem durch geschnitten wurde. Krachend fiel der Baum um erzeugte eine Schneewolke. Kimimaro wiederholte das Manöver noch einige Male, dann kam er schwer atmend und kraftlos zum Wagen zurück. Naruto erkannte, dass er eine Schneise in den Wald geschlagen hatte; außerdem ging es an dieser Stelle bergab. Weiter unten konnte er im schwachen Mondlicht den Schotterweg ausmachen, der sich in Serpentinen um die Felsen wand.

„Was hast du vor?“, fragte Sasuke und warf seine Zigarette in den knöchelhohen Schnee.

„Da unten geht die Straße weiter. Ihr helft mir das Auto in den Wald zu schieben, bis es von alleine rollt. Dann springt ihr ein und wir lassen es enfach weiterlaufen. Bis zur Stadt geht es hoffentlich nur noch bergab. Die größte Hürde ist, es über die Baumstümpfe zu bekommen, aber mit ein bisschen Glück und Schweiß schaffen wir das.“

„Ist das nicht ziemlich riskant?“, fragte ausgerechnet Deidara, der endlich mit dem Streiten fertig war.

„Nicht riskanter, als mit Bomben an den Armen in ein feindliches Lager zu marschieren“, sagte Kimimaro mit einem schiefen Blick auf ihn.

„Na gut, dann tun wir’s. Was haben wir zu verlieren?“, fragte Naruto.

„Du meinst, außer unser Leben?“, meinte Sasuke sarkastisch.
 

Orochimarus Anwesen war total verwüstet worden. Der komplette linke Flügel des Herrenhauses war in sich zusammengebrochen und nur noch ein Trümmerhaufen. Als die Weißen Richter vorsichtig durch die ramponierte Eingangshalle traten, quollen ihnen Schutt und Steine aus dem linken Flur entgegen. Sie schafften die größten Brocken zur Seite, dann sah Anko ihn: Zabusa lag unter einem schweren Betonblock eingeklemmt, mit einem Funkgerät in der Hand. Um ihn herum sahen sie die zerstückelten Leichen der anderen Weißen Richter. Auch Zabusa hatte mehrere Schnittwunden, aber sie sahen nicht tödlich aus. Als er seine Kollegen arbeiten hörte, hob er mühsam den Kopf und blinzelte Anko an. „Wir haben versagt“, sagte er mit rauer, ausgetrockneter Stimme, während die Weißen Richter begannen, ihn zu befreien.

Von dem Dämon, der das alles angerichtet hatte, fehlte jede Spur.
 

Der Morgen war angebrochen, und Ino war immer noch nicht zurück. Es war zwar nicht ungewöhnlich, dass sie in letzter Zeit länger ausblieb, aber ihre Eskapaden wurden allmählich immer gefährlicher und auf ihrer Suche nach Geld grub sie sich in Schichten der Unterwelt, die man besser in Ruhe ließ. Für Hinata reichte dieser Umstand aus, dass sie sich Sorgen machte.

Während die Sonne über die Hochhäuser dieses Stadtteils blinzelte und den Regen der Nacht sowie die übriggebliebenen, matschigen Schneepfützen in einem schimmernden Nebel verdampfen ließ, tätigte das Mädchen ihre Morgeneinkäufe mit dem bisschen Geld, das Assei ihnen gelassen hatte. Als sie vor der Kasse stand und wartete, bis die gelangweilte Kassierin ihr Obst und das Frühstück über den Scanner zog, hatte Hinata ihre Byakugan-Augen aktiviert und beobachtete damit den bulligen Mann, der mit lässig verschränkten Armen neben der Schiebetür am Eingang des Supermarkts stand und sie nicht aus den Augen ließ. Es war nicht so, dass er ein Fremder war, aber er machte sie dennoch ununterbrochen nervös.

Nachdem Assei, ihr neuer Vermieter, herausgefunden hatte, dass Ino die einzige in ihrer WG war, die arbeitete, hatte er auch ihr das Beschaffen ihres Geldes aufgetragen. Hinata war in seinen Augen zu schüchtern, um bei einem Vorstellungsgespräch Erfolg zu haben. Und damit Ino nicht auf die Idee kam, unterzutauchen, hatte Assei einen seiner Gorillas abkommandiert, Hinata überallhin zu begleiten. Er war zu ihrem Schatten geworden; leider zu einem, der auch ab und zu seine herablassende Meinung zu diesem und jenem äußerte. Früher, als die Hyuuga-Familie Hinata noch Geld zukommen hatte lassen, hätte es niemand gewagt, ihr einen Schläger als Aufpasser zuzuweisen, aber nun, da die Familie zerbrochen war, war das anders.

Hinata verließ den Supermarkt zögerlich, während sie überlegte, ob sie alles beisammen hatte. Ihr Aufpasser, der, breitschultrig, wie er war, nur alleine durch die Schiebetür gehen konnte, folgte ihr auf Schritt und Tritt, als sie langsam die Straßen entlang schlenderte.

Während Hinatas Gedanken zu Naruto abglitten und sie sich fragte, wie es ihm wohl ging und wo er war, bog vor ihr mit bedeutungsschweren, langsamen Schritten eine Person um die Ecke, die sie hier nie erwartet hätte.

Es war Neji. Hinata blieb überrascht stehen. Ihr Begleiter runzelte die Stirn. „He, Penner“, blaffte er. „Zieh dir gefälligst was an, wenn du durch die Straßen spazierst!“

Hinata starrte ihren Bruder mit offenem Mund an. Es war nicht der Umstand, dass er, wie Asseis Schläger bemerkt hatte, völlig nackt war, der sie stocken ließ. Seine Haut schimmerte bläulich und darunter schien etwas wie weiße Schlieren zu schwimmen, wie Sonnenlicht, das sich auf Wasserwellen brach. In seiner Brust pulsierte regelmäßig ein heller Lichtball. Seine Augen glühten.

„Es fehlt nur noch eine.“ Neji murmelte leise, aber wie durch einen Verstärker schien seine Stimme zu dröhnen und sich zu überschlagen. Hinata war immer noch unfähig, sich zu rühren. War das wirklich ihr Bruder? Neji ging mit langsamen Schritten auf sie zu.

„Hau ab, Spargelspacko, oder hast du ein Problem?“ Hinatas Aufpasser baute sich drohend vor ihm auf; ein Berg von einem Mann. Er überragte Neji um über einen Kopf und musste mehr als das Doppelte auf die Wage bringen als er. Seine Armmuskeln wirkten groß genug, um Neji mit einer spielerischen Bewegung sämtliche Gliedmaßen brechen zu können.

Als Neji nicht antwortete, packte der Schläger ihn grob an der Schulter und riss ihn herum. „Bist du schwerhörig?“

Wie beiläufig stieß Neji die flache Hand gegen die Brust des Gorillas. Der Mann riss die Augen auf, als sein Herz sich verkrampfte. Er presste die Hand gegen die Brust und wankte. Mit einem Ächzen brach er zusammen, die Augen verdreht, sodass man nur noch das Weiße sah. Aus seinem Mund lief ein Speichelfaden.

Neji kam unbeiirt auf Hinata zu, die zurückwich, bis sie die Wand im Rücken hatte. „Was … willst du?“, piepste sie.

„Was mir gehört.“ Neji streckte die Hand aus. Hinata zuckte zusammen, doch er berührte sie gar nicht. Kurz vor ihrem Gesicht spreizte er die Finger. Ein gleißend helles Licht flackerte vor Hinatas Augen auf und ein glühender Schmerz dahinter. Es fühlte sich an, als würden Nadeln in ihren Augäpfeln stecken. Sie schrie auf – und dann war es vorbei.

Hinata glaubte zuerst, das Bewusstsein verloren zu haben. Es war völlig finster um sie herum. Dann jedoch hörte sie Neji, wie er sich umdrehte und mit bloßen Füßen davon tappte. Zitternd vor Angst betastete Hinata ihre Augen, dann den Rest von ihrem Gesicht. Mit wankenden Füßen tastete sie sich an der Wand entlang. Der schwarze Nebel vor ihren Augen klärte sich gerade so weit, dass sie undeutlich sehen konnte, wohin sie lief. Atemlos rannte sie los, stumme Tränen weinend und voller Entsetzen über das, was gerade geschehen war.

Hoffentlich war Ino endlich wieder zu Hause …
 

Sie hatten vier Stunden geschlafen, mehr nicht. Bei voll aufgedrehter Heizung hatten sie es sich auf den zerschlissenen Sitzen des Autos bequem gemacht – so gut dies möglich war. Naruto war immer wieder aufgewacht. Einmal hatte er bemerkt, dass Sakura im Schlaf ihren Kopf auf seine Schulter gelegt hatte, ohne es zu merken. Zuerst war ihm das Blut in den Kopf geschossen, dann hatte er aber beschlossen, sie nicht zu wecken und war kurz darauf wieder eingenickt.

Als die Sonne aufging, weckten Naruto ihre kitzelnden Strahlen. Nach und nach wachten auch die anderen auf, stiegen aus dem Wagen in die Kälte und streckten ihre verspannten Glieder.

Sie hatten in der vergangenen Nacht eine holprige Fahrt hinter sich gebracht. Das Auto war mehrmals stehen geblieben und sie hatten es bis zum nächsten abschüssigen Wegstück schieben müssen, aber der Großteil des Weges lag nun hinter ihnen. Die letzten Felsen und der Schnee waren verschwunden und auf einer langen Gerade hatten sie sich schlafen gelegt. Nun erkannten sie, dass sie nur wenige Meter vom Waldrand entfernt waren, und von dort konnten sie die dunstige Skyline von Akuma Gakure sehen. Ein Lächeln breitete sich auf Narutos Gesicht aus. Sie hatten es geschafft.

Übernächtigt, aber guter Stimmung setzten sie das letzte Stück zu Fuß fort. Sie kamen sogar auf dieselbe Straße, die ins Gebirge führte und auf der sie vor zwei Tagen nichts ahnend zum Maskenball gefahren waren.

„Endlich“, murmelte Sasuke, als sie die ersten Gebäude passierten. Die Straße war wie ausgestorben.

„Eigentlich sollte man uns jetzt Rosenblätter auf den Weg streuen, Spalier stehen, jubeln und uns wie Helden empfangen“, sagte Deidara trocken.

„Deidara-senpaiiii!“, ertönte eine schrille Stimme.

Deidara seufzte tief und vergrub das Gesicht in der Hand. „Mir bleibt echt nichts erspart.“

Tobis Maske blitzte im Hof einer Autowerkstatt auf. Hier hatten sie den Maskierten zurückgelassen, als sie sich den Van besorgt hatten.

„Hast du etwa zwei Tage lang hier auf uns gewartet, hm?“, fragte Deidara ungehalten, als Tobi ausgelassen um ihn herumtanzte.

„Oh ja, Tobi ist sehr loyal!“, piepste das Männchen.

Sakura beugte sich zu Naruto. „Wer ist das?“, flüsterte sie ihm zu.

„Gute Frage“, murmelte er. „Er hängt immer wie eine Klette an Deidara. Aber Kimimaro will nicht, dass er uns begleitet, wenn es gefährlich werden könnte.“

„Habt ihr eine Idee, wohin wir jetzt gehen?“, fragte Sasuke, der tiefe Ringe unter den Augen hatte.

„Wir sollten irgendwo eine Unterkunft mieten“, meinte Kimimaro. „Schlafen wir und erholen wir uns für ein paar Tage, bevor wir eine neue Aktion starten.“

„Gute Idee.“ Naruto gähnte demonstrativ.

„Warum kommt ihr nicht mit mir mit?“, fragte Sakure nach kurzem Überlegen. „Bis zu unserem Versteck ist es zu Fuß zwar eine Stunde, aber …“

„Du meinst, zu Kiba und den anderen?“, fragte Naruto erfreut. Er hatte nichts dagegen, seine Freunde wiederzusehen.

„Vergiss es“, sagte Kimimaro ruppig. „Wir werden auf keinen Fall mit noch mehr Leuten Kontakt aufnehmen. Es weiß schon bald die halbe Stadt, was wir vier vorhaben.“

„Ich bin auch nicht scharf darauf, mit schmutzigen Straßenkids meine Zeit zu vergeuden“, fügte Sasuke hinzu.

„Wie ihr meint“, sagte Naruto und stemmte herausfordernd die Hände in die Hüften. „Aber wenn ich mich recht erinnere, sind wir ziemlich abgebrannt, oder?“

Niemand antwortete, aber die Stille bedeutete Genugtuung für Naruto. Ihr letztes Geld war für ihre Waffen draufgegangen und für die Einladungen zum Maskenball, die sie den Geladenen abekauft hatten.

„Shikamaru lässt euch sicher umsonst bei uns übernachten“, sagte Sakura und mit einem säuerlichen Blick in Sasukes Richtung fügte sie hinzu: „Und abgesehen davon, dass ein Rattenloch sauberer wäre als unsere Unterkünfte in den letzten Nächten, ist es bei uns sehr gemütlich. Alles, was ihr tun müsst, ist, euch die Augen zu verbinden, damit ihr den Weg nicht seht.“

„Soweit kommt’s noch!“, empörte sich Deidara.

„Ein bisschen Würde möchte ich mir bewahren“, murmelte Sasuke und auch Naruto fühlte sich ein wenig pikiert. Sie könnte ihm ruhig vertrauen.

Sakura schien das dann ebenfalls einzusehen, denn sie zuckte nur mit den Schultern und ging ihnen voraus.
 

„Ihr wisst, warum ich euch habe rufen lassen?“ Nur Orochimarus Silhouette war sichtbar, da hinter ihm durch die Fenster goldenes Licht fiel und ihn wie einen Feuerkranz umgab.

„Geht es um das Anwesen in den Bergen?“, fragte Sakon. Die Klänge knieten wie üblich auf dem blanken Marmorboden vor ihm.

„Es ist völlig verwüstet worden und zur Hälfte eingestürzt.“ Orochimaru hob nachdenklich den Kopf und Sakons scharfe Augen machten seine Zunge aus, die über seine Zähne leckte. „Der Dämon, der das getan hat, muss ja sehr mächtig gewesen sein“, stellte Tayuya fest.

Orochimarus Grinsen blitzte kurz auf. „Es war Hidan.“

Die Klänge schwiegen.

„Sollen wir ihn aufspüren und erledigen?“, fragte Sakon dann.

„Nein.“ Orochimaru drehte sich herum und bedeutete ihnen, ihm zu folgen. Sie gingen in einen kleinen Vorführungsraum auf der rechten Seite. Der Boden war schwarzweiß gefliest, ein großer Plasmabildschirm beherrschte die Wand. „Dieses Video stammt von einer der Überwachungskameras in der Villa.“ Er deutete auf die Kassette, die unterhalb des Bildschirms in einem Rekorder steckte. „Ein Bediensteter, der überlebt hat, hat es retten können und mir geschickt.“

Das Band war in einem sehr schlechten Zustand. Das Bild war körnig und schwarzweiß und immer wieder verwackelt, wie es bei alten Bändern oft der Fall ist. Es zeigte einen der vielen Gänge des Anwesens. Man sah Menschen flüchten, kurz bevor sie von kaum sichtbaren Klingen in Stücke gehackt wurden. Dann sah man zwei junge Gäste den Gang entlangstürmen. Einer davon hatte offenbar seine Maske verloren.

Kidoumaru kniff die Augen zusammen. „Ist das nicht …“

„Naruto Uzumaki. Der Fuchsjunge, genau“, sagte Orochimaru. „Aber es wird noch interessanter.“

Jetzt sah man den Dämon Hidan durch den Gang fliegen. Ihm folgten mehrere bewaffnete Männer, die auf ihn feuerten. „Meine Villa ist anscheinend zu einem Schlachtfeld der verschiedensten Mächten in Akuma Gakure geworden“, kommentierte Orochimaru und klang amüsiert. Da jetzt länger nichts passierte, spulte er das Band vor. Schließlich tauchte eine Gruppe von Personen auf, die sich schleichend voranbewegten, aus der Richtung, in die Hidan zuerst geflogen war. Sie erkannten den Fuchsjungen wieder und das Mädchen von vorhin, der andere war ein Mann mit langen, zu einem Zopf gebundenen Haaren, mit dessen einem Auge etwas nicht stimmte, genau konnte man es nicht sagen. Die drei trafen sich gerade am Rand des Bildes mit jemand anderem, der nicht zu sehen war.

Die Klänge warteten ungeduldig, bis die Person vor die Linse trat.

Es gab eine Bildstörung und man sah für einen Moment nur etwas, das wie ein Ameisenkrieg aussah. Kurz darauf sah man für einen Augenblick die Personen alle in annähernd der Bildmitte stehen, vor einer offenen Tür, ehe sie herumwirbelten und davonliefen. Kaum zwei Sekunden später flog Hidan vorbei, ihnen auf den Fersen.

„Das war zu schnell“, sagte Jiroubu.

„Für dich vielleicht, Fettarsch“, kommentierte Tayuya spitzzüngig.

Orochimaru spulte zurück und ging auf Standbild, sodass man die fünf sehen konnte, wenn auch unscharf. „Hier haben wir Kimimaro, eindeutig.“ Er deutete auf den Halbdämon. „Ich werde unsere Sicherheitsmaßnahmen verschärfen, wenn es ihm so leicht gefallen ist, zu diesem Ball zu kommen.“

„Verstehe“, knurrte Sakon. „Dann ist der Typ mit den langen Haaren sicher dieser Dämonenjäger, mit dem er angeblich abhängt.“

„Das ist richtig. Aber am interessantesten ist dieser hier.“ Orochimaru zeigte auf den fünften im Bunde. Auch er hatte seine Maske nicht mehr auf.

Die Klänge kniffen die Augen zusammen. Sakon bemerkte es als erstes. „Teufel! Das ist doch nicht etwa …“

„Der Kerl war bei der Sharingan-Familie, als wir ihnen einen Besuch abgestattet haben“, grollte Jiroubu.

„Er war nicht nur bei ihnen, er ist einer der Sharingan-Leute!“, korrigierte Sakon. „Aber wollen die Kimimaro nicht auch ans Leder?“

„Das Video zeigt etwas anderes“, sagte Orochimaru. „Er, Kimimaro und der Fuchjunge arbeiten Hand in Hand. Sie haben sich gegen uns verschworen.“

„Ich glaub’s nicht“, murmelte Tayuya. „Die haben uns ganz schön gelinkt.“

„Ich weiß nicht“, murmelte Kidoumaru. „Vielleicht ist das hier nur eine Spielerei? Das beweist noch nichts. Und wenn der Typ seine Familie verlassen hat?“

„Das wäre aber äußerst unfein für einen Mafioso“, sagte Orochimaru und schaltete den Bildschirm ab, sodass die Klänge nun ihm wieder ihre Aufmerksamkeit zuwandten. „Der Mann, der uns das Video geschickt hat, hat mich wissen lassen, dass Zaku getötet wurde. Und um seine Leiche war das Symbol der Sharingan-Familie aufgemalt. Es ist zu viel des Zufalls, dass einer der Sharingan-Leute an diesem Ort war und mit Kimimaro spricht.“

„Und wenn es nur eine gemeinsame Flucht war?“ Kidoumaru war immer noch nicht überzeugt und wagte es sogar zu widersprechen, aber Orochimaru nahm es ihm nicht übel, sondern schüttelte nur langsam, aber bestimmt den Kopf.

„Es gibt noch andere Berichte. Laut einem anderen Überlebenden hat dieser Mann den Ball an der Seite von Kimimaro und dem Fuchsjungen verbracht und ist nicht nur mit ihnen zusammen geflohen. Das beweist es endgültig.“

Die Klänge schwiegen für einen Moment. „Was verlangt Ihr von uns, zu tun?“, fragte Sakon.

Orochimaru lächelte böse.
 

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So, wieder ein Kapitel ohne wirkliche Action. Ich will mich dafür entschuldigen, aber es geht leider nicht anders. Bei den älteren Kapiteln war es einfach, Naruto einfach von einer Fraktion zur nächsten stolpern zu lassen, und dann nach Bambam und Action zur nächsten zu schicken. Da ich mich jetzt bemühe, die Story zu verdichten und das Ende der FF anzusteuern, sind eben leider mehr Szenen ohne Action dabei. Ich bitte dafür um Verständnis. Dafür wird die Story jetzt etwas verflochtener, bezüglich der Einzelschicksale ;)

Und da dieser Arc jetz fertig ist, verspreche ich, bald wieder einige aufeinander folgende Action-Kapitel zu schreiben ;)

Der Plan gegen Assei

Es war gegen Mittag und die Gefährten waren hundemüde, als Sakura an die teure, hölzerne Tür eines schicken Herrenhauses klopfte. Naruto zog die Augenbrauen hoch. Hier lebte Kibas Bande nun? Er konnte es kaum glauben.

Obwohl es eine Klingel gab, klopfte Sakura nur gegen das Holz, dann lauter, als keine Antwort kam. Sie warteten fast eine Minute, ehe im Inneren des Hauses ein sachtes Rumoren laut wurde. Dann gab Sakura erneut ein bestimmtes Klopfzeichen, und schließlich wurde die Tür von innen geöffnet.

Kankuro und Idate standen in der Tür. Ersterer hielt seinen obligatorischen Schläger in der Hand, letzterer ein dünnes Messer. „Hi, Sakura“, begrüße sie Idate wenig euphorisch. Sein Blick glitt zu Naruto. „Warum bringst du denn den mit?“

„Einen besonders guten Eindruck hast du bei deinen sogenannten Freunden wohl nicht hinterlassen, hm?“, bemerkte Deidara amüsiert.

„Idate ist einfach nur ein Idiot“, sagte Naruto leichthin.

„Ich zeig dir gleich, wer hier ein …“, begann Idate, wurde aber von jemandem unterbrochen, der sich wie Shikamaru anhörte.

„Was ist denn hier los? Wer macht so früh am Morgen schon so viel Lärm?“

Der Anführer der Schattenwölfe trat auf die offene Tür zu und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Er trug nur ein schmutziges, ärmelloses Shirt und Boxershorts und der Ausrichtung seines struwweligen Zopfes nach zu urteilen, hatten sie ihn aus dem Schlaf geklopft.

„Früh am Morgen?“, fragte Sakura. „Es ist fast zwölf!“

Shikamaru gähnte und strecke sich. Dann erst musterte er die bunte Truppe, die sich am Eingang ihres neuen Bandenverstecks versammelt hatte. Schlagartig veränderte sich der Ausdruck in seinem Gesicht. „Sakura, hast du diese Leute mit Augenbinden hergeführt?“, fragte er.

„Ähm …“ Sakura warf ihren Begleitern einen unsicheren Blick zu, der Shikamaru genügen dürfte.

„Das macht uns Schwierigkeiten“, stellte er fest.

„Nur die Ruhe.“ Kimimaro ernannte sich wieder einmal zum Sprecher ihres Teams und trat einen Schritt vor. „Wir sind nicht hier, um Ärger zu machen. Genau genommen haben wir keine Geschäfte oder Probleme mit euch. Alles, was wir wollen, ist ein sicherer Unterschlupf für ein oder zwei Tage.“

„Habt ihr Geld?“, fragte Kankuro misstrauisch. Idate murmelte etwas Abfälliges, drehte sich um und ließ Shikamaru die Angelegenheit regeln. Naruto verrenkte sich den Kopf um in das Innere des Hauses zu sehen. Er sah einen mit Holz verkleideten Vorraum, dahinter einen kahlen Gang und einen Treppenaufgang. Durch die Ritzen im Geländer sah er einen kleinen Jungen zu ihnen hinüber spähen. „Hey, Konohamaru!“, rief Naruto und winkte.

Der Kleine zuckte zusammen, zog sich in die Höhe, sodass sein Kopf über das Geländer ragte – und rannte schließlich freudestrahlend durch den Vorraum in Narutos Arme. „Naruto! Naruto!“

„Wir bringen keine Gäste unter, auch nicht für Geld“, legte Shikamaru inzwischen fest. Naruto packte Konohamaru unter den Achseln und wirbelte ihn herum, was der Junge mit freudigem Jauchzen kommentierte.

„Hey, wir haben eins eurer Mitglieder gerettet!“ Deidara zeigte auf Sakura.

„Mach mal halblang“, meinte diese säuerlich.

„Was hör ich da? Naru ist hier?“, drang eine weitere Stimme aus dem Haus. Schritte trampelten über den Boden. „Hey, Naru! Was geht?“

„Sora!“, rief Naruto lächelnd.

„Macht doch nicht so einen Lärm“, murrte Shikamaru und rieb sich die Schläfen.

„Gibt’s ein Problem?“ Jetzt kam auch noch Kiba hinzu. „Sakura, du bist zurück … Was war denn los?“ Er deutete mit großen Augen auf Sakuras Kleid, das wortwörtlich in Fetzen hing, ehe sein Blick über die kleinen und größeren Schrammen und Wunden glitt, die sich die fünf bei ihrem Abenteuer in den Bergen eingehandelt hatten.

„Erklär ich euch später“, sagte Sakura und wandte sich abermals an Shikamaru. „Sie haben mir geholfen, und ich ihnen. Wir haben einiges zusammen durchgemacht und es sind Narutos neue Freunde. Du hast ihn schließlich den Hyuuga ausgeliefert; es ist nur recht und billig, wenn wir ihnen erlauben, einige Zeit hier zu bleiben. Sie sind absolut vertrauenswürdig, dafür verbürge ich mich!“

Shikamaru hatte sie Augen geschlossen und massierte sich die Nasenwurzel.

„Bitte, Shikamaru“, wiederhole sie.

„Also ich hab nichts dagegen“, meinte Kiba. „So ganz sauber war die Sache mit den Hyuuga sowieso nicht, Shikamaru.“

„Shikamaru? Ich wollte fragen, ob wir dem Mädchen jetzt das Geld geben und sie …“ Chouji blieb stehen und musterte die Fremden neugierig.

„Ist hier irgendwo ein Nest?“, rief Deidara aus.

„Ruhe. Also gut“, seufzte Shikamaru. „Kiba, führ sie rein, aber passt auf unser Geld auf.“

„Wird auch Zeit, hm.“ Deidara wollte als erstes eintreten, aber Kimimaro beanspruchte dieses Recht für sich, was der Dämonenjäger mit einem missmutigen Schnauben kommentierte. Tobi folgte ihm, ein wenig tänzelnd, auf dem Fuß. Als viertes ging Naruto und danach Sasuke, der schweigend und mit geschlossenen Augen und in den Hosentaschen vergrubenen Händen an Shikamaru vorbeiging.

Als Sakura ebenfalls eintrat, meinte der Anführer der Schattenwölfe: „Du machst mir echt ganz schönen Stress.“ Sakura grinste entschuldigend.
 

Blaue Augen, die sich in hellblaue Augen bohrten. Fast eine Minute lang starrten sie sich an. „Du …“ Es war ein gehauchtes Knurren, als Ino endlich die Stille brach. Seit Stunden schon war sie unruhig in dem Haus herumgewandet, darauf wartend, dass die Schattenwölfe endlich aufstanden und ihr wie versprochen das Geld überreichten und sie gehen ließen, aber die Straßenbande schien nie vor Mittag aufzustehen. Also hatte sie sich auf ihre Matratze geschmissen und sich zur Ruhe gezwungen, während sie die feinen Risse in der Decke angestiert hatte. Und als endlich Bewegung in diese faulen Säcke gekommen war – wer hatte die Aufregung verursacht?

„Naruto …“ Ino knirschte mit den Zähnen, sprang auf und wollte ihm am Kragen packen, aber Temari hielt sie zurück.

„Immer mit der Ruhe!“

„Schön, dich zu sehen, Ino“, sagte Naruto lächelnd. „Wie geht’s? Was machst du bei den Schattenwölfen?“

Wie’s mir geht??“, rief Ino hysterisch. „Du fragst mich allen Ernstes, wie’s mir geht? Und es ist schön, mich zu sehen?!“

„Was ist denn los?“, murmelte Naruto verwirrt.

„Was los ist?“ Ino riss sich von Temari los, sprang ihm aber wenigstens nicht an die Gurgel. „Wegen dir sitzen wir in der Scheiße, das ist los!“

„Ich verstehe nicht …“

„Was verstehst du nicht?“, giftete Ino. „Bist du wirklich so unaussprechlich blöd? Ein Name: Zaku. Klingelt’s bei dir? Und wer hat Zaku nicht getötet, hm?“

„Hidan war’s, hm“, sagte Deidara. „Worum geht’s?“ Er hatte Tobi, der entgegen Kibas Befehl, die morsche Treppe nicht zu betreten, den ersten Stock hatte erkunden wollen, wieder ins Erdgeschoss gezerrt und auf einen der weichen Sessel am Kamin platziert und nur den letzten Satz ihres Gesprächs mitgehört.

„Wer zum Teufel ist Hidan?“, fuhr ihn Ino an.

„Senpai, die Frau sieht genauso aus wie du, nur schöner!“

„Halt’s Maul, Tobi!“

„Was zum Teufel ist überhaupt los?!“, schrie Naruto dazwischen und weckte damit die restlichen Schattenwölfe auf, die noch nicht auf den Beinen waren.

„So ein Typ hat sich ihre Wohnung unter den Nagel gerissen und beutet sie und ihre Mitbewohnerin aus“, erklärte Kiba, allerdings in einem Tonfall, der klar machte, dass ihn das alles nichts anging.

Naruto starrte ihn entgeistert an. „Wa- … Sie und Hinata?“

„Ja, du Genie!“, fauchte Ino entnervt. „Die Hyuuga sind tot, der alte Besitzer ist tot, es gibt niemanden, der uns helfen könnte!“

„Und was kann ich dafür?“, rief Naruto.

Inos Augen schienen Blitze zu versprühen. „Wenn du Zaku erledigt hättest, hätte der nicht bei Orochimaru geplaudert. Die Klänge haben Ichiraku’s Paradise zerlegt und mich so zugerichtet, dass ich nicht einmal … Ich finde keinen Job, der mir genug einbringt, um Assei auszubezahlen!“

Naruto stieß die Luft aus. Für einen Moment war es still in dem Bandenversteck; jedermann wartete auf seine Reaktion. Naruto ging ein paar Schritte von ihr fort bis zum Kamin, wo vom Feuer nur noch ein Gluthaufen übrig war. Einige Minuten starrte er in die glühenden Funken, ehe er die Fäuste ballte und mit ernster Stimme leise sagte: „Du gibst mir also die Schuld an dem, was passiert ist?“

„Allerdings.“

„Gut.“ Er drehte sich herum. „Dann werde ich das wieder in Ordnung bringen. Der Typ heißt also Assei? Den greife ich mir!“

Der ganze Raum atmete aus. Ino schüttelte den Kopf, als fürchtete sie um seinen Verstand. „Du hast keine Chance. Asseis Leute sind allesamt Schlägertypen und zu allem fähig. Außerdem sind es zu viele für dich allein.“

Naruto lächelte. „Lass das meine Sorge sein.“ Sein Blick glitt zu den Versammelten. „Sieh dich um! Wir sind auch nicht gerade wenig! Und meine neuen Freunde sind echte Haudrauf-Maschinen!“

„Vergiss es“, meinte Deidara abfällig. „Es geht hier nicht um Dämonen. Ich vergeude doch nicht meine Kunst, hm.“

Sakura sah Naruto eindringlich an. „Wenn du es wirklich tun willst“, sagte sie, „dann helfe ich dir.“

Narutos blickte Sasuke an. „Was ist mit dir, mein Söldner? Schließlich ist es deine Aufgabe.“

Sasuke machte ein abfälliges Geräusch und sah ihn finster an. Naruto grinste. Es ging ihm gehörig gegen den Strich, nach Narutos Pfeife zu tanzen, aber er musste seine Tarnung aufrecht erhalten. „Von mir aus“, murmelte er.

Kimimaro verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich glaube nicht, dass wir für solche Einzelschicksale verantwortlich sind. Wir kämpfen für ein höheres Ziel. So eine Sache ist riskant und könnte unsere ganzen Pläne gefährden, Naruto.“

„Das ist mir egal“, meinte Naruto bestimmt. „Wenn ich nicht denen helfen kann, die mir wichtig sind, brauche ich gar nicht weiterzumachen. Und Naruto Uzumaki läuft niemals vor Problemen davon, schon gar nicht, wenn er sie selbst verursacht hat.“

Kimimaro seufzte. „Ich kann dich zu nichts zwingen. Aber ich werde dir bei diesem Plan nicht helfen – und ihr werdet dafür auch nicht Geld und Munition verschwenden.“

Narutos Mundwinkel sanken etwas. „Wie du meinst“, meinte er schließlich. „Wir schaffen es auch ohne dich.“ Er sah die Schattenwölfe flehentlich an. „Was ist mit euch?“

„Ich finde, wir sollten ihnen helfen, Shikamaru“, sagte Sakura mit fester Stimme. „Das sind wir ihm schuldig.“

„Und was springt für uns dabei raus?“, fragte Kiba. „Die Sache ist nicht ohne.“

„Ein gutes Gewissen?“, schlug Sakura vor.

„Das und Reputation“, sagte da Temari und stellte sich an Sakuras und Narutos Seite. „Stellt euch vor, was es für die Schattenwölfe bedeuten würde, wenn es heißt, sie hätten ein ganzes Miethaus unter ihre Kontrolle gebracht!“

„Auch wenn es micht total nervt“, begann Shikamaru nach einer Minute des bangen Schweigens, „glaube ich, dass wir euch wirklich helfen sollten, diesen Assei fertig zu machen.“

„Das ist zwar echt nett von euch“, sagte Ino, die Naruto mit wachsendem Erstaunen zugehört hatte, „aber Assei ist nicht dumm. Ihr werdet einen richtig guten Plan brauchen, um ihn auszutricksen.“

„Da mach dir mal keine Sorgen“, sagte Chouji grinsend und schlug Shikamaru auf den Rücken. „Wir haben hier jemanden, der ist genial in solchen Dingen.“
 

Die Ninjastraße lag an diesem Nachmittag so ruhig und fast verlassen da wie immer. Auch heute gingen nur wenige Leute an den gelben, mehrstöckigen Häuserklötzen vorbei, und nur einem wirklich geübten Beobachter und Statistiker wäre aufgefallen, dass es ein wenig mehr waren als üblich.

In Zweier- oder Dreiergruppen streunten Jugendliche durch die Straße und schossen mit billigen Fotoapparaten unauffällig Bilder eines bestimmten Gebäudes. Auf eine Bank am Straßenrand in der Nähe setzten sich zwei wild aussehende Jungen mit einer Kiste Bier, die sie übertrieben langsam leerten, und einer von ihnen griff regelmäßig zu seinem Handy und führte kurze Telefonate durch.
 

Shikamaru saß über einer Straßenkarte und hatte die geschossenen Fotos vor sich auf dem Boden ausgebreitet. „Das könnte in der Tat noch heute über die Bühne gehen“, murmelte er und kaute kurz auf seiner Daumenkuppe. „Die Straße ist recht verlassen. Ihr seid momentan die einzigen Mieter, oder?“

Ino nickte.

„Gut … Euer Zimmer ist also das hier.“ Shikamaru tippte mit dem Finger auf ein bestimmtes Foto. „Ihr habt einen Balkon, den man von einem anderen aus erreichen kann?“

„Ja. Aber das bringt uns nichts. Die anderen Zimmer sind fest verschlossen und die Schlüssel hat Assei.“

„Verstehe. Er und seine Leute halten sich meistens im Untergeschoss auf, hast du gesagt?“

„Ja.“

„Hm …“ Sein Blick glitt über die weiteren Fotos. „Das Dach ist flach. Kommt man da hinauf?“

„Durch das Treppenhaus, ja, und dann durch eine Tür.“

„Woraus besteht diese Tür?“

„Was? Oh, das ist so eine billige Plastiktür, die …“

„Perfekt. Die wird einfach und leise aufzukriegen sein. Wenn wir irgendwie auf das Dach kämen …“

„Die anderen Gebäude haben auch flache Dächer und sind gleich hoch“, steuerte Sasuke bei, der sich ebenfalls über die Pläne gebeugt hatte. Kimimaro, der im Türrahmen lehnte, zog eine Augenbraue hoch. „Man kann einfach von einem Nachbargebäude auf das Dach gelangen, wenn man zum Beispiel ein Brett über den Spalt legt.“

„Du klingst, als würdest du die Häuser hier gut kennen“, bemerkte Kimimaro. „Warst du schon mal in dieser Straße?“

Sasuke bemühte sich, ihn gelangweilt anzusehen. „Ich war schon in so manchen Gegenden. Vielleicht habe ich auch nur eine bessere Beobachtungsgabe als du?“

Shikamaru überlegte noch ein wenig, dann stand er auf und sagte: „So müsste es gehen.“
 

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So ... Nach langem Warten war's das auch schon wieder^^ Ich wollte ein wenig den Comedy-Faktor ausbauen, ich hoffe, es ist mir gelungen ;)

Und ich verspreche, das war jetzt das letzte actionlose Kapitel. Es werden jetzt ohne Pause einige Actionkapitel folgen, keine Sorge ;)

Freu mich wie immer über Kommis, etc., etc...

Ninjastraße 7

So, willkommen zur nächsten Action-Kapitel-Serie ;) Ich mach jetzt wieder nonstop-Actionkapitel, hoffe sie kommen wieder besser an ;)
 

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„Sturmfalke an König, kommen.“

„Hier König, kommen“, krächzte Shikamarus Stimme aus dem Walkie Talkie.

„Ja, also, äh … die Leiter ist lang genug“, sagte Idate. „Kommen.“

Sie hatten das Nachbargebäude gründlich unter die Lupe genommen. Es war ein halb leeres Bürogebäude, in dem nur eine Handvoll Menschen arbeitete, aber um ganz sicher zu gehen, dass sich unter ihnen nicht einer von Asseis Leuten befand, hatten sich Naruto, Sasuke, Idate, Sasori, Sakura und Ino weite blaue Bauarbeiterhosen und gelbe Helme zugelegt, um als Arbeiter getarnt mit einer ausfahrbaren Aluminiumleiter aufs Dach zu gelangen, ohne Aufsehen zu erregen. Die Mädchen sahen in dieser Tracht zwar etwas seltsam aus, aber es hatte tatsächlich niemand von ihnen Notiz genommen. Idate hatte die Leiter ausgefahren und über den Spalt zwischen den Dächern gelegt; sie passte haarscharf.

Naruto musterte skeptisch den ekligen, braunen Blutfleck, den wegzuwischen sich wohl niemand die Mühe gemacht hatte, der das Flachdach verunzierte. Er hatte eine etwaige Vorstellung, von wem er stammte, und musste sich bemühen, nicht in die Richtung dieses jemands zu sehen.

„Was meint ihr, was ist hier passiert?“, fragte Sakura, während sie auf die Antwort des Königs warteten.

„Keine Ahnung“, murmelte Sasuke tonlos.
 

„In Ordnung. Dann wartet auf mein Zeichen. König Ende“, kommandierte Shikamaru. Er saß in einem Café auf der anderen Straßenseite und hatte die Front des Wohngebäudes im Blick. Bei ihm am Tisch saßen teilnahmslos Deidara und Kimimaro mit verschränkten Armen. „König an Turm, kommen.“

„Hier Turm, was gibt’s?“, fragte Kiba. Er und Kankuro saßen immer noch auf der Bank und waren dabei, die zweite Hälfte ihrer Bierflaschen – in denen nur Wasser war – zu trinken.

„Irgendetwas neues? Hat man sie bemerkt? Kommen.“

„Nein, nein, alles im grünen Bereich, Shikamaru“, sagte Kiba und lallte leicht. Offenbar hatten sie sich doch nicht an den Plan gehalten und echtes Bier gekauft.

Shikamaru seufzte. „Verstanden, Ende. König an Sturmfalke.“

„Sturmfalke, kommen.“ Idate war anzuhören, wie wenig begeistert er von seinem Decknamen war.

„Beginnt Operation Brücke. Ende.“

„Verstanden.“

Shikamaru gönnte sich ein paar Sekunden Funkpause, aß einen Löffel von seinem Eisbecher und schob eine die Figuren, die auf dem Schachbrett vor ihm standen, um ein Feld weiter.

„Turm? König? Spielst du hier Schach mit ihnen, oder was?“, fragte Deidara abfällig.

„Es ist doch passend. So kann ich mich besser auf die Züge konzentrieren“, behauptete Shikamaru.

„Dass der Sturmfalke eine Schachfigur ist, ist mir neu“, spottete der Dämonenjäger.

Shikamaru verzog keine Miene. „Das nennt man Flexibilität. Ein Sturmfalke ist schnell und greift von oben an. Und jetzt sei so gut und nerv mich nicht.“

„Dann ist Hinata also die Dame?“, fragte Kimimaro, während Deidara brüskiert schwieg.

Shikamaru seufzte nur nicht, weil es ihm zu viel Mühe bereitete. Dafür, dass die beiden nicht mitmachen wollten, mischten sie sich viel zu sehr ein. „Nein“, sagte er. „Die Dame ist die schnellste Figur. Die, die sich auf dem Gelände am besten auskennt. In unserem Fall Ino.“

„Sturmfalke an König, wir sind drüben!“, krachte Idates Stimme aus dem Funkgerät.

„Verstanden. Lasst die Leiter liegen und geht nach Plan vor. Schaltet das Walkie Talkie nur im äußersten Notfall ein, wir müssen jetzt vor allem leise sein.“

„Verstanden. Sturmfalke Ende.“ Es knarzte, dann herrschte wieder Stille.

Shikamaru wartete eine Minute, ehe er selbst wieder funkte. „König an Bauer, bitte kommen, mit Standort.“

„Hier Bauer, Standort: zweitoberster Stock!“, ertönte Choujis Stimme verzerrt aus dem Lautsprecher. Er und Iruka waren ebenfalls als Arbeiter verkleidet und warteten auf ihr Zeichen.

„Gut. Beginnt mit Operation Saubermachen so schnell wie möglich. Grünes Licht, Turm?“

„Alles in Ordnung!“, funkte Kiba.

„Bauer verstanden.“

„Ist der Bauer nicht normalerweise der Köder?“, fragte Deidara, der seine Abfuhr offenbar schon wieder überwunden hatte.

„Normalerweise. Ich nenne sie so, im übertragenen Sinn für Arbeiter“, sagte Shikamaru. Mehr zu sich gewandt meinte er: „Wollen wir hoffen, dass alles glatt geht.“
 

Während Chouji und Iruka unter Einsatz all ihrer Kraft und Geschicklichkeit die Leiter wieder einzogen und sich mit ihr wieder einen Stock tiefer versteckten, trippelten die anderen auf Zehenspitzen bis zu der schmutzig grünen Plastiktür, die ins oberste Geschoss des Stiegenhauses führte. „Hast du einen Schlüssel?“, fragte Naruto Ino.

Das Mädchen schüttelte den Kopf.

„Brauchen wir nicht“, behauptete Sasori und fummelte mit einem winzigen Schraubenzieher im Schloss der Tür herum. „Seht ihr? Schon offen.“ Ohne einen Laut zu verursachen, zog er sie auf.

Naruto stieß einen anerkennenden Pfiff aus. „Du weißt, wie man mit so einem Ding umgeht.“

„Ich weiß noch eine Menge mehr.“

„Ruhig jetzt“, sagte Sasuke leise. „Wehe, ihr versaut alles, weil ihr die Klappe nicht halten könnt.“ Plötzlich schien er die Anführerrolle übernommen zu haben. „Hast du das Funkgerät ausgeschaltet?“, fragte er Idate, der nickte. „Dann hinein.“

Auf Zehenspitzen schlichen sie die kalte Steintreppe hinunter, die erst im nächstuntersten Stockwerk in eine aus Holz überging. Naruto fluchte innerlich. Diese Stufen mussten ja einfach knarren. Aber es ging nicht anders: So langsam, dass er ganz unruhig wurde, schlichen sie in das darunter liegende Stockwerk, wo Sasori und Sakura in den Gang huschten und rasch einen Blick in alle Ecken und Nischen warfen. Shikamaru hatte sie angwiesen, sich zu vergewissern, dass keine Feinde von oben nachkommen konnten.

Endlich, nach einer schweigsamen Ewigkeit, kamen sie in die Etage, in der Inos und Hinatas Zimmer lag. Ino hätte gar nicht auf die entsprechende Tür deuten müssen: Direkt davor standen zwei groß gewachsene Männer in Punker-Kleidung und hielten Wache.

„Das ist neu“, flüsterte Ino. „So stark bewacht haben sie uns nie.“

„Schießen ist nicht drin“, sagte Sasuke. Er hatte seinen Colt mitgenommen. „Da trommeln wir alle Bastarde auf einmal zusammen.“

„Überlass das mir.“ Sasori zog ein Messer aus der Tasche und zog die Schutzhülle von der Klinge. „Vergiftet“, erklärte er knapp.

„Toll. Und wie willst du zu ihnen rüberkommen, ohne dass sie dich bemerken?“, fragte Ino abfällig. „Oder sie beide erledigen, ehe sie schreien können?“

Sasori antwortete nichts.

„Wusste ich“, sagte Ino zufrieden.

„Irgendwas müssen wir doch tun!“, hauchte Sakura.

Ino überlegte kurz – und fiel plötzlich um und auf den Gang hinaus. Naruto konnte gerade noch ein erschrockenes Aufatmen unterdrücken. Sie theaterte ihnen eine Ohnmacht vor. Vom Schatten ihres Verstecks aus behielten sie die Punker genau im Auge.

Die beiden hörten den dumpfen Aufprall und wandten simultan den Kopf, sahen sich überrascht an, und liefen – zum Glück beide und ohne ein Wort zu sagen, in ihre Richtung. Als sie vor ihrer zusammengekrümmten Gesalt stehen blieben, starrten sie eine Weile auf sie hinab.

„Ino?“, fragte der eine und der zweite entblödete sich nicht, ihr einen Stups mit seiner Schuhspitze zu verpassen.

Sasori war so schnell, dass man ihn kaum sah. Wie ein Schatten schoss er hinter den rechten Punker und hielt ihm das Messer an die Kehle. Er ritzte ihn gerade genug, dass ein Tropfen Blut hervortrat. Im gleichen Moment stand Sasuke auf, die Pistole auf den zweiten gerichtet. „Ein Laut, und du bist tot“, murmelte er kalt.

Der Punker hob brav die Arme. Sasori holte noch ein zweites Messer aus seiner Hosentasche, schnippte die Schutzkappe weg und ritzte auch den zweiten Wächter, ohne die andere Klinge vom Hals des ersten zu nehmen. Sie verharrten drei Minuten, wie sie waren, dann begannen die Punker unsicher auf der Stelle zu treten, als wäre ihnen schwindlig. Schließlich brachen sie ohne einen Laut zusammen – und Naruto und Idate fingen sie ebenso lautlos auf, ehe sie zu Boden poltern konnten.

„Klasse Teamwork, Jungs“, flüsterte Sakura.

„Pff“, machte Ino. „Und wer hat den Lockvogel gespielt?“

„Der Plan war sehr riskant“, sagte Sasuke. „Was, wenn nur einer gekommen wäre oder sie Verstärkung gerufen hätten? Zum Glück waren sie nicht besonders helle. Also sei froh mit dem Ausgang dieser Sache.“

Ino wollte schon etwas entgegnen, ließ es dann aber bleiben.

„Ist das Gift … tödlich?“, fragte Naruto.

„Ja“, antwortete Sasori leichthin.

Naruto schluckte. Das kam ihm doch sehr rabiat vor … Aber er war auch nicht auf der Straße aufgewachsen, wie die Schattenwölfe. Stand es ihm da zu, ihre Methoden zu verurteilen?

Geduckt schlichen die Eindringlinge weiter bis zur Tür. Ino drehte den Türknauf.

„Abgeschlossen“, murmelte sie. „Dieser Dreckskerl Assei hat Hinata eingesperrt!“

„Hast du denn nicht mal dafür einen Schlüssel?“, fragte Sakura.

Ino schüttelte den Kopf. „Sonst könnten wir uns ja im Zimmer verschanzen“, äffte sie jemanden nach, wahrscheinlich Assei. „Er hat alle Schlüssel im gesamten Gebäude beschlagnahmt und bewahrt sie in einem Kästchen auf, unten im Clubraum.“ Sie zögerte, ehe sie weitersprach. „Der voll ist von seinen Gorillas.“

„Schade, dass Sora nicht hier ist“, murmelte Naruto. Der Junge mit der Dämonenhand war beim Team Springer eingeteilt und wartete in einer Seitengasse der Ninjastraße. „Wir … könnten die Tür einschlagen. Oder mit der Schulter aufbrechen“, schlug er vor.

„Sicher“, spottete Sasuke. „Eine Eichenholztür. Und mit wessen Schulter? Vergiss es, so etwas funktioniert nur in Filmen.“

„Lee könnte es“, widersprach Sakura.

Sasuke warf ihr einen überheblichen Blick zu. „Schade nur, dass Lee bei den Springern ist. Überhaupt, wozu sind die denn gut? Wir wollten das Mädchen rausholen und wieder übers Dach verschwinden!“

„Shikamaru denkt an mehrere Züge gleichzeitig, nicht nur an den nächsten“, beharrte Sakura. „Assei gehört ausgeschaltet, und sobald Hinata in Sicherheit ist, greifen die Springer von draußen an und wir von innen.“

„Jetzt haltet den Rand“, brummte Idate und schaltete das Walkie Talkie wieder ein. „König, bitte kommen. Hier Sturmfalke. Haben ein Problem“, flüsterte er.

„Bitte wiederholen, Sturmfalke“, donnerte Shikamarus Stimme aus dem Lautsprecher.

Idate zuckte zusammen und drehte den Lautstärkeregler zurück. Etwas lauter sagte er: „Wir haben ein Problem! Tür zu Hinatas Zimmer abgeschlossen, Schlüssel im Keller bei Asseis Leuten. Kommen.“

Shikamaru schwieg einen Moment. „Hier König. Planänderung: Operation Stampede wird vorverlegt. Lasst das Funkgerät eingeschaltet.“

Idate nickte. „Sturmfalke Ende.“ Er sah die anderen an. „Ihr habt’s gehört.“

„Jetzt wird es also ernst“, murmelte Sakura.

Sie machten sich auf den Weg in Richtung Treppe, als Ino plötzlich kehrtmachte und vor ihrer Tür wild mit den Armen wedelte und offenbar dem Holz etwas mit Gesten zu bedeuten versuchte.

„Was soll das Theater?“, murrte Idate. „Sind wir hier auf einer Mission für eine geistig Verrückte oder was?“

„Das war für Hinata, du Genie“, fauchte Ino ihn an.

„Weil sie dich durch die Wand sehen kann?“

„Ja, das kann sie!“

Idate hob die Schultern. „Bitte, jetzt kommt’s raus. Wahrscheinlicht ist dieser Assei doch ein ganz netter Kerl. Oder der Direktor der Irrenanstalt, die hier ist.“

Naruto hatte genug. Er packte den arroganten Schattenwolf an der Schulter und drehte ihn zu sich herum. „Bevor du dich über Ino lustig machst, solltest du dich informieren“, knurrte er gefährlich leise. „Hinata gehört zur Hyuuga-Familie und hat Byakugan-Augen. Sie kann durch Wände sehen.“

Idate war nicht zu beeindrucken. „Dann sieht sie wahrscheinlich auch, dass du nur einen winzig kleinen …“

„Hört endlich auf, euch zu streiten!“, spielte Sakura wieder einmal den Vernunftsengel, ehe Idates verbale Schläge die Gürtellinie unterschritten. „Shikamaru verlässt sich auf uns! Also gehen wir endlich!“

„Ich sag ja gar nichts“, maulte Idate, drehte sich aber dann achselzuckend um und ging als erstes die nächste Treppe hinunter. Naruto ballte die Fäuste. Manchmal fiel es ihm wirklich schwer zu sagen, wen er weniger mochte: Sasuke oder diesen aufgeblasenen Typen.
 

„So weit, so gut“, sagte Shikamaru und stand plötzlich auf. „Das ist ein Hindernis, aber kein großes. Dann muss die Befreiung eben noch warten. Wenn über ihnen alles sauber ist, wird nichts passieren.“ Er griff wieder zum Funkgerät. „Wir brauchen einen Formationswechsel. König an Turm, Operation Rochade.“

„Turm hat verstanden“, funkte Kiba zurück.

„Rochade?“, fragte Deidara verwundert, als er und Kimimaro Shikamaru folgten, der gemächlich das Café verließ. Gezahlt hatten sie schon.

Erst auf der Straße, als die drei unauffällig nebeneinander her schlenderten, antwortete der Denker: „Rochade ist der Spielzug, in dem man Turm und König verschiebt. Im Normalfall schützt man damit den König, aber in unserem …“, er nickte Kiba und Kankuro kaum merklich zu, als sie an ihnen vorbeigingen, „… geht es darum, mit dem Turm anzugreifen.“

Deidara verrenkte sich den Hals und sah, dass die anderen beiden das Café passierten und sich in die Gasse gesellten, wo die Springer auf ihren Einsatz warteten.

Shikamaru ließ sich auf der Bank nieder und starrte in die Wolken, wobei er gedankenverloren wirkte. Kimimaro setzten sich zu ihm, Deidara blieb lässig an eine Laterne gelehnt stehen und zündete sich eine Zigarette an. „Irgendwo herumzulungern und eine zu rauchen ist wesentlich unauffälliger als herumzulungern und gar nichts zu tun“, meinte er.

Shikamaru hatte die Augen geschlossen, als sich endlich wieder das Funkgerät meldete.

„Sturmfalke an König, sind in Position. Zwei Gegner in Sicht. Schalten jetzt wieder ab. Ende.“

Shikamaru wartete einen Moment, eher auch er funkte. Nun kam es auf das Timing drauf an. „König an Springer und Turm, Operation Stampede läuft an. Initiiert Phase eins und geht dann sofort auf Phase zwei über.“

„Hier Springer, verstanden“, sagte Lee eifrig.

„Turm, verstanden“, lallte Kiba. Shikamaru hoffte inständig, dass er nicht zu viel getrunken hatte.

In einer geschlossenen Truppe überquerten Sora, Lee, Shino, Temari, Kiba und Kankuro – der nun mit einem Baseballschläger bewaffnet war – die Straße. Sora trat zur Tür von Hausnummer sieben und klingelte.
 

Sie hatten unbemerkt den Treppenabsatz erreicht, der ins Erdgeschoss führte. Direkt vor ihnen lag die Tür zur Straße, auf der rechten Seite war eine Metalltür in die Wand eingelassen, die in den Keller und damit Asseis Clubraum führte.

Direkt vor der Eingangstür stand ein winziger Tisch, um den bei einer Flasche Wodka zwei Wachposten saßen und Karten spielten. Sasuke entsicherte seinen Colt mit einem leisen Klicken und auch die anderen spannten sich an.

Das Klingeln ertönte.

Die Wachen sahen auf.

Narutos Herz klopfte bis zu seinem Hals. Warum war er plötzlich so aufgeregt?

Der Wachmann grummelte widerwillig etwas, stemmte sich dann in die Höhe – Naruto erschrak, als er sah, dass er über zwei Meter groß war – und spähte durch das Guckloch nach draußen. „Eine Bande Knirpse“, brummte der Mann, für den wohl alle normal großen Menschen Knirpse waren.

„Verscheuch sie“, gab der zweite zurück und kippte ohne einen Schrei auszustoßen vom Stuhl, als Sasuke ihm eine Kugel zwischen die Augen jagte.

Der Hüne, der den Schuss gehört hatte, wirbelte herum – mit einem lauten Krachen zerbarst das Holz der Tür in seinem Rücken. Fauchend grub sich eine violette Dämonenkralle aus dem Wirbel aus Spänen und Brettern und schleuderte ihn zu Boden. Kankuro setzte sofort nach und zog dem Mann so kräftig eins mit dem Schläger über den Hinterkopf, dass er auf der Stelle das Bewusstsein verlor.

„Schnell jetzt!“, keuchte Sora. „Das haben sie bestimmt gehört!“

Sie hatten noch gar nicht die eiserne Kellertür erreicht, als diese auch schon von innen aufgestoßen wurde. Idate, der sie als erster erreicht hätte, bekam sie mit voller Wucht ins Gesicht gepfeffert. Ein heller Blutstrom schoss aus seiner Nase und der Schattenwolf taumelte zurück. Naruto hätte ihm diese Abreibung gerne gegönnt, hätte er Zeit für solche Gedanken gehabt.

Noch ehe der massige Typ, der sie aus der Tür heraus anstarrte, etwas rufen konnte, traf ihn eine Kugel von Sasuke und schleuderte ihn rückwärts das halbe Dutzend Stufen hinunter, das in den Kellerraum führte. Naruto erhaschte einen kurzen Blick auf den Clubraum: Boden und Wände waren aus Beton, letztere aber teilweise mit Holz vertäfelt. Weiche, rote Polstersessel und Sofas standen so dicht gedrängt herum, dass nur der Platz um den Snooker-Tisch frei blieb.

Und der ganze Raum war voller muskelbepackter Männer.
 

Im Bruchteil einer Sekunde war die Hölle los. Lee und Sora stürzten als erste die Treppe hinunter und warfen sich ins Getümmel, das entstand. Kankuro setzte sofort hinterher, und Sasori wurde zu einem Schatten, in dem man nur manchmal eine Messerklinge aufblitzen sah.

Ein Gebrüll, das die Wände wackeln ließ, erhob sich, aber Asseis Männer waren total überrumpelt: Ehe sie ihre Waffen ziehen konnten, wurden die meisten schon von den Schattenwölfen auf die Matte geschickt.

Auch Naruto kämpfte mit; sein Gegner war ein Kerl von beachtlich riesiger Statur – der sich allerdings entsprechend langsam bewegte. Er holte mit einem Billard-Queue aus – und bekam von Naruto einen Schlag in die Magengegend, den er allerdings nicht mal spürte. Naruto schaffte es gerade so, seinem Hieb auszuweichen, tastete blind hinter sich und bekam den zweiten Queue zu fassen. Den nächsten Schlag parierte er mit mehr Glück als Verstand, dann schlüpfte er unter einem neuerlichen Angriff hindurch, schwang sich hinter dem Rücken seines Gegners auf den Snooker-Tisch und donnerte ihm den Stock so kräftig über den Schädel, dass er zersplitterte. Der Gorilla knurrte und versuchte Naruto an den Füßen zu fassen zu kriegen, aber der trat ihm auf die Nase – und im nächsten Moment wurde der Mann von Lee umgerissen, der wild um sich trat.

Von seinem Platz auf dem Snooker-Tisch hatte er einen besseren Überblick über den Kampf und sah, wie eine winzige Tür am hinteren Ende des Raumes aufflog und ein weiterer Schlägertyp daraus hervor humpelte. Er hatte nur die Boxershorts hochgezogen; seine Jeans waren tückisch um seine Knöchel gewickelt. In dem kleinen Raum konnte man eine Klomuschel erkennen.

Was Naruto jedoch beunruhigte, war die Pistole mit Schalldämpfer, die der Mann in der Hand hielt. Er wollte einen Warnschrei ausstoßen, doch Sasuke kam ihm zuvor.

Der Mafioso überzeugte sich mit einem raschen Blick davon, dass ihm niemand von den Schattenwölfen Beachtung schenkte, aktivierte sein Sharingan und schoss. Das Projektil traf den Mann mitten ins Herz, noch bevor er einen Schuss abgeben konnte.

Naruto überlegte, wie er sich am besten wieder ins Getümmel schmeißen konnte, aber da war der Kampf schon fast vorbei. Speziell Ino schien es regelrecht zu genießen, Asseis Leute zu vermöbeln, sie biss und schlug und kratzte, was das Zeug hielt.

Es waren kaum drei Minuten vergangen, seit sich die Tür zum Clubraum geöffnet hatte, als der Kampf auch schon vorbei war. Die Männer lagen allesamt am Boden, die meisten bewusstlos, der eine oder andere tot. Die Schattenwölfe hatten keine nennenswerten Verluste einstecken müssen: Idate presste sich ein blutiges Taschentuch vor die Nase, Lee humpelte und Kiba hatte eine blutende Wunde am Schlüsselbein. Der Rest war bis auf ein paar geprellte Rippen, Kratzer und Schrammen unversehrt.

„Hier Sturmfalke, Turm und Springer“, funkte Kiba und wirkte mit einem Mal wieder stocknüchtern. „Operation Stampede ist geglückt, König kommen.“

Ino öffnete ein kleines metallenes Kästchen, das an der Wand hing. Fein säuberlich geordntet hingen dort die Schlüssel zu den Türen. „Sch…“ Ino biss sich auf die Lippe. „Der Schlüssel ist nicht da. Unsere Wohnung ist von innen abgeschlossen worden.“

Alles starrte sie an. Ino warf einen Blick quer durch den Raum. „Assei ist nicht hier“, sagte sie. Als sie sich zu Naruto umwandte, hatte ihr Gesicht jegliche Farbe verloren. „Der Mistkerl ist bei Hinata im Zimmer!“
 

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So ... wie hats euch gefallen? War jetzt mal ein milder Einstieg ;P

Mietwohnungs-Showdown

So, tut mir leid, dass ich so lange nicht geupdatet habe. Wer nicht mehr genau weiß, worums grade geht, möge bitte das vorige Kapitel noch mal überfliegen^^
 

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„Assei hat sich und Hinata in ihrem Zimmer eingeschlossen!“, knarzte Narutos Stimme aus dem Funkgerät. Shikamaru fluchte innerlich. Warum hatte er diese Möglichkeit nicht bedacht? Die Tatsache, dass sich das Mädchen mit diesem Mistkerl allein hinter einer verschlossenen Tür befand, wäre alarmierend genug gewesen, aber bei dem Lärm, den die Schattenwölfe verursacht hatten, wusste Assei bestimmt schon, was in seinem Gebäude vorging, und hatte nun nicht nur eine Geisel, sondern auch Grund genug, sie zu töten.

„Zwei von euch bleiben im Keller und passen auf, dass niemand zu früh aufwacht. Der Rest geht hinauf; versucht irgendwie die Tür einzuschlagen!“, kommandierte Shikamaru. Und betet, dass ihr rechtzeitig kommt, fügte er in Gedanken hinzu. Eine Schweißperle lief an seiner Schläfe hinab, als er zu der Wohnung hochsah, die friedlich dazuliegen schien.
 

Assei hatte den halben Tag im Clubraum in Gesellschaft seiner Gorillas verbracht, als ihm langweilig geworden war. So hatte er beschlossen, der Kleinen, die allein von ihrem Einkaufsbummel zurückgekommen und aus der nicht herauszubekommen gewesen war, wo ihr Begleiter abgeblieben war, einen Besuch abzustatten. Sie hatte ziemlich aufgeregt und verwirrt gewirkt, als sie fast fluchtartig in ihr Zimmer verschwunden war. Assei hatte vor, sie ein wenig aufzuheitern … auf seine Art. Er konnte es nicht ausstehen, wenn jemand seine Befehle missachtete, und als er Hinata angeherrscht hatte, auszuspucken, was passiert war, hatte das als Befehl gegolten.

Die nervtötende blonde Schlampe, die irgendwie immer noch genug Willenskraft aufbieten konnte, um ihm die Stirn zu bieten und die Meinung zu geigen, war seit gestern nicht wiedergekommen. Vielleicht hatte sie sich aus dem Staub gemacht? Oder sich endlich mit den falschen Leuten angelegt, die eben ihre Leiche im Fluss versenkten? So oder so – es war die perfekt Gelegenheit. Wenn es sich ergab, konnte Assei sich sogar ein wenig den Tag versüßen – etwas, das undenkbar gewesen wäre, würde die Hyuuga-Familie immer noch ihre schützende Hand über Hinata halten.

Also hatte er sich am Nachmittag in ihr Zimmer geschlichen und von innen den Schlüssel herumgedreht. Das leise Brausen des Duschkopfes erreichte sein Ohr und ein Grinsen erschien auf seinen Lippen. Er lehnte die abgesägte Schrotflinte, die er mitgebracht hatte, gegen die Wand neben der Tür. Er glaubte kaum, dass er sie brauchte, um das Mädchen zum Sprechen zu bringen oder ihm gefällig zu machen, aber Akuma Gakure war ein gefährliches Pflaster, auf dem man nie wusste, ob es nicht vielleicht doch besser war, auf Nummer sicher zu gehen. Aus diesem Grund hatte er auch zwei seiner Leute vor der Tür postiert, um auf jeden Fall ungestört zu sein.

Er wartete, bis das Geräusch des Wassers verstummte. Kurz darauf trat Hinata aus dem Badezimmer, in einen rosafarbenen Bademantel gehüllt. Asseis Grinsen vertiefte sich. Sie sah ihn erschrocken an, hatte ihn wohl nicht bemerkt. Das Handtuch, mit dem sie sich die Haare trocken gerubbelt hatte, landete auf dem Boden.

Heute war wohl sein Glückstag; normalerweise schaffte es dieses Mädchen immer irgendwie, ihn kommen zu hören – es war fast so, als könnte sie durch Wände sehen. „Hallo, Schätzchen“, sagte er mit seiner heiseren Stimme, „Wie wär’s mit einem Schwätzchen?“

Hinata wich vor ihm zurück, wirbelte dann herum und stürmte ins Schlafzimmer, wo sie die Tür hinter sich zuwarf – deren Schlüssel Assei vorsorglich eingesteckt hatte. Er war an die zwei Meter groß und ziemlich kräftig und es bereitete ihm keine Mühe, die Tür aufzudrücken.

Hinata stieß einen erschrockenen Schrei aus und versuchte, an ihm vorbei aus dem Zimmer zu laufen, aber er packte sie an den Handgelenken und riss sie grob zurück. „Hör mal zu, Kleine“, zischte er ihr ins Ohr. „Es stimmt mich äußerst ungehalten, wenn einer meiner Leute einfach so verschwindet. Du warst die letzte, die ihn gesehen hat – was ist passiert? Wenn er tot ist, kannst du was erleben – auch wenn ich keine Ahnung habe, wie du das geschafft hast.“

Hinata wand sich in seinem Griff. Tränen liefen ihr über die Wangen, als er noch fester zupackte. Da hörte er irgendwo in dem Gebäude einen Schuss. Er erstarrte zur Salzsäule. Was war das gewesen? Ein Krachen und Poltern ertönte, gefolgt von einem Schrei, dann einem ganzen Chor wütender und schmerzerfüllter Schreie und einem neuerlichen Schuss.

„Scheiße, verdammte!“, stieß er aus, packte Hinata an den Schultern und stieß sie unsanft aufs Bett. „Ich kümmere mich gleich um dich.“ Er lief in den Vorraum, hob seine Schrotflinte auf, zog den Schlüssel ab und spähte durch das Schlüsselloch. Von den beiden Männern, die das Zimmer bewachen sollten, fehlte jede Spur. Die Tür zu öffnen wagte Assei nicht, also prüfte er nur rasch die Ladung seiner Flinte und stellte sich in die Mitte des Raumes, den Lauf auf die Tür gerichtet, bereit, den Eindringlingen eine unerfreuliche Überraschung zu liefern.

Es wäre nicht das erste Mal, dass er einen Feind durch eine geschlossene Tür hindurch mit Kugeln durchsiebt hatte.
 

„Da vorne!“, keuchte Naruto. „Schnell, schlagt sie ein! Lee! Sora! Schlagt die verdammte Tür ein!

Da Lee mit seinem verletzten Bein nicht so schnell die Treppe hinaufgekommen war, war Sora der erste, der die Tür erreichte. Er baute sich davor auf und hob die Dämonenklaue mit einem markerschütternden Brüllen, bereit, die Tür zu Kleinholz zu …

Ein Knall ertönte, das Holz zersplitterte, Sora brüllte auf und wurde von den Füßen gerissen. Blut spritzte auf die Wand hinter ihm und zeichnete ein grausiges Muster auf die Mauer.

„Sora!“, schrie Naruto.
 

Die Stimmen im Funkgerät schrien wirr durcheinander. Shikamaru versuchte vergeblich, Kommandos hineinzubrüllen. Mit einem stillen Fluch auf den Lippen blickte er zu dem Haus hoch.

„Genau geplant, wie?“, meinte Kimimaro abfällig und folgte seinem Blick. „Da oben ist die Hölle los.“ Ohne ein weiteres Wort stürmte er los. Als er über die Straße hechtete, verfolgt von Shikamarus und Deidaras Blicken und ihren Rufen, nahm er seine Dämonengestalt an. Er sprang kraftvoll in die Luft und katapultierte sich bis knapp unter den ersten Stock, wo er seine knöchernen Klauen so fest in die Wand schlug, dass sie wie Steigeisen stecken blieben. Stück für Stück und geschmeidig schnell kletterte er nach oben und erreichte nach wenigen Sekunden den Balkon. Die unterarmlangen Knochenkrallen, die aus seinen Händen sprossen, durchschlugen die gemauerte Balkonwand und ein Netz aus Rissen breitete sich aus; das Mauerwerk ächzte unter seinem Gewicht. Kimimaro achtete nicht darauf und schwang sich mit einem Satz über die Brüstung.
 

Ein knirschendes Geräusch ließ Assei herumfahren. Die Stimmen draußen schrien immer noch, es waren mehr Gegner, als er gedacht hatte. Aber wenn sein Ende hier stattfinden sollte, würde er nicht alleine gehen. Seine Schrotflinte frisch geladen im Anschlag, bewegte er sich rückwärts von der Türe fort bis zum Balkonfenster. Das Geräusch gefiel ihm nicht, zumal es immer näher kam … Er wandte sich abermals um – und blickte direkt in die goldgelben Augen einer Dämonenfratze.

Mit einem Aufschrei schwenkte Assei die Waffe herum, als die Bestie ebenfalls zupackte und den Lauf der Flinte zu fassen bekam. Aus ihren Unterarmen brachen knochenweiße Stacheln hervor und durchbohrten Asseis Arme, der schmerzerfüllt aufschrie. Wütend knurrend krümmte er den Finger um den Abzug. Er würde den Teufel tun und die Waffe loslassen!

Der Schuss ertönte, eine gestreute Ladung Schrot fraß sich in die Brust des Dämons, was dieser mit einer knurrenden Keuchen quittierte. Er stolperte rückwärts, prallte gegen die brüchige Brüstung des Balkons. Die Knochen zogen sich zurück und schlitzten Asseis Arme weiter auf, und dieses Mal gelang es ihm nicht mehr, die abgesägte Schrotflinte festzuhalten. Mit einem gepeinigten Keuchen ließ er sie los und schlang sich die heftig blutenden Arme um den Leib. Im gleichen Atemzug gab die Balkonbrüstung nach und die dämonische Kreatur stürzte ohne einen Laut, den Lauf der Flinte immer noch umklammert, in die Tiefe. Assei hörte den dumpfen Aufschlag und lehnte sich vorsichtig über die Mauerruine. Der Dämon war rücklings auf dem Straßenasphalt gelandet, wie er mit grimmiger Zufriedenheit feststellte. Die fiesen kleinen Wunden in seiner Brust erzeugten unter ihm eine Blutlache.
 

Lee hatte endlich die anderen erreicht und als sie den Schuss hörten, war die Zeit gekommen. „Jetzt muss er nachladen“, sagte Sasuke, der angesichts des schwer verletzten Soras als einziger ruhig geblieben war. „Reißt euch zusammen, und du, tritt die Tür ein.“ Lee nickte und führte einen Sprungkick mit seinem gesunden Bein aus. Krachend sprang die demolierte Tür aus dem Schloss und zersplitterte an der Wand. Sie sahen Assei auf dem Balkon stehen und herumfahren. Seine Waffe war verschwunden, seine Arme blutüberströmt, das Gesicht bleich wie ein Gespenst.

Eine Sekunde lang starrte er die vielköpfige Truppe an, die zu Hinatas Befreiung gekommen war, dann flackerte sein Blick zur Schlafzimmertür und er rannte los.

„Er will Hinata als Geisel nehmen!“, schrie Ino, als Idate sich an ihr vorbeidrängte. So schnell Assei auch war, der Schattenwolf war schneller. Er trat dem Ganoven vors Schienbein und drehte ihm die Arme auf den Rücken.

Naruto atmete tief aus. Sie hatten es geschafft. „Sieh schnell nach, ob es Hinata gut geht“, bat er Sakura. Als das Mädchen vorsichtig gegen die Tür klopfte und sie vorerst nur einen Spalt öffnete, flüsterte Naruto Sasuke zu: „Du hältst dich besser verdeckt. Hinata kennt dich immerhin.“

„Ich weiß“, murmelte der Mafioso kühl und schob sich wie zufällig wieder Richtung Tür.

Ino ließ Assei keine Sekunde aus den Augen. Es machte ein einigermaßen seltsames Bild: Der fast zwei Meter große, braunhaarige Hüne, der von dem eher schmächtigen Idate festgehalten wurde. Sein Gesicht war schmerzverzerrt, da dieser seine verletzten Unterarme umklammert hielt.

„Du … elendes … Miststück“, brachte er zischend hervor.

Ino sah Hinata in Tränen aufgelöst aus dem Zimmer lugen, während Sakura beruhigend auf sie einredete. Die ehemalige Tänzerin ging mit zusammengekniffenen Lippen auf Assei zu und trat ihm schweigend mit aller Kraft zwischen die Beine. Der Ganove riss die Augen auf und stieß die Luft aus, dann krümmte er sich und Idate lockerte seinen Griff ein wenig.

Das hätte er nicht tun sollen.

Plötzlich bäumte sich Assei auf, entriss sich Idates Umklammerung, warf sich nach vorn und packte mit seinen kräftigen Pranken Inos Kehle. Die junge Frau stieß einen erstickten Schrei aus, als er sie von den Füßen riss und unter sich begrub.

„Ino!“, schrie Naruto und wirbelte herum. „Sasuke!“ Doch sein angeblicher Leibwächter war plötzlich nirgends mehr zu sehen.

Inos Augen traten aus den Höhlen. Sie rang nach Luft, bekam aber keine. Das Monstrum saß mit den Knien auf ihrer Brust und sie hätte wohl selbst dann keinen Atem schöpfen können, hätte er ihr nicht die Luftröhre zusammengepresst. Asseis Arme zitterten, Blut lief an ihnen hinab, aber er ließ nicht locker.

„Verdammte … kleine … Schlampe“, stieß er schwer atmend hervor. Sein Gesicht war nur noch eine verzerrte Grimasse. „Das wir dir eine Lehre sein, dich mit mir anzulegen! Ich werde dich …“ Er stockte, als Sasori ihm eine blitzende Messerklinge an die Kehle hielt.

„Lass sie los“, befahl der Schattenwof ruhig.

Assei schnaubte. Ino zappelte immer heftiger in seinem Griff, trat, schlug und kratzte, aber den Schmerz fühlte er schon lange nicht mehr. „Glaubst du, du kannst mir Angst machen, du Knirps?“

Sasoris drückte sie Klinge fester an den Hals. Ein einzelner Blutstropfen wurde sichtbar. „Ich warte nicht gerne“, erklärte er mit gleichgültiger Miene.

Endlich lockerte Assei seinen Griff etwas, sodass Ino qualvoll hustend nach Luft ringen konnte. „Das … würdest du nie wagen, zu tun …“, knurrte Assei kehlig.

„Ich habe es bereits getan“, sagte Sasori leichthin.

Assei starrte ihn eine halbe Minute verwirrt an – dann begannen seine Gesichtsmuskeln zu zucken. „B-Bastard“, brachte er noch hervor, dann sackte er in sich zusammen und fiel mit der Schulter voraus zu Boden. Sasoris Gift hatte seine Wirkung entfaltet.

Vor Aufregung noch zitternd, hob Kiba das Funkgerät zu seinem Mund. Er war zu aufgelöst und erschöpft, um sich noch an die Spielregeln mit den Codenamen zu halten. „Shikamaru? Wir sind hier fertig.“
 

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Und fertig. Wie ihr vielleicht gemerkt habt, geht er momentan sehr schleppend voran, und ich bringe momentan auch (wieder mal) nicht viel Motivation für ABFY auf, auch wenn wir langsam aber sicher aufs Ende zusteuern. Ich kann nicht sagen, wann das nächste Kapitel soweit ist, aber ich werd die FF vorerst mal nicht auf "pausiert" setzen. Wenn es mit dem neuen Arc weitergeht, mache ich auch wieder eine kurze Zusammenfassung, was alles passiert ist.

Bis dahin, liebe Grüße!

Übrigens, wer es noch nicht weiß: Es gibt einen Trailer von A Bullet For You:

http://www.youtube.com/watch?v=y-8IjRKU-KM

Vielleicht verkürzt er ja die Wartezeit ein wenig^^

Spezialkapitel – Was bisher geschah II

Naruto wusste schon immer, dass etwas nicht mit ihm stimmte: Er wurde niemals krank, seine Verletzungen heilten ungewöhnlich schnell und einmal nahm sogar ein Dämon vor ihm Reißaus. Die alte Hexe Chiyo, die in seinem Heimatdorf lebt, prophezeite ihm, dass er sowohl Antworten auf seine Fragen als auch seine Bestimmung in Akuma Gakure finden würde, der Stadt der Dämonen und des organisierten Verbrechens. Kaum dort angekommen, bekommt Naruto Schwierigkeiten mit den Handlangern des Gangsters Orochimaru. Der Halbdämon Kimimaro steht ihm jedoch bei und Naruto findet Unterschlupf bei der Tänzerin Ino und ihrer Freundin Hinata. Er erfährt, dass Orochimaru die rechte Hand des Dämonenkönigs ist, der der wahre Herrscher über die Stadt sein soll. Außerdem schließt er gezwungenermaßen Bekanntschaft mit Sasuke, Itachi, Kakashi und Ashitori – Mitgliedern der Sharingan-Familie, der mächtigsten Mafia-Bande der Stadt –, und den Weißen Richtern, die mit sehr radikalen Mitteln die Dämonen in Akuma Gakure ausrotten wollen. Als er auf der Straße angegriffen wird, bricht eine unbekannte Kraft aus ihm hervor und er tötet die Angreifer versehentlich. Tief beschämt, trifft er einen jungen Mann mit roten Haaren, der meint, sie wären sich ähnlich.

Orochimaru, der von Narutos Fähigkeiten Wind bekommen hat, lässt ihm eine Falle stellen. Die Klänge, seine halbdämonischen Handlanger, lauern Naruto auf. Wieder rettet Kimimaro ihn und er findet Unterschlupf bei den Straßenwölfen, einer Gossenbande, bei denen er Bekanntschaft mit Sakura schließt.

Kimimaro, der in Tayuya, eine der Klänge, verliebt ist, schließt sich mit dem Dämonenjäger Deidara zusammen, um mit ihm zusammen Orochimaru und den Dämonenkönig zu stürzen und Akuma Gakure zu befreien. Dabei soll ihnen eine Dämonenessenz helfen, die Deidara jüngst erbeutet hat. Die beiden töten Kabuto, einen weiteren Handlanger des Gangsters, und erfahren, dass in Naruto ein mächtiger Dämon leben soll, auf den Orochimaru es abgesehen hat. Kabuto hat außerdem ein Mittel entwickelt, dass den Klängen, zu denen auch Kimimaro einst gehörte, in ihrer dämonischen Form schadet.

Naruto stimmt indessen zu, den Straßenwölfen bei einem heiklen Plan zu helfen. Sie wollen die gefürchtete Hyuuga-Familie und die Schattenjäger, eine rivalisierende Straßenbande, um eine beachtliche Summe Geld erleichtern. Shikamaru, der Anführer der Schattenjäger, trickst sie jedoch aus und führt die Hyuuga direkt zu ihrem Versteck. Weil Hinata ebenfalls zur Familie gehört und Naruto mit ihr Kontakt hatte, ist Neji, der höchste Würdenträger der Mafia-Bande, gar nicht von ihm angetan. Er soll dem Dämon Byakugan geopfert werden, der ihm erzählt, dass in ihm tatsächlich ein Dämon wohnen würde. Während der Anrufung werden die Hyuuga von der Sharingan-Familie attackiert, die auf einen Racheakt aus ist. In einem spektakulären Kampf schaffen sie es, die Hyuuga-Familie auszulöschen. Neji opfert sich selbst Byakugan.

Jetzt in der Gewalt der Sharingan-Familie, wird Naruto von Don Madara ein Angebot gemacht: Kimimaro hat die Ehre der Familie beschmutzt, indem er wiederholt Orochimarus Anhänger getötet und die Morde der Sharingan-Familie in die Schuhe geschoben hat. Er soll liquidiert werden. Da Kimimaro Naruto vertraut, soll dieser zusammen mit dem Mafioso Sasuke den Halbdämon ausfindig machen. Dafür bietet der Don ihm freies Geleit aus der Stadt, von der Naruto gehörig die Nase voll hat.

Auch Kimimaro und Deidara suchen nach Naruto. Sie sehen in ihm einen nützlichen Verbündeten im Kampf gegen den Dämonenkönig, und weil Orochimaru ihn unbedingt haben will, muss er Angst vor ihm haben. Die vier schließen sich zu einem Team zusammen, weil Sasuke noch warten will, bis er eine Gelegenheit hat, um Kimimaro sicher zu töten.

In der Zwischenzeit hat Shikamaru seine Macht über die beiden Straßenbanden gesichert und die Straßenwölfe und die Schattenjäger, die früher einmal ein Herz und eine Seele waren, wieder zusammengeführt. Sie schließen einen lukrativen Deal mit Tsunade, einer Bordellbesitzerin, ab und kommen so an Geld.

Kimimaro, Naruto, Deidara und Sasuke nehmen an einem Maskenball in den Bergen vor Akuma Gakure teil, wo sie eine Kontaktperson treffen wollen, die sie in Orochimarus Anwesen einschleust. Allerdings geht bei diesem Plan alles schief, was nur schief gehen kann: Der Kontaktmann ist tot, und nicht nur dass plötzlich ein unsterblicher Dämon namens Hidan mit seiner Sense unter den Ballgästen wütet, auch die Weißen Richter mischen kräftig mit. In dem Getümmel trifft Naruto Sakura wieder, die auf Shikamarus Anweisung hin die Ballgäste um ihre Wertgegenstände erleichtern sollte. Es kommt zu einer wilden Verfolgungsjagd mit den Weißen Richtern, während der Narutos Gruppe die wertvolle Dämonenessenz verliert. Mit einem riskanten Schachzug trickst Deidara Anko, eine Anführerin der Weißen Richter, aus und es gelingt der Gruppe schließlich, die Berge zu verlassen.

Indessen sucht der Dämon Byakugan, der noch in Nejis Körper steckt, alle überlebenden Mitglieder der Hyuuga-Familie heim und raubt ihnen die magischen Kräfte ihrer Augen, die er ihnen einst verliehen hat.

Zurück in der Stadt, bringt Sakura Naruto, Sasuke, Kimimaro, Deidara und dessen Knappen Tobi zu dem neuen Quartier der Schattenwölfe, wie sich Shikamarus Bande nun nennt. Dort findet Naruto zu seiner Überraschung Ino wieder, die von den Schattenwölfen aufgegabelt wurde. Narutos Taten haben eine Kette von Umständen ausgelöst, an deren Ende nun sie und Hinata von einem Gangster namens Assei tyrannisiert werden. Naruto fühlt sich schuldig und verspricht, den beiden zu helfen. Auch die Schattenwölfe erklären sich schließlich einverstanden. Gemeinsam dringen sie in Inos Miethaus ein, um Hinata aus Asseis Fängen zu befreien. Mit Kimimaros Hilfe schaffen sie es schließlich, allerdings wird der Halbdämon dabei schwer verletzt.

Und auch Orochimaru ist währenddessen nicht untätig: Weil Kimimaro bei dem Massaker in den Bergen mit Sasuke gesehen wurde und erneut den Mord an einem seiner Anhänger als das Werk der Sharingan-Leute tarnte, ist der Gangsterboss überzeugt, dass Kimimaro mit der Mafia-Familie unter einer Decke steckt. Er ruft seine Klänge zu sich, um ihnen einen neuen Auftrag zu erteilen …

Dämonenangriff

Es war im Grunde ein Tag wie jeder andere. Eine kleine Schießerei in einem Restaurant, weil der Besitzer sein Schutzgeld plötzlich nicht mehr zahlen wollte, danach eine Verfolgungsjagd mit zwei dreisten Dieben, die sich einbildeten, den so schwer verdienten Geldkoffer stehlen zu müssen, und letztendlich noch ein niederer Dämon, der ihn überraschte, indem er aus einer Mülltonne am Straßenrand sprang und ihn bei der Jagd behinderte.

Wie erwähnt, ein Tag wie jeder andere.

Itachi unterdrückte ein Seufzen, stürzte seinen zweiten Whiskey hinunter und knallte das Glas auf die Bartischplatte. Der neue Barkeeper schenkte ihm sofort nach. „Viel los heute?“, fragte er.

Itachi antwortete nicht, sondern hob nur das Glas zu den Lippen. Dabei musterte er die Sharingan-Bar. Die Einrichtung war für viel Geld erneuert worden. Nichts deutete noch auf den Schusswechsel vor drei Wochen hin. Viele Leute waren dennoch nicht hier, und es waren ausschließlich Mitglieder der Sharingan-Familie. Die Bar war heute für anderweitige Gäste gesperrt.

Etwas missmutig stellte Itachi sein Glas zurück, ohne einen Schluck getan zu haben. Seit der alles entscheidenden Schlacht gegen die Hyuuga-Familie waren sie hoffnungslos unterbesetzt. Die Mafiosi, die nicht gerade im Außendienst unterwegs waren, lungerten hier herum, obwohl die Sonne erst im Untergehen begriffen war. Dennoch waren es nur etwa drei Dutzend Männer, die an der Bar hockten oder auf den Tischen Karten spielten. Ein Bruchteil ihrer alten Stärke.

Ein Hocker neben ihm wurde zurück gezogen. Itachi sah nicht hin, wer sich neben ihn setzte. „Wie geht es deiner Verletzung?“, fragte er.

„Gut soweit“, antwortete Kakashi und bekam vom Barmann ebenfalls einen Whiskey zugeschoben. „Was machen deine Augen?“

„Nie wieder“, sagte Itachi knapp.

„Verstehe“, murmelte Kakashi und ging nicht weiter darauf ein. Das Amaterasu hatte Itachis Sehkraft beträchtlich geschwächt – und wenn eine einmalige Anwendung bereits solche Auswirkungen hatte, stand jede weitere Nutzung der Kraft des Dämons Mangekyou außer Frage. Mit schlechtem Augenlicht konnte er schließlich nicht so gut zielen und schießen.

Sie schwiegen eine Weile, in denen Itachi doch wieder an seinem Glas nippte. „Ist der Don schon zurück?“, fragte Kakashi.

„Nein.“ Don Madara war zu Mittag mit einem Leibwächter in ein Gourmet-Restaurant gefahren, um richtig gut zu essen. Seit dem Ende der Hyuuga-Familie kam Itachi sein Verhalten recht leichtsinnig vor, aber es gab schließlich wirklich nichts, was sie wirklich fürchten müssten. Der Don war noch nicht zurück, aber das war nicht verwunderlich; er wollte noch eine Fabrik am Fluss besuchen, die die Familie kürzlich gekauft hatte.

„Etwas Neues von Sasuke?“, fragte Itachi. Der Barkeeper verfolgte den Dialog der beiden stirnrunzelnd.

„Nichts. Anscheinend hat er keine Gelegenheit, uns zu informieren. Er ist an Kimimaro dran, so viel wissen wir.“

„Hm.“ Itachi wollte gerade wieder zu seinem Glas greifen, als er draußen Riefen quietschen hörte. Das Geräusch weckte Erinnerungen an den Tag, als die Hyuuga-Familie ihre Bar angegriffen hatten, und einem Impuls folgend stand er auf, ging zum Fenster und sah prüfend hinaus.

Eine weiße Limousine stand quer über die Straße. Hinter ihr hatte ein Auto bremsen müssen. Wütendes Hupen wurde laut. Itachi kniff die Augen zusammen, als sich die Türen des Luxuswagens öffneten und mehrere Gestalten ausstiegen. Er sah selbst auf diese Distanz alles verschwommen, aber es reichten die Umrisse der Leute dort draußen, um ihn wissen zu lassen, wen er vor sich hatte.

Es waren vier, und sie trugen schwarzweiße Anzüge.

„Was wollen sie schon wieder hier?“, murmelte Kakashi, der ihm gefolgt war.

„Ich weiß es auch nicht.“

Die Klänge blieben mitten auf der Straße hinter ihrem Wagen stehen. Tayuya zog eine versilberte Querflöte aus ihrem Sakko und begann darauf zu spielen. Eine schrille Melodie wehte über die Straße zu ihnen durch das gekippte Fenster herüber. „Zieht eure Waffen“, sagte Itachi gerade so laut, dass man es in der still gewordenen Bar hörte. Er hörte das Klicken von Pistolen, die entsichert wurden, war aber nicht beruhigt.

Es gab ein Geräusch, als würde irgendwo ein Luftballon zerplatzen, allerdings mit einem Nachhall, als käme es nicht von dieser Welt. Weiße Nebelwolken wallten vor den Klängen auf, und aus ihnen traten gigantische, monströse Dämonen: Sie sahen aus wie Oger mit deformierten Gesichtern und Körpern – einer hatte gar keine Arme, die anderen trugen nagelgespickte oder steinerne Keulen. Es waren insgesamt sechs. Ohne einen Laut auszustoßen, trampelten sie über die Straße auf die Bar zu.

„Sie greifen uns an“, stellte Itachi das Offensichtliche fest.

„Lernen sie denn nie dazu?“, murmelte Kakashi.

Itachi hob seinen Colt, um einen der Giganten mit einem gezielten Schuss wieder dorthin zu befördern, wo er vor der Beschwörung gewesen war, aber er kam nicht dazu abzudrücken. Aus dem Nebel, der sich immer noch nicht ganz gelegt hatte, flog etwas heran und schlug donnernd im Dachstuhl des Gebäudes ein.

Die ganze Bar erbebte. Itachi stoppte seinen Finger, der gerade im Begriff war zu schießen – er hätte garantiert nicht getroffen, da war es besser, Munition zu sparen. Kakashi hielt sich an der Gardine fest, das Poltern hinter ihnen ließ vermuten, dass ein Familienmitglied gestürzt war.

Staub und Schutt rieselte vor das Fenster. Die Balken, die die Decke trugen, knarzten beunruhigend, hielten der Geröllhalde, die dort oben entstanden sein musste, aber gottlob stand.

Itachi unterdrückte den Impuls, wütend die Zähne zusammenzubeißen. Die Klänge hatten ihren Angriff genau geplant und mit dem Nebel nicht nur Verstärkung beschworen, sondern gleichzeitig die schwache Stelle der Sharingan-Familie ausgenutzt – sie hatten nicht gesehen, dass jemand auf sie schoss.

 

Jiroubu ließ zufrieden seine Bazooka sinken. „Das war ein Volltreffer“, konstatierte er.

„Das war zu hoch, dämlicher Fettsack“, zischte Tayuya. „Du hättest frontal in die Bar treffen müssen!“

„Das war schon so geplant. Wenn die Decke einbricht, krepieren sie alle. Außerdem war unser Wagen im Weg – also schimpf nicht so herum, du kriegst nur Krähenfüße davon.“

„Nicht streiten“, mahnte Kidoumaru. „Konzentriert euch lieber.“

„Richtig. Tayuya, du solltest weiterspielen, sonst stehen deine Dummys nur dumm herum“, sagte Jiroubu.

Die rothaarige junge Frau starrte ihn mit einem Blick an, der wohl Kaminfeuer einfrieren konnte, dann setzte sie ihr schrilles Flötenspiel fort und die Giganten bewegten sich weiter.

„Bei einem Konzert wird man dich nie auftreten lassen“, meinte Jiroubu sachlich. Tayuya wirbelte im Musizieren herum und ihr Fuß traf den dicklichen Halbdämonen genau zwischen die Beine. Fluchend ging er in die Knie. „Argh! Du verfluchte, kleine …“

„Sagt mal, geht’s eigentlich noch? Wir kämpfen gegen unser Erzfeinde, oder?“, fragte Kidoumaru ungläubig, als auch schon der erste Pistolenschuss durch den Nebel ging und buchstäblich haarscharf an seinem struwweligen Kopf vorbei pfiff.

Sofort duckten sich die Klänge hinter der Karosserie ihrer Limousine. Sakon beugte sich zur Seite, öffnete die Fahrertür und erschoss den total verängstigten Chauffeur, damit ihre Deckung nicht plötzlich davonbrausen konnte.

„Jetzt geht das Spiel also endlich in die zweite Runde“, freute sich Kidoumaru und rieb sich zwei seiner Hände, während seine anderen vier Revolver aus ihren Halftern zogen.

 

Der Nebel hatte sich gelichtet, aber die Klänge waren nicht zu sehen. Itachi hätte es mit seinen geschwächten Augen auch so kaum geschafft, auf ihre Füße hinter der Limousine zu zielen, aber die Fenster der Bar ließen nur einen zu steilen Schusswinkel zu und der Wagen war auch noch tiefergelegt, sodass auch die übrigen Mafiosi die Beine der Halbdämonen nicht sehen konnten.

Einige Männer hatten blindlings gefeuert, aber rasch aufgehört, als sich ihnen kein Ziel bot. Dafür nahmen sie jetzt die beschworenen Ogerdämonen aufs Korn, die auf die Bar zurannten. Einer von ihnen wurde innerhalb von Sekunden von so vielen Kugeln durchbohrt, dass er im Laufen lautlos zusammensackte und liegen blieb. Blut sah man keines.

Die anderen aber waren schneller. Einer, ein Dämon, dessen Kopf nur aus einem fettigen Haarschopf zu bestehen schien, sprang mit einem kraftvollen Satz aus der Schusslinie. Kurz darauf hörten Itachi und Kakashi über sich ein Krachen. Alarmiert sahen sie sich an.

„Er ist auf dem Dach.“

Itachi nickte. „Übernimmst du ihn?“

„Sofort.“ Kakashi wirbelte herum und stürmte durch die Hintertür ins Stiegenhaus.

Itachi richtete seine Aufmerksamkeit – und seine Kugeln – wieder auf die anderen Dämonen. Wenn der Oger es schaffte, den Dachstuhl komplett zu zerstören, waren sie erledigt. Und draußen boten sie ein zu leichtes Ziel für die Klänge

Ein Bersten und Krachen riss ihn aus seinen Gedanken. Metall scherte über Stein, als ein weiterer Oger die Bar erreichte und mit seiner Keule gegen die Außenmauer drosch. Itachi wurde von der Erschütterung zurückgeworfen; selbst im Inneren sah man die Risse, die sich durch das Mauerwerk zogen.

Ein weiterer Hieb ließ die Mauer splittern.

Feinster Staub kam in Itachis Augen, ließen sie tränen und seine Sicht weiter verschwimmen. Die Sharingan-Leute schrien durcheinander und schossen auf das Ungetüm, das durch das Loch sichtbar wurde. Es steckte die Kugeln mühelos weg, sie schienen seine Haut gar nicht zu durchdringen. Dennoch kam der Dämon nicht ins Innere der Bar.

Das tat ein anderer.

Ein buckeliges Wesen, dessen Kopf mit Bandagen umwickelt war und das eigentlich gar nichts sehen dürfte, sprang in den Barraum. Es lief gebückt, seine krummen Beine trappelten blitzschnell über den schuttübersäten Boden. Seine Arme liefen in zwei riesigen, spitzen Klauen aus, die mühelos die Einrichtung zertrümmerten, die dem Oger im Weg zu seinem ersten Opfer stand.

Der Mafioso, den er angriff, wollte zurückweichen, stieß allerdings gegen einen Tisch. Nackte Angst flackerte in seinen Augen. Sein Gesicht war kreidebleich, als sich das Wesen wie in Zeitlupe über ihn beugte und mit einem Arm ausholte.

„Schieß, verdammt, worauf wartest du?!“, schrie ein anderer.

Der Mann war neu. Itachi kannte seinen Namen noch nicht, aber er war der Familie erst nach dem Untergang der Hyuuga beigetreten. Auch ohne Sharingan müsste er den massigen Dämon vor sich blind treffen, aber der Mafioso war starr vor Angst. Itachi riss seinen Colt in die Höhe, zielte auf das verschwommene Bild, in das seine Augen die Realität verwandelten, und schoss. Die Kugel zerfetzte die Kopfbandage des Wesens, ließ die Haut darunter allerdings unverletzt.

Itachi stieg einen stillen Fluch aus.

Das Monster schlug zu. Blut besprenkelte den hinteren Teil der Bar, als der Krallenhieb sogar den Tisch hinter dem Mann zerfetzte. Sein Schrei ging in ein abgehacktes Gurgeln über.

Etwas krachte und bebte – die anderen Dämonen hatten nun, da der Kugelhagel zum Erliegen gekommen war, begonnen, die Außenmauer zu zerstören. Itachi gewahrte aus den Augenwinkeln, wie sich da draußen eine Gestalt über das Dach der Limousine beugte. Durch die Staubwolke und seine Tränen hindurch zu zielen würde zu viel Zeit kosten – er ließ sich einfach fallen und spürte, wie der Luftzug der Kugel seinen Mantelkragen streifte. Sakon hatte tatsächlich auf ihn gezielt. Die Gerüchte über den Meisterschützen der Klänge mussten wahr sein.

 

Der Weg zum Dachstuhl war so mit Schutt übersät, dass Kakashi nur langsam vorankam. Im Laufen lud er seine Pumpgun durch. Er hatte keine Angst vor dem Ogerdämon, aber er hatte vor, vorsichtig zu sein. Er wusste nicht, welche Tricks das Wesen auf Lager hatte.

Das Dach war so sehr eingebrochen, dass Licht in den sonst dunklen Dachstuhl fiel. Viele Balken waren zersplittert; die Decke schien nur mehr am sprichwörtlichen seidenen Faden zu hängen und unter seinem Gewicht zu ächzen.

Umso schädlicher war da das zwei Meter große Ungetüm, das mit seiner Keule auf den Boden drosch. Sie war nicht besonders schwer, aber unter Umständen konnte sie dem lädierten Dach den Rest geben. Kakashi verschwendete einen Gedanken daran, wie gut koordiniert der Angriff der Oger war. Tayuyas Lied drang auch hier an sein Ohr. Lenkte sie die Dämonen damit?

Es war unheimlich, dass das Wesen keinen Laut von sich gab. Ob es überhaupt sprechen konnte? Kakashi legte an. Der freie Bereich des Dachstuhls belief sich auf etwa acht Quadratmeter, die quasi unter freiem Himmel lagen. Überall sonst lagen Schuttberge. Kniehoch tanzte noch der Staub herum. Kakashi bemühte sich, im Schatten einer zerstörten Wand zu bleiben. Vielleicht bemerkte die Kreatur ihn nicht, wenn Tayuya ihn nicht sah … Er zielte mit seinem Sharingan-Auge und drückte ab.

Insgesamt schoss er dreimal, während er immer kurz durchlud. Die Schrotpatronen durchschlugen den Körper des Dämons nicht, sie blieben in ihm stecken. Kakashi wartete, ob der Oger etwas tat, um sich zu wehren, aber er prügelte weiter auf die geschwächten Balken ein. Schließlich zielte Kakashi auf seinen Kopf und schoss fast sein Magazin leer, bis der Dämon endlich vornüber fiel und sich nicht mehr rührte. Erleichtert ließ der Mafioso die Waffe sinken.

Er wollte sich gerade über die Mauer lehnen, um von hier aus auf die Klänge zu zielen – als ihn ein plötzlicher Schauer überkam, als wollte er ihn vor etwas warnen. Kakashi wirbelte herum – und starrte in ein geöffnetes Maul mit mehreren Reihen spitzer Zähne, das vor ihm auf einem durchscheinenden Wurm prangte.

Kakashi riss die Augen auf, als die Zähne auf ihn zurasten. Es war noch nicht vorbei?

Das Maul packte ihn und grub die Zähne in seine Brust und seinen Rücken.

 

„Schießt! Feuer, Feuer, Feuer!“, riefen die Sharingan-Leute durcheinander, als der Krallenoger von einem zum Nächsten sprang und ein Desaster anrichtete. Seine Klauen waren längst blutrot, während er die Kugeln, die ihn trafen, gar nicht zu spüren schien.

Itachi ächzte und wich in den Schutz des verbliebenen Wandstücks zurück. Sie verloren gegen diese Wesen? Gegen Abkömmlinge der Klänge, die selbst nicht mehr als Untergebene waren? Unmöglich!

Bald würden die anderen Dämonen die restliche Wand zerstört haben, und dann standen sie im freien Schussfeld der Klänge, und Itachi wusste noch gut von ihrem letzten Kampf, dass mit deren Waffen nicht zu spaßen war.

Er sah nach oben. Staub rieselte herab. Wenn uns nicht sowieso vorher die Decke auf den Kopf fällt …

Schwierigkeitsstufe Zwei

Kakashi fühlte, wie ihn sämtliche Kraft verließ. Die geisterhafte Erscheinung, die aus dem Maul des Dämons hervorgequollen war, saugte ihn aus wie ein Vampir. Als Erstes spürte er, wie seine Sehkraft nachließ. Sein Sichtfeld verschwamm und wurde zuerst milchig, dann dämmrig rot. Durch diesen finsterroten Schleier sah er den Ogerdämon, der auf dem Boden lag, und den Geisterwurm, der auch an anderen Stellen geifernde Mäuler öffnete. Die Wolken am Himmel hatten einen blassen Rosaton angenommen, die Schatten waren stärker geworden und tiefschwarz. Es kam Kakashi so vor, als würde er einen Blick in die Hölle tun. Er fühlte seine Pumpgun noch in seiner Hand. Immer schläfriger wurde er, als er die Waffe Zentimeter um Zentimeter hob. Sein Arm schien ihm gar nicht zu gehorchen … Wie viele Schüsse hatte er noch übrig? Einen? Zwei? Er konnte es nicht mehr sagen.

Kakashi atmete tief ein, um wieder ein wenig Leben in seine Glieder zu bringen. Auf die durchscheinende Röhre, die der Wurm darstellte, zu zielen, war nicht schwer, da er ja immer noch in ihm verbissen war. Kakashi drückte ab. Ein fauchendes Geräusch ertönte, als die Kugel durch den Geisterwurm hindurchflog und im Himmel verschwand. Unmöglich! Er konnte dieses Ding nicht verletzen?

Mittlerweile konnte er kaum noch die Augen offen halten. Das Letzte, was er sah, ehe er in tiefe Bewusstlosigkeit glitt, war ein Schatten, der sich am Rand der Treppe von den anderen löste.

 

Der Krallenoger wütete immer noch unter den Mitgliedern der Sharingan-Familie, aber seine Bewegungen waren bereits langsamer geworden. Das Wesen schien zwar immun zu sein gegen Schmerz, aber seine Gliedmaßen waren zerstörbar wie alles andere, auch wenn sie fast so hart wie Stein zu sein schienen. Der beständige Kugelhagel hatte eine seiner Krallen abbrechen lassen, und andere Projektile steckten wie glänzende Nieten in seinen Beinen und behinderten seine Bewegungen. Das Monster suchte sich soeben ein neues Opfer aus – diesmal niemand Geringeren als Itachi selbst – als eine weitere Schrotladung seinen Unterschenkel traf. Ein schnalzendes Geräusch ertönte, als die Patronen die Sehne kappten – sofern das Ungeheuer so etwas überhaupt hatte –, und das Biest stürzte vornüber und krachte zu Boden. Es versuchte, auf Itachi zuzukriechen, der kurz überlegte, vielleicht doch sein Amaterasu einzusetzen. Stattdessen ging er nur ein paar Schritte auf Distanz und atmete tief durch. Sie hatten sich etwas Zeit verschafft, aber mehr auch nicht.

Krachend barst ein weiteres Mauerstück und der Dämon mit der Eisenkeule trat ein. Einer löst den anderen ab, dachte Itachi. Es ist klar, Tayuya kontrolliert die Dämonen mit ihrem Flötenspiel. Er warf einen Blick aus dem Raum. Die Klänge verwendeten die gepanzerte Limousine immer noch als Schutzschild.

Itachi ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und wandte seine Aufmerksamkeit dem neuen Dämon zu. Mit Blicken signalisierte er zwei Familienmitgliedern, durch die Hintertür hinauszuschleichen und die Klänge zu überraschen. Er hätte diesen Part nur zu gern selbst übernommen, doch so sehr es ihn grämte, er fürchtete, seine schlechten Augen würden ihn zu sehr benachteiligen.

 

„Hehe, die kleinen Menschen kommen ganz schön ins Schwitzen“, grinste Kidoumaru, als er über den Rand der Limousine lugte. Er war bereits in seiner dämonischen Form und hatte seine Haut mit einer gelblichen Schutzhülle überzogen, um nicht von einer blitzschnell abgeschossenen Kugel getötet zu werden, wenn er sich den Stand der Dinge ansah. Seine Arme spielten mit seinen Pistolen. Er konnte es kaum erwarten, sich endlich selbst in den Kampf zu stürzen. „Hey, Tayuya, nimm uns nicht die ganze Arbeit ab! Die Penner kommen ja offensichtlich nicht mal über das erste Level unseres Spiels hinaus!“

Hätte Tayuya nicht emsig ihre Flöte gespielt, hätte sie ihm garantiert eine gepfefferte Antwort gegeben. So starrte sie ihn nur eisig an und musizierte weiter.

Kidoumaru sah sich wieder das Schlachtfeld an und kniff die Augen zusammen, als er eine Bewegung auf dem Dach sah. „Nanu, was ist …“

Die Kugel, die haarscharf an seinem Kopf vorbeischoss, ließ ihn verstummen. Mit einem hellen Klirren zersplitterte die Flöte in Tayuyas Händen genau in der Mitte. Man hatte keinen Schuss gehört.

Kidoumaru drehte sich mit weit aufgerissenen Augen um. Während die Splitter wie in Zeitlupe durch die Luft tanzten, verlor Tayuya vor Überraschung das Gleichgewicht. Das ramponierte Flötenstück entglitt ihren Fingern, als sie rückwärts stürzte. Jiroubu, der hinter ihr stand, fing sie auf – wenn auch eher aus Reflex oder aus Versehen.

„Duckt euch“, befahl Sakon und federte geschmeidig in die Knie. Kidoumaru tat es ihm gleich.

„Pfoten weg, Fettsack!“, schimpfte Tayuya, befreite sich aus Jiroubus Griff und kniete sich neben die anderen. Zu sagen, dass sie gereizt war, wäre maßlos untertrieben.

„Ein Scharfschütze auf dem Dach?“ Kidoumaru war nun amüsiert. „Das wird ja interessant. Den kauf ich mir! Spielen wir eine Runde Wer tötet die meisten Sharingan-Leute?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, richtete er sich mit seiner Rüstung wieder auf und spuckte einen fingerdicken Spinnenfaden auf den Dachstuhl der Bar, wo er kleben blieb. Das andere Ende befestigte er am Boden. „Bis später!“, rief er, sprang auf den Faden und rannte, geschickt die Balance haltend, auf der klebrigen Spur hinauf zum Dach. Ein zweiter Schuss folgte, der genau auf den Faden gerichtet war, ihn allerdings nicht durchtrennen konnte, sondern nur zum Schlenkern brachte. Kidoumaru bereitete es mit seinen sechs Händen kein Problem, das Schwanken auszugleichen.

„Er zielt sehr gut“, murmelte Sakon. „Selbst für jemanden mit Sharingan-Augen.“

 

„Alles in Ordnung?“ Kakashi sah blinzelnd hoch. Seine Sicht klärte sich nur allmählich, aber er erkannte Ashitoris Stimme. Dem Scharfschützen stand Schweiß auf der Stirn. Er hielt Kakashi die Hand hin und half ihm hoch.

Dieser sah sich auf dem verwüsteten Dachstuhl um. Der Dämon war verschwunden, als hätte er sich in Luft aufgelöst, ebenso das geisterhafte Wurmding. „Wie hast du das angestellt? Da war doch eben noch …“, murmelte er geistesabwesend.

„Die rothaarige Frau von den Klängen war der Schlüssel“, erklärte Ashitori. „Zumindest ihre Flöte. Ich hab sie zerschossen – wir sollten jetzt Ruhe vor den Dämonen haben.“

Kakashi nickte. Er musste sich gegen die Wand lehnen und Atem schöpfen.

„Willkommen auf Schwierigkeitsstufe Zwei!“, krähte plötzlich eine Stimme. Die beiden wirbelten herum und sahen einen weiteren Dämon auf einer zerbrochenen Mauerkante hocken. Er hatte buschiges Haar, braune Haut und auf der Stirn ein drittes Auge. Kurze, spitze Zähne ragten aus seinem Mund. Kidoumaru – der Spinnenmann der Klänge. „Wie jetzt? Zwei gegen einen?“, rief er.

„Bei der Anzahl der Arme hast du trotzdem noch die Nase vorn“, bemerkte Kakashi trocken.

Die drei Augen musterten erst den einen, dann den anderen Mafioso. „Wer von euch war es, der Tayuyas Flöte zerschossen hat? Das würde mich interessieren.“ Kidoumarus Hände glitten in seine Brusthalfter und zogen gleichzeitig sechs Pistolen. „Na, was soll’s. Ich erledige euch einfach beide“, grinste er.

Ashitori und Kakashi wären fast zu spät davongestoben. Sie teilten sich auf, aber es nutzte nichts. Kidoumaru schaffte es, mit je drei seiner Waffen einen von ihnen ins Visier zu nehmen. Während sie über den Dachstuhl rannten und Deckung suchten, schlugen direkt hinter ihren Fersen die Kugeln ein. Kakashis Sharingan ließ ihn im Stich. Er war noch zu erschöpft, um die Flugbahn der Kugeln analysieren zu können. Nur seiner körperlichen Schwäche verdankte er es, nicht getroffen zu werden: Seine Knie knickten plötzlich ein und er stürzte; zwei Projektile sausten haarscharf an seinem Kopf vorbei. Die dritte Kugel streifte sein Mundtuch gerade so knapp, dass es an seinem Kinn aufriss. Dann landete er auf dem Boden und schlitterte einige Meter weiter, bis er gegen den Schornstein krachte, der dort in die Höhe ragte. Hinter seiner Stirn explodierte der Schmerz. Er sah für einen Moment Sterne, biss sich auf die Zunge und schmeckte Blut.

Kidoumaru wäre es ein Leichtes gewesen, ihn zu erledigen, aber er konzentrierte sich nun ganz auf Ashitori. Im Viertelsekundentakt feuerten seine halbautomatischen Pistolen. Ashitori, der sein tödliches Potenzial nur nutzen konnte, wenn er in Ruhe zielen konnte, schoss blindlings zurück, erwischte aber nicht einmal das Mauerstück, auf dem Kidoumaru saß.

Kakashi rollte sich stöhnend herum. Er sah nur verschwommene Schemen, jede der Kugeln schien eine gleichfarbige Spur hinter sich herzuziehen, was in der Luft ein verwirrendes Muster bildete. Aber warum traf er nicht? Es sah aus, als würde Kidoumaru ein skurriles Muster aus Einschusslöchern um Ashitori herum zeichnen, ehe der Mafioso endlich Deckung hinter einem großen Trümmerstück fand. Und warum hatte er Kakashi verschont? Ihm ging ein Licht auf. Kidoumaru spielte mit ihnen! Rasch versteckte er sich hinter dem Schornstein, während er darauf wartete, dass seine Sicht sich klärte und sein Gleichgewichtssinn zurückkam.

 

Itachi betrachtete die Verwüstung im Inneren der Bar. Die Dämonen waren plötzlich in weißen Rauchwolken verpufft. Doch die Zerstörung, die Leichen und das Blut, das den Boden verunzierte, waren Zeuge ihres Angriffs.

Und er wusste, dass es noch nicht vorbei war.

Itachi drängte sich mit dem Rücken gegen ein verbliebenes Mauerstück und hielt seine Pistole ruhig mit beiden Händen. Das Dachgebälk ächzte bedrohlich, aber mit etwas Glück würde es halten, bis … Ja, was eigentlich? Er brauchte dringend einen Plan! Die Männer durch den Hintereingang zu schicken, um die Klänge zu überraschen, war eher eine Verzweiflungstaktik gewesen. Sie würden es nicht schaffen. Itachi erinnerte sich noch gut an den ersten Angriff der Klänge auf ihre Bar, kurz nachdem die Familie sich in Akuma Gakure etabliert hatte. Auch damals war Sasuke nicht hier gewesen, um ihm den Rücken freizuhalten, und die Klänge hatten Kimimaro dabei gehabt. Allerdings war die Familie damals weit zahlreicher gewesen als jetzt, nach dem kräftezehrenden Bandenkrieg mit den Byakugan-Anbetern. Sie würden wohl wieder Mangekyous Hilfe brauchen, um zu gewinnen …

Ein ohrenbetäubendes Bersten und Krachen ließ ihn aus seinen Gedanken hochschrecken. Er wagte es, an seiner Schulter vorbei ins Freie zu lugen und sah gerade noch, wie eine schwarze Rauchwolke neben der Limousine aufstieg und das schwere Auto einen halben Meter in die Luft gehoben wurde, ehe es wieder auf den Boden krachte. Die Motorhaube sprang auf.

Die Notfalltruppe hatte den Häuserblock umrundet und war den Klängen in den Rücken gefallen – und zwar mit einer Handgranate. Da sah er eine einmalige Gelegenheit:

Der Sprengkörper hatte den zähen Halbdämonen garantiert nicht viel ausgemacht, aber die Druckwelle hatte einen von ihnen seine Deckung verlassen lassen. Itachi sah ein Bein, das hinter dem Heck der Limousine hervorragte. Es würde zwar fast keine Wirkung haben, aber er musste die Gegner schwächen, so gut er konnte. Kalt zielte er und drückte ab – und hoffte, dass er seinen Augen soweit trauen konnte, dass er traf.

 

„Verdammt nochmal!“, knurrte Sakon und senkte die Hand, mit der er sich vor der Hitze der Explosion abgeschirmt hatte. Sein Anzugärmel war verbrannt, ebenso die Haut darunter. Er funkelte die beiden Sharingan-Mafiosi wütend an, die aus einer Seitengasse auf ihrer Höhe heraus das Feuer auf sie eröffneten.

Gleichzeitig stieß Tayuya einen leisen Schrei aus, zuckte zusammen und stolperte vorwärts. Sakon sah mit einem schnellen Blick, dass eine Kugel ihren Knöchel durchschlagen hatte. Ein Blutrinnsal floss zu Boden. „Ts“, machte er abfällig, zückte eine Pistole, warf sich vorwärts und schoss seinerseits auf die beiden heimtückischen Mafiosi.

„Aus der Deckung geraten, Tayuya?“, erkundigte sich Jiroubu spöttisch.

„Noch ein Wort, und du bist die längste Zeit ein Mann gewesen!“, zischte die Dämonenbeschwörerin, während sie sich flach auf den Boden presste, um den beiden Männern kein Ziel zu bieten.

Die Sharingan-Leute, die sich an sie herangeschlichen hatten, waren offenbar nervös. Sakon sah ihre Waffen zittern. Selbst die besten Augen nützten einem nichts, wenn man den Lauf nicht stillhalten konnte. Ein einzelner Schuss von ihm löschte das Leben des vorderen aus, dessen Leiche rückwärts umfiel und den anderen beim Zielen behinderte. Sakon stieß ein Lächeln aus. Das würde einfach werden.

In dem Moment erhob sich der Mafioso und stürmte mit lautem Kampfgebrüll los. Sakon wusste zuerst nicht, was er von dieser Wahnsinnsaktion halten sollte, dann schoss er wieder. Im gleichen Moment erkannte er den verzweifelten Plan des Mannes: Seine Hände zitterten zu stark, als dass er einen Treffer landen könnte – also verließ er sich nur auf sein Sharingan und wich, ohne nennenswert langsamer zu werden, Sakons Kugeln aus.

Der Anführer der Klänge schnaubte. Dann eben nicht. Er entspannte seine Muskeln und ließ die Waffe sinken. Der Mafioso wertete das wohl als Zeichen von Schwäche, denn er legte einen Zahn zu und holte mit der Faust aus. Sakon zuckte nicht mit der Wimper.

Der Mann schlug zu. Seine Faust rauschte durch die Luft – und wurde von einem massigen Unterarm blockiert. Jiroubu musterte ihn abfällig. Er ließ ihm einen Moment, um ihn die Aussichtslosigkeit seiner Lage begreifen zu lassen, dann packte er ihn am Kopf und brach ihm mit einem einzigen Ruck das Genick.

„Im Nahkampf seid ihr uns noch mehr unterlegen als in einem Duell“, sagte Sakon zu der Leiche und drehte sich zu Tayuya um. „Was ist mit deinem Fuß?“

„Spar dir dein Mitleid“, fauchte sie, angriffslustig wie ein verwundeter Tiger.

Sakon zuckte mit den Schultern. „War kein Mitleid, nur Neugier.“

„Seht euch das an!“, rief Jiroubu und klang hocherfreut.

Sakon sah, wie er dem toten Mafioso etwas aus der Tasche zog. Er kniff die Augen zusammen. „Ist das …?“

Jiroubu nickte. „Diese bescheuerten Sharingan-Leute haben sich selbst ihr Grab geschaufelt!“

 

Itachi presste die Finger gegen die Nasenwurzel. Dieser Angriff war ja wohl gänzlich in die Hose gegangen … Er hätte es selbst machen sollen!

„Da!“, rief eines der Familienmitglieder und schoss, allerdings nur einmal. Offensichtlich hatte sich einer der Klänge kurz über dem Dach der Limousine gezeigt und war dann wieder verschwunden. Im gleichen Moment, in dem er das dachte, flog etwas in die Bar und kollerte am Boden weiter. Itachis Augen weiteten sich. Nein, das war … Er kniff die Augen zusammen, so fest es ging, als sich die Blendgranate in einen gleißenden Lichtball verwandelte. Ein Knall ertönte und sofort verschlug es ihm die Ohren.

Selbst durch seine Lider hindurch stach das grelle Licht in seine Augäpfel. Als er sie wieder öffnete, war er buchstäblich blind. Alles war weiß um ihn herum, seine Augen brannten, seine Ohren klingelten. Sein Gleichgewichtssinn war gestört, er schwankte und ihm wurde übel. Er wusste kurzzeitig nicht mehr, wo oben und unten war, ob er noch stand oder am Boden hockte, wusste nicht, wie es seinen Kameraden ging …

Vielleicht würde ihm sein neues Sharingan helfen, besser zu sehen … Nein, das war zu riskant, am Ende verlor er damit komplett sein Augenlicht …

Er sah es nicht, er hörte es nicht, aber er spürte es.

Der Boden vibrierte, ebenso die Wand, an der er lehnte, und er fühlte, wie Putz auf ihn herab rieselte. Itachi biss die Zähne zusammen, bis es wehtat. Was würde er an der Stelle der Klänge tun, wenn er seine Feinde, die sich fast nur auf ihre Augen verließen, geblendet hatte?

Die Zahnräder hinter seiner Stirn rasteten ein und gleichzeitig stieß er sich ab und sprintete los. Sein Gleichgewichtssinn kehrte gerade rechtzeitig zurück. Immer noch blind und taub stieß er gegen ein weiches Hindernis, einen Kameraden wohl, der nicht auf die gleiche Idee wie er gekommen war. Er versuchte, ihn mit sich zu reißen, aber seine Hand glitt ab. Itachi schrie etwas, was weder er noch die anderen Familienmitglieder hören konnten. Hoffentlich konnte er sich noch auf seinen Orientierungssinn verlassen …

Er stieß gegen einen zertrümmerten Tisch. Etwas riss seinen Oberschenkel auf und hinterließ etwas deutlich Tieferes als einen bloßen Kratzer, er stolperte über einen Körper, der am Boden lag, fiel beinahe, ging in die Hocke, um das Gleichgewicht zu halten, kämpfte sich im Laufen wieder in die Höhe … Er wäre schneller gewesen, wenn er gleich auf die Straße gerannt wäre, aber da hätte er den Klängen ein zu leichtes Ziel geboten.

Itachi knallte mit voller Wucht gegen eine Wand, mit der er nicht gerechnet hatte, und wäre abermals fast gestürzt. Er taumelte zurück und tastete sich mit den Händen in die eine, dann in die andere Richtung. Wo war er? Hatte er sich verschätzt?

Wieder trommelten Bruchstücke auf seinen Kopf ein, größere diesmal. Der weiße Nebel vor seinen Augen klärte sich langsam, und er konnte wieder Umrisse entdecken. Rechts! Itachi spurtete so schnell los, dass er aus dem Tritt kam. Beinahe wäre endgültig gestolpert, als er gegen einen anderen Flüchtenden prallte und ihn umriss. Geistesgegenwärtig packte er ihn am Arm und zerrte ihn hinter sich her. Ein weiteres Krachen ertönte, und der Druck auf seinen Ohren war wieder fort. Itachi warf einen Blick über die Schulter und sah die ganze Decke herunterkommen. Er und sein Hintermann stolperten mehr, als dass sie liefen, durch den Türrahmen, hetzten den Gang entlang, wobei sie immer wieder gegen die Wände stießen, und erreichten schließlich die Hintertür. Das Krachen hinter ihnen hörte nicht auf. Staub erfüllte die Luft. Knapp hinter ihnen musste alles einstürzen … als würden die Trümmer Jagd auf sie machen … Itachi hielt die Luft an und rammte mit voller Wucht die Tür. Sie aufzuschließen hätte zu viel Zeit gekostet … Diese Idioten von Notfalltrupp hatten nicht einmal die Tür offen gelassen!

Aber er hatte seine eigene Körperkraft überschätzt. Die Türscharniere ächzten, sein Schultergelenk knackte und ein brennender Schmerz zuckte durch seinen Arm, aber die Tür sprang nicht auf.

Für einen Moment war Itachi überzeugt, jetzt sterben zu müssen, als sein Hintermann mit brutaler Wucht gegen ihn prallte. Sämtliche Luft wurde aus Itachis Lungen gepresst, und es fühlte sich an, als würden seine Innereien von zwei kräftigen Händen zusammengedrückt. Sein Mittagessen wollte ihm in den Rachen schießen und seine Rippen knackten nicht nur, er wusste, dass einige von ihnen brachen.

Aber es gab der Tür in dem ohnehin brüchigen Rahmen den Rest. Sie brach komplett aus und im hohen Bogen flogen sie in den Innenhof. Den Mann, der gegen Itachi geprallt war, überschlug es, er wirbelte regelrecht über ihm hinweg und Itachi bekam seinen Stiefel in den Nacken, der sein Gesicht in die Erde stieß. Itachi versuchte sich augenblicklich aufzurappeln. Immer noch bekam er keine Luft. Würgend krümmte er sich und erbrach sich auf dem Boden. Schmerztränen stiegen ihm in die Augen. Er war noch einmal mit dem Leben davongekommen … Vor ihm lag der Mann, der ihm gefolgt war; ein dickliches, relativ neues Familienmitglied. Der Mann war im letzten Moment von einem herabstürzenden Trümmerteil am Hinterkopf getroffen worden. Er lag im Dreck und regte sich nicht mehr.

Itachi sah sich um. Offenbar hatten noch andere Familienmitglieder dieselbe Idee gehabt und es knapp hinter ihm ins Freie geschafft. Er sah fünf andere – nur fünf! – Mafiosi, die völlig aufgelöst und erschöpft auf dem Hinterhof kauerten, den Blick starr auf die Bar gerichtet.

Itachi wandte nur langsam den Kopf. Es widerstrebte ihm, da er ahnte, was er gleich erblicken würde.

Er wurde nicht enttäuscht.

Die Bar der Sharingan-Familie war dank der Bazooka-Raketen nur noch eine Ruine. Das Dach war komplett eingestürzt und hatte alles in eine staubige Schutthalde verwandelt. Drüben auf der Straße hörte er die Klänge schadenfroh grölen. Und nur sechs Mann aus ihren Reihen waren noch übrig, um gegen sie zu kämpfen!

Itachis Hand schloss sich fest um seinen Revolver. Er wusste nicht, was mit Kakashi war oder ob unter den Trümmern noch jemand lebte. Aber eines war sicher: Dieser Kampf würde nicht eher vorbei sein, bevor entweder die Klänge oder jeder einzelne der Sharingan-Familie sein Leben ausgehaucht hatte!

Duell der Scharfschützen

Als der Einsturz begann, hatte Kidoumaru soeben seine Pistolen neu auf Ashitori und Kakashi gerichtet, je drei auf einen von ihnen. „Jedes Spiel hat mal ein Ende“, erklärte er.

Kakashi schob sich so weit in den Schatten des Schornsteins, wie es ging, und Ashitori machte sich hinter seiner Deckung so klein wie möglich – als ein gewaltiger Einschlag das Gebäude erschütterte. Etwas donnerte gegen die Front, das gut ein Schuss aus einer Bazooka sein konnte. Und er war gründlicher gezielt, als er hätte sein dürfen.

Kidoumaru, der immer noch auf der Mauerkante saß, verlor durch das Beben das Gleichgewicht. Aus einer seiner Pistolen löste sich ein Schuss, als er hilflos mit den Armen ruderte. „Jiroubu, du Idiot!“, schrie er, ehe er rückwärts vom Dach stürzte.

Kakashi kam nicht einmal dazu, aufzuatmen. Etwas knirschte. Ein Riss breitete sich quer über den Boden aus, der schon den Bruchteil einer Sekunde später so breit war, dass ein Erwachsener hätte durchfallen können. Und er verästelte sich immer weiter, kleine Stücke bröckelten aus dem Netz der Risse und fielen in die Tiefe. Dann schien das Dach plötzlich in der Mitte einzuknicken, die Mauerplatte, auf der Kakashi stand, neigte sich nach innen. Seine Beine verloren den Halt. Mit aller Kraft klammerte er sich mit den Fingerspitzen in die Backsteinfugen des Schornsteins.

Dann schoss Jiroubu noch mal und Kakashi konnte eine Explosion aus Staub und Mauerstücken knapp unter der Dachkante sehen. Der vordere Teil des Bodens sackte fast sofort in die Tiefe. Deutlich spürte er auch, wie ein Ruck durch den Schornstein ging; der Schuss musste ihn einen Stockwerk tiefer erwischt haben – und kaum hatte Kakashi das gedacht, brach in der Mitte der restliche Boden weg. Wie ein Baum, den man knapp über der Wurzel abgesägt hatte, fiel der Schornstein in die andere Richtung und Kakashi lag plötzlich auf ihm. Wie auf einem grobschlächtigen Schlitten rutschte er darauf rückwärts, der Mitte entgegen, in die Tiefe.

Ashitori konnte der Lawine aus Mauerwerk und Staub ebenfalls nicht entkommen. Mit einem lauten Aufschrei stürzte er in die Leere, als der Boden unter ihm wegbrach. Staub hüllte ihn ein, für einen Moment war er orientierungslos im freien Fall. Etwas streifte sein Bein, dann prallte er mit voller Wucht seitlich auf einen Mauerblock. Ein stechender Schmerz zuckte durch seine Schulter und er konnte fühlen, wie etwas darin zerbrach. Er schlug sich den Kopf an einem Stein und sah Sterne – und sein Fall war immer noch nicht vorbei. Der Mauerblock unter ihm war plötzlich fort und der Sturz ging weiter.

 

Itachi bedeutete den fünf anderen Überlebenden, zurück zu bleiben. Vorsichtig spähte er um das, was früher einmal die Hausecke gewesen war. Durch seine immer noch verschwommene Sicht und den Staubnebel konnte er trotzdem sehen, dass die Straße völlig leer war. Die Klänge standen nicht mehr dort, nicht einmal ihre Limousine war noch da. Waren sie abgezogen? Hatten sie ihren Auftrag, die Bar zu zerstören, erfüllt und sich zurückgezogen? Dieser Gedankengang wäre gar nicht so unwahrscheinlich gewesen – aber Itachi störte er trotzdem. Er glaubte einfach nicht, dass es schon vorbei war. Der letzte Angriff der Klänge hatte in einem Patt geendet – dafür würden sie Wiedergutmachung verlangen.

Er winkte zwei der Männer heran, die gute Sharingan-Augen besaßen, und ließ die anderen im Schatten der Mauerreste sitzen. Sie sollten sich erholen, während er die Lage checkte. Vorsichtig schlichen sie vorwärts, wobei jeder ein Stück der Umgebung im Blick behielt, sodass es keinen toten Winkel gab.

In der Mitte des Trümmerbergs, der einmal ihre Bar gewesen war, raschelten winzige Mauerbrocken, etwas knirschte und ein Schatten erhob sich. Sofort zielten die beiden Männer mit ihren Waffen auf die Gestalt – doch es war kein Feind.

 

Hustend und keuchend humpelte Ashitori aus einem Trümmerhaufen. Seine Kehle und seine Augen brannten von dem Staub, der sich nun langsam legte. Er konnte mit seinem linken Bein nicht auftreten, ohne mit Schmerzen bombardiert zu werden, und die Knochen in seinem rechten Arm konnten nur noch aus einzelnen Splittern bestehen. „Ihr verdammten Bastarde!“, schrie er aus sich heraus. „Es ist noch nicht zu Ende! Die Sharingan-Familie lässt sich nicht so einfach besiegen! Wir haben gerade erst angefangen!“ Er brach ab und hustete.

Aus den Augenwinkeln sah er über den Rand eines abgeknickten Dachbalkens etwas im Sonnenlicht glitzern. Sofort stieß er sich mit seinem rechten Fuß ab und glitt mehr oder weniger elegant von seinem Schutthaufen herunter und hinter ein besonders großes Trümmerstück. Keine Sekunde später ertönte ein Schuss und Staub und Verputz spritzte auf, wo er eben noch gestanden war.

„Nicht schlecht“, lobte eine Stimme. „Du hast gute Augen.“

Ashitori verrenkte sich den Hals, als er ihren Besitzer zu erspähen versuchte. Hinter dem Dachbalken steckte die Holztür, die zum Büro des Dons geführt hatte, schräg im Schutt. Dahinter musste sich der Typ verstecken.

„Lass mich raten, du bist derjenige, der Tayuyas Flöte zerschossen hat? Du warst auf dem Dach, du musst es sein!“ Ashitori sagte nichts dazu, aber die Stimme fuhr einfach fort. „Du musst ein wirklich guter Schütze sein. Ihr Sharingan-Leute seid berühmt für eure guten Augen, aber du scheinst mir ein Sonderling zu sein. Ich hab dir einen Vorschlag zu machen – was hältst du von einem Duell, Mann gegen Mann?“

 

Das Geräusch eines Schusses ließ Kakashi aus seinem dämmrigen, halb bewusstlosen Zustand aufschrecken. Wo war er? Er lag inmitten eines Trümmerberges. Natürlich. Die Klänge.

Mühsam stand er auf, stellte aber fest, dass seine Knochen heil sein mussten – etwas, das angesichts seines spektakulären Sturzes ein Wunder war. Der Schornstein lag mittendurch gebrochen neben ihm. Glück im größten aller Unglücke. Hätte er ihn nicht unfreiwillig als Prellbock benutzt …

Dann sah er etwas, das sein Glück komplett machte. Keine fünf Meter von ihm entfernt, am Rand des Trümmerfelds, wo der Straßenasphalt mit gemahlenem Mauerwerk bedeckt war, lag Kidoumaru und fand ebenfalls nur langsam in die Wirklichkeit zurück. Seine dämonische Form hatte er verloren. Er richtete sich in eine sitzende Position auf und griff sich stöhnend an den Kopf, dann sah er sich orientierungslos um – und entdeckte im gleichen Moment wie Kakashi die Pistole, die vor ihm lag.

Kakashi sprintete los. Hoffentlich ließ ihn sein Gleichgewichtssinn nicht im Stich ... Kidoumaru, offensichtlich noch benebelt, wollte mit drei Händen gleichzeitig nach der Waffe greifen – und seine Arme kamen sich gegenseitig in die Quere. Mit einem Ausdruck in den Augen, als wäre er betrunken, griff er schließlich nur mit einer Hand danach – und fasste daneben.

Die Zeit genügte Kakashi voll und ganz.

Er ging vor dem Spinnenmann in die Hocke, hob dessen Pistole auf und richtete sie auf Kidoumarus Stirn. „Das Spiel ist jetzt wohl für dich vorbei“, sagte er ruhig.

 

„Wieso sollte ich? Und was hast du davon?“, rief Ashitori. Er musste Zeit gewinnen, um seine Gedanken zu ordnen. Er war verletzt und angeschlagen, aber in einem Duell würde ihn das nicht allzu sehr benachteiligen. Das Problem bei einem Duell, bei dem man zu Beginn Rücken zu Rücken stand, war, dass man nicht viel Zeit hatte zu zielen. Ashitori traf mit seinem Sharingan für gewöhnlich Ziele auf fünfhundert Meter Entfernung, die nicht größer waren als eine Billardkugel – tatsächlich hatte er viele Male mit der schwarzen Acht geübt. Allerdings hatte er da Zeit, um genau zu zielen, und die würde ihm hier fehlen. Andererseits war das hier von Anfang an kein Kampf auf große Entfernung gewesen.

„Was ich davon habe?“ Der andere kam halb hinter der Tür hervor. Ashitori sah nicht in seine Richtung, aber er konnte ihn undeutlich in einer Spiegelscherbe sehen, die seinem Versteck gegenüber an einem Mauerbrocken lehnte und wohl aus einer Toilette aus dem ersten Stock stammen dürfte. Es war Sakon, der ihn herausgefordert hatte. Ashitori schluckte. Der Klang war angeblich Akuma Gakures bester Schütze. „Ich habe noch nie ein Duell verloren“, prahlte Sakon. „Und es gibt auch niemanden mehr, der gegen mich antreten will, weil alle wissen, was ihnen blüht. Das hier wäre eine Gelegenheit, mein Können wieder mal auf die Probe zu stellen. Und was es dir bringt? Eine ganze Menge: Ich hab gesehen, dass du nicht richtig gehen kannst. Wenn der Kampf so weitergeht, bist du schnell im Arsch. Außerdem sind wir nur zu viert – und wenn ihr nur halb so zäh seid, wie man euch nachsagt, sind auf eurer Seite immer noch mehr Leute. Wenn du allein deinen Kragen riskierst und damit einen Feind in die Hölle schicken kannst, wäre es doch ein Risiko, das es wert ist einzugehen, nicht?“

„Und woher weiß ich, dass du auf ein ehrliches Duell aus bist?“, rief Ashitori zurück. Immerhin war das einer der Klänge und als solcher ein hinterhältiger Halbdämon.

Jetzt grinste Sakon. „Duelle sind dazu da, ehrlich ausgetragen zu werden. Ich habe es nicht nötig zu betrügen – mir ist es lieber, ich kann mich als Killer verstehen, der wirklich was drauf hat und seine Duelle nicht auf schmutzige Weise bestehen muss. Aber wenn du mir nicht glaubst …“ Er trat völlig aus seiner Deckung hervor und hob die Hand mit der Waffe; der Lauf wies in den Himmel.

Ashitoris Gedanken rasten. Wenn er jetzt aufsprang – nein, Sakon konnte immer noch in die Deckung zurückspringen und die Chance auf ein Duell, einer gegen einen, war für immer gestorben. Es könnte tatsächlich funktionieren – und abgesehen davon, dass das Schicksal seiner Familie auf dem Spiel stand, reizte es ihn genauso wie Sakon, eine echte Herausforderung zu haben. Wenn er nur mehr Zeit hätte zu zielen …

Er war ja ein Idiot! Ashitori hätte sich am liebsten auf die Stirn geklatscht. Die Spiegelscherbe! Es war zwar ungewohnt, aber wenn er sich Sakon und seine Umgebung richtig einprägte … Vielleicht klappte es. Und es war eine weitere Herausforderung. „In Ordnung! Hier und jetzt!“, rief er.

Sakon grinste.

 

Wo waren sie nur? Itachi und seine beiden Kumpane waren fast auf der Straße und hatten jeden einsehbaren Winkel der Ruine durchforstet. Kakashi war plötzlich von seinem Trümmerberg geklettert, wahrscheinlich hatte er einen der Klänge entdeckt, aber seither war es still. Itachi hatte außerdem deutlich Sakon mit Ashitori reden hören. Gerne hätte er sich in ihr Duell eingemischt, aber eine stehen gebliebene Wand trennte ihn von den beiden. Er konnte sie nun nicht mal mehr sehen; auf die andere Seite zu gehen hätte bedeutet, sich für die anderen Klänge auf einem Silbertablett zu präsentieren. Dass sie unter den Trümmern begraben lagen wie der Großteil seiner Familie oder gar abgehauen wären, hielt er nun für völlig abwegig.

Gerade, als er das dachte, rumpelte etwas und er wurde mit einem grotesken Anblick belohnt, als um die letzte Ecke der Ruine – die Limousine kam. Jiroubu, der kräftigste der Klänge, hielt sie wie einen Schild vor sich, hoch aufgerichtet, das Dach in Richtung der Mafiosi, und das untere Ende schleifte am Boden, sodass sie nicht einmal auf seine Beine zielen konnten. „Sucht ihr uns?“, hörte er Tayuyas höhnische Stimme.

„Umkreisen“, befahl Itachi nur. Seine Leute schwärmten aus, um Jiroubu in die Zange zu nehmen. Er selbst lief rechts an dem Limousinen-Schild vorbei und hob die Waffe. Das Erste, was er sah, war ein Dämonenmädchen, dessen rotes Haar allein darauf schließen ließ, dass es Tayuya war; ihre Haut war dunkler geworden und schwarze Zeichen zierten ihr Gesicht. Etliche dämonische Hörner ragten aus ihrer Stirn.

Itachi verbesserte sich. Das rote Haar – und ihr hämisches Lächeln.

Noch bevor er abdrücken konnte, wallte vor ihm dichter weißer Rauch auf. Instinktiv machte er seinen Satz zurück – was ihm das Leben rettete. Eine stachelige Keule schnellte aus der Rauchwand hervor und verfehlte seine Brust um Haaresbreite. Er hielt den Atem an, als drei neue Ogergiganten vor ihm auftauchten. Er hob die Waffe und schoss auf Tayuya, aber ohne dass sie auch nur einen Finger rühren musste, warf sich eines der Ungeheuer in die Schusslinie und fing die Kugel ab. Itachi fluchte innerlich. Sie braucht ihre Flöte also gar nicht, zumindest nicht in dieser Form.

Jetzt waren sie dann wirklich bald in der Unterzahl.

 

Ashitori und Sakon stellten sich Rücken an Rücken inmitten der Schutthalde auf. Der Klang schien sich tatsächlich an die Duellregeln zu halten. Sie hoben die Pistolen, sodass die Läufe in die Höhe ragten. „Drei Schritte“, bestimmte Ashitori.

„Von mir aus.“

Sie traten auseinander und zählten beide laut mit.

„Eins.“

Der nächste Schritt trieb einen Schmerzstachel in Ashitoris linken Fuß.

„Zwei.“

Er fixierte genau Sakons Hinterkopf in der Spiegelscherbe. Wenn alles gut ging … Wenn alles gut ging …

„Drei!“

Sie wirbelten herum. Ashitori behielt sich die Szene in der Scherbe in Erinnerung und dachte blitzschnell um, als er Sakon vor sich sah, wie er sich ebenfalls herumwarf. Ashitori wirbelte die Pistole in Position und drückte ab. Die Kugel fand ihren Weg, noch während Sakon zielte, und durchschlug den Kopf des Klanges. Ashitori atmete erleichtert auf.

Doch Sakon fiel nicht. Er trat einen Schritt zurück, um den Einschlag auszugleichen, sein Kopf hing leblos herab, hinten vom Austritt der Kugel zerfetzt, als sich sein Körper verformte. Ein zweiter Kopf wuchs direkt neben dem ersten hervor, mit einer schrecklichen, breit grinsenden Dämonenfratze und einem Horn auf der Stirn. „Nicht schlecht“, grunzte der Kopf mit tiefer Stimme. Seine Hand hob sich, zielte in aller Ruhe auf den erschrockenen Ashitori, und schoss.

Eine Sekunde, bevor die Kugel ihn zwischen den Augen traf, dachte sich der Scharfschütze: „Bastard!

Erzfeinde

Als Itachi Sakons grollendes Gelächter hörte, wusste er mit bitterer Gewissheit, dass Ashitori verloren hatte. Verdammt. Noch einer weniger. Langsam wurde es brenzlig. Tayuyas Missgeburten von Dämonen setzten seiner Truppe schwer zu. Sie kamen kaum zum Schießen, waren viel zu sehr damit beschäftigt, ihre Haut irgendwie zu retten. Itachi riss seine Augen auf und wappnete sich gegen den Schmerz, als er sein Amaterasu einsetzte, um zwei der Ungeheuer anzuzünden, doch ehe er Tayuya erwischen konnte, deckte sie Jiroubu mit der Limousine. Seine Aktion war jedoch nicht nur schmerzvoll, sondern schnitt ihnen sogar ins eigene Fleisch: Die Oger brannten zwar, aber sie wurden nicht langsamer. Stattdessen verwandelten sie sich nun in lebende Flammenwerfer, die mit schwarz brennenden, unlöschbaren Keulen um sich schlugen. Zwei weitere Familienmitglieder fielen ihnen zum Opfer und Itachi und die beiden verbleibenden drängten sich Rücken an Rücken. Es war so weit, dachte er grimmig, während alles vor seinen Augen verschwamm. Jetzt waren die Feinde tatsächlich in der Überzahl.

 

„Du beantwortest mir jetzt ein paar Fragen“, sagte Kakashi ruhig, die Pistole gegen Kidoumarus Stirn gedrückt. „Warum hat euch Orochimaru geschickt? Ich dachte, wir hatten eine Vereinbarung, dass ihr uns in Ruhe lasst.“

„Die Situation hat sich geändert“, sagte Kidoumaru und zwang sich zu einem missglückten Lächeln. „Tut uns leid. Aber wir haben bemerkt, dass ihr mit unseren Feinden gemeinsame Sache macht.“

„Inwiefern?“

Kidoumaru grinste schief. „Tu nicht so. Ihr habt gesagt, ihr hättet nichts mit dem Überfall auf unsere Leute zu tun.“

„Es war Kimimaro“, erinnerte ihn Kakashi. „Er wollte uns die Tat in die Schuhe schieben. Wir haben auch allen Grund, ihn zu liquidieren.“

„Lügner“, zischte Kidoumaru. „Ihr arbeitet sogar mit ihm zusammen, wir haben Beweise. Vor ein paar Tagen hat Kimimaro eine Party in Orochimarus Anwesen gesprengt. Und einer von euch, der Kleine mit den schwarzen Haaren, war mit von der Partie!“

„Sasuke?“ Jetzt verstand Kakashi schon eher, woher der Wind wehte. „Das war ein Missverständnis. Sasuke beschattet Kimimaro in unserem Auftrag und wird ihn umlegen, wenn sich die Gelegenheit bietet.“

„Erzähl das doch dem Höllenpförtner!“, rief Kidoumaru und aus seinem offenen Mund schoss eine Art gelblicher Speer, so schnell, dass Kakashi zwar reagierte, aber gerade ein wenig zu spät; als er abdrückte, hatte der Speer schon seinen Ellbogen durchbohrt und seinen Arm fortgerissen, sodass der Schuss in die Luft ging. Kidoumaru sprang mit ausgestreckten Armen auf ihn und riss ihn von den Füßen, biss ihm kräftig in die Hand und klammerte sich mit seinen Spinnenarmen an ihn. Die Pistole landete auf dem Boden.

Was geht hier vor?“, donnerte plötzlich eine Stimme über die Ruine. Kidoumaru hielt inne und wandte den Kopf, Kakashi immer noch festhaltend. Auf der Straße, so weit weg, dass man sie gegen den glühenden Ball der untergehenden Sonne nur als kleine Schatten erkennen konnte, standen zwei Männer, daneben ein schneller Sportwagen.

 

Itachi atmete innerlich auf, als er die Stimme erkannte. Der Don war endlich zurück!

Die Oger bildeten einen Kreis um Jiroubu und Tayuya, die sich der Gestalt ebenfalls zuwandten. Sakon, von der Mitte der Ruine aus, gab einen Schuss auf Madara ab, doch auf die Entfernung und gegen die Sonne konnte selbst er nicht präzise genug zielen.

„Wer hat euch erlaubt, meine Familie zu töten und meine Bar zu zerstören?“ Don Madaras Stimme klang viel zu laut, als dass sie natürlich sein könnte. Er hatte die Lage sofort erkannt und Mangekyou persönlich angerufen.

Und dann hörte man die zweite Stimme, noch grollender und wütender: „ERZITTERT, MICKRIGE HALBBLÜTER.“

 

„Scheiße“, keuchte Sakon, als er sah, was geschah. Neben Madara flimmerte die Luft wie flüssiges Feuer. Etwas erschien rings um ihn herum – die Gestalt eines riesigen, blauen flimmernden Dämons. Zuerst erschienen seine Knochen, transparent wie Glas, dann legten sich Muskeln und Sehnen darüber, schließlich Haut und eine Plattenrüstung, alles in schimmerndem, blassem Blau. Unter dem spitz zulaufenden Helm starrten ihnen glühende Augen entgegen.

„Das ist …“, hauchte Tayuya, als sie das riesige, brennende Ungetüm sah.

„Mangekyou“, brummte Jiroubu. „In seiner irdischen Form.“

Madara schwebte inmitten des riesigen, transparenten Dämons, der die Hand hob. Obwohl er so weit weg war, prickelte die Hitze auf ihrer Haut. „SPÜRT DEN ZORN EINES VOLLWERTIGEN DÄMONS“, grollte es wie Donner über den Himmel, der in einem unnatürlichen Gelb leuchtete.

„Verdammt, was jetzt?“, schrie Tayuya und hielt sich die Hand vor die Augen. Die Sharingan-Leute attackierten sie nicht mehr, sondern warteten ab, was ihr Anführer tun würde.

„Mangekyou ist einer der ältesten Dämonen, die es gibt“, murmelte Sakons verbliebener Kopf zu sich selbst. „Don Madara ist der Einzige, der ihn rufen kann … Ich hatte gehofft, er wäre unter den Trümmern begraben.“

„Tja, da haben wir uns wohl verrechnet.“ Sein zweiter Kopf regenerierte sich; das Loch füllte sich mit etwas wie violettem Metall.

„BRENNT“, befahl Mangekyou und riss den Arm in die Höhe.

Tayuya und Jiroubu schrien auf, als eine unsichtbare Kraft an ihnen zerrte, sie in die Höhe riss wie Marionetten. Auch Sakon wurde von den Füßen gehoben und in den Himmel gesogen, und mit wirbelnden Armen flog auch Kidoumaru zu ihnen. Sie schwebten direkt vor dem Helm Mangekyous, dessen Augen schwarz aufleuchteten. Eine Kugel aus schwarzen Flammen schloss die Klänge ein und sie schrien gepeinigt auf. Feuer lief über ihre Haut, zischte und brannte.

„Was tun wir?“, kreischte Tayuya mit geschlossenen Augen. Das Toben des Feuers und das Knistern von brennenden Haaren und Haut übertönte sie fast.

„Wir können nichts tun!“, brüllte Sakon zurück.

 

„Der Kampf ist vorbei“, sagte Kakashi. Er trat zu Itachi und den anderen.

„Ja“, murmelte Itachi. „Aber der Preis war viel zu hoch.“ Sie sahen zu dem zerstörten Rest der Bar, in der ihre Kameraden begraben lagen. Dann wandten sie sich wieder der schwarzen Feuerkugel zu, um das Ende der Klänge mit anzusehen.

 

„Ahrg!“ Mit einem gutturalen Wutschrei richtete Sakon seine Pistole auf Mangekyous Gesicht und schoss sein Magazin leer. Obwohl er genau auf dessen Augen gezielt hatte, lösten sich die Kugeln in Rauch auf, noch bevor sie den gewaltigen Dämon erreichten. Obwohl er Höllenqualen litt, biss Sakon die Zähne zusammen. Seine Glieder brannten allesamt, als er seine Pistole zitternd nachlud. Diesmal schoss er auf Madara, der weiter unten schwebte, reglos, die Augen geschlossen, die Verbindung zu Mangekyou aufrechterhaltend. Der erste Schuss ging daneben, weil es ihn vor Schmerzen schüttelte, die zweite Kugel ging in die richtige Richtung – doch auch sie verglühte wirkungslos auf halber Strecke.

„Sieht aus, als wäre … das Spiel … vorbei“, brachte Kidoumaru keuchend hervor.

Die Klänge verloren ihre Dämonenform. Nacheinander verwandelten sich ihre Körper zurück, wurden noch anfälliger für die Flammen, die immer noch über sie leckten.

Tayuya hatte das Gesicht verzerrt und die Zähne knirschend zusammengebissen. Schmerzenstränen liefen ihr über das Gesicht. „Tut mir leid … Kimimaro …“, stieß sie zischend hervor. „Ich habe nicht … aufgepasst …“

Knisternd und wirbelnd flogen die Flammen um sie. Ihr Ende war gekommen, das wussten sie alle. „Verarsch mich nicht!“, schrie Sakon. „Du verdammter Dämon, was fällt dir ein! Weißt du nicht, wer wir sind?!“

Mangekyou antwortete mit dem Schweigen des Überlegenen.

Während die Klänge noch in ihrem Todeskäfig brannten, flog etwas Kleines, hellblau Glühendes von einem nahen Hausdach, ein Wirbel aus blauer Energie, und was die Klänge nicht geschafft hatten, geschah: Die blaue Kugel durchbrach Mangekyous feurige Außenhaut und prallte gegen seinen Helm. Ein dröhnendes, unmenschliches Geräusch ertönte, als der riesige Dämon zurückprallte. Madaras zuckte ebenfalls und sank zu Boden. Knapp vor Mangekyous Körper fiel der blaue Funke auf den Straßenasphalt, landete direkt vor dem Don der Sharingan-Familie.

„Was ist da los?“, keuchte Tayuya durch ihre zusammengebissenen Zähne. Sie zwang sich, zumindest ein Auge zu öffnen, das in der Hitze fast zu schmelzen schien.

Eine nackte, blau glühende Gestalt erhob sich vor Madara. Gleißende Augen, die selbst durch die geschlossenen Lider hindurch strahlten, öffneten sich.

 

„DU HAST ALSO IN DIESER WELT FUSS GEFASST“, grollte Mangekyou aus Madaras Lippen.

„Und ich habe endlich wieder alle Energie, die ich in dieser Welt verteilt habe“, antwortete Byakugan, machte sich aber nicht die Mühe, Nejis Mund zu bewegen. „Nun bringe ich es zu Ende, alter Feind.“

Pechschwarze Flammen hüllten ihn ein, doch Byakugan wirbelte einmal um sich selbst, strahlte blaues Licht aus und fegte das Feuer davon. Wie ein außer Kontrolle geratener Kreisel sprang er in die Höhe, haushoch und noch höher, bis er Mangekyous Helm erreichte. Das Licht fraß sich rotierend in dessen feurigen Schädel, bis Byakugans Licht mitten aus dem Dämon funkelte. Mangekyou hob die schweren Arme, doch Byakugans Drehung nahm noch einmal an Geschwindigkeit zu. In einem Brüllen verwandelte sich die Mangekyous Substanz in blaue Schlieren, die davon geweht wurden. Kopflos versuchte der Dämon nach Neji zu grapschen, doch der ließ sich, die Hände von sich gestreckt und blau funkelnd, nach unten fallen, fuhr mitten durch Mangekyous Gestalt wie ein Radiergummi über eine Seite voller Bleistiftgekritzel.

Als er genau auf Madara landete, gab es einen gewaltigen Knall. Eine Druckwelle aus dunkel- und hellblauem Licht rollte durch die Straßen, wirbelte Staub auf, riss sogar den Asphalt auseinander und wehte ihn mit. Lichtnadeln perforierten die Wände der umgebenden Häuser, ließen Wände einstürzen, durchlöcherten Dächer, rissen die beschädigten Häuser um, erfassten Schuttlawinen und zwangen sie weiter, ließen sie gegen andere Häuser krachen. Die Sharingan-Familie traf die Welle unvermittelt. Wie Staub wurden sie in die Luft gewirbelt, krachten gegen Hauswände, wurden von umherfliegenden Trümmern zermalmt. Kakashi hatte die Augen weit aufgerissen, als er so heftig gegen die Front eines Hochhauses geworfen wurde, dass seine Rippen und seine Wirbelsäule brachen. Scharfkantige Mauerstücke bohrten sich in seinen Körper, ehe dieser gefühllos wurde. Das war das einzige Ende, das er sich für die Sharingan-Familie je hatte vorstellen können. Vernichtet auf einen Schlag von einem Dämon, der ebenso alt war wie Mangekyou. Dann flogen weitere Trümmer durch die Luft und erschlugen ihn.

 

Itachi war der einzige, der noch am Boden war. Sein zerrissener Mantel flatterte im Wind, doch er hatte sein Auge weit aufgerissen. Blutige Tränen wurden vom Sturm fortgeweht, doch direkt vor ihm loderten schwarze Flammen in die Höhe, wurden vom Sturm zwar in seine Richtung gepeitscht, aber Mangekyous Energie darin bremste die dämonische Kraftwelle so weit ab, dass sie ihn nicht fortwehte. Seine Sicht verschwamm immer weiter, mehr und mehr Asphaltbrocken prallten gegen ihn, schmerzten – und dann war der Sturm vorbei. Undeutlich sah er vor sich das letzte Flackern von Mangekyous Gestalt ersterben, sie sank in sich zusammen und löste sich in Nichts auf, und eine Sekunde später erloschen die schwarzen Flammen, die eigentlich für die Ewigkeit hätten brennen sollen. Itachi brach keuchend in die Knie. Jeder Zoll seines Körpers schmerzte und seine Augen glühten mit einem Mal so feurig, dass er sie zusammenkneifen musste.

 

Nebeneinander lagen die Klänge in dem Krater, der entstanden war, heftig und schnell atmend, doch nacheinander setzten sie sich auf. Die Flammen auf ihrer Haut waren ebenfalls erloschen, auch wenn es sich nach wie vor so anfühlte, als würden sie lichterloh brennen. Ihre dämonischen Kräfte begannen bereits, die Wunden zu heilen.

Vor ihnen lag Don Madara, bewusstlos. Neben ihm stand der Dämon in Menschengestalt, immer noch pulsierte blauweißes Licht aus seinem Körper heraus. Seine Haut hatte Risse abbekommen, durch die gleichfarbige, glühende Flüssigkeit sickerte. Er lächelte. „Du hast die Schlacht damals gewonnen“, sagte er, „aber den Sieg habe letztendlich ich erstritten.“ Damit drehte er sich um und ging mit langsamen Schritten davon, die anderen völlig ignorierend.

Sakon hustete, würgte und erbrach sich. Das Feuerbad hatte seinen Körper noch schwerer mitgenommen, als er gedacht hatte. Unbeholfen stand er auf. Dann wischte er sich über den Mund und griff nach seiner Pistole. Sie war verkohlt und rissig, aber sie würde ihren Dienst schon noch tun. Wankend trat er auf Don Madara zu. „Orochimaru hat einen Nachricht für dich“, sagte er kurzatmig. Er richtete seine Waffe auf den Mafiaboss und drückte ab.

Manche sagten, Don Madara wäre gar kein Mensch. Andere meinten, seine Verbindung zu Mangekyou hätten ihm Unverwundbarkeit oder Unsterblichkeit zuteil werden lassen. Aber trotz aller Gerüchte war Don Madara weder Dämon noch Halbdämon, sondern ein ganz normaler Mann, dessen ihn schützende Macht nun für immer verschwunden war. Und diese eine Kugel war genug, um sein Leben auszulöschen.

Ein schicksalhafter Anruf

„Du weißt schon, dass ich eigentlich das Recht habe, dich nach allen Regeln der Kunst auszulachen?“, sagte Deidara. „Dafür, dass du dich nicht einmischen wolltest, siehst du nämlich ziemlich erledigt aus, hm.“

Sie hatten sich allesamt in einer Wohnung im Erdgeschoss von Inos und Hinatas Apartmenthaus versammelt. Kimimaro lag auf dem Sofa, den Oberkörper entblößt. Ino hatte vorgeschlagen, die Schusswunden zu verbinden, aber er hatte sie davon abgehalten. Die Kugeln steckten noch in seinem Fleisch, aber wenn die Wunden verheilten, würde seine Dämonenkraft die Fremdkörper nach draußen drücken. Sora hatten sie verarztet, er schlief nun im Bett.

„Es ist nichts Ernstes“, sagte Kimimaro nur.

„Ach nein“, spottete Deidara. „So hoch, wie du gefallen bist, hast du dir mindestens hundert Knochen gebrochen.“

„Du solltest mich lange genug kennen, um zu wissen, dass ich mir um Knochen am wenigsten Sorgen machen muss, Deidara.“

„Trotzdem bist du so erledigt, dass du dich ausruhen musst, und wir stehen hier untätig herum, hm.“

Hinata und Ino hatten sich auf bequeme Polstersessel gesetzt. Hinata hielt eine Tasse heißen Tee in der Hand, damit sich ihre Nerven beruhigten. „Hast du mich vor dem Zimmer nicht winken gesehen?“, fragte Ino.

Hinata schüttelte nur den Kopf.

„Verstehe. Du hast nicht darauf geachtet.“

„Nein“, sagte sie mit hauchzarter Stimme. „Ich kann nicht mehr durch Wände sehen.“

„Was?“

„Mein Byakugan ist weg“, murmelte das Mädchen traurig.

Ino sah sie aus großen Augen an. „Wie das?“

„Neji. Ich habe ihn heute Morgen gesehen. Er hat etwas mit meinen Augen gemacht, und seither … sehe ich nicht mehr alles.“

Ino wurde nachdenklich. „Neji? Warum sollte er das tun?“

Naruto hatte sie gehört. „Neji ist noch am Leben?“, fragte er ungläubig.

Als sie merkte, dass auch er ihr zuhörte, errötete Hinata und begann zu stottern. „Ich … Ich weiß nicht. Er war nicht wirklich … Also … Er hatte nur das Aussehen von Neji, und nicht einmal das hat gestimmt. Er hat ganz komisch geredet. Es war, als wäre … als wäre er besessen.“

Das stimmte nun auch Naruto nachdenklich – nicht lange jedoch, denn er wurde von Deidara aus den Gedanken gerissen. „He, Naruto. Ich hoffe, dir ist klar, dass Kimimaro wegen deiner Anwandlungen fast von einem gewöhnlichen Gangster erledigt worden wäre.“

„Einfach ignorieren“, murmelte Sakura, die zu Naruto und den anderen getreten war.

„He, hörst du mich, hm?“

„Nein, er hat recht“, sagte Naruto leise, wandte sich ab und trat mit raschen Schritten in den Gang hinaus.

Sakura seufzte und wandte sich wütend zu Deidara um. „Verdammt, was stimmt nicht mit dir?“

„Was nicht stimmt? Wir haben keine Zeit, um euch bei euren läppischen Bandenproblemen zu helfen, und nur weil er unbedingt seinen Sturschädel durchsetzen musste, ist Kimimaro jetzt verletzt, hm. Wenn’s schief gegangen wäre, wär’s das für unsere Pläne gewesen.“

„Du hast doch keinen Finger gerührt, um uns zu helfen“, gab Sakura giftig zurück. „Du hast also kein Recht, über irgendwas zu jammern.“

„Klar, weil ich mit solchen Straßenkids nichts am Hut haben will! Wenn Kimi euch nicht geholfen hätte, wärt ihr alle krepiert! Ich würde mir die Kugel geben, wenn ich in so einer schwächlichen Bande wäre, hm.“

„Dann solltest du so schnell es geht bei uns einsteigen“, zischte Sakura, drehte sich um und lief Naruto hinterher. Erst als sie bei der Tür war, verstand Deidara die Anspielung, aber sie reagierte nicht auf seinen empörten Ruf.

Naruto saß auf einer der Holzbänke, die in diesem Stockwerk zwischen den Zimmern standen. Er sah geknickt aus, mit hängenden Schultern. Sakura setzte sich neben ihn. „Hey“, sagte sie. „Nimm dir nicht so zu Herzen, was dieser Idiot sagt. Deidara sorgt sich kein bisschen um Kimimaro. Der will doch nur so schnell wie möglich an Ruhm gelangen.“

„Aber es stimmt, verstehst du“, sagte er und sah traurig ins Leere. „Seit ich hier bin, stifte ich nur Unfrieden. Alles, was passiert ist, hängt damit zusammen, dass ich hergekommen bin und unvorsichtig war. Und jetzt wollte ich es ausbügeln, und was habe ich erreicht? Mir geht es immer noch gut, aber Kimimaro und Sora und Lee sind verletzt und Hinata und Ino wären fast von Assei getötet worden.“ Er vergrub das Gesicht in den Händen. „Was ich auch tu, es ist falsch.“

Sakura schwieg eine Weile. „Weißt du“, sagte sie dann leise, „was du heute Mittag gesagt hast, das hat mich schwer beeindruckt. Dass du so energisch Ino deine Hilfe angeboten hast. Das hätten nicht viele gemacht. Die meisten hätten mit den Schultern gezuckt und euer Problem gesagt, oder sich entschuldigt, aber nichts getan.“

„Ja“, murmelte Naruto bitter. „Und trotzdem hab ich damit nur wieder alle in Schwierigkeiten gebracht.“

„Und du hast wieder ein schlechtes Gewissen. Das meine ich ja gerade. Du übernimmst Verantwortung.“ Sakura streckte die Hand aus, hielt aber inne, bevor sie ihn berühren konnte, denn er wandte ihr den Kopf zu und sah sie traurig an.

„Wieso bist du so freundlich zu mir?“, fragte er tonlos. „Ich bin ein Monster. Zumindest ist da ein Monster in mir drin, und ich weiß nicht, ob ich es ewig unterdrücken kann. Und seit ich hier bin, baue ich nur Mist und verursache Chaos bei den Leuten, denen ich eigentlich helfen will.“

Sakura wandte den Blick ab. Zarte Röte erschien auf ihren Wangen. „Weißt du … Ich mag dich. Also, ich meine, nicht dich, also, nein, doch. Was ich meine, ist … ich mag deinen Charakter!“, sagte sie etwas zu hastig, um wirklich noch glaubwürdig zu klingen, und errötete ein wenig mehr. Wäre Naruto nicht so in seinem emotionalen Tief gefangen gewesen, hätte er ihre Verlegenheit vielleicht süß gefunden. Sakura schluckte und fuhr fort: „Wir, also die Schattenwölfe, beziehungsweise die Straßenwölfe, haben auch viel Mist gebaut. Diebstahl, Raubüberfälle und Straßenkämpfe sind nichts, worauf man stolz sein sollte. Sicher, einiges davon haben wir getan, um zu überleben und uns zu behaupten, aber es hat uns auch einen gewissen Kick gegeben, weißt du? Und was sonst noch so alles jeden Tag in Akuma Gakure passiert … Dagegen sind seine Taten kaum erwähnenswert, oder? Und jemanden mit deinem Charakter braucht diese Stadt.“

„Reden wir noch einmal darüber, wenn ich die Stadt ganz aus Versehen zerstört hab“, sagte Naruto trocken.

Diesmal nahm Sakura seine Hand und drückte sie fest. „Hör zu“, seufzte sie, „ich weiß, ich bin nicht gut darin, Leute aufzubauen. Aber ich versprech dir hiermit was. Egal, was passiert, auch wenn du die Stadt zerstörst, ich steh immer an deiner Seite, okay?“

„Das versprichst du?“

„Ja“, sagte sie ernst. „Das verspreche ich dir.“

Naruto seufzte. Plötzlich schien die Last von seinen Schultern zu fallen und ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. „Du bist verrückt, weißt du das?“

„Vielleicht“, grinste sie. Dann wurde sie erneut rot und rutschte unruhig hin und her. „Da fällt mir ein … wir haben noch nicht zu Ende gespielt.“

„Was meinst du?“, fragte er.

„Wir haben verloren. Weißt du noch? Beim Flaschendrehen.“

„Oh“, sagte er. Damals hatten sie sich fast geküsst. Naruto wurde heiß, als er sich daran erinnerte. „Richtig. Wir sind noch nicht fertig.“

„Ja …“, sagte sie und wich seinem Blick aus. „Es gab bisher keine Gelegenheit, aber jetzt …“

Er senkte Blick und Stimme. „Wir sollten die Regeln befolgen. Es einfach sein zu lassen wäre nicht richtig“, murmelte er. „Oder was meinst du?“

„Seh ich genau so!“, sagte sie schnell. Ihre Augen waren wunderschön, fiel ihm auf, als sie ihn anstarrte, die Lippen zusammengepresst und die Wangen rot. „Wenn wir uns schon an sonst keine Regeln halten, sollten wir wenigstens die Spielregeln einhalten.“

Naruto nickte. „Naja, ich … äh … schätze, es bleibt uns keine Wahl, oder?“

„Das befürchte ich auch.“

Langsam näherten sich ihre Lippen. Sie schlossen die Augen, als sie sich küssten. Das Spiel sah nur einen Kuss vor, also musste er möglichst lange dauern … Sie umschlangen einander mit den Armen, zogen sich an den jeweils anderen heran, und Naruto vergaß endlich seine Sorgen.

 

„He“, sagte Deidara zu Shikamaru, als ihm nichts mehr einfiel, worüber er sich auslassen konnte. „Da wir ohnehin nur dämlich herumsitzen können, wie wär‘s, wenn ihr uns den Gefallen zurückzahlt, euch geholfen zu haben?“

„Ich kann mich nicht daran erinnern, dass du uns überhaupt geholfen hast“, sagte der Anführer der Schattenwölfe trocken.

„Naruto und Kimimaro haben’s getan“, sagte Deidara. „Und die kleine Flachbrust auch, hm.“

„Sakura gehört zu unserer Bande“, berichtigte ihn Shikamaru.

„Unwichtige Details“, winkte der Dämonenjäger ab. „Aber gut, es springt natürlich auch was für euch dabei raus.“

„Ich bin ganz Ohr.“

„Oben in den Bergen hat Orochimaru ein Anwesen. Gehabt. Sieht vermutlich ziemlich jämmerlich aus, im Moment. Aber als wir da vor zwei Tagen weggefahren sind, waren noch ziemlich viele Autos davor geparkt. Unter anderem schicke Nobelkarossen. Wäre doch ein Traum für euch, oder?“

Shikamaru sah zu Kiba, der interessiert zuhörte. „Und weiter?“, fragte er.

„Ich sag euch, wie ihr dorthin kommt. Für diese Informationen bringt ihr mir aber aus den Bergen was mit. Ein paar Kilometer östlich vom Anwesen ist uns eine wertvolle Büchse in eine Schlucht gefallen. Wenn man ein wenig sucht, findet man sicher einen Zugang. Ich will das Ding wieder haben, hm.“

„Und was sagt dir, dass wir uns nicht einfach die Wagen holen und deine Büchse liegen lassen?“

Deidara sah ihn finster an. „Wenn ihr das tut, zerspreng ich dich in kleine Stückchen, hm.“

„Jetzt mal halblang“, warf Kiba ein. „Wer weiß, ob das Teil noch dort unten liegt!“

„Es ist sehr wichtig für uns und unsere Pläne“, sagte Kimimaro und richtete sich ein wenig vom Sofa auf. „Ich glaube, wir waren euch hilfreich genug, um eine kleine Gegenleistung erwarten zu können, oder irre ich mich?“ Er fixierte Shikamaru mit seinem Blick, der überlegte.

„Also gut. Solange es kein Risiko für uns darstellt, können wir es uns ja mal ansehen.“

„Ich weiß nicht, ob es nicht doch ein Risiko gibt“, gestand Kimimaro und erntete einen zornigen Blick von Deidara, der die Sache mit Hidan wohl lieber verschwiegen hätte. „Es könnte sein, dass sich ein ziemlich gefährlicher, unsterblicher Dämon dort herumtreibt. Und eine bewaffnete Truppe der Weißen Richter war auch in der Nähe, als wir zuletzt dort waren.“

Shikamaru und Kiba beratschlagten sich mit Blicken. „Wenn wir vorsichtig sind?“, meinte Kiba.

Shikamaru nickte. „Wir sehen uns die Sache an. Solange wir einen Fluchtweg haben, wird es schon schief gehen.“

„Seid ihr sicher?“, fragte Temari. „Wir haben gerade erst eine Schlacht geschlagen. Dort oben könnte die nächste warten.“

„Wir haben dieses Miethaus erobert, Temari“, klärte Shikamaru seine Freundin auf. „Wenn wir es uns hier auf Dauer gemütlich machen und andere Leute dazu bewegen wollen, einzuziehen und uns Miete zu bezahlen – Leute, die Einschusslöcher und dergleichen sicher stören –, brauchen wir noch einiges an Kapital. Teure Autos kämen uns da gerade recht. Es wäre ein letztes Risiko, das wir eingehen müssen, um vielleicht für alle Zeiten ausgesorgt zu haben.“

Temari wollte etwas erwidern, das sah man ihr an, aber dann ließ sie sich seine Worte noch einmal durch den Kopf gehen. „Du willst Untermieter anwerben?“ Sie schüttelte den Kopf, musste aber plötzlich grinsen. „Du willst echt hoch hinaus, mein Lieber. Wie du meinst. Du bist der Boss.“

 

Sasuke hatte stumm an der Wand gelehnt zugesehen, wie Deidara vor sich her jammerte, wie Ino und Hinata langsam begriffen, dass sie nun frei waren, und wie die Schattenwölfe sich im Siegestaumel – bis auf Lee – betranken und alle möglichen Snacks in sich hinein schaufelten, als plötzlich sein Handy läutete.

Das Geräusch machte nicht nur ihn stutzig. Auch Deidara und Kimimaro sahen fragend in seine Richtung. Er sah sich die Nummer an. Das war Itachi. Wieso rief er ihn an? Sie hatten abgemacht, dass Sasuke sich melden würde, sobald er Kimimaro erledigt hatte oder es etwas Wichtiges zu bereden gab.

Er sah sich um. Der Raum war voller Zuhörer, im Schlafzimmer war Sora, und Naruto und Sakura waren auf dem Gang. Mangels Alternativen schloss er sich im Badezimmer ein, hob ab und hielt das Handy zu seinem Ohr.

„Jahallo?“, krähte ihm eine Stimme entgegen, die auf keinen Fall Itachi gehörte. „Sasuke, du kleiner Mistkäfer, bist du das?“

„Wer ist da?“, fragte Sasuke alarmiert. Itachi war niemand, der einfach so sein Handy verlor.

„Erkennst du das nicht am Klang meiner Stimme?“ Wer auch immer mit ihm sprach, er hatte jedenfalls irrsinnig gute Laune. Sein Grinsen war sogar durch das Telefon hörbar. „Wir sind’s! Die Klänge!

War es womöglich Sakons Stimme? Das war gut möglich … „Woher habt ihr dieses Handy?“, knurrte Sasuke und bemühte sich leise zu sein. „Was ist mit Itachi?“

„Dein geliebtes Bruderherz? Warte, ich kann ihn dir gleich geben“, sagte Sakon.

Sasuke hörte etwas Rascheln und dann ein Keuchen. „Es tut mir leid, Sasuke“, hörte er Itachis monotone Stimme. Dann ertönten ein Schuss und das Geräusch eines zu Boden fallenden Körpers. Sasuke stockte der Atem, er riss die Augen auf.

Sakon meldete sich wieder. „So, jetzt bist du der Letzte, der von deiner Familie übrig ist. Ihr hättet nicht mit Kimimaro gemeinsame Sache machen sollen. Tja, das wollten wir dir nur mitteilen. Mach’s gut.“

Ein Krachen und Bersten war zu hören, als wäre das Handy unter eine Dampfwalze geraten. Sasuke ließ das Gerät sinken. Alle anderen … Itachi, Kakashi, Ashitori, der Don … Sie alle sollten tot sein? Nein, Sakon musste gelogen haben ... Aber anders waren Itachis Worte nicht zu erklären.

Der Boden unter ihm begann sich zu drehen. Sasuke stützte sich mit der Hand an der Wand ab und schloss knurrend die Faust so fest um sein Handy, dass das kleine Gerät einen Sprung bekam.

Dafür würden sie büßen. Sie alle.

Die Trickreichen

Deidaras gewünschten Gegenstand zu finden, war nicht weiter schwierig gewesen. Die Schattenwölfe, genauer gesagt Shikamaru, Temari, Kiba, Shino, Kankuro, Lee – der sich bereits wieder fit genug fühlte –, Iruka – der sich bereiterklärt hatte, bei diesem Vorhaben, wo vor allem die Anzahl eine Rolle spielte, mitzumachen –, Chouji, Sasori und Idate, denn Sora lag immer noch flach und Sakura hielt bei den anderen die Stellung, hatten nur einen anderen Weg in die Berge einschlagen müssen und dann nicht einmal eine Kletterpartie gebraucht, um den Grund der Schlucht zu erreichen. Kimimaro hatte ihnen letztendlich doch gesagt, dass in dem zylinderartigen Behältnis die Essenz des Dämonen Kakuzu war; anscheinend vertraute er Shikamaru so weit, dass dieser sie nicht selbst verscherbeln würde. Ohne Probleme hatten sie zuerst die Essenz an sich genommen und waren dann weiter zu Orochimarus Anwesen marschiert. Kimimaro hatte sie vor möglichen Straßensperren gewarnt, doch wenn die Weißen Richter noch in der Nähe waren, zeigten sie sich nicht.

Noch schien niemand den verschneiten Parkplatz seiner Schätze beraubt zu haben. Auf Dutzenden kostbarer Wagen saßen dicke Schneehauben, und keine Spuren zierten den Boden. Unter Shikamarus Füßen knirschte Schnee, unter dem Schnee knirschte Kies. Vor seinem Mund gefror sein Atem zu Eis, als er seine Befehle erteilte. „Gut. Wir knacken ein Auto für jeden von uns. Wir fangen mit den wertvollsten an. Jeder fährt seines in die Stadt – vorsichtig. Lee sucht sich einen Wagen mit möglichst vielen Sitzplätzen aus. Sobald wir die Autos in die Garage gebracht haben, fährt er uns wieder hierher, und wir holen die nächste Partie.“ Lee war kein guter Fahrer. Das waren zwar die wenigsten der Schattenwölfe, aber Lee multiplizierte die Gefahr, einen Wagen zu schrotten, mit dessen PS. Der vereinbarte Treffpunkt lag in einer verwaisten Tiefgarage in ihrem Revier. Dort würden sie die Autos verscherbeln. Einen Kontaktmann dafür hatte Shikamaru bereits.

Es war einfach, ins Innere der meisten Prachtschlitten zu gelangen. Viele hatten nur ein dünnes Verdeck, das sie vor dem Schnee schützte, bei anderen mussten sie die Fenster einschlagen oder Ähnliches – Fenster ließen sich reparieren. Schwieriger war es, die Zündung zu überlisten, aber Sasori hatte Erfahrung in solchen Sachen.

Sie waren noch nicht ganz fertig, als Shikamarus Walkie Talkie knarzte. Idate, der auf dem Zufahrtsweg Wache hielt, kam über den Parkplatz gelaufen, sein Gerät am Mund. Die Tatsache, dass er nicht wartete, bis er bei ihnen war, beunruhigte den Anführer der Schattenwölfe. „Shikamaru“, sagte er. „Wir bekommen Ärger.“

„Was ist los?“, funkte Shikamaru zurück.

„Weiße Richter – glaube ich. Drei Jeeps voller schwerer Jungs.“

„Verdammt.“ Warum jetzt? Er bereute es, die Dämonenessenz nicht schon in Sicherheit gebracht zu haben. Ob sie dahinter her waren? „An alle“, sagte er laut, als er das Geräusch von Motoren vom anderen Ende des Parkplatzes zu hören glaubte. „Plan V!“

 

Anko tippte unruhig mit dem Finger gegen die Beifahrertür. Das lag nicht daran, dass Zabusas Zustand immer noch kritisch war und sie es nicht einmal gewagt hatten, ihn aus ihrem Lager abzutransportieren. Der war zäh, ein paar Tage noch, und es würde ihm wieder blendend geben. Nein, Anko war gereizt, weil sie nun Super-Nanny für ein paar halbwüchsige Rabauken spielen durfte. So ähnlich hatte sie die Missionsbeschreibung verstanden.

Zabusa selbst hatte ihr diesen Auftrag gegeben. Keinem anderen hätte sie gehorchen müssen. Dabei fand sie eine Straßenbande, die in den Bergen herumschnüffelte, gar nicht so ungewöhnlich. Solche Teenies schnüffelten schließlich ständig irgendwo herum. Aber die Späher der Weißen Richter hatten gesehen, wie sie einen Umweg in Kauf genommen und die Schlucht im Osten überquert hatten. Zabusa war misstrauisch geworden. Sie hatten dort etwas gesucht, hatte er gemutmaßt. Und die kastengroßen Instrumente im Lager hatten die ganze Zeit über eine Dämonenessenz ganz in der Nähe angezeigt ...

Das Tor zum Parkplatz der Villa stand, wie bei ihrem letzten Besuch, sperrangelweit offen. Die Jugendlichen wollten sich an den nunmehr besitzerlosen Wagen vergreifen, das war offensichtlich. Sie hatten sogar Wachen vor dem Tor aufgestellt. Der eine trug eine warme, grüne Weste und hatte einen schwarz glänzenden Topfschnitt, den Anko aus der Ferne für einen Helm gehalten hatte. In der Hand hielt er einen Baseballschläger. Lächerlich.

Der andere jedoch war gefährlicher. Er war in warme Winterkleidung gehüllt, die die Gesichtstätowierung – oder –bemalung – zur Geltung brachte, und in den Händen hielt er eine

 SMG. Alle beide trugen riesige Rucksäcke, als hätten sie vor, mehrere Tage in den Bergen zu verbringen.

Anko bedeutete dem Fahrer, zu bremsen. Die Weißen Richter würden ein wenig ihre Muckis spielen lassen, dann würden die Jungen schon brav zur Seite treten.

Der Junge mit der Maschinenpistole wollte eben den Mund öffnen, als die Weißen Richter auf dem Verdeck von Ankos Jeeps ihre eigenen Waffen auf ihn richteten. „Runter damit“, hörte sie einen gedämpft rufen.

Brav ließ der Jugendliche das SMG sinken. Na bitte. Anko ließ das Fenster runter und beugte sich in die winterliche Kälte hinaus. „Seid ihr wohl so gut und verratet uns, was ihr hier wollt?“, fragte sie gespielt freundlich.

Der Tätowierte zögerte trotzig.

„Die Wagen gehören uns! Wir haben sie zuerst gesehen!“, rief der andere in das Schweigen hinein.

„Verdammt, Lee! Shikamaru hat gesagt, wir sollen nichts verraten!“, knurrte der andere wütend, und Lee schlug sich die Hand vor den Mund.

Anko hob eine Braue. „Die Wagen, ja? Seid ihr sicher, dass sie euch gehören?“

„Ihr habt immerhin schon welche. Wir waren zuerst da“, sagte der Tätowierte trotzig.

Fast musste sie lachen. „Und wir haben mehr Waffen als ihr. Oder verstecken sich da drüben noch mehr mit Erbsenschleudern?“

„Genug“, behauptete der Junge und wich ihrem Blick aus. Er log, wurde ihr sofort klar. Harmlose Rabauken, eindeutig. Das SMG war sicher nicht mal geladen.

„Wir würden euch gerne zu etwas befragen“, sagte Anko gedehnt. „Was hattet ihr heute in dieser Schlucht zu suchen? Antworte!“, setzte sie hinterher, als der Junge nur die Lippen zusammenkniff.

„Nichts.“

„Nichts ist immer eine Ausrede.“

Lee wollte schon wieder den Mund öffnen, als der andere ihn in die Seite stieß. „Halt ja die Klappe! Shikamaru hat gesagt, wir sollen kein Wort darüber verlieren!“

Anko seufzte. „Ist dieser Shikamaru euer Boss?“

„O ja!“ Lees Augen leuchteten. „Der Anführer der Schattenwölfe, die die Kraft der Jugend in sich vereinen!“

„Und er ist da drüben auf dem Parkplatz?“

„Deswegen stehen wir schließlich hier“, brummte der Tätowierte unwillig.

Anko nickte und ließ sich wieder ins Wageninnere gleiten. Die beiden waren ihr zu dämlich. Wenn man verlässliche Informationen wollte, musste man schon den Anführer ausquetschen. „Fahr weiter“, befahl sie dem Fahrer. „Wir knöpfen uns diesen Shikamaru persönlich vor.“

Die beiden Jungen traten erst im letzten Moment zur Seite, wagten es aber nicht, ihre Waffen noch einmal zu erheben. Die Weißen Richter hatten nicht zum ersten Mal mit einer Straßenbande zu tun. Sie spielten überall die großen Macher, aber wenn jemand mit deutlich schwereren Geschützen anrückte, kuschten sie alle.

Shikamaru war nicht schwer zu finden. Er kam sich wohl ziemlich wichtig vor; ganz am Ende des Parkplatzes, wo der Garten des Anwesens begann, saß er in einem Campingstuhl vor einem mobilen Gaskocher, eine Tasse dampfenden Glühwein in der Hand. Ein Mädchen mit blonden Zöpfen – vermutlich seine Freundin – massierte ihm den Nacken, während ein paar andere Jugendliche von Auto zu Auto huschten und Handtaschen, Etuis, Fahrzeugpapiere und alles, was sie sonst noch darin fanden, auf einer großen Decke auf einen Haufen warfen.

Mit finsteren Augen musterte der Anführer der Schattenwölfe die herannahenden Jeeps. Die anderen hielten inne, doch Shikamaru schien nicht sonderlich beeindruckt. „Und ihr seid ...?“, fragte er, als Anko ausgestiegen war. Sie hielt es für angebracht, nicht schon wieder aus dem Fenster zu schreien.

„Die Weißen Richter, mein Kleiner. Wenn du von uns gehört hast.“

„Hab ich. Seid ihr auch wegen der Autos hier?“

„Nein, sind wir nicht.“ Sie kam auf ihn zu, schob den Gaskocher auf seinem Tischlein zur Seite, sodass er in den Schnee fiel, und stemmte die Hände in die Hüften. Dann bückte sie sich, um ihm in die Augen sehen zu können. „Wir wollen wissen, was ihr in der Schlucht im Osten gesucht habt“, erklärte sie lächelnd.

Shikamaru runzelte die Stirn. „Ihr wisst also, dass wir dort waren? Interessant.“

„Uns entgeht nicht viel.“

Er zögerte, als wolle er in ihrem Blick lesen. „Ich glaube dir nicht“, sagte er plötzlich. „Ihr seid wegen den Wagen hier. Wir finden sicher eine Einigung. Sowohl für euch als auch für uns sind es zu viele. Wir lassen euch die, die wir noch nicht ausgeräumt haben, hier. Einverstanden?“

Anko blinzelte perplex. „Was heißt, du glaubst mir nicht?“, fragte sie.

„Komm schon“, schnaubte Shikamaru. „Die Weißen Richter jagen Dämonen, heißt es. Wenn ihr wirklich Weiße Richter seid, seid ihr doch eher interessiert an Waffen. Oder etwas Dämonischem, oder eben Autos für den Truppentransport. Sag mir nicht, ihr seid in Geldnot.“

„Geldnot?“ Wovon zum Teufel sprach er da?

„Ich hätte nicht gedacht, dass jemand das Versteck findet“, meinte er nachdenklich und sah zu seiner Freundin hoch, die ein besorgtes Gesicht machte. „Wir brauchen dringend ein neues.“

Das Mädchen hatte ihm die ganze Zeit den Nacken geknetet. Anko machte diese Ruhe rasend. „Halt endlich mal die Griffel still“, herrschte sie sie an. „Ein Versteck? Für was?“

Shikamaru antwortete nicht. Anko musste nur die Hand heben, schon nahmen ihn vier schwere Maschinenpistolen ins Visier. Schließlich seufzte er und holte etwas aus seiner Jackentasche heraus. Die Weißen Richter spannten sich an, doch es war nur ein Plastikbeutel, der aussah wie mit Schnee gefüllt. Shikamaru warf ihn ihr zu.

„Kokain?“, fragte Anko ungläubig.

„Was denn sonst? Wollt ihr es etwa auch beschlagen? Ich dachte immer, die Weißen Richter sind mustergültige Elitesoldaten.“

„Ihr wart in dieser Schlucht, weil ...?“, fragte sie lauernd. Warum hatte sie nur das Gefühl, dass sie hier irgendeinem Spiel auf den Leim ging? Erneut.

Wieder seufzte er schwer, dann nahm er einen Schluck Glühwein. „Es ist ein Umschlagplatz für uns und unsere Kunden. Sie hinterlegen uns das Geld, wir deponieren ihren Stoff dort. Bisher hat niemand etwas gemerkt.“

„Überprüfen!“, befahl Anko dem Mann zu ihrer Rechten. Er nickte, entfernte sich von der Gruppe und funkte die Basis an. „Und das Geld? Zeig es mir“, verlangte sie von Shikamaru.

Er nickte seiner Freundin zu, die hinter dem Haufen mit dem gestohlenen Zeug einen Koffer hervorholte. Als sie ihn öffnete, lagen darin fein säuberlich ganze Bündel mit Banknoten. Anko nahm einen Geldschein heraus und musterte ihn. Scheint echt zu sein ... Eine Bande wie diese konnte unmöglich an so viel Geld kommen, wenn sie keine krummen Geschäfte machte. Außerdem waren Gossenkids bekannt dafür, alles, was sie ergatterten, gleich wieder zu verprassen. Es sah tatsächlich so aus, als wären sie erst kürzlich an den Koffer gekommen ...

„Du glaubst mir nicht, ich glaube dir nicht“, sagte sie. „Die Sache stinkt zum Himmel. Ausschwärmen! Durchsucht hier alles – den Koffer, ihre Ausrüstung, den Haufen dort drüben, die Wagen, die Villa! Jeden Schneehaufen will ich durchwühlt haben!“

Es hätte sie nicht gewundert, hätten ihre Leute gemurrt, so langwierig war die Arbeit. Anko wartete im warmen Jeep, zwei Wachen blieben draußen stehen und bedrohten die Schattenwölfe, die anderen machten sich ans Werk. Es dämmerte, ehe sie das Zeichen gab, dass sie aufhören konnten.

Die Weißen Richter hatten nichts gefunden. Sie besaßen ähnliche Geräte wie Deidara, der Dämonenjäger, auf dessen Bekanntschaft Anko liebend gern verzichtet hätte, und hatten damit alles nach Spuren von Dämonenauren durchleuchtet. Nichts. Nur Autos, Wertgegenstände, Geld und Schnee.

„Die Basis hat sich übrigens gemeldet“, meinte einer der Männer kleinlaut zu Anko. „Sie sind in die Schlucht geklettert.“

„Warum erfahr ich das erst jetzt? Was haben sie gefunden?“

Er räusperte sich. „Einen Koffer mit Schnee.“

„Schnee?“

Der Mann hüstelte verlegen. „Kokain. Miese Qualität, sagen sie. Er hat nicht gelogen.“

Anko schnaubte. „Na schön“, sagte sie. „Wir ziehen wieder ab.“ Sie nickte wütend auf den Geldkoffer. „Den beschlagnahmen wir. Macht eure Geschäfte künftig woanders.“

Shikamaru hob ergeben die Arme. „Was immer die mit den schweren Waffen verlangen.“

Auf dem Rückweg zur Basis kamen sie wieder an den beiden Wachjungen vorbei, die sich immer noch die Beine in den Bauch standen und zitterten. Anko hoffte, dass sie sich ordentliche Frostbeulen holten.

 

„Das ist doch noch mal gut gegangen“, stellte Temari fest, als die Weißen Richter nicht mehr zu hören waren und allgemeines Aufatmen durch die Schattenwölfe ging.

„Ja. Aber es war riskant.“ Shikamarus Blick blieb an Lee geheftet, der mit Kankuro von der fingierten Wache zurückkam. Er hatte gehofft, dass niemand darauf kommen würde, dass die Wachen selbst den begehrten Schatz besaßen. Wer würde als Anführer so etwas schon tun?

Das Gefäß mit der Dämonenessenz befand sich in Lees Rucksack. Die Drogen hatten sie extra für diesen Plan in der Schlucht platziert. Sie hatten das weiße Zeug ordentlich mit Staub und Mehl gestreckt, und Shikamaru war sicher, dass die teuren Wagen den Verlust mehr als ausglichen. Zurückgehen und das Kokain einsammeln wollte er nicht. Das Geld stammte aus der Bandenkasse.

„Machen wir weiter“, sagte er. „Lee, du nimmst dir doch auch einen Luxusschlitten. Wir werden nicht nochmal herkommen, das ist zu riskant.“

Während der Himmel finsterer wurde und vereinzelt wieder Schneeflocken fielen, bohrten sich zehn Scheinwerferpaare durch die Dämmerung und tuckerten langsam die Gebirgsstraße hinunter.

 

Als die Weißen Richter nach der fehlgeschlagenen Razzia ins Lager zurückkehrten, war es stockdunkel, und so sah Anko das Leuchten sofort.

„Was zum ...?“ Sie spähte angestrengt aus dem Fenster. Da war es wieder ... Oben auf den Bergspitzen. Was hatte das zu bedeuten, ein blaues Leuchten, das den Schnee glitzern ließ?

Im Lager sprang sie aus dem Jeep und ließ sich einen Feldstecher geben. Andere Weiße Richter sammelten sich um sie; sie hatten ebenfalls das ungewöhnliche Phänomen gesehen.

„Nanu?“, machte Suigetsu.

Durch das Fernglas konnte Anko auch nicht viel mehr erkennen, außer dass das Licht dort oben pulsierte – und sich bewegte. Dann ertönte ein Grollen. „Mir reicht’s.“ Anko ließ den Feldstecher sinken. „Wie geht es Zabusa?“

„Ganz gut, denke ich“, berichtete Suigetsu. „Er ist transportfähig, würde ich sagen.“

„Wir bauen das Lager ab. Ich habe die Schnauze voll von diesen Bergen.“

 

„Erstaunlich, dass du mich gefunden hast“, kicherte Hidan. „Erstaunlich, dass es dich gibt.“

„Deine Aura stinkt dreißig Meilen gegen den Wind“, behauptete die kümmerliche Gestalt, die ihm auf dem Gebirgsgrat entgegengetreten war, den er gemütlich entlang geschlendert war, auf der Suche nach Inspiration, wie er die Menschen im Tal am besten niedermetzeln sollte.

„Und was kann ein so altes Unding von mir wollen?“ Hidan wusste nicht genau, mit wem er es zu tun hatte. Er interessierte sich nicht sonderlich für andere Dämonen, aber er ahnte die Macht, die in dem anderen schlummerte. Jeder Dämon der Stadt hätte vermutlich Reißaus genommen. Aber Hidan war unsterblich, was konnte ihm passieren?

Der Dämon, der im Körper eines nackten Mannes mit rissiger, frostbedeckter Haut steckte, hob einen Finger und zeigte auf ihn. „Ich will gegen dich kämpfen.“

Hidan gackerte laut – und stürzte sich urplötzlich mit seiner Sense auf den anderen. Im Flug schoss er seine fliegenden Sicheln ab, die das Wesen mit einer raschen Drehung abwehrte. Sie verpufften oder donnerten gegen die Felswand, lösten kleine Lawinen aus. Dann war Hidan heran, krachte gegen den anderen und grub seine Sense tief in dessen Brust – das heißt, er versuchte es.

Der andere Dämon wich blitzschnell zur Seite und schlug die drei Blätter mit der bloßen Hand zur Seite. Die andere stieß er Hidan in den Rücken. Der Dämon spürte einen brennenden, wunderbaren Schmerzblitz, als würde jemand ihm einen Teil seines Brustkorbs herausreißen. Er wurde von dem schmalen Grat geschleudert. Lachend warf er sich in der Luft herum, im Sturz in schwindelerregende, finstere Tiefen. Seine Sense sauste auf den anderen zu, und diesmal wich er nicht aus, sonder drehte sich erneut wie ein blitzender Kreisel um die eigene Achse. Der dämonische Stahl zersplitterte in tausend Teile. Hidan lachte schrill. Das war doch unmöglich!

Mit einem waghalsigen Sprung setzte der Dämon ihm hinterher, durchschnitt stromlinienförmig die Luft, während er einen Lichtschweif hinter sich herzog. „Man darf sich etwas wünschen, wenn man eine Sternschnuppe sieht, sagen die Menschen!“, krähte Hidan und wartete auf den Aufschlag.

Der Dämon erreichte ihn zuerst. Beide Hände von sich gestreckt, schoss er wieder seine unheimliche Magie durch Hidans Körper. Es fühlte sich an wie Feuer und Eis, gleichzeitig, außerdem uralt und mächtig und ... triumphierend. Als könnte nichts in der Welt geschehen, was diesem Dämon noch schlechte Laune bescheren könnte.

Sie rasten mitten in einen verschneiten Berghang. Schnee spritzte auf, dann Gestein. Weiße Wolken umwirbelten sie, und für einen Moment konnte Hidan nur die Augen seines Gegenübers glühen sehen. Er spürte, wie sein Körper auf hartem Fels plattgedrückt wurde, alles schmerzte. Der Fremde begann auf ihn einzuschlagen, mit bloßen Händen, und doch fühlte sich jede Berührung wie ein einzelner Todesstoß an. Kein Zoll seiner Haut blieb verschont, seine Kleidung schmolz, seine Dämonenkraft wurde durchgewirbelt, als prügle der andere ihm alles Dämonische aus dem Leib. Seine Aura konnte in diesem Moment nur wie ein Funke wirken ... Und doch konnte Hidan nicht anders, als lauthals zu lachen, so lange, bis der Dämon seinen Hals bearbeitete.

Eine geschlagene Stunde später ließ er von ihm ab, nachdem er noch einmal im Kreis gewirbelt und Hidan damit regelrecht in den Boden gepresst hatte. Der Fremde glühte heller als die Sterne am Himmel. Als Hidan nichts mehr sehen konnte, spürte er das Glühen umso stärker, und nichts, was er je gesehen hatte, kam ihm gleich. Die Aura des anderen zuckte, als wäre sein Körper bereits zu zerschlissen, um sie zusammenzuhalten. Selbst als er auf Abstand ging, hielt der Schmerz an. Hidan wollte nie wieder etwas anderes fühlen.

Die Sonne ging auf und tauchte alles in Glitzerndes Weiß, selbst den anderen Dämon. Das war das Erste, was Hidan wieder erkennen konnte. Schnee und Eis hatten sich auf der Haut seines Gegners festgesetzt, der selbst keine Wärme mehr abzustrahlen schien.

Hidan fühlte seine Kräfte zurückkehren. Langsam setzte er sich auf, unter dem wachsamen Blick zweier hell glühender Augen. Als er sich umsah, entdeckte er violette Energiestränge, die zu ihm zurückkrochen. Seine eigene, versprengte Aura. Noch nie hatte er so lange gebraucht, um sich zu regenerieren.

Sein Grinsen tat noch weh. „Das hat gut getan. Machen wir weiter?“

„Nein“, sagte der andere. „Du bist perfekt. Beenden wir es.“

Hidan kicherte teuflisch. „Die Sache ist die – ich kann nicht sterben.“

„Ich weiß.“

Mit einem Aufschrei ließ Hidan seine zerstörte Sense wieder in seiner Hand erscheinen und stürzte sich auf den anderen wie der Sensenmann persönlich. Er wusste nicht, wie er den anderen besiegen konnte, er wusste nur eins: Diese Macht, diese unglaubliche Aura – er musste sie haben!

Doch der merkwürdige Fremde, den er nie zuvor gesehen hatte, wehrte sich nicht mehr. Die Sense glitt durch seine Haut und blieb in seinem Körper stecken, als bestünde er aus Eis. Das Pulsieren in seiner Brust wurde stärker, das war das einzige Zeichen von Widerstand.

Hidan entblößte sein bestes Totenkopfgrinsen. „Ich bin Hidan!“, schrie er. „Ich überfalle jeden, der so blöd ist, sich mir zu nähern, und raube ihm seine Energie!“ Er griff nach der Kraft, die aus der Wunde des anderen strömte, und aus den zahllosen Rissen in seiner Haut. Sie fühlte sich nicht violett an wie seine eigene, sondern strahlend blau. Herrlich.

„Auch das weiß ich“, sagte der andere ruhig.

Hidan packte den Griff seiner Sense fester. So dauerte es ihm zu lange. Er legte alle Kraft, die er aufbringen konnte, und sammelte sie in den Sensenblättern. Mit einem lauten Knall, der eine Erschütterung zur Folge hatte, die die Platte unter ihnen völlig von Schnee befreite, explodierte seine Energie strahlenförmig in alle Richtungen und tilgte den beschädigten Körper des anderen von dieser Welt. Gierig griff Hidan nach der Essenz, die weiß und glühend an seiner Stelle schwebte und aus der die Aura sickerte wie flüssiges Silber.

Das Grollen der Lawine konnte ihn nicht aufhalten. Selbst, als die tosenden Schneewolken sie beide erreichten, blieb Hidan standhaft. Er rammte seine Sense in den Felsen, so tief er konnte, bot all seine dämonische Kraft auf, um nicht von den Schneemassen fortgeschwemmt zu werden, und zog mit aller Kraft an der Essenz. Irgendwann war der Druck zu hoch, er wurde mitgerissen, doch die Essenz hielt er immer noch in seinen Händen gepackt, die Finger fest darum geschlossen. Er überschlug sich, verlor im Schnee jegliche Orientierung, prallte gegen Hindernisse. Es kümmerte ihn nicht, wenn er verschüttet wurde, solange er diesen Kern reiner Energie bekam!

Als er ihn vollends absorbiert hatte, war er metertief von Schnee bedeckt. Daran lag es nicht, dass er keine Luft mehr bekam. Es war einfach atemberaubend, diese Macht zu spüren! So alt, so rein und so unerschrocken ... Dann hörte er die Stimme.

Es war zunächst nur ein Flüstern, das anschwoll, ohne dass Hidan die Worte verstand. Er verzerrte das Gesicht. „Verflucht, was willst du noch? Ich habe ich getötet, du Spinner!“

„Und was, glaubst du, ändert das?“

Hidan stieß einen schrillen Schrei aus und bekam Schnee in den Mund.

„Der Körper spielt keine Rolle. Der Stärkere bekommt ihn.“

Das gilt vielleicht für die Menschen, von denen wir Besitz ergreifen!, dachte Hidan wütend. Er konnte in Gedanken mit dem anderen kommunizieren. Das war kein gutes Zeichen.

„Warum sollte es für andere Dämonen nicht auch gelten?“

Nein! Verfluchter Wichser, du bekommst meinen Körper nicht! Der andere war viel stärker. Wie hatte er nur so dumm sein können?

„Meine Rache habe ich bekommen, doch mein alter Körper war zu sehr beschädigt, um noch lange durchzuhalten. Deiner ist ideal.“

Niemals! Raus aus meinem Kopf, oder ich ...

„SCHWEIG“, donnerte es in Hidans Gedanken und wehte jeglichen Widerstand fort.

 

Die Sonne ging prachtvoll über den Bergen auf. Wo sich bis vor kurzem noch das Lager der Weißen Richter ausgebreitet hatte, war nichts als eine einzige Schneelandschaft, gesäumt von toten Baumstämmen, die die Lawine mitgerissen hatte.

Das Schaben erklang langsam, ruhig. Nach einer schieren Ewigkeit erst wurde es lauter, und schließlich erhob sich eine schwarzweiße Gestalt aus den erstarrten Fluten. Schnee fiel von ihr ab, sie versank bis zu den Knien darin, aber sie war an der Oberfläche.

Äußerlich glich diese Gestalt dem Dämon Hidan. In ihrer Brust glühte jedoch eine pulsierende Kugel, und seine Augen verstrahlten ungewöhnliches Licht.

Schlange mit fünf Köpfen

„Ich fasse also zusammen, hm.“ Deidara hatte es sich in einem komfortablen – neuen – Lehnstuhl bequem gemacht und sah in die Runde. „Dieser Assei ist erledigt, und dank unserer Hilfe gehört den Schattenwölfen diese Bude hier. Sie haben eine ganze Menge Sportwagen erbeutet und sind all ihre Sorgen los. Wir haben Kakuzus Essenz zurück. Und unser inoffizieller Anführer ist endlich wieder auf dem Damm.“ Er nickte Kimimaro zu, dessen Wunden in der Brust noch schrecklich aussahen, aber nur noch oberflächlich waren. Die Kugeln hatte sein Körper bereits herausgedrückt. Deidara hob flehentlich die Arme. „Können wir dann bitte wieder zu unserer eigentlichen Aufgabe zurückkommen?“

Naruto warf Sasuke einen Seitenblick zu. Äußerlich war der Mafioso gefasst wie immer, vielleicht etwas blass. Er fragte sich, wie es jetzt mit ihnen beiden weitergehen sollte. Gestern hatten sie auf der Straße ein Gerücht aufgeschnappt, heute hatten Shikamarus Kontaktmänner, zu denen sicher auch Sai gehörte, es bestätigt: Die Sharingan-Familie war restlos ausgelöscht worden. Die genauen Umstände waren unbekannt, aber es gab, logisch betrachtet, nur einen, der dafür verantwortlich sein konnte.

Was bedeutete, dass die beiden größten Mafia-Banden der Stadt innerhalb weniger Wochen von der Bildfläche verschwunden waren. In Akuma Gakure war es nun unsicherer denn je – und es würde in den nächsten Tagen noch gefährlicher werden, wenn kleinere, aufstrebende Banden sich um die Macht zankten. Gut, dass die Schattenwölfe das nun nicht mehr nötig hatten, aber auch sie würden ihre neugewonnene Position verteidigen müssen.

Naruto würde Sasuke fragen müssen, was sie nun tun sollten. Seit dem Maskenball hatte er keine Zeit mehr gehabt, an seine eigentliche Aufgabe zu denken. Und er hatte es auch nicht gewollt. Kimimaro hatte ihnen allen mehrmals das Leben gerettet. Ihm selbst am alleröftesten. Es war nicht fair, weiterhin mit Sasuke zusammenzuarbeiten.

Don Madara hatte ihm einen Ausweg aus seiner misslichen Lage geboten. Freies Geleit und Geleitschutz aus dieser Stadt, die Naruto nie hätte betreten sollen. Es hätte das Problem mit seinem Dämon nicht gelöst, aber das ließ sich vielleicht sowieso nicht lösen. Und Heerscharen von Gangstern wäre er damit vielleicht entkommen. Nun war Madara tot und alle Versprechen nichtig. Er konnte Sasuke nicht verraten; auch ihm verdankte er viel und er hätte überdies zugeben müssen, welche Rolle er in der ganzen Sache gespielt hatte. Nein, er würde versuchen, das Problem einvernehmlich zu lösen. Er musste mit Sasuke darüber sprechen. Vielleicht war dieser sogar bereit, Kimimaro weiterhin zu unterstützen, ohne die Befehle seiner Familie ... Naruto war überzeugt, nur der Sieg über Orochimaru konnte ihn heil aus dieser Stadt bringen. Gewissermaßen hatte der Untergang der Sharingan-Familie ihn also auch betroffen. Bisher hatte er ein doppeltes Spiel gespielt – nun waren seine Ambitionen beflügelt, den Tyrannen und den Dämon, dem er diente, zu Fall zu bringen.

„Ich habe viel nachgedacht“, sagte Kimimaro, „und meinen Plan verfeinert. Ich würde ihn dir gerne vortragen, Shikamaru, und du sagst mir, was du davon hältst.“

Deidara hob fragend die Augenbrauen. „Sind wir jetzt ein eingeschweißtes Team, oder was?“

Naruto verstand die Geste. Kimimaro gab zu, dass er Shikamarus strategisches Talent als dem seinen überlegen hielt.

„Die anderen gehen bitte hinaus“, fügte der Halbdämon hinzu.

„He! Ich bin der Vize-Anführer!“, ereiferte sich Kiba.

„Das kümmert mich nicht. Ich möchte nur Shikamarus Urteil. Für euch ist es besser, wenn ihr nichts von meinen Plänen erfahrt. Es könnte euch das Leben retten.“

„Tut, was er sagt“, sagte Shikamaru.

„Aber Shika...“

„Er bittet uns als Freunde. Seht es als kleines Hobby von mir an, Halbdämonen bei ihren Plänen zuzuhören.“

Kiba zögerte noch starrsinnig, dann warf er schnaubend die Arme in die Luft und ging. Ino zog Hinata hinaus – die beiden schienen irgendwie halb als neue Bandenmitglieder akzeptiert worden zu sein. Die anderen folgten ihnen, selbst Temari. Nur Sakura rührte sich nicht vom Fleck. „Ich bleibe“, verkündete sie.

„Sakura, bitte“, sagte Shikamaru genervt.

„Da ich mitkommen werde, möchte ich gern wissen, was wir tun werden.“

Naruto starrte sie entgeistert an. „Was? Du ... Du kommst mit?“

„Das wird ja immer schöner.“ Deidara rollte die Augen. „Du bist lästiger als Tobi, hm.“

„Tobi ist lästig?“, erkundigte sich Tobi, der bisher brav neben Deidaras Sessel gestanden war.

Ja, hm.“

Shikamaru räusperte sich, um die Aufmerksamkeit zurückzugewinnen. „Wie kommst du auf die Idee, plötzlich mit ihnen gemeinsame Sache zu machen, Sakura?“

„Ganz einfach. Ich will ihnen helfen. Naruto hat ohne zu zögern den Kopf für uns hingehalten. Und ist er nicht ein Bandenmitglied? Wir müssen ihnen helfen.“

„Ihr habt wirklich genug getan, echt jetzt“, wehrte Naruto ab.

Sie sah ihn zornig an.

„Das denke ich auch“, sagte Shikamaru. „Wir legen uns nicht mit dem gefährlichsten Mann in Akuma Gakure an, auf keinen Fall.“

Naruto war nicht erstaunt, dass Shikamaru mittlerweile wusste, was sie vorhatten. Sakura hatte es offenbar auch geschlussfolgert.

„Auch, wenn er in absehbarer Zeit Schutzgeld von uns erpresst?“, fragte sie herausfordernd.

„Wenn das Spiel so läuft, ja. Ich sehe keine Chancen, gegen ihn zu gewinnen.“

„Wir haben Kimimaro, Sasuke und den Sprengkopf“, warf Sakura ein.

„He“, rief Deidara beleidigt.

„Und sie haben einen Plan – wenn er gut ist, könnten wir uns von Orochimaru befreien“, fuhr sie fort.

„Dann stürzt die Stadt ins Chaos. Noch mehr, als sie es jetzt ist“, hielt Shikamaru dagegen.

„Du verbietest es also?“

„Ja“, seufzte Shikamaru. „Tut mir leid, Sakura.“

„Schön. Dann trete ich hiermit aus der Bande aus“, sagte sie schnippisch.

„Sakura“, murmelte Naruto beschwörend und berührte sie am Arm. „Es ist genug. Du bist mir echt nichts schuldig.“

Sie streifte seine Hand ab. „Verstehst du nicht, dass ich dir helfen will?“, zischte sie.

„Aber du bist ... Was kannst du denn schon ausrichten gegen echte Dämonen und Gangster mit schweren Waffen?“

„Eine ganze Menge mehr als du!“

Diese Worte taten ihm weh, auch wenn er wusste, dass sie recht hatte. Sie lebte schon viel länger auf der Straße als er, inmitten von rauen Sitten und gefährlichen Leuten.

Sasuke räusperte sich. „Erzähl uns endlich deinen Plan. Wir können ja nachher überlegen, ob wir sie mitnehmen.“ Es war das Erste, das er an diesem Tag sprach. Seine Stimme klang heiser.

Kimimaro nickte und trat in die Mitte des Raumes. „Unser Feind ist eine Schlange mit fünf Köpfen, die eine Höhle bewacht. In der Höhle lebt das gefährlichste Untier, das die Welt je gesehen hat – vermutlich. Ich bin ihm nie begegnet.“

„Der Dämonenkönig“, flüsterte Naruto ehrfürchtig. Sakura fuhr sich über den Arm, wie um eine Gänsehaut loszuwerden.

„Der Weg zu ihm führt nur über die Schlange. Einer ihrer Köpfe ist der Schlüssel, und an ihn kommen wir wiederum nur über die anderen vier. Die Klänge sind vielleicht sogar noch geschwächt von ihrem Kampf gegen die Sharingan-Familie.“ Dass sie gekämpft hatten, war ein Geheimnis, das jeder wusste, aber niemand auszusprechen wagte. Dass nach wie vor alle vier Klänge am Leben waren, wussten sie von Sai. „Sie werden sich uns jedoch stellen, sobald Orochimaru es ihnen befiehlt. Und wir haben hier jemanden, den Orochimaru um jeden Preis haben will.“

Kimimaro fixierte Naruto mit stechendem Blick, sodass ihm ganz unwohl zumute wurde. Als er sprach, war seine Stimme belegt. „Ich diene also als Köder?“

„Ich würde es vermeiden, wenn ich könnte“, sagte der Halbdämon. „Aber unser Ausweichplan ist fehlgeschlagen. Wir werden unser Bestes geben, dass dir nichts geschieht.“

„Aber ihr könnt es nicht garantieren?“, fragte Sakura vorwurfsvoll.

„Garantieren konnten wir von Anfang an für nichts“, sagte Kimimaro. „Was sagst du, Naruto?“

Er brauchte nicht lange zu überlegen. „Erzähl weiter.“

Der Halbdämon nicke, als hätte er genau das erwartet. „Wir werden dich in die Nähe von Orochimarus Anwesen bringen. Wir lassen durchblicken, dass du gut bewacht wirst. Auf diese Weise muss er die Klänge losschicken. Und hier kommt Kakuzus Essenz ins Spiel. Es war gut, dass ihr sie wieder besorgt habt.“ Er nickte Shikamaru anerkennend zu.

„Was genau kann denn diese Essenz?“, fragte Naruto.

„Zum einen ist sie viergeteilt. Das ist ein enormer Vorteil. Wir sind vier Kämpfer, und es gibt vier Klänge. Jeder von uns wird sich ein Viertel der Essenz einverleiben. Ich weiß, dass sie meine dämonische Kraft steigern wird. Was sie bei Menschen bewirkt, kann ich nicht sagen, aber zumindest wird sie verhindern, dass ihr so einfach getötet werdet.“ Er sah Sakura an. „Dich habe ich in den Plan nicht einberechnet.“

„Schon klar.“

„Tobi auch nicht!“, rief Deidaras Knappe.

„Halt’s Maul, Tobi“, brummte dieser. „Du würdest nur stören, hm.“

„Und du glaubst, wir können die Klänge töten, wenn wir die Essenz benutzen?“, hakte Sasuke nach.

„Ich sehe nirgendwo anders bessere Chancen. Ich habe einige Flaschen Antidemonicum, das ist ein Mittel, das gegen ihre dämonische Form wirkt. So können wir sie immerhin schwächen. Der Rest ist Spekulation. Außerdem wäre es Wahnsinn, gegen alle vier gleichzeitig zu kämpfen. Sie sind ein eingespieltes Team, im Gegensatz zu uns. Wir müssen sie getrennt erledigen. Fällt dir dazu etwas ein, Shikamaru?“

Der Schattenwolf überlegte. „Gib mir nachher eine Karte von dem Gebiet, in dem ihr sie herausfordern wollt. Und klär mich genau über ihre Fähigkeiten auf.“

Kimimaro nickte. „Eines noch. Der fünfte Kopf, Orochimaru, wird sich womöglich nicht zeigen, wenn wir seine Leibgarde besiegen. Daher brauchen wir mindestens einen von ihnen lebend.“

„Gut, das darf jemand anderes übernehmen“, sagte Deidara sofort. „Es sei denn, du meinst, du willst seine Essenz.“

„Nein, ich spreche tatsächlich von lebendig. Atmend und wach. Einer der Klänge wird uns zu Orochimaru führen, seine Geheimnisse und weitere Wachen und deren Bewaffnung verraten. Nur so kommen wir an ihn heran. Sobald wir bei Orochimaru sind, kommt der einfachste Teil. Er ist nur ein Mensch, er hat uns nichts entgegenzusetzen. Wenn er tot ist, folgt sogleich das Schwierigste an dem Plan: Der Dämonenkönig wird sich rühren. Ab dann wird es heikel.“

„Und wie besiegen wir den?“, fragte Naruto mutlos. „Es klingt, als würden wir all unsere Trumpfkarten schon vorher ausspielen.“

„Ich würde versuchen, auf meinen Teil der Essenz nicht zurückzugreifen, aber auch wenn sie viergeteilt ist, ist es ein einziger Energiekern. Wir können nur alles auf einmal benutzen.“

„Vielleicht sollten wir vorher noch einen Dämon jagen, hm“, schlug Deidara vor. „Dann kriegen wir noch eine Essenz und die hauen wir dem König um die Ohren! Diesen Hidan zum Beispiel.“

„Hidan war unsterblich“, erinnerte ihn Sakura.

„Es muss so gehen“, sagte Kimimaro. „Je länger wir warten, desto mehr gewinnen die Klänge wieder an Kraft.“

„Haben Halbdämonen auch Essenzen?“, fragte Naruto.

 „Ja, aber sie verflüchtigen sich bei ihrem Tod sofort. Wir werden aus den Leichen der Klängen nichts herausbekommen. Aber es gibt einen anderen Weg, da bin ich mir ziemlich sicher. Auch er führt über dich, Naruto.“

„Über mich?“, fragte er unsicher.

„Du Schlüsselfigur, du“, schnaubte Deidara belustigt.

Naruto erinnerte sich an das, was Kimimaro gesagt hatte, als sie auf diesem Schneefeld das merkwürdigste Team gegründet hatten, das diese Stadt vermutlich je gesehen hatte. Damals wie heute hoffte er, dass es rein rhetorisch gemeint war, dass er Naruto nur wollte, um seine Gruppe etwas aufzupeppen. „Du glaubst also wirklich, ich könnte den Dämonenkönig besiegen?“

„Orochimaru glaubt es. Und er irrt sich selten.“

„Moment. Das müsst ihr mir erklären“, sagte Shikamaru.

Naruto wollte es den anderen schon verbieten, aber Deidara war schneller. „Er hat ‘nen Dämon in sich drin, hm. Orochimaru will ihn unbedingt haben“, plauderte er aus.

Shikamaru wirkte überrascht – und noch überraschter, als er sah, dass Sakura keine Miene verzog. „Hast du das gewusst?“

„Ich ... Ja“, gab sie kleinlaut zu.

„Schön. Ja, ich bin ein Monster“, sagte Naruto bitter. „Können wir zurück zum Thema kommen? Ich soll also dem Ungeheuer in mir die Kontrolle überlassen und den Dämonenkönig im Alleingang plattmachen? Was halten wir uns dann überhaupt mit den Klängen und Orochimaru auf?“

Sakura wirkte nach seinen Worten betreten, die anderen eher weniger. „Wir werden auch Orochimaru nicht sofort töten“, erklärte Kimimaro. „Er weiß viel über Dämonen. Vielleicht hat er einen Weg gefunden, wie du deinen Dämon kontrollieren kannst.“ Und dann sprach er die Worte, die Naruto nie erwartet und nach denen er sich innerlich so gesehnt hatte. „Vielleicht kennt er auch einen Weg, wie wir den Dämon aus deinem Körper entfernen.

„Naruto?“, fragte Sakura unsicher, als er eine Weile mit weit aufgerissenen Augen schwieg.

„Ich mach’s.“ Seine Stimme klang rau, aber fest. „Ich bin dabei. Ich spiele euren Köder, ich schlucke eure Essenz, ich befreie eure Stadt. Wenn ihr mir nur den Dämon rauszieht!“

„Ich kann nicht dafür garantieren“, versuchte Kimimaro seine Begeisterung zu bremsen.

„Aber das kann man hier sowieso nicht, oder? In Akuma Gakure lässt sich für nichts garantieren.“ Naruto wandte sich um. „Shikamaru, lass dir von ihm die Straßenkarte zeigen. Mach uns einen Plan, mit dem wir sie fertigmachen können!“

Shikamaru massierte seine Nasenwurzel. „Jaja, immer mit der Ruhe. Ich versuch’s.“

„Was hältst du von dem Plan?“, erkundigte sich Kimimaro.

„Er ist soweit gut. Lass mich eine Nacht darüber schlafen, vielleicht kann ich ihn noch verbessern.“

„Ja, er ist gut“, sagte plötzlich Sasuke. „Bis auf eine Sache. Warum glaubst du, dass wir einen der Klänge lebend brauchen?“ Er schien aus einem bestimmten Grund zu fragen – in seinen Augen funkelte etwas ... Hass, erkannte Naruto. Abgrundtiefer Hass auf die Mörder seiner Familie.

„Das sagte ich bereits.“

„Um uns zu Orochimaru zu führen? Wissen wir nicht, wo sein Anwesen liegt? Wo soll er sich sonst verstecken?“

„Genau diese Frage werden wir dem gefangenen Klang stellen.“

„Weil er uns bereitwillig Auskunft geben wird?“, spottete Sasuke.

„Ich habe bereits ausgewählt, wer es sein soll“, sagte Kimimaro. „Jemand, dessen Treue zu Orochimaru am wenigsten gefestigt ist. Tayuya.“

„Tayuya ...“ Naruto versuchte sich zu erinnern. „Das ist diese Rothaarige, oder?“ Sie war ihm eigentlich von allen Klängen am unsympathischsten, wenn er so darüber nachdachte, auch wenn er sie nur kurz gesehen hatte.

„Der Plan steht.“ Kimimaro blieb hart. „Bist du ein Teil unserer Truppe, oder soll Sakura deinen Platz einnehmen?“

Sasuke schnaubte und stapfte davon. „Du bist der Boss“, brummte er, ehe er durch die Tür verschwand.

 

Die nächsten zwei Tage verbrachten sie emsig mit Vorbereitungen. Naruto ließ sich von Deidara Aufwärmübungen zeigen. Er machte sogar Schießübungen; Shikamaru stellte ihm eine Pistole und Munition zur Verfügung – gekauft von Sakuras Anteil am Bandenbudget, wie er betonte. Naruto wollte nicht auf Menschen schießen – Dämonen waren eine ganz andere Sache, redete er sich ein.

Shikamaru arbeitete einen detaillierten Plan mit mehreren Verzweigungen, falls Teile davon nicht klappen sollten, aus, um die Klänge zu trennen. Alle fanden ihn sehr überzeugend und nahmen die Vorschläge dankend an. Naruto war froh, so jemanden wie Shikamaru getroffen zu haben.

Deidara schaffte sich eine halbe Wagenladung Sprengstoff an. Ansonsten war er ziemlich missmutig – der Hauptgrund war, dass er sich führ ihren Plan die Haare schneiden musste, bis sie so lange waren wie Narutos. „Das kostet dich noch was, hm“, erklärte er ihm, als Sakura verhalten ob des ungewöhnlichen Anblicks kicherte.

Sasuke wurde noch schweigsamer, machte seine Schießübungen mit eiserner Miene und blieb oft für Stunden verschwunden. Naruto versuchte mehrmals, mit ihm zu sprechen, aber Sasuke wimmelte ihn immer mit einsilbigen Antworten ab. Offenbar war er immer noch nicht bereit für ein Gespräch.

Sakura ließ sich durch nichts von dem bevorstehenden Abenteuer abhalten. Sie war oft in Narutos Nähe, wofür er ihr zutiefst dankbar war. Die anderen Schattenwölfe hatten erfahren, dass sie mitmachen wollte, und in die Endversion des Plans hatte sie Shikamaru sogar schon eingebaut. Niemand sagte noch etwas dagegen. Die anderen waren verwundert, überrascht oder besorgt. Lee betrachtete sie mit leuchtenden Augen, Idate deutete an, dass sie wohl in Naruto verschossen wäre, was sie abstritt. Iruka bat sie, gut aufzupassen.

Obwohl sie vor allem warteten, verging die Zeit wie im Flug. Am Morgen von Tag X fanden sie sich im Norden der Stadt ein. Es hatte immer wieder geschneit, und das goldene Sonnenlicht ließ eine frische Schneeschicht glitzern, als es zwischen den Hochhäusern hervorstach. Es war eindeutig eine feine Gegend; die Gebäude waren prunkvoll, groß und die Straßen belebt. Noch konnten sie Orochimarus Anwesen nicht sehen; es lag am Stadtrand hinter einer gewaltigen Parkanlage, und die Straßen, die dorthin führten, wurden wiederum ehrfürchtig von gewöhnlichen Passanten gemieden.

Fürs Erste taten sie nichts, obwohl Naruto schon ganz hibbelig zumute war. Sie setzten sich in ein Café und schlenderten dann auffällig durch die Straßen, Naruto und Kimimaro zuvorderst, die anderen folgten ihnen als Schatten. Sie besuchten einige Unterweltkontakte, die Naruto längst keine Angst mehr machten, sprachen über Geschäfte, die vor allem Waffen und billige Medikamente beinhalteten. Es musste so aussehen, als würden sie sich mit wichtigen Dingen eindecken, die es nur in diesem Stadtviertel gab. Auf keinen Fall sollte Orochimaru glauben, sie hätten es nur auf die Klänge abgesehen. Kimimaro hatte allerdings gemeint, dass sie die Schlange vielleicht nicht täuschen konnten, aber mehr als sie ignorieren würde er sie nicht. Sicher würde er niemand Geringeren als die Klänge schicken.

Und tatsächlich. Inmitten einer großen Fußgängerzone, keinen Kilometer entfernt von einem der Eintrittspunkte, die Shikamaru für seinen Plan bestimmt hatte, lauerten sie ihnen auf.

Sakon, Kidoumaru, Tayuya und Jiroubu kündigten ihr Kommen durch eine Bazookarakete an.

Kimimaro war es, der das graue Ding auf sie zufliegen sah und blitzschnell reagierte. Er sprang kraftvoll meterweit in die Höhe, zog ein Knochenschwert aus seiner Schulter und schleuderte es dem Geschoss entgegen. Die scharfe Klinge schlitzte die Rakete der Länge nach auf und lenkte sie ab. Trudelnd schlug sie in einem Bürogebäude ein.

„Sie riskieren all diese Leben hier“, knurrte Naruto. Es war Sonntag; heute war niemand in diesem Gebäude und auch die meisten Geschäfte waren geschlossen. Dennoch waren viele Leute unterwegs. Kreischendes Chaos brach aus, Stiefel trampelten über Asphalt.

„Was sonst“, sagte Kimimaro. „Passt auf, es geht los.“

Das Nächste, das heranflog, war ein Pfeil aus gehärtetem Spinnensekret von der anderen Seite. Da sich Sasuke, Sakura und Deidara noch bedeckt hielten und die Klänge Naruto eindeutig lebend wollten, schossen sie nur auf Kimimaro. Der Pfeil traf ihn in den Rücken, durchbohrte seinen Knochenpanzer zwar nicht, schleuderte ihn aber meterweit davon. Violette Flüssigkeit spritzte nach allen Richtungen – die gleiche Farbe hatte das Antidemonicum, das Kimimaro seinen Gefährten gegeben hatte. Der Pfeil war damit getränkt gewesen.

„Sie verlieren keine Zeit“, murmelte Kimimaro, während er sich aufrappelte. „Komm, lauf!“

Sie stürmten auf den geplanten Ort zu, die Straße hinunter und dann eine Nebengasse entlang. Naruto meinte, über sich, auf den Dächern, Schritte zu hören. Sakura und die anderen beiden waren nur knapp hinter ihnen, das wusste er. Sie nutzten die kreischende Menschenmenge aus, um unentdeckt zu bleiben.

Der Eintrittspunkt war eine U-Bahn-Station in der Nähe. Die beiden Aufgänge lagen beiderseits einer belebten Straße. Naruto und Kimimaro hasteten die Treppen hinunter, setzten über die Absperrungen hinweg und rannten einen völlig überraschten Kontrolleur über den Haufen, der ihnen empört nachlaufen wollte, als Sasuke ihn überholte und mit einem Handkantenschlag außer Gefecht setzte.

Völlig außer Atem fanden sich vier der fünf auf dem Bahnsteig wieder – Sakura war an der Erdoberfläche geblieben. Sie hatte einen Sonderpart zu spielen. Die Klänge waren noch nicht hier; wahrscheinlich hatten sie sie tatsächlich von den Dächern aus ins Visier genommen. Hoffentlich legten sie ihre Flucht als Schwäche aus.

Deidara riss sich den Hut vom Kopf, offenbarte damit sein neuerdings kurzes Haar, und stellte seinen Rucksack ab. „Also los, hm.“ Er holte das Gefäß mit Kakuzus Essenz hervor. Das Gesicht mit der überlangen Zunge darauf kam Naruto hier im Halbdunkel irgendwie noch gruseliger vor.

„Schluss mit den Spielchen!“, schallte eine Stimme von der Treppe her.

„Aber Sakon“, tadelte jemand anders beim zweiten U-Bahn-Aufgang. „Das Spiel beginnt doch erst!“

Sie hatten sie in die Zange genommen: Sakon und Tayuya kamen von links, Kidoumaru und Jiroubu von rechts. Gemächlich stapften sie die Treppen herunter. Naruto glaubte zu sehen, dass sie alle in ihrer Dämonenform waren. Heute würde es sich also entscheiden. Keiner würde sich zurückhalten.

„Schnell jetzt“, forderte Kimimaro die anderen auf. Deidara öffnete den Deckel, und gleichzeitig streckten sie ihre Hände ins Innere des Gefäßes.

„Da haben wir ja die ganze Bande beisammen. Und wie geheimnisvoll sie die Köpfe zusammenstecken. Wie viele treffe ich wohl auf einmal?“ Auch wenn Kidoumarus Worten nur ein einziger Knall folgte, war Naruto sicher, dass nun sechs Kugeln gleichzeitig auf dem Weg zu ihnen waren.

Es ging alles viel zu schnell, als dass er alle Einzelheiten mitbekam. Zunächst spürte er nur, wie etwas durch seinen Arm in seinen Körper floss, und das Gefühl einer unangenehmen Macht durchströmte ihn, klammerte sich an sein Herz wie ein Parasit, aber es wirkte nicht gefährlich – und kaum hatte er sich mit dem Gefühl abgefunden, schnalzte Kimimaros Wirbelsäule aus seinem Rücken, schneller, als dass man ihr mit dem Auge folgen konnte – theoretisch. Naruto schien in eine Welt aus zähem Honig getaucht worden zu sein. Alles, was er sah, geschah merkwürdig langsam, und doch wirkte es natürlich. Die Wirbelkette sauste durch die Luft und Naruto sah genau, dass sie drei Pistolenprojektile abwehrte, die Funken sprühend zu Querschlägern wurden. Ein Knochengeschoss schnappte sich eine weitere Kugel, und knapp vor ihren Gesichtern wurde eine fünfte von Sasukes eigener Kugel abgelenkt! War das überhaupt möglich?

Und Naruto sah sogar das sechste Projektil – es war auf Deidara gezielt gewesen, der den Kopf gerade so drehte, dass sie neben seinem Hals ins Leere ging. Naruto selbst wandte sich nun vollends zu Kidoumaru und Jiroubu um – selbst diese simple Bewegung schien ewig viel Zeit zu beanspruchen, sodass er kurz in Panik geriet, eher er sah, dass tatsächlich die Zeit langsamer ablief.

„Woah“, stieß Deidara aus. „Die Essenz hat’s in sich.“ Seine Worte klangen … komisch. Schleppend. Aber nur im ersten Moment, dann erschienen sie Naruto wie das Normalste von der Welt. Ebenso das zähe Schreien der Menschen, die panisch in alle Richtungen stoben und nicht wussten, wohin sie fliehen sollten. Zum Glück hielten sich die Klänge nicht mit ihnen auf.

Naruto sah, wie Jiroubu abfällig den Mund verzog, sah, wie Kidoumarus Augenbrauen sich zusammenstauchten, sah die einzelnen Haare darin, wenn er sich Mühe gab … Naruto musste gewaltsam blinzeln. Die Sinneseindrücke waren gewaltig. Wenn die Essenz zu lange wirkte, verlor er sicher den Verstand. Laut Kimimaro wirkten Essenzen auf Menschen und Dämonen unterschiedlich, aber niemand konnte die Wirkung vorhersagen.

Sasuke schien dasselbe zu denken. „Da haben wir wohl Glück gehabt mit eurem Dämon“, meinte er.

„Weiter“, sagte Kimimaro nur. Die vier sprangen in den U-Bahn-Schacht, obwohl auf der Anzeige angekündigt war, dass gleich der nächste Zug einfahren würde. Dort teilten sie sich in zwei Gruppen auf.

Wenn möglich, sah ihr Plan vor, dass Kimimaro Tayuya, Sasuke Sakon, Deidara Jiroubu und Naruto Kidoumaru übernehmen sollte. Dank Shikamarus Planung schien sich das einrichten zu lassen. Jetzt musste nur noch das Timing stimmen …

Kimimaro und Sasuke rannten die U-Bahn-Röhre in Fahrtrichtung weiter, Deidara und Naruto hetzten in die andere Richtung. Die Klänge schienen es tatsächlich nur auf Naruto abgesehen zu haben, denn alle vier folgten ihm; Kidoumaru und Jiroubu, die ihm näher waren, zuvorderst.

Die U-Bahn-Röhre zog sich ewig in die Länge. An dieser Stelle würd sich die Linie nach etwa fünfzig Metern an der Erdoberfläche entlangschlängeln, bis sie einen halben Kilometer später in die nächste Station einlief. Das hatte Shikamaru in Kimimaros Plan miteinkalkuliert. Die Schienen machten eine schwache Biegung, ein Schuss von Kidoumaru sauste gefährlich nahe an Narutos Wange vorbei, dann sah er bereits das Licht am Ende des Tunnels.

„Dann wollen wir mal, hm.“ Deidara holte einen kleinen Fernzünder hervor. Etwas wie ein Post-it mit der Aufschrift 3 klebte daran – der Dämonenjäger hatte Zünder für vier verschiedene Eintrittspunkte in ihren Plan. Den Sprengstoff hatte Tobi unbemerkt im Vorhinein angebracht. Als Deidaras Daumen den Auslöser betätigte, blitzte draußen etwas auf, eine winzige Explosion, von hier aus nur durch Narutos verschärfte Sinne zu erkennen.

Fast im gleichen Moment traf ein Schuss seinen Unterschenkel.

 

Sakura war ganz hibbelig zumute, und als sie endlich die Signalexplosion bei der Straßenlaterne sah, dort, wo die U-Bahn-Schienen aus dem Tunnel ins Freie krochen, hätte sie fast zu sehr gezögert. „Vollgas!“, rief sie und bohrte dem U-Bahn-Führer die Mündung ihrer Maschinenpistole in die Schläfe. „Schnell, oder ich tu es selbst – dann brauch ich dich allerdings nicht mehr!“

Es war überraschend einfach gewesen, die U-Bahn zu kapern. Sie hatte in der letzten Station nur ein wenig mit der Waffe fuchteln und Einlass in die Führerkabine verlangen müssen. Es hatte sich zwar seltsam gefühlt, sämtliche Zivilisten, die auf dem Bahnsteig warteten, quasi als Geiseln zu nehmen, aber sie hatte ja nicht wirklich vor, zu schießen. Die Linien verfügten über ihre eigenen kleinen Sicherheitstrupps, aber bis die eingeschaltet wurden, war Sakuras Part in dem Plan hoffentlich schon vorbei und sie konnte ihre Fluchtroute benutzen.

Der Zugführer zögerte nur kurz, ehe er Sakuras Befehl nachkam und den langen Wurm, den die U-Bahn darstellte, auf den Tunnel zufahren ließ. Rasch nahmen sie Fahrt auf.

 

Naruto stürzte. Sein eigener Schrei klang merkwürdig in seinen Ohren. Mit den Händen berührte er die Stahlschienen zuerst, schaffte es, die Finger darum zu schließen, und entschied, dass er sich doch auch einfach davon abstoßen und einen Salto in der Luft schlagen könnte – das alles, während er fiel. Kakuzus Essenz war der Wahnsinn – vielleicht lag es auch an dem Zusammenspiel mit seinem eigenen Dämon. Als er wieder auf den Füßen landete, war nicht nur der plötzliche Schmerz verebbt, sondern die Wunde schien sich schon wieder fast geschlossen zu haben. Zumindest konnte er ungehindert weiterlaufen.

Deidara fing seinen Blick auf. Sein Mundwinkel kräuselte sich, als der Dämonenjäger vielsagend grinste.

Eine Ewigkeit später, die sicherlich nur Sekunden dauerte, erreichten sie das Ende des U-Bahn-Tunnels.

 

„Nicht bremsen“, schärfte Sakura dem Zugführer ein, dessen Glieder sich an seiner Konsole versteiften, als er zwei Männer über die Gleise rennen sah. Naruto und Deidara sprangen über die Brüstung des U-Bahn-Schachts, dann über das bleiche Geländer, das ihn von dem Gehweg daneben abgrenzte. Kurz danach tauchten zwei furchterregende Gestalten aus dem Tunnel auf, bei deren bloßem Anblick sich Sakuras Nackenhaare aufstellten. Gut, soweit ging alles nach Plan.

Sie wartete, bis die beiden Naruto und Deidara auf die Straße gefolgt waren und sie die nächsten beiden Schemen in der Dunkelheit erkennen konnte, dann riss sie ihre Waffe vom Kopf des Zugführers fort und richtete sie nach vorne. „Weiterfahren“, befahl sie so kalt wie möglich und drückte den Abzug. Die halbautomatische Pistole ratterte ohrenbetäubend laut. Die U-Bahn war eines der alten Modelle und hatte noch keine kugelsichere Frontscheibe. Das Plexiglas zerbarst, die Projektile suchten sich ihren Weg ins Freie. Es war verdammt schwer, die Waffe festzuhalte, aber Sakura musste nur in die ungefähre Richtung zielen.

Die dämonischen Gestalten, die sie nun im Tunnel erkennen konnte – die eine hatte flammend rotes Haar, das musste Kimimaros Ziel sein – wurden tatsächlich langsamer, als sie sich in dem Kugelhagel wiederfanden. Gewöhnliche Menschen hätten sich vermutlich zu Boden geworfen oder kehrtgemacht, doch die beiden stemmten sich förmlich dem halbautomatischen Sturm entgegen, nahmen sogar Treffer in Kauf – aber sie wurden langsamer. Langsam genug, dass sie den Tunnel nicht verlassen konnte, ehe die U-Bahn sie erreichte.

Sakura spürte den Zusammenprall kaum. Da war nur ganz kurz ein Widerstand, ein dumpfer Knall, dann störte der brüllende Wind, der sie in dem dunklen Tunnel durch die zerstörte Frontscheibe anfauchte, jedes Empfinden. Ihr Haar flatterte, ihr Herz raste immer noch. „Weiterfahren!“, brüllte sie gegen den Fahrtwind an. Der Zugführer war kreidebleich, Schweiß glänzte auf seiner Haut. Hoffentlich hatte er nicht für den Rest seines Lebens Albträume.

Das stellte sich jedoch als ihre geringste Sorge heraus, denn im nächsten Moment tauchte etwas Helles in der Dunkelheit des Tunnels auf. Leicht wie eine Feder sprang ein rothaariger, gehörnter Dämon durch das zerstörte Fenster auf die Steuerkonsole. „Oha“, sagte eine weibliche Stimme. Trotz des Fahrtlärms konnte Sakura sie hören. „Was haben wir denn da? Wollt ihr uns verarschen?“

Scheiße, ging es Sakura durch den Kopf. Hatte ihr Herz noch vorhin wie wahnsinnig geklopft, so schien es nun stillzustehen.

 

Die U-Bahn war wie geplant in den Tunnel eingefahren, und von Sakon und Tayuya war nun keine Spur mehr zu sehen. Naruto und Deidara folgten der Straße ungefähr in die Richtung, aus der Sakuras gekidnappter Zug gekommen war. Sie hatten erfolgreich aus vier Klängen zwei gemacht – nun galt es, auch diese zu trennen. Naruto war sicher, dass sie auch das zustandebrachten, solange sie sich an Shikamarus Plan hielten.

Kidoumaru schoss unermüdlich, und mehr als einmal traf er auch. Naruto befürchtete, dass ein sauberer Kopfschuss ihn trotz seiner neuen Selbstheilungskräfte töten konnte, und die Treffer an Armen und Schultern taten im ersten Moment auch höllisch weh. Dann erreichten sie endlich eine Unterführung und waren kurz aus der Schusslinie. Die wenigen Sekunden mussten genügen.

Ihre Motorräder standen bereit, direkt dort unter der Brücke, hässliche, graue Maschinen, uralt und von den Schattenwölfen besorgt. Naruto hatte halb erwartet, dass sie in den wenigen Stunden schon jemand gestohlen hatte, aber entweder waren die Diebe in Orochimarus Einflussbereich generell vorsichtiger oder der zerkratzte Lack und all die Dellen machten die Motorräder einfach zu unansehnlich. Auch die Sturzhelme hingen noch an den Lenkern.

Deidara und er nickten sich kurz zu, setzten die Helme auf und schwangen sich auf die Maschinen. Hätten sie nicht plötzlich eine Augen-Hand-Koordination von jenseits dieser Welt, wären ihre Verfolger längst wieder in Sicht gekommen, während sie aufsaßen. Als die nächsten Schüsse fielen, brausten sie auch schon davon.

 

Die U-Bahn schoss weiter durch den Tunnel, die nächste Station war schon in Sichtweite, aber Sakura erwartete nicht, je lebend dort anzukommen.

Nur Sekunden nach Tayuya schwang sich auch der zweite Dämon ins Fahrzeuginnere. Der Zug hatte die beiden wohl vor sich her geschoben; ihre Schuhe bestanden nur noch aus Fetzen. Sie hatten sich gegen die Führerkabine einer fahrenden U-Bahn gestemmt? Das war nicht im Plan inbegriffen gewesen.

Die beiden Klänge sahen sich an, zuckten mit den Schultern – dann hob der eine mit den zwei Ogergesichtern eine Schusswaffe. Sakura biss die Zähne zusammen, richtete ihre Maschinenpistole auf ihn, drückte ab – und fühlte sich plötzlich tausendmal so schwer, als sie erkannte, dass sie das ganze Magazin leergeschossen hatte.

Der Dämon verzog sein hässliches Gesicht zu einer noch hässlicheren Grinsefratze, und der Zugführer stieß plötzlich einen Schrei aus, als erwache er aus einem langen Traum. Ein schrilles Quietschen ertönte, als er mit voller Wucht bremste.

Sakura verlor den Halt und gleich darauf ihre Waffe, als sie so hart gegen die Konsole geschleudert wurde, dass ihr kurz schwarz vor Augen wurde. Als sie wieder klar sehen konnte, waren die Dämonen verschwunden. Die U-Bahn kreischte noch eine ganze Weile weiter, ehe sie knapp vor der Station zum Stehen kam. Sakura stemmte sich keuchend in die Höhe. War sie noch einmal mit dem Schrecken davongekommen? Sie musste später ein ernstes Wörtchen mit Shikamaru und Kimimaro wechseln. Ein Mensch gegen zwei Dämonen, ohne Essenz – das war doch wohl zu viel des Guten!

Der Zugführer hatte bereits begonnen, mit viel zu fahrigen Bewegungen durch die scharfkantigen Ränder der geborstenen Scheibe zu klettern. Seine blaue Uniform war an den Knien bereits aufgeschlitzt und blutig. Er wollte also vorne aus dem Zug klettern?

Ihr!“ Der heisere Schrei kam von Tayuya. Sie rappelte sich eben auf den Gleisen auf. Links und rechts von ihr erschienen wie hingezaubert zwei noch furchteinflößendere Gestalten, wahre Giganten mit verkrüppelten Gliedmaßen, aber wuchtigen Schlagwaffen.

Der Zugführer taumelte genau auf sie zu, als bemerke er sie gar nicht. Sakura wollte ich schon etwas zurufen, als mit wehendem Mantel noch ein Dämon zwischen ihnen landete. Erst im zweiten Moment erkannte sie Kimimaro. Außerdem hatte das schummrige Licht hier unten ihre Sinne ausgetrickst; er war nicht einmal in seiner dämonischen Form, auch wenn seine Kleidung an den Schultern zerfetzt und löchrig war und er einen riesigen, gedrillten Speer aus Knochen in der rechten und etwas wie ein Schwert in der linken Hand hielt. „Ich bin dein Gegner“, verkündete er laut. „Heute das allerletzte Mal.“

Tayuya musterte ihn kurz. „Soll mir recht sein“, sagte sie abfällig.

„Überlass das ab jetzt uns, Sakura“, sagte Kimimaro. „Ich danke dir für deine Hilfe.“

„Keine Ursache“, murmelte sie, ehe sie sich beeilte, dem Zugführer aus der U-Bahn zu folgen. Sie lief an der Flanke des Zuges nach hinten, um möglichst weit von dieser Station wegzukommen, in der sicher gleich die Hölle losbrechen wurde. Auf halbem Weg schälte sich eine teuflische Fratze aus der Dunkelheit.

„Wohin so eilig?“

Sakons Pistole blitzte metallen auf. Sakura folgte ihren Instinkten und schlug einfach zu. Ihre Faust traf ein Gesicht, hart wie Stein. Sein Kopf ruckte kurz zur Seite, ehe er sie wieder angrinste. „Ein Mensch, der gegen einen Dämon kämpfen will?“, höhnte er.

„Halbdämon“, korrigierte sie ihn kampfeslustig. Wenn sie schon hier sterben sollte, dann würdevoll.

Sakon schnaubte. „Ich denke, an dich werde ich gar keine Kugel verschwenden. Wollen wir sehen, wie oft ich deine Knochen brechen kann, ehe sie sich in Mehl verwandeln?“

Ein Schuss ertönte. Sakura spürte den Luftzug, als die Kugel knapp an ihrem Ohr vorbeisauste und Sakons Schulter erwischte. Der Dämon schrie fauchend auf und wankte. Sakura wandte sich gar nicht erst um, sondern nutzte den Moment, um ihm fest zwischen die Beine zu treten. In dieser Gestalt schien ihm nicht einmal das etwas auszumachen, aber er taumelte gegen die U-Bahn-Flanke, und dort traf ein zweiter Schuss seine Kniescheibe. Knurrend zielte der Halbdämon in die Dunkelheit und drückte seinerseits ab. Sakura schien er völlig vergessen zu haben – was ihr nur recht war. Sie fand zwar nicht, dass sie für ihre Freunde genug getan hatte, aber laut Shikamarus Plan hätte sie sich längst ausklinken sollen.

Diesmal ließ man sie unbehelligt, als sie den Tunnel entlanglief und sich den Fluchtplan erneut durch den Kopf gehen ließ. Hinter ihr wurde ein Kreuzfeuer laut, von dem man sich nur schwer vorstellen konnte, dass es von nur zwei Pistolenläufen stammte.

Vier-Viertel-Takt

Naruto und Deidara trennten sich sofort nach der Unterführung. Auf ihren Motorrädern folgten sie dem Verkehr der großen Straße in entgegengesetzten Richtungen. Den beiden Klängen blieb nun nichts anderes übrig, als sich ebenfalls aufzuteilen. Deidara und Naruto trugen heute dieselben Klamotten. Beide waren mit kurzen Haaren, über die sie die Sturzhelme gestülpt haben, und sitzend auf den stählernen Maschinen kaum auseinanderzuhalten – zumindest hofften sie das.

Tatsächlich bemerkte Naruto im Rückspiegel, wie die beiden Gestalten, die auf die Straße gestürmt kamen, in verschiedenen Richtungen losstürmten. Lange freuen konnte er sich darüber nicht: Er war erst einmal in seinem Leben auf einem Motorrad gesessen. Ohne die unglaubliche Reaktionsfähigkeit, die Kakuzus Essenz ihm verliehen hatte, hätte er keine Chance gehabt, mit hundert Sachen durch die Stadt zu rasen. Zum Glück waren hier nur wenige Autos unterwegs … Er biss die Zähne zusammen. Fuhr er tatsächlich hundert? Es kam ihm viel langsamer vor … Er durfte den Klang, der ihn verfolgte, nicht abhängen.

Naruto riskierte einen weiteren Blick in den Rückspiegel. Dank seiner plötzlich viel schärferen Sicht konnte er Jiroubu in seiner Dämonenform erkennen. Der Halbdämon war auf einen Truck gesprungen, der allerdings hinter Naruto zurückzubleiben drohte. Während Naruto ein wenig bremste, fluchte er in sich hinein. Kidoumaru hätte derjenige sein sollen, der ihn verfolgte. Deidara mit seinen Bomben wäre besser für den Kampf gegen einen eher schwerfälligen Gegner gerüstet.

Dann sah er, was Jiroubu auf dem Dach des Lastwagens tat, und wäre beinahe auf das Auto vor ihm aufgefahren. Schweiß sammelte sich unter seinem Helm, unter dem er plötzlich zu ersticken drohte. Der Dämon machte offensichtlich seine berüchtigte Bazooka schussbereit … Naruto überlegte fieberhaft, wie er der Rakete entkommen sollte. Er zwang sich zur Ruhe. Seine Sinne würden es ihm schon ermöglichen, auszuweichen. Die anderen Verkehrsteilnehmer jedoch …

Jiroubu hob das lange Rohr und zielte. Naruto konnte den Blick nicht von seinem Rückspiegel lösen. Er sah deutlich die Rauchwolke, die aus der Waffe quoll, als die Rakete sich löste und im hohen Bogen und täuschend langsam die Straße entlang fauchte. Sofort erkannte Naruto, dass er gar nicht das Ziel war, doch es half nichts.

Die Rakete schlug gut hundert Meter vor ihm im Asphalt ein. Er hörte das Krachen tief grollend und gedämpft, sah, wie die Druckwelle Staub und winzige Splitter davonwehte, hörte ein Krachen und Klirren, sah Autos gegeneinander prallen, hörte schrilles Reifenquietschen, sah weißen Dampf. Binnen Sekundenbruchteilen war die Straße mit verformten Autowracks verstopft – und Naruto raste mit über siebzig Sachen auf die Barriere aus Kunststoff und Metall zu. Instinktiv verriss der den Lenker, versuchte irgendwie auszuweichen, erreichte aber nur, dass sein Motorrad kippte. Wie in Zeitlupe neigte er sich dem Asphalt entgegen, seine Maschine quer zur Fahrbahn. Ein Schrei zerriss seine Kehle. Dann landete er auf hartem Boden, seine Maschine landete schwer auf seinem rechten Bein und zersplitterte seine Knochen. Er scheuerte über den Asphalt. Binnen Sekunden war seine Kleidung zerfetzt und er fühlte sich, als würde er bei lebendigem Leib gehäutet. Es war der blanke Horror, das alles so ewig langsam wahrzunehmen, die Barriere aus zerdepperten Wagen auf sich zurasen zu sehen und trotzdem keine Kontrolle über seinen Körper zu haben … Dann prallte er mit dem Kopf voraus gegen einen zerknautschten Kastenwagen.

 

Kidoumaru war dem einen der Flüchtenden nachgerannt, doch selbst in seiner Dämonenform konnte er nicht mit der Geschwindigkeit eines Motorrads mithalten. Schon nach kurzem wurde aus dem Kerl auf der grauen Maschine ein dunkler Fleck, der irgendwo auf der schnurgeraden Straße tanzte.

Aber das machte nichts. So war das Spiel spannender.

Er sprang auf eine der Straßenlaternen und von dort weiter auf die Eisenbahnbrücke, die die Straße an dieser Stelle querte. Sie gehörte zu einer stillgelegten Strecke; Züge fuhren hier seit Jahren keine mehr. So hatte Kidoumaru alle Zeit für sein Vorhaben. Er würgte einen Pfeil aus gehärtetem Spinnensekret hervor, dazu einen Bogen, an den er einen elastischen Spinnenfaden anbrachte. Das Motorrad war in der Ferne kaum noch zu erkennen, aber solange er es noch als winzigen Punkt sah, konnte er darauf zielen. Vielleicht war er kein Profi mit dem Colt wie Sakon, aber mit seinen selbstproduzierten Waffen war er trotzdem unschlagbar präzise. Er verband den Pfeil mit einem weiteren Faden aus seinem Mund, damit er dessen Flugbahn beeinflussen konnte, legte ihn auf die Sehne, spannte den Bogen. Ein Grinsen erschien auf seinem Gesicht. „Jetzt gehörst du mir“, sagte er süffisant und ließ den Pfeil los.

Auf seiner Zunge spürte er den Faden ziehen. Er wusste genau, wie schnell der Pfeil flog, wie der Luftwiderstand war, wie stark der Wind wehte. Obwohl er den braunen Bolzen nicht mehr sehen konnte, wusste er, wo genau er sich in der Luft befand. Kidoumaru bewegte die Lippen ein kleines bisschen, um die Flugbahn anzupassen, dann spürte er den Einschlag. Der Punkt in der Ferne erzitterte. Er hatte getroffen. Zwar nur Metall, kein Fleisch, aber wenn sein Opfer der Fuchsjunge war, dann war das nur gut so.

Er schwang sich von seinem Aussichtspunkt, und da er keine Lust hatte, zu Fuß bis dorthin zu laufen, hielt er den nächstbesten Wagen auf, knallte den Fahrer ab und machte sich dann auf den Weg, um sein Opfer aufzusammeln.

 

Das Schussgewitter erstarb, als ihnen beiden die Kugeln ausgingen. Die Flammen aus den Pistolenläufen verrauchten, und endlich erhellten die Schüsse den U-Bahn-Tunnel nicht mehr mit diesem irritierenden Licht. Sasuke spürte, dass seine Augen schärfer waren als zuvor, aber er musste sich erst daran gewöhnen. Ebenso an das Getöse, das ihre Pistolen verursacht hatten. In seinen Ohren klingelte es.

Sakon  hatte ihn zweimal getroffen, einmal mit einem Streifschuss am Oberschenkel, einmal in den linken Arm. Seine Wunden bluteten noch, aber sie taten nicht mehr sehr weh. Sasuke wusste, dass sie bald zuwachsen würden – Dämonenkräfte waren wirklich nützlich.

Sakon hatte ebenfalls zwei Kugeln abbekommen. Es waren auch reine Fleischwunden, die den Dämon nicht einmal zu stören schienen, aber jeder Treffer war reines Glück gewesen. Sasuke stellte sich vor, dass die braunen Gesichter, die von weißem Har umrahmt wurden, Itachi im Moment seines Todes ebenso angegrinst hatten, und schmeckte bittere Galle auf der Zunge.

„Lassen wir die beiden hier ihr Duell haben“, hörte Sasuke Kimimaro zu seiner Gegnerin sagen. „Regeln wir unsere Angelegenheiten draußen.“

Sasuke hätte nicht erwartet, dass Tayuya zustimmte, aber sie tat es. „Von mir aus. An der frischen Luft stirbt es sich besser. Mach uns keine Schande, Sakon.“

„Gleichfalls“, griente der Dämon vor Sasuke. Er hörte zwei Paar Füße, die die Treppen hinaus aus der U-Bahn-Station rannten. Jetzt, da er den Rücken frei hatte, ging Sasuke vor der U-Bahn in Deckung und lud seine Waffe nach. „Wie nett“, hörte er Sakon rufen. „Ich darf diese Station mit der Leiche des letzten Überlebenden der einstmals so glorreichen Sharingan-Familie zieren!“

Sasuke stieß abfällig die Luft aus, rollte sich über die Schulter aus seiner Deckung hervor. Mit seinem Sharingan würde er Sakon nicht verfehlen. Sechs Kopfschüsse, das nahm er sich vor …

Sakon war nirgends zu sehen. „Feigling“, sagte Sasuke überheblich. Der Halbdämon musste sich in der kleinen Rettungsbucht verstecken, die in die Wand des U-Bahn-Schachtes eingelassen war. Langsam ging Sasuke darauf zu, bereit, auf alles zu schießen, das sich daraus hervorschob.

Als genau das passierte, tat er es dennoch nicht.

Jeder andere hätte vermutlich auf die Hand geschossen, die aus der Bucht gestreckt wurde. Sasukes Augen ließen ihn jedoch blitzschnell erkennen, was diese Hand hielt, und es verdutzte ihn so sehr, dass er seinen Finger mit Gewalt davor zurückhielt, abzudrücken. Ein Handy?

„Schade, dass es dazu nicht kommen wird“, seufzte Sakon und schien sich auf seine eigene Provokation zu beziehen. Sasuke sah, wie seine Finger nacheinander Tasten auf dem Klapphandy drückten. „Kaum Empfang, natürlich“, murrte der Dämon. „Aber es wird schon reichen.“ Das Handy verschwand in der Rettungsbucht, dann herrschte kurz Stille. Schließlich hörte er Sakon telefonieren. „Ja. Hier ist Sakon. Ich hab das Glück, ihm allein gegenüberzustehen. Ja. Sofort.“

Das Handy noch am Ohr, kam Sakon aus der Bucht. Sasukes Pistolenlauf richtete sich auf ihn wie magnetisiert, doch er schoss immer noch nicht. Was wurde hier gespielt? Sakons Gesicht verriet keine Gefühlsregung. Langsam ließ er das Handy sinken. „Für dich.“ Schwungvoll warf er es Sasuke zu. Dieser widerstand dem Drang, es aus der Luft zu schießen. Dass es einfach explodieren würde, glaubte er nicht. Gekonnt fing er es mit der Linken auf, während seine Rechte immer noch die die Pistole hielt.

„Ja?“, sagte er tonlos, als er es sich ans Ohr hob.

„Sasuke Uchiha. Es ist mir eine Freude“, hörte er eine heisere Stimme durch den Lautsprecher. Eine Gänsehaut überkam ihn und er riss die Augen auf. Der Kerl am Ende der Leitung konnte nur einer sein.

Orochimaru.

 

Der Pfeil aus Spinnensekret hatte Deidara das Motorrad direkt unter dem Hintern durchbohrt und ihn zu einer spektakulären Bruchlandung gezwungen. Theoretisch hätte er wahrscheinlich tot sein müssen – aber dank der im Schweiße seines Angesichts erbeuteten Dämonenessenz verlor er nicht einmal das Bewusstsein. Leider. Es tat höllisch weh, meterweit über den Asphalt zu schlittern. Als er sich ächzend aufrappelte, wusste er, dass er nur wenig Zeit hatte. Er musste so weit wie möglich von Naruto wegkommen, damit der Klang, der ihn verfolgte – es musste Kidoumaru sein – nicht auf die Idee kam, umzudrehen und sein eigentliches Ziel zu verfolgen. Wenn er schon seine Haare hatte abschneiden müssen, dann sollte es wenigstens nicht umsonst gewesen sein!

Deidara humpelte von der Fahrbahn. Links neben der Straße war Baugrund. Auf heller, festgetretener Erde sollten wohl einige schlanke, hohe Gebäude entstehen. Drahtige Gestelle aus Stahlträgern und nur teilweise vorhandenen Betonwänden waren von Baugerüsten umgeben wie von den Kletterranken einer graubraunen Weinpflanze. Deidara rutschte den Erdwall von der Straße hinunter und sah sich um. Seine neue Reaktionsfähigkeit war traumhaft. Er brauchte nur kurz einen Blick in die Runde zu werfen und hatte sich sofort alle Einzelheiten eingeprägt.

Rasch holte er sich seine Spezialwaffen für die heutige Mission aus seinem Rucksack: Kleine, rohe Minen, die per Fernsteuerung zu zünden waren. Ihre Sprengkraft war mäßig und sie hatten weder eine Verschalung noch sonst eine Art der Kosmetik, wie Deidara es gern nannte. Rote Kabel baumelten um einen nackten Sprengsatz herum. Aber für seine Zwecke spielte das keine Rolle. Deidara überlegte sich in gewohnter Dämonenjäger-Routine eine Strategie, wie er gegen Kidoumaru vorgehen wollte. Mit simplem Isolierband klebte er die Sprengfallen an taktisch klugen Stellen an die Stahlträger. Dann zückte er seine Uzi, überprüfte das Magazin und versteckte sich hinter einer halbfertigen Betonwand.

Er musste nicht lange warten. Das erste Fahrzeug, das nicht einfach um seine zerstörte Harley herumfuhr – die Leute in diesem Viertel waren gewohnt asozial –, spuckte Kidoumaru in seiner Dämonenform aus. Deidara hatte schon Furchterregenderes gesehen als eine sechsarmige, dreiäugige Kreatur mit struppigem Zopf. Er würde dem Kerl zeigen, dass mit einem Dämonenjäger nicht gut Kirschenessen war!

Kidoumaru folgte der Blutspur, die bis ins Zentrum des Baugrunds führte. Erst da hatten sich Deidaras diverse Schürfwunden weit genug geschlossen, um keine verräterischen Hinterlassenschaften mehr zu produzieren. Er drückte sich gegen die Betonmauer, hörte nur die Schritte seines Feindes. Als er zwischen die Mauer und das gegenüberliegende Gebäude trat, das wegen seiner fertigen zwei Stockwerke und dem nichtsdestotrotz fehlenden Dach wie ein abgebrochener Backenzahn aussah, erhob sich Deidara über seine Deckung und deckte den Halbdämon mit einer Salve aus seiner Maschinenpistole ein.

Kidoumaru versuchte nicht einmal großartig, auszuweichen. Im Gegenteil schien er eher interessiert, wich nur ein paar Schritte unter dem Beschuss zurück und verschränkte seine sechs Arme vor dem Körper. Deidaras Kugeln prallten gegen seine Haut, ließen Blut aufspritzen, aber er konnte von seinem Versteck aus sehen, das eine bleiche, erdige Schutzschicht den Dämon vor schlimmen Verletzungen schützte. Ein Grinsen erschien auf Kidoumarus Gesicht, als der Kugelhagel erstarb. Er setzte dazu an, etwas zu sagen, als Deidara eine zweistellige Nummer in seine Fernzündung tippte und bestätigte.

An dem Stahlträger, zu dem Kidoumaru zurückgewichen war, explodierte die Sprengfalle und schleuderte den Dämon nach vorn, hüllte ihn in eine Wolke aus Staub, Rauch und Erde ein. Das Bauwerk darüber quietschte hässlich, hielt aber stand.

Deidara schwang sich sofort über seine Deckung. Er nahm nicht an, dass Kidoumaru so schnell umzubringen war, darum nutzte er die Sekunden, die die Explosion ihm verschafft hatte, um sich ein neues Versteck zu suchen. Er steuerte auf die Rampe von etwas zu, das vielleicht einmal ein Parkhaus werden sollte. Schwer atmend hastete er in den ersten Stock, wo er zwischen stabilen Betonsäulen einen guten Blick auf das Zentrum des Baugrunds hatte, in dem sich eine Gestalt aus der Staubwolke erhob.

Es sah so aus, als wäre Kidoumarus Haut rissig geworden und würde von ihm abbröckeln, aber Deidara wusste, dass das eine Illusion war. Laut Kimimaro konnte der Halbdämon seine schützende Schicht aus gehärtetem Spinnensekret jederzeit erneuern. „Du spielst wohl gerne Spielchen, was?“, rief Kidoumaru, in keine bestimmte Richtung. „Das trifft sich gut – ich auch!“

Als Antwort feuerte Deidara eine neue Salve hinter seiner Betonsäule hervor. Diesmal sprang der Dämon tatsächlich zur Seite, ein paar Projektile mussten ihn trotzdem treffen. Leider bemerkte er selbst die Mine, die auf der andere Seite des Platzes an einem einsamen Pfeiler wartete, schlug eine andere Richtung ein und brachte sie mit einem gezielten Schuss im Vorhinein zum Explodieren. Dann wirbelte er herum, und sechs Pistolen nahmen Deidaras Versteck hinter der Säule unter Beschuss.

Der Dämonenjäger zuckte zurück und ging seine verbleibenden Möglichkeiten durch. Er leckte sich über die Lippen. Das hier würde noch interessant werden …

 

Als Naruto erwachte, wusste er instinktiv, dass er nur wenige Sekunden außer Gefecht gewesen war. Sich aufzusetzen fiel ihm dennoch unglaublich schwer … Zuallererst fühlte er nur Schmerz, dann Hitze. Eigentlich hätte der Unfall ihn umbringen müssen. Der Essenz – oder dem Dämon ihn ihm? – sei Dank, fühlte er sich nur wie zwischen zwei Mühlsteinen durchgequetscht. Sein Motorrad lag ein paar Schritte rechts von ihm. Flammen spiegelten sich leicht in der matten Oberfläche. In seinen Ohren dominierte ein Knistern und Pfeifen, erst nach und nach konnte er Schreie und das Knattern von beschädigten Motoren hören.

Seine Finger tasteten nach dem Helm, von dem er spürte, dass er völlig deformiert war. Scharfe Kanten drückten gegen seinen Schädel, und von daher kamen wahrscheinlich auch die nassen Linien, die ihm über die Wangen liefen. Erst beim zweiten Ansatz schaffte er es, den Sturzhelm vom Kopf zu ziehen und von sich zu schleudern. Seine Wunden brannten, als würde die frische Luft sie anheizen.

Vor ihm auf der unbeschädigten Fahrbahn war das Chaos ausgebrochen. Wagen versuchten zu wenden, krachten in andere, nachkommende Fahrzeuge wurden einfach stehen gelassen, als ihre Besitzer ausstiegen und davonrannten, und irgendein Idiot hupte die brennende Massenkarambolage sogar an. Die Luft war von beißendem Rauch und dem Gestank von Verbranntem erfüllt.

Naruto stemmte sich auf die Ellenbogen hoch. Seine überscharfen Sinne waren schon ziemlich abgeklungen, wie er bemerkte. Er konnte prickelnd spüren, wie seine gebrochenen Knochen heilten, aber seine Sicht war verschwommen und die Welt lief wieder in gewohnter Geschwindigkeit ab. Und im Zentrum dieser Welt schien die massige Gestalt zu sein, die zu Fuß über den Asphalt auf ihn zukam. Hatte Jiroubu schon immer so furchterregend ausgesehen?

Die Flammen ignorierend, die auch in seinem Kopf zu toben schienen, sprang Naruto auf die Füße, knickte halb ein, hielt sich aber trotz des heftigen Schwindelgefühls aufrecht. Seine Finger fanden den Griff der Pistole an seinem Hosenbund. Zum Glück hatte er sie noch … Ob Jiroubus Bazooka-Rohr noch irgendwie geladen war?

Naruto schoss. Die erste Kugel streifte Jiroubu nur, die zweite traf ihn gar nicht. Die dritte bohrte sich schließlich in seine Schulter. Der Klang blieb knurrend stehen, Blut quoll aus der Wunde. „Ist das alles?“, fragte er. Naruto hörte seine Stimme wie durch Watte, dafür sah er mit neuer Klarheit, wie der dicke Halbdämon eine gewaltige Pumpgun von seinem Rücken holte.

Ihm blieb nur die Zeit, ein ersticktes Ächzen auszustoßen. Ein Krachen, ein gezielter Schuss traf ihn ungefähr dort an der Schulter, wo er auch Jiroubu getroffen hatte, nur dass Naruto rückwärts von den Füßen geschleudert wurde und hart mit dem Hinterkopf aufschlug. Sein Körper presste die Kugel binnen Sekunden aus der Wunde, und sie juckte, als sie zu heilen begann. Jiroubu kam wieder in sein Blickfeld, er stand genau über ihm. Naruto hob seine Pistole, doch ein weiterer Schuss sprengte sie ihm förmlich aus der Hand. Mit eine pumpenden Bewegung lud Jiroubu nach. Naruto trat nach ihm, aber es war, als würde sein Fuß auf einen Baumstamm treffen. Prompt kam die Antwort in Form einer weiteren Kugel. Naruto schrie auf. Aus dieser geringen Distanz fühlte es sich an, als würde sein Bein abgerissen werden.

Tränen stiegen in seine Augen. Und etwas anderes, Aggressives kämpfte sich aus seiner Brust hervor. Naruto biss die Zähne zusammen. Nein … bleib drin! Sein Dämon wollte sich befreien, rüttelte brüllend an den Gitterstäben in seinem Unterbewusstsein, spürte seinen Schmerz und die Gefahr und zweifellos würdige Beute. Mit aller Gewalt hielt Naruto ihn zurück.

Dann traf ein Schuss seinen Bauch, und das Geräusch allein war grässlich. Der Schmerz währte auch dieses Mal nur kurz, aber er fraß sich tief in sein Inneres und gab der Bestie neue Nahrung. Nein, bleib drin! Noch nicht! Er musste sich seinen Dämon aufheben. Erst wenn er vor dem Dämonenkönig stand, durfte er ihn entfesseln!

Seine Wunden zogen, als sie sich langsam wieder schlossen. Jiroubu legte abschätzend den Kopf schief. „Du hast gute Selbstheilungskräfte, Fuchsjunge“, brummte er und richtete seine Pumpgun auf jemanden in dem Schrottplatz aus Autowracks, den Naruto nicht sehen konnte. „Aber die anderen Leute hier nicht. Lass deinen Dämon ruhig hervorbrechen. Die Stadt wird es dir nicht danken.“

„Was … willst du von mir?“, presste Naruto hervor.

„Orochimaru will dich. Um jeden Preis. Wusstest du, dass er uns erst heute angewiesen hat, die ganze Stadt nach dir umzugraben? Wenn du dich nicht gezeigt hättest, hätten wir halb Akuma Gakure in Schutt uns Asche legen dürfen. Nicht bloß die Klänge, auch seine anderen Leute.“

Naruto starrte den Halbdämon an. Sein warziges, rötlich braunes Gesicht verriet keine Regung. Bluffte Jiroubu? Oder würde Orochimaru tatsächlich so weit gehen?

Der Dämon grinste schmutzig, als hätte er seine Gedanken gelesen. „Ohne die Sharingan- und die Hyuuga-Familie gibt es niemanden mehr, der sich uns entgegenstellen kann, meinst du nicht auch? Ich kann hier auf dieser Straße weitermachen. Sie scheint ja sehr belebt zu sein. Noch.“

Naruto knirschte mit den Zähnen. Seine Schmerzen waren fast verebbt, er hatte das Wesen in sich wieder unter Kontrolle – aber was brachte das? Bei dem Unfall eben waren mit Sicherheit schon wieder Menschen gestorben, die nichts für den Konflikt konnten, den er nach Akuma Gakure gebracht hatte … Nein, er hatte die Schnauze voll davon, sich immer selbst die Schuld an allem zu geben. Orochimaru war hier der Böse, nicht er! „Und was willst du mit mir tun, wenn ich mich ergebe?“, fragte er.

Jiroubu zuckte mit den gewaltigen Schultern. „Ich bringe dich zu Orochimaru. Was er mit dir vorhat, wirst du ihn selbst fragen müssen.“

Naruto stutzte. Aber war das nicht …? Fast hätte er gelacht. Kimimaro und Shikamaru hatten sich so ins Zeug gelegt, um einen Plan zu entwickeln, der sie vor Orochimaru und den Dämonenkönig brachte – und Jiroubu würde ihn einfach so zu ihnen bringen. Allein zwar und sicher immer noch gut bewacht, und die Wirkung von Kakuzus Essenz wäre dann sicher auch schon abgeklungen, aber es war trotzdem eine Gelegenheit, diese Sache ein für alle Mal zu klären. Orochimaru würde vielleicht Ruhe geben, und er, Naruto, bekam auch seine Chance, seinen Dämon für etwas Gutes einzusetzen.

„Einverstanden“, sagte er und bemühte sich, zerknirscht zu wirken. „Aber nur, wenn du mir versprichst, meine Freunde und die Leute hier in Ruhe zu lassen.“

„Dämonen machen keine Versprechungen“, erklärte Jiroubu unfreundlich. „Steh auf.“

 

Etwas abseits von der U-Bahn-Station lag ein kleiner Park, in dem einige Fichten sich weigerten, der Kälte ihre Nadeln zu opfern. Hierhin schlenderten Kimimaro und Tayuya. Der Radau im Untergrund zeigte bereits Auswirkungen: Die Gehwege hier oben waren fast ausgestorben, die Parkanlage verwaist. Hier waren sie ungestört.

„Ich hoffe, das war deine letzte Wahnsinnstat“, sagte Tayuya, nachdem sie sich eine Weile nur schweigend angesehen hatten. Sie hatte ihre Dämonenform wieder aufgegeben und stand als Mensch vor ihm. Kimimaro hatte seinerseits seine Waffen verschwinden lassen.

„Das kann ich dir leider nicht versprechen. Aber wenn mein Plan aufgeht, wirst du heute Abend als Einzige der Klänge noch am Leben sein.“

„Wie nobel von dir“, schnaubte sie. „Und was wird Orochimaru dazu sagen?“ Obwohl sie ihn bitterböse anfunkelte, musste Kimimaro mit Gewalt gegen sein Verlangen ankämpfen, sie einfach in die Arme zu schließen und nie mehr loszulassen.

„Wenn alles gutgeht, wirst du nie wieder etwas von Orochimaru hören“, sagte er.

Nun wich sie seinem Blick aus, sah abwesend zu Boden. „Du und deine Zuversicht …“

„Tayuya.“ Er trat ein paar Schritte auf sie zu. Kies und Schnee knirschten unter seinen Füßen. „Es war nie mein Wunsch, dich in Gefahr zu bringen.“

„Mich in Gefahr bringen? Das tu ich schon selber, und ich komm auch selber wieder heraus. Ich brauch dich nicht als Aufpasser!“, fauchte sie.

„Dennoch möchte ich es riskieren, hier und heute alles auf eine Karte zu setzen“, fuhr er ungerührt fort und sah ihr fest in die Augen. „Und ich habe dich nie um etwas gebeten. Heute wird das erste Mal sein. Bitte vertrau mir.“ Er verbesserte sich: „Nein, mir zu vertrauen ist trotzdem Wahnsinn, wie du so schön gesagt hast. Überlege dir nur, ob du mit mir gemeinsam das Risiko eingehen willst.“

Wieder verging eine schweigende, kalte Ewigkeit. Tayuya Gesicht hatte immer einen harten, unnahbaren Zug, und dennoch liebte Kimimaro es. Er sah ihr fest in ihre winterkalten Augen, die unter den langen Wimpern vor Kraft leuchteten. Schließlich seufzte sie. „Also schön, du verdammter Spinner. Ist es für deinen Plan wieder nötig, dass du mich aufschlitzt?“

„Nein“, sagte Kimimaro und zog sie in seine Arme. „Diesmal nicht.“ Er presste seine Lippen fest auf ihre.

Die künstliche Essenz

In Sasukes Innerem tobten die widersprüchlichsten Gefühle, bis sich blanker Hass herausschälte. Er war sich bewusst, dass Sakon ihn beobachtete, darum fror er sein Gesicht zu einer ausdruckslosen Maske ein.

„Du scheinst sprachlos zu sein“, ertönte Orochimarus schleimige Stimme an seinem Ohr. „Damit wir ein Gespräch zustande bringen, lass mich dir einen Vorschlag unterbreiten.“

„Bastard“, knurrte Sasuke und drehte sich halb von Sakon weg, sodass er ihn immer noch aus den Augenwinkeln sah. „Du wagst es also nicht, mir persönlich unter die Augen zu treten.“

„Das können wir jederzeit nachholen“, meinte der Gangsterboss süffisant und wechselte sofort das Thema. „Ich gebe zu, es war vielleicht ein wenig vorschnell, deiner Familie den Tod ins Haus zu schicken.“

„Es war ein Riesenfehler!“, sagte Sasuke und versuchte nun nicht mehr, seinen Hass zu verbergen.

„Vielleicht“, räumte Orochimaru überraschend ein, was ihn nur noch rasender machte. „Aber genau darüber möchte ich mit dir sprechen. Ich will dir Kompensation anbieten, Sasuke.“

„Kompensation?“ Er glaubte, nicht recht zu hören. Sasuke musterte Sakon, die Pistole noch immer auf ihn gerichtet. Was für ein Spiel spielten sie hier mit ihm? „Was für eine Kompensation sollte das sein?“, fragte er höhnisch.

„Die beste Kompensation von allen, wie ich meine“, hörte er Orochimarus Stimme über den Handylautsprecher. Er machte eine dramatische Pause, ehe er sagte: „Macht.“

Macht.

Sasuke erwiderte nichts. Von Sekunde zu Sekunde kam ihm dieses Gespräch aberwitziger vor. Orochimaru fuhr nach einer Weile von sich aus fort: „Weißt du, was die größte Schwäche deiner Familie war?“

„Das möchte ich von dir nicht hören“, zischte Sasuke.

„Die Art, wie sie an ihre Macht gekommen ist“, sagte Orochimaru ungerührt. „Ein Dämon hat euch einen Teil seiner Kräfte verliehen. Ihr wart abhängig von seinem Wohlwollen. Aber das war nicht mehr als ein Zuckerwürfel, den man den Affen im Zoo hinwirft.“ Sasuke wollte ihn schon anherrschen zu schweigen, aber er hielt sich zurück. „Wir haben ja gesehen, dass deine Familie den Klängen unterlegen war, obwohl diese nur Halbdämonen sind.“

„Und ich werde es sein, der diese Halbdämonen eigenhändig zur Strecke bringt!“, schwor Sasuke.

Orochimaru lachte. „Es steht dir frei, das zu versuchen. Aber fühlst du dich dieser Aufgabe gewachsen? Was hast du ihnen schon entgegenzusetzen, außer deinen scharfen Augen und deinen Schießkünsten? Dein dämonischer Patron ist nicht mehr. Er wird deine Augen niemals mehr aufbessern, sodass sie an die deines Bruders heranreichen. Du triffst vielleicht besser als so manch anderer in Akuma Gakure, aber du bis immer noch nur ein Mensch.“

„Genauso wie du auch!“, spie ihm Sasuke entgegen, weil ihm nichts Besseres einfiel.

Wieder lachte Orochimaru sein kurzes, trockenes Lachen. „Es gibt einen grundlegenden Unterschied zwischen dir und mir, Sasuke. Ich bin ein Mensch, der weiß, wie man Dämonen unter seiner Knute halten kann. Im Prinzip ist das nicht viel anders als das, was Halbdämonen tun. Sie verbringen ihren Lebtag damit, ihre dämonische Seite im Zaum zu halten. Wenn ihnen das gelingt, sind sie gute Kämpfer, stärker als Menschen, vernünftiger als Dämonen. Und würdig, für mich zu arbeiten. Ja, diese Rasse hat eindeutig Vorteile, egal was manche vollwertigen Dämonen dazu sagen mögen. Darum habe ich mir überlegt, mir noch ein paar mehr davon zuzulegen.“

Sasuke schwieg. Er verstand nicht, was Orochimaru mit diesem Telefonat bezweckte. Aber der Gangsterboss war offenbar dabei, seine Pläne auszuplaudern – und vielleicht konnte er ihm dadurch schneller an die Kehle gehen. Also zwang er sich zur Geduld und hörte zu.

„In meinem Auftrag wurde viel darüber geforscht, wie man einem Menschen ein Dämonensiegel verpassen kann, aus dem er dämonische Kraft schöpfen kann. Wie kann man einen Menschen modifizieren, sodass er zu einem Halbdämon wird?“ Orochimarus Stimme wurde abfällig. „Deine Freunde haben den hellsten Kopf meiner Forschungsgruppen vor einiger Zeit aus dem Verkehr gezogen, doch ein Prototyp ist nun endlich fertig.“

„Was redest du da eigentlich?“, fragte Sasuke scharf. „Warum erzählst du mir das alles?“

Wieder dieses Lachen, das ihn schier wahnsinnig machte. „Tu nicht so, als wüsstest du es nicht längst. Die Sharingan-Familie bestand aus den fähigsten Schützen in Akuma Gakure. Die Familie ist nicht mehr, aber du lebst noch. Dein Talent wäre an jedem verschwendet, außer an mir. Und ich kann es noch erweitern. Vor über einem halben Jahr ist mir mein bislang stärkster Halbdämon abhanden kommen und rebelliert jetzt sogar gegen mich. Die ganze Stadt droht langsam in Chaos zu sinken, weil die großen Mafia-Banden plötzlich verschwunden sind. In dieser Zeit sollte ich meine eigenen Reihen stärken, damit ich nicht etwa an Einfluss verliere, meinst du nicht? Und ich möchte nur ungern den Dämonenkönig selbst bemühen, um Ordnung zu schaffen, denn wozu hat er mich? Also, Sasuke Uchiha, ich biete dir an, in meine Dienste zu treten. Im Gegenzug verleihe ich dir eine Kraft, die an die meiner Halbdämonen herankommt.“

„Ich soll mich dir unterwerfen?“, fragte Sasuke eisig. „Was glaubst du, wer du bist? Was glaubst du, wer ich bin?“

Orochimaru klang amüsiert – schon wieder. „Jemand, der auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und dazu die Vorteile eines Angebots zu erkennen weiß. Ich verlange keinen bedingungslosen Gehorsam von dir, Sasuke. Aber mir gefällt nicht, für wen du momentan dein Talent vergeudest. Komm zu mir, und du wirst sehen, dass du niemals eine wichtigere Rolle im Russischen Roulette dieser Stadt gespielt hast. Ich weiß, was du als Nächstes sagen willst. Du vertraust mir nicht. Ich werde dir einen Vertrauensbeweis erbringen: Du muss Sakon nur ein Zeichen geben und er wird dir das Ergebnis unserer Forschungen einpflanzen.“

„Eine Bombe“, meinte Sasuke humorlos. Sakon schien zu wissen, worum es ging, denn seine Mundwinkel zuckten.

Orochimaru lachte. „Ich mag dich, Sasuke. Dein Misstrauen ist köstlich – genau das, was ich brauche. Nein, es ist keine Bombe. Ich würde meine Häscher auf dich loslassen, wenn ich deinen Tod wollte, oder ich würde es Sakon und den anderen befehlen. Nein, das, wovon ich spreche, ist eine künstliche Dämonenessenz.“

Sasuke war verblüfft. Er zwang sich, keine allzu deutliche Reaktion zu zeigen, und Orochimaru schien sein überraschtes Schweigen auch nicht aufzufallen.

„Sie wird dich für eine kurze Zeit in einen Halbdämon verwandeln“, erklärte der Gangsterboss. „Ich will offen sein: Wir haben sie bis jetzt noch nie getestet, aber ich denke, dein Geist ist zielstrebig genug, um mit der dämonischen Energie fertigzuwerden. Außerdem wurde die Essenz speziell auf den Gebrauch von Menschen ausgelegt. Sie wirkt wahrscheinlich um die zwölf Stunden. Wenn du danach beschließt, dein Abonnement nicht zu verlängern“, er lachte leise, „kannst du meinetwegen deiner Wege gehen. Oder aber du kommst zu meinem Anwesen, lässt mich deinen Körper untersuchen, und dann werden wir dir ein fortgeschritteneres Modell einpflanzen.“

Sasuke fiel es wie Schuppen von den Augen. „Du willst mich als Versuchskaninchen benutzen.“

Orochimarus Lachen schien allgegenwärtig. Er musste sich königlich amüsieren. „Ich kann dir nichts vormachen, nicht wahr? Zum Teil ist das tatsächlich der Fall, ja. Ich brauche jemanden, der die Essenz ausprobiert. Ich würde es selbst tun, aber ich denke, jemand wie du kann sie besser einsetzen und aussagekräftigere Ergebnisse produzieren.“ Seine Stimme veränderte sich kaum merklich. „Das ist alles, was ich zu sagen habe. Ich hoffe, dich in zwölf Stunden in meinem Anwesen begrüßen zu dürfen, Sasuke.“

„Warte!“, rief Sasuke, als er ein Knacken in der Leitung hörte und ein regelmäßiges Piepen verkündete, dass Orochimaru aufgelegt hatte. Langsam, als kostete es ihn große Überwindung, ließ er das Handy sinken.

Sakon grinste unverschämt. „Er hat dir ein gutes Angebot gemacht, der Boss, oder? Ich würde nicht zögern.“

Sasuke schwieg, ließ sich die Sache durch den Kopf gehen. Er kam nicht umhin festzustellen, das die Vorstellung einen gewissen Reiz hatte … Und er hatte wenig zu verlieren und viel zu gewinnen, vor allem, was seine Rache anging. Bei dem Gedanken funkelte er Sakon an. „Hast du keine Angst, dass ich dich einfach so umlege, wenn du mir die Essenz gibst?“

Sakon kicherte kehlig. „Wenn du keine Angst hast, dass ich dich aus nächster Nähe abknalle, statt dir das Ding zu implantieren, denke ich, dass ich dir genauso viel Vertrauen entgegenbringen könnte. Aber entscheide dich schnell, ich hab noch einen verdammten Verräter umzulegen.“

Sasukes Gedanken drehten sich im Kreis. „Zwölf Stunden, hat er gesagt“, murmelte er. Seine Mundhöhle war plötzlich trocken.

„Ja, vermutlich“, bestätigte Sakon gedehnt.

Sasuke schnaubte, dann lachte er leise. „Orochimaru muss verrückt sein.“

„Ich würde es eher als arrogant bezeichnen“, grinste der Halbdämon.

Und Sakon war genauso verrückt. Genauso naiv. Oder hatten sie einfach alle keine Vorstellung, wie es in Sasuke aussah? „Also schön. Tun wir es. Eine falsche Bewegung, und du bist tot.“ Er wackelte mit dem Pistolenlauf.

„Selbstverständlich, der Herr“, griente Sakon. Langsam fischte er etwas unter seinem Sakko hervor, da wie ein Einmachglas aussah. Das Glas wirkte trüb, aber Sasuke konnte nichts Aufregendes darin erkennen. Da fiel ihm ein, dass Menschen Dämonenessenzen mit freiem Auge nicht sehen konnten – also war das da drin tatsächlich eine Essenz oder, andernfalls, ein harmloser Scherz?

Sakon holte noch eine Spritze mit ziemlich dicker Nadel hervor. Sie wirkte auf Sasuke wie eine von der Sorte, mit denen man bis in den Knochen stechen konnte. Der Halbdämon rammte sie in das Einmachglas und zog sie auf. Es sah fast witzig aus, als würde er Luft in ein Spielzeug füllen. Als er einen Schritt auf Sasuke zumachte, hielt ihn dieser mit seiner Waffe zurück. „Ich denke, das kann ich selbst. Wo soll sie hin?“

Sakon zuckte mit den Schultern. „Ist egal. Vorzugsweise in der Nähe des Rückenmarks.“ Er reichte ihm die gewaltige Nadel. Sasuke wechselte seine Waffe in die Line und hob die Rechte mit der Spritze langsam zu seinem Nacken. „Du scheinst mir echt nicht zu trauen“, stellte Sakon amüsiert fest.

„Kein Stück.“

„Brav so.“

Sasuke setzte die Nadel an seinen Nacken und änderte den Griff, um sich die Essenz unter die Haut spritzen zu können. Er atmete tief durch. Sollte er das wirklich tun? Oder sollte er das Ding als Kriegsbeute an sich bringen und Sakon gleich hier und jetzt erschießen, wenn dieser es nicht erwartete?

Nein, es war das Risiko wert. Er wollte es sich vielleicht nicht eingestehen, aber Orochimaru hatte genau seinen wunden Punkt getroffen. Er brauchte tatsächlich mehr Macht, wenn er gegen Halbdämonen vorgehen wollte. Er hielt die Luft an, stieß sich die Nadel in die Nackenmuskulatur und hoffte, dass er es nicht bereuen würde.

Im ersten Moment bereute er es tatsächlich. Es brannte höllisch, und noch mehr, als er sich das Innere des Injektionszylinders unter die Haut spritzte. Wie würde das Zeug wohl mit der Essenz, die er bereits aufgenommen hatte, harmonieren?

Als das Brennen unerträglich wurde, riss er sich die Nadel rücksichtslos heraus. Sakon schien zufrieden, als Sasuke sich krümmte, doch der Halbdämon griff ihn nicht an. „Nettes Symbol“, sagte er, ohne dass der Mafioso verstand, was er meinte. Dann sah er, wie sich wuselnde schwarze Muster auf seinen Armen, nein, auf seinem ganzen Körper ausbreiteten, und wenige Sekunden später wurde seine Haut dunkler, und etwas so Gewaltiges brach über ihn herein, dass er einen berstenden Schrei ausstieß.

Als er zu sich kam, hallte sein Brüllen immer noch durch den U-Bahn-Schacht. Er stand aufrecht, hatte die Fäuste geballt. Seine Kleidung war am Rücken aufgerissen; etwas Schweres schien aus seinen Schulterblättern zu wachsen, und er spürte die Muskeln darin, Muskeln, die er bislang noch nicht gehabt hatte. Sasuke atmete schwer. Er fühlte, dass er einen inneren Kampf ausgefochten hatte, an den er sich nicht mehr erinnern konnte. Hatte er gegen die Dämonenessenz selbst angekämpft, die seinen Körper übernehmen wollte? Wie auch immer, er schien gewonnen zu haben.

Zwei Meter vor sich sah Sasuke seine Pistole liegen. Seine Schritte waren ungewohnt leicht, als er darauf zuging. Obwohl das einzige Licht in dem Tunnel aus der stillstehenden U-Bahn kam, sah Sasuke wie bei Tageslicht. Im polierten Lauf der Waffe spiegelte sich ein Gesicht, das er nicht kannte, doch als er die Lippen zu einem schmalen Lächeln verzog, wusste er, dass es sein eigenes war. Sein neues Gesicht für zwölf Stunden. Fürs Erste.

Er sah sich um, doch Sakon war nirgends mehr zu sehen. Wahrscheinlich war er losgezogen, um Kimimaro ausfindig zu machen. Dieser Idiot. Glaubten er und sein Meister tatsächlich, Sasuke würde in seiner neuen Form ein paar Mal durch die Stadt laufen – oder fliegen, denn die Dinger auf seinem Rücken waren eindeutig Flügel – und sich so in seine neuen Fähigkeiten verlieben, dass er sie nur bestaunen, aber nichts damit anstellen würde?

Mehr aus Gewohnheit steckte er seine Waffe wieder ein. Ob er sie überhaupt noch brauchen würde, konnte er im Moment gar nicht sagen. Dann machte er sich auf den Weg.

Mein wahres Ziel

„Komm schon, das Spiel wird langweilig!“, quengelte Kidoumaru zwei Stockwerke tiefer. Der hatte gut reden mit seinem Spinnenpanzer – Deidaras Wunden heilten zwar unglaublich schnell, aber das würde weder ewig so bleiben, noch bedeutete das, dass es schmerzlos war, wenn der Klang ihn traf. Oder ungefährlich, denn bei einem sauberen Kopfschuss würde ihm auch Kakuzus Essenz geschmeidig den Mittelfinger zeigen.

Immerhin, Kidoumaru schien das auch zu wissen – und das hatte auch was Gutes. Er wirkte gelangweilt, fast träge bei seinem Versuch, Deidara zu verfolgen. Deidara hatte durch einen Spalt im Betonboden gesehen, wie der Klang langsam die wenigen Versteckmöglichkeiten zwischen den Stahlstreben  und Baumaterialien absuchte, wobei er immer plötzlich um die Ecke sprang und sich dann, bar eines Angriffsziels, weiter umsah. Ja, er arbeitete sich stückchenweise in die Höhe, und Deidaras Parkhaus-Stockwerk war das letzte, sodass er auch nirgendwohin fliehen konnte. Vielleicht war Kidoumarus Vorgehensweise für einen geneigten Strategen auch die erfolgversprechendste Methode. Allerdings gab sie Deidara auch genügend Zeit zum Gegenangriff.

Er wartete geduldig, bis Kidoumarus hässlicher Kopf auf der Rampe erschien und sich ein enttäuschtes Lächeln auf seinen Lippen zeigte. „Ach, komm schon! Versteck dich doch wenigstens!“ Dann schlug es in Erstaunen um, als er Deidaras Kunstwerk sah.

„Schon unterwegs, hm“, gab der Dämonenjäger zurück und drückte eine Nummer auf seiner Fernbedienung. Die beiden Sprengsätze hinter der Stahlplatte,  an der er sich festhielt, detonierten und die Druckwelle schleuderte die zweite Platte, auf der Deidara wie auf einem Snowboard stand, gegen Kidoumaru – mit der hohlen Stahlstange, die Deidara in der Hand hielt, auf seine Brust gezielt.

Der Halbdämon brachte nur ein erstauntes „Uff“ heraus, als die Stange gegen ihn prallte und ihn mitriss. Der Panzer auf seiner Brust knirschte, aber er brach nicht. Die Platte mit Deidara und nun auch Kidoumaru darauf schlitterte die Rampe hinunter, Funken sprühten wie ein Feuerwerk unter den scharfen Rändern, dann rutschten sie zwischen den Säulen hindurch über die Kante der Parkplattform und waren kurz im freien Fall. Die Platte neigte sich genau, wie Deidara berechnet hatte – Glück gehabt. Er ließ den Speer mit dem halb aufgespießten Dämon einfach los, ließ sich von seinem Stahlsnowboard fallen, wartete im Flug, bis es annähernd senkrecht stand, und drückte eine weitere Nummer. Er hörte die folgende Explosion, sah sie aber nicht mehr. Eine Millisekunde später krachte er in den festgestampften Boden.

Diesmal verlor er tatsächlich das Bewusstsein, aber es konnte nur für wenige Sekunden gewesen sein. Rasch rappelte er sich auf, spuckte Erde und Blut und drehte sich mit etlichen gebrochenen Knochen, die juckend und schmerzend bereits wieder zusammenwuchsen, um. Seine Arbeit war noch nicht getan.

Kidoumaru hing an eine Betonwand gepinnt wie ein Schmetterling. Ein passendes Ende für eine Spinne, fand Deidara. Die Sprengsätze auf der anderen Seite des Metallboards hatten das dicke Stahlrohr durch seine Brust und ein paar Zentimeter tief in die Wand getrieben, wo es sich bereits gefährlich neigte. Lange würde er dort nicht hängen bleiben. Und natürlich war Kidoumaru noch am Leben – er war ein schließlich ein Dämon und Deidara hatte es nicht geschafft, genau auf das Herz zu zielen.

Aber das machte nichts.

„Glaubst du etwa, dass das reicht?“ Kidoumaru lachte mit verzerrtem Gesicht und packte die Stange mit zweien seiner Arme. „Ein Stahlrohr?

„Du hast ja keine Ahnung, was man in so einem Rohr alles verstecken kann, hm“, rief Deidara zu ihm hoch. Seine scharfen Augen zeigten ihm einen verblüfften Gesichtsausdruck, als Kidoumaru nach wenigen Sekunden verstand.

„Du … du meinst …?“

Deidara fand, dass diese Grimasse angemessen war für die letzte, die er je in seinem Leben schneiden würde. Er drückte eine letzte Nummer, und seine verbliebenen Sprengsätze, die er mühsam in das Stahlrohr gestopft hatte, explodierten gleichzeitig und zerfetzten Kidoumarus Brustkorb.

„Ich habe immer gesagt, Dämonen tötet man am besten von innen heraus“, sagte Deidara zufrieden zu sich selbst. „Mission erfüllt, hm.“

 

„Schön, dich zu sehen.“ Kimimaro begrüßte Deidara mit einem Nicken, als der endlich an ihrem Sammelpunkt in dem kleinen Hinterhof aufkreuzte. Er sah müde und abgekämpft aus und nach seinen Klamotten zu schließen, hatte er körperlich einiges mitgemacht. Auf seiner Haut zeugten nur einige Kratzer davon – die Macht der Dämonenessenz musste aufgehört haben zu wirken, kurz bevor sie vollends geheilt waren.

„Ja, Tag auch, hm.“ Deidara warf einen Blick auf Tayuya, die mit gefesselten Armen auf einer morschen Holzbank saß. Auf dem Tisch davor hockte Kimimaro selbst. Deidara deutete mit dem Kinn auf den Klang. „Läuft die auch nicht weg?“

„Ich habe ihr gesagt, was geschieht, wenn sie es tut“, erwiderte Kimimaro mit einem Lächeln. Er würde seine Mitstreiter nicht in alle Einzelheiten seines Plans einweihen. Dass er Tayuya insgeheim liebte, sollten sie spätestens erfahren, wenn sie mit Orochimaru und dem Dämonenkönig fertig waren.

„Irgendwelche Probleme bei dir?“, fragte er Deidara.

„Keine Probleme, hm. Halbdämonen sind zwar nicht ganz meine Expertise, aber wer eine volle Schnapsflasche exen kann, kann das auch mit einer halben. Verstehst du den Vergleich?“ Deidara schien etwas verstimmt zu sein. Er schüttelte mit einer Grimasse seine Glieder aus. „Übrigens, ich hab ‘nen Mordskater.“

„Dann müssen wir nur noch hoffen, dass die anderen beiden auch Glück hatten. Ich habe Tayuya die Fakten dargelegt. Sie wird uns zu Orochimaru führen, dann darf sie gehen, wohin sie will.“

„Wie schön.“ Deidara beugte sich zu dem Mädchen. „Bist ‘ne ganz treue Killerin, was?“

„Verpiss dich. Und leg dir mal ‘nen ordentlichen Haarschnitt zu“, zischte sie angriffslustig.

„Was erwartest du?“, rief Deidara aus. „Ich musste sie ja nur so stutzen, weil ihr Idioten diesen Naruto haben wolltet – kann ich was für seine Struwwelfrisur? Du hättest mal besser meine früheren Haare gesehen, hm. Du wärst vor Neid blass geworden.“

„Wie jetzt, du hast noch weibischer ausgesehen als jetzt?“

„Kimimaro?“, fragte Deidara leise. „Wenn Sasuke oder Naruto zufällig ihre Klänge auch nicht getötet haben, darf ich der Kleinen hier den Kragen umdrehen?“

„Schluss jetzt“, sagte Kimimaro. „Wir warten. Seid leise, beide.“

„Das kannst du Tayuya hundertmal sagen, und sie wird trotzdem herumfluchen“, ertönte plötzlich eine Stimme. Eine Gestalt trat unter dem Torbogen hindurch, der in den Hof führte. „Wobei, du müsstest das doch eigentlich wissen, stimmt’s, Kimimaro?“

„Sakon“, sagte Kimimaro düster.

Der Klang hob lässig die Hand. „Yo.“ Er war in seiner Dämonenform und grinste sein schreckliches, zweiköpfiges Grinsen.

„Also hat’s unser lieber Sasuke versaut“, stellte Deidara trocken fest, wirbelte seine Uzi in der Hand herum und zielte auf den Halbdämon.

Sakons Augen fixierten ihn. „Falsch.“ Drei, vier Schüsse ratterten. Wo Sakon gestanden war, tauchten winzige Löcher im Boden auf. Deidara schrie auf und warf sich herum, seine Uzi landete im Staub, gefolgt von einigen Blutspritzern. Sakon stand an der Wand im Hof, seine eigene Waffe rauchte. „Du hast es versaut. Es war ein Kinderspiel, dich zu verfolgen. Jetzt sei artig und sieh zu. Ich muss einen Verräter töten.“

Kimimaro gab sich ruhig. Er streckte einen Arm aus und aus seinem Handgelenk wuchs ein klingenförmiger Knochen, der auf Tayuyas Kehle deutete. „Du solltest mich lieber nicht herausfordern. Erstens bin ich stärker als du, zweitens habe ich eine Geisel.“

Sakon schnaubte. „Steck dir deine Geisel sonstwohin. Als ob ich einen feuchten Kehricht auf die rothaarige Hexe geben würde!“

Erneut schoss er, doch Kimimaro war gewandter als Deidara. Die Schüsse trafen einer den Tisch, ein anderer die Wand dahinter, als der Halbdämon in die Höhe sprang und vor Sakon wieder zum Landen kam, das Schwert zum Schlag erhoben.

Sakon reagierte blitzschnell. Mit der anderen Hand schleuderte er Kimimaro etwas ins Gesicht, das dort zerplatzte und ein unangenehmes, feuchtes Gefühl hinterließ. Kurz war er geblendet, aber er warf sich dennoch instinktiv aus der Schussbahn der folgenden Kugeln. Als er sich über die Augen fuhr, klebte violette Flüssigkeit an seinen Fingern.

„Ups“, griente Sakon. „Da hab ich doch glatt einen Ballon mit Antidemonicum verloren. Was machst du jetzt, hä?“

Kimimaro wischte sich das Zeug mit einer resignierten Geste aus dem Gesicht. „Ich brauche meine dämonische Form nicht, um dich zu besiegen.“

„Weil du eine Geisel hast? Flossen weg!“ Sakons Zischen galt Deidara, der zu seiner Waffe zurückgewichen war und sie aufheben wollte. Ein gezielter Schuss beförderte die Uzi abermals außer Reichweite. „Zeit zu krepieren, Kimimaro.“

Kimimaro gab ihm keine Gelegenheit zu einem neuerlichen Angriff. Er warf sich Sakon förmlich entgegen, zwei Knochenschwerter wirbelten durch die Luft. Sakons Pistolenmündung spuckte erneut Feuer, die Kugel prallte ab und lenkte das eine Schwert gerade weit genug ab, dass der Halbdämon durch die Öffnung schlüpfen konnte. Mit einem sinnesverwirrenden Dreifachsalto durchquerte er den Innenhof und landete grinsend auf der Bank neben Tayuya.

„Na, bist du müde?“, fragte er sie überheblich. „Scheint, als kämest du einfach nicht gegen Kimimaro an, was?“

„Ich hab dich nicht um deine Hilfe gebeten“, fauchte Tayuya. Kimimaro kam langsam näher, die Knochenwaffen gesenkt.

„Und du glaubst, ich will dir helfen?“, gluckste Sakon. Plötzlich packte er Tayuya an der Schulter, schnellte hinter sie und presste den Lauf seiner Pistole an ihre Schläfe.

Kimimaro erstarrte. Tayuyas Augen weiteren sich.

„Na? Wie war das jetzt mit der Geisel?“, krähte Sakon.

Deidara schüttelte den Kopf. „Der Kerl hat nicht alle Tassen im Schrank.“

Kimimaro erwiderte nichts. Er hatte seine Lippen zu einem blutleeren Strich zusammengepresst. Was ging hier vor? Warum sollte Sakon …? Hieß das etwa, dass er …?

„Für wie blöd haltet ihr Orochimaru eigentlich? Oder mich?“, fragte Sakon triumphierend, als Kimimaro keinen Versuch mehr startete, ihn anzugreifen. „Als ob ich mich nicht fragen würde, warum sie gerade dich lebend fangen wollen“, sagte einer von Sakons Köpfen in Tayuyas Ohr.

„Spinnst du? Woher zum Teufel soll ich wissen, was sie vorhaben?“ Sie versuche sich loszumachen, aber Sakon fischte blitzschnell etwas aus seiner Jackentasche hervor und stieß es in ihren Nacken.

Kimimaro zuckte zusammen, genau wie sie, dann gestattete er sich beinahe ein erleichtertes Aufatmen. Um ihren Hals tauchte etwas wie ein breiter Ring aus violetter Flüssigkeit auf, lief an ihrer Haut hinunter und färbte ihre Bluse violett.

„Nicht, dass du auf dumme Gedanken kommst“, meinte Sakon grinsend. „In deiner Menschenform bist du nur eine Kugel vom Jenseits entfernt, also halt verflucht nochmal still.“

„Hast du sie noch alle?“, rief sie laut. „Wir stehen auf derselben Seite, verdammt!“

„Ach wirklich?“ Jetzt klang Sakon wütend. „Du hattest zweimal die Gelegenheit, Kimimaro umzubringen! Warum lebt er immer noch?“

„Er ist eben …“ Sie schluckte den Rest des Satzes trocken hinunter.

„Stärker als du? Wolltest du das sagen?“

„Scheiße, ich hab eben gegen ihn verloren! Mach’s besser, wenn du es kannst!“

„Das habe ich vor.“ Plötzlich sah Sakon auf. „Ah, wen haben wir denn da? Gefällt dir deine neue Kraft soweit?“

Kimimaro unterdrückte den Drang, sich umzudrehen. Er spürte eine Bewegung hinter sich.

„Nicht übel. Und du hast offenbar auch das bekommen, was du wolltest.“ Sasukes Stimme. Gut, er musste sich wohl wirklich nicht umdrehen.

„Sasuke, was zum … Bist du das?“, stieß Deidara hervor, und nun wandte sich Kimimaro doch um.

Die Stimme war eindeutig Sasukes gewesen, aber er sah völlig anders aus … dämonisch. Als hätte er plötzlich eine dämonische Form angenommen, ähnlich Kimimaros eigener. War er etwa ein Halbdämon und hatte diesen Fakt bisher geheim gehalten? Nein, das war unlogisch … außerdem, die Art, wie sich seine Haut ins Graue verfärbt hatte … Das stank geradezu nach Orochimaru. Dafür sprachen auch Sakons Worte.

Sakon lachte kehlig. „Kann man so sagen. Ich korrigiere mich: Ich bin hier, um zwei Verräter zu erledigen.“

„Du machst einen verdammten Fehler“, zischte Tayuya und klang nicht im Mindesten eingeschüchtert. „Orochimaru reißt dir den Kopf ab.“

„Er wird mich eher belohnen, denke ich“, meinte Sakon nachdenklich und lächelte säuerlich. „Sollte nicht eher diejenige ihren Kopf verlieren, die Kimimaros Namen wimmert, nur weil sie ein bisschen im Feuer eines Dämons brät?“

Tayuya zuckte sichtlich zusammen. Sie schien zu wissen, was er meinte. „Und daraus ziehst du solche Schlüsse? So viel in was hineinzuinterpretieren sieht dir gar nicht ähnlich“, keuchte sie.

Sakon zuckte mit den Schultern. „Kann sein, dass ich mich täusche. Wollen wir es drauf ankommen lassen? Orochimaru hat mir schon erlaubt, dich im Zweifelsfall zu töten. Wann der Zweifelsfall eintritt, hat er allerdings mir überlassen.“

Kimimaro gab seine Maskerade auf. „Lass sie los“, befahl er ruhig und eiskalt.

„Ich glaub, ich bin im falschen Film“, murmelte Deidara. „Kann hier bitte mal jemand dem ahnungslosen Dämonenjäger erklären, was hier gerade abgeht?“ Keiner achtete auf ihn.

„Weißt du, Kimimaro“, sagte Sakon in Plauderstimmung. „Ich hab dich früher mal ein bisschen bewundert – oder so ähnlich. Du warst ein verdammt guter Kämpfer und auch gar nicht so übel als Anführer. Aber offenbar hast du eine fatale Schwäche.“ Der Pistolenlauf presste sich fester an Tayuyas Schläfe.

Kimimaro wagte nicht, sich zu rühren. Seine Gedanken rasten. Was konnte er tun? Ein Knochenschwert werfen? Das dauerte zu lange. Er konnte höchstens einen Schuss mit seinen Fingerknöcheln versuchen, aber selbst dafür musste er seine Hände in Position bringen, außerdem flogen die Knöchel langsamer als ein durchschnittliches Projektil und wenn er nicht aufpasste, verletzte er Tayuya dabei, und wenn der erste Schuss kein Volltreffer war … Deidara sah nicht so aus, als ob er irgendetwas tun würde. Ließ man die Tatsache außer Acht, dass er unbewaffnet war, so waren Tayuya und Sakon für ihn immer noch beide Feinde. Kimimaro verfluchte sich dafür, ihn nicht eingeweiht zu haben. Wobei Deidara wohl sowieso kein Verständnis aufgebracht hätte.

Blieb nur einer, der noch etwas tun konnte. „Lass sie gehen“, sagte Kimimaro erneut, um Zeit zu gewinnen. „Du kommst hier nie wieder lebend raus, allerdings könnte ich für eine zweite Geisel noch Verwendung haben.“

Sakon lachte laut auf. „Ich soll dein Mädchen gehen lassen? Wie viel ist sie dir denn wert? Würdest du für sie vor deinem früheren Untergebenen im Staub kriechen? Dann wirf dich hin – ich will deine Stirn gegen die Erde gedrückt sehen!“

Kimimaro schluckte. „Wenn du das tust, werde ich dich hassen!“, zischte Tayuya ihm zu.

Kimimaro tat es trotzdem. Er setzte einen beschwörenden Blick auf und begegnete ihrem funkensprühenden. Ich würde die halbe Stadt für dich ausrotten. Da ist mich auf den Boden zu werfen nichts dagegen. Er sank auf die Knie, ließ seine Schwerter fallen und presste die Stirn gegen den kühlen, weichen Untergrund. Sakon lachte genüsslich.

„Wunderbar. Wie schnell eine kleine Liebschaft unter Kollegen einen Mann niederreißen kann. Was meinst du, Sasuke? Der Kerl ist es nicht wert, eine coole Dämonenform wie wir zu besitzen, oder?“

Sasuke schwieg. Er stand reglos unter dem Torbogen und beobachtete nur das Schauspiel vor seinen Augen.

„Der Gute hat mit Orochimaru einen Handel geschlossen, weißt du, Kimimaro?“, fuhr Sakon gut gelaunt fort. „Du warst mal ein ganz annehmbarer Klang, aber Typen mit Talent gibt es zur Genüge, und Orochimaru kann jetzt sogar eigene Halbdämonen kreieren. Es wird also Zeit, dass du von deinem hohen Ross steigst, Kimimaro.“ Er musterte Kimimaros zusammengekauerte Gestalt. „Gefällt es dir auf dem Boden der Tatsachen? Ich werde dir noch eine Tatsache verklickern, damit du weißt, wo du stehst, ja? Ich werde deine verräterische Freundin abknallen, vor deinen Augen, und du kannst nichts dagegen tun!“

„Nein!“, keuchte Kimimaro und hob den Kopf, nur um zu sehen, wie sich Sakon Finger um den Abzug krümmte.

Ein Schuss hallte durch den Hof, begleitet von einem Echo, das irgendwie hohler und endgültiger klang als üblich. Irgendwo flatterten verschreckt Vögel auf. Blutspritzer erschienen wie hingezaubert auf einer der Wände. Sakon taumelte rückwärts. Erst sah es aus, als wollten seine Augen das Loch fixieren, das in seiner Stirn erschienen war. Dann ertönte ein zweiter Schuss, und auch zwischen seinem anderen Augenpaar öffnete sich eine rote Wunde. Sein Köpfe verformten sich, der eine verschwand, der andere verlor das dämonische Aussehen. Sakons Haut wurde blass, fast weiß, als er langsam hintenüberkippte und mit offenem Mund liegen blieb.

Kimimaro atmete zittrig aus. Der Gestank nach Schießpulver, an den er schon so gewöhnt war, drang ungewöhnlich scharf in seine Nase. Selbst die Farben, die er sah, wirkten auf einmal kräftiger. Tayuya stand wie erstarrt da, ehe sie langsam den Kopf wandte und zur Leiche des Klangs hinsah.

Ein überhebliches Schnauben. Es war Sasuke, der geschossen hatte. Seine Pistole rauchte in seiner Hand; in seinen schwarz verfärbten Augen glühte das Sharingan. „Du bist ein Idiot, wenn du geglaubt hast, ich würde mich einfach so Orochimaru anschließen, nur weil ich sein Versuchskaninchen spielen darf“, sagte er leise. „Oder wenn du geglaubt hast, ich hätte vergessen, wer meine Familie auf dem Gewissen hat. Für dich hab ich auch noch eine Kugel.“

Damit schoss er ein drittes Mal.

Kimimaro begriff erst nicht, was seine Augen ihm zeigen wollten. Sein Verstand weigerte sich zu sehen, wie die Kugel Tayuyas Stirn durchschlug. Langsam, wie in Zeitlupe, und immer noch ohne dass Kimimaro eine Reaktion zeigen konnte, sank sie hintenüber, den Mund leicht geöffnet, die Augen gefüllt mit einem fast teilnahmslosen Ausdruck. Ihr langes, rotes Haar breitete sich wie eine züngelnde Flamme um ihren Kopf aus.

Dann rutschte sie vollends von der Bank und schlug auf den Boden auf, und erst jetzt bestürmten Gedanken und Gefühle Kimimaro, mit einer Wucht, die einen berstenden Schrei aus seiner Kehle lockte. Er sprang auf die Beine, war mit wenigen großen Schritten bei ihr. Ein einzelnes, rotes Blütenblatt schien auf Tayuyas Stirn zu kleben. Ihre Augen starrten, aber Kimimaro wusste nicht, ob sie ihn noch erkannte. Er träumte doch, oder? Immer hatte er versucht, sich von ihr fernzuhalten, hatte gehofft, dass sie bei Orochimarus Missionen nicht vielleicht ihr Leben verlor … und nun? War er nun vielleicht sogar selbst für … das hier verantwortlich? Er weigerte sich anzuerkennen, dass sie tot sein sollte. Wie paralysiert strichen seine Finger über ihr Gesicht. Ihre Augen starrten immer noch.

Tränen stiegen in ihm hoch, ein Gefühl, das ihn in seiner Apathie erschreckte. Wie lange war es her, dass er zuletzt geweint hatte? Warum hätte er auch je einen Grund dafür haben sollen? Nun lag sie tot vor ihm.

Die erste Träne, die wie von selbst aus seinem Augenwinkel tropfte, brach den Damm. Er stieß ein wortloses Stöhnen aus und beugte sich über Tayuya, rüttelte sie an der Schulter, als könnte er sie aufwecken, schrie immer wieder ihren Namen. Feuer und eisige Kälte umtanzten einander in seinem Bauch, Hass und Panik und all die anderen Gefühle, die er, seit er ein Klang gewesen war, nie wieder gefühlt hatte.

Was war noch sein Ziel gewesen? Orochimaru zu stürzen und die Stadt zu befreien? Zum Teufel mit der Stadt!, schoss es ihm durch den Kopf. Ich will nur mit Tayuya zusammen sein!

Egal was er tat, Tayuya regte sich nicht mehr. Kein Laut, kein Wort des Abschieds war ihnen vergönnt gewesen. Kimimaro drückte seine Lippen ein letztes Mal auf ihre, während ihm Tränen über die Wangen liefen und jeder seiner Gesichtsmuskeln zuckte, als würde er platzen. Es war der schmerzhafteste Kuss seines ganzen Lebens. Er drückte fest Tayuyas leblose Hand.

Als er wieder den Kopf hob, war dieser unverständliche, erschreckende Fluss der Tränen versiegt. Kimimaro drehte sich um und fixierte Sasuke mit seinem Blick. Der frischgebackene Halbdämon stand immer noch unter dem Torbogen. In seinen Augen funkelte das Sharingan, das ihn als letztes überlebendes Mitglied einer bestimmten Mafia-Familie auszeichnete. „Jetzt darfst du meinetwegen das Sharingan-Symbol um ihre Leiche malen“, sagte Sasuke tonlos. „Damit wären wir fast Quitt.“

„Nein.“ Kimimaros Stimme war rau. Seine Knochen kribbelten, er spürte, wie sie sich von selbst ihren Weg durch seine Haut bohrten und ihn in einen Stachelpanzer hüllten. Er löste sein Verfluchtes Siegel. Wo das Antidemonicum seine Haut berührt hatte, brannte sie wie Feuer, doch der Schmerz war fast angenehm, reinigend. Er lenkte von einem ätzenden Brennen ab, das sich durch sein Herz fraß. Kraft flutete durch seine Adern. Noch nie hatte sich der Halbdämon so dämonisch gefühlt. „Quitt sind wir noch lange nicht.“

Fledermaus und Dinosaurier

„Das ist ja echt gut gesichert“, murmelte Naruto eingeschüchtert, als Jiroubu ihn durch den Tunnel führte.

Der Halbdämon hatte im Vorbeigehen ein Auto geknackt und sie waren bis vor Orochimarus Anwesen gefahren. Erst waren sie durch eine ruinenartige Slum-Landschaft gekommen. Vermutlich blieb nur den Ärmsten der Armen nichts anders übrig, als in direkter Nähe des gefährlichsten Ganoven der Stadt zu leben. Wolken waren vor die Sonne gezogen und ließen den Anblick noch trostloser wirken. Dann war ein Park vor ihnen aufgetaucht, in dem die Bäume sämtliche Blätter verloren hatten. Auf den Straßen standen Leute mit schweren Maschinenpistolen hinter Schranken; dazwischen gab es sogar Zäune, die an Panzersperren erinnerten. Sie wurden aufgehalten, aber als die Wächter Jiroubu erkannten, winkten sie sie weiter.

Orochimarus Bastion stand auf einem kleinen Hügel und wirkte in der Tat herrschaftlich. Sie war eine schmucke Villa in Gelb- und Ockertönen, mit zahllosen Fenstern und Balkönchen. Hier ließ es sich sicher gut leben. Rings um das Gebäude patrouillierten weitere Wachen, und Naruto meinte sogar automatische Geschütze zu sehen, die an den Erkern angebracht waren. Erst nahm er an, Jiroubu würde über den breiten Weg bis zum Haupteingang der Villa fahren, aber er umrundete den Hügel zur Hälfte und hielt vor einem massiven Tor, das direkt ins Erdreich zu führen schien. Wieder erwarteten sie Wächter in Tarnfarben, die ihre Waffen erst senkten, als Jiroubu aus dem Wagen stieg. Naruto folgte ihm.

Der Halbdämon tippte einen Zahlencode in ein kleines Kästchen, und das Tor öffnete sich. Vor ihnen erstreckte sich ein Tunnel aus Beton, an dessen Decke nun kalte Lampen aufflammten. „Hier lang“, brummte Jiroubu.

Der Tunnel endete irgendwann in einer Art Garage, in der schwarz glänzende Hummer und schnittige Motorräder standen. Eine stählerne Treppe schraubte sich daneben in die Höhe. Sie mussten nun direkt unter dem Anwesen sein. Der Beton wich irgendwann weißen Fliesen, und einige Türen später, vor denen Jiroubu seine Augen sogar in einen Iris-Scanner halten musste, kamen sie in einem dunklen Flur an, der mit Holz vertäfelt war. Naruto fiel die drückende Stille auf, die auf diesem Ort lag.

Jiroubu trat zu einer Tür auf der linken Seite und klopfte hart dagegen. Ein leises Herein ertönte, und sie betraten einen hübschen Gesellschaftsraum, vollendet eingerichtet mit einem prasselnden Kamin und einem weißen Tigerfell davor, bequemen Sesseln und einer kleinen Sitzecke mit einem riesigen Plasmaschirm. Dort saßen zwei Personen und tranken Tee.

Der eine musste Orochimaru sein. Naruto fiel auf, dass er ihn nie zuvor gesehen hatte. Er wusste nicht, wie er ihn sich vorgestellt hatte, aber ganz sicher nicht so. Die rechte Hand des Dämonenkönigs trug einen einfachen, weißen Frotteemantel. Seine bleiche Haut ließ ihn wie ein Gespenst wirken, und irgendwie verstärkte das lange, dunkle Haar diesen Eindruck noch. Er bedachte Naruto mit einem schlangenhaften Lächeln, doch dieser konnte ihm nicht mehr als eine kurze Musterung zollen, denn sein Blick wurde wie magisch von der zweiten Person angezogen.

Er kannte sie, auch wenn er sie lange nicht mehr gesehen hatte. „Was hat das zu bedeuten?“, fragte er mit belegter Stimme.

„Was meinst du? Sieht es nicht vollkommen logisch aus in deinen Augen?“, fragte Orochimaru. Seine Stimme klang unangenehm. Er lächelte immer noch. „Willkommen in meiner bescheidenen Residenz. Du musst Naruto sein.“

„Was wird hier eigentlich gespielt? Warum ist sie hier?“

„Ich bin wegen dir hier. Und du bist wegen mir hier, oder?“ Die alte Frau kicherte. Sie klang nicht etwa böse dabei, sondern eher, als würde sie sich tatsächlich köstlich amüsieren. Vielleicht war genau das von einer Hexe zu erwarten.

„Ihr habt uns warten lassen“, sagte Orochimaru unfreundlich zu Jiroubu. „Wo sind die anderen?“ Sein Schoßhund zuckte nur mit den Schultern.

„Erklärt mir jetzt endlich mal jemand, was das alles soll?“, rief Naruto gereizt. „Warum bist du hier, alte Hexe? Steckst du mit ihm unter einer Decke?“

Chiyo schenkte ihm ein mildes Lächeln. „Mein Lieber, du scheinst dein Temperament ja nicht verloren zu haben.“

„Antworte mir endlich! Ich lasse mich hier nicht länger verarschen, echt nicht!“

„Chiyo ist erst kürzlich in Akuma Gakure angekommen“, sagte Orochimaru. „Sie ist eine alte Bekannte von mir, nichts weiter. Aber sie hat mir von dir erzählt. Sie wusste, dass ich Interesse an dir habe. Allerdings wusste ich ja schon längst von dir, also habe ich ihr immerhin angeboten, so lange hierzubleiben, bis ich dich wahrhaftig in die Finger bekomme.“

„Und dein Gesicht war wirklich köstlich, gerade eben, Naruto.“ Die Hexe lachte ihr altes Lachen.

„Du hast ihm von deiner Prophezeiung und alledem erzählt?“, fragte Naruto. Er hatte ihr zwar nie getraut, nicht einmal in seinem Heimatdorf, aber er fühlte sich trotzdem hintergangen.

„Mein Lieber, es gab nie eine Prophezeiung. Nur einen mächtigen Dämon. Entschuldigt das nicht eine kleine Lüge?“

In Narutos Geist fügten sich die Puzzlestücke zusammen, aber er weigerte sich das Bild anzuerkennen, das sie ergaben. „Und das … das heißt …“

„Du wurdest gelinkt“, erklärte Orochimaru amüsiert. „Ich war schon lange auf der Suche nach einem Dämon, der es mit dem Dämonenkönig aufnehmen könnte. Chiyo wusste das und hat beschlossen, mir eine kleine Gefälligkeit unter Bekannten zu erweisen.“

Naruto starrte sie entgeistert an. „Du … du hast gesagt, ich würde hier in Akuma Gakure Antworten auf meine Fragen finden, und ich würde hier meine Bestimmung finden … Das hast du nur gesagt, um mich in Orochimarus Arme zu treiben?“

Chiyo gluckste. „Hast du denn keine Antworten erhalten? Kann es nicht deine Bestimmung sein, für den guten Orochimaru gegen den Dämonenkönig zu kämpfen?“

„Und genau dazu werden wir in Kürze kommen“, beschloss Orochimaru. „Kabuto und Zaku haben mir so viel von deinen Fähigkeiten erzählt, dass ich es kaum abwarten kann, sie mit eigenen Augen zu sehen.“

 

Mit der Gewalt eines Kanonenschusses prallten Sasuke und Kimimaro in ihren dämonischen Formen gegeneinander. Die Fledermaus gegen den Dinosaurier, zwei Urgewalten, geschürt durch dämonische Kraft.

Sasuke hatte sofort erkannt, dass seine Kugeln Kimimaros Knochenpanzer nicht durchdringen konnten, aber ihm standen nun schließlich ganz neue Möglichkeiten offen. Und Kimimaro seinerseits war der Nahkampf sowieso lieber.

Deidara sah erst gar nicht, wie genau sie aufeinandertrafen: Eine Staubwolke erhob sich an der Stelle, Gras und Erdbrocken segelten durch die Luft. Irgendwoher kam ein Windstoß, vielleicht ausgelöst durch ein Vakuum, und Deidara musste den Arm vor das Gesicht schlagen, um es vor Erdklumpen zu schützen.

Dann stießen sie auseinander wie zwei Billardkugeln. Sasuke schoss schräg in die Höhe, landete auf der einen Seite des Hofes auf dem Dach. Kimimaro sprang auf die andere und schoss noch im Flug seine Fingerknochen ab, denen Sasuke gekonnt auswich. Der Kerl war also einer der Sharingan-Familie? Deidara fluchte. Verdammt gut getäuscht, Kleiner. Sein Sharingan wäre ihm sicher schon bei mehr als einem ihrer gemeinsamen Abenteuer von Nutzen gewesen.

Kimimaro stieß einen wortlosen Schrei aus und überquerte den Hof zu seinen Füßen mit einem weiteren Sprung. Ein Speer und ein Schwert aus Knochen waren die Waffen, die er für den erneuten Zusammenprall gewählt hatte, außerdem ragten aus seiner Brust und seinem Rücken überall Knochenstacheln. Sasuke streckte eine Hand aus. Die Luft knisterte darum, wurde zu einem glühenden, elektrischen Ball, der ein Geräusch wie von einem Vogelschwarm von sich gab.

Kimimaro schleuderte sein Schwert, noch ehe er landete. Sasuke zerschlug es mit seiner blitzenden Hand in tausend Stücke und warf sich Kimimaro entgegen, der mit dem Speer ausholte – der sich plötzlich bog wie eine Peitschenschnur, sich um Sasukes Knöchel wickelte und ihn abwärts in den Hof riss. Deidara sprang hastig in Deckung. Das elektrische Etwas, das der Mafioso plötzlich heraufbeschwören konnte, explodierte und ließ Kubikmeter Erdreich aufspritzen.

Wie ein Raubvogel stürzte Kimimaro hinterher, aus seiner Handfläche spross ein neuer Stachel. Irgendwie schaffte es Sasuke, auch diesem Angriff zu entgehen, und war im nächsten Moment hinter Kimimaro – wo ihn ein Hieb des grauen Dinosaurierschwanzes traf und ihn von den Füßen riss. Sasuke überschlug sich in der Luft und landete auf den Füßen.

Deidara machte sich daran, den Innenhof eilig zu verlassen. Dämonen  zu bekämpfen war zwar seine Spezialität, und irgendwie hatte er das Gefühl, dass er eher Kimimaros Partner war als Sasukes. Aber im Moment hatte er nur eine vage Ahnung, warum die beiden überhaupt kämpften. Vielleicht war es das Beste, sie sich verausgaben zu lassen und dann weiterzusehen.

 

Sakura erreichte den zwölften Stock und war so fix und fertig, dass sie nicht einmal ihre Überraschung zum Ausdruck bringen konnte. Bevor sie sich an ihre Mission gemacht hatte, hatte sie sich mit Shikamaru diesen Treffpunkt vereinbart. Es war ein Bürogebäude mit zwölf Stockwerken, und der oberste Stock war ungenutzt und hatte zudem einen Besprechungsraum mit Glasfront. Von dort oben konnte man diesen Teil der Stadt gut überblicken. Es würde zwar nicht viel bringen, aber es war trotzdem die beste Wahl für Shikamaru gewesen, um einigermaßen nachzuverfolgen, wie die Dinge auf den Straßen standen.

Der Portier war ein Freund der Schattenwölfe, und somit hatte Sakura unbehelligt durch den Personaleingang spazieren dürfen. Blöderweise musste ausgerechnet heute der Aufzug streiken, und so durfte sie die zwölf Stockwerke zu Fuß erklimmen, um zu Shikamaru zu gelangen. Sie hatte erwartet, ihn allein anzutreffen, doch dem war nicht so.

Alle Schattenwölfe waren gekommen.

„Leute … was … tut ihr hier?“, keuchte sie, als sie einen Blick in die Runde warf. Nicht einmal Konohamaru fehlte.

Kiba grinste sie an. „Ich hab ja immerhin Naruto aufgenommen, oder? Da ist es das Mindeste, wenn wir ihm die Daumen drücken.“

„Wenn wir ihm schon nicht helfen, nett, wie wir sind, meinst du“, erwiderte Temari säuerlich.

„Ich bin sicher, die Kraft unserer Gedanken erreicht ihn!“, sagte Lee überzeugt.

„Wo auch immer er gerade ist …“, meinte Iruka und klang ein wenig besorgt. „Wir haben ihn aus den Augen verloren.“

Shikamaru saß in einem Ledersessel gleich am Fenster und schien vor sich hin zu brüten. Vielleicht dachte er darüber nach, ob sein Plan nicht doch Schwachstellen hatte.

„Ich habe mein Bestes getan“, sagte Sakura zu ihm. „Und ich bin mir sicher, Naruto wird auch sein Bestes tun. Das war seine Überzeugung. So war er schon, seit er hierhergekommen ist.“

„Wenn Orochimaru wirklich glaubt, dass Naruto den Dämonenkönig besiegen kann“, sagte Shikamaru so leise, dass nur Sakura es hören konnte, „dann hätte er im Prinzip dieselben Qualifikationen wie der Dämonenkönig selbst, diese Stadt zu regieren.“ Sakura schwieg, bis er weitersprach. „Ich frage mich, was für ein Ort das hier wohl wäre, wäre Naruto der Herrscher.“

 

„Du bist also der Meinung, ich könnte den Dämonenkönig besiegen“, sagte Naruto, der sich wieder gefasst hatte.

Orochimaru lächelte. „Ich sehe da zumindest ein gewisses Potenzial in der dir.“

„Und wenn ich das für dich tue? Was dann? Willst du ihn einfach nur stürzen, weil er mächtiger ist also du?“

Orochimarus Miene veränderte sich minimal. „Das ist ein ziemlich einfacher Weg, es zu sagen. Solange ich nur die rechte Hand des Herrschers bin, bin ich nicht wirklich der Herrscher, meinst du nicht auch?“

„Aber du bist so gut wie der Herrscher von Akuma Gakure“, meinte Naruto. „Alle reden davon, dass der Dämonenkönig sich nicht um weltliche Dinge kümmert.“

„Das mag im Großen und Ganzen stimmen“, gab ihm Orochimaru recht. „Allerdings, wenn er eines Tages beschließt, einen Graben durch die Stadt zu ziehen, alle Menschen zu töten oder meine Villa abzureißen … Dann hätte ich ihm nichts entgegenzusetzen.“ Der Gangsterboss grinste dreckig. „So gut wie heißt eben nicht ganz. Dieser kleine Unterschied kann unter Umständen beträchtliches Gewicht haben.“

„Ihr mächtigen Leute und eure Machtgier“, murmelte Naruto voller Abscheu. „Und was ist mit mir? Wenn ich so mächtig bin, wie du glaubst, wie willst du dann mir etwas entgegenzusetzen haben?“

Orochimaru lachte krächzend. Er überschlug die Beine und faltete geschäftsmännisch die Hände. „Mit dir kann man reden. Du bist der Welt mehr zugewandt. Einfach gesagt, du hast noch Werte. Dinge, die du bewahren willst … oder beschützen.“

Naruto spürte, wie ein Schauer ihm mit kalten Spinnenbeinen über den Rücken lief. Meinte er etwa …?

„Ich bin bereit, die halbe Stadt zu opfern, inklusiver ihrer Bewohner, um die vollkommene Herrschaft über den Rest zu erlangen“, legte Orochimaru mit einem triumphierenden Grinsen fest. „Ich frage mich, in welcher Hälfte deine Freunde sind – oder all die Bekannten, die du während deines Aufenthalts in dieser verfluchten Stadt getroffen hast und nicht verlieren willst. Vielleicht legst du sogar Wert auf das Leben Fremder, Unschuldiger.“

Naruto biss die Zähne zusammen und ballte die Fäuste. Das Kochen in seinem Blut war wieder da.

„Hasst du mich?“, erkundigte sich Orochimaru amüsiert. „Sehr schön. Die meisten tun das schon ihr ganzes Leben lang, also müssen sie von Zeit zu Zeit daran erinnert werden. Oder man muss etwas tun, das ihren Hass intensiviert. Hass kann ein starker Motivator sein. Er kann in einem die dämonische Seite zum Vorschein bringen.“ Orochimaru beugte sich vor. „Und in deinem Fall wäre das ein wunderbarer erster Schritt, um dich gegen den Dämonenkönig kämpfen zu lassen.“

„Da gibt es nur … ein Problem“, brachte Naruto zwischen zusammengebissenen Kiefer hervor. Er spürte, wie er zitterte. „Wenn ich den Dämon herauslasse, gehorcht er nicht einmal mir. Geschweige denn, dir mit deinen Drohungen.“ Orochimarus Augen wurden eine Winzigkeit schmäler, aber allein das war ein Triumph für Naruto.

Was nichts daran änderte, dass er recht hatte. Naruto fürchtete den Ausbruch seines Ungeheuers nach wie vor.

 

Kimimaros Knochenpeitsche zertrümmerte die Häuserfront in einer geraden Linie. Glassplitter regneten davon, Fensterrahmen barsten, Blumentöpfe zersprangen, Verputz bröckelte ab und bildete Etagen tiefer kleine Schutthaufen.

Sasuke stand knapp darüber waagrecht auf der Hauswand, als hätte er Saugnäpfe an den Füßen. Zehn Finger- und zehn Zehenknöchel bohrten sich dorthin, wo er stand – ein kräftiges Schütteln von Sasukes Flügeln brachte sie weit genug aus der der Flugbahn, dass er sich nur minimal bewegen musste, ihm ihnen zu entgehen.

Erneut knisterte es in Sasukes Hand, und er stürzte sich auf Kimimaro, der auf dem Dach des benachbarten Hauses stand. Der erwartete ihn grimmig. Als Sasukes Faust fast seinen Kopf erreichte, schlug er seinerseits zu – aus seinem Arm bohrten sich gleich ein halbes Dutzend Stacheln, spießten Sasukes Hand regelrecht auf. Sein Blut schimmerte hellrot im blitzenden Licht; die elektrische Kugel war nahe genug, dass Kimimaro die einzelnen Blitze wie Feuerstreifen auf der Haut spürte.

Sasukes Anprall ließ die beiden meterweit über das Dach schlittern. Schindeln brachen unter Kimimaros Füßen, andere fielen einfach hinunter. Knurrend stemmte der Halbdämon sich entgegen. „Warum?“, spie er Sasuke entgegen, dessen konzentrierte Miene direkt vor seinem Gesicht lag. Kimimaro ließ seine andere Hand zu einem riesigen Knochen werden, gedrillt wie ein Schneckenhaus, und stieß nach Sasukes Brustkorb. Der nutzte seine Flügel und katapultierte sich in die Höhe, außer Reichweite – doch Kimimaro hatte mit damit gerechnet. Er lockerte drei der Knochen in seinem anderen Arm und schleuderte sie mit einer raschen Bewegung Sasuke hinterher. Blitzend scharf wie Klingen erwischten sie den Mafioso, schlitzten seine Flügel und seine Seite auf.

„Du hattest keinen Grund, sie umzubringen!“ schrie Kimimaro ihm hinterher und schoss erneut seine Fingerknöchel ab.

Sasuke ließ sich fallen, landete nicht mehr ganz so elegant wie zuvor auf der Straße zwischen den Dächern. Kimimaro fackelte nicht lange, sondern warf sich ihm hinterher, stürzte sich vier Stockwerke in die Tiefe und rannte dabei noch an der Hauswand hinunter. Erneut prallten sie zusammen, bleiche Knochen glitzerten im elektrischen Schein, kleine Fragmente davon wurden durch Sasukes Kräfte fortgerissen. Kimimaro spürte die Schmerzen, die das Antidemonicum verursachte, wieder. Es fühlte sich an, als würde ihm eine ätzende Säure das Gesicht bis auf den blanken Schädel wegfressen. Er fragte sich, was für eine Fratze Sasuke wohl gerade entgegenblickte. Es stank nach verbranntem Fleisch und Haaren.

Sasuke, der seine Stromkugel eben gegen Kimimaros Knochenspirale drückte, gewann Millimeter für Millimeter an Boden. Kimimaro änderte die Anordnung der Spirale so, dass daraus ein Schild wurde, und legte noch eine Schicht nach. Sasuke erkannte, dass er so nicht durchkam, und als er sich mit einem neuerlichen Stachel aus Kimimaros Schulter konfrontiert sah, drückte er seine Hand tiefer, bis Schild und Stromkugel den Asphalt berührten.

Es krachte und qualmte, Asphaltkörner schlugen Kimimaro in sein verätztes Gesicht, sodass er aufschrie. Ein Fuß traf seine Brust, schrammte gegen seine aufgerichteten Knochen und schleuderte ihn über die Straße.

Verbissen kämpfte sich der Halbdämon wieder in die Höhe. In einem rauchenden Krater stand Sasuke und sah ihn verächtlich an. „Du hast die Ehre meiner Familie beschmutzt“, sagte er kalt und trat einen Schritt auf Kimimaro zu. „Du hast um deine Opfer unser Zeichen gemalt, um Orochimaru gegen uns aufzuhetzen. Deinetwegen …“  Noch ein Schritt. „Deinetwegen hat Orochimaru geglaubt, wir stecken mit dir unter einer Decke.“ Noch einer. „Deinetwegen haben die Klänge die Sharingan-Familie ausgelöscht! Alles nur deinetwegen!“ Er stürmte los.

Der Zusammenprall war diesmal so hart, dass Kimimaro die Luft wegblieb.  Er donnerte mit dem Rücken gegen die Hauswand. Hinter ihm explodierten Ziegel und Mörtel und Holz. Der Schmerz in seinem Gesicht ließ plötzlich nach.

„Ich habe dich nur so lange in Frieden gelassen, um etwas zu finden, das ich dir wegnehmen kann“, knurrte Sasuke.

Blut lief von seiner Hüfte, wo Kimimaros Knochenstachel ihn aufgeschlitzt hatte. Langsam breitete es sich auf dem Boden aus. „Jetzt hast du vielleicht einen Schmerz erlebt, der mit meinem vergleichbar ist“, sagte Sasuke leise.

Kimimaro verstand ihn kaum. Seine Sicht verschwamm, nur das Rot von Sasukes Blut schien heller zu leuchten. Hellrot. Er fragte sich, warum er sich nicht bewegen konnte.

Dann erst erkannte er, warum der Schmerz in seinem verbrannten Gesicht abflaute. Es war, weil ein anderer Schmerz ihn übertünchte.

Aus seinem Rücken ragte Sasukes grell blitzende Faust.

Auge in Auge, Zahn um Zahn

Viel fehlte nicht mehr, und man hätte die Fahrzeuge getrost als Panzer bezeichnen können. Sie bestanden aus Metall- und Aluminiumteilen und waren unter der Fassade aus weiß besprühten Materialien und den Waffen darauf, die sie wie Insekten wirken ließen, vermutlich einmal einfache Jeeps gewesen. Momentan saßen Männer und Frauen mit Gasmasken und Kevlarrüstungen auf den Ladeflächen, bewaffnet mit den modernsten Maschinenpistolen, die der Markt zu bieten hatte. Offenbar waren sie eher für den Gebirgseinsatz konzipiert gewesen, denn niemand hatte sich die Mühe gemacht, die metallenen Spikes von den Reifen abzumontieren. Sie klapperten laut schrecklich laut auf den  Straßen.

Ansonsten war das Aufgebot eher bescheiden. Jedenfalls waren es nicht genügend Fahrzeuge und Leute, um sie als Armee gelten zu lassen, auch wenn sie das vielleicht beabsichtigten. Und auch nicht, um Deidara zu beindrucken, versteht sich.

„Ihr kommt ja ziemlich spät, hm“, sagte er laut, während er im Angesicht der Gatlingrohre die Hände hinter den Kopf hob. „Dabei muss ich sagen, dass ich euch gar nicht vermisst habe.“ Insgeheim fragte er sich, ob er mit Kakuzus Essenz eine Chance auf Flucht oder sogar Kampf gehabt hätte. Dummerweise war die Wirkung schon lange abgeklungen – oder klugerweise, je nachdem.

Eine Frau in schnittiger Rüstung stieg aus einem der etwa fünfzehn Fahrzeuge, hakte ihre Maschinenpistole an ihren Gürtel und nahm den Helm ab. Dunkles Haar fiel ihr bis in den Nacken, und Augen wie Onyxe musterten Deidara. „Täusche ich mich, oder kennen wir uns?“

Deidara grinste sie an. „Wir haben uns leider nicht so gut kennengelernt, wie ich vorgehabt hatte, hm.“

„Richtig“, sagte Anko abfällig. „Du warst der Versager aus den Bergen.“

Deidara klappte beleidigt den Mund auf. „Jetzt bin ich also schon ein Versager, ja? Ich frage mich, wer hier wen ausgetrickst hat.“ Das zweimal verkniff er sich gerade so. Er musste ja nicht unbedingt überall herumerzählen, dass die Schattenwölfe eine Dämonenessenz knapp an der Nase der Weißen Richter vorbeigeschmuggelt hatten.

„Und wer duckt sich jetzt vor wem auf der Straße und hofft, nicht einfach an Ort und Stelle erschossen zu werden?“ Anko ließ eine Augenbraue hochwandern.

Deidara schaffte es trotzdem, ein Grinsen auf sein Gesicht zu zaubern. „Zufall, würde ich sagen, hm. Ihr seid doch sicher nicht wegen mir hier. Aber vielleicht weiß ich was, das nützlich für euch ist. Im Gegenzug sagt ihr mir, ob ihr wirklich solche Geräte habt, die dämonische Energie messen können.“

„So etwas hätten wir hier gar nicht erst gebraucht“, meinte sie säuerlich und umging somit seine Frage. „In diesem Stadtteil wurden seit heute Morgen so viele Randalen gemeldet wie noch nie – und dabei ist die Tatsache, dass das hier Orochimarus Gebiet ist, noch außen vor gelassen.“

„Apropos, fürchtet ihr euch nicht, hier vor der Höhle der Schlange herumzutanzen?“, neckte er sie.

„Die Weißen Richter fürchten sich vor keinen Menschen. Und selbst Dämonen exterminieren sie.“ Die Frau war hart. „Großflächige Verwüstung, Beschädigungen der Straßen und Gebäude an mehreren Stellen gleichzeitig, Augenzeugen, die von dämonischen Aktivitäten berichten. Und von den Klängen. Wir nehmen an, dass selbige heute mal wieder ausgeflogen sind – und sich auf verschiedenen Positionen befinden. Und was ist deine Meinung dazu, Dämonenjäger?“

Deidara grinste. „Ihr seid ziemlich langsam. Von den Klängen lebt höchstens noch einer. Der Dicke. Lass mich raten, ihr habt euch gesagt, fahren wir doch mal mit schwerem Geschütz in die Gegend und versuchen wir, einen der Klänge allein zu erwischen. Tja, was glaubt ihr, wer die überhaupt erst getrennt hat? Und wer, nebenbei bemerkt, einen von ihnen auf dem Gewissen hat, hm?“

„Beeindruckend“, schmunzelte sie, gänzlich unbeeindruckt. „Falls du damit überhaupt dich selbst meinst. Warum glaubst du nur immer, wir müssten uns irgendwie miteinander messen?“

„Irgendwie muss ich ja auf meine Kosten kommen“, erklärte er. „Wenn du mir schon alle anderen Optionen streichst, hm.“

Anko zog einen Mundwinkel hoch und trat etwas näher. „Was, wenn ich dir sage, dass du mich nur beeindrucken willst?“

Beeindrucken wollte ich dich auf andere Weise. Ich wiederhole mich, du bist selbst schuld, es abgelehnt zu haben.“

„Ich bin sicher, du gehst im Bett ab wie eine Granate“, sagte sie. Deidara grinste. „So schnell, dass man dich am liebsten wegwerfen will.“, fuhr sie fort und lachte, als sie seinen Blick sah. Mit geübten Fingern zündete sie sich eine Zigarette an. „Mach schon, rauf auf das Fahrzeug da. Keine Dummheiten und brav sein. Nach allem, was wir wissen, wird immer noch irgendwo hier gekämpft. Du zeigst uns den Weg.“

Deidara hob seufzend die Arme und machte sich daran, auf die Ladefläche des Jeeps zu klettern. Dass ihm dort drei Gewehrläufe und ein Gatlingrohr dabei zusahen, war nicht gerade beruhigend. Aber immerhin würde er nicht unter die spikebesetzten Räder kommen.

„Übrigens“, sagte Anko noch zu ihm, als ehe sie wieder einstieg. Sie grinste schief. „Mit kurzen Haaren siehst du echt besser aus.“

 

„Ich glaube, dir bleibt selbst nur eine Wahl“, sagte Naruto zähneknirschend. Tatsächlich drängte das brodelnde Feuer in seinem Bauch hoch wie Galle. All seine Muskeln kribbelten. Man hatte ihn verraten. Verkauft. Und die ganze Stadt war in Gefahr. Orochimaru sah ihn fragend an.

„Bring mich vor den Dämonenkönig, bevor es zu spät ist“, sagte Naruto. „Wenn ich meinen Dämon herauslasse, dann stürze ich mich sicher auf ihn. Aber wenn ich dir hier und jetzt meine Kraft demonstrieren soll, dann könnte es sein, dass wir alle tot sind, ehe wir zu ihm kommen, echt jetzt.“

Orochimaru lehnte sich zurück und studierte die Decke, als bemerkte er Narutos inneren Kampf gar nicht. Immerhin, die alte Chiyo sah etwas mitfühlend aus. Dämliche Hexe, am liebsten würde er ihr die Eingeweide herausreißen und … Naruto schüttelte den Kopf, um die Gedanken loszuwerden. Sie waren nicht etwa giftig – sie waren scharf und heiß wie Magma.

„Tja, was machen wir da?“, sinnierte Orochimaru. „Wenn ich dich auf den Dämonenkönig loslasse, gehe ich ein großes Risiko ein.  Wenn du dich als zu schwach erweisen solltest, wird er mich einen Verräter nennen. Nein, da ist es besser, für immer die rechte Hand zu bleiben.“ „Verdammter Feigling …“, zischte Naruto. „Versteck dich doch einmal … nicht hinter deinen Leuten und Dämonen …“ Sag noch ein falsches Wort, bitte, sag irgendetwas, das mich befreit, damit ich deinen Schlangenschädel zerschmettern kann …

Orochimaru hörte ihm gar nicht zu. „Ich habe bereits eine neue Idee, wie ich meinen Einfluss maximieren könnte. Einer deiner Freunde testet im Moment ein Mittel für mich aus, das aus einem Menschen einen Dämon macht. Wenn ich das weit genug entwickle und meinen Untermännern injiziere …“

Es wird niemals reichen. An uns kommt es nicht heran.“ Naruto erschrak, als er sich diese Worte knurren hörte. Sein Dämon war viel zu lange unterdrückt worden. Die Essenz, die er sich einverleibt hatte, hatte das Biest wohl hungrig gemacht wie einen Bluthund.

„Ich werde es auf einen Versuch ankommen lassen. Es ist weniger riskant als das, was du vorschlägst.“ Orochimaru machte eine wegwerfende Handbewegung. „Chiyo, es tut mir leid, dass ich für dein Geschenk doch nicht so gut Verwendung habe. Dass er seinen Dämon immer noch nicht kontrollieren kann, ist hinderlich. Jiroubu, mach ihn kalt.“

Naruto spannte alle Muskeln an. Nur mit Gewalt gelang es ihm, den Dämon noch im Zaum zu halten … Orochimaru würde vielleicht nicht die halbe Stadt verwüsten, ganz einfach weil Naruto es ihm nicht wert war, aber nun war es sein eigener Überlebensinstinkt, der gegen seine menschliche Seite ankämpfte. Merkwürdigerweise war der Drang nun sogar weniger stark als zuvor. Naruto wusste gar nicht, warum er seiner schwarzen Seite immer noch trotzte. Vermutlich einfach aus Gewohnheit.

Er wartete auf einen Schuss aus Jiroubus Flinte. Kakuzus Essenz würde ihn nun nicht mehr schützen. Nein, er würde das Tier in ihm entfesseln. Warum zögerte er? Hatte er solche Angst davor? Er würde immerhin Orochimaru mit in den Tod reißen!

Und anschließend bist du nie wieder derselbe … Naruto schluckte.  Hoffentlich nahm Jiroubu ihm bald die Entscheidung ab. Als Dämon leben oder als Mensch sterben, was sollte es sein?

Doch Jiroubu rührte keinen Finger. Naruto brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass er nicht etwa mit ihm spielte oder aus Mitgefühl zögerte. Für beides schien der dicke Halbdämon nicht der richtige Typ zu sein.

Langsam wandte Naruto den Kopf nach ihm um. Jiroubu starrte in eine ganz andere Richtung, nämlich zur Tür hinaus in den Gang des Anwesens. Und ohne dass Naruto es gemerkt hatte, war über den Raum eine drückende Stille gekommen. Selbst Orochimaru zögerte, seinen Befehl zu wiederholen. Alle sahen sie zur Tür hinaus, und zu der Gestalt, die dort stand.

„Du?“, murmelte Naruto.

 

„Es ist wieder ruhiger“, stellte Sora fest. Die Schattenwölfe hatten sich entlang der Fensterwand aufgestellt, um die Geschehnisse draußen zu verfolgen. Genauer gesagt, sie hatten versucht zu begreifen, was da vorging. Zweifellos hatte jemand auf den Dächern gekämpft, und Sakura hatte den Eindruck gehabt, es könnte sich bei einem der Kontrahenten um Kimimaro handeln, aber wegen der Entfernung konnte sie nicht sicher sein. Nun war es plötzlich ruhig dort unten geworden. Vielleicht würde in den nächsten Sekunden die nächste Staubwolke aufwallen, und darauf warteten alle gebannt. Sakura sah immer wieder zu dem Hügel hinüber, der im Licht der nachmittäglichen Sonne als Schemen zu erkennen war, und darauf stand Orochimarus Anwesen, das Ziel der Operation. Ob sich dort auch bald etwas tun würde? Vielleicht war der Plan ja gescheitert … Shikamaru schien ihre Befürchtungen zu teilen. Jedenfalls wirkte er mit jeder Sekunde grüblerischer und schweigsamer. Da knackte sein Funkgerät. „Ausguck an Kapitän, bitte kommen“, knarzte Choujis Stimme in die Stille, die sich auf die Schattenwölfe gesenkt hatte.

„Hier Kapitän. Was gibt es? Kommen“, meldete sich Shikamaru.

Chouji war auf das Dach geklettert und behielt die andere Seite der Stadt um Auge. Sakura war gespannt, was er berichten würde – so sehr gespannt, dass ein mulmiges Gefühl ihre Magengegend heimsuchte. Die Anspannung und Anstrengung des Tages zerrte an ihren Nerven. Sie fühlte sich kränklich.

„Da kommt jemand oder etwas die Straßen entlang“, sagte Chouji. „Ich habe mindestens dreizehn Fahrzeuge gezählt, und die sind sicher nicht für den normalen Verkehr gedacht. Wenn, dann für eine Militäroperation. Kommen.“

„Sind es die Weißen Richter? Was meinst du? Kommen.“

„Ich kann mir nicht vorstellen, wer es sonst sein sollte. Kommen.“

„Hoffentlich sind die da unten bald mit Kämpfen fertig. Die Weißen Richter machen sicher keinen Unterschied zwischen Kimimaro, Naruto und den Klängen“, murmelte Shikamaru, mehr an sich gewandt.

Das mulmige Gefühl in Sakuras Magengrube verstärkte sich.

 

Heißes Blut drängte sich Kimimaros Kehle hoch und quoll über seine Lippen.  Das war es also gewesen …

„Du hättest dich besser nicht mit uns angelegt“, zischte Sasuke in sein Ohr. Auch er atmete schwer. Die Wunde, die Kimimaro ihm noch zugefügt hatte, musste sogar ihm zu schaffen machen. Was auch immer Orochimaru ihm verabreicht hatte, sobald es seine Wirkung verlor, war er wieder ein gewöhnlicher Mensch, der eine Menge Blut verloren hatte.

Kimimaro schaffte es wieder, sich zu bewegen. Er packte Sasukes Arm, der seinen Leib immer noch durchbohrte, und lehnte sich schwer gegen ihn. Das elektrische Knistern um Sasukes Faust war verschwunden. Zurück blieben nur Leere, Schmerz und ein sicherer Tod.

Sasuke ließ sich fast ohne Widerstand zurückdrücken. Kimimaro verzog das Gesicht vor Schmerz, doch er drängte Sasuke weiter und weiter zur Straßenmitte. Was wehrte er sich überhaupt noch? Tayuya war tot. Die Welt hatte ihren Sinn verloren. Sasuke verdoppelte sich vor Kimimaros Augen. Erst hielt er das für eine neuerliche Fähigkeit, bis er erkannte, dass seine Sinne an der Kante der Ausfalls waren. Zwei graue Gesichter umkreisten einander, rote Sharingan-Augen bohrten sich in Kimimaros.

Diese Augen … Hätte er sie nur schon früher gezeigt … Wäre er nur nie ein Mitglied dieser Sharingan-Bande gewesen … Kimimaro hatte Sasuke nie als Freund gesehen, aber er war ein fähiger Partner gewesen. Dass sie einander hier bekämpft hatten, war nichts anderes als ein Fehler, der Orochimaru in die Hände spielte.

Orochimaru … Die Stadt gehörte immer noch ihm. Nach all den Strapazen hatte Kimimaro nichts erreicht. Ein halbes Jahr im Exil, voll vom Pläneschmieden … umsonst. Verraucht, geschmolzen wie Schnee im Frühjahr. Und Tayuya … ebenso. Eine Figur aus kristallinem Eis, so schön und kalt und schmerzhaft zu umarmen. Auch sie war von den gnadenlosen Strahlen der Sonne geschmolzen worden.

Während Blut über sein Kinn lief und seine Kleidung sich mit nassem Rot vollsog, fielen Tränen aus Kimimaros Augen, hängten sich an seine Wimpern und ließen Sasukes Gesicht noch mehr verschwimmen.

Orochimaru hielt Akuma Gakure nach wie vor umklammert, und daran ließ sich nichts ändern. Es spielte keine Rolle mehr.

Oder vielleicht änderte sich doch etwas. Vielleicht lebte Naruto wie durch ein Wunder noch. Es war seltsam, alle Hoffnungen in ihn zu setzen, aber er war von Anfang an Kimimaros Trumpfkarte gewesen. Vielleicht konnte er den Plan allen Widrigkeiten zum Trotz noch ausführen. Aber auch das spielte keine Rolle mehr.

Während er den kraftlosen Sasuke weiter über die Straße schob, zeigte sich in seinem rotgeränderten Tunnelblick plötzlich ein höhnisches Lächeln. „Was glaubst du, wie schwach ich bin? Sieh mal, meine Wund heilt bereits. Kann man von deiner nicht sagen, oder? Es wundert mich, dass du noch aufrecht stehen kannst.“

Kimimaro wollte antworten, aber nur ein Schwall Blut kam über seine Lippen. Er stand wohl nur deshalb noch aufrecht, weil er gegen Sasuke lehnte. Und er merkte nun auch, dass er Sasuke nicht etwa über die Straße schob, sondern von ihm gezogen wurde.

„Du wirst gefälligst auf offener Straße sterben“, knurrte Sasuke in sein Ohr. „Nicht an der Hauswand wie ein Obdachloser. Stirb gefälligst hier, genau hier, wo morgen früh wieder die Leute mit ihren Autos vorbeifahren und einen Blick auf dich werfen können.“ Er lachte bitter. „Und ich werde um deine Leiche herum das Sharingan-Zeichen malen, damit es seine Richtigkeit hat!“

Ein Stromschlag traf Kimimaro, aber es fühlte sich gedämpft an, es kribbelte nur so, als wären seine Glieder eingeschlafen. Sasukes Arm flammte wieder in blauem Licht auf, dann schleuderte er Kimimaro regelrecht von sich. Der Halbdämon spürte, wie sein geschundener Körper weiter zerfetzt wurde, dann rollte er über den Asphalt, glitt über eine scharfe Kante und rutschte in den Krater, den Sasukes Stromexplosion vorhin in die Straße gerissen hatte.

„Hier ist es gut.“ Sasuke ragte über ihm Er setzte seinen Fuß auf Kimimaros Brust. „Hier haben wir sogar ein Grab für dich. Wie lange werden deine Knochen wohl dem Zahn der Zeit widerstehen?“

Es spielte keine Rolle, wenn er jetzt starb. Damit hatte Kimimaro sich abgefunden. Sasuke wollte sein Ende wohl so rituell wie möglich gestalten. Wollte er immer noch seine Rachegelüste befriedigen oder Kimimaro einfach nur demütigen? Für ihn selbst spielte es keine Rolle mehr.

„Du bist ganz schön zäh“, murmelte Sasuke. Er hob seine Hand, aus der immer noch blaue Funken sprühten. „Selbst ein Halbdämon wie du sollte sterben, wenn ich sein Herz durchbohre.“

„Das hast du … bereits getan …“, seufzte Kimimaro. Er wollte den Fuß auf seiner schmerzenden Brust packen, aber seine Hand fiel einfach wieder zu Boden. Die Erde schmerzte in seinen Wunden. Sein Blut ließ sie bereits klumpig werden. Aus halb geöffneten Augen sah er, dass die Wunde in Sasukes Seite sich tatsächlich schon wieder geschlossen hatte. Sie war wohl nur halb so schlimm gewesen, wie er zuerst angenommen hatte.

Doch das spielte ebenfalls keine Rolle mehr.

„Ich beende hiermit meine Mission“, verkündete Sasuke, klang dabei aber nur müde. „Vergiss im Jenseits nicht, dass dich es die Sharingan-Familie war, die dich liquidiert hat.“ Er hob die blitzende Hand.

Kimimaro biss die Zähne zusammen und stieß seinen Atem aus. Alles, was er noch an dämonischer Kraft hatte, leitete er in seine Arm- und Rückenknochen. Unterhalb von seiner Brust war sein Körper bereits völlig taub.

Er spürte das Erdreich unter sich knirschen, als er alles, was seine halbdämonische Essenz ausmachte, in seinen letzten Angriff legte. Wie eine Bärenfalle sprossen rund um ihn und Sasuke herum Knochenspeere, und wie eine Bärenfalle schnappten sie zu, durchbohrten Sasuke an einem halben Dutzend Stellen. Der Mafioso brachte noch ein erstauntes „Uff“ heraus, dann grub sich ein letzter, dicker Stachel aus dem Erdreich und spießte ihn endgültig auf.

Sasukes Augen verloren ihren Glanz, noch ehe Kimimaro die seinen für immer schloss. Nicht einmal das spielte noch eine Rolle.

Sie würden hier verbleiben, ganz wie Sasuke es für Kimimaro gewollt hatte: Der Jäger und seine Beute, für immer an Ort und Stelle gehalten von stahlharten Knochen, und die Zuschauer würden selbst beurteilen müssen, wer in diesem abstrakten Kunstwerk nun der Jäger und wer die Beute war.

Nichts davon spielte noch irgendeine Rolle. Kimimaros allerletzter Gedanke galt Tayuya, für etwas anderes war kein Platz.

Die Ahnherren der Dämonen

In der Tür stand ein Junge mit blutrotem, kurzem Haar. Seine leblosen Augen schienen alle vier Personen in dem Zimmer gleichzeitig und doch keinen von ihnen zu mustern. Er trug einen maßgeschneiderten, edlen Anzug, doch sein Kragen war umgeschlagen, sein Hemd hing ihm zum Teil aus der Hose und die Bänder seiner teuren Lackschuhe baumelten lose von seinen Füßen.

Naruto erkannte ihn wieder. Er hatte plötzlich wieder jenen furchtbaren Abend vor Augen, an dem er in der dunklen Seitengasse zu sich gekommen war, von Blut und Regen durchnässt, nachdem der Dämon die Kontrolle über ihn übernommen hatte. An dem Tag hatte er zum ersten Mal in diese toten Augen geblickt. Was hatte der Junge noch zu ihm gesagt? Die Erinnerung daran war verwaschen, er erinnerte sich noch genau an die Stimme, sogar an die Worte … aber irgendwie ergaben sie keinen Sinn. Oder aber, sein Verstand weigerte sich einfach, sie zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzusetzen, denn Orochimarus nächste Worte erschreckten ihn zutiefst.

„Welch eine Ehre, dass Ihr uns besucht, Meister.“

Naruto fuhr zu ihm herum. Orochimaru hatte sein Grinsen nicht eingebüßt, aber ein Schweißtropfen glitzerte auf seiner blassen Wange.

Und dann ertönte die emotionslose Stimme des Jungen, die Naruto aus seiner Erinnerung noch so gut kannte und die ihm aus irgendeinem Grund die Nackenhaare aufrichtete.

„Orochimaru. Du wirkst überrascht.“

„Ein wenig“, räumte der Gangsterboss ein. „Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Ihr hier sein würdet.“

Naruto schwindelte. Dass Orochimaru so respektvoll mit diesem Jungen sprach … es schien geradezu absurd. Und wäre Orochimaru nicht ein bloßer Mensch gewesen … Nein, auch das stimmte nicht. Man hörte deutlich heraus, wie schwer es ihm fiel, vor dem Jungen zu katzbuckeln. Wäre er annähernd mächtiger gewesen, hätte er ihre Rollen liebend gern vertauscht. Naruto wusste längst, wer der Junge war.

„Hast du etwa geglaubt, du könntest einen von meinem Blute in dein Anwesen schmuggeln, ohne dass ich es spüre?“

„Ich habe mir wenig dabei gedacht“, meinte Orochimaru. „Hätte ich Euch über sein Kommen informieren sollen?“

Der Junge schüttelte den Kopf und fixierte Naruto mit seinem Blick. „Nun bin ich ja hier. Und er auch.“

„Ähm …“, machte Naruto. „Was soll das heißen, von deinem Blute?“

Der Junge schwieg eine Weile. Dann sagte er: „Ich sagte es dir doch bei unserer ersten Begegnung. Wir sind einander ähnlich. So ähnlich, wie sich eineiige Zwillinge unter Menschen sind, genauso ähnlich sind unsere Bestien einander. Sie … Wir sind Geschwister.“

„Jiroubu“, sagte Orochimaru spröde. „Steh nicht nur herum, sondern bring dem König eine Erfrischung.“

Der Halbdämon wollte davoneilen, aber der Rotschopf stoppte ihn mit einer Handbewegung. „Du wolltest ihn benutzen, um mich zu töten, Orochimaru“, stellte er fest, klang dabei aber kein bisschen brüskiert.

„Es beschämt mich, dass ich Euch Grund gebe, mir zu misstrauen“, sagte Orochimaru. „Ich habe die Stadt in Eurem Namen immer gut verwaltet.“

„Das hast du. Du hast immer genau das getan, was ich wollte. Selbst jetzt.“

Naruto zwang sich, dem Blick des anderen standzuhalten. „Also bist du wirklich …?“

Der Junge nickte. Er hatte noch kein einziges Mal geblinzelt. Seine Pupillen waren blassgrün. „Du kannst mich Gaara nennen. Man kennt mich in Akuma Gakure aber eigentlich nur unter der Bezeichnung Dämonenkönig.

Naruto schluckte. Das war er also, der Feind, gegen den er seine ganzen Kräfte richten sollte. Das Monster, das die Stadt knechtete und Orochimaru unverdiente Macht über das Schicksal ihrer Bewohner verlieh. Kimimaros finales Ziel.

„Ich spüre, dass du mit mir kämpfen willst“, sagte Gaara und legte den Kopf schief. „So soll es auch sein. Auch ich habe auf diesen Tag gewartet. Als ich dich auf meinem Streifzug auf der Straße sah, habe ich überlegt, dich herauszufordern. Aber deine Kraft war geschwächt. Dein Wille war noch nicht erwacht – dein Wille, über diese Stadt zu herrschen. Du hattest noch nicht lange genug die Luft von Akuma Gakure geatmet.“

„Aber … ich will die Stadt doch gar nicht beherrschen!“, rief Naruto.

Gaara verzog keine Miene. „Bist du sicher? Willst du nicht deinen Freunden helfen und diese Stadt zu einem besseren Ort machen? Mit Gewalt Veränderung erzwingen? Meine Ideale stürzen und deine eigenen darüber stellen? Ist das nicht dasselbe wie zu herrschen?“

„Du bist ein Tyrann“, murmelte Naruto.

„Den Tyrannen siehst du hier.“ Gaara nickte in Orochimarus Richtung. „Er war der schnellste Weg, jemanden meiner Geschwister zu finden.“

„Geschwister? Heißt das … es gibt noch mehr wie … uns?“ Naruto konnte es immer noch nicht glauben, dass der Dämonenkönig ihn irgendwie mit sich auf eine Stufe stellte.

„Mehrere. Du weißt noch wenig über unsere Herkunft. Wie nennen dich die Menschen, nebenbei?“

„Na…ruto“, hörte sich Naruto wie von selbst murmeln.

Gaara nickte. „Du und ich und unsere Geschwister, wir entstammen derselben Urmaterie. Dieselbe Materie musste erst noch in den Elementen dieser Welt reifen, um andere Dämonenrassen hervorzubringen. Das ist die Geschichte hinter der Existenz der Dämonen, Naruto. Wir sind das Urgeschlecht, aus dem alle anderen Dämonen abstammen.“

„Ich verstehe das nicht …“ Naruto sah hilflos zu Chiyo. „Ich bin doch noch gar nicht so alt … Was bedeutet das?“

Die alte Frau senkte den Kopf. „Ich habe dieselbe Geschichte schon gehört. Die Urmaterie, aus der letztlich alle Dämonen bestehen, gab es schon, seit diese Welt existiert. Ähnlich wie Menschen aus Zellen und einer DNA gebaut sind, entstehen Dämonen auch aus einer bestimmten Energiequelle. Dämonische Energie, könnte man sagen. Sie ist in unserem Universum verteilt wie die Materie, die wir kennen und zum Teil sehen können – Kohlenstoff, Licht, Sauerstoff, alles, was ist. Die dämonische Energie konzentriert sich manchmal an gewissen Orten in der Welt und kristallisiert. Diese Kristallisationen sind die Dämonenessenzen, die dann den Kern eines vollständigen Dämons bilden.“

„Die dämonische Energie lässt sich, ähnlich wie die uns bekannte Materie, auf eine Art Urknall zurückführen“, ergänzte Orochimaru ungefragt. „Es scheint einen einzigen Energiekern gegeben zu haben, der sich am Anbeginn der Zeit in eine bestimmte Anzahl von Essenzen gespaltet hat. Sie waren die allerersten greifbaren Ansammlungen dämonischer Macht. Und durch diese Abspaltung strahlten diese Essenzen erst die Energie ab, die notwendig war, um weiteres dämonisches Leben zu erschaffen.“

Gaara nickte. „Du scheinst sehr weit in die Vergangenheit zurückgeforscht zu haben, Orochimaru.“

Orochimaru lächelte. „Ich war schon immer neugierig.“

„Und diese ersten Essenzen, von denen alle anderen abstammen … das sind wir?“, fragte Naruto ungläubig.

Gaara legte eine Hand auf seine Brust. „Die Dämonen in uns. Anders als jüngere Dämonen können unsere Dämonen nicht ohne einen Wirt leben. Im Laufe der Jahrtausende muss es viele Menschen gegeben haben, die solche urtümlichen Dämonen in sich getragen haben. Sie werden nicht krank und ihre Verletzungen heilen vergleichsweise schnell. Aber wenn sie nicht in Kontakt mit anderer dämonischer Energie kommen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie niemals erwachen.“

„Also wäre das … Ding in mir gar nicht zum Vorschein gekommen, wenn ich nicht nach Akuma Gakure gekommen wäre?“ Naruto warf Chiyo einen vorwurfsvollen Blick zu. Orochimaru lachte nur heiser, während sie seinen Blick nachdenklich erwiderte.

„Dämonen ziehen Dämonen an. Sie kämpfen gegeneinander, versuchen sich zu verschlingen, wollen einander beherrschen. Darum gibt es in Akuma Gakure auch so viele davon“, sagte Orochimaru. „Ich habe noch nicht herausgefunden, woher die Halbdämonen kommen. Vielleicht sind sie Nachkommen von gemischt menschlichen und dämonischen Eltern, oder sie sind einfach eine schwächere Unterart der richtigen Dämonen.“

„Oder die ersten Halbdämonen wurden künstlich erschaffen. So, wie du es tun willst“, sagte Gaara. „Ich kenne bereits all deine Pläne, Orochimaru.“

Während der Gangsterboss nicht ganz sein zuversichtliches Lächeln wahren konnte, war Narutos Mund ganz trocken geworden. „Und dein Plan sieht auch vor, dass wir … einander begegnen sollten, sobald ich …“

„Sobald du so weit bist. Sobald du deinen Dämon akzeptierst, ihn kennst und ein Verlangen hegst, etwas zu verändern“, sagte Gaara. „Das ist der Unterschied zwischen uns. Mir ist das Schicksal dieser Stadt gleichgültig. Du trägst den Willen in dir, es zu verändern. Willenskraft ist wichtig für einen Dämon. Sie definiert seine innere Stärke. Und darum will ich mit dir kämpfen.“

Orochimaru öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Gaara unterbrach ihn sofort wieder.

„Du hast deine Aufgabe erfüllt, Orochimaru. Ich brauche dich nicht mehr. Naruto und ich werden uns vereinen und dann weitersehen, wie wir den nächsten unserer Geschwister herlocken.“ Er hob die Hand. Orochimaru wollte etwas erwidern, aber nur ein ersticktes Krächzen entrang sich seiner Kehle, denn plötzlich fiel die Wand hinter ihm auseinander.

Woraus auch immer die Mauer bestand, ob es nun Beton oder gewöhnliches Mauerwerk war, es zerbröckelte, wurde regelrecht pulverisiert, und wie grauer Sand schossen winzige Kügelchen auf Orochimaru zu, hüllten ihn wie in einem Wirbelsturm ein und drängten dann mit einem Knall aneinander. Orochimarus Körper wurde binnen Sekundenbruchteilen von einem Sandsturm zerquetscht. Die grauen Körnchen saugten sich an seinem Blut rot und fielen dann als klumpige Masse zu Boden. Nur Orochimarus Kopf war nicht in dem Wirbel gefangen gewesen. Er plumpste auf den roten Sandhaufen, der Mund immer noch geöffnet, die Augen voller Unglauben.

Chiyo seufzte erschrocken auf, Jiroubu knurrte und riss seine Schrotflinte in die Höhe, erinnerte sich dann aber daran, wen er hier vor sich hatte.

Gaara tötete ihn dennoch.

Diesmal stob eine Wolke aus grauem Staub von der Decke des Raumes, hüllte den massigen Leib des Halbdämons ein und zermalmte ihn mit der gleichen Härte wie Orochimarus. So waren Meister und Diener, so unterschiedlich sie auch waren, denselben traurigen, augenblicklichen Tod gestorben.

Naruto war zurückgeprallt. Eine solche kaltblütige Macht erschrak ihn bis in sein Innerstes. Und sein Innerstes jauchzte gierig auf, als es diese Kraft spürte.

„Er … war doch dein Untergebener? Deine rechte Hand?“, brachte er heraus. Ihm war, als wäre auch seine Zunge mit Staub bedeckt, so trocken und klumpig fühlte sie sich an.

Gaara ließ die Hand sinken. „Orochimarus einziger Zweck war es, meine Geschwister herzulocken. Um große Dämonen aufzutreiben, muss man große Dinge tun. Ich beschloss, mich zum Oberhaupt dieser Stadt zu machen, in der es viele Dämonen gibt, die ihrerseits starke Dämonen anlocken. Ich gab diesem Mann die Macht, an meiner Stelle hier zu herrschen. Ich ließ jeden wissen, dass ein mächtiger Dämon ihn beschützte. Das und einige wenige Demonstrationen meiner Stärke reichten schon. Er verschaffte sich Respekt und eine Armee aus Gangstern und knechtete die Stadt. Das war alles dazu da, um jemanden wie dich herzubringen, Naruto. Irgendwann würde einer aus demselben Urgeschlecht wie ich in die Stadt kommen. Und er würde meine Macht nicht hinnehmen, sondern mich herausfordern. Wobei es zum größten Teil dennoch dir zu verdanken war, das er hierhergefunden hat.“ Gaara nickte Chiyo zu, die leichenblass geworden war.

„Du hast diese Stadt in Leid und Chaos gestürzt, um deine Geschwistern anzulocken?“ Naruto konnte es nicht fassen. „Weswegen das alles? Was bist du nur für ein …“ Fast hätte er Mensch gesagt. Er hätte wohl kaum gründlicher daneben liegen können.

„Wie gesagt, mir ist das Schicksal dieser Stadt gleich. Ich suche meine Geschwister, seit ich um meine Herkunft Bescheid weiß. Nun habe ich dich gefunden. Und wir werden eins werden. So wie Dämonen einander schon immer gegenseitig beherrschen, werden wir ein Wesen werden.“

Das ist alles?“, platzte es aus Naruto heraus. Die Wut, die der Schock gedämpft hatte, war wieder da. „Das steckt hinter deiner Schreckensherrschaft?“

„Wie gesagt hat Orochimaru geherrscht. Ich habe nur gewartet, dass jemand kommt, der das ändern will. Jemand, der sich mächtig genug fühlt, um mich herauszufordern.“

„Dann bin ich also mächtig genug?“, knurrte Naruto. „Fein. Wirklich, wirklich toll. Also kämpfen wir, und der Sieger unterwirft den Verlierer.“

Gaara nickte. „So ist es uns vorherbestimmt. Wir können gar nicht anders, als uns gegenseitig zu verschlingen. Das Urgeschlecht der Dämonen muss wieder eins werden. Wir werden unser Bewusstsein verschmelzen und ein neues Wesen werden.“

Narutos Finger zuckten. Er spürte, wie seine Fingernägel und Eckzähne wuchsen.

„Überleg es dir gut, Naruto“, sagte plötzlich Chiyo. „Wenn du mit ihm verschmilzt, dann ist es egal, wer nun wen besiegt hat. Ihr seid zwei so mächtige Wesen, dass ihr hinterher nicht mehr ihr selbst sein werdet.“

„Dafür musst du bereit sein“, sagte Gaara. „Das ist es, was Dämonen tun.“

„Aber wenn ich gewinne, dann kann ich dir meinen Willen aufzwingen, oder?“, fragte Naruto. „Und genau das werde ich tun, echt jetzt! Ich werde dafür sorgen, dass diese Stadt wieder in Ordnung kommt!“

„Das steht dir frei“, sagte Gaara. „Aber ich werde immer ein kleiner Stachel in unserem gemeinsamen Bewusstsein bleiben. Nein, ich werde  ein Teil unseres Bewusstseins sein. Wir werden unsere Entscheidungen immer zu zweit treffen, ob dir das nun bewusst ist oder nicht. Ich werde Mitbestimmungsrecht haben, egal was passiert, die Frage ist nur, wie viel. Und du kannst dir sicher sein, dass wir weitere Geschwister von uns anlocken werden. Vielleicht in einer heilen Stadt. Aber ich glaube, wenn wir erst eins sind, wird dir Akuma Gakure nichts mehr bedeuten.“

„Weil die Stadt dir nichts bedeutet und unsere Gedanken verschmelzen?“, fragte Naruto fauchend. „Ich hab genug davon gehört. Ich spüre ja selbst, wie sehr das Ding in mir gegen dich kämpfen will.“ Naruto grub seine Fingernägel in seinen Brustkorb, wo ein glühendes, feurig-wütendes Herz pochte. „Eine wirklich gute Freundin von mir hat mal gesagt, dass ich ein guter Mensch bin. Ich werde einfach darauf vertrauen, dass ich das auch bleibe, selbst wenn du in meinem Kopf herumspukst!“

Er legte all seine Willensstärke hinter diesen Gedanken, und als er ihn derart auf Gaara warf, spannte der rothaarige Junge zum ersten Mal all seine Muskeln an. Und als ob ein Verschluss vor den dunklen Seiten ihrer beider Seelen aufgeschnappt wäre, brachen die Untiere aus ihnen hervor, und keiner der beiden hielt sich mehr zurück.

 

Ein Blitz war das Erste, das sie sahen – nein, es waren sogar zwei, zwei simultane Lichtsäulen, von denen man nicht sagen konnte, ob sie in den Hügel mit Orochimarus Anwesen einschlugen oder daraus hervorbrachen. Die Schattenwölfe hielten den Atem an.

Dann explodierte der ganze Hügel.

In einem Farbenspiel aus Rot, Orange und Gelb zerbarst die Hügelkuppe, als wäre an der Stelle ein Vulkan ausgebrochen. Schutt und Erdreich wurden meilenweit davongeschleudert und gingen wie ein Trümmerregen über dem Stadtteil nieder.

Und als sich die gewaltige Staubwolke ein wenig gelegt hatte, sah man anstelle des Hügels zwei riesige, tierische Kreaturen miteinander ringen.

Sakura hielt die Luft an. Hinata stieß einen Schrei aus und klammerte sich an Ino. Die meisten anderen standen einfach nur da, unfähig sich zu rühren. Shikamaru ließ sein Funkgerät fallen.

„Was … was ist das?“, schnappte Temari nach Luft.

„Dämonen.“ Das war wohl das Einzige, was Shikamaru dazu einfiel.

Ich glaube, Kimimaros Plan ist aufgegangen“, murmelte Sakura, doch sie konnte sich nicht darüber freuen. Stattdessen hatte sie plötzlich schreckliche Angst. Warum hatte sich Naruto nur auf so etwas eingelassen? Das konnte doch kein gutes Ende nehmen!

„Was denn? Was genau hat er denn nun vorgehabt?“, rief Kiba aufgelöst.

„Den Dämonenkönig zu stürzen“, erklärte sie mit zitternder Stimme. „Mit Narutos Hilfe.“

„Hä? Wie das? Dann sind diese Dinger da vorne …“

Sakura nickte fahrig. Es gab keinen Zweifel. Naruto hatte immer von einer Fuchsform gesprochen, wenn er seinen Dämon beschrieb. Eines der Wesen, die den Hügel zerschmettert hatten, war eindeutig ein Fuchs – ein orangeroter, riesengroßer Fuchs mit struppigem Fell und neun Schwänzen. Er war so groß, dass man seine roten Augen bis hierher leuchten sah. Das andere Wesen war schwieriger zu identifizieren. Sein Körper war vielleicht mit Fell bedeckt, aber es konnte auch genauso gut roher Fels sein – die Farbe hätte dafür gesprochen. Ein blaues Muster überzog es, und seine Form erinnerte vage an einen Waschbär oder Tanuki. Ein langer, dicker Schweif peitschte über Dutzende von Metern über den Boden. Sakura konnte sich nur einen Dämon vorstellen, der so plötzlich in so großer Form erscheinen konnte.

Sie ignorierte die überraschten Rufe und das Fragengewitter ihrer Freunde, wirbelte herum und stürmte aus dem Raum. Alle zwölf Stockwerke lief sie hinab und merkte kaum, wie ihre Knie zu schmerzen begannen, als sie immer zwei oder gleich drei Stufen auf einmal nahm.

Sie wusste nur, dass sie dorthin musste. Naruto kämpfte gegen den Dämonenkönig, er hatte es tatsächlich zu ihm geschafft … Und Sakura spürte irgendwie, dass das ein Fehler war. Dass sie hier etwas geweckt hatten, das man besser auf ewig hätte ruhen lassen sollen. Sie konnte nicht sagen, woher sie diese Gewissheit nahm, aber sie wusste einfach, dass etwas Schreckliches geschehen würde, wenn dieser Kampf nicht sofort aufhörte.

 

Naruto versank in einer Grube aus flüssigem Feuer. Sein ganzer Leib brannte, stand in Flammen … oder bestand aus Flammen, auch das hätte ihn nicht überrascht. Er sah die Welt durch die Augen eines Untieres, sah die Kraft seines Gegners pulsieren, sah alles rötlich und verzerrt durch Hass, Wut und Blutdurst. Hier war ein Gegner, den er besiegen musste. Er musste ihn verschlingen, sich seine Macht einverleiben. Was kümmerte es ihn, wenn ihr Bewusstsein dabei verschmolz? Hauptsache, er mehrte seine Macht. Wer brauchte schon Identität? Er wäre mächtig genug, die ganze Stadt auf einen Schlag auszulöschen!

Gleichzeitig erkannte er etwas. Aus dem Strudel von Gedanken, bei denen er seine eigenen nicht mehr von denen seines Dämons auseinanderhalten konnte, schälte sich nach und nach eine ganz bestimmte Empfindung hoch, die für den Kampf irrelevant war und sich vielleicht gerade deshalb festhalten ließ. Nämlich dass Gaara selbst nicht böse war. Er hätte die Stadt längst dem Erdboden gleichmachen können, wenn er gewollt hätte. Er hatte die Wahrheit gesagt – ihm lag nichts am Leben der Stadtbewohner, aber auch nichts an ihrem Sterben. Naruto spürte eine Sehnsucht in den Augen des Wesens, das ihm gegenüberstand, die er gut nachempfinden konnte. Die Sehnsucht nach einem Teil von ihm, der abhanden gekommen war. Und die Gier, die ihn mit Gewalt in sich zurückreißen würde.

Die beiden riesenhaften Dämonen zertrampelten fast beiläufig die kläglichen Ruinen von Orochimarus Anwesen zu ihren Füßen. Ihre gewaltigen Leiber zertraten Straßen und Autos wie Würmer und Ameisen. Naruto wusste, dass dort unter ihnen kaum noch jemand lebte – er spürte sogar, wie mehr und mehr winzige Lebensflammen im Schatten seines eigenen, lodernden Feuers verglommen. Chiyo war gestorben, als sie sich verwandelt hatten. Orochimarus Privatarmee hatte der Vulkanausbruch bis zur Hälfte dezimiert. Und das Sterben ging weiter. Und am schlimmsten war, es fachte Narutos Kampfeslust nur noch mehr an.

Sie hatten einander umklammert, jeder packte die Pranken des anderen, ihre Krallen waren ineinander verschränkt. So rangen sie miteinander, fauchten sich an, brüllten dem jeweils anderen ihre Wut ins Gesicht.

Naruto fand es plötzlich gar nicht mehr so schlimm, mit Gaara zu verschmelzen. Er war schon jetzt nicht mehr er selbst. Was zählte mehr, ein neuer Körper oder der alte, ausgediente, schwache Geist?

Stück für Stück, Meter für Meter merkte Naruto, wie er Gaara zurückdrückte. Der Dämonenkönig hatte recht gehabt. Ihre Kräfte waren tatsächlich  ausbalanciert, aber Naruto besaß den stärkeren Willen. Er würde diesen Kampf gewinnen. Und danach doch seine Persönlichkeit verlieren und vielleicht sogar der nächste Tyrann werden.

So ist es, grollte eine Stimme in seinen Gedanken. Sie kam nicht von seinem eigenen Dämon – dessen Gedanken waren längst seine eigenen. Er hörte Gaaras innere Bestie. Sie waren schon im Geiste verbunden. Wir werden alles tun, um auch noch die anderen unserer Geschwister zusammenzutreiben. Wir werden uns einen neuen Herrscher für das suchen, was von dieser Stadt übrig sein wird, wenn wir fertig sind. Oder wir ziehen selbst los und machen uns auf die Suche. Wie wir uns auch entscheiden, die Jagd nach unseren Geschwistern wird unser Leben prägen.

Du hast recht, wusste Naruto. Wer auch immer von uns gewinnt, wir sind beide die Sieger. Es ist kein Kampf, es ist ein Ritual. So wie man zwei Schneebälle aneinanderdrücken muss, damit sie ein größerer Ball werden. Wir gehören zusammen.

Als er dies dachte, öffnete Naruto sein Fuchsmaul und sammelte seine dämonische Energie darin. Auch der Waschbär ließ vor seinem Maul eine dunkle Kugel erscheinen, und als sich die beiden berührten, gab es eine Explosion, die sie beide fast auseinandergerissen hätte.

 

Die Straße erbebte und Deidara wurde beinahe von der Ladefläche des Jeeps geschleudert. In einer Welle zersplitterten sämtliche Fenster in allen Stockwerken in der Allee, durch die sie gerade fuhren. Auch die gepanzerten Scheiben der Jeeps zersprangen in tausend Stücke, und Deidara wurde kurz darauf von einer unsichtbaren Macht getroffen, die ihm fast das Bewusstsein raubte. Ohne zu bemerken, wie, war er auf die Ladefläche gesunken. Blut lief ihm aus der Nase und den Ohren und ihm war speiübel.

„Was war das?“, murmelte der Weiße Richter neben ihm, ein recht junger Kerl namens Suigetsu. Die Wagen hatten kurz gestoppt und fuhren nun unsicher weiter. „Alles in Ordnung?“, rief Anko zu ihnen nach hinten.

„Deine Sorge ist rührend, hm“, sagte Deidara halbherzig.

„Also alles in Ordnung. Schade“, meinte sie.

Deidara sah auf die kämpfenden Giganten, die von hier aus gut zu sehen waren. Er fragte sich, wann sie ihn gehen lassen würden. Vor zehn Minuten hatten sie Kimimaros und Sasukes Leichen gefunden. Deidara wollte es sich selbst nicht eingestehen, aber er war schockiert gewesen, den Knochenkopf tot zu sehen. Immerhin war er ein ziemlich verlässlicher Kamerad gewesen und dazu kein allzu übler Kerl. Aber so war das Leben. Oder eben der Tod.

Jetzt galt es noch, dass er selbst wieder irgendwie lebend hier herauskam. Und das Ziel ihrer Jeepreise war dem nicht gerade förderlich. Anko bestand darauf, dass sie gegen diese Dämonen kämpften. Natürlich wusste sie, dass einer davon der Dämonenkönig sein musste, aber sie hatte gemeint, es wäre ihre Pflicht.

Verdammte Fanatiker.

 

Sakuras Finger schwitzten so sehr, dass sie es nicht schaffte, die Autotür zu knacken. Genervt stöhnend schnappte sie sich einen verwaisten Metallstuhl aus einem Café und zertrümmerte das Fenster auf an der Fahrertür.  Sie drückte die übrigen Splitter aus dem Rahmen. Das Auto hatte an den Innenseiten der Türen kleine Stifte, die sie entriegelten. Sie zog den Stift auf ihrer Seite in die Höhe und stieg ein.

Fast meinte sie vergessen zu haben, wie man eine Zündung kurzschloss, aber nach einigen Fehlversuchen sprang der Motor an. Sakura wendete schwungvoll und stieg dann kräftig aufs Gas.

Sie musste verrückt sein, in den tobenden Hexenkessel zu fahren, der die beiden Dämonen waren. Die schwarze Energieexplosion von vorhin hatte den Himmel über ihnen pechschwarz gefärbt – obwohl gar keine Wolken zu sehen gewesen waren. Es war, als hätten sie die Wolken selbst erzeugt … oder eher pure Düsternis, die sich über die Stadt legte. Hin und wieder sah man in der dicken Schwärze rotes Wetterleuchten.

Naruto, ich weiß, du hast immer gefürchtet, dich an deinen Dämon zu verlieren, dachte Sakura und biss sich auf die Lippen. Bitte, sei noch du selbst, wenn ich ankomme.

Das Schicksal von Akuma Gakure

Die beiden Ungeheuer kämpften in einem flachen Krater miteinander, aber es war nicht mehr zu sagen, ob er bei der Energieexplosion entstanden war oder ob sie einfach die Erde des Hügels so sehr zertrampelt hatten. Brennende Autowracks und kaum noch erkennbare Leichen säumten den Bereich um Orochimarus ehemaliges Anwesen. Das waren wohl mal seine Wachen gewesen. Die meisten der ohnehin schon maroden Gebäude der Slums hatten der Druckwelle nicht standgehalten und waren zusammengekracht. Es sah nicht mehr wie ein Stadtteil aus, sondern wie ein riesiger Schrottplatz. Die Jeeps der Weißen Richter kamen kaum vorwärts, und Deidara hatte schon zu hoffen begonnen, dass sie aufgeben und umkehren würden – so wie jeder vernünftige Mensch es tun würde. Aber weder sah es aus, als wollten sie ihre Pflichten vernachlässigen, noch wollte Anko ihn gehen lassen. Ob sie ihn einfach ärgern wollte? Das ging aber wohl entschieden zu weit!

„Wenn der Dämonenkönig einen starken Gegner gefunden hat, haben wir bessere Chancen, ihn ein für alle Mal zu erledigen“, erklärte dieser Suigetsu und klopfte Deidara auf die Schulter. „Sieh es als einmalige Chance: Der legendäre Dämonenjäger Deidara war beim finalen Kampf gegen den Dämonenkönig dabei.“

Deidara beließ es bei einem „Hm“. Genau damit hatte Kimimaro ihn seinerzeit an Bord gelockt. Derselbe Kimimaro, der jetzt in einer abstrakten Kunstfigur aus Knochen und Blut seinen letzten Atemzug getan hatte. Deidara hatte nie viel für Kunstwerke übrig gehabt, die länger als einen Augenblick Bestand hatten.

Die Jeeps hielten an. Sie befanden sich in dem Park, in dem die Druckwelle die meisten Bäume entwurzelt hatte. „Ich denke, das reicht“, sagte Anko, stieg aus dem Wagen und zündete sich eine neue Zigarette an, wie um dem Stress Abhilfe zu schaffen.

Deidara dachte das auch. Für seinen Dämonenjägerinstinkt waren sie sogar zu nah dran. Keine hundert Meter Luftlinie entfernt peitschten die Schwänze des Fuchswesens durch die Luft. Es war wirklich riesig. Wenn die beiden Untiere noch einmal eine solche Explosion veranstalteten, war es um die Weißen Richter und ihn geschehen.

Die Weißen Richter ließen es zu, dass er von der Ladefläche sprang. Mit emsigen, einstudierten Bewegungen brachten sie ihre Gatlingrohre in Position. Riesige Scharfschützengewehre wurden aufgebaut und bemannt. Männer und Frauen mit Bazookas stellten sich in einer lockeren Linie auf.

Wortlos griff Deidara nach Ankos Zigarettenschachtel und bediente sich. Er hatte gar keine Waffe mehr bei sich, und das schmeckte ihm gar nicht. Er wollte wenigstens irgendetwas in der Hand haben, das ihn an eine brennende Lunte erinnerte. Er inhalierte und musste fast husten – Ankos Zigaretten waren verdammt heftig. Der Rauch und der glimmende Funken zwischen Deidaras Fingern hoben die Kälte der Luft, die hier herrschte und selbst zu dieser Jahreszeit unnatürlich wirkte, nur noch mehr hervor.

„Was, wenn ich sage, dass einer der beiden Biester ein Kumpel von mir ist?“, fragte er Anko beiläufig.

Sie sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Dann würde ich sagen, du hast seltsame Kumpel, Dämonenjäger.“ Sie gab den Weißen Richtern ein Zeichen. „Feuert, sobald ihr bereit seid.“

Nach und nach entlud sich ein Kugelgewitter aus den Gatlingrohren. Die Scharfschützen zielten auf die Köpfe der Dämonen und drückten auch ab. Deidara wusste, dass sie alle mit Silberkugeln schossen, aber dennoch wirkten die Kugeln einfach so winzig im Vergleich zu den wütenden Giganten.

 

Erinnerungen tauchten wie Blasen aus dem See seiner chaotischen Empfindungen auf, als Narutos Fuchsungeheuer seine Fangzähne in den Nacken des Tanuki schlug. Erinnerungen an sein Heimatdorf, aber vor allem an die letzten Wochen, die er in Akuma Gakure zugebracht hatte.

Gaara brüllte. Ein ohrenbetäubendes, gewaltsames Brüllen.

Wie er durch die Stadt gestreift war auf der Suche nach der Wahrheit hinter Chiyos Worten. Wie er in dieses Lokal gekommen war … Ichiraku’s Paradise, richtig. Das schien ihm schon so lange her … Dort hatte er Ino getroffen. Und Zaku und Dosu, die beiden ersten Handlanger des Schurken Orochimaru. In diesem Lokal hatte alles angefangen. Er hatte sie angegriffen und damit hatte alles Unheil seinen Lauf genommen. Auch Kimimaro war da gewesen, richtig. Er hatte Naruto geholfen. Dann war Zaku entkommen und Naruto hatte zum ersten Mal eine Ahnung von der dämonischen Seite in sich erhascht.

Der Tanuki rammte ihn, warf seinen gewaltigen Leib in die Flanke des Fuchsmonsters. Naruto spürte, wie er fast umgeworfen wurde. Sie Erinnerungen entglitten ihm und kurz wusste er nur noch das Gefühl von damals, Zakus schreckgeweitete Augen, wie er ihn Fuchs nannte … Mit seinen Krallen klammerte sich Naruto in die widerstandsfähige Haut des anderen Monsters. Etwas prasselte gegen seine Hinterläufe. Es fühlte sich an wie Mückenstiche, brannte hinterher ziemlich, aber er zollte ihm kaum Beachtung.

Ino. Ino und Hinata. Genau, die beiden hatten ihn bei sich aufgenommen. In ihrer Wohnung war er auch zum ersten Mal auf Sasuke und die Sharingan-Familie getroffen. Dann war da noch die Sache mit der Hyuuga-Familie gewesen …

Ein brennender Schmerz flammte durch seine Schulter, als Gaaras Kiefer sich darum schlossen. Knurrend versuchte der Fuchs, ihn abzuschütteln. Das Brennen und die Wut über diesen anmaßenden Angriff ließen etwas wie roten Nebel über Narutos Erinnerungen aufwallen. Woran er sich erinnerte, war schließlich egal. Die Zukunft gehörte sowieso dem Wesen, das aus ihrem Kampf hervorgehen würde.

Nein, er musste sich erinnern, er durfte nicht vergessen, wer und was er war! Kein Dämon, der eine Stadt knechten konnte und der seine dämonischen Geschwister suchte, um sich ihre Kraft einzuverleiben! Er war einfach nur ein Junge, der einen Fehler gemacht hatte und mit aller Macht versuchte, ihn wieder auszubügeln. Jemand, der Verantwortung übernehmen wollte … Wie war das, ein Junge, der allein durch die Dunkelheit taumelte, verfolgt von den Klängen, ohne zu wissen, wie er überhaupt in diese Lage geraten war … Damals hatte er Bekanntschaft mit Sakura und Kiba und Shikamaru und den ganzen Straßenkids geschlossen. Das war noch die schönere Zeit gewesen, die er hier gehabt hatte … er durfte sie auf keinen Fall vergessen, selbst wenn der König der Dämonen und Herrscher der Stadt das von ihm verlangte!

Dennoch verschwammen die Gesichter, die er sich mit aller Macht vorstellen wollte. Es lag nicht einmal an Gaara; sein eigener Dämon vertrieb die Erinnerungen. Sakuras Gesicht war das Letzte, das er noch klar erkennen konnte, ein Lächeln auf den Lippen, ihren Lippen, die so weich und erlösend gewesen waren und … Wer war er? Richtig, ein Dämon. Der Bruder des Dämonenkönigs. Ein Prinz, der heute gekrönt werden würde. Und sie würden alle erzittern. Gaara und er selbst würden zusammen das mächtigste Wesen dieser Welt ergeben, ganz sicher. Das war schon immer sein Ziel, sein geheimster Wunsch gewesen. Ein Mensch? Pah, was bedeuteten die Erinnerungen eines Menschen ihm?

Eine schwarze Kugel erschien vor dem Maul des Tanuki. Der Fuchsdämon verpasste ihm einen kräftigen Schlag mit der Pranke, und die Kugel sauste im hohen Bogen über die Stadt davon. Sie schlug irgendwo in den Bergen ein, schien die schneebedeckten Spitzen schwarz zu färben und tauchte auch dort den Himmel in Finsternis.

Berge. Schnee. Da war etwas. Der Dämon erinnerte sich. Er war schon einmal dort gewesen.

Kimimaro. Und Sasuke. Er hatte beide wiedergetroffen. Und Deidara, sie hatten sich zu einer Gruppe zusammengeschlossen, um Orochimaru und den Dämonenkönig zu stürzen. Das heißt, nicht sie alle … Sasuke hatte eigentlich etwas anderes vorgehabt. Er wollte die Ehre seiner Familie retten und Kimimaro liquidieren. Naruto war nie dazugekommen, Kimimaro die Wahrheit zu sagen. Auch das bereute er jetzt. Was wohl aus ihnen geworden war? Wie war ihr Kampf gegen die Klänge gelaufen?

Als ob ihn das interessierte! Das waren ein mickriger Halbdämon, der sich viel zu viel herausnahm, und ein arroganter Mafioso, der gerade mal die Augen eines alten Untieres besaß! Der Fuchsdämon würde alle Erinnerungen an sie zertrampeln wie Gewürm! Brüllend warf er sich wieder auf den Tanuki, erwischte ihn schräg am Rücken, zwang ihn halb zu Boden.

Sie waren da. So viele bekannte Gesichter, die auf ihn einzureden schienen, irgendwo am Rand seines Bewusstseins. Der Fuchs versuchte, die zu verscheuchen. Sie waren höchstens lästig. Als ob sie ihn kannten! Als ob er sie kannte!

Etwas traf ihn am Kopf, wie ein Nadelstich, aber einer, der sich in Kopfschmerzen verwandelte. Zischend sausten Bazookaraketen heran, explodierten in seiner Flanke. Er stieß ein wütendes Grollen aus. Wer wagte es, der Vermehrung seiner Macht so dreist im Weg zu stehen?

Gaara befreite sich aus Narutos Umklammerung und warf sich seinerseits wie ein Sumo-Ringer gegen ihn.

 

„Naruto!“

Sakura wusste, dass ihr Schrei ihn nicht erreichen würde. Die Sonne ging langsam unter und gab der Finsternis über den kämpfenden Dämonen einen feurigen Orangestich. Und in der aufkommenden Düsternis sah man das Aufflammen der vielen Gatlingrohre und Gewehre nur allzu gut.

Ihre alte Klapperkiste holperte durch die Straßen der Slums, die kaum noch als solche zu erkennen und von Trümmern übersät war. Irgendetwas knirschte unter ihrem Reifen, dann prallte sie gegen etwas, das sie in dem Dämmerlicht nicht rechtzeitig gesehen hatte und wurde hart gegen das Lenkrad geschleudert. Stur drückte sie aufs Gas, scherte an dem dunklen Etwas vorbei, das ihr kreischend den Lack zerkratzte. Sie kam frei, aber nach wenigen Metern stand sie vor einer wahren Schuttbarriere.

„Oh, bitte!“, stöhnte sie auf, als sie sah, dass ein ganzes zweistöckiges Haus aus Blech und alten Ziegeln auf die Straße gekracht war. Sie legte den Rückwärtsgang ein und reversierte, wobei sie allerlei unter ihren Reifen zermalmte, von dem sie gar nicht wissen wollte, was es eigentlich war.

Vielleicht wäre es sowieso besser, wenn sie die Weißen Richter umging. Was sollte sie ihnen denn sagen? Hört auf zu schießen, ich liebe dieses Fuchsungeheuer? Oder konnten am Ende sowieso nur diese Fanatiker die beiden Kämpfenden aufhalten? Sakura wurde schmerzlich bewusst, dass sie keinen Plan hatte.

Egal. Sie musste zu Naruto. Und wenn es nur darum ging, dass er sie sehen konnte.

 

Der lästige Kugelhagel war nichts, an das man sich so einfach gewöhnen konnte. Er störte die Konzentration des Fuchses. Sein Wille war der Mächtigere, aber er konnte ihn nicht ausspielen, wenn diese Insekten ihn störten. Und dennoch gab er ihnen nicht die Genugtuung, sie weiter zu beachten. Er würde den Tanuki zerreißen, trotz der Silberkügelchen, mit denen sie nach ihm warfen!

Er riss wieder die Pranken hoch, Gaara ebenfalls. Sie packten einander und starrten sich nur an. Ihre Körper waren gleich stark. Es wurde Zeit, mehr Fokus auf Geisteskraft zu legen. Am Rand seines Bewusstseins spürte der Fuchs dann plötzlich etwas. Eine fremde Macht kam näher. Er kannte sie. Er hatte sie mal gefürchtet, vor langer Zeit.

„Uns ist einfach keine Ruhe vergönnt“, grollte er.

Der Tanuki grunzte nur.

 

Eine Explosion ließ Deidara zusammenzucken. Sie sahen einem brachialen Machtgerangel zweier monströser Riesendämonen zu und hielten sich hier an der Kante zum Jenseits auf, und doch hatte er sich erschrocken – und nicht nur er. Denn die Explosion war hinter ihnen ertönt.

Anko und er fuhren gleichzeitig herum. Einer der Jeeps, der nur Schützen transportiert hatte, war umgekippt und bestand nur noch aus brennenden, verbogenen Metallklumpen. Eine ebenfalls brennende Gestalt rannte schreiend davon, stolperte, fiel und stand nicht wieder auf, und Deidara sah gerade noch, wie zwei Weiße Richter, die neben ihm gerade eine Bazooka nachluden, in einer Blutfontäne auseinanderfielen. Etwas Helles sprang direkt vor Deidara, ein Mann, der in seinem ausgestreckten Arm eine teuflische Waffe hielt.

Mit einem Schrei stolperte der Dämonenjäger rückwärts und tastete instinktiv nach einer Schusswaffe, die er vielleicht bei sich gehabt hätte, würde sie nicht immer noch irgendwo in einem staubigen Innenhof liegen. Anko wich ebenfalls vor der Kreatur zurück.

Eine Totenkopffratze blickte ihnen entgegen, und Deidara kannte sie nur zu gut. Allerdings hatte sie beim letzten Mal eindeutig hämischer gegrinst. Nun wirkte sie ernst und feierlich … und auch sonst stimmte etwas nicht mit diesem Dämon, der sich Hidan genannt hatte. Die weißen Partien seiner Haut leuchteten in einem sanften Blauton; seine Augen verströmten silbriges Licht.

„Aus dem Weg“, sagte der Dämon.

„Von mir aus gern“, meinte Deidara und trat scherzhaft zur Seite, doch Anko winkte wild ihren Leuten zu.

„Alle zu mir! Hier ist noch einer!“

Dutzende Maschinenpistolen mit Silbermunition richteten sich auf Hidan, wurden klickend entsichert. Deidara vergewisserte sich schnell, dass er nicht in der Schusslinie stand.

„Du warst der, der Zabusas Team aufgerieben hat, oder?“, fragte Anko. „Du hast vielleicht Nerven, hier aufzutauchen.“

„Ehrlich gesagt würde ich mich mit ihm noch weniger anlegen als mit den beiden Großen, hm“, flüsterte Deidara ihr zu. „Wenn du auf einen erfahrenen Kameraden hören würdest …“

„Ruhe“, schnappte Anko. „Wir werden gleich sehen, ob er wirklich so unkaputtbar ist.“

„Ich habe keine Zeit, um mit euch zu kämpfen“, grollte Hidan, seine Stimme klang viel tiefer, als Deidara es gewohnt war. Und ruhiger, endgültiger. Ganz ohne Wahnsinn, sondern berechnend. „Der Dämonenkönig ist in Bedrängnis. Ich spüre es. Aus diesem Kampf wird ein neuer König hervorgehen, und ich werde mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, daran teilzunehmen.“

„Feuer!“, befahl Anko.

Knatternd prasselten Kugeln gegen den leuchtenden Körper, rissen Löcher hinein und verbrannten zischend dämonische Energie, und Deidara fühlte sich an jenen Abend zurückversetzt, als die Weißen Richter den Dämon schon einmal in Stücke schießen wollten. Damals schien er sogar die Schmerzen genossen zu haben.

Heute schien er sie nicht einmal zu spüren. Helblauer Rauch quoll aus den Schusslöchern in seinem Körper, die sich zwar immerhin nicht gleich wieder schlossen, aber es störte das Biest offenbar nicht. Stattdessen holte es mit seiner Sense aus und schleuderte mit einer fegenden Bewegung vier gezackte Lichtblitze über den Boden. Deidara warf sich zur Seite, Anko entging dem Angriff auch nur knapp. Gut ein Drittel der Weißen Richter, die Hidan umkreisten, wurde in Stücke gerissen.

„Nicht nachlassen!“, schrie Anko und fischte selbst eine kleine Handfeuerwaffe von ihrem Gürtel.

Sie kam nicht dazu, zu schießen.

Der Dämon öffnete den Mund und sagte genau drei Worte. „AUS DEM WEG.“

Der Befehl rollte wie eine Meereswelle über die Menschen. Deidara fühlte sich von der schieren Gewalt dieser Worte von den Füßen gerissen, auch die Weißen Richter stürzten schreiend, als hätte ein Erdbeben sie überrascht. In Deidaras Kopf drehte sich alles, als wäre er betrunken und hätte den schlimmsten Tinnitus seines Lebens.

Verschwommen sah er den Dämon einfach über die betäubt daliegenden Körper steigen und seine Sense schultern. „Dämonen, die von Dämonen Besitz ergreifen wollen.“ Nun zeigte sich ein Lächeln auf seinen Lippen, doch selbst das war anders, als Deidara es von ihm gewohnt war. „Das gefällt mir.“

Mit einem einzigen Sprung war der Dämon aus Deidaras Sichtfeld verschwunden.

 

Der Tanuki und der Fuchs öffneten zeitgleich wieder ihre Mäuler. Dieser Kampf würde noch ewig dauern, dachte der Fuchs. Gaara hatte gesagt, der Fuchs besäße den stärkeren Willen, aber das schien nicht ganz zu stimmen. Ja, der Fuchs wollte zerstören, aber er hatte sonst kein höheres Motiv. Warum auch? Es war unnötig. Allein stärker zu werden reichte doch.

Und der Tanuki teilte diesen Wunsch. Der Fuchs konnte es fühlen. So kamen sie zu keinem Ergebnis.

Sollte der Fuchs etwa auf diesen schwächliche Menschen in seinem Inneren hören? Er schien einen Kampfeswillen zu besitzen, den der Fuchs nicht verstand. Irgendetwas damit, diese Stadt zu retten. Warum auch immer man deswegen kämpfen konnte. Warum auch immer so ein Ziel einem Kraft geben konnte.

Also schön. Dann würde er auf diese lästige Stimme hören, die viel zu lange die Oberhand gehabt hatte.

Naruto sah voller Angst auf die Energiebälle, die sich vor ihrer beider Mäuler bildeten. Pechschwarz waren sie, so wie das Schicksal der Stadt, wenn sie sie aufeinandertreffen ließen. Die Druckwelle wäre gewaltig, würde noch viel gewaltiger werden als beim letzten Mal, und er spürte, dass Menschen in der Nähe waren. Was, wenn er damit seine Freunde traf?

Dann beeil dich, diesen Kampf zu beenden. Zu gewinnen.

Er wusste nicht länger, wem die Stimmen gehörten, die er immer wieder hörte. Aber diese hier hatte recht.

Er legte all sein Feuer in diesen Angriff, er würde den Energieball des Tanukis wegfegen, ihn darin einschließen und aus der Stadt schießen. In der Richtung konnte er nicht so viel Schaden anrichten. Er musste sich nur konzentrieren … mehr Energie … mehr … Er setzte seinen ganzen Willen hinter diesen Angriff, den Willen, die Stadt zu retten, seine Freunde zu beschützen … das unsägliche Leid, dass er allein durch sein Auftauchen hier verursacht hatte, aufzuhalten und wenigstens zu einem Teil wiedergutzumachen.

Sein Energieball wurde größer und größer, er schoss ihn ab …

„VERGESST MICH NICHT.“

Etwas Winziges flog wie aus dem Nichts heran, aber Naruto spürte dennoch die Macht, die davon ausging. Und er kannte das Gefühl, das diese neue Stimme in ihm auslöste, wenn er sie auch nur für einen Sekundenbruchteil hörte.

Eine blaue, rasend schnell rotierende Energiekugel flammte dort auf, wo sich sein schwarzer Ball und der des Tanuki treffen sollten. Scharf wie ein Fleischwolf sog sie die Schwärze an, fraß Narutos und Gaaras dämonische Kraft auf.

Und dann wurde der Wirbel zu einem schwarzblauen Tornado.

Naruto knurrte, der Tanuki ebenfalls. Hier mischt sich jemand ein. Naruto spürte, wie seine eigene Macht auf ihn zurückgeschleudert wurde, ihn wie ein Flammenmeer umschäumte und seine Haut, sein Fell in Brand setzte, schwarzblaue Flammen, eisig kalt und doch brennend. All seine Macht, all seine Konzentration war zu einem Wirbelsturm geworden, der ihn, Gaara und den Dritten einhüllte.

Byakugan …, hörte er Gaara grollen.

„WIE DUMM IHR DOCH SEID. ZERSTÖREN WIR UNSERE KÖRPER. DER WILLENSSTÄRKERE ÜBERNIMMT DIE SCHWÄCHEREN. DAS IST DER EINFACHSTE WEG.“

 

„Naruto!“ Sakura riss die Wagentür auf und stolperte halb aus dem Auto. Plötzlich war eine schwarzblaue Energiesäule um die kämpfenden Ungeheuer erschienen, die noch viel unheilvoller aussah als alles, was vorher gekommen war. Sie reichte bis in den Himmel, drückte die Schwärze dort nach oben wie ein umgestülpter Trichter, und wo der blaue Schein in die Dunkelheit überging, zuckten silberne Blitze. Auch im Inneren des Tornados, der so breit war die der ganze Hügel, wetterleuchtete es, mal rot, mal schwarz, mal weiß, mal blau.

„Naruto!“ Sie schrie sich die Kehle heiser, als könnte sie irgendetwas ändern. Als könnte sie irgendetwas tun, um diesen irrsinnigen Kampf der stärksten Dämonen, die diese Stadt – vielleicht die ganze Welt – je gesehen hatte, zu stoppen. Aber er war in Gefahr, und mehr als seinen Namen zu rufen, konnte sie nicht tun.

Der äußere Rand des Wirbels war direkt vor ihr, nur einige Trümmerstücke lagen noch im Weg, wurden ihr förmlich entgegen gepresst. Sie musste sich gegen einen starken, eisigen Gegenwind stemmen, der ihr die Tränen in die Augen trieb. Irgendwann konnte sie nicht näher heran. Es war, als stünde sie vor einer Wand aus brodelndem Wind. Ihre Stimme war schrill geworden, aber gegen den Sturm konnte er sie unmöglich verstehen.

 

Deidara wurde rückwärts davongeschleudert, genau wie viele der Weißen Richter. Anko schaffte es irgendwie, sich an einem der Jeeps festzuhalten, dessen Handbremse dem Sturmwind standhielt. Die Kraft des Tornados nahm zu dessen Auge hin zu; ein Jeep, der näher an den kämpfenden Dämonen stand, kippte um und rutschte ein wenig auf Deidara zu.

Anko schrie etwas, aber keiner der Weißen Richter konnte sie hören. Diejenigen, die näher am Epizentrum dieses gewaltigen Schauspiels gestanden waren, flogen wie Blätter im Wind davon und schlugen dort, wo der Sturm schwächer wurde, wie Sandsäcke auf dem Boden auf. Fahrzeugtrümmer, aber auch Steine oder kleine Felsbrocken flogen noch viel weiter und gingen wie ein Hagel auf den bisher unversehrten Gebäuden weiter in Richtung Stadtzentrum nieder.

„Verdammt, was ist denn jetzt passiert?“, schrie Deidara, an niemand Bestimmtes gerichtet.

Es antwortete auch niemand.

 

Naruto konnte nicht sagen, ob der Sturm aufgehört hatte, oder ob er selbst es war, der aufgehört hatte. Der einfach aufgehört hatte zu existieren. Er war umgeben von einer Farblosigkeit, wie er sie nie gekannt hatte. Weder war sie schwarz noch weiß noch irgendetwas dazwischen, sie hatte einfach – gar keine Farbe. Er ahnte, was geschehen war.  Genauer gesagt, das Ungeheuer in ihm – er selbst – wusste es und teilte seine Gedanken mit ihm.

Sein Körper war zerstört. Von sich selbst zerstört. Die unglaubliche Wucht, die mit all seinen Gefühlen und Zielen und Hoffnungen getränkt gewesen war, war entweiht und fehlgelenkt worden. Sie hatte ihn selbst getroffen, sich mit Gaaras und Byakugans Macht vereint und sie alle drei erwischt.

Denn er stand nicht allein in dieser gähnenden Leere, die sich langsam mit etwas füllte, das man wohl nur ein Bewusstsein nennen konnte – etwas, das sie umgab und in dem sie sich befanden, der Rest, der von ihnen übriggeblieben war.

Im Dreieck standen sie da – es fühlte sich zumindest so an, als würden sie da stehen. In Wahrheit waren es drei Bewusstseinsströme, die in der Mitte zusammenliefen, drei verschiedene gedankliche Kräfte. Sein eigener war aggressiv und feurig, zwiegespalten zwischen sich selbst und dem Fuchs – zwischen sich selbst und dem Menschenjungen. Dann war da Gaara, ein einheitlicher Strom, ruhiger als sein eigener, aber nicht weniger wuchtig. Er beteiligte sich kaum an dem Kampf um das Zentrum, auf das alle drei Bewusstseinsströme zusteuerten; wer gewann, schien ihn nicht zu interessieren. Und dann war da Byakugan. In seinem Strom schwammen schwach wie Kerzenflammen andere Gedanken, aber sie konnten sich der Strömung nicht widersetzen.

SO IST ES RICHTIG, hörte Naruto die machtvolle Stimme Byakugans. WIR DREI WERDEN EINS WERDEN. ICH STEHE MIT EUCH AUF EINER STUFE.

Vermutlich sollten wird dir danken, Byakugan, drang es aus Gaaras Richtung in Narutos Bewusstsein. Du hast dem Kampf ein schnelles Ende bereitet. Nun muss sich nur noch der Sieger auf gedanklicher Ebene herauskristallisieren. Und wir werden ein Wesen werden, wie es sein soll. Und dann unsere nächsten Geschwister suchen.

Nein!, schrie Naruto auf. Wir haben genug angerichtet! Lass wenigstens die anderen in Frieden – es ist das Beste, wenn sie nie erwachen!

Byakugan schien zu lachen. DU BIST NAIV. SOBALD EINER VON UNS DIE ANDEREN VERSCHLUNGEN HAT, HAT DER WILLE EINES EINZELNEN KEINE BEDEUTUNG MEHR. SELBST WENN DU DER SIEGER SEIN SOLLTEST, WIR BLEIBEN IN DEINEM UNTERBEWUSSTSEIN. UND JA, DU WIRST AUCH JENE VERLETZEN, DIE DU ANGEBLICH SO SEHR LIEBST.

Das tue ich schon die ganze Zeit, dachte Naruto bitter.

Er konnte nun erkennen, worum die drei Bewusstseinsmeere kämpften wie ein sturmgepeitschter Ozean. In ihrer Mitte schwebte etwas, das in der materiellen Welt ein unzerstörbarer Körper sein würde. Der Körper des Dämons Hidan – wie geschaffen als Gefäß für dem mächtigsten Dämon der Welt. Sie würden ihn alle drei besetzen, einer von ihnen würde die Oberhand behalten, die anderen würden ihn beeinflussen. Es gab kein Entkommen. Das Schicksal war etwas Unbarmherziges, Brutales.

Hör auf, dich dagegen zu sträuben. Gaaras Stimme klang sanft. Wir sind Geschwister, wir stammen aus demselben Urgeschlecht. Einer kann den anderen nicht vollständig unterdrücken. Ich überlasse dir die Kontrolle über den Körper. Ein Teil deiner Gedanken zu sein ist mir genug.

Nein! Ich will meine Identität nicht verlieren! Ich bin Naruto! Ich bin kein Dämon, und ich bin schon gar kein Urgeschlecht oder sonst was!

DU BIST EIN DUMMER NARR. WENN DU SO VERZWEIFELT BIST, GIB AUF. DIESER KÖRPER GEHÖRTE URSPRÜNGLICH SOWIESO MIR.

Nein!

Doch auch der Fuchs rührte sich wieder, angestachelt von Narutos Verzweiflung. Mit aller Gewalt drängte er gegen das Zentrum ihres Streits. Gaara schien tatsächlich als Erstes aufgegeben zu haben, sein Bewusstsein umspielte die neue Dämonenessenz, die sie bilden würden, nur noch wie sanfte Strandwellen. Paradoxerweise schien Narutos verzweifeltes Auflehnen seine Vereinigung mit der Essenz nur voranzutreiben – sein starker Wille, zu überleben und nicht aufzugeben, verbunden mit der schieren, lang unterdrückten Wut des Fuchses, brachte ihn näher und näher an den Sieg. Byakugans Wille wallte gegen seinen auf, aber er konnte ihm nicht länger standhalten.

Naruto wollte seine Fehler wiedergutmachen und seine Freunde beschützen. Das gab ihm die Kraft, der tonangebende Dämon dieser Essenz zu werden. Und genau das, was er so gern wollte, würde er hinterher nicht mehr tun können. Er konnte ja nicht einmal wirklich seinen eigenen Fuchsdämon kontrollieren, wie sollte es erst werden, wenn sie alle in einem einzigen Körper vereint waren?

Da war es besser, wenn er aufgab und Byakugan machen ließ. Besser ein Hauch in einem Sturm, der die Stadt verwüstete, als der Sturm selbst.

Der Fuchs spürte seine Resignation und übernahm wieder die Kontrolle. Endlich. Langsam wurde es Zeit. Sein Sieg war weit genug vorangeschritten, dass Byakugan ihn nicht mehr abwenden könnte.

Du hast mich wohl unterschätzt, griente er. Du kanntest bisher nur den kleinen Menschen, in dem ich gewohnt habe.

Und dieser Mensch war nun nicht mehr als ein schwaches Glimmen, das die Hoffnung aufgegeben hatte.

Naruto!

Der Schrei zerfetzte die konzentrierte Stille.

Kurz lichteten sich die grauen Schwaden, zeigten ein Mädchen in einem schwarzblauen Funkenregen, das gegen einen unsichtbaren Sturm anzukämpfen schien und sich dabei beharrlich näher an ihn heranschob. Wieder und wieder rief sie diesen Namen. Er hörte ihn nicht, er spürte vielmehr, wie sie nach ihm rief. Seinen Namen rief.

Sakura.

Sie hatte gesagt, dass ihr sein Dämon keine Angst einjagte.

Dass sie daran glaubte, dass er immer Naruto bleiben würde, egal wie sehr er sich seiner dunklen Seite hingab.

Sie vertraute ihm.

Sie zählte auf ihn.

Naruto war es, als würde er nach einem langen Schlaf träge die Augen öffnen, an einem Ort, so lebensfeindlich, dass es ein Wunder war, dass dort überhaupt jemand schlafen konnte. Wie hatte er nur einfach aufgeben können? Er hatte doch einen Grund zu kämpfen, einen Grund, diese Stadt zu retten, all die Dinge in Ordnung zu bringen, die er oder Gaara ins Rollen gebracht hatten.

Er durfte nicht aufgeben.

Mit aller Kraft warf er sich gegen den Fuchsdämon, der sich seines Sieges schon sicher war. Er spürte dessen Brüllen, als er in seinen inneren Käfig zurückgedrängt wurde, seine Wut und sein Unverständnis. Naruto vergrub ihn auf dem Grund seiner Seele, aber diesmal schloss er nicht die Tür zu seinem Gefängnis. „Versuch’s doch und brich wieder aus“, knurrte er den Fuchs an. „Ich werde dich wieder zurückdrängen, und wieder und wieder. Ich werde einfach akzeptieren, dass du da bist. Dass ich dich nie los werde. Und du wirst akzeptieren, dass ich dich nicht gewinnen lasse. Niemals.“

Sein Wille war so stark wie noch nie. In diesem Kampf der Bewusstseinsströme spürte er eine unbändige Kraft. Allein der Gedanke daran, die Dinge für Sakura in Ordnung zu bringen, gab ihm genug Macht, um seinen eigenen Dämon im Zaum zu halten. Warum hatte er sich überhaupt vor ihm gefürchtet? Er war ein Teil von ihm, so wie andere Leute vielleicht eine hässliche Nase hatten. Er zählte zu den mächtigsten Dämonen aller Zeiten und war dafür mitverantwortlich, dass es überhaupt Dämonen gab – und Naruto hatte ihn schon so oft in seine Schranken gewiesen, dass er ihm hoch erhobenen Hauptes entgegentreten konnte.

Und ich bin doch stärker als du! Wart’s nur ab!, fauchte der Fuchs.

„Von wegen. Ich weiß jetzt, was im Umgang mit dir zählt. Gaara hat es längst gesagt: Willensstärke. Ein Ziel. Was willst du schon Großartiges? Du willst nur Macht und Dinge zerstören, ohne tiefere Beweggründe. ICH HABE SAKURA, UND EINE GANZE STADT, FÜR DIE ICH DIE VERANTWORTUNG AUF DEN SCHULTERN TRAGE!“

Narutos geistige Worte erreichten eine Wucht, wie er sie nur von Byakugans kannte. Winselnd wie ein Hund kauerte sich sein Fuchs in seinem offenen Käfig zusammen und wurde seinerseits zu einem kaum erkennbaren Funken in Narutos Geist.

Blieben noch die anderen beiden Dämonen.

Beide versuchten nun, in Windeseile den unsterblichen Körper zu besetzen, als bekämen sie es plötzlich mit der Angst zu tun. Narutos Bewusstseinsstrom fegte sie hinfort wie ein Sturm. „Ich bin der Sieger. Echt jetzt.“

Bist du sicher?, fragte Gaara und umkreiste Narutos Macht, abschätzig. Alle drei von uns haben uns diesen Wirt für unsere Essenzen ausgesucht. Du wirst vielleicht die Oberhand behalten, aber unser Wille, unsere Ziele, alles wird verschmelzen und du wirst deine Identität verlieren.

„Das werde ich nicht“, sagte Naruto grimmig. „Solange da noch eine Person ist, die weiß, wer ich bin. Dich mich als Naruto anerkennt.“

Diese Person wirst du betrügen. Du kannst jeden Stein Naruto nennen, aber unsere Taten werden dich wünschen lassen, dass diese Person dich vergisst.

ER HAT RECHT. WIR WERDEN ZWEIFELLOS ANDERE DÄMONEN HERAUSFORDERN, UND MENSCHENLEBEN WERDEN KEINE ROLLE FÜR UNS SPIELEN.

Ein so mächtiges Wesen, wie wir es werden, hat keinen Platz für die Gefühle, die dich momentan antreiben, Naruto.

Naruto rang mit sich. Immer noch spürte er Sakura seinen Namen schreien; jeder Ruf gab ihm Kraft. Aber was die beiden sagte, stimmte. Er spürte es. Sobald einer von ihnen die Oberhand gewann, würden sich ihre Essenzen verbinden. Selbst wenn Sakura ihn dann noch als Naruto anerkannte, würde er vielleicht Dinge tun, die sie verabscheute – das wollte er sich und ihr ersparen.

Auf der anderen Seite konnte er auch nicht wieder aufgeben, denn wenn die anderen gewannen, machte es das nicht besser. Aber irgendjemand von ihnen musste doch die anderen Essenzen auffressen, die sich um den unsterblichen Körper stritten …

Naruto stutzte.

Die anderen Bewusstseinsströme zuckten und zappelten, als sie seine Gedanken spürten. DAS IST TÖRICHT, sagte Byakugan. Gaara schwieg.

„Warum?“ Naruto zwang sich, den anderen ruhig gegenüberzutreten. „Wieso muss es denn unbedingt einen Sieger geben?“

WILLST DU UNS ETWA AUF EWIG IN DIESEM ZUSTAND FESTHALTEN?

Das Wirbeln wurde stärker. Narutos Wille peitschte die anderen zur Seite, doch er nahm sich nicht, was ihm zustand. Weder übernahm er die Kontrolle über Hidans Körper, noch verschlang er die anderen beiden Dämonen.

Irgendwann wirst du gegen uns verlieren, prophezeite Gaara.

„Das werden wir ja sehen“, sagte Naruto entschlossen. „Ich habe einen guten Grund. Und ihr?“

WILLST DU, DASS WIR HIER AUF EWIG MITEINANDER RINGEN? Byakugans furchtbare Stimm klang mit einem Mal schrill. Als wäre dies das Einzige, was der mächtige Dämon fürchtete.

„Wenn das die Stadt rettet, ja.“

Du bist verrückt, murmelte Gaara.

„Nein. Ich bin ein Mensch. Und Menschen tun manchmal irrationale Dinge.“ Naruto spürte ein schwaches Lächeln in sich. Er ließ sein geistiges Auge wandern, sah Sakura, der es immer leichter fiel, gegen den Sturm anzukommen. Sie war bald bei ihm. „Danke, dass du da bist“, sagte er und hoffte, dass die Worte sie erreichten, auch wenn sie nur in diesem Mischmasch aus Gedanken schwammen. „Wenn ich an dich denke, kann ich es sicher durchhalten. Einen Dämon habe ich mein ganzes Leben unterdrückt, wie viel schwieriger können drei von der Sorte sein?“

Weißt du, was du tust?, fragte Gaara.

„Ja. Ausnahmsweise, ja“, sagte er. Er fühlte sich tatsächlich traurig. Aber er war auch noch nie so sicher gewesen, dass seine Entscheidung die richtige war. „Wenn ihr die Kontrolle über diesen Körper übernehmen wollt, werfe ich mich euch entgegen. Zieht ihr euch zurück, ziehe ich mich auch zurück. Ich werde auf ewig darüber wachen, dass keiner von uns je wieder einen Körper für seine Essenz bekommt. Und Akuma Gakure ist von all den großen Mistkerlen befreit.“

Du gehst wirklich weit für deine Überzeugungen.

„Sag bloß, es beeindruckt dich?“

KEIN VERNÜNFTIGER DÄMON WÜRDE SEINE BEUTE NICHT ANNEHMEN!

Es ist gegen unsere Natur.

„Ich weiß“, lächelte Naruto. „Aber ich bin schließlich kein Dämon, sondern ein Mensch. Mein Name ist Naruto.“ Ihre Bewusstseinsströme zuckten erneut, hackten wie Giftschlangen aufeinander ein, aber er schaffte es, dass seine Kraft und die der anderen genau die Balance hielten. „Ich bin vielleicht relativ neu in dieser Stadt“, fuhr er fort, „aber ich habe schon so einiges hier erlebt. Ich wollte eine Zeitlang einfach nur wieder fort von hier. Aber es ist mir nie gelungen, und das ist auch besser so. Diese Stadt braucht mich.“

Wir werden es dir nicht leicht machen, warnte Gaara düster. Denn wir sind Dämonen. Ich bin schon lange kein Mensch mehr.

„Dann los, tut euer Schlimmstes“, erklärte Naruto einladend. „Ich nehme es mit euch beiden auf, so lange es nötig ist. Schließlich bin ich Naruto Uzumaki, der beste Überlebenskämpfer, den es auf der Welt gibt. Echt jetzt!“

Die dämonischen Ströme zögerten kurz, ehe sie sich wieder in den Kampf warfen. Und Naruto dachte an seine Aufgabe und warf sich ihnen mit neuem Feuer entgegen.

 

Irgendwann hatte der schwarzblaue Sturm schließlich aufgehört. Mittlerweile war die Nacht hereingebrochen. Die Dunkelheit am Himmel hatte sich verzogen und den Blick auf Mond und Sterne freigegeben. Sakura stand reglos in der Senke, die die wütenden Dämonen in den Hügel gerissen hatten. Ihr Blick hing auf der menschlichen Gestalt, die im Schneidersitz auf dem Grund des Kraters hockte – obwohl sie nur auf den ersten Blick menschliche Züge hatte. Ihre Kleidung war zerfetzt, die Haut schwarz-weiß gemustert, das Haar hing ihr silbrig grau in den Nacken. Die Totenkopffratze hatte ihre Augen geschlossen. Völlig ruhig saß der Mann da, schien zu meditieren, auch wenn kein Atem seine Lippen verließ.

Zögerlich streckte Sakura ihre Hand aus, wagte es aber nicht, die Gestalt zu berühren. Da hörte sie hinter sich Schritte, ein kurzes Schnaufen und dann einen leisen Fluch, als jemand in der Dunkelheit über eine Unebenheit stolperte. Dann hielten die Schritte hinter ihr an.

„Ach du Scheiße.“

Sakura drehte den Kopf und erkannte Deidara, der das Wesen mit gerunzelter Stirn musterte. „Sei so gut und sag mir, ob du ihn auch erkennst“, sagte Sakura mit tonloser Stimme. „Oder ob er nur für mich so aussieht.“

Deidara warf ihr einen schiefen Blick zu. „Er sieht aus wie dieser Dämon, der uns in den Bergen angegriffen hat, hm.“

„Der unsterbliche Hidan.“

„Genau.“

Sie fühlte einen Kloß in ihrem Hals. „Aber er ist es nicht. Hab ich recht?“ Sie konnte nicht sagen, woher sie das wusste. Sie spürte es einfach, irgendwie war da so ein leises Gefühl, dass etwas an ihm vertraut war.

„Hm.“ Deidara zog ein kleines Gerät aus seiner Hosentasche und hielt es sich vors Auge. „Nicht schlecht, Kleine. Aus dir wäre vielleicht eine gute Dämonenjägerin geworden. War das dein Instinkt?“

„Eine einfach Antwort reicht“, murmelte sie. Sie wusste nicht, was es war, das sie fühlte. Trauer? Hoffnung? Wut? Keins von alledem?

„Es sieht …merkwürdig aus. Ich kann drei freifliegende Essenzen feststellen, die diesen Körper alle zum Teil übernommen haben. Aber eben nicht vollends. Normalerweise, wenn mehrere Dämonen denselben Körper teilen, gewinnt der stärkere und verleibt sich die Macht und die Gedanken der anderen ein. Aber es sind ganz klar drei Essenzen. Übrigens unglaublich starke.“

Es war nicht nötig, dass er weitersprach. Sie wusste, was geschehen war. Als hätte sie den inneren Zwist, in dem sich Naruto befunden hatte, mitangehört. Als hätte er sie daran teilhaben lassen. „Dann ist er nicht tot?“

„Tja …“ Deidara schaltete das Gerät wieder ab. „Kann ich dir ehrlich gesagt nicht versprechen. Menschen kann ich mit dem Ding nicht sehen. Nur die Essenz seines Dämons, hm.“

„Er lebt“, nickte sie überzeugt. „Ich weiß es.“

Deidara zuckte die Achseln. „Wie du meinst. Wenn du dich damit besser fühlst …“

Noch einmal streckte sie die Hand aus, und dieses Mal berührte sie ihn. Ihre Finger strichen sanft über seine geschlossenen Augenlider. Plötzlich kämpften sich heiße Tränen in ihr hoch. „Und was soll das jetzt?“, fragte sie. „Lässt du mich jetzt einfach so allein, nur um mir und alle anderen zu helfen?“ Sie schloss die Gestalt behutsam in die Arme. Es war seltsam, diesen fremden Mann zu umarmen, und seine Haut fühlte sich kalt an und hart wie Stein, und trotzdem drückte sie ihn an sich, während ihr Tränen über die Wangen liefen. „Idiot. Du bist ein Idiot.“ Und trotzdem musste sie bei jedem Wort, das sie weinte, lächeln.

 

Als ein paar der Weißen Richter den Hügel herauf kamen, hatte Sakura sich wieder ein wenig beruhigt. Anko hatte eine Zigarette im Mundwinkel hängen, sie allerdings nicht angezündet. „Was zum Teufel ist hier vorgefallen?“, fragte sie, als sie nur eine einzige, menschliche Gestalt sah, wo eigentlich Giganten kämpfen müssten.

„Ihr wart mal wieder zu spät“, grinste Deidara. „Unsere Seite hat gewonnen. Mein Kumpel, um genau zu sein.“

Anko runzelte die Stirn und deutete auf den Körper, der einst Hidan gehört hatte. „Der Dämon lebt noch.“

„Die Dämonen“, berichtigte Deidara sie. „Vielleicht stellst du es dir einfach so vor, dass sie alle da drin um die Vorherrschaft kämpfen, hm.“

Anko schnaubte. „Worauf warten wir dann noch?“ Sie winkte ihre Leute heran.

„Das wird euch gar nichts bringen“, erklärte Deidara süffisant. „Der Körper da ist unsterblich. Die Dämonen haben ihn zur Hälfte übernommen, also kriegt ihr sie unmöglich aus ihm raus. Er wird sich höchstens in Rauch auflösen und dann wieder zusammensetzen. Am besten lernt ihr, dass man nicht jedes Problem mit Drauflosschießen lösen kann, hm.“

„Sagt der Verrückte, der mit tickenden Zeitbomben um den Armen ins Zelt fremder Leute marschiert“, gab sie trocken zurück.

„Und was machen wir jetzt mit ihm?“, fragte Suigetsu.

„Ihn in Frieden lassen“, murmelte Sakura und stand auf. Sie sah die anderen nicht an. „So wie er jetzt ist, beschützt er uns vor den anderen Dämonen, mit denen er gekämpft hat.“ Sie spürte förmlich die verständnislosen Blicke der Weißen Richter in ihrem Nacken.

Anko entfernte sich ein paar Schritte, um jemanden anzufunken. Deidara blieb schweigend neben Sakura stehen. Die Nacht wurde empfindlich kalt, aber es machte ihr nichts aus. Auto- und Motorradscheinwerfer stachen durch die Dunkelheit, und bald darauf hörte sie sie rufen. „Sakura!“

Shikamaru und Kiba und die anderen Schattenwölfe hatten den Kampfplatz erreicht. Auch Hinata und Ino waren dabei. Sakura lächelte ihnen traurig entgegen, als sie den Hügel erklommen.

„Wo ist Naruto?“, fragte Hinata beklommen.

Wortlos deutete sie auf den meditierenden Mann.

„Hä?“, machte Kiba. „Muss ich das jetzt verstehen?“

„Ich erkläre es dir später.“ Sakura holte tief Luft, sog die klare Luft ein. Es war trotz allem, als wäre etwas ihnen allen abgefallen, etwas Drückendes, das das Atmen erschwert hatte. „Wichtig ist, dass der Dämonenkönig gebannt ist. Und dieser andere Dämon auch. Dank Naruto.“

Etwas in ihren Worten schien die anderen davon zu überzeugen, dass sie recht hatte – oder sie schwiegen nur, weil sie erkannten, dass diese Sache Sakura naheging. Vielleicht würden sie sie später mit ihren Fragen löchern.

„Und damit ist genau das geschehen, was sich der gute Kimimaro gewünscht hat“, meinte Deidara. „Ich weiß zwar nicht, ob er sich sogar wirklich für dieses Ziel opfern wollte, aber immerhin hat er es erreicht.“

Sakura schwieg. Sie überlegte, ob sie Kimimaro böse sein sollte, weil er Naruto erst zu diesem Plan überredet hatte. Aber sie glaubte fest daran, dass Naruto es ihm nicht übel nahm. Er hatte nun seine Bestimmung gefunden, den Grund, aus dem er hierhergekommen war. So bitter diese Bestimmung auch war. Vielleicht wäre er sonst auf ewig rastlos herumgewandert.

Vielleicht mit mir. Sie schluckte den bitteren Kloß in ihrem Hals und auch die Tränen, die erneut kommen wollten, hinunter.

„Dann lasst mich mal rekapitulieren, hm“, meinte Deidara, als eben Anko von ihrem Funkgespräch zurückkam. „Der Dämonenkönig ist tot. Orochimaru liegt höchstwahrscheinlich irgendwo unter unseren Füßen begraben, würde ich mal sagen. Die Schreckensherrschaft der beiden ist beendet. Die beiden großen Mafia-Familien sind ebenfalls verschwunden. Was bleibt, ist ein Haufen kleinerer Banden. Kurz gesagt, die Stadt ist wieder zu haben, hm. Interesse, irgendjemand?“

Sakura sah Shikamaru erwartungsvoll an. „Eine Chance, neu anzufangen“, sagte sie, kaum hörbar. „Wir sind es Naruto schuldig.“

Shikamaru schwieg, zündete sich selbst eine Zigarette an. Dann reichte er Anko das Feuerzeug. Zwei glimmende Punkte erhellten die Nacht.

„Ich finde die Idee gut“, meinte Kiba. „Wir haben gerade jede Menge Kohle und Einfluss. Wahrscheinlich mehr als die anderen Banden. Wenn wir schnell sind, kriegen die gar nicht mit, was geschehen ist.“

Shikamaru atmete Rauch aus, schnippte die kaum begonnene Zigarette zu Boden und trat sie mit dem Fuß aus.

„Du hast heute selbst gesagt, dass du neugierig wärst, was für ein Ort Akuma Gakure mit Naruto als Herrscher wäre“, erinnerte ihn Chouji.

„Wir könnten es ausprobieren“, meinte nun auch Iruka. „Ein Akuma Gakure, wie Naruto es gewollt hätte. Ich glaube, wir hätten die Mittel dazu.“

„Was wirst du tun?“, fragte Temari.

Shikamaru seufzte tief. „Mann, ihr nervt“, brummte er dann. „Von mir aus. Versuchen wir, ein wenig Ordnung in diesen Hexenkessel von Stadt zu bringen. Akuma Gakure kann ja nicht ewig eine Stadt des Verbrechens bleiben.“

Sakura lächelte ihn an. „Danke.“

„Akuma Gakura ist auch eine Stadt der Dämonen, hm“, mischte sich Deidara ein. „Ein paar tauchen sicher immer wieder auf.“

„Dafür haben wir ja Typen wie dich“, meinte Sakura schlicht.

„Und ich bin sicher, die Weißen Richter werden mit den Freunden ihres Befreiers zusammenarbeiten, oder?“, fragte Ino, an Anko gewandt.

Diese schien erst überrascht. „Was? Hm, ja, warum nicht. Dämonen zu töten ist sowieso unsere Berufung.“

„Aber ihr dürft nicht vergessen, dass wir hier jetzt die neue Ordnung bilden“, sagte Kiba wichtig. „Also kein Drauflosgeballere auf Verdacht hin, ja?“

„Noch habt ihr die Fische nicht im Trockenen“, meinte Anko säuerlich.

„Das schaffen wir.“ Sakura drehte sich zu der statuengleichen Gestalt um, in der Naruto von nun an einen ewigen Kampf ausfocht. „Wir haben jetzt schließlich ein großes Vorbild, nicht wahr?“

Shikamaru und Anko vereinbarten schließlich, sich in den nächsten Tagen an einen Tisch zu setzen und zu überlegen, was weiter zu tun wäre. Mit dem Waffenarsenal der Weißen Richter in der Hinterhand konnten die Schattenwölfe zusätzlich Eindruck schinden, und die Weißen Richter hatten im Gegenzug Interesse daran, dass nun Menschen diese Stadt regierten. Die erste Ausnahme würde Sora betreffen, aber auch dabei würde man sich einig werden.

Sakura und Deidara waren die Letzten, die noch auf dem Hügel verblieben. Deidara schien ein wenig verloren, als hätte er keine Ahnung, was er nun tun sollte. Dass er aus Kondolenzgründen oder aus Dankbarkeit hierblieb, konnte sich Sakura eigentlich nicht vorstellen.

Der Mond tauchte die reglose Gestalt in silbernes Licht, die schwarzen Hautpartien verschmolzen mit den Schatten der Nacht. Sakura versuchte, von diesem Ort als Narutos Grab zu denken, aber sie wusste, dass das so nicht stimmte. Wieder streckte sie die Hand aus und strich über sein Gesicht. „Danke“, flüsterte sie. „Danke für alles.“

Auf dem Rückweg durch die Schuttwüste, zu der sich die Slums von Akuma Gakure verwandelt hatten, meinte sie: „Hier muss einiges wiederaufgebaut werden.“

„Dann habt ihr gleich was zu tun, hm.“

„Zu tun haben wir jede Menge, denke ich.“ Es würde schwierig werden. Aber wahrscheinlich nicht halb so schwierig wie der Kampf, dem sich Naruto verschrieben hatte. Sakura sah den Sternenhimmel an. Ja, eindeutig, er war noch nie so schön gewesen. Er versprach ein Morgen, auf das es sich zu warten lohnte.

Sie hätten mit einem Wagen fahren können, aber etwas trieb Sakura zu Fuß in den Stadtteil, in dem erst heute Morgen ihr großer Plan seinen Anfang genommen hatte. Deidara trottete kommentarlos neben ihr her. Schließlich fanden sie Sasuke und Kimimaro, die in ihrem Todeskampf ein abstraktes, stacheliges Kunstwerk gebildet hatten.

„Wir haben ihm auch viel zu verdanken“, murmelte Sakura.

„Vermutlich.“ Deidara zuckte mit den Schultern. „Sagen wir es so, er war ein angenehmer Partner. Nicht so lästig wie ein gewisser anderer Tölpel, der mir ständig hinterherrennt.“

„Du hast ihn heute Morgen zurückgelassen, oder?“

„Ja. Leider. Aber weiter in Richtung Stadtkern haben auch ein paar Trümmer eingeschlagen. Vielleicht hab ich ja Glück und eines hat ihn getroffen“, sagte er trocken.

In dem Moment erreichte eine schrille Stimme ihre Ohren. „Senpaiii!

Als hätte er nur auf sein Stichwort gewartet, kam Tobi mit beinahe übermenschlicher Geschwindigkeit angerannt, die Arme erhoben, und Sakura meinte fast den Tränenstrom zu sehen, der aus seiner Maske herauslief.

Deidara seufzte tief. „Mir bleibt auch nichts erspart, hm.“

Sakura lächelte. Wieder sah sie zum Himmel hoch. Wenn man bedenkt, wo wir alle angefangen haben, geht es uns doch relativ gut, oder, Naruto? Ich hoffe, du kannst mitansehen, was wir aus dieser Stadt machen werden.

Während Deidara Tobi abzuwehren versuchte, der ihm um den Hals fallen wollte, streckte sich Sakura und sog erneut die klare, wohltuende Nachtluft ein. Aber du bist ab heute unser Schirmherr. Wie kann es da sein, dass du uns nicht siehst?

 

 

THE END.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Da das hier ja A Bullet For You ist, gibt es gleich mal eine ordentliche Portion Action. Ich hoffe, das erste Kapitel seit Ewigkeiten hat euch gefallen und begrüße alle an Bord, die (wieder) mitlesen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich mag Actionszenen über mehrere Kapitel^^ Das hat irgendwie was von den Kämpfen in der Serie. Ich hoffe, es hat euch so weit auch gefallen.

Übrigens, in meinem Weblog gibt es was zum Schmunzeln zu ABFY, eine Art Fun-Fact, wenn man so will: http://animexx.onlinewelten.com/weblog/466454/

Bis nächste Woche! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Hoffe, es hat euch gefallen.
Der zweite Teil von "A Bullet For You - The misheard Trailer" ist übrigens online; uu finden in meinem Weblog.
lg Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
... und das wars mit dem Kampf Klänge gegen Sharingan-Familie! Hoffe, es war spannend, und bin neugierig, was ihr von dem Ausgang haltet^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hätte ja faaaast vergessen, dass ich die FF eigentlich vor ewig vielen Kapiteln als NaruSaku-FF konzipiert hatte XD
Und eigentlich merkwürdig, wenn ich mir vorstelle, dass die FF jz bald zum Ende kommt, aber trotzdem noch ein Viertel (von der Länge her) vor uns liegt O.o
Ich hoffe, es hat euch gefallen, und wünsche euch allen ein frohes Weihnachtsfest und schöne Feiertage :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Zur Abwechslung auch mal ein bisschen Trickserei^^ Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So, wir rasen jetzt endgültig auf das Ende zu.
Ich hätte das Kapitel wohl noch auf mehrere aufteilen können, aber irgendwann muss ich ja hiermit fertig werden, und 50 ist eine schöne Kapitelanzahl. Bis zur nächsten Woche! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So, das war's mal wieder für diese Woche. Ich wollte in diesem Arc bewusst stupide Einzelkämpfe vermeiden - davon haben wir ja schon genug gesehen - und die Sache etwas interessanter gestalten ;) Hoffe, es ist mir gelungen und ihr fiebert noch brav mit^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Wer erinnert sich an Sasukes Verfluchte-Siegel-Gestalt im Trailer? ;) Jz ist es soweit, dass er auch wirklich so aussieht!
Irgendwie wurde das Kapitel hier doch wieder kürzer ... Mehr ein Kapitel, um nochmal richtig Luft zu holen. Ab jetzt wird es aber kurzatmig ;) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Diesmal hab ich nicht wirklich was anzufügen, aber ich bin gespannt, was ihr zu dem Kapitel sagt ;) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Demnächst gibt es also die letzten Antworten. Wir nähern uns dem Ende!
Hoffe, es hat euch gefallen. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Zwei noch. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
... und im nächsten Kapitel: Das fette Finale von ABFY :) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Und das war's ... Ich muss sagen, ich bin recht zufrieden mit diesem Ende. Vor allem, wenn man bedenkt, dass ich diese FF vor Ewigkeiten angefangen habe, ohne einen konkreten Plan, wo ich damit hinwill ... Ich weiß noch, ich wollte, damals in meinen Anfangszeiten als FF-Schreiberling, einfach eine coole FF mit den Naruto-Charakteren schreiben, aber in einem alternativen, actionreichen Universum. Und ich wollte Kimimaro einbauen, unbedingt, und fast Hand in Hand kam damit seine verbotene Romanze mit Tayuya. Der allerursprünglichste Gedanke war ja sogar gewesen, einfach ein paar rivalisierende Straßenbanden zu erfinden, mit Naruto als festem Mitglied von Beginn an. Schließlich habe ich mich doch dazu entschieden, dass er neu in die betreffende Stadt kommen und von einem Problem ins nächste stolpern sollte. Im Nachhinein darüber nachzudenken hat iwie was Interessantes an sich^^
Man kann wohl sagen, dass ABFY meine am längsten laufende FF war, allerdings nur, wenn man die zwei Jahre und neun Monate währende Pause mitrechnet. Aber ich bin trotzdem zufrieden, dass ich sie letzten Endes doch noch fertiggebracht habe. Somit blickt ABFY hier auf Animexx auf ein stolzes Alter von sechs Jahren und fünf Monaten zurück - Wahnsinn. An dieser Stelle möchte ich mich gleich noch bei all jenen entschuldigen, die den Rest der FF lesen wollten, aber einfach nicht lange genug auf Animexx aktiv waren, um von der Wiederbelebung der jahrealten, sehr überzeugend wirkenden Leiche von ABFY zu erfahren. Ich kann sagen, ich habe längst daraus gelernt und es mir angewöhnt, meine FFs immer brav fertigzuschreiben, ehe ich sie veröffentliche. Das garantiert immerhin, dass von mir keine halbfertigen FFs mehr herumgeistern, die nie fertiggestellt werden. Ich habe mir auch vorgenommen, die übrigen FFs in meiner Liste, die ich irgendwann angefangen habe hochzuladen, fertigzustellen. Ein wenig Genugtuung verschafft einem das nämlich schon ;)
Zuletzt noch ein großes Danke an alle, die tatsächlich die ganze FF gelesen haben, sei es, weil sie die Leichenstarre von ABFY überdauert, sei es, weil sie die FF erst kürzlich entdeckt oder wiederentdeckt haben. Ich hoffe, ihr mögt das Ende ebenso wie ich.
Ich schließe nun also feierlich den Deckel zu der langen Geschichte von A Bullet For You. Man liest sich!
Urr Komplett anzeigen

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Von:  Hokagebernd
2024-01-15T12:05:54+00:00 15.01.2024 13:05
Ich mag die Chemie zwischen ino u. Naruto ich mag diese Art von ino sehr aber was mir nich gefällt is das naruto ständig von anderen gerettet werden muss u. Das er wirkt als würden naruto aufgeben in schwierigen o. Aussichtslosen Situationen was nich zu ihm passt
Von:  Hokagebernd
2024-01-11T13:36:58+00:00 11.01.2024 14:36
Tolles Kapitel nun es wird auch mal zeit das naruto mal Taten sprechen lässt er muss auf jeden Fall lernen es zu kontrollieren die unbändige Kraft die in ihm wohnt sonst wird er dort nich lange überleben wenn 3r immer wieder in gefährlichen Situationen gerät
Von:  Hokagebernd
2024-01-10T13:36:25+00:00 10.01.2024 14:36
Anscheid gibt es ne 3 Partei die dort wohl mitmischen will naruto könnte mal etwas mehr Mum in denn Knochen vertragen bis jetzt hat er nur ne grosse Klappe u. Nix dahinter hoffe dass ändert sich noch
Von:  Hokagebernd
2024-01-10T11:34:23+00:00 10.01.2024 12:34
Ich weiß nich was ich von dem Verhalten von sasuke u. Itachi halten soll alter naruto hat denn geholfen u. Die haben nix besseres zu tun als ihn ne Waffe an denn Kopf zu halten u. Ihn in die Wohnung zurück du drängen u. Gewisserweise ihn u. Hinata Als geisel zu nehmen auch wenn sie eine mafia Familie sind etwas Dankbarkeit können sie schon zeigen ich hoffe mal das naruto mal mehr von sich zeigt weil bis jetzt kommt er mir nur wie ein kleiner seiten Statist vor der nix kann u. Sich von einer Ecke in die andere schubsen lässt u. Dabei lächelt u. Sich nich wehren tut was absolut nich zu seinem Auftreten passt
Von:  Hokagebernd
2024-01-10T10:00:50+00:00 10.01.2024 11:00
Tolles Kapitel nun es is schon ziemlich bekloppt das hinatas Bruder für sie ein Mann ausgesucht sind die noch im Mittelalter o. Was unabhängig das naruto kei Interesse in dieser Hinsicht an hinata hat kann ich schon seine Empörung verstehen
Von:  Hokagebernd
2024-01-09T10:09:49+00:00 09.01.2024 11:09
Tolles Kapitel nun das muss ja ein Bild für die Götter gewesen sein für naruto hinata in Unterwäsche zu sehen es erstaunt mich das hinata naruto ein Platz in ihrem Bett neben ihr an geboten hat aber auch ziemlich naiv ino sagte zwar er is zwar eonwwenig verrückt is aber okay is heißt noch lange nich das er nich etwas versuchen könnte bei ihr natürlich is er nich so aber das kann sie ja nich wissen
Von:  Hokagebernd
2024-01-08T13:30:42+00:00 08.01.2024 14:30
Tolles Kapitel nun mich sollte es nich wurden wenn die Andre Person sakura is
Von:  Hokagebernd
2024-01-08T10:23:59+00:00 08.01.2024 11:23
Tolles Kapitel es kann schon ein wenig nerven wenn naruto in jeder Situation sein namen sagt so wie kamina in guten lagan der hatte das auch immer gesagt aber jetzt mal zum Kapitel ich fand es schon unfair das zaku seine Implantate aus der eigentlichen
Naruto weilt u. Naruto nur ein normaler Mensch is ohne chakra aber wie sich wohl erarbeitet hat das wohl naruto kurama in sich trägt u. Zum Thema einen Streit mit dem er nix zu tun hat stimmt un wieder auch nich als er ein gegriffen hatte in die geschänise hat er eine seite gewählt u. Wenn er zaku nich beseitigt wird ihm das auf die Füße fallen wette ich für
Von:  Hokagebernd
2024-01-07T21:48:13+00:00 07.01.2024 22:48
Tolles Kapitel u. Interessanter Anfang das ino so drauf gengerisch is gefällt mir bin dann mal gespannt wie es weitergeht
Von:  -Shira-
2017-04-29T22:38:18+00:00 30.04.2017 00:38
Die FF ist zwar schon etwas älter, aber wenn ich sie schon lese, kann ich ja ein Komi hinterlassen. Ich mag deine Fanfic sehr, sie ist spannend und zwar die ganze Zeit über, was bei den meißten anderen FFs nicht der Fall ist. Die Action-Szenen haben mir besonders gefallen. Außerdem haben einige Sätze mich sehr zum Lachen gebracht! Nejis Veränderung war ziemlich interessant und die Zusammenmischung der Mitglieder der Banden hat mich auch beeindruckt. Die gesammte Story war abwechslungsreich und im schönen Stil geschrieben, sodass man sehr mitfiebern konnte. Ich fand es ziemlich traurig, als Itachi gestorben ist. Das war für mich so etwas, wie ein emotionaler Höhepunkt. Also zusammen gefasst: Diese Fanfic ist dir sehr gelungen! (0 . <) Favo Eintrag hast du dir merklich verdient! Auf jeden Fall ist das eine der besten Fanfics, die ich gelesen habe! Nicht aufhören mit Schreiben. Freue mich auf (hoffentlich) weitere Fanfics!

LG

Black-_-Demon
Antwort von:  UrrSharrador
30.04.2017 15:32
Danke für deinen Kommi! Freut mich, dass dir die FF so gut gefallen hat :D
lg


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