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Das Gemälde des Sterbenden Knaben

Sequenz xx
von

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Prolog

Die Sonne neigte sich schon dem Horizont zu und warf warmes Licht auf die Westseite der Häuser, als er die Stadt betrat. Er bewegte sich frei in der arbeitstüchtigen und bummelnden Menge, sichtbar für alle. Er wusste, dass gerade das ihm den Schutz und die Anonymität gab, die er brauchte. In den letzten Jahren hatte er ein ausgeprägtes Feingefühl für dererlei Dinge entwickelt. Er wusste, wie weit er gehen konnte, und er konnte nicht leugnen dass es ihm auch nach all den Jahren ein gewisses Maß an Befriedigung verschaffte entlang der Grenzen zu wandern, diese zu entdecken und sie zu überschreiten.

Die Gasse verengte sich, und der Menschenfluss verlangsamte sich. Er legte eine Hand an den Mann vor ihm und schob ihn sanft, aber bestimmt zur Seite.

„He, sei vorsichtig Junge, du berührst hier eine Autoritätsperson.“ Sagte die Stadtwache, lies aber den Druck zu und gab den Weg frei. Ezio lächelte, verneigte in höhnischer Demut den Kopf und sprach ein Wort der Entschuldigung.

„Du und Autoritätsperson?“ fragte sein Kollege, „Sagtest du nicht gestern noch, dein Weib wäre die wahre Autoritätsperson?“

Die Wachen brachen in schallendes Gelächter aus und ließen damit das Gesicht des Geschädigten vor Wut und Scham rot anlaufen.

Ezio ging vorüber.
 

Ja, wahrlich. Kaum etwas bereitete ihm mehr Lust als seine Grenzen vollends auszukosten. Er zählte die Münzen aus dem Geldbeutel der Wache und ging erhobenen Hauptes an dem Steckbrief, der sein Bild zierte, vorbei.

Kapitel 1

Claudia Auditore gab Olivenöl in die Kochpfanne und legte noch etwas Holz nach. Die aragosta hatte sie schon zurechtgeschnitten, jetzt musste der Fisch noch nur über dem Feuer gar werden. In der Villa Auditore wurde für den Abend Besuch erwartet, und sie würde ihrem Ruf alle Ehre machen. Speiß und Trank vom Feinsten, das war es, weswegen man sie schätzte und liebte.

Sie hob gerade den Deckel des Topfes an um den Zustand der Artischocken zu kontrollieren als sich plötzlich zwei Arme um ihre Taille schlangen und sich mit einem stürmischen Kuss zwei Lippen auf ihre Wange drückten.

Sie erkannte ihren Bruder sofort und schmiegte sich in einer kurzen Geste der Begrüßung an ihn, den Kochlöffel in der einen, den Topfdeckel in der anderen Hand haltend.

„Kündige dich gefälligst vorher an, Ezio“ sagte sie in einem gespielt säuerlichen Ton und drehte eine der Artischocken im kochenden Wasser.

Ezio nahm seine Kapuze ab, krempelte seine Ärmel hoch und begann die Tomaten zu schneiden, die Claudia bereit gelegte hatte. Sein Verhalten entschuldigte er mit einem vergnügten Lachen.

Wie konnte sie ihm auch böse sein, dachte sie sich, wenn er so viel Leben ins Haus brachte. Sie war glücklich, dass er seinen Schmerz, der auch ihrer war, überwunden hatte und fast gänzlich wieder der unschuldige Knabe von damals zu sein schien. Zudem spürte sie dass sein Schicksal ihn erfüllte – und diese Erfüllung ist ein Geschenk, das den Menschen Sinn, Zweck und Platz auf dieser Erde verschaffte.

Und ihr Bruder, das wusste sie, brauchte mehr als jeder andere Sinn für sein Leben.

„Ist der Auftrag für die Renovierung der Miene schon durchgegangen?“ Fragte Ezio und legte die in Scheiben geschnittenen

Tomate in eine Schüssel.

„Ja. Ich soll dir größten Dank für die zusätzliche Spende ausrichten. Von der ich übrigens nichts wusste.“ Sagte sie, während sie den Fisch in die mittlerweile heiße Pfanne legte. Das Öl tat sofort sein Übliches und briet das Fleisch mit schmackhaften Geräuschen an. Die Küche wurde von einem wunderbaren Geruch erfüllt.

„Ah, bella mia, ich fürchtete, dass du es mir sonst nicht erlauben würdest.“ Erwiderte er in einem fast schon übertrieben charmanten Ton.

„Sieh mich nicht so an. Wenn du mich als Buchhalter haben möchtest, Bello mio, muss ich auch einen Überblick über deine Finanzen haben.“

Er legte eine weitere geschnittene Tomate in die Schüssel und nickte. „Ja. Verzeih mir, Claudia. Du hast recht. Und jetzt gräme dich nicht mehr, sonst schmeckt man das später im Fisch. Die Kartoffeln in Scheiben oder gewürfelt?“

„Raus aus meiner Küche, Ezio! Wenn später etwas nicht schmeckt, dann deinetwegen. Onkel Mario hat nach dir Rufen lassen, er möchte vor dem Abendessen mit dir sprechen.“

„Aber Claudia, liebe Schwester…“

„Raus!“

Er lachte herzlich und gab ihr einen Abschiedskuss.
 

Ezio verschwand rasch aus der Küche. Das unbekümmerte Familienleben in der Villa Auditore gab ihm den nötigen Rhythmus den er brauchte. Egal, was dort draußen passierte – in der Villa ging das Leben weiter. Jeden Tag drei Mahlzeiten, immer frische Laken, sogar seine Zivilkleidung wurde regelmäßig gewaschen und fein säuberlich in seinem Zimmer aufbewahrt, obwohl er diese nur noch selten trug. Und das Schönste war wohl, dass er immer eine Familie hatte die ihn liebte und ihm Halt gab, egal wessen Blut an seinen Händen klebte.

Er war sich sicher: ohne Claudia, seine Mutter oder seinen Onkel und Mentor Mario wäre er nur noch Mechanik. Ein lieb- und lebloses Gerät, das so lange funktioniert bis es kaputt geht.
 

Er öffnete die Tür zum Speisesaal und erblickte sogleich seinen Onkel und dessen ansehnliche Begleitung, die beide an einem antiken Esstisch saßen. Die Frau war in teure Seide gekleidet und trug ihre schwarzen Haare kunstvoll hochgesteckt. Ezio schloss daraus, dass sie nicht ein gewöhnlicher Besuch war.

„Bonasera Madonna. Mario.“

Die Dame schenkte Ezio ein graziöses Lächeln und nickte ihm zu.

„Hallo Ezio. Schön, dass du dich noch vor dem Abendessen blicken lässt. Das hier ist meine gute Freundin Aurora.“ Sagte Mario und legte eine Hand auf Auroras Schulter. Ezio verstand sofort und wandte den Blick und seine Aufmerksamkeit von der Schönheit ab. Auch wenn er gerne die allgemeine oder nächtliche Gesellschaft der Frauen, ungeachtet dessen ob sie einen Ring am Finger trugen oder nicht, über alle Maße genoss, die Liebschaften seines Onkels würde er ihm niemals streitig machen. Insbesondere da Mario Auditore sonst nicht unbedingt Glück bei den Damen hatte.

„Du hast nach mir rufen lassen, Onkel?“ Fragte er stattdessen.

Mario schob seinen Stuhl zurück und stand auf. „Ja, in der Tat. Ich möchte, dass du deinem Freund Leonardo dies hier bringst, wenn du ihn mal wieder siehst.“ Sagte er während er Ezio einen Brief und einen Münzbeutel in die Hand drückte, „Es ist der Auftrag für ein Gemälde, mit Anzahlung. Wenn jemand ein Bild nach meinen Wünschen anfertigen kann, dann ist es er.“

Ezio nahm die Gegenstände entgegen. „Bene. Ich wollte so wie so demnächst nach Venedig aufbrechen.“

„Sag ihm auch, dass ich ihm mit Materialien und Unterkunft zur Verfügung stehe wenn er es hier malt. Ich habe es ihm schon bei unserem letzten Treffen angeboten: Er kann auch gerne länger bleiben.“ Fügte Mario hinzu.

„Willst du ihn hier haben, weil du das Risiko nicht eingehen willst, dass das Bild auf der langen Reise zu Schaden kommt?“ fragte Ezio.

Mario schwieg einen Moment. „Das ist sicherlich mit ein Grund. Vielmehr bin ich aber um sein Wohl besorgt. Mir sind Nachrichten zu Ohren gekommen, die nichts … Angenehmes für Freunde der Auditore verheißen.“ Er biss sich auf die Lippe. Ezio wusste, dass Mario vor Fremden Ohren nicht alles aussprechen konnte, aber die Information war völlig ausreichend.

„Ich werde versuchen, ihn zu überreden, Onkel.“ sagte er rasch.

„Danke, Ezio. Und, ach ja – Sieh zu, dass er das Bild auch wirklich anfangen wird. Ich möchte mein Werk nicht erst Jahre nach der Beauftragung begutachten können. Schließlich ist es nur ein einfaches Bild, kein Fresko oder dergleichen.“

Ezio lachte. „Leonardos Ruf eilt ihm voraus. Der gemächlichste Maler in ganz Italien. Aber keine Sorge, für dich wird er sich sicherlich beeilen.“ Sagte er und wandte sich zum gehen. Die besorgte Miene seines Onkels trieb ihn an. „Ich denke, ich werde sogar heute noch aufbrechen. Wartet mit dem Abendessen nicht auf mich.“

„So kenne ich meinen Neffen. Lass dich nicht aufhalten, und überbringe unseren Freunden schöne Grüße von mir, Ezio.“
 

Der Mond stand mittlerweile schon vollends sichtbar am Himmel als Ezio sich auf sein Pferd schwang und gen Forli ritt. Um Florenz zu meiden verließ er die Handelsstraße und nahm stattdessen kleinere Wege. Seine Heimatstadt war ein unglaublich schöner Ort – schöner noch als das hoch gepriesene Venedig, seiner Meinung nach – aber die vertrauten Straßen und Gebäude beheimateten nostalgische Gefühle, die ihrerseits nur mit schmerzlichen Erinnerungen einhergingen.

Nach einer durchrittenen Nacht und einem durchtrabten Tag traf er schließlich in Forli ein. Er machte vor der Burg Forli halt, dem ansehnlichen Anwesen seiner guten Freundin und Kameradin Caterina Sforza. Ein Hofknabe eilte sogleich herbei und nahm das Pferd entgegen. „Gib ihm den besten Platz im Stall, Junge, und besorge ihm ein paar Möhren.““, sagte Ezio und drückte ihm großzügig ein paar Florinen in die Hand. Nach vielen Jahren der Arroganz hatte er gelernt, dass ein Mensch der nicht dem Adel angehörte deswegen nicht minder wertig war. Der gewöhnliche Volksmund nahm an dass Adel, Intelligenz und Macht im Blut floss und dementsprechend war es auch gerechtfertigt, dass arme Menschen eben arme Menschen waren. Aber Ezio wusste es besser. Man konnte auch unverschuldet an Armut geraten.

„Jawoll, Signore.“ Erwiderte der Stalljunge. Seine Wangen nahmen ein zartes Rosa beim Anblick der vielen Münzen an. „Ich werde eurem Pferd die besten Möhren aus dem Lager geben!“

Ezio lächelte über die kindliche Freude des Knaben und legte ihm für einen Moment die Hand auf die Schulter. „Ist die Contessa Sforza heute anwesend?“

„Sie ist vor ein paar Augenblicken angekommen und müsste sich in ihrem Anwesen befinden, Signore.“ erwiderte der Junge mit den vergnügten und unschuldigen Worten eines Kindes.

Hab Dank, beendete Ezio das Gespräch und durchschritt das Haupttor.

Er grüßte gedankenverloren die Privatgarde der Contessa, die ihm wohlwollend zunickte. Nach der Rettung ihrer Kinder war Ezio ein gern gesehener Gast im Hause Sforza. Zumindest wollte das Catarina Sforza so. Die Wachen wussten: Wer über Ezio ein schlechtes Wort verlor, verlor damit auch seinen Kopf. Catarina konnte unlautere Gefolgschaft auf den Tod nicht ausstehen.

Doch Ezio plagten andere Gedanken als die mehr oder weniger aufrichtigen Grüße der Garde. Er musste die ganze Reise über an Marios besorgte Worte denken. Nun bereute er es, nicht um genauere Informationen gebeten zu haben. Leonardo war sein engster und teuerster Freund, und sein Wohl lag Ezio sehr am Herzen. Mit dem nächsten Schiff würde er im Morgengrauen abreisen.

Er wechselte kurz ein paar Worte mit der Garde, die das Hauptanwesen Catarinas beaufsichtigte, und sie ließen ihn passieren.

„Ezio! Dass du dich hier blicken lässt!“ Rief Caterina Sforza aus als Ezio den Hauptsaal betrat. Sie sprach die Worte wie einen Fluch aus, aber Ezio kannte sie gut genug um zu wissen dass sie sich über seinen Besuch freute.

Sie stand auf und umschritt den gewaltigen Esstisch. Ezio kam ihr entgegen.

„Caterina, kaum eine Frau macht mir mit ihrer Begrüßung so bewusst wie sehr ich sie vermisst habe wie Ihr.“ sagte Ezio schmunzelnd und nahm ihre Hand in die Seine. „Ich hoffe ich komme nicht ungelegen.“

Sie legte jedoch einen Arm um ihn und drückte ihn an sich. „Ich habe von der Verschwörung gehört. Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen. Meinen Kindern geht es gut, sie sind an einem sicheren Ort.“

Ezio schob sie mit sanfter Gewalt von sich und blickte ihr in die Augen. Die Sorge stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Dann wisst ihr mehr als ich, Caterina. Mario meinte nur, dass…“

„Mario will nicht, dass diese Lappalie mehr Aufmerksamkeit bekommt, als ihr zusteht.“ unterbrach sie ihn.

„Ist es denn wirklich nur eine Lappalie, wenn ihr eure Kinder verstecken müsst?“ Er drückte ihren Arm. Er wollte wissen, was los war.

Sie wich seinem Blick aus. „Vielleicht bin ich einfach nur eine alte, verängstigte Mutter.“ Sie löste sich aus seinem Griff und setzte sich legere auf den Tisch. Eine typisch unziemliche Bewegung ihrerseits. Sie legte nicht viel Wert auf die dezenten Verhaltensweisen einer vornehmen Dame, und gerade das war der Grund weswegen Ezio diese Frau so verehrte und schätzte. Sie war es auch, die ihn vor einigen Monaten den richtigen Umgang mit Pfeil und Bogen lehrte, und ihm einige offensive Attacken mit dem Schwert beibrachte. Gegenstände, die in weiblichen Händen sonst nicht vermögen ihre volle Stärke zu präsentieren.

Er hatte Geschichten gehört, dass sie in Kriegen und Kämpfen ihrem Volk immer, egal ob sie nun ein Kind unter dem Herzen trug oder ihre Beine in hohen Schuhen und teurer Seide gekleidet waren, im Schlachtfeld mit Schwert und Bogen zur Seite stand, und nachdem er die Burg von Forli gemeinsam mit ihr verteidigt hatte glaube er diese Geschichten auch nur zu gern.

„Für mich seid Ihr weder verängstigt noch alt. Ihr seid die mutigste Frau, der ich je begegnen durfte, und eine der schönsten noch dazu.“ Sagte Ezio und

vergnügte sich an ihrem Anblick.

Caterina stütze ihr Gesicht auf ihren Arm und reagierte nicht auf seine Bemerkung. Nach einigen Momenten der Stille sagte sie schließlich: „Ich weiß wirklich nicht viel. Ich weiß nur, dass sie etwas planen. Es muss ja nicht mal stimmen, Ezio. Vielleicht wollen sie uns nur Angst machen, damit wir leichtsinnig und weich werden. Oder unsere Quellen sind verunreinigt.“

„Eure Quellen waren noch nie verunreinigt, Caterina.“ Sagte Ezio. „Könnt ihr mir wirklich nicht mehr sagen?“

Caterina strich sich nervös eine rotblonde Strähne hinter ihr Ohr.

„Nein“ sagte sie schlicht.

Ezio wusste nicht, ob sie etwas vor ihm verbarg oder sie nach dem letzten Angriff auf ihre Kinder übervorsichtig war. Er ging einen Schritt auf sie zu und bemerkte die Tränen in ihren Augen. Er spürte ihren Schmerz und ihre Angst und fühlte Mitleid mit ihr. Sie war härter als Stein, aber die Gefühle für ihre Kinder waren bewundernswert tief. Er versuchte sie mit einer Berührung zu trösten und strich ihr über die Wange.

„Bleib heute Nacht hier.“ Flüsterte sie kaum hörbar und schmiegte sich an seine Hand. Dieser leise Ruf nach Nähe und Zuneigung raubte ihm für einen Moment den Atem. Er hatte Caterina zuvor noch nie derartig verletzlich erlebt.

„Ich wollte euch so wie so um ein Bett für die Nacht bitten.“ Sagte Ezio und beugte sich herab um ihre Lippen zu küssen. „Warum dann auch nicht gleich um eures…“ Fügte er leise hinzu. Caterina seufzte auf und schlang ihre Schenkel um seinen Unterkörper.

Kapitel 1 (Teil 2)

Der nächste morgen kam rasch und Ezio bekam nicht so viel Schlaf wie er sich erhofft hatte.

Er erwachte schon vor dem Morgengrauen. Da das erste Schiff nach Venedig jedoch erst zur ersten Morgenstunde nach Sonnenaufgang aufbrach und er zu wach war, um sich wieder zur Ruhe zu betten, betrachtete er Caterina. Schön wie ein gefallener Engel lag sie neben ihm, und in ihrem Gesicht zeichneten sich weniger Sorgenfalten als am Vorabend ab. Er wünschte es würde so bleiben, aber er wusste es leider besser. Ihre Sorgen waren zu tief, die Wunden durch den letzten Vorfall zu frisch, und mit ihrem Erwachen würde alles wiederkommen.

Es stimmte ihn ungemein traurig und er nahm sich vor, ihre Kinder nach dem Aufenthalt bei Leonardo zu besuchen und nach ihnen zu sehen, denn sie selbst woltte den Kontakt zu ihnen meiden um dem Feind keinen Hinweis darauf zu geben wo sie waren.

Caterina drehte schlaftrunken ihren Kopf in Ezios Richtung und die ersten Sonnenstrahlen fielen auf ihr Gesicht. Er würde bald aufbrechen. Um sie noch ein letztes Mal betrachten zu können strich er ihr das Haar aus dem Gesicht. Ihre Augenwinkel waren tränenverklebt, ein Schatten des Vorabends. Vor dem Einschlafen hatte Ezio sie im Arm gehalten und Caterina hatte, wie es für Frauen die sich zu viele Gedanken machen üblich war, über viele belanglose Dinge geredet. Nun wusste er zumindest darüber Bescheid wie Frauen sich den Schambereich trimmen (mit Wachs, du lieber Himmel! Ezio verspürte schon allein bei dem Gedanken große Schmerzen) und was die Lieblingsbücher, -tiere, -farben und -speisen ihrer Kinder waren.

Er wollte sie nicht wecken und stand deshalb leise auf und zog sich an. Da es aber nicht seine Manier war, eine Frau ohne ein Wort des Abschieds zu verlassen öffnete er das Fenster, stieg auf den Sims und pflückte eine der hiesigen Kletterrosen, die an der Wand entlang wuchsen.

Er legte sie neben ihr Kopfkissen. Dann verließ er das Zimmer.
 

Das Schiff legte direkt in San Polo, dem Viertel in welchem Leonardo lebte, an. Es war ein schöner Tag. Die Sonne wärmte die Haut und der Duft von frisch gebackenen und gebratenen Delikatessen erfüllte so stark die Luft dass er sogar fast den typischen Modergeruch Venedigs übertünchten. Ezio betrachtete den strahlend blauen Himmel als er das Schiff verließ.

„Wie spöttisch dieser Tag doch ist!“ rief ein betrunkener Obdachloser in Ezios Nähe und stürzte sich in einen Heuhaufen, nur um dort einzuschlafen.

Ezio pflichtete ihm stumm bei. Nichts an diesem Tag lies auf das kommende Unheil schließen.

Caterina meinte zwar, dass nicht unbedingt etwas gegen die Verbündeten der Auditore im Gange sein müsse – aber Ezio wusste, dass die Templer nicht einfach nur da saßen und abwarteten. Sie hatten sich zurück gezogen

und leckten sich die Wunden, und auch wenn nicht heute oder morgen: eines Tages würden sie sicherlich noch einmal zuschlagen.

Ehe er sich versah stand er schon vor Leonardos Atelier. Über die Jahre und die vielen Besuche hatte er den Weg verinnerlicht. Er nahm seine Kapuze ab und klopfte an. Bevor er nach der Klinke greifen konnte wurde ihm zu seiner Verwunderung die Tür schon geöffnet. Ein Jüngling, kaum 17 Jahre alt, stand vor ihm und sah ihn mit interessierten Augen an. „Was gibt es,

Signore?“ fragte er.

„Ich möchte mit Leonardo da Vinci sprechen.“ Erwiderte Ezio und betrachtete den Jungen. Eine Frau würde ihn wohl als ausgesprochen hübsch bezeichnen, ihn vielleicht sogar beneiden. Er musste ein Schüler oder Gehilfe Leonardos sein.

„Der ist nich da.“ Antwortete der Jüngling. „Kommt heute Abend wieder. Aber wo er ist… Non ho idea. Keine Ahnung.“ So schnell das Interesse für den unbekannten Besucher gekommen war, so schnell ging es auch wieder,

ganz in der Art der flatterhaften Jugend.

„Sonst noch etwas?“ Fragte er. Ezio schüttelte den Kopf, und der Junge schloss die Tür.

Ezio würde einfach am Abend wiederkommen und entschied sich bis dahin die Zeit im Handelszentrum der Stadt, dem Rialto, zu vertreiben.
 

Dort angekommen setzte er sich auf eine Bank und beobachtete die Menschen, die ihm ihrerseits keinen Funken Beachtung schenkten. Er schien für sie nicht einmal zu existieren. Das alles hatte mit der Präsenz eines Menschen zu tun. Ezio vermochte seine durch jahrelange Erfahrung zu lenken. Eigentlich war es wirklich einfach. Wenn man nicht gesehen werden wollte, wurde man nicht gesehen. Marktschreier, Wachmänner und Bettler gingen an ihm in der Menge vorüber ohne ihn wahrzunehmen.

Nur Menschen seinesgleichen würden ihn bemerken können.

Und das tat einer von ihnen in diesem Moment.
 

„Ihr habt doch sicherlich nichts dagegen wenn ein armes Weib sich neben euch setzt, nicht?“ Sagte eine weibliche Stimme im niedergeschlagenen Tonfall.

Ezio fuhr zusammen und rutschte sofort zur Seite. „Nein, mi dispiace. Setzt euch“ erwiderte er entschuldigend und warf eine kurzen Blick auf die Frau, die ihn tatsächlich bemerkt hatte. Diese war von schwarzen Trauerkleidern umhüllt und ihre Kapuze war ihr tief ins Gesicht gezogen. Sie setzte sich schwerfällig und legte dabei eine Hand auf ihren Schoß, in welchem sie offensichtlich ein Ungeborenes trug. Wahrscheinlich hatte sie ihn nur bemerkt, weil sie müde von diesem heißen Tag und der Last ihres Kindes war und einfach nur einen Ort zum Sitzen gesucht hatte.

„Kann ich Euch behilflich sein, Signora?“ Fragte Ezio vorsichtig, „Soll ich euch etwas zu trinken besorgen? Braucht ihr etwas?“

„Alles, was ich wollte, habt Ihr mir schon gegeben…“ erwiderte die Frau wehmütig und strich sich über den Bauch.

Ezio erstarrte, den Blick auf ihren Leib gerichtet. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken.

„A-ah..?“ Sagte er und konnte nur schwer die Angst in seiner Stimme verbergen.

„Ja“ begnügte sie sich zu sagen und wandte ihm den Blick zu, so dass er ihr ins Gesicht sehen konnte und die vertrauten Züge erkannte. Ihre brüchige Stimme veränderte sich augenblicklich in eine vertraute, starke. „Ich wollte wissen, ob ich den großen Ezio täuschen kann, und meine Antwort habe ich ja jetzt.“ Sagte seine alte Freundin Rosa und grinste ihn schelmisch an.

„Rosa!“ rief Ezio verwundert aus, „Ich kann es nicht fassen. Ich habe dich gar nicht erkannt.“

Er erwiderte ihr Lächeln, konnte es jedoch nicht aufrecht halten. Sein Blick huschte immer wieder auf ihren Bauch und er zählte fieberhaft die Wochen seit ihrem letzten Beisammensein.

Rosa bemerkte seine Besorgnis. „Ach, Idiota!“ sagte sie lachend und hob den oberen Teil ihrer Robe an. „Komm schon, leg sie drauf.“

„I-ich glaube nicht dass das nötig ist…“ stotterte Ezio. Rosa packte seine Hand und schob sie unter ihre Robe. Seine Finger trafen auf Holz, und sie führte sie an eine Öffnung nahe ihrer Taille. Dort fasste er in den Nachbau hinein und traf auf Unmengen kühles Metall, verarbeitet zu Schmuck, Besteck und Ähnlichem. Seine Augen weiteten sich vor Erstaunen über diesen einfachen aber überaus effektiven neuen Weg illegal entwendete Gegenstände an sich zu bringen.

„Geniale, si? Gerade frisch geerntet.“ Sagte sie und klopfte sich zufrieden auf den Bauch. „Und ich lüge nicht einmal wenn ich den Leuten sage dass hier mein Schatz verborgen ist.“

„Si, Geniale.“ Sagte Ezio. „Und täuschend echt.“

Sie beugte sich zu seinem Gesicht. „Ich hätte allerdings nicht erwartet dass du derartig besorgt reagierst. Wäre es denn so schlimm, würde ich ein Kind

von dir erwarten?“

Ezio schluckte. Aus dem Munde einer Frau gestellt bestand die große Gefahr dass sich diese einfache Frage als Fangfrage oder gar eine Art Ultimatum entpuppte. Die eine Antwort würde die Frau zur Weißglut bringen, die andere könnte wohlmöglich einen richtigen Kinderwunsch heraufbeschwören. Eine verzwickte Sachlage. Selbstverständlich würde er Rosa finanziell und seelisch unterstützen, aber ein guter Vater könnte er nicht sein, schon allein seiner Berufung wegen. Und obgleich er eifersüchtiger Natur war und nicht gern einen Nebenbuhler hatte, so wünschte er Rosa das Beste, was in diesem Falle ein guter Ehemann und Vater war.

„Eh. Also“ brachte Ezio kaum hörbar hervor. „Ich mag dich wirklich sehr…“

Rosa lachte auf und klopfte ihm auf die Schulter. „Ruhig Blut, mein Hengst. Ich mach nur Spaß.“ Sagte sie und erlöste ihn damit von dieser peinlichen Situation, „Ein Kind von dir wäre das letzte was ich jetzt brauchen könnte.“

„Autsch“ sagte Ezio, lächelte sie dabei aber charmant an, „Du verstehst es wie immer vorzüglich mit Worten zuzustechen.“

„Tja, Ezio mio, was dir dein Glied, sind mir die Worte.“ Sagte Rosa und lachte.

„Rosa!“ rief Ezio empört aus, „Was soll denn das bitte für ein Vergleich sein?“

Rosa stand auf und packte seinen Arm „Sei Still und komm mit mir. Antonio und die anderen werden sich freuen dich zu sehen.“. Sie legte eine Hand auf ihren Holzbauch und sprach mit ihrer geschauspielert niedergeschlagenen Stimme weiter, „Und ich armes Weib bräuchte so oder so eine Begleitung…“

Ezio ließ sich von ihr mitziehen und eskortierte sie nur zu gern. Obwohl Rosa ein sehr kantiger Mensch war schätzte er sie sehr und genoss ihre Gegenwart.

Er ging mit ihr durch die belebten Straßen von Venedig und erlaubte sich den Augenblick zu genießen. Niemals würde er sich vollends fallen lassen können, aber Momente wie diese kamen schon sehr nah an unbeschwerte Zeiten heran und er musste feststellen dass ihn dieses kleine Rollenspiel durchaus ansprach.

Irgendwo in Rialto sang eine Bardin wunderschöne Phrasen in einer ihm unbekannten Sprache, in der nächsten Straße wurde sie von einem marktschreierisch plärrenden Herold übertönt. Die Menschen unterhielten sich sorglos über Dinge wie das Wetter, die Steuern, die Nachbarn. Ein paar Handwerker hängten kunstvolle Dekoration für den kommenden Karneval über den Gassen auf. Aus dem offenen Fenster eines der Häuser roch es nach frisch gebackenen Kuchen. Rosa schlag ihre Arme enger um Ezios Oberarm und lehnte ihren Kopf an seine Schulter während sie gingen. Unter dem Deckmantel ihrer Rolle schien sie den Körperkontakt mit ihm zu genießen. Er meinte auch zu spüren wie sie seinen Oberarm abtastete und leise seuftze, vielleicht war es aber auch eine Einbildung, geboren aus Wunschdenken.
 

Antonio empfing ihn herzlich und küsste ihn auf beide Wangen. „Ezio, Ezio Auditore, mein Sohn!“ sagte er euphorisch, „Sag, wie geht es dir?“

Ezio klopfte ihm auf die Oberarme. „Sehr gut, Antonio. Ich freue mich dich zu sehen. Ich soll dir Grüße von meinem Onkel ausrichten.“

„Aaah, Mario! Ja, ja, aber natürlich. Hab Dank. Ich weiß das zu schätzen. Aber setz dich erst einmal, ich hole uns eine Kleinigkeit zu Essen.“ Sprach er und verschwand in einem anderen Raum.

Ezio setzte sich.

„Ich sagte doch, er würde sich freuen“ merkte Rosa an und nahm ihre Trauergewänder ab. Er sah ihr zu. Unter den dunklen Kleidungsstücken war zu seiner Freude nur leicht bekleidet. Sie schnallte ihre Holzkonstruktion ab und legte sie auf den Tisch. Erst jetzt wurde Ezio bewusst wie viel dort hineinpasste: die Halbkugel war fast bis zum Rand mit teuer anmutendem Schmuck gefüllt.

Er wollte gerade etwas sagen als Rosa auch noch ihre Taschen über dem Gefäß leerte und es damit zum überlaufen brachte. Ihre Ausbeute war außerordentlich.

„Mach den Mund zu, Ezio, sonst fliegt dir was rein. Das ist eine ganz normale Ernte, nichts besonderes. Oder begaffst du meinen Körper?“ sagte sie herausfordernd.

„Beides.“ Erwiderte er ehrlich, „Aber ich bin wirklich sehr fasziniert von dieser Idee. Eine Assassina könnte darin Waffen, Gift und allerlei Hilfsmittel verstecken.“

Rosa rümpfte die Nase. „Aber diese Assassina wäre dann nicht mehr sonderlich beweglich.“

Er überlegte einen Moment und nickte dann. „Ja, das stimmt wohl.“

Die Tür schwang auf und Antonio betrat den Raum. Er stellte ein Tablett mit ausländischen Süßspeisen auf den Tisch und reichte Ezio eine Tasse.

„Nun sprich, mein Freund, was gibt es neues?“ fragte Antonio und nahm einen Schluck Caffè aus seinem eigenen Becher.

Ezio nahm auch einen Schluck. Der Caffè war gesüßt und mit Milch

verfeinert. Er lächelte über die kleine Geste der Wertschätzung.

„Ich bin müde. Ich kann nicht mehr.“ Sprach Desmond.

„Ach wirklich?“ Erwiderte Antonio und kratzte sich nachdenklich über seinen Bart. „Das klingt tatsächlich nicht besonders gut. Aber ich habe schon etwas in der Richtung geahnt.“

Ezio stand auf und sah gen Himmel. „Hey. Habt ihr mich nicht gehört?“ sagte er.

„Halt noch ein wenig durch.“ erwiderte Shaun.

Antonio spielte mit einer verzierten Gabel aus Rosas Diebesgut und dachte nach. Dann sah er Ezio an. „Mach dir um uns keine Sorgen. Wir leben so oder so gefährlich.“

Ezio ging um den Tisch herum und kippte seinen kochend heißen Caffè über Antonio aus. Sein Blickfeld zuckte und löste sich an einigen Stellen auf. „Ich sagte: ich kann nicht mehr.“ widerholte Ezio wütend. Antonio griff sich erst ins Gesicht, dann an die Ohren und dann baumelten seine Arme wie wild um ihn herum bis seine Bewegungen keinen Sinn mehr ergaben. Ezio stellte die Tasse ab und verschränkte die Arme. Die Zeit schien sich

plötzlich zu verlangsamen.
 

Warnung. Warnung. Desynchronisation setzt ein in drei, zwei, eins…
 

Die Welt um Ezio zerschellte in tausend Stücke und löste sich in blendend grelles Licht auf.
 

Desmond setzte sich auf und keuchte.

„Was soll der Mist, Desmond?!“ rief Shaun und schritt zu ihm hin. „Du weißt, dass es uns scheiß viel Arbeit und Zeit kostet, eine Sequenz wieder aufzunehmen!“

„Ich sagte doch, dass ich nicht mehr kann.“ Erwiderte Desmond schlicht.

„Du kleiner, mieser…“ setzte Shaun an, wurde dann aber von Lucy unterbrochen.

„Tut uns leid Desmond. Das war heute wirklich lang. Leg dich ein bisschen hin und ruh dich aus.“ Sie drückte ihre Hand auf Shauns Mund. „aber lass mir beim nächsten Mal mehr Zeit Shaun zu überreden dich rauszuholen. Es besteht immer ein kleines Risiko bei einer Desynchronisation. Wenn wir nicht rechtzeitig das Programm runter fahren könnte das unerwartete Folgen für dich haben.“

„Danke, Lucy“ erwiderte Desmond. „Mi dispiace. Mein Kopf bringt mich um. Ich brauche wirklich dringend ein Bett.“

Er ging in sein Zimmer. Lucy nahm die Hand von Shauns Mund, leider etwas zu früh. „Dringender brauchst du ein Bad!“ Rief er. Aus dem Flur erklang ein lautes „Fottiti!“

Rebecca lachte leise.

Shaun setzt sich auf einen Stuhl und griff sich an die Stirn. „Dieser Angeber meint wohl, er wäre der einzige mit Italienischkenntnissen.“

Lucy ging zu ihm und massierte ihm die Schultern. „Er war wirklich zu lang drinnen, Shaun. Bitte sei ihm nicht böse.“

Shaun brummte, entspannte sich dann aber allmählich unter ihren Händen. „Mich nervt es, wie er alles immer auf die leichte Schulter nimmt.“

„Und ich mag es.“ entgegnete sie, „Das macht es alles irgendwie… erträglicher.“

Er schwieg.

Rebecca war derweil mit dem Programm beschäftigt. „Die Bugs sind halb so wild. In 10 Minuten oder so steht das System wieder.“

Lucy küsste Shaun kurz auf den Hinterkopf. „Du solltest dich auch etwas hinlegen.“

Er verschränke die Arme. „Ich werde mich jetzt sicherlich nicht mit zu ihm ins Bett legen.“

„Dann schlaf in unserem.“ Erwiderte sie, „…Wenn das für dich okay ist, Rebecca.“

„No Problemo.“ Sagte sie und tippte etwas auf der Tastatur.

„Danke.“ Sagte Shaun und legte sich auf das Bett das sich im selben Raum befand.

Intermezzo

Intermezzo
 

Er wachte auf. Kalter Schweiß floss ihm die Stirn herab. Ezio hatte schlecht geträumt. Hatte er noch seine Waffen bei sich? Er tastete Instinktiv nach der Armschiene mit seinem Dolch, doch sie war nicht zu spüren.

„Wo …“ Er sah sich um und ihm stockte der Atem. Was war das für ein Ort? Die Wände waren grau, von der Decke strahlte ein kaltes, unnatürliches Licht. Ein Kopfschmerz durchzuckte ihn.

Er richtete sich auf und hielt sich die Stirn. Als der Schmerz nach lies zog er seine Hand über sein Gesicht und lies sie auf seinem Mund liegen. Irgendwas in seinem Kopf versuchte ihm etwas zu erklären. Eine Erklärung, die so unscheinbar war wie die Erinnerung an einen Traum.

Das hier war nicht Italien. Das hier war nicht das 15. Jahrhundert. Er war Desmond Miles, nicht Ezio Auditore.

War das wahr? Oder war dies hier der Traum?

Er schob die Beine aus dem Bett, stand auf und schüttelte sich. Langsam löste sich das Schwindelgefühl und die Welt und seine Gedanken wurden klarer. Er wollte gerade durch seine Haare streichen um sie zu einem Zopf zusammen binden und traf auf kurzgeschorenes Haar. Ja, er war Desmond.

Er stöhnte leise und fühlte sich ein bisschen Wahnsinnig.

Er verließ das kleine Schlafzimmer und betrat das Hauptquartier. Lucy bemerkte ihn und kam sogleich auf ihn zu. „Geht es dir besser?“ Fragte sie.

„Ja. Ma penso che sono pazzo.“ Erwiderte er. Lucy sah ihn an. „Desmond, bitte so, dass wir dich verstehen.“

„Che vuoi dire?“ Sagte Desmond und sah Lucy irritiert an.

„Desmond, das reicht. Hör auf Italienisch zu sprechen und setzt dich wieder auf den Animus 2.0.“ meinte Rebecca und setzte sich vor den Computer.

Er fasste sich an den Kopf. „Verdammt. È uno scherzo, Leute? Questo non è divertente…“

Die anderen schwiegen und warfen sich besorgte Blicke zu. „Setz dich.“ Sagte Shaun in einem rücksichtsvolleren Tonfall als sonst. Er schob ihn aufs Bett. Desmond gehorchte.

„Du sprichst Italienisch mit uns, Desmond.“ Sagte Lucy und setzte sich neben ihn. „Das wird … das wird der Sickereffekt sein. Keine Sorge, das geht vorbei. Du musst nur… separieren.“ Ihre Worte waren unsicher, doch in ihren Augen spiegelte sich Zuversicht und Vertrauen in Desmonds Fähigkeiten wieder. „Hol tief Luft und achte einfach darauf was du sagst. Du bist Desmond. Du bist hier, bei uns.“ Sie nahm seine Hand und hielt sie fest.

„Manchmal ist der Sickereffekt akut stark, aber das wird nicht so bleiben. Du bist stark und schaffst das.“

Rebecca kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum und beobachtete die beiden. Desmond saß konzentriert mit geschlossenen Augen da. Lucy hielt seine Hand und streichelte über seinen Unterarm um ihn in der Gegenwart zu behalten. Shaun neben den Beiden und hatte beide Hände auf seinen Hinterkopf verschränkt.

„Wir müssen weitermachen…“ Drängte er.

„Lass ihm noch einen Moment.“ Sagte Lucy.

Es verging über eine Minute. Dann hob Desmond den Kopf und sah die anderen an.

„Ich glaube, ich habe es wieder unter Kontrolle.“

Kapitel 2

Kapitel 2
 

Das grelle Licht um ihn herum blendete Ezio einen Moment. Weiße Flächen lösten sich wie gleichmäßige Hautschuppen von unsichtbaren Begrenzungen und lösten sich auf. Um ihn herum bildeten sich Linien, die Raster für den späteren Aufbau der Matrix. Desmond hatte sich wieder eingeloggt.

„Ist wirklich alles in Ordnung? Ich mache mir etwas Sorgen…“ Gestand das Echo von Rebeccas Stimme.

„Ja, ja, alles okay.“ Erwiderte Desmond und bewegte Ezios Arme und Beine. Er brauchte immer einen Moment um die Bewegungen abzustimmen und sich in dieser neuen Hülle zurecht zu finden, doch allmählich ging es schon fast beängstigend schnell. Das lange Haar juckte ihn beim einloggen nicht mehr im Nacken wie ein Fremdkörper, sondern fühlte sich vertraut an. Der Kopfschmerz, welcher Ezios ständiger Begleiter seit der Platzwunde durch Vieri im Alter von 17 war, kam nicht mehr plötzlich, sondern war einfach da, ohne dass es Desmond großartig bemerkte. Ezios Hüften, etwas schmaler als die von Desmond, fühlten sich auch nicht falsch an, und seine Arme, um einiges durchtrainierter, empfand Desmond vom ersten Augenblick an richtig. Er atmete tief durch und genoss die Luft, die wie klares, leichtes Wasser durch seine Lungen strömte. Auch das unterschied sich von Desmonds Körpergefühl. Er war einige Jahre starker Raucher gewesen und hatte erst bei der Verschmelzung mit Altairs Körper bemerkt wie rau sein Atem ging.

Und dann, wie aus einem Salzstreuer, rieselten Ezios Gedanken und Gefühle auf Desmonds Geist herab und vermischten sich mit seinen eigenen. Mittlerweile fiel es ihm schwer diese von seinen eigenen zu unterscheiden. Mochte er Wein wirklich so sehr? Wer von beiden hatte Angst vor Hunden? Und wer war es, der zärtliche Berührungen und Liebkosungen über alle Maße genoss? Es war ihm egal. Er fühlte sich wohl.

Die weiße Welt um ihn herum zuckte, und einige Raster lösten sich auf und gaben verzerrte Gebäude preis. Ezio torkelte und konnte sich gerade noch fangen. „Was ist los?“ Fragte er alarmiert. Die Gebäude verschwanden wieder.

„Eh… Nichts“ hörte er Rebecca, „Ich … ich kann nur nicht genau an der Stelle anknüpfen an welcher wir abgebrochen haben. Ich muss irgendwelche Bugs übersehen haben…“

„Dann knüpf eben später an.“ Drängte Ezio. Er wollte zurück nach Venedig, und er machte sich nach wie vor Sorgen um seinen guten Freund Leonardo.

Erst einen Atemzug später bemerkte Desmond dass es eigentlich egal war – Leonardo da Vinci und alle anderen, die Ezio jemals kannte, waren in der heutigen Zeit so oder so tot. Dieser Gedanke schmerzte ihn überraschenderweise und betrübte ihn.

„So, geschafft“ erklang Rebeccas Echo, und schon begann sich die triste Umgebung zu verändern. Aus dem Boden schossen Rohlinge verschiedener Gebäude, bestehend nur aus Rastern, welche Sekunden später eine täuschend echte Hülle bekamen. Auf die visuellen Umgebung folgte die geräuschliche Kulisse, und auf diese alle guten und schlechten Gerüche. Aus allen Gassen und Türen kamen die Menschen hervor und bewegten sich völlig natürlich.

So breitete sich ganz Venedig vor ihm aus.

Es war inzwischen Nacht, und Ezio war wieder im Rialto. Er schloss eine Weile die Augen und ging in sich. Diese Vorgehensweise hatte sich Desmond für jeden Sequenzneustart zur Gewohnheit gemacht um sich einen besseren Überblick über die Situation zu verschaffen.

Er war satt und hatte einen leicht süßlichen Geschmack im Mund. Ob dieser von einer Speise, einer Frau oder beidem stammte vermochte er nicht zu sagen. Er bemerkte keine Wunden. Er war weder krank noch vergiftet, aber er verspürte ein beklemmendes Gefühl in der Brust. Etwas beunruhigt versuchte Desmond es einzuordnen. Wurde er verfolgt? Er öffnete die Augen und betrachtete seine Kleidung. Etwas Blut klebte an seinem Ärmel, aber das schien schon älter zu sein. Er fühlte sich nicht verfolgt. Was war es dann? Angst? Ja. Besorgnis. Über Rosa? Nein, was sie anbelangte war er beruhigt. Aber nicht bezüglich Leonardo.

Er beendete seine Meditation und lief sofort los. Bei Altair war es ihm anfangs schwer gefallen sich so zu verhalten wie er, da er nicht wusste was er fühlte und dachte und ihn einfach nur durch die Geschichte bewegte. Aber seitdem Desmond immer den inneren und äußeren Zustand seines Alter Egos checkte beging er kaum noch Fehler die zu Desynchronisationen führten.

Er bog in den kleinen Platz vor Leonardos Atelier ein. Der schwache Kerzenschein hinter den Sprossenfenstern der Stadt war die einzige Beleuchtung an diesem etwas ärmlichen Ort ohne Straßenlaternen.

Ezio klopfte an Leonardos Tür und trat ein.

Weder Leonardo noch einer seiner Gehilfen oder Schüler waren zu sehen.

Mit sanftem Druck schloss er die Tür hinter sich und sah sich um.

„Ezio!“ Rief Leonardo, der hinter einer seltsam anmutenden Maschine stand und ihn ausnahmsweise zuerst sah. „Dass du dich hier mal wieder blicken lässt!“ Sagte er strahlend.

Leonardos sonniges Gemüt heiterte Ezio sofort auf, und er ging zu ihm hin und umarmte ihn fest. „Oh“ machte Leonardo etwas überrascht über Ezios herzliche Umarmung, “Alles in Ordnung mit dir?“

Ezio löste sich. „Si. Ich freue mich einfach nur, dich zu sehen. Ist irgendetwas vorgefallen? Etwas Schlimmes?“

„Was meinst du?“ fagte Leonardo skeptisch und musterte Ezios Gesicht. „Hast du mir vielleicht etwas zu sagen?“

Ezio biss sich kurz auf die Unterlippe. „Nachher, mein Freund. Es ist nicht so dringlich.“ Sagte er während er seine Hand auf seine Schulter legte. „Erst mal habe ich hier noch etwas für dich.“ Er drückte ihm eine Pergamentrolle und einen Beutel voll Münzen in die Hand. „Mein Onkel Mario möchte ein Bild von dir, er zahlt dir einen Teil sogar im Voraus.“

„Aaah, bene, ein Bild für die Auditore! Wie in den alten Zeiten. Zeig mal her.“ Leonardo schnappte sich die Schriftrolle, brach das Auditoresiegel und las darin. Während er die Zeilen überflog ging er in seinem Atelier herum und kommentierte und redete mit sich selbst. Ezio beobachtete ihn kurz und überlegte indessen wie er Leonardo überreden sollte mit ihm zu kommen, falls er sich weigerte.

Leonardo räusperte sich. „Bestens, ich mache den Auftrag.“

„Du kommst also mit mir?“ Fragte Ezio.

„Hmm. Ich weiß noch nicht. Ich will aber auf jeden Fall sofort anfangen, solange du da bist. Ich habe schon eine grandiose Idee. Wenn du dich also bitte ausziehen würdest.“ Entgegnete Leonardo und zog eine gewaltige Staffelei hinter einem Berg von Gegenständen hervor.

Ezio war sich nicht sicher ob er richtig verstanden hatte. „Wie bitte?“

„Pscht, leise, lass mich arbeiten.“ Sagte Leonardo und setzte eine Leinwand auf die Staffelei. „Und zieh dich endlich aus. Über dem Sofa liegt ein Leinen,

das kannst du dir überhängen.“

„Ich verstehe nicht.“ Meinte Ezio, beträchtlich perplex.

„Cosa diavolo, Ezio! Ich kann keinen Akt mit Kleidung zeichnen!“

„Du sollst … mich zeichnen?“ Fragte Ezio irritiert.

Leonardo sah hinter seiner Leinwand hervor. „Weißt du gar nicht, was für Nachrichten du übermittelst, Ezio Auditore? Naja, schon gut. Verzeih mein Ungestüm. Dein Onkel beauftragt mich, ein Assassinengemälde für

seine galeria anzufertigen. Er riet mir dich zu portraitieren.“

„Was?“ Entfuhr es Ezio. „Bei alledem werde ich nicht einmal gefragt?“

„Entschuldige. Darf ich dich portraitieren?“ Fragte Leonardo.

Ezio lachte. „Du weißt, dass ich dich nicht meine. Aber va bene. Ich mach’s.

Verzeih mir aber dass ich meine Waffen nicht abnehmen werde.“

Ein Streichholz entflammte unter einem Zischeln und Leonardo zündete ein paar Kerzen an, damit ihm etwas mehr Licht zur Verfügung stand. „Das ist mir nur Recht, Ezio. Ich brauch auch nicht lang. Ich möchte nur schnell eine Skizze anfertigen, dann darfst du gehen, mehr brauche ich nicht. Bei dem Licht kann ich so wie so nicht genau arbeiten.“

Ezio entledigte sich seiner Hemden und legte sie sorgfältig über einen Stuhl.

„Die Hose auch?“ Fragte er.

„Nein, nicht notwendig. Nur dein Oberkörper wird zu sehen sein. Warte noch uno momento bevor du dich setzt, du brauchst noch deinen Gegenpart.“ Entgegnete Leonardo und mischte ein paar simple Farben für die Vorskizze an. „Mein Gehilfe wird ihn übernehmen. Salaj!“

Ezio sah sich um. Eine Weile geschah nichts, doch dann betrat der Jüngling, den er des Nachmittags getroffen hatte, den Raum. Er wirkte müde und gelangweilt, und er würdigte Ezio keines Blickes. In seiner Hand hielt er eine von Leonardos Miniaturmaschinen.

Leonardo sah kurz von seiner Palette auf. „Da bist du ja endlich. Lass mich doch nicht immer so lange warten. Und zeig, was hast du da? Salaj! Ich sagte doch dass du die Finger von meinen Entwürfen lassen sollst!“

„Mi dispiace“ murmelte der Knabe Salaj und lies vor Sorge das Modell fallen. Es zerschellte in viele Einzelteile und zerstreute sich über den Boden.

„Ah, du dummer Junge!“ Rief Leonardo aus und kniete sich neben die Überreste seines Werkes. Ezio kam zu ihm und wollte ihm helfen, doch Leonardo gebot ihm Einhalt.

„Nein, schon in Ordnung. Der Junge weiß noch nicht, was er tut, ich kann ihm nicht böse sein. Ich beseitige das nachher. Leg dich auf den Diwan, Salaj.“

„Aber ich bin müde, Meister.“ Hielt Salaj dagegen.

„Ach! Dieser Junge!“ rief Leonardo verärgert aus. „Na schön, ich brauche dich nur ein paar Sekunden. Nur, damit mein Freund hier weiß, wie er sich setzen muss.“
 

Ezio betrachtete das Geschehen überrascht. Dieser Salaj hatte Leonardo da Vinci fest in der Hand. Er war respektlos seinem Meister gegenüber, und jener lies ihm das auch noch durchgehen. Ezio selbst hatte wenig Ahnung von Technik, Zahlen und Mechanik, aber selbst er wusste dass das, was Leonardo schuf, von hohem Wert war.

Salaj hatte sich unterdessen schon auf dem Diwan bereit gelegt und spielte mit einer Strähne seines lockigen, dunklen Haares.

„Ezio, wenn du dich bitte setzen würdest.“ Sagte Leonardo und fegte die Einzelteile zur Seite.

„Ehm. Natürlich. Wie?“ Sagte Ezio.

„Stell dir vor er schläft, und du würdest ihn ermorden wollen. Knie über ihm und halte ihm deine Klinge an den Hals.“ Befahl Leonardo.

Er tat wie ihm geheißen. Wie er so über Salaj kniete, der nach wie vor recht desinteressiert wirkte, kam er sich plötzlich fehl am Platze vor und fühlte sich unwohl. Leonardo huschte indes um ihn herum und platzierte das Leinen zwischen den Beiden so dass es schöne Falten warf. Er legte Ezio die Hand auf den Rücken und drückte ihn etwas näher zu Salaj.

„Salaj, nimm die Finger von deinen Haaren und nimm eine schlafende Position ein.“ Wies Leonardo ihn an.

„Hmpf“ War alles, was er darauf erwiderte.

Ezio mochte den Jungen nicht und platzierte die Klinge unter seinem Kiefer, der Stelle, in welche er am liebsten zustach.

Salaj neigte den Kopf in Leonardos Richtung, sah Ezio aber in die Augen und versetzte ihn damit in Beklemmung. Sein Blick war feindseelig und rau, und seine Augen offenbarten ein viel älteres Bewusstsein als sein Körper vermuten ließ. Er hielt den Atem an.

„Gleich kann ich anfangen, einen Augenblick noch! Bleibt unbedingt in dieser Pose, die ist wunderbar!“ Sagte Leonardo und mischte noch etwas mehr Öl in die Farben.

Der schroffe Pinsel knarzte und kratze laut auf der Palette, während die beiden sich lange ansahen.

„Verschwinde aus dieser Sache.“ flüsterte Salaj in einem bedrohlichen Ton. Ezio spürte dass er es nicht mit einem normalen Gehilfen zu tun hatte. Er drückte mit der Klinge gerade so stark gegen die Haut dass sie nicht einriss.

„Und wenn ich nicht möchte? Ich könnte dich auf der Stelle umbringen.“ beschwor Ezio mit leisen, aber scharfen Worten.

Salaj setzte ein selbstgefälliges Grinsen auf. „Wenn du mich tötest, wirst du ihn verlieren. Er liebt mich über alles. Und er vertraut mir mehr als dir, Ezio.“

Ezio stockte der Atem.

„Ezio, nimm das Messer von seinem Hals!“ Rief Leonardo hinter der Staffelei hervor. „Vorher sah es besser aus. Bedrohlicher, lebendiger, realistischer!“

Ezio zog widerwillig die Klinge etwas zurück, lies aber den Knaben dabei

nicht aus den Augen.

Dieser Junge hatte Macht. Und er war sich dessen erschreckend bewusst. Kannte er seinen Namen, oder hatte er nur wiederholt was er von Leonardo hörte?

„Wer bist du?“ flüsterte Ezio.

„Salaj.“ Erwiderte Salaj und lächelte mit der Unschuld eines Kindes, “Und wenn du mir in die Quere kommst, Ezio Auditore, wird Leonardo dafür grausame Schmerzen erleiden.”

Ezio tauchte die Klinge in die Kehle den Jungen.

Sofort begann sich die Welt um ihn herum aufzulösen.
 

Sofortige Desynchronisation wird eingeleitet. Systemfehler.

Intermezzo

Intermezzo
 

„Desmond, geht bei dir eigentlich alles in das eine Ohr rein und zum anderen wieder hinaus?!“ fluchte Shaun und schlug ein altertümliches Buch auf seinen Schreibtisch.

Desmond atmete schwer. „Dieses Arschloch, dieses widerliche! Stronzo! Warum wurde ich gekickt!?“

Lucy stellte sich neben ihn und drückte ihn auf den Animus, damit er sich nicht von der Kanüle löste, die in seinem Arm steckte. „Ruhig, Desmond. Du wurdest desynchronisiert weil du dich anders als Ezio verhalten hast.“

„Nein!“ tobte Desmond, „Ezio wollte ihn umbringen, das weiß ich, porca puttana!“

Shaun trat nun auch neben ihn und hielt ihn fest, damit Lucy in Ruhe die Kanüle ziehen konnte. „Und trotzdem hat er nicht getan. Woran könnte das wohl liegen, Desmond? Vielleicht, weil er nicht so dumm war wie du?“ Sagte er.

Desmond grunze unverständliche Beleidigungen auf Italienisch.

„Er hat ihn offensichtlich nicht umgebracht, Desmond, sonst hätte das System deine Erinnerungen weiterlaufen lassen.“ Sagte Rebecca. „Versuch dich beim nächsten Mal zu beherrschen.

Als Lucy endlich die Kanüle aus ihm herausgezogen hatte stand Desmond sofort auf.

„Ich geh in die Lagerhalle. Scheiße, ich muss mich abregen!“ Rief er aus.

„Ach ja, lass dir Zeit. Ich werde hier wohl Jahre brauchen um das Ganze wieder auf die Beine zu stellen.“ Entgegnete Rebecca aufgebracht, doch Desmond war schon aus dem Zimmer gegangen und hörte sie nicht mehr.

„Wir kommen heute auch wirklich überhaupt nicht voran.“ Sagte Shaun genervt.
 

Der Raum wurde eine Zeit lang nur von den Tastaturgeräuschen Rebeccas erfüllt. Shaun saß an seinem Schreibtisch und baute das Protokoll über die Sitzung aus. Lucy lehnte am Geländer und schwieg.

„Ich mache mir Sorgen um ihn.“ Sagte sie schließlich leise. Ihre Finger spielten Nervös mit einem Haar, das sich aus ihrem Zopf gelöst hatte. Rebecca hielt inne.

„Mach dir keine Kopf, Süße. Dann spricht er halt ein paar Brocken Italienisch. Ist doch was Schönes, wenn man eine neue Sprache lernt.“

Ihre Ängste milderte das zwar nicht, aber sie nickte.

Kapitel 3

Kapitel 3
 

Ein paar Stunden später wurde Desmond wieder an den Animus angeschlossen.

Er hatte sich etwas beruhigt, aber die Wut war nicht ganz verflogen.

„Bitte reiß dich zusammen.“ Flüsterte Lucy neben ihm.

Er sah sie an. Das warme Abendlicht fiel auf ihr auf das goldene Haar und einen Teil ihres Gesichts.

„Ja.“ Sagte er leise.

„Ezio hat Salaj nicht umgebracht.“ Fügte sie hinzu.

„Das glaube ich nicht.“

Lucy konzentrierte sich auf die Kanüle, länger als nötig. „Der Geschichte nach existierte er über den Tod Leonardo da Vincis hinaus.“

„Das werden wir ja sehen.“ Drohte er.

„Desmond!“ Sagte Lucy empört. Desmond schloss missmutig die Augen. „Handle so, wie Ezio gehandelt hat. Wir können nicht noch mehr Zeit verlieren.“

Dann wurde er eingeloggt.

Er wartete in der Lobby darauf dass Rebecca das Programm startete und ballte die Fäuste. Diesmal brauchte er nur Sekunden um sich in Ezios Körper zurecht zu finden. Er war wütend, und er musste gemeinsam mit Ezio einen Weg finden Leonardo von diesem Bastardo zu befreien. War er ein Spion der Templer? War er Teil der Verschwörung?

„Ich setze wieder an derselben Stelle an, okay Desmond?“ Sagte Rebecca.

„Nein, bitte nicht.“ Erwiderte Ezio. „Ich könnte mich nicht beherrschen, so nah bei ihm.“

Zuerst antwortete Rebecca nicht, und Ezio vermochte nicht zu sagen ob sie mit den anderen diskutierte, nachdachte oder bereits den Login vorbereitete. Dann aber begann sich die Stadt um ihn zu rekonstruieren. „Alles klar. Dann eben 10 Minuten später.“

Dann war er schon wieder in Leonardos vertrautem Atelier mit den viele sonderbaren Gegenständen, dem organisierten Chaos und dem miefig-süßen Duft. Er sah wie Salaj sich gerade etwas überzog.

„Hab Dank, Junge, und jetzt schlaf schön.“ Hörte er Leonardo sagen und spürte blinden Zorn in sich aufkochen als Salaj sich nicht für diesen Gute-Nacht-Gruß bedankte oder sonst irgendwas erwiderte. Er fixierte das Leinen unter sich und bemühte sich mit aller Kraft dem Drang, diesen maledetto stronzo das Leben zu nehmen, zu widerstehen.

„Ah, magnifico, bellissimo, wunderschön!“ Rief Leonardo plötzlich aus und lies somit das Herz von Ezio einen Moment aussetzen, „Dieser Ausdruck in deinem Gesicht, Ezio! Das ist perfekt!“. Leonardo pinselte wie wild vor sich hin, fasziniert und inspiriert von Ezios Blick.

Als er aufsah war Salaj schon verschwunden.

Er sprach sich innerlich gut zu und schwieg eine lange Zeit, und das einzige Geräusch, das den Raum erfüllte, war das regelmäßige Kratzen des Pinsels auf der Leinwand.

Schließlich ergriff Leonardo das Wort und holte ihn so aus der Trance.

„Hab Dank, dass du so lange aushältst, mein Freund. Das ist so inspirierend. Ich hab ganz die Zeit vergessen.“

Ezio sah auf. Erst jetzt bemerkte er dass die Kerzen, die Leonardo vor, wie ihm es schien, wenigen Minuten angezündet hatte, schon fast niedergebrannt waren.

„Ich auch“ gab Ezio ehrlicherweise zu. Nun bemerkte er auch die Erschöpfung und den Schmerz, der sich durch das lange Verweilen in der selben Position eingestellt hatte.

„Lass mir noch … ein paar Pinselstriche, dann bist du erlöst.“ Sagte Leonardo und tauchte immer wieder kurz hinter seiner Staffelei auf.

Ezio ließ sich von Leonardos sonnigem Gemüt ein wenig beruhigen. Er konnte im Moment keinen klaren Gedanken fassen, was und wer dieser Bastardo war, und wie er weiter vorgehen sollte. Sein Hass blendete ihn und verhinderte logisches Denken wie schon lang nicht mehr. Eigentlich sollte er sich besser beherrschen können. Aber Erpressungen und Geiselnahmen von Freunden und der Familia waren etwas das ihn ein Gefühl der Hilflosigkeit gab, und wenn er hilflos war, so wusste er, war er immer zu anfangs rasend.

Er musste sich ablenken.

„Ich hätte eine Assassina auf dem Bild sehr schön gefunden“ Begann er und versuchte damit Leonardo zum Reden anzutreiben. Es klappte.

„Davon bin ich überzeugt“ Entgegnete Leonardo heiter und setzte ein paar Schatten an seinem Oberköper. „Aber ich nehme gern das Beste, was mir im Moment zur Verfügung steht, und ein Motiv mit derart begehrenswerten Wesen wie euch Beiden ist wirklich mit Abstand das Beste.“

Ezio sah zu dem Maestro hinüber. Manchmal war ihm seine Begeisterung für dasselbe Geschlecht nicht ganz geheuer, und er fragte sich ob das einfach nur die Art dieser Künstler war. Schließlich gab es viele ausgesprochen gute Kunstwerke von männlichen Modellen… Noch mehr bestürzte ihn jedoch der Fakt dass er Salaj begehrenswert fand.

„So bezaubernd ist der Junge nun auch wieder nicht.“ Sagte er und erntete sogleich ein zynisches Lachen Leonardos.

„Nun untertreibe mal nicht, Ezio! Salaj ist meine Muse, ein gefallener Engel. Seine Haut ist reiner und weicher als die eines Pfirsichs, und sein Haar…“

„Schon gut!“ Rief Ezio aus, etwas zu wütend. Er konnte es nicht ertragen wie Leonardo das hinterhältige Schwein auch noch verherrlichte. „Ich frage mich wirklich, wie du einen Mann derartig bewundern kannst.“

Leonardo ließ sich nicht beirren und begann von Leidenschaft geführt zu erzählen. „Ich bewundere ihn nicht nur, Ezio. Ich liebe dieses Gör. Er ist ein vermaledeiter Bengel, aber er ist die vollendete Schönheit, ganz auf seine Art und Weise. Und das hat nichts mit seinem Geschlecht zu tun. Schönheit ist etwas, dass ich über alle Maße bewundere. Ich möchte schöne Dinge wertschätzen, sie würdigen. Sie festhalten für alle Ewigkeit. Sie entdecken. Was schön ist, das ist schön, und nur, weil ich im Körper eines Mannes geboren wurde, darf ich meine Hochachtung vor männlicher Schönheit nicht äußern? Ich halte nichts von derlei lächerlichen gesellschaftlichen Normen. Ich möchte meine Liebe für die Schönheit kundgeben, sei es für eine Frau, eine Pflanze, ein Tier, eine Maschine, das Leben oder den Tod, oder eben einen Mann.“

Zuerst wusste Ezio nicht, was er erwidern sollte. In Leonardos Worten lag so viel Leidenschaft dass es Ezio fast den Atem raubte. Jedoch war er nicht ganz einer Meinung mit ihm, und als er sich wieder gefangen hatte teilte er ihm das mit.

„Wahre Schönheit kommt von innen.“ Sagte er, doch selbst in seinen Ohren klang dieses Argument etwas schwach und fehl am Platze.

Leonardo lachte. „Ich sagte nicht, dass ich einen starken Geist und ein leidenschaftliches Herz nicht auch schön finde. Ich kann doch äußerliche und innerliche Schönheit gleichermaßen begehren, nicht?“

„Nun… eh… ja.“ Erwiderte Ezio. Es war schön, Leonardo so lebendig zu sehen, doch trotzdem hatten sie seinen Verdacht, er könne auch körperliche Gefühle für seinen Gehilfen haben, nicht bezwingen. Dieser Gedanke überrumpelte ihn und lies die Wut noch ärger denn je aufkochen.

Ezio musste wissen, ob da mehr dahinter steckte, also räusperte er sich und deutete mehr oder weniger vorsichtig an:„Man munkelt dass alle Künstler homosexuell seien.“

„So munkelt man“ war alles, was Leonardo darauf erwiderte. Ezio konnte hinter der Staffelei sein Gesicht nicht beobachten, doch die Worte waren unverwandt und bündig gesprochen worden.

Er konnte daraus keinerlei Informationen gewinnen. Aber er wollte es genau wissen. Unverblümt ging er den letzten Schritt.

„Hast du ein Verhältnis mit diesen Jungen?“ Fragte er frei heraus.

Jäh erstarb jedes Geräusch im Raum. Leonardo hielt seinen Pinsel erst in der Luft, dann legte er ihn nieder.

„Ich denke, ich habe für heute genug gearbeitet.“ erwiderte Leonardo knapp. Es klang kühl.

„Ich bitte dich zu gehen.“

„Nein, ich“ setzte Ezio an, befreite sich nun endlich aus seiner Starre und ging auf ihn zu, „du verstehst nicht, ich will nur…“

„Geh.“
 

In seiner Brust herrschte nunmehr nicht nur Zorn, sondern auch Schuld. Ezio hatte definitiv eine Grenze überschritten und war zu weit gegangen. Noch nie hatte Leonardo ihn derart kühl behandelt. Er hatte ihm sein Gewand zugeworfen, ihm die Tür geöffnet und war so lange davor stehen geblieben bis er gegangen war. Ezio fühlte sich so fehl am Platze dass er gegangen war ohne sich richtig zu bekleiden – nun stand er halb nackt mit seinen Gewändern im Arm vor der Türe, wie ein gescholtener Ehemann.

Er legte seine Stirn an die kühle Hauswand. Er hatte Mühe das alles zu verarbeiten. Dann hörte er aber die Quietschenden Angeln eines Fensterladens in einer nahegelegenen Gasse und kam endlich zu sich: Es wäre wohl besser wenn er sich anziehen würde. Ohne seine Rüstung, seine Gewänder, seine gesichtsverbergende Haube und Leonardos beruhigende Anwesenheit fühlte er sich absolut verwundbar.
 

Als er sich vollends bekleidetet hatte und gerade gedankenverloren die nächtlichen Straßen Venedigs durchquerte begegnete ein überdurchschnittlich muskulöser Mann. Er stand einfach nur da, an Ende der Gasse in welcher sich Ezio befand. Obgleich es ihn ein wenig beunruhigte setzte Ezio seine Schritte fort und benutzte seine Gabe. Die Aura des Fremden glomm in einem aggressiven Rot. Etwas irritiert fuhr Ezio seine Klingen im Verborgenen aus, bereit zum Angriff. Der Mann war keine Wache, und er schien auch kein normaler Söldner zu sein. Er war schwer gerüstet und an seinem Gürtel hing ein gewaltiges Schwert. Wenn es zu einer Auseinandersetzung käme würde Ezio ihn nur mit Mühe niederstrecken, deswegen verhielt er sich so ruhig wie möglich. Dann würde er einer Auseinandersetzung wahrscheinlich vermeiden können.

Doch dann tauchten hinter dem Fremden plötzlich noch zwei weitere Männer seiner Statur auf. Und dann ein dritter und ein vierter. Ezio machte auf der Stelle kehrt und schritt so unscheinbar wie möglich wieder zurück. Doch zu seinem Entsetzen musste er feststellen dass auch dort die Gasse von diesen klumpigen Geschöpfen verstopft war.

Jetzt war er sich sicher. Sie waren hinter ihm her. Ezio blieb zwischen den Fronten stehen.

„Wer schickt euch?“ Fragte er mit fester Stimme, die keinen Deut von Furcht aufwies.

Die Männer schwiegen und betrachteten ihn auf eine höchst verstörende Art. Sie regten sich nicht. Sie blinzelten nicht. Für eine Sekunde war sich Ezio fast sicher dass er es hier mit Puppen zu tun hatte, doch dann setzten sich alle gleichzeitig in Bewegung.

„Lasst mich passieren und ich werde euch kein Leid antun. So können wir alle in Frieden weiterleben.“ Sagte Ezio.

Die Männer machten keine Anstalten von ihrem Tun abzulassen. Und dann waren sie schließlich so nah dass Ezio das Weiß in ihren Augen sehen konnte. Vor Angst stieß er einen kurzen Schrei aus. Die Augen der Männer waren weißer, als sie es hätten sein sollen. Die Iris eines jeden Mannes war ergraut und milchig. Alle Männer waren blind. Dies unnatürliche Bild hetzte einen Schauer über Ezios Rücken.

„Nun denn, ich wünsche euch einen schönen Tag.“ Lies Ezio verlauten, rannte jäh ein paar Schritte an einer der Wände hoch, drückte sich dann von dieser ab und sprang an die gegenüberliegende Hausmauer. Dort hielt er sich an einen Fenstersims fest, zog sich hinauf und stieg aufs Dach. Er klopfte sich den Dreck von seiner Hose und richtete sich auf um sich umzudrehen und nach unten zu sehen. Doch dann packte ihn schon eine Hand an seinem Fuß, und einer der Männer zog sich hinauf. Mit Schrecken musste Ezio feststellen dass alle Männer mit Leichtigkeit das Haus erklommen.

Er riss sich von der Hand los.

„Was wird hier gespielt?!“ Rief er aus und trat ein paar Schritte zurück. Diese Situation war ihm endgültig nicht mehr geheuer. Männer mit derartig schwerer Rüstung und derartig erblindeten Augen konnten unmöglich so schnell klettern. Dann zogen sie alle ihre Schwerter, und Ezio machte dass er davon kam. Zu seinem Unglück musst er feststellen dass diese Monster ihm hinterherliefen und Abgründe mindestens genauso schnell überwunden wie er. Die Angst vor diesen Kreaturen floss durch jede seiner Adern und gab ihm somit noch mehr Antrieb.

Wer waren diese Männer? Was wollten sie von ihm? Keine Zeit zum Nachdenken. Er stieß sich mit aller Kraft an der Kante eines Balkons ab und machte einen gewaltigen Sprung über eine Hauptstraße. Seine Beine schmerzten als er aufkam, doch er trieb sich weiter. Nach einigen Metern riskierte er einen kurzen Blick nach hinten und stellte entsetzt fest dass die Männer ihm immer noch mühelos folgten. Er wurde gnadenlos gejagt und hatte keine Chance den Abstand so weit zu vergrößern dass er sich verstecken konnte. Es galt also seine Verfolger auf anderem Wege abzuschütteln. Doch auf welchem?

Plötzlich zischte ein Pfeil knapp neben ihm vorbei und durchtrennte sein Schultercape. Der Umhang löste sich und flatterte in einen Hof. Ezio blickte sich um und stellte fest dass zwei seiner Verfolger dem Cape folgten.

Seine Gedanken überschlugen sich. Warum taten sie das? Wie konnten sie ihn überhaupt verfolgen?

Plötzlich ragte ein Turm vor ihm auf. Er wollte daran vorbeirennen, doch hinter dem Turm kamen ihm bereits weitere Kolosse entgegen. Ezio sah keine andere Wahl und nahm den einzigen Ausweg der ihm blieb: Der Weg nach oben. Das Adrenalin pulsierte in seinen Adern und machte ihn stark und flink als er einen Stein nach dem anderen ergriff.

Wie konnten sie ihm folgen?

Warum rannten sie seinem Cape hinterher?

Ezio sah nur eine Lösung für den Moment, die gleichermaßen logisch wie verrückt klang. Um seine Theorie zu überprüfen riss er sich den Rest seines Capes und sein Schulterpolster vom Leib und lies es zu Boden fallen. Sofort sprangen einige der Männer stumm hinterher.

Es war der Geruch. Sie riechen mich, dachte Ezio.

Oben am Turm angekommen wartete er ein paar Augenschläge lang. Die Männer, die ihn noch verfolgten, waren ihm dicht auf den Fersen. Ezio stieg rückwärts auf den Zugbalken des Turms und sah hinab. Weit unter ihm konnte er die Umrisse eines Heuwagens vernehmen, seine Rettung. Dann stand schon der erste Mann vor ihm, der ihm mit atemberaubender Geschwindigkeit gefolgt war. Seine Nasenflügel erzitterten unter seinem Geschnaube und er grinste triumphierend, wog er sein Opfer doch in einer Sackgasse. Ezio hatte schon einen Schritt nach hinten in die Luft gesetzt, als er in einem sekundenbruchteil geistesanwesend nach vorne griff um den Mann seines eigenartigen Halsschmuckes zu entledigen. Dann fiel er bereits in die Tiefe.

Der Turm war hoch genug dass er sich in der Luft drehen konnte um seinen Fall zu kontrollieren. Der Boden kam näher, und dann sah Ezio dass der Wagen nicht, wie sonst in Venedig üblich, mit wohlriechenden Blüten behäuft war, sondern mit Kuhdung.

‚Oh, bitte lass ihn frisch und weich sein‘ war das letzte, was Ezio dachte als er in den Mist eindrang.

Kapitel 4 (Teil 1)

{b]Kapitel 4
 

Der Morgen war mittlerweile angebrochen und die Dirne Teodora saß neben ihrer kupfernen Wanne und schrubbte ihm den Rücken. Der Kokosduft ihre Seife erfüllte die Luft, und Ezio entspannte sich sichtlich unter ihren sanften Berührungen. Nichts erinnerte mehr an gestern Nacht – geruchlich zumindest.

Ezio konnte seine Verfolger abschütteln, dem Dung sei Dank. Sie waren ihn zwar nicht hinterher gesprungen, doch so schnell, wie sie wieder unten waren, hätte er keine Chance gehabt zu entkommen. Also wartete er in seinem Misthaufen, dem Erbrechen sehr nahe, und hoffte dass seine Theorie, die Männer würden ihn in erster Linie riechen, stimmte. Wenn er Recht hatte würde der Mist seinen Eigengeruch überdecken. Und das tat er allem Anschein nach auch. Die Männer liefen an ihm vorüber.

Nachdem sie an ihm vorbeigezogen waren und er sich erfolgreich aus dem zähen Mist befreit hatte ging er schnurstracks direkt zu seiner nächstgelegenen Verbündeten: Teodora.

„Oh, Merda“ War alles, was Teodora sagte als sie Ezio sah, wonach sie sich gleich bekreuzigte und sich bei Gott für diesen Fluch entschuldigte. Sie führte ihn daraufhin ohne Fragen zu stellen sofort in ihre privaten Bäder. Auf diesen kurzen Weg dorthin spürte er zum ersten Mal wie schmerzlich es war wenn die Damen einen großen Bogen um ihn machten.

Die Mätresse hatte sofort warmes Wasser kommen lassen und Ezio angewiesen sich seiner verschmutzen Kleidung zu entledigen. Anschließend bestand sie darauf ihn eigenhändig zu säubern und er erzählte ihr von den seltsamen Männern die ihn verfolgten. Teodora wusste auch keinen Rat darauf.
 

„Was könnt ihr mir über Salaj sagen?“ fragte Ezio schließlich und genoss ihre Finger in seinen Haaren. Eine hübsche Dirne betrat mit einem Eimer warmen Wassers den Raum und füllte die Wanne nach. Als sie gegangen war antwortete Teodora.

„Der Gehilfe Da Vincis? Er war oft hier, aber ich erteilte ihm Hausverbot.“

Ezio sah sie an. „Weshalb das?“

„Zuerst mochten wir alle ihn sehr. Er war schließlich ausgesprochen hübsch, und sein junger Körper lud zum Berühren und Liebkosen ein und weckte in vielen von uns Muttergefühle.“ Sagte sie, und Ezio biss sich auf die Lippe und schluckte die Wut herunter. „Doch dann begann er meine Mädchen schlecht zu behandeln. Er wurde grob, aber nicht auf die leidenschaftliche Art, sondern auf die gewalttätige. Die Mädchen, die er buchte, nahmen das zunächst in Kauf, denn er zahlte mehr als jeder andere für ein paar Minuten. Dann jedoch kam es zu den ersten Zwischenfällen.“ Sie nahm zärtlich das Gesicht der Dirne, die gerade einen weiteren Eimer heißen Wasser nachschenkte, und drehte es zu Ezio. Mit Entsetzen musste er feststellen dass ihre Lippe aufgeplatzt und ihr rechtes Auge geschwollen war. Ezio kannte dieses Mädchen, er hatte schon öfters das Vergnügen gehabt. Sie war ausgesprochen unschuldig für ihren Beruf und immer sehr fröhlich und zärtlich.

„Vielleicht bleibt ja eine Narbe wie bei euch?“ Sagte das Mädchen mit einem schwachen Lächeln und fuhr Ezio über die Lippen unter dem Versuch die Stimmung etwas zu heben. Offenbar mochte sie es nicht Menschen ihretwegen zu betrüben.

Ezio schluckte sein Ärgernis für den Moment hinunter und verbarg sein Entsetzen. Er wollte diesem Mädchen, das er sehr mochte, nicht noch mehr auf die Schultern bürden.

„Selbst wenn, ihr würdet immer noch dem Abbild eines Engels gleichen.“ Sagte er stattdessen und küsste ihre Finger. Zur seiner Freude bemerkte er, dass eine leichte Schamesröte in ihre zarten Wangen stieg.

Teodora ließ ihr Gesicht los. „Danke, Anna. Das reicht mit dem Wasser. Bitte geh und sieh zu dass vorerst niemand das Bad betritt.“

Anna machte einen vornehmen Knicks und verschwand sogleich aus der Türe, allerdings nicht ohne Ezio noch einen letzten Blick zuzuwerfen, der wohl anrüchig gemeint war, aber unter ihren Gesichtszügen und unschuldigen Augen einfach nur wunderbar liebreizend und lieblich aussah.

Just nachdem sie die Tür geschlossen hatte brach es aus Ezio heraus und er schlug mit aller Kraft gegen den Wannenrand. Unter dem gewaltigen Druck des Aufpralls verformte sie sich.

„Die zahlt Ihr mir.“ sagte Teodora ruhig.

„Verzeiht, Madonna, aber ich … ARGH! Dieser beschissene Inzestknabe! Dieser Schweinehund! Miese Drecksau! Faccia di culo! Vai a farti fottere, hinterhältiger Bastardo!“ stieß er aus und fügte noch weitere wüste Beleidigungen hinzu.

Teodora ließ ihn gewähren und war überrascht über den Ideenreichtum seiner Schimpfwörter.

Als ihm endlich die Beleidigungen ausgingen saß er mit hochrotem Kopf in der Wanne und rieb sich seine schmerzende Hand.

„Verzeiht, Madonna.“ Wiederholte er atemlos.

„Wie ich deinen Worten entnehme warst du schon vor meiner Kundgebung nicht gut auf ihn zu sprechen.“ Sagte sie ruhig und wusch ihm weiter den Rücken.

Er zog die Beine an sich und legte seine Arme darauf, auf welche er wiederum seine Stirn legte. „Ja.“ nuschelte er und überlegte, ob er Teodora seine Sorgen anvertrauen sollte. Er entschied sich dafür. „Dieser Bastardo manipuliert Leonardo absichtlich. Er hat irgendwas mit ihm vor. Und er drohte mir ihm etwas anzutun, sollte ich ihm in die Quere kommen. Ich werde dann sofort aufbrechen und ihm die Kehle durchschneiden“

Sie nahm mit einer Schüssel etwas Wasser auf und kippte es Ezio über den Kopf um die Seife aus seinen Haaren auszuwaschen. Er ließ das über sich ergehen und schüttelte sich.

„Das würde ich nicht tun, Ezio. Zumindest nicht unüberlegt. Es klingt so als wäre Leonardo fürs erste in Sicherheit. Ihr braucht einen Plan. Außerdem sind eure Gewänder noch nicht trocken, und ich würde sie gerne noch für euch flicken. Und vielleicht habt ihr es noch nicht bemerkt, aber gerade seid ihr der meist gesuchteste Mann in Venedig. Überall hängen Steckbriefe von euch aus.“

Ezio sah sie mit offenem Mund an. „Ist das wahr? Verdammt, dann hat das sicher mit diesen Männern zu tun. Oder mit Salaj. Ich habe seit meiner Ankunft kein einziges Verbrechen begangen.“

Dann lehnte er sich über den Rand und sah Teodora an. „Aber ich muss Leonardo sehen. Ich muss mit ihm sprechen. Und mich für etwas entschuldigen.“

„Geduldet euch einfach und bleibt hier, Leonardo wird zu euch kommen.“ sagte sie sanft.

„Weshalb das?“

„Er besucht öfters dieses Gewerbe.“

Ezio war einerseits überrascht über diese Aussage, hatte er seinen Freund doch anders eingeschätzt, andererseits glücklich darüber dass er Salaj zumindest nicht komplett seine sexuelle Aufmerksamkeit schenkte, falls er dies überhaupt tat. Allein der Gedanke ließ Galle und Ekel in ihm aufsteigen.

„Die Mädchen lieben ihn und sind ganz begeistert.“ Fuhr sie fort. „Allerdings kommt er maskiert. Ich werde Euch Bescheid geben sobald er wieder eintrifft. So lange entspannt Ihr Euch und ruht Euch aus, ich gebe Euch ein Zimmer.“

Ezio dreht sich zu ihr und sah sie dankbar an. „Teodora, Ihr tut so vieles für mich.“

Sie strich zärtlich über seine Wange. „Ihr bedeutet mir mehr als ihr denkt.“ Sagte sie liebevoll.

Er sah ihr in die Augen, dann ließ er den Blick über ihren hübschen Körper schweifen. Er wollte sie gerade seinerseits berühren als sie die Handfläche hob und seine Hand beiseite schob. Es wäre auch zu schön gewesen.

Teodora ließ sich niemals von ihm berühren.

Kapitel 4 (Teil 2) P16

Zu seinem Glück stattete Leonardo schon am nächsten Tag dem Freudenhaus einen Besuch ab.

Ezio, welcher, so lange Teodora noch seine Assassinenausrüstung bearbeitete, als Übergang ein paar feine Seidengewänder trug, saß gerade im Eingangsbereich und spielte mit Anna Schach als er den Raum betrat. Zuerst hatte er ihn nicht erkannt. Er trug weder sein weites Wams, noch seinen exzentrischen Umhang oder sein Barett. Stattdessen war er in eine einfache, aber hübsche Leinentunika gekleidet und hatte sein Haar zu einem Zopf zurückgebunden. Zudem trug er eine simple, braune Maske und hatte einen kleinen Koffer bei sich. Ezio hielt ihn für einen unsicheren Besucher.

Erst als er mit Teodora ein paar Worte wechselte erkannte Ezio ihn.

„Die Mädchen warteten schon sehnlichst auf Euch.“ Sagte Teodora freundlich. Leonardo nahm indes seine Maske ab und lachte fröhlich und ein wenig schüchtern. „Es freut mich, dass beide Seiten daran Spaß finden.“ entgegnete er.

Schon kam ihnen eine schöne Dirne entgegen und nahm Leonardos Hand,

die Wangen gerötet.

„Ich wünsche euch viel Erfolg mit der Befriedung Eurer Bedürfnisse.“ sagte Teodora.

Leonardo nickte ihr freundlich zu und verschwand mit der Dame im oberen Stockwerk.

Nachdem er außer Sichtweite war warf sie einen Blick zu Ezio und nickte. Mit ihren Lippen formte sie stumm die Worte „Viel Glück“ und ging wieder

in ihre privaten Gemächer.

Ezio stand augenblicklich auf.

„Verzeih mir, meine Schöne“ Sagte er zu Anna und küsste sie auf die Stirn,

„Ich werde mich nachher weiter vor dir und deinen Schachkünsten blamieren. Jetzt habe ich etwas zu tun.“

Sie lächelte ihn an und nickte.

Er folgte Leonardo nach oben und lauschte an den Türen um zu erkennen hinter welcher er sich befand. Schnell hatte er die Richtige gefunden. Er zögerte. Sollte er wirklich jetzt schon eintreten? Normalerweise wäre das kein Problem für ihn, die Dirnen genierten sich nicht und auch sonst ging es in der Einrichtung recht offen zu. Allerdings war er etwas verunsichert

nachdem er letzte Nacht zu weit gegangen war.

Er entschied sich gegen die Vernunft und klopfte an.

„Ja?“ Fragte Leonardos frohgemute Stimme. Ezio trat ein und ertappte Leonardo dabei wie er gerade die Gelenke des Mädchens an die Bettpfosten knebelte. Ihre Wangen waren vor Erregung gerötet, ihre Lippen leicht geöffnet. Anscheinend erwartete sie Großes.

Leonardo warf ihm einen kurzen Blick zu, lächelte und widmete sich dann wieder den Fesseln.

„Ezio, so trifft man sich an den ungewöhnlichsten Orten. Komm herein und hilf mir.“

Ezio betrat den Raum irritiert. War er nicht mehr böse auf ihn?

„Ich hab auf dich gewartet.“ Beichtete Ezio ehrlich. „Ich wollte mit dir sprechen.“

„Warum kommst du mich dann nicht zu Hause besuchen? Ich bin nicht mehr wütend auf dich, Amico. Meinem besten Freund kann ich unmöglich wirklich böse sein. Verzeih mir meinen Ausbruch gestern.“ Sagte er entschuldigend und öffnete seinen Koffer. Er war voll von seltsam anmutenden Utensilien, darunter ein skalpellähnliches Ding, das statt einer Klinge ein Rädchen mit spitzen Nadeln hatte.

„Ich … wie … was ist das alles? Wobei soll ich dir helfen?“ Fragte er verwirrt. „Willst du das arme Mädchen etwa aufschneiden und untersuchen?“

„Natürlich nicht.“ entgegnete Leonardo, „Bitte verbinde der Schönheit hier

ihre Augen, und ich zeige es dir.“

Ezio tat zögerlich wie ihm geheißen und setzte sich neben die Mätresse aufs Bett. Auch wenn ihm das Ganze nicht wirklich geheuer war, er vertraute Leonardo. Das Mädchen erzitterte unter Ezios Berührungen, und er fragte sich unwillkürlich was sie denn erwartete, dass sie derartig erregt war.

„Bene?“ fragte er sie als er fertig war. Sie nickte.

Dann holte Leonardo sein Nadelmesser heraus.

„Heute machen wir an der Hüfte weiter, in Ordnung, Madonna?“ Fragte Leonardo und drehte das Rädchen. Das metallene Geräusch brachte die Dirne zum erzittern. „Ja, Signore“ brachte sie hervor.

„Leonardo…“ begann Ezio, „Was ist das?“

„Ursprünglich ein Folterinstrument. Es heißt Folterrad. Ein sehr nützliches Gerät.“ Sagte Leonardo und breitete ein paar Pergamentblätter auf dem Nachttisch aus. Dann stellte er ein kleines Tintenfässchen daneben und tunkte die Spitze seiner Feder in die schwarze Flüssigkeit, bereit zum Schreiben. In der anderen Hand behielt er das Folterrad. Und dann begann er mit seiner Arbeit.

Das Folterrad setzte er sanft an ihrer Hüfte an, so sanft, dass man es kaum wahrnahm. Dann bewegte er es sehr langsam über jeden Millimeter ihrer Haut. Die Mätresse erschauderte und keuchte, und Leonardo zeichnete währendem Punkte in eine vorgefertigte Skizze ihres Bauches.

Ezio bemerkte, dass sie manchmal lauter, manchmal leiser Stöhnte, und manchmal Begriffe wie „null“ und „vier“ von sich gab. Dementsprechend veränderte Leonardo die Punkte auf seiner Skizze, so dass sie mal dicker, mal dünner waren. Hie und da ließ er die Punkte komplett aus. So entstand nach einer Weile ein Muster, welches die Sensibilität des weiblichen Körpers auf das Folterrad darstellte.

Ezio sah fasziniert zu. Leonardo war mit vollem Herzen dabei, er lebte für seine Arbeit. Unter ihm lag eine der schönsten Mätressen die Ezio je gesehen hatte und sie war mehr als willig. Doch Leonardo konzentrierte sich vollends auf seine Arbeit und dachte allem Anschein nach nicht einmal daran sich durch sie sexuelle Befriedigung zu verschaffen.

Ihr Stöhnen wurde stetig lauter, was aber offenbar nicht daran lag dass er empfindliche Stellen traf, sondern an ihrer allgemeinen Erregung. Leonardo machte ungerührt weiter. Irgendwann fing das Mädchen schon förmlich an zu kreischen und rief nach Erlösung. Ezio musste sich am Bett festhalten um nicht über sie herzufallen.

„Ich kann nicht mehr!“ Schrie sie und wand sich unter dem Folterrad. „Bitte, bitte, Signore! Bitte!!“

Leonardo konnte keine Unterschiede mehr zwischen ihren Rufen erkennen und sah ein dass er nicht mehr weiterarbeiten konnte. Er legte die Feder weg.

„Bene. Ich danke dir vielmals, Francesca.“ Sagte er und legte seine große, zarte Hand zwischen ihre Beine. Ezio fuhr regelrecht zusammen und riss die Augen auf, denn die Mätresse erreichte augenblicklich ihre Ekstase. Sie schrie sich die Seele aus dem Leibe, riss an den Fesseln, dann war sie plötzlich still. Die beiden Männer stellten fest dass sie in Bewusstlosigkeit gefallen war.

„Oh.“ Sagte Leonardo und nahm die Hand von ihr. „Sie war wahrhaftig an ihren Grenzen.“
 

Ezio starrte Leonardo einfach nur fassungslos an. Er hatte die Frau zum Höhepunkt gebracht ohne jemals in sie eingedrungen zu sein. Er hatte sie nicht mal nicht mal richtig stimuliert, es nicht einmal darauf angelegt, nur seine Hand zwischen ihre Beine gelegt, genau wissend dass er sie damit erlösend würde. Dieser Mann war nicht nur ein Genie, er war ein Allmächtiger.

„Alles in Ordnung mit dir?“ Fragte Leonardo. „Du bist ganz blass.“

„Mein Blut ist woanders“ erwiderte Ezio knapp.

Leonardo lachte herzlich, während er seine Utensilien in den Koffer zurückpackte. „Soll ich dich auch erlösen?“

Ezio dachte unwillkürlich einen Moment darüber nach. Einen Höhenpunkt, der ihm das Bewusstsein raubte, eben wie diesem Mädchen hier, das wäre wahrlich eine interessante Erfahrung. Zudem war Leonardo neben seinem Onkel Mario der einzige Mensch bei dem er sich im bewusstlosen Zustand sicher fühlen würde. Vielleicht würde er irgendwann darauf zurückkommen, doch nicht jetzt. Er schüttelte den Kopf.

„Wäre das bei einem Mann anders, würdest du ihn analysieren? Könntest du da auch so ruhig bleiben?“ Fragte Ezio etwas atemlos.

Leonardo nickte, während er die Fesseln des armen Mädchens, welches immer noch bewusstlos war, löste. „Ja. Beantwortet das deine Fragen? Oder zumindest diese eine, die dir seit gestern im Kopf herumschwebt?“ Er zog eine Augenbraue hoch.

„Ich .. oh…“ Ezio stockte der Atem. Er hatte ganz vergessen, weswegen er überhaupt gekommen war.

„Leonardo … verzeih mir meine Direktheit. Ich wollte dir nicht zu nahe treten.“

„Schon gut“ Erwiderte Leonardo und deckte das Mädchen vorsichtig zu.

„Irgendwie ist deine Eifersucht ja auch schmeichelhaft.“

„Was? Eifersucht? Wie kommst du…? Nein! Das ist … ich meine … ja! Doch, ich bin schon … ich meine, ich kann diesen Jungen einfach nicht … ach“. Ezio stöhnte. „Gibt es denn Grund zur Eifersucht?“ fügte er hinzu.

Leonardo sah ihn an und blinzelte. Dann lachte er. „Hörst du dir eigentlich selbst zu, Amico mio?“

Ezio wurde rot. „Ich will einfach nicht dass du mit ihm verkehrst.“ sagte er.

„Du kennst meine Antwort darauf bereits. Der Junge ist meine Muse, und ich werde ihn nicht fortschicken, einzig und allein aufgrund deiner Eifersucht. Wobei es keinen Grund gibt, Ezio. Du bist und bleibst mein bester Freund, und außerdem bist du ihm in Etwas weit voraus: Du bist auch innerlich wunderschön.“ Sagte Leonardo und klopfte ihm auf die Schulter.

Ezio wusste nicht, was er sagen sollte. In seiner Brust herrschten gemischte Gefühle. Erleichterung, Freunde, aber vor allem eines: Verzweiflung. Salaj hatte Leonardo tief in seinen Fängen, und er, Ezio, konnte nichts dagegen ausrichten.

„Dann versprich mir bitte eines, Leonardo.“ Sagte Ezio flehend. „Pass auf dich auf. Es ist … es ist nur ein Gefühl, aber ich glaube, der Junge tut dir nicht gut. Bitte. Mir zuliebe.“

„In Ordnung.“ erwiderte Leonardo müde und seufzte. Erst jetzt bemerkte Ezio in dem fahlen Kerzenlicht die tiefen Furchen unter seinen Augen. Er sah furchtbar krank aus.

Kapitel 4 (Teil 3)

Gerade, als er sich nach Leonardos Befinden erkundigen wollte, öffnete sich die Tür und Salaj höchstpersönlich betrat den Raum. Er registrierte Ezio und lächelte ihn unschuldig an. Ezio wollte ihn ankotzen.

Dann wand er sich Leonardo zu. „Da seid ihr ja, Maestro Da Vinci. Ich habe lange auf euch gewartet… Ich dachte, ich sollte euch um Mitternacht abholen?“

„Mi dispiace. Ich habe Ezio hier getroffen, und wir haben uns wohl etwas verquatscht. Ich komme sofort.“ Erwiderte Leonardo und hob seinen Koffer auf. „Ezio, du bleibst wohl noch etwas bei Francesca, nicht? Ich möchte sie ungern allein lassen.“

Ezio nickte, ließ den Blick aber nicht von Salaj ab.

„Gut. Schön. Wegen dem Gemälde für deinen Onkel … komm einfach die Tage nochmal vorbei. Oder soll ich doch mit nach Monteriggioni kommen? Ich weiß nicht so recht. Natürlich müsste Salaj mitkommen.“

Salaj lächelte Ezio weiterhin an.

Ezio dachte fieberhaft nach. Ja, er wollte Leonardo bei sich haben. Bei sich zu Hause, bei seinen Liebsten, in Sicherheit. Aber er würde damit auch einen Feind ins Haus holen und somit seine gesamte Familie gefährden. Das konnte er nicht riskieren.

Langsam schüttelte er den Kopf.

„Nein. Ich denke, das Bild wird in deiner vertrauten Umgebung besser werden als bei mir zu Hause.“

Leonardo nickte. „Danke für dein Verständnis. Wenn ich das Bild beendet habe werde ich dich aber sicherlich besuchen kommen. Und jetzt gehab dich wohl, mein Freund.“ Sagte er und räusperte sich. Es klang als würde er ein schmerzhaftes Husten unterdrücken. Dann verließ er den Raum.

„Ich komme sofort nach, Maestro.“ Sagte Salaj lächelnd und fixierte Ezio. „Nur einen Moment.“

Ezio ging langsam um das Bett herum und stellte sich schützend vor die bewusstlose Dirne, bereit den Jungen jederzeit zu töten.

„Was willst du, verdammt nochmal? Wie bist du hier reingekommen?“ zischte er, sich an das Hausverbot von Teodora erinnernd.

Mörderisch funkelte er Salaj an, und wenn blicke töten könnten, würde er auf der Stelle in die Hölle fahren.

„Das sagte ich dir bereits, Ezio Auditore. Du sollst ihn in Ruhe lassen. Ich finde es nicht besonders amüsant dich hier mit ihm anzutreffen.“ entgegnete der Junge fröhlich und verschränkte seine Arme hinter seinem Rücken. „Das Hausverbot ist leicht zu umgehen, wenn man weiß, wie. Nicht nur du kannst ungesehen durch Mengen streifen, Assassine. Und jetzt hör mir zu.“ Er ging auf Ezio zu und blieb vor ihm stehen. „Wenn du mich umbringst, wird Leonardo von einem meiner Verbündeten getötet werden, auf der Stelle. Versuch’s ruhig, wenn du dich traust. Zudem hab ich mir noch etwas Schönes einfallen lassen, extra für dich. Ich schätze, du hast seinen jämmerlichen Zustand bemerkt?“

Ezio begriff in Sekundenbruchteilen. „Gift“ keuchte er.

„Genau. Und ich bin jetzt schon ein bisschen spät dran mit dem Gegengift, aber was soll‘s. Nur ich kenne die Rezeptur, die den Ausbruch des Gifts verhindert, und wenn ich sie Leonardo nicht tagtäglich verabreiche würde er innerhalb eines Tages zugrunde gehen. Wie du siehst wäre es äußerst unklug mich zu auszulöschen.“

„Du widerlicher Drecksack! Was willst du von ihm?!“ widerholte er.

„Nur ein paar Kleinigkeiten. Er soll mir etwas entziffern, mir Pläne skizzieren. Und mir Informationen liefern. Er besitzt eine außerordentliche Fähigkeit. Er kann Zusammenhänge zwischen Informationen erkennen, weißt du. Das macht sein Genie aus. Und dann, mein Freund, bin ich auch schon wieder weg. Und wer weiß, wenn du Glück hast und brav bist lebt er dann noch.“

Mit diesen Worten machte er kehrt und schritt durch die Tür.
 

Ezio blieb noch eine Weile vor dem Bett stehen. Er war fassungslos. Er fühlte sich schwach und hilflos. Leonardo verkehrte mit dem Teufel und war sich dessen nicht einmal bewusst.

Was konnte er tun? Zuerst würde er seinen Freund in Sicherheit bringen müssen, an einen unbekannten Ort. Dann Salaj ausfindig machen und ihm sein Gegenmittel stehlen. Oder vielleicht die Rezeptur für das Gegengift in seinen persönlichen Hab und Gut finden… Und danach ihn umbringen. Nein. Erst foltern, dann umbringen.

Ezio fasste sich an den Kopf und zügelte sich. Solche Gedanken waren nicht gut für Geist und Seele.

Leonardo würde ihn vielleicht auf ewig hassen, aber das würde Ezio in Kauf nehmen.

Hinter ihm regte sich etwas und Ezio drehte sich um. Francesca erwachte gerade aus ihrer Ohnmacht und sie stöhnte leiste. Er ging zu ihr und setzte sich neben sie aufs Bett.

„Wie geht es Euch?“ fragte er.

Sie blickte sich im Zimmer um, etwas konfus, dann sah sie Ezio an. „Mir ist ein wenig schwindelig, Signore. Wo ist Maestro da Vinci?“

„Er musste gehen.“ Entgegnete Ezio und biss die Zähne zusammen. „Ihr habt lang geschlafen.“

„Oh“ machte sie und wurde ein wenig rot.

„Es freut mich, dass ihr wohlauf seid. Ruht euch noch ein wenig aus. Ich schätze, euer Körper hat unlängst Hochleistungen vollbracht.“ sagte er und bemühte sich um ein Lächeln.

Sie wurde noch etwas röter, kicherte und vergrub ihr Gesicht unter der Decke. Ezio strich ihr durchs Haar und verließ dann das Zimmer.

Er würde nicht mehr untätig herumsitzen. Er würde etwas unternehmen.
 

Ezio war gerade im Aufenthaltsraum angekommen und wollte ein paar Worte mit Teodora wechseln als es gewaltig an der Tür hämmerte.

„Wieder ein unzufriedener Freier!“ rief eine der Dirnen aus. „Lasst ihn nicht rein!“

Gerade als er dachte das Hämmern wäre etwas unüblich für einen normalen Freier barst die Tür in zwei Teile. Ezio spürte die gewaltige Gefahr, und die Ereignisse überschlugen sich. Wie von einem Instinkt aus einem früheren Leben geleitet blieb die Zeit für Ezio fast gänzlich still. An seiner linken flog ein Stück der Eichentür vorbei und traf einen Freier an der Schläfe, wohlmöglich tödlich. Zu seiner Rechten zog Teodora mehrere Wurfmesser unter ihrem Rock hervor und zielte. Die Dirnen schrien und liefen panisch in die oberen Stockwerke und durch den Hintereingang hinaus. Anna und eine weitere Dirne standen geschockt hinter dem Diwan neben der Tür, zu ängstlich um zu flüchten. Und in der Tür stand einer der massiven Männer der letzten Verfolgungsjagt. Sie hatten ihn gefunden. Die trüben Augen fixierten ihn, und sein Mund verzog sich zu einem unkoordinierten Grinsen. Dann traf ein Wurfmesser seine Schulter, ein weiteres seinen Hals. Der Koloss zuckte kurz zusammen, ging dann aber auf Ezio zu und riss dabei wütend einen Tisch in die Luft als wäre er aus Papier. Zwei weitere Riesen folgten ihm durch die Tür. Einer der beiden ging in Richtung des Nebenzimmers, in welchem Ezios demolierte Rüstung aufbewahrt wurde und hielt dort nach ihm ausschau. Das alles passierte in wenigen Sekundenbruchteilen.

„Bitte, geh!“ Schrie Teodora in Angst um ihre Mädchen Ezio zu.

Ja, sie waren hinter ihm her. Er musste sie fortschaffen. Er musste das Bordell so schnell wie möglich verlassen.

„He“ rief Ezio und warf dem Größten der Dreien eine Vase an den Kopf. Sie zerschellte wie eine Seifenblase und hinterließ in etwa auch so viel Schaden. „Stört es euch eigentlich sehr, dass eure Mutter gleichzeitig eure Schwester ist?“

Ezio wusste nicht genau ob sich die Kerle angegriffen fühlten – er wusste eigentlich nicht einmal ob sie seine Sprache verstanden – aber zumindest der, der das Zimmer mit seiner Rüstung darin betreten wollte machte auf der Stelle kehrt und folgte dem Klang seiner Stimme.

Ein weiterer der Kerle stand plötzlich neben ihm. Er musste durch die Hintertür hereingekommen sein. Ezio, der gerade noch so mutig ungehobelte Worte von sich gab, stieß einen grenzfemininen Schrei aus und wich gerade noch der Faust des Mannes aus. Sofort stürmte er durch den Hintereingang hinaus und sah gerade noch wie Teodora sich über eine verwundete Dirne beugte. Die vier Männer folgten ihm.

Ezio lief durch verzweigte Gassen, darauf bedacht keine Zivilisten in Gefahr zu bringen. Die Männer folgten ihm unaufhaltsam und wirkten noch zielstrebiger als beim letzten Mal. Ezio würde diesmal nicht so leicht fliehen können. Aber das hatte er so wie so nicht vor, er wollte ihnen den Garaus machen. Nur wie? Er sprang über ein paar Pfosten und überquerte so einen schmalen Kanal. Die Kolosse folgten ihm. Nur mit seinem versteckten Dolch und seiner Pistole im Armschutz würde es schwer werden, aber er musste es versuchen.

Auf der anderen Seite angekommen bog er rasch in eine Straße ab, außer Sichtweise der Verfolger. Er drehte sich sofort um und lud seine Pistole. Einen Atemzug später kam auch schon der erste der Monstren um die Ecke. Ezio hob die Hand, packte ihm am Hals und schoss ihm direkt in den Kehlkopf. Der Mann ging ein paar Schritte weiter ohne zu realisieren dass ihm etwas Wichtiges geraubt wurde: Die Luft. Dann strauchelte er. Zu Boden ging er aber nicht deshalb, sondern dadurch dass einer seine Gefährten ihm eine Axt in die Schulter schlug. Schockiert über diesen Anblick blieb Ezio eine Sekunde zu lang stehen – und wurde von derselben Axt, die immer noch in der Schulter des Verwundeten Mannes steckte, quer über Schulter und Brust verletzt. Er keuchte auf und sprang zurück.

Sofort färbte sich sein Hemd rot. Der Schnitt fühlte sich nicht sehr tief an, aber er tat höllisch weh. Ein Aufschrei des Riesen, der lautstark seine Axt aus seinem ehemaligen Kollegen (oder Bruders oder Onkels oder alles zusammen) zog, trieb ihn zur Besinnung und dazu, weiter zu laufen.

Er rannte in eine schmale Gasse, doch der Schmerz in seiner Brust schnürte ihm die Luft ab. Er würde nicht länger davonlaufen können. Sein Sichtfeld färbte sich bereits schwarz als sich am Himmel seine Rettung offenbarte. Er nahm seine letzten Kräfte zusammen und lief ein paar Schritte an einer Hausmauer hinauf, ging in die Knie, drückte sich ab und sprang auf einen Lastenträger, welcher zentral in der Gasse hing und schwere Baumaterialien trug. Er wartete noch einen Augenblick bis alle drei Männer in der Gasse waren, dann schnitt er zwei der Seile durch und hielt sich am Tragenden Balken fest, an welchem die Seile befestigt waren.

Der Lastenträger kippte, und die schweren Bretter rutschten herab, direkt auf seine Verfolger zu. Keine Zeit mehr kehrt zu machen und eingekeilt von beiden Hausmauern traf sie die volle Wucht der Bretter. Die scharfen Kanten durchtrennten verschiedene Gliedmaßen und schnitten tief ins Fleisch, das Gewicht und die Gewalt des Aufpralls brachen hörbar Knochen.

Einer von ihnen brüllte noch wie ein wildes Tier auf, dann wurde es ruhig und nur noch das Blut rauschte in Ezios Ohren.

Er wollte sich zuerst am Balken entlanghangeln, doch seine Kräfte waren erschöpft und er musste sich fallen lassen. Unsanft kam er auf dem Boden auf.

Er keuchte, hielt sich die Wunde und ging zu dem Berg aus Gliedmaßen, Brettern und Blut. Schwach schob er einen der Balken zur Seite und wandte sofort den Blick ab. Der Aufprall hatte dem ersten der Männer die Visage weggeputzt. Er testete, ob dieser noch atmete, und schob ihn dann zur Seite. Etwas versetzt unter ihm kam der Arm eines weiteren Riesen zum Vorschein. Ezio griff danach und fühlte den Puls. Auch dieser Mann war tot. Allein der letzte, für dessen Ausgrabung Ezio viel länger brauchte, war noch am Leben. Er kniete sich neben ihn und hielt sachte seinen großen Kopf.

„Sprich mit mir“, Sagte Ezio atemlos, „Verstehst du meine Sprache?“

Der Riese schien ihn anzusehen, und Ezio meinte festzustellen dass in seinen Augen ein neuer Glanz innewohnte, der ihn menschlicher machte.

„Es ist vorbei. Deine Seele wird nun ruhen. Sag mir, warum ihr hinter mir her wart.“

Er versuchte zu sprechen, doch nur Blut und unverständliche Laute rannen aus seinem Mund. Ezio lauschte. „Bitte. Sag es mir. Hat Salaj etwas damit zu tun?“

Die Lippen des Riesen zuckten und er schien immer ein und das Selbe zu wiederholen, doch Ezio verstand ihn nicht. Dann aber drangen schwach die Worte des Mannes an sein Ohr und lösten in ihm beklemmende Gefühle aus.

„Bitte töte mich“ war es was der Verwundete von ihm verlangte.

Die Art, wie der Mann ihn anflehte, wie er es sagte, und sein Gesichtsausdruck dazu ließen Ezios Herz stehen bleiben. Die Pein, die dieser Mann fühlte, war nicht nur körperlicher Schmerz. Es war etwas viel tieferes, was weder Ezio noch er selbst zu begreifen schienen.

„Requiesquat in Pace“ sagte Ezio, legte seine Hand auf seine Brust und lies die Klinge direkt in sein Herz fahren. Einen Atemzug später war der Mann tot.

Kapitel 5 P16

Kapitel 5
 

„Ich versteh das alles nich“ nuschelte Ezio und stützte seinen Kopf in seine Hand. Mit der anderen schwänkte er einen Becher voll Wein. Rosa kümmerte sich derweil um seine verletzte Brust und verband sie.

„Ich auch nicht.“ Bemerkte Antonio und wog den Halsschmuck, den Ezio einem der Kolosse abgenommen hatte, in seiner Hand. Es zeigte ein Kreuz, unterbrochen von einem Kreis.

„Ich meine, ja. Ich hab von diesem Templerklan gehört, aber ich dachte bisher er wäre nur eine kleine, unbedeutende Abspaltung aus dem Osten.“

Ezio wischte sich über den Mund. „Ersähl mir mehr von dem Klan. Sind da alle blind?“

Antonio schüttelte den Kopf. „Ich weiß leider auch nicht mehr. Nur, dass sie nicht ganz die gleichen Ziele verfolgen wie die Templer und auch nicht die gleichen Methoden anwenden um an jene zu gelangen. Was sie hier wollen, welche Kräfte sie besitzen – keine Ahnung Ezio. Mi dispiace.“

„Ach“ machte Ezio und winkte verärgert ab.

Antonio gab ihm den Halsschmuck wieder. „Das ist alles aber kein Grund sich so zulaufen zu lassen.“

„Salaj steckt dahinter, dieser maledetto stronzo. Er wusste darüber Bescheid dassich bei Teodora war und hat seine fetten Schergen nach mir geschickt. Porca puttana!“ Fluchte Ezio und nahm noch einen Schluck Wein.

“Dieses Schwein! Dieser Bastardo! Er hat Leonardo vergiftet und ich kann nichts tun!“

„Jetzt beruhige dich erst einmal, mein Freund. Lass uns morgen darüber nachdenken. Solange du ihm nicht in die Quere kommst wird er Leonardo weiterhin das Gegengift geben und ihn nicht verletzen. Er braucht ja offensichtlich etwas von ihm, und bis dahin muss Messer Da Vinci am Leben bleiben. Bleib also ruhig und entspann dich. Uns wird schon etwas einfallen.“

„Ach, Entspannen! Wie soll ich mich entspannen, wenn Leonardo dem Teufel höchstpersönlich verfallen ist!“ lallte Ezio und schlug seinen Becher auf den Tisch so dass sich der Inhalt darin auf der Oberfläche verteilte.

Rosa, immer frohen Gemüts und darauf erpicht, mit Worten Seitenhiebe zu verteilen, lachte und zog dabei den Verband fester. „Und ich dachte immer das Einzige was dich zum Trinken bringt ist die Eifersucht wegen einer Frau, nicht wegen einem Mann.“

Ezio sah sie entrückt an und war für einen Moment so fassungslos dass er nicht wusste was er darauf erwidern sollte. Rosa packte die Gelegenheit am Schopfe und träufelte auf die letzte unverbundene Stelle, die etwas tiefer verletzt war als der Rest, eine brennende desinfizierende Flüssigkeit. Ezio zuckte zusammen.

„Das … ah … kann man nich vergleichen, Bella mia…“ Brachte er schließlich hervor.

„Wie du meinst, Süßer.“ Sagte sie und verband den letzten Rest. „Aber Antonio hat recht. Entspann dich bitte ein bisschen. Geh doch heute Abend zum Karneval und amüsiere dich. In deinem jetzigen Zustand kannst du eh nicht klar denken.“

„Ach, das bisschen Wein…“ Entgegnete er und bemühte sich nicht zu Nuscheln. „Ich muss mir was einfallen lassen. Ich kann jetzt nicht einfach raus gehen und mich vergnügen. Außerdem könnten noch viel mehr von diesen blinden Bastardi da draußen unterwergs sein.“

Antonio klopfte ihm auf die heile Schulter. „Mit einem guten und starken Parfum bist du dort draußen unter Menschen mitunter sicherer als in meiner ungeschützten Unterkunft.“

Ezio hob wacker die Arme als Rosa ihm eine frische Bluse überzog und lies sich den Schmerz nicht anmerken. Dann strich er zärtlich über ihre Wange.

„Hmpf. Kommt ihr mit, meine wunderschöne Rose?“

Rosa lachte. „Glaub mir, ich verpasse nur ungern deinen jetzigen Zustand, aber an Karneval ist Haupterntezeit, das weißt du doch.“

Als Ezio ein wenig betrübt dreinblickte (seine Fähigkeit, Gefühle für sich zu behalten, schien mit zunehmender Trunkenheit konträr zu sinken) streichelte Rosa ihm durchs Haar und beugte sich zu seinem Ohr.

„Aber heute Nacht darfst du gerne mit mir das Bett teilen.“ flüsterte sie, entzückt von seiner jugendlichen Enttäuschung.
 

Es schien ihm zwar nicht die beste Lösung zu sein, aber Antonio und Rosa bestanden darauf, und Ezio konnte nicht leugnen dass er im Moment ohnehin nichts ausrichten konnte. Also ging er zum Karneval und ließ er sich von der jubelnden Menge treiben.

Der Mond stand hoch am Himmel, und so wahrscheinlich auch die Sterne, jene verblassten jedoch im Schein der Karnevalsbeleuchtung und der Feuerwerke. Es könnte eine wunderschöne Nacht werden, und Ezio beschloss dieser eine Chance zu geben und entspannte sich ein wenig. Er trug elegante Gewänder und eine lederne Colombina-Maske, geliehen von Antonio.

Er schritt auf den Piazza San Marco, direkt in das Getümmel, und beobachtete das Treiben um sich herum. Es wurden jede Menge Delikatessen und exotisch anmutende Gegenstände angeboten, etliche fahrende Sänger und Darsteller hielten die Besucher bei Laune, von denen einige in prachtvollen Gewändern gekleidet waren. Hie und da hörte man bei besonders pompösen Feuerwerken laute Ohs und Ahs. Es war einfach nur berauschend und Ezio konnte für einen Moment die Wut über Salaj zumindest zum Teil aus seinem Kopf treiben. Er bummelte etwas durch die Stände und nahm ein paar der Weinkostproben von hübschen Marktverkäuferinnen an. Der Alkohol stieg ihm rasch noch stärker in den Kopf als zuvor und seine Wut und Hilflosigkeit wurde nun vollends durch ein warmes Gefühl im Bauch ersetzt.

So bewegte er sich für eine geraume Zeit durch die Menge und entspannte sich ein wenig.

So lange, bis er auf Leonardo traf.
 

Er erkannte ihn nicht sofort. Seine Sinne waren etwas getrübt, und Leonardo war nicht gekleidet wie sonst. Aber er trug ähnliche Gewänder wie in Teodoras Bordell, und nicht zuletzt das Feingefühl, mit welchem er ein papiernes Weinetikett zu einem Schwan zusammenfaltete enttarnte ihn.

Ezio blieb stehen und beobachtete ihn. Er saß an einem Tisch vor einer offenen Tarverne und unterhielt sich mit zwei Frauen. Einer von ihnen reichte er den Papiervogel, und diese lachte erfreut und steckte sich diesen zu den Schleifen und Blumen ins Haar. Ezio musterte die direkte Umgebung von Leonardo ausgiebig. Kein Salaj war zu sehen. Sollte er es wagen und sich ihm nähern?

Leonardo lachte, nahm seine Maske ab und trank aus einem Becher. Seine Wangen waren gerötet, aller Wahrscheinlichkeit nach dem hochprozentigen Inhalt des Bechers wegen. Er unterhielt sich noch ein wenig mit den Damen, dann standen sie auf, küssten ihn auf die Wangen und verschwanden wieder im feiernden Gemenge.

Ezio ergriff die Chance beim Schopfe und ging zu ihm hin.

„Verzeiht mir“ sagte er mit einem reichlich übertriebenen französischen Akzent, „Ihr seid doch Leonardo da Vinci, nicht wahr? Darf ich mich zu euch setzen?“

Leonardo sah auf und lächelte als er Ezio erkannte. „Oh, man kennt mich? Natürlich, setzt euch.“ sagte er fröhlich und spielte sein kleines Rollenspiel mit. Ezio setzte sich ihm gegenüber.

„Woher kennt Ihr mich denn, wenn ich fragen darf?“ Fragte Leonardo angeheitert und spielte mit dem Becher.

„Ihr erfreuet euch wohl eines höheren Ansehens als ihr selbst vermutet, Messere da Vinci?“ erwiderte Ezio mit gespielt-verstellter Stimme und stellte abermals fest was für eine beruhigende und wohltuende Wirkung Leonardos fröhliche Anwesenheit auf ihn hatte. Er genoss den Moment.

„Ihr schmeichelt mir. Und Ihr tragt dasselbe Parfum wie meine Mutter.“ stellte Leonardo ungeniert fest und lächelte ihn an. Ezio dachte an die Unmengen Frauenparfum mit welchem Rosa ihn eingedeckt hatte und lächelte zurück.

„Dann hat Ihre werte Mutter einen guten Geschmack“ sagte er humorvoll.
 

eonardo lachte und steckte Ezio damit an. Dann spürte er plötzlich eine Hand auf seinem Knie. Der Maestro beugte sich über den Tisch und redete etwas leiser. „Ich finde es steht euch. Bringt gut eure zarte Seite zum Vorschein.“

Ezio sah ihn an, versuchte zu entschlüsseln ob das ein Teil des Spiels oder Leonardo einfach sturzbetrunken war.

„Wenn ihr wüsstet wie grob ich eigentlich bin…“ begann er.

„Oh, das wüsste ich wirklich gerne.“ fügte Leonardo an und strich mit seiner Hand etwas höher. Ezio schwieg. Wog er sich vorher in Zweifel - jetzt war er sich sicher dass sein Freund tatsächlich Annäherungsversuche wagte. Nach einer kurzen Überlegung (die wohlmöglich von dem Alkohol in seinem Blut etwas beeinflusst wurde) entschied er sich bei dem Spiel mitzumachen.

„Ihr würdet es nicht lange überleben, Maestro.“ behauptete er, grinste leger und stütze seine Schläfe auf die Knöchel seiner rechten Hand.

„Dann würde ich eines glücklichen Todes sterben.“ sagte Leonardo und lachte betrunken und vergnügt.

Ezios Herz erwärmte sich bei diesem Anblick. Ja, Leonardo machte gerade tatsächlich erwachsene, homosexuelle Annäherungsversuche, jedoch strahlte er dabei das beherzte Vergnügen eines unschuldigen Kindes aus, so dass er darüber keinen negativen Gedanken verschwenden konnte. Seinem besten Freund machte diese Situation Spaß, er hatte Freude daran, und das machte Ezio glücklich und trieb ihn an seine Rolle als exotischer Gönner weiter auszubauen.

„Maestro!“ rief er aus, „Ich könnte eurem schönen Italien doch niemals den größten Künstler aller Zeiten stehlen!“

„Ihr habt mir doch schon bereits meinen Atem und mein Herz geraubt, viel mehr bleibt da so wie so nicht mehr übrig“ erwiderte Leonardo und gluckste heiter.

Ezio, aus der Fassung gebracht, sah ihn mit offenem Mund an und begann dann zu lachen. „Das war mir etwas zu kitschig. Entschuldige.“ sagte und fiel so aus seiner Rolle.

Leonardo stimmte in sein Lachen mit ein und wischte sich ein paar Tränen aus den Augen. Seine Wangen und seine Nase waren noch röter als zuvor. „Findest du wirklich?“

„Ja.“ erwiderte Ezio, „Aber wenn es dich so erheitert möchte ich das gerne weitermachen.“

Gerade wollte er unter dem Tisch nach Leonardos Hand greifen, da tauchte plötzlich eine Gestalt neben ihm auf und er zog die Hand sofort zurück. Er blickte auf und Zorn und Hass flammten erneut in ihm auf.

„Meister, ich möchte euch etwas zeigen.“ sagte Salaj und würdigte Ezio keines Blickes. Dieser sah von Salaj zu Leonardo und musste feststellen dass dieser aufstand.

„Was denn?“ fragte er heiter.

„Nehmt eure Maske mit und setzt diese auf. Man soll euch nicht erkennen.“ befahl Salaj.

Leonardo tat wie ihm geheißen. Er band sich die Maske um und sah zu Ezio. „Ich bin gleich wieder da, unbekannter Fremder.“ sagte er und lies sich von Salaj mitziehen.

Hilflos sah Ezio zu wie Salaj Leonardo von ihm weg zerrte – direkt in eine dunkle Gasse hinein.

Ein normaler Mensch hätte dort wohl nicht hineinblicken können, aber Ezio hatte überaus scharfe Augen und konnte die Beiden gut erkennen.

Zuerst wechselten sie ein paar Worte, schienen zu diskutieren. Doch dann zog Salaj Leonardos Hände zu sich und legte sie auf seine eigenen Hüften.

Die Welt wurde plötzlich still.

Ezio hielt die Luft an.

Die Menschen um ihn herum: bedeutungslos. Sie waren nicht mehr da. Er nahm sie nicht mehr wahr. Der blinde Hass brannte in ihm wie Feuer, verzerrte alles um ihn herum bis auf diesen Fleck, in welchem Salaj und Leonardo standen und sich berührten und seine schlimmsten Befürchtungen bestätigten.

Salaj zog Leonardos Hände enger, direkt auf sein Gesäß, und streckte seinen Hals noch mehr, damit Leonardo ihn besser mit Küssen bedecken konnte. Und dieser tat es. Küsste, liebkoste, begehrte.

Salaj öffnete den Mund. Ezios hörte nichts mehr bis auf seinen eigenen Atem, aber er wusste dass es ein Stöhnen war. Langsam glitt sein Blick in Richtung Unterkörper. Die Zeit lief langsam, alles schien fast stehen zu bleiben. Dann sah er Salajs Hände. In Leonardos Hose.

Salaj drehte den Kopf in seine Richtung und sah Ezio direkt in die Augen. Er grinste, lachte ihn aus.

Die Welt kippte ein wenig. Nur mit Mühe blieb Ezio bei Bewusstsein.
 

Als Leonardo zurückkam war Ezio nicht mehr da.

Intermezzo

Intermezzo
 

Er musste weg. So weit weg wie möglich. Er musste sich beherrschen. Er musste klar denken. Er durfte ihn nicht einfach töten, er brauchte erst das Gegenmittel.

Es war zu viel. Es war einfach zu viel. Der Hass, die Verzweiflung und auch der Ekel brannten so tief in ihm dass es schon über körperlichen Schmerz hinauslief.

Sie waren allgegenwärtig und so massiv dass sie den kompletten Alkoholgehalt in seinem Blut sofort ausmerzten und es stattdessen mit Adrenalin ersetzten.

Es war zu viel.

Der Anblick war zu viel.

Es würde sich etwas ändern.

Ezio hielt inne und blickte über die Stadt. Ohne es großartig wahr zu nehmen war er einen der größeren Wehrtürme hinaufgeklettert. Die Luft hier oben war klar und die Brisen kühlten seinen aufgebrachten Geist.

Ja, er würde etwas unternehmen.

Er würde dem allem ein Ende setzen.

Die Welt um ihn herum löste sich in blendendes Licht und gab anschließend den Blick auf die staubige Decke frei.

Ezio griff sich verwirrt an den Kopf.

Eine junge Frau beugte sich über ihn. „Entschuldige. Deine Werte sind nicht gerade glänzend. Es wäre besser würdest du eine kurze Pause machen.“

Ezio sprang auf und wich ein paar Schritte zurück. Die drei anwesenden Leute sahen ihn verwundert an. Sie trugen abstrakte Gewänder. Die Sprachen eine andere Sprache. Wo war er? Was ist hier passiert?
 

„Desmond?“ fragte Rebecca vorsichtig und nahm ihr Headset ab.

„Desmond? Che cosa è questo?” rief Desmond und drückte sich mit dem Rücken an die Wand. Nervös sah er sich um.

“Er weiß nicht mehr wer er ist, er versteht uns nicht” flüsterte Lucy in einer zittrigen Stimme. Shaun legte die Hand auf ihre Schulter und drückte sanft zu. “Lass mich das regeln. Entspann dich.” sagte er leise und ging auf Desmond zu.
 

Ezio versuchte Ruhe zu bewahren. Er musste Zeit gewinnen, sie ablenken, einen Ausweg finden. Er tastete nach seinen Waffen, doch sie waren nicht da. Erst jetzt fiel ihm seine eigene Kleidung auf, die auch suspekt und exotisch aussah, und Panik breitete sich in ihm aus. Er verstand nicht.

Einer der Menschen, ein Mann, löste sich aus der Gruppe und kam auf Ezio zu.

„Bleib stehen. Ich möchte dir nicht weh tun.“ rief Ezio und griff nach einem metallenen runden Gegenstand mit einem Loch in der Mitte. Scharf geworfen würde es möglicherweise in seiner Kehle hängen bleiben.

Der Mann hob die Hände und sagte in einem makellosen Italienisch: „Ganz ruhig. Hier liegen Missverständnisse vor, mein Freund.“

Ezio hielt inne. Der Fremde kam ihm plötzlich bekannt vor, löste in ihm Gefühle der Sympathie und des Vertrauens aus. Er ließ seine vermeidliche Waffe fallen.

Die Schwarzhaarige stieß daraufhin ein paar wütend gezischte Worte in ihrer Sprache aus, wurde von ihrer weiblichen Begleitung dann jedoch gleich beschwichtigt. Ezio sah wieder zu seinem Gegenüber.

„Warum sprichst du meine Sprache? Wo bin ich hier? Ich muss zurück, sofort!“

Der Mann lies die Hände sinken. „Nein. Du musst nicht zurück. Du musst dich entspannen, dich beruhigen.“

Ezios Atem beschleunigte sich. „Nein. Ich muss zurück. Jetzt.“

„Zuerst kühlst du dich ab und hörst mir zu. Dann werden wir dich zurückschicken.“ erwiderte der Mann mit beharrlich fester Stimme, „Du weißt, dass du mir vertrauen kannst, nicht wahr, Ezio?“

Ezio sah ihm ihn die Augen. Langsam beruhigte sich sein Atem, seine Muskeln entspannten sich. Ja. Er wusste es.
 


 

Rebecca rührte nervös mit dem Löffel in ihrem Kaffee und hörte den beiden Männern zu die sich angeregt auf dem Bett unterhielten. Am Anfang war Desmond ein paar Mal aufgebracht aufgestanden und wollte sich zum gehen wenden, doch jetzt hielt er eine Tasse Tee in den Händen und lauschte den Worten von Shaun.

„Wie lange wird das noch dauern? Sie reden jetzt schon seit fast einer Stunde, ich glaub der wird nicht mehr.“ sagte sie nervös, „Verstehst du was sie sagen?“

Lucy tippte ihre Notizen in den Computer ein.

„Nein, aber sie scheinen über Salaj zu reden, und ich glaube Desmond hat schon begriffen dass er Desmond ist. Oder zumindest dass er mehr Desmond als Ezio ist. Er muss nur noch die Sprache separieren, und das scheint ihm schwer zu fallen.“

Sie bemühte sich ruhig zu klingen, aber in ihr nagte tiefe Sorge. Das alles durfte nicht geschehen. Es darf nicht so enden wie mit Subjekt 16.

„Ach, ja, das Problem kenn ich aber auch. Wenn man Wörter in seiner eigenen Sprache vergisst, sie aber in einer anderen weiß.“ entgegnete Rebecca und nahm einen Schluck aus der Tasse.

„Mit Arabisch geht mir das auch manchmal so“ sagte Lucy und versuchte in das belanglose Gespräch einzusteigen.
 

Eine weitere halbe Stunde und zwei Kaffees später sprach Desmond kaum noch ein Wort Italienisch und hatte sich wieder im Griff. Er wirkte etwas ernster als sonst, hatte begriffen dass er sich nicht gehen lassen durfte. Selbst Shaun schien verstanden zu haben wie grenzwertig Desmonds Geist am Wahnsinn entlangwanderte und wirkte eigenartig ruhig.

„Das mit Salaj wird so klappen, vertrau mir.“ sagte Shaun und war diesmal derjenige der ihn am Animus 2.0 anschloss. „Und vergiss nicht wer du wirklich bist.“ fügte er hinzu.

Dann wurde Desmond bereits eingeloggt.

Kapitel 6 P16

Die Sonne stand schon im Zenit, doch Leonardo tauchte erst jetzt im Atelier auf. Sein Wams war unordentlich gebunden, seine Haare wirkten etwas durcheinander. Er setzte sich auf den Stuhl vor dem Gemälde für die Auditore.

„Ahh… Mein Kopf“ stöhnte Leonardo, stützte einen Ellenbogen auf seine Knie und beugte sich vornüber. „Was habe ich gestern alles getrieben?“

Salaj putzte nachlässig Leonardos Pinsel und erwiderte: „Macht euch keine Sorgen Meister, ihr habt nur ein wenig gefeiert.“

Leonardo schwieg und dachte nach. Doch sein Kopf war leer und jeder Versuch, auf eine Erinnerung zuzugreifen, endete schmerzhaft. Also richtete er sich auf und arbeitete weiter am Gemälde.

So gingen sie ihrer Arbeit nach bis es jäh an der Tür klopfte.

Salaj faulenzte gerade auf dem Kanapee und machte keine Anstalten sich zu regen. Gerade als Leonardo ihn schelten wollte öffnete die Tür sich von selbst und Ezio trat ein.

„Ah, Ezio“ sagte Leonardo schwach, „Es freut mich, dich zu sehen, aber vorneweg: ich kann mich heute wirklich nicht um eine weitere Seite des … du weißt schon was kümmern. Mi dispiace veramente.“

„Keine Sorge“ erwiderte Ezio, „Heute habe ich ausnahmsweise mal etwas für dich, das du mir nicht wieder zurückgeben musst.“ Er stellte eine kleine Kiste und eine Porzellanschüssel mit einigen wohlriechenden Fleischbällchen ab.

„Das eine ist ein Geschenk, das ich gestern beim carnevale für dich gekauft habe, amico mio, und das andere ein altes Geheimrezept meiner Mutter gegen Kater. Ich bin zwar kein Meister im Kochen, aber ich konnte mir denken, dass es dir heute nicht so blendend gehen würde, und die polpetta di carne helfen Wunder.“

Salaj erhob sich, nahm sich ungebeten eines der Fleischbällchen aus der Schüssel und aß es auf.

„Signore, mein Meister braucht jetzt Ruhe. Ihr solltet gehen.“

Ezio sah ihn fassungslos an, dann verengten sich seine Augen zu Schlitzen und seine Hände ballten sich zu Fäusten. „Die sind für deinen Meister gedacht.“

Leonardo stand etwas schwächlich auf und hob beschwichtigend die Hände. „Alles in Ordnung, alles in Ordnung. Danke für das Angebot, Ezio, doch im Moment kann ich wirklich nichts essen. Aber du kannst gerne bleiben und mir bei dem Gemälde etwas helfen.“

Ezio nickte und entledigte sich wieder seiner Kleidung, während Leonardo die Kiste öffnete und mit einem erschöpft, aber freudigen Lachen feststellte dass es eine dieser modernen Gliederpuppen war die nun in Venedig verkauft wurden.

„Du hast es nicht vergessen!“ rief er freudig aus, ging zu Ezio und drückte ihn herzlich.

„Natürlich nicht“ entgegnete Ezio, „Ich hoffe du hast noch keine.“

„Nein, nein. Ich hatte noch nicht die Gelegenheit dazu eine zu kaufen. Ich freue ich mich sehr, amico. Es geht mir schon etwas besser.“

Mit diesen Worten verschwand er hinter dem Gemälde und wirkte tatsächlich etwas wacher als zuvor. Er tupfte in die Farben und führte sein Werk fort.

Salaj vergnügte sich damit faul auf dem Boden herumzulungern und die Fleischbällchen genüsslich zu verspeisen während er Ezio direkt und ungeniert ins Gesicht sah.

Ezio, welcher halb nackt auf dem Diwan kniete, biss sich auf die Unterlippe und musste sich mit aller Kraft beherrschen.

„Sag, mein Freund“ begann Leonardo etwas leiser als sonst, „Du hast mich also gestern auf dem carnevale getroffen…?“

Ezio sah auf, wurde jedoch gleich gescholten: „Nein, nein, senk den Kopf wieder, schau wie gerade, das war gut!“

„Verzeihung.“ murmelte Ezio schnell und fuhr dann fort: „Ja, habe ich. Du musst wirklich viel Grappa getrunken haben, wenn du dich daran nicht mehr erinnerst. Wir hatten viel Spaß.“

„Wir auch.“ fügte Salaj schlicht in einem Ton hinzu der Ezio die Galle in die Kehle trieb und kaute auf dem Letzten Fleischbällchen herum.

„Hm...“ machte Leonardo leise und dann wurde es wieder für eine Zeit ruhig im Raum.

Ezio schluckte seine Wut mit aller Kraft herunter. Zumindest konnte Leonardo sich nicht mehr erinnern. Das besänftigte ihn ein klein wenig.

Es musste eine halbe Stunde vergangen sein bis Leonardo wieder einen Ton von sich gab.

„Gracie, amico mio. Zu mehr bin ich heute nicht fähig, was deine Pose betrifft. Du kannst wieder deinen Tätigkeiten nachgehen.“

Ezio nickte und zog sich an, während Leonardo Salaj bat sich das Leinen umzuwerfen und an Ezios statt Platz zu nehmen.

„Sofort, Meister.“ Fötete Salaj, „Ich bringe unseren Gast nur noch schnell zur Türe.“

Leonardo lächelte ihn an. „Danke, mein Kind. Ciao, Ezio.“

Ezio verabschiedete sich von Leonardo und ging zur Türe, in welcher Salaj schon frohgemut auf ihn wartete und ihn hinaus schob. Ezio ignorierte ihn und schritt durch den Türrahmen, da packte ihn Salaj am Arm. Ezio drehte sich um, ihn unverwandt ansehend.

„Es macht Spaß mit dir zu spielen, zuzusehen wie du verlierst, verkümmerst und verzweifelst.“ Er lächelte unschuldig. „Erbärmlich, deine Schleimerei. Sie bringt dir gar nichts.“

„Uns verbindet mehr, als du denkst“ hielt Ezio mit kühler Miene entgegen.

„Uns auch.“ flüsterte Salaj, grinste und spielte mit einer seiner glänzenden Locken. „Und soll ich dir was sagen? Er kann gar nicht genug von mir kriegen. Ich hab ihn hart genommen. Er hat geschrien und geweint wie ein kleines Mädchen.“

Ezio ließ seine versteckte Klinge hervorschnellen, regte sich aber nicht. Er hielt den Atem an und versuchte sich zu beruhigen.

Salaj sah auf die Klinge und stieß ein helles Lachen aus. „Kinder sollten nicht mit scharfen Gegenständen spielen. Pass auf, sonst kommen die großen Buben und verhauen dich.“ Sagte er bedeutungsschwanger. Dann schloss er einfach die Türe.
 

Anna stand vor dem Bordell und wartete. Ihre Kleidung war bewusst unschuldig, in ihren Händen hielt sie einen Besen mit dem sie den Platz vor dem Bordell fegte. Ezio beobachtete sie aus einer sicheren Entfernung.

Ihm war überaus unbehaglich. Eigentlich wollte er das Ganze mit Teodora ausführen, jedoch hatte Anna gelauscht und darauf bestanden, diese Aufgabe zu übernehmen.

‚Ich hasse ihn über alle Maße‘ hatte sie gesagt und Ezio angefleht es sie machen zu lassen. ‚Vertraut mir, Messere Auditore, ich werde euch eine große Hilfe sein‘. Schlussendlich hatte er dem Mädchen seinen Wunsch gewährt und hoffte nun inständig, dass sie ihr Versprechen hielt, obgleich er in großer Sorge um sie war. Ihre letzten Worte waren beklemmend gewesen.

‚Ich bitte euch inständig, egal was ich sage, egal was mir passiert – schreitet nicht ein und kümmert euch um eure Aufgabe!‘ hatte sie gesagt und fest seine Hände gedrückt.

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen als er Leonardo den Vorhof vor dem Bordell beschreiten sah. Erleichtert stellte er fest dass entgegen seiner Befürchtungen Salaj bei ihm war. Er begleitete ihn zur Türe und machte dann kehrt. Nun hing alles von Anna ab.
 

„Ah!“ stöhnte die junge Frau mit heller Stimme als sie gegen Salajs Seite lief

und ihr der Besen aus der Hand fiel.

„Oh, Verzeihung.“ sagte Salaj sanft und hob den Besen auf um ihn ihr zu reichen.

Anna nahm den Besen an sich.

„Danke, Messere, ich…“ begann sie, verstummte aber als sie ihrem Gegenüber ins Gesicht sah.

„Ihr seid es“ flüsterte sie und klammerte sich an den Besen.

Salaj schien seinerseits auch sie zu erkennen und jäh erstarb sein unschuldiges Lächeln. Er drehte sich von ihr weg und wollte gehen.

„Nein, wartet“ keuchte sie und griff mit ihren kleinen Händen nach seinen Ärmeln. „I-ich … habe euch vermisst.“

Er blieb stehen und drehte sich um. Scheinbar gleichgültig sah er sie an, doch sie hatte sein Interesse geweckt. Anna wurde rot und drückte den Besen noch enger an sich. Sie mied seinen Blick. „I-ich fühlte mich nie weiblicher als bei euch, signore … für die anderen mögt ihr wie ein Kind aussehen, für mich wart ihr männlicher als jeder Freier zuvor.“

Salaj ging zu ihr und hob ihr Kinn an um ihr ins Gesicht zu sehen.

„Gefallen dir die Narben?“ fragte er und sah auf die noch nicht ganz

verheilten Wunden die er ihr zugefügt hatte.

„Ich … fühle mich als würde ich euch gehören, als h-hättet ihr mich gebrandmarkt“ gestand Anna und erzitterte unter seiner Berührung.

Ein Lächeln huschte über die seine Mundwinkel. Vorsichtig lehnte sie sich ein Stück nach vorne, direkt an seine Brust. Er ließ sie gewähren.

„Bitte…“ flüsterte sie mit erregter Stimme.

„Was?“ erwiderte Salaj harsch und legte seine Hand auf ihren Rücken. „Willst du mehr? Hast du noch nicht genug, kleine Schlampe?“

Sie nickte schüchtern.

„Aber hier kann ich dich leider nicht mehr beglücken. Deine Kolleginnen haben gepetzt.“ fügte er hinzu.

Die junge Frau murmelte etwas in seine Brust.

„Wie bitte?“

„Wir können zu mir gehen“ wiederholte Anna leise.

Er grinste und strich nachlässig durch ihr rotes Haar. Ihre unschuldige Art trieb ihm Blut in die Lenden. Wie dumm und naiv sie doch war. Wie sehr sie ihn doch anbetete.

„Zeige mir den Weg.“ sagte Salaj.
 

Ezio folgte den Beiden unauffällig. Er war vollkommen perplex, die junge Prostituierte so zu sehen. Obwohl er Bescheid wusste konnte er kaum glauben dass sie tatsächlich nur eine Rolle spielte. Ihre Fähigkeiten waren enorm und sie wusste genau an welchen Stellen sie zustechen musste um Salajs Erregung zu steigern. In diesem Mädchen steckte mehr als er ihr jemals zugetraut hätte. Sie wirkte nun nicht mehr schüchtern und hilflos, sondern beträchtlich reif, stark und überlegen. Und Ezio kam nicht umhin sich zu fragen ob sie ihn auch manipuliert hatte. Aber selbst wenn – schon allein ihrer Begabung wegen würde er sich gerne von ihr um den Finger wickeln lassen.

Die Beiden bogen in einen verlassenen Hinterhof ein und gingen in eine recht kleine, undichte Hütte. Ezio sah sich um, und als er sich sicher war im Hof niemanden zu sehen, schwang er sich vom Dach und lehnte sich an die Hausmauer, direkt neben ein Fenster. Kurz darauf öffnete es sich.
 

„Entschuldigt, signore, dass es hier so stickig ist … ich lüfte kurz.“ murmelte Anna entschuldigend.

„Was für eine Misthütte“ stellte Salaj fest und sah sich ein paar Bilder an der Wand an. „Sind die von dir?“

Anna löste ihre Haare. „Bitte, beachtet sie nicht … sie sind es nicht wert von einem Lehrling des begabten Maestro da Vinci betrachtet zu werden.“ flüsterte sie demütig. „Es muss für euch wie Dreck aussehen…“

Salaj wandte den Blick ab und liess ihn über ihre zarten Rundungen gleiten.

„Sie sind recht gut.“ Sagte er mit im gutmütigen Tonfall, „Wenn du übst, kann noch etwas aus dir werden.“

Sie hielt inne und ihre Wangen röteten sich. „M-meint ihr wirklich?“

Salaj nickte und lachte. Wie einfach es doch war mit diesem naiven Mädchen zu spielen. Wenn er in Zukunft kostenlosen Beischlaf wollte war ihm dieser bei ihr sicher. Sie bereitete ihm ungeheure Lust, schon damals im Bordell war sie diejenige gewesen die ihn am meisten erregt hatte.

„Aber verzeiht mir, Messere, ich hab euch noch nichts zu trinken angeboten. Wollt ihr etwas?“

Er zog sich seinen Mantel aus. „Ich trinke kein billiges Gesöff.“

Ein freches Lächeln umspielte ihre Lippen als sie zu ihrem Schrank ging und eine Flasche mit dunkelbraunem Inhalt herausholte. „Das müsst ihr auch nicht. Kennt ihr Rum?“

Salaj zog eine Augenbraue hoch. „Wie solltest du an einen derart teuren Schnaps kommen?“

Sie reichte ihm die Flasche. „Ich habe ihn der Bordellobersten gestohlen.“

„Du böse, kleine Schlampe.“ sagte er und schwenkte den Inhalt. „Und die Hälfte ist auch schon weg. Hast du die etwa gesoffen?“

Sie sah schüchtern zu Boden. „Es war so gut…“ gestand sie.

Salaj öffnete die Flasche und reichte sie ihr. „Perlen vor die Säue, aber nun gut. Trink mehr. Los.“

Sie nahm die Flasche und tat wie ihr geheißen. Nachdem sie mehrere Schlücke genommen hatte senkte sie die Flasche und schüttelte sich.

„Und jetzt zieh dich aus.“ befahl er und nahm seinerseits einen großen Schluck von dem kostbaren Getränk.

Sie steifte ihre Bluse ab und gab ihre wunderbaren Brüste frei.
 

Der kommende Teil war für Ezio schwerer als erwartet. Er wusste dass es nicht einfach sein würde tatenlos zuzustehen während dieser miserabili pezzi di merda sie anfasste, aber zuhören zu müssen wie grob und herablassend er mit ihr umsprang trieb ihn wahrlich an seine Grenzen. War es das wert? Nein. War es nicht. Er würde es beenden und einen anderen Weg finden, Leonardo aus seiner Misere zu befreien. Er wollte gerade das durch das Fenster eintreten und Anna aus ihrem Unglück befreien als er ihren Blick bemerkte. Salaj stand mit dem Rücken zu ihm und drückte sie gegen die Wand, ihre Arme waren um seinen Nacken geschlungen, ihr Mund an seine Schulter gepresst.

Ihr Blick war stark, entschlossen. Sie wusste genau was sie tat. Und sie würde es Ezio nicht erlauben ihr in die Quere zu kommen.

Er hielt inne und verschwand dann wieder im Schatten, in Gedanken mit großer Anerkennung und Respekt bei ihr.
 

Als Salaj mit ihr fertig war ging er zum Bett, setzte sich darauf und nahm noch einen Schluck aus der Flasche. Anna lehne an der Wand und keuchte.

„Signore, bitte geht noch nicht …“ sagte sie atemlos und wischte sich etwas Blut vom Leib.

Er lehnte sich zurück. „Sehe ich aus als würde ich gehen wollen? Ich habe noch etwas Zeit und das war gerade der Anfang, Kleine. Und jetzt massiere mich ein wenig.“

Sie nickte, kniete sich vor ihn hin und führte seinen Befehl aus. Er beobachtete sie indes.

„Sag mal, Mädchen“, sagte er nachdenklich und Anna bemerkte das leichte Lallen in seiner Stimme, „Kennst du diesen Ezio Auditore?“

„Ah, den!“ rief die junge Prostituierte aus und konnte etwas Missmut in ihrer Stimme nicht verbergen.

„‘Ah den‘?“, wiederholte Salaj, „Weshalb so eine Reaktion?“

„Signore, ich darf nicht schlecht über Kunden sprechen…“ sagte sie leise.

Er nahm ihr Kinn in seine Hand und zwang sie ihn anzusehen. „Nun sag schon.“ befahl er begierig.

Anna sah sich verstohlen um. „Naja … er beansprucht mich ständig für sich und ist nicht besonders ausdauernd“ flüsterte sie dann und entschuldigte sich stumm bei Ezio für diese Lüge, „und er hält sich selbst für den Tollsten. Und er zahlt kaum etwas. Ich mag diesen Angeber nicht…“ (Sie entschuldigte sich abermals).

„Außerdem“, fügte sie verstohlen hinzu, „ist er nicht wirklich der ‚Größte‘, falls Ihr versteht.“ (Diesmal entschuldigte sie sich nicht).

Salaj lachte herzlich. „Dieser stronzo, dieser erbärmliche. Ich werde dich von ihm erlösen, dann musst du dich nicht mehr mit ihm herumquälen.“

„Wie wollt Ihr das denn bewerkstelligen?“ fragte Anna.

„Mit Gift.“ antwortete Salaj verschlagen.

„Gift?“

„Ja. Eines, welches langsam wirkt, nicht sofort. Ich werde es ihm injizieren und er wird anfänglich nichts davon spüren. Erst wenn es zu spät ist und dann kann ihn nichts mehr retten.“ sagte er redselig durch den Alkohol und lachte.

Anna legte demütig den Kopf auf seinen Schenkel und sah ihn liebreizend an. „Das würdet ihr wirklich für mich tun?“ sagte sie dankbar. Salaj musste bei diesem Anblick schmunzeln. Das Mädchen hielt ihn tatsächlich für seinen Retter. Er streichelte ihr kurz den Kopf.

„Erzählt mir mehr von diesem Gift, signore…“ schnurrte das Mädchen wissbegierig und streichelte begehrend über seine Arme.

„Es ist eine Erfindung aus dem fernen Osten. Anders als die europäischen Gifte entwickelt es sich wie eine Krankheit. Zuerst spürt man gar nichts, nach einem halben Tag schmerzen einem dann die Lungen und es fühlt sich an wie eine leichte Erkältung. Bis dahin kann man noch ein vorübergehendes Gegenmittel verabreichen, das den weiteren Verlauf für einen Tag stoppt. Ein paar Stunden später fangen dann die Innereien an zu bluten, und dann erst, viele Stunden später, wenn das Gehirn sich auflöst und es schon zu spät für ein Gegenmittel ist, stellen sich starke Schmerzen und Blindheit ein, und Blut läuft aus allen Körperöffnungen im Gesicht. Genau das richtige um einen Assassinen zu ermorden oder zu erpressen. Genau das, was diese Schweine verdient haben.“

Anna sah ihn fassungslos an. „Das ist… unglaublich. So etwas gibt es wirklich?“

„Ja. Das kann so ein ungebildetes Mädchen wie du gar nicht fassen, was?“

„Und es gibt nichts, dass das Ganze aufhalten könnte?“ fragte sie.

Er lehnte sich zurück auf das Bett und verschränkte seine Arme hinter dem Kopf. „Doch“, sagte er, „und das ist das Geniale. Auf die Idee würde niemand kommen.“
 

Anna war fast am Ziel. Gleich hätte sie die wichtigste Antwort von allen an diesem Abend. Nur noch ein paar Schritte. Sie massierte ihn weiter und liebkoste ihn dazu mit ihren Lippen und ihrer Zunge.

„Und die wäre?“ fragte sie so nebensächlich wie möglich und leckte dann weiter.

Salaj wurde plötzlich stumm. War sie zu voreilig gewesen?

„Du redest mir zu viel für eine Schlampe.“ sagte er, packte ihren Kopf und drückte sie brutal gegen sich. Sie musste würgen. Doch seine Selbstverliebtheit kam ihr zugute.

„Aber wenn du’s wirklich wissen willst: Es ist das einfache, medizinische Bärlauchgemisch, das die dottore bei euch feilbieten. Jedoch zu zwei Teilen mit dem Gift selbst gemischt. Genial, was? Darauf würde nie jemand kommen.“
 

Ezio hatte seine Antwort. Er musste sich so schnell wie möglich von diesem Ort entfernen. Länger würde er nicht mehr tatenlos zuhören können ohne sein Versprechen ihr gegenüber zu brechen. Sie hatte seinen vollen Respekt gewonnen und er wusste dass er sie nicht ‚retten‘ musste, dass sie selbst stark genug war und genau wusste was sie tat. Jedoch sah er ihr bei ihrer Vorgehensweise äußerst ungern zu.

Er warf noch einen letzten Blick ins Fenster, Salaj hatte sich mittlerweile von ihr gelöst und lag jetzt im Bett auf ihr. Ezio hatte keinen direkten Blick auf sie, aber sie schien sein Zögern zu erahnen und stöhnte „Jetzt mach schon! Los!“. Er lief sofort los.

Kapitel 7 P16

„Da seid ihr ja, Meister!“ rief Salaj mit glockenheller Stimme und kindlicher Ungeduld. Leonardo musste bei diesem Anblick lächeln und legte seinem Lehrling die Hand auf dem Kopf.

„Schh, Junge. Du sollst nicht so schreien. Vergiss nicht…“ deutete Leonardo mit gedämpftem Tonfall an und tippte auf seine Maske.

Der Knabe nickte. „Oh, natürlich. Ihr seid ja incognito. Verzeiht.“ flüsterte er entschuldigend, wirkte aber sogleich wieder unbekümmert und sorglos. Er gähnte. „Nun lasst uns schnell nach Hause gehen. Ihr müsst noch weiter an den Plänen für den unbekannten Auftraggeber arbeiten.

Leonardo blieb erstarrt stehen. „Was weißt du über die Pläne?“

„Beruhigt euch, Maestro, nur das, was ihr mir gesagt habt. Dass er unbekannt ist, ihr bis Ende des Monats die Pläne fertig entziffert haben müsst und dass ich euch nie darüber ausfragen soll.“

Leonardo entspannte sich ein wenig. Er wirkte zerstreut. „Oh, ja. Richtig. Das habe ich gesagt? Ja. Richtig.“ Sagte er und machte dann eine längere Pause bis er sich wieder in Bewegung setzte. „Das meinte ich ernst. Frage mich nie danach. Und sieh dir niemals die Pläne an.“

Salaj folgte Leonardo da Vinci schweigend, doch in seinem Inneren tobte der Triumph. Niemand Geringeres als er selbst hatte dem Maestro den Auftrag zugeschickt und es befriedigte ihn, zu sehen wie ernst er die Drohungen des Botschafters nahm.

Er seufzte zufrieden. Alles lief bestens. Er hatte die vollkommene Macht. Und selbst wenn einer seiner Stränge reißen würde, er hatte sich genug Netze gespannt damit er nicht fiel. Selbst der assassino, den die Templer der Gegend so fürchteten, konnte nicht das Geringste ausrichten. Er mochte ein Mörder sein, aber sein Charakter hatte einen erheblichen Makel: Mitgefühl. Und durch eben jenes Gefühl konnte er spielen wie mit einer Marionette.

Ja.

Er hatte die vollkommene Kontrolle.
 

„Messere, messere!“ rief eine Frauenstimme. Die beiden Männer blieben stehen und drehten sich um. Die Frau kam auf sie zugerannt und blieb stehen um zu verschnaufen. Sie war in den traditionellen Farben der Gondolieri gekleidet und hatte der Karnevalsfestlichkeiten wegen eine Maske auf.

„Wie kann ich euch helfen, Madonna?“ Fragte Leonardo erschöpft, aber freundlich. Salaj bemerkte, dass er ihm bald das vorübergehende Gegengift einflößen musste. Er lehnte sich ungeduldig an die Wand.

„Messere, mein Lehrmeister sagte mir dass Ihr Maestro da Vinci seid?“ äußerte die junge Dame.

„Das ist richtig.“ erwiderte Leonardo, neugierig auf das, was jetzt kommen würde, denn er entlockte ihr mit seiner Antwort ein Lächeln.

„Wie wunderbar! Darf ich Euch ein Angebot machen, dass Ihr mir einfach nicht abschlagen könnt? Mein Meister hat eine neue Art gondola entworfen und sucht freiwillige Tester. Ihr müsstet euch nur in die weichen Kissen legen, die Fahrt genießen und uns an eure Bekanntschaften weiterempfehlen.“, die Auszubildende räusperte sich, „natürlich nur, wenn

es euch gefallen haben sollte.“

Leonardo lachte vergnügt.

„Bitte sagt ja!“, drängte sie enthemmt, stets auf das Lob ihres Meisters bedacht.

Salaj drückte sich von der Wand ab. „Maestro…“ drängte er mit etwas schrofferen Ton als sonst, „Eure Pläne.“

Leonardo winkte ab. „Ach, für die ist noch genug Zeit“ sagte er heiter, „Und die hübsche signora meinte doch, dass ich das Angebot unmöglich ausschlagen kann“. Mit diesen Worten folgte er der überglücklichen jungen Frau.

Salaj biss sich auf die Lippen und folgte den beiden. Auf eine Bootsfahrt in diesen widerlich stinkenden Gewässern voller Fäulnis und Exkrementen hatte er nun wirklich keine Lust.

„Um was für eine Art Gondel handelt es sich denn?“ fragte Leonardo interessiert.

Die Frau antwortete vergnügt: „Das wird euch gefallen, messere! Die gondola ist viel größer, aber wiegt noch weniger als ein herkömmliches Modell. Mein Meister verwendete beim Bau exklusives Leichtholz aus Asien und modernes federleichtes Metall eines deutschen Schmieds. Er kann sie also den ganzen Tag alleine fahren, trotz der Größe!“

„Faszinierend“ äußerte Leonardo und fuhr sich über seinen Bart, „Aber sieht man es dem Boot nicht an? Ich meine, sieht sie denn aus wie eine venezianische gondola?“

„Aber sicher!“ antwortete die Frau, „Mein Meister ließ sie in einer dunklen Farbe lasieren und dann bemalte er sie in den typischen Farben. Aber seht selbst!“

Und mit diesen Worten bog sie um eine Ecke zu einer kleinen Anlegerstelle.

Leonardo staunte nicht schlecht als er das große Boot sah. Es war mit feinsten Kissen bestückt die zum hineinlegen einluden und die Verarbeitung war entgegen seiner Erwartungen von hervorragender venezianischer Qualität. Legendlich die Karnevalsdekoration war von unwissender Hand angebracht und sah mehr gewollt als gekonnt aus. Selbst die bunte Karnevalsmaske des dicken Gondolalehrmeisters sah aus wie von Kinderhand gemalt. Aber das tat der Arbeit keinen Abbruch.

„Ooh, che bello! Eine gute Reputation dürfte euch sicher sein!“ rief er aus

und klatsche in die Hände.

So stiegen er und Salaj in die Gondel und machten es sich bequem.

„Möchtet ihr etwas zu trinken?“ fragte die junge Auszubildende höflich,

„Das geht selbstverständlich auf’s Haus. … Ich meine Boot.“. Sie lachte.

Salaj schüttelte grimmig den Kopf. Leonardo dagegen nickte und bekam sogleich einen Becher voll Wein.

Die gondoliera, die offenbar ein Auge auf den hübschen Salaj geworfen hatte, beugte sich herab um ihm die Kissen zu richten. Salaj hatte aber keinerlei Interesse an diesem burschikosen Weib und schubste sie zur Seite als sie ihm zu nahe kam, worauf sie sofort von ihm abließ und geknickt das Boot verließ. Er lehnte sich zurück und beobachtete das schmutzige Wasser.

Dann würde das Gegenmittel eben noch ein Weilchen warten müssen.

Leonardo hatte sich das selbst zuzuschreiben.

Er räusperte sich und schielte zu seinem Maestro hinüber. Dieser ließ sich nichts von seinen Schmerzen anmerken, sollte er welche haben. Er genoss schweigend und lächelnd die Fahrt. Salaj konnte es einfach nicht nachvollziehen. Es roch hier so grausig, dass ihm nicht nur die Nase, sondern auch seine Geschmacksnerven im Munde und sein Rachen beim Einatmen schmerzen. Er blickte wieder in den Kanal und hätte schwören können, mehrere Stücke menschlichen Kots vorbeischwimmen zu sehen. Er spürte wie sich sein ganzes Inneres bei dem Anblick verkrampfte und wandte den Blick ab. Diese widerlichen Venezianer.

Der gondoliere bog in den canale grande ein und offenbarte damit dass die Fahrt nicht einmal zur Hälfte geschafft war, sollten sie tatsächlich eine Rundfahrt machen und nicht an einem anderen Steg aussteigen.

„Wie lange dauert das denn noch!?“ fragte Salaj schroffer als gewünscht.

Immer wieder kam ihm von dem Geruch die Galle hoch und er fühlte sich mittlerweile seekrank.

Leonardo sah ihn überrascht an. „Was ist denn los, Junge?“ fragte er.

Salaj zügelte sich. Er musste sein Gesicht waren, egal, wie ekelhaft seine Umgebung war. Er lehnte sich wieder zurück in die Kissen.

„Nichts.“ presste er zwischen den Lippen hervor. Leonardo sah den Jungen besorgt an und legte ihm seine Hand auf den Rücken.

Der Kanal wurde breiter und die Häuser höher. Sie warfen einen kühlen Schatten auf das Boot und dessen Insassen. Das Wasser, welches die letzten warmen Sonnenstrahlen des Abends reflektierte, schien in vermeintlich unerreichbarer Ferne. Die Stille legte sich wie eine gewaltige Decke auf das kleine Boot und drohte es zu erdrücken, und plötzlich wurde Salaj bewusst dass sich keine andere Gondel in Sichtweite befand.

Ihm wurde kalt.

„Nicht mehr lange.“ sagte der Fährmann. Es war wohl eine Antwort auf

Salajs letzte Frage, jedoch klang es vielmehr danach als würde er zu sich selbst sprechen.

Dann hielt die Gondel an. Der Fährmann drehte sich um.

„Ich bin froh, dass es nun endlich vorbei ist.“ sagte er und nahm seine Maske ab. Salajs Brust schnürte sich zu als er zuerst die Narbe, dann das komplette verhasste Gesicht erkannte.

„Du“ keuchte er, für einen Augenblick aus der Rolle gebracht. Seine Kehle kratzte, er hustete. Dann lachte er. Leonardos Blick glitt von Ezio zu Salaj, dann wieder zu Ezio. Er schien verstehen zu wollen.

„Du. Du willst es also auf diesem Wege.“ Sagte Salaj, und er klang selbstbewusster denn je.

„Ja.“ Erwiderte Ezio und lies den remo fallen. Das Wasser verschlang den langen Gondelstab sofort und verhinderte somit eine Weiterfahrt.

„Erkläre mir das.“ Forderte Leonardo. Dieses Mal wendete er sich aber nicht an Ezio, sondern an Salaj.

Salaj stand auf, seine Haltung war angespannt, jederzeit zum Sprung bereit. „Gerne, maestro“ spuckte Salaj aus, „Nun ist es so wie so egal. Dann macht mir die Pläne eben jemand anderes.“

Leonardo hielt sich am Bootsrand fest. Er wollte es nicht wahrhaben. „Du bist der unbekannte Auftragsgeber?“ flüsterte er.

„Ganz schön langsam für einen Virtuosen. Ja. Ich bin der Auftragsgeber. Ich wollte die Pläne. Ich hätte sie mir genommen und wäre dann gegangen. Es hätte alles so einfach sein können. Niemand hättet vergiftet werden müssen. Niemand hätte leiden müssen. Aber er musste sich ja einmischen.“ Sagte Salaj und deutete auf Ezio, welcher keine Miene verzog.

Leonardo stand nun auch auf und wich einen Schritt zurück. Salaj tat einen Schritt auf ihn zu.

„Tut mir Leid, alter Mann, aber dein guter Freund Ezio Auditore hat sich gerade für deinen Tod entschieden.“

Er griff nach seinem Dolch.

Und stutzte.

„Suchst du vielleicht das hier?“ rief ihm eine Frauenstimme von einem der Dächer zu. Salaj drehte den Kopf und sah die Gondoliereauszubildene auf dem Balkon eines der Häuser sitzen. Sie hatte die Maske abgenommen und balancierte seinen Katzbalger mit der Messerspitze auf ihrem Zeigefinger.

Es war die verteufelte Diebesfreundin des Assassinen, Rosa.

Jetzt wurde ihm klar was ihn von Anfang an bei ihr gestört hatte: Sie hatte Leonardo trotz seiner Maskierung erkannt. Salaj hustete nervös.

Ezio fixierte ihn mit ruhigem Blick.

„Das macht gar nichts“ konterte er, „dann stirbt die Schwulette eben nicht sofort. Aber wenn du mich tötest, wird er sicher sterben, das weißt du. Nur ich kann ihm helfen, nur ich kenne die Rezeptur-“

„Das einfache Bärlauchgemisch, zu zwei Teilen mit dem Gift selbst gemischt.“ Sagte eine weitere Frauenstimme vom nahen Steg her. Salaj brauchte sich nicht umzudrehen um festzustellen dass es sich dabei um die hinterfotzige Hure handelte, mit der er zuvor geschlafen hatte.

„Mit den eigenen Waffen geschlagen, O Meister der Tarnung.“ Sagte sie mit melodischer Stimme und lehnte sich an eine Hausmauer.

Ezio fixierte ihn immer noch.

„Er hat es bereits eingenommen. Zusammen mit dem Wein.“ sagte er ruhig.

Leonardo, welcher nun vollends das Ausmaß der Szenerie begriff, ging noch einen Schritt zurück, auf Ezio zu.

Salaj wankte.

Er entglitt ihm. Die Situation entglitt ihm. Er verlor die Kontrolle. Ihm wurde schlecht.
 

„Du… du hast keine Ahnung welche Macht ich besitze…“ beschwor Salaj hasserfüllt. Aus der Innentasche seines Mantels zog er etwas hervor.

Obwohl Ezio es noch nie in dieser Form gesehen hatte war es ihm sofort klar: Der Gegenstand in seiner Hand war ein zerbrochener Edenapfel.

„Vrarë atë!” Rief Salaj in einer fremden Sprache und hielt den Splitter in die Luft, “Vrasin vrasësit!”

Jäh tauchte ein dutzend der blinden Riesen aus allen Gassen auf.

Jetzt musste Ezio schnell handeln. Er zog sich den präperierten Mantel mit einem Ruck vom Leib und warf ihn auf Salaj. Dieser verfing sich darin und fiel zurück auf die Kissen. Ezio schlang einen Arm um den verwirrten Leonardo und sprang mit ihm ins Wasser.
 

Salaj strampelte sich den Mantel vom Leib und atmete auf. Dann sah er seine Knechte auf die Gondel zustürmen.

Er bemerkte dass der Geruch des Assassinen an ihm haftete.

“NEIN!” schrie er hysterisch, “Nein, nein, er ist nicht hier!”

Doch es war zu spät. Der Geruch war alles, worauf sie sich verließen. Sie waren ausgebildetet zu töten. Sie würden nicht von ihm ablassen. Ihm blieb keine Wahl.

Sie hatten das Boot schon erreicht und ihn ins Wasser gerissen, da hob er den Splitter empor und entsog ihnen damit das Leben. Sie brachen alle sofort leblos zusammen und versanken im dunklen Schlund des Kanals. Zwei der Riesen klemmten ihn ein, zogen ihn mit.
 

„Alles in Ordnung, Leonardo?“ fragte Ezio atemlos als Anna und Rosa ihn und Leonardo von einem niedrigen Steg aus an Land zogen.

Leonardo hustete etwas Wasser aus, dann nickte er. Er sammelte seine Kräfte, drehte er sich um und hielt nach der gondola Ausschau. Nur noch Bruchstücke waren von ihr übrig.

„Ist es vorbei?“ Fragte er leise.

Ezio betrachtete die Wasseroberfläche. Die Wogen glätteten sich. Nichts lies darauf schließen dass sich darunter etliche menschliche Körper befanden.
 

Salaj schlug wie wild um sich, auf der Suche nach einem Oben und Unten, oder zumindest irgendetwas, woran er sich festhalten konnte. Er würde nicht aufgeben. So leicht war er nicht kleinzukriegen. In seinem Heimatland wurde ist er hart trainiert worden. Er konnte bis zu 10 Minuten die Luft anhalten. Er müsste sich einfach nur beruhigen, dann würde er wissen, wo es lang geht.

Endlich fand er etwas. Stein. Er krallte sich fest. Zog sich daran weiter und hoffte, dass es in die richtige Richtung führte. Dann brach sein Kopf endlich durch die Wasseroberfläche. Er atmete auf, keuchte, stöhnte vor Schmerz.

Seine Augen gehorchten ihm nicht mehr. Er zog sich einfach an Land und legte den schmerzenden Kopf auf das kühle Pflaster.

Langsam kehrte sein Sehsinn zurück.

Er hob den Blick.

Und sah den Assassinen vor sich stehen.
 

„Ich kann auch euch töten, so wie ich sie getötet habe…“ keuchte er.

„Nein. Du kannst nur das töten, was du auch kontrollieren kannst. Sonst hättest du es längst getan.“ erwiderte Ezio.

Salaj stand schwerfällig auf und wankte. „Ich muss dich nur blind machen. Dann kann ich dich kontrollieren. Es ist noch nicht vorbei.“

„Doch, Salaj. Es ist vorbei.“ Sagte Ezio ruhig und sah ihn an. Leonardo stand neben ihm, seine Miene ausdruckslos.

Salaj wollte gerade etwas erwidern, da hörte er ein leises Knacken. Es kam aus seinem Kopf.

Er hielt inne.

Knack. Da war es wieder. Etwas rann aus seiner Nase. Salaj hob eine Hand, wischte sich über die Lippe und sah seine Finger an.

Blut.

„Nein… Das… kann nicht sein“ brachte Salaj ungläubig hervor.

„Es ist eine sehr hohe Dosis gewesen. Eigentlich fast alles, was ich in deinen Taschen gefunden habe.“

Salaj keuchte. „Aber … wann?“

„Die Fleischbällchen.“ erwiderte Ezio schlicht auf Salajs unausgesprochene Frage.

„Aber Leonardo hätte sie auch essen können!“ schrie er aus.

„Nein. Leonardo verzichtet auf Fleisch.“

Leonardo zuckte zusammen. Eigentlich wusste niemand davon.

„Ich wusste, dass du nicht widerstehen können würdest mir deine Macht über Leonardo zu demonstrieren. Also bin ich in dein Zimmer eingebrochen, in der Hoffnung, die Giftrezeptur oder ein paar Fläschchen des Gifts selbst zu finden. Welche ich dann unter deiner Matratze gefunden habe.“

Salaj keuchte. Der Schmerz in seinem Kopf pochte immer stärker. Sein Sichtfeld verfärbte sich erst rot, dann schwarz. Flüssigkeit rann ihm aus den Augen und er wusste, dass es sich hierbei nicht um Tränen handelte…

„Er… er wird mich retten“ sagte er und klammerte sich an das Edenapfelbruchstück.

Leonardo hatte sich gefasst. Er meldete sich zu Wort. „Nein, wird er nicht.“ sagte er langsam, „Der Splitter kann nicht heilen, nur zerstören. Er ist verseucht. Schlecht. Unvollständig. Das weißt du, deswegen sollte ich für dich seine Pläne vervollständigen. Ihn reparieren.“

„Vrasësin” flüsterte Salaj, und Blut quoll aus seinem Mund hervor. Dann erstickte seine Stimme daran. Die Schmerzen wurden unerträglich. Blind griff er ins Nichts und fiel.
 

Ezio fing ihn auf. Der Kampf war vorbei. Seine aufgewühlte Seele hatte nun endlich Ruhe gefunden, und er sah alles viel klarer. Es gab keinen Grund mehr Salaj diese Höllenqualen durchschreiten zu lassen. Niemand hatte derartige Leiden verdient.

„Requiesquat in pace“ sagte er ohne Vorwurf, als er ihm die erlösende Klinge in die Kehle stach.

Intermezzo

Anna trat neben Ezio und nahm seine Hand. Dieser betrachtete die Leiche schweigend.

Rosa nickte Anna stumm zu und zog sich zurück. Nach wenigen Augenblicken folgte ihr die Dirne und lies Leonardo und Ezio allein.

Eine Weile standen die beiden Männer nur da. Dann wollte Leonardo etwas sagen.

„Schon gut.“ würgte Ezio ihn ab. Er wollte das Thema abschließen. Und er wollte nicht dass sich Leonardo Vorwürfe machte. „Was machen wir mit dem Splitter?“

„Er muss zerstört werden. Er ist vergiftet. Er kann nur Böses in diese Welt bringen.“ sagte er fest. „Er ist brüchig. Er dürfte leicht kaputt gehen.“

Ezio schob den Splitter mit der Fußspitze aus der Hand der Leiche und trat darauf. Sofort zerbarst der Stein in tausende kleine Stücke.

Dann begann sich die Leiche zu regen. Die Haut warf blasen, der Körper streckte sich. Der nasse Stoff der Bluse spannte sich und zeriss dann an einigen Stellen. Ehe sie sich versahen lag vor ihnen nicht mehr die Leiche eines wunderschönen hellhäutigen Knaben, sondern die eines dunkelhäutigen älteren Mannes aus dem Osten.

Leonardo krallte sich an Ezio’s Ärmel. „Ich wusste es!“ rief er erlöst und aufgeregt aus,

„Ich wusste dass nicht Alles eine Lüge war, dass es einen echten Salaj gibt!“

„Woher?“ fragte Ezio.

„Ich kenne ihn schon recht lange, und erst seitdem ich die Pläne bekam hatte er sich … verändert. Ich werde ihn sofort suchen.“

Kapitel X

Sie hatten den echten Salaj ausgehungert in einem Templerversteck nahe der Stadt gefunden. Der falsche Salaj hatte ihn am Leben erhalten um ihn zu Rate ziehen zu können, sollte er Angaben über sein Leben brauchen. Sie hatten die Karte zu seinem Aufenthaltsort in Salajs Zimmer gefunden.

Zuerst hatte Ezio es gar nicht für gut befunden wieder einen Salaj in sein Leben zu lassen (oder in das von Leonardo). Auch dieser Salaj war unreif, temperamentvoll und ging nicht gerade sorgsam mit Leonardos Ratschlägen und Besitztümern um. Aber nach einer Weile musste er feststellen dass ihm der Junge bei all seinen Fehlern äußerst sympathisch war. Im Gegensatz zu seinem Doppelgänger hatte er ein gutmütiges Herz und seine ungestüme Art hatte etwas sehr liebenswertes an sich.

Gleich, nachdem Ezio ihn von seinen Fesseln befreit hatte, war er ihm dankbar um den Hals gefallen.
 

Nun, ein paar Wochen später, hatte sich der Junge wieder gut erholt und fertigte im Nebenzimmer mit Claudia Faltbilder aus Papier an. Ezio Auditore und Leonardo da Vinci standen im Ausstellungssaal der Villa Auditore und betrachteten Leonardos neuestes Werk.

„Und, gefällt es dir?“ fragte Leonardo.

Ezio grinste.

„Es ist perfekt.“

Epilog

„Ich hoffe dass damit deine Gefühlsduselei geklärt wäre und wir in Zukunft ohne deine Italienischeskapaden unsere Arbeit machen können, Messere Desmondo da Irgendwo.“ sagte Shaun als er Desmond höchstpersönlich vom Animus 2.0 trennte. Unsanft zog er die Nadel aus seinem Arm.

Desmond lehnte sich zurück.

„Aber sicher.“ sagte er zufrieden. Er fühlte sich wie neu geboren und blieb gedankenversunken im Animus liegen.

Shaun sah ihn an. „Hey. Freundchen. Komm mal in die Hufe, Rebacca muss ihr „Baby“ updaten.“

Desmond fuhr zusammen und schwang sich sogleich vom Gerät.

„‘tschuldigung.“ sagte er und steckte die Hände in seine Hosentaschen während er Rebecca dabei beobachtete wie sie eine versteckte Klappe in der Liege des Animus 2.0 öffnete und sich durch den Kalbelsalat wirrte. Irgendwann rief sie Shaun zu sich und er ging ihr zu Hand.

Desmond sah sich um. Lucy war nicht zu sehen. Wahrscheinlich organisierte sie gerade etwas zu Essen. Er wusste nicht genau wie er sich die Zeit vertreiben sollte, deswegen ging er zu Shauns Schreibtisch und sah sich seine letzten Forschungen an. Teilnahmslos öffnete er ein antikes Buch und überflog die Zeilen. Daten und Ereignisse aus der Französischen Revolution. Das Buch war auf Italienisch geschrieben. Erst auf der dritten überflogenen Seite bemerkte dass er keinerlei Probleme hatte den Text zu lesen.

Er schloss das Buch und wollte sich gerade auf den Weg in seine Schlafkabine machen, da stach ihm ein rotes Papier ins Auge, vergraben unter verschiedenen Pergamenten. Er schob die Notizen zur Seite und brachte somit eine dicke Akte zum Vorschein. Er öffnete sie.
 

„Akte Subjekt 9: Leonardo da Vinci“ stand dort in großen Lettern. Desmond hielt die Luft an. Abstergo hatte einen Nachfahren Leonardos gefunden?

Das würde bedeuten... Ezios engster Freund, dem er so viele Geheimnisse anvertraut hatte … er wäre Desmonds Todfeind. Alle Geheimnisse von Ezio die für die Templer von Interesse sein könnten würden direkt in die Datenbank von Abstergo fließen.

Desmonds Hand verkrampfte sich. Das durfte nicht wahr sein. Wenn das stimmte wären all ihre Erfolge belanglos. Warum hatten die anderen ihn nicht darüber informiert? Sie mussten Subjekt 9 finden, ihn retten oder kidnappen oder auf andere Art und Weise zum Schweigen bringen. So schnell wie möglich. Er blätterte die nächste Seite auf, in der Hoffnung mehr über Subjekt 9 zu erfahren.
 

Er keuchte fassungslos.
 

Shaun, der plötzlich hinter ihm stand, riss ihm die Mappe aus den Händen.

„Ist das so bei dir zu Hause üblich, ja!? Sich an den Dingen anderer Leute zu vergreifen?!“

Desmond sah ihn entrückt an. „Ich … eh …“ begann er, bemüht seine Fassung zu bewahren.

„Was hast du gelesen!?“ schrie Shaun. Rebecca eilte zu ihm, packte ihn an den Armen. Shaun wirkte wie ersetzt, als würde er jeden Moment auf Desmond einprügeln wollen.

„Nichts“ erwiderte er knapp und verschwand schnell aus seiner Reichweite, in Richtung seiner Schlafkabine.
 

Aber das stimmte nicht. Er hatte es gelesen. Subjekt 9, Leonardo da Vinci, war Shaun Hastings.



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Kommentare zu dieser Fanfic (74)
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Von:  Sakuran
2014-11-16T00:10:33+00:00 16.11.2014 01:10
Hallo,
es hat mir sehr gefallen deine FF zu lesen. Zunächst sind deine Schilderungen sehr authentisch und du konntest einen perfekten Ezio wiedergeben. Darüber hinaus gefallen mir die italienischen Stellen (wie in den Büchern). Ansonsten hast du kleine Bettgeschichten geschickt angedeutet ohne irgendwie den Verlauf der Geschichte zu verderben. Wo ich mir eine kleine Lovestory gewünscht hätte. Vielleicht bei deiner nächsten FF.
Nun zu deinem Schreibstil. Du hast eine sehr gute Rhetorik und es macht Spaß deine bildhafte und abwechlungsreiche Sprache zu lesen.

Besonders lustig war für mich die Stelle in der es hieß, dass Ezio den Knaben "ankotzen" wollte. Wie soll man das verstehen? Zum einen hätte es heißen können, dass er ihm wortwörtlich auf die Füßen kotzen wollte oder ihn unendlich nerven wollte. Wobei man grundsätzlich eigentlich sagt: "Der kotzt mich an" hast du den Spieß umgedreht und das Wortspiel hat mich einfach total zum Lachen gebracht XD

Alles Gute für dich und vielen Dank für die schöne FF!!!!
Von: abgemeldet
2013-01-16T16:41:37+00:00 16.01.2013 17:41
Schade das du nicht mehr weiter geschrieben hast ;_; mich hat vor kurzem das Assasins Creed Fieber wieder gepackt, weil ja auch der 3te Teil rauskam und ich dacht mir ich spiel nochmal alles durch. Ich liebe FF's aber gute von AC sind echt voll schwer zu finden! zumindest die wo mich nicht schon die total falsch getroffenen Persönlichkeiten der Charaktere ärgern oder der Schreibstil, oder die Mary Sues oder oder...man kann da echt viel falsch machen meiner Meinung nach. Die Idee und die Art wie du schreibst faszinieren mich *.* ich finde du hast Leonardo als auch Ezio wunderbar getroffen! und auch solche Charaktere wie Rosa sind genau so dargestellt, wie sie auch im Spiel rüber kommen. Auch die Idee die du um Salaj herum aufgebaut hast ist wirklich wahnsinnig gut! ich hatte richtig Kopfkino und konnte mir vorstellen dass das auch im Game so hätte passieren können *_*. Ich war vor langer Zeit schonmal hier angemeldet, hab aber meine Account Daten vergessen und mich dann extra nochmal neu angemeldet damit ich dir schreiben kann xD. Mir piepegal ob die FF schon älter ist...gute FF's werden einfach nicht alt ^_^ ich hoffe du schreibst irgendwann mal wieder was! (ach ja...ich mag Leo/Ezio überigens ^.^)ehrlich: so was wie deine FF lese ich leider viel zu selten! auch das mit den Animus Sitzungen und Desmond ist einfach total realistisch und schön beschrieben gewesen.
Von:  Wednesday
2011-09-03T10:52:05+00:00 03.09.2011 12:52
Ich weiß zwar nicht, ob du meine Kommentare überhaupt noch lesen willst, weil ich so ehrlich bezüglich Salai war, aber naja ... ich les mal weiter.

Oh nein, die Kurtisanen haben einen Bogen um ihn gemacht. Sein armes Ego. XD
Ach, wie süß. ;_;
Das mit Ezio und dem Mädchen, das von Salais Übergriff eine Narbe davon tragen könnte.
Nur wegen Salai dreht er mir wieder viel zu sehr durch.
Ezio ist eine sehr kontrollierte Person (abgesehen von seinem Sexualtrieb 8D) und, dass er Salai hasst, wird zunehmends berechtigter. Aber nicht mit diesen Ausbrüchen.
Überrascht über den Ideenreichtum seiner Schimpfwörter. XDDDDD
Find ich gut, dass er sie grade nicht verführen konnte, weil so hab ich sie auch eingestuft und so verhielt sie sich auch immer. <3
Von:  Wednesday
2011-09-01T10:40:05+00:00 01.09.2011 12:40
In Venedig stinkt es nicht genug, die Leute müssen noch Wägen voll Mist rumstehen lassen. XDDDD

Ich muss zugeben, dass ich Ezios Hass auf Salai übertrieben finde, wo er die Beziehung in Brotherhood doch sogar gutheißt. Aber gut, das ist eine weitere unnachvollziehbare Handlung von ihm, in meinen Augen. Ich kann Salai auch nicht ausstehen ... Aber ein Kind wegen ein paar Drohungen töten zu wollen, wäre nicht mal angemessen (auch für Ezio), wenn Leo die Liebe seines Lebens wäre. Aber das ist nur meine Meinung, kein in Stein gemeißelter Grundsatz, deswegen les ich gerne weiter und bin gespannt, wie es sich entwickelt. :)
Das Ende der Szene im Atelier fand ich angemessen, weil für Leo viel auf dem Spiel stünde, würde er es unbedacht zugeben. Auch wenn Ezio es sicher nicht rausposaunen würde, aber es geht auch um sein Bild von Leo.
Die Verfolgungsjagd war so spannend geschrieben!
Und ich hab jetzt doch viel getippt, ich bin schon ganz durchgeweicht. XD
Von:  Wednesday
2011-09-01T10:13:27+00:00 01.09.2011 12:13
Ich lieg jetzt mit einer Tasse Cappuccino und Pianomusik in der Badewanne und les am Handy deine Fanfic weiter, haha. X'D
Erzähl ich dir, damit du weißt, warum der Kommi dann kurz ausfällt (am Handy tippen ...)
Von:  Wednesday
2011-08-27T21:39:01+00:00 27.08.2011 23:39
Ganz schön aufwendig, eine Sitzung wieder aufzubauen. XD
Aber jetzt, wo du es so beschreibst, kann ich mir vorstellen, dass es wirklich so ist.
Ich stell mir grad vor, wie sie alle schon an Desmonds Kehle hängen, wenn er ein total unwichtiges Rennen gegen einen Dieb zum 10. Mal versucht. :'D
Von:  Wednesday
2011-08-27T21:33:17+00:00 27.08.2011 23:33
Das ist so ... schmerzlich irgendwie.
Die Beschreibung, wie Desmond sich in Ezio fühlt. Ich hab nie darüber nachgedacht, ich war einfach Ezio und hab gespielt. Wenn ich das hier lese, ist das fast beschämend. XD
Und du schreibst es so detailliert, so "wahr". Man hat das Gefühl, dass es wirklich so ist, obwohl Desmond im Spiel (meines Wissens) nie wirklich darauf eingeht.

Woah.
Ich muss sagen, wie du Salai in die Story einfügst, überrascht mich jetzt sehr.
Ezio/Desmond ist unkontrolliert, tötet Salai so bereitwillig.
Ich meine, es ist trotz allem ein Kind. Auch wenn es nicht real ist, erlebt Desmond es in diesem Moment als die Wirklichkeit, bis es zur Desynchronisation kommt. Dass er die Erfahrung, ein Kind zu ermorden, tatsächlich machen will und die Entscheidung dazu so schnell fällt, ist ... unvorstellbar für mich.
Von:  Wednesday
2011-08-23T20:00:16+00:00 23.08.2011 22:00
Das gefällt mir voll gut. Du schreibst wundervoll und hast unglaublich passende Einfälle.
Ich hab mir in Brotherhood irgendwie mehr Szenen gewünscht, wo Desmond den Sickererffekt zu spüren kriegt. (Am Ende von AC2 hatte ich selbst voll Angst, als die ganzen halluzinierten Soldaten da waren. x_x)

Ich werd jetzt jeden Tag mindestens ein Kapitel lesen. <3
Von:  Wednesday
2011-08-22T22:19:43+00:00 23.08.2011 00:19
Rosa ist gemein. XDDDDD
Ezio hat gerade den Schock seines Lebens bekommen.
Aber ich erinner mich gar nicht mehr dran, dass Rosa und er mit einander geschlafen haben. XD"
Aber gut, so unwahrscheinlich ist es nicht. :'D
Ich mag es, wie du sie darstellst. Sie ist mir in deine Fanfic sympathischer als im Game (denn dort hab ich sie gehasst XD).

Ooooh, zum Glück bekommt Ezio seinen Kaffee mit Milch und Zucker, sonst schmeckts ihm am Ende nicht. XD

Shaaaaun. <3
Ach schade, leg dich doch zu Desmond ins Bett. XD
Von:  Wednesday
2011-08-22T22:03:32+00:00 23.08.2011 00:03
Ich schreib jetzt eifnach mal meine Gedanken während dem Lesen auf. XD

Ich denke nicht, dass Claudia kochen würde. XDDDD
Die nennt ihre Buchführung in AC2 ja schon Versklavung. :'D
Aber wie das Kochen beschrieben ist, find ich wunderbar. <3

> Und jetzt gräme dich nicht mehr, sonst schmeckt man das später im Fisch.
Lol, wie meine Mutter! Sie sagt, wenn der Koch negative Emotionen bei der Zubereitung hat, hat das Essen auch eine negative Aura. XDDDD

Oh wie süß. ;_;
Wie du seine Bindung zu seiner Familie beschreibst. <3
Ich glaub auch, dass er eine herzlose Maschine wär, gäbe es sie nicht.
Weil dann vermutlich nicht mehr viel übrig wäre, was ihm etwas bedeutet. (Außer Leonardo und höchstens noch die Bruderschaft, aber naja. ö_ö)

Ooooh, wieso hat Mario denn kein Glück bei den Frauen?
Stehen sie nicht auf laute, prügelnde Trinker? *_*" XD
Ouh, das ist so krass, wenn ich das so lese. Ich hör direkt Marios Stimme im Hinterkopf, die Ezio all diese Dinge aufträgt. Und Ezios Aussagen auch. Alles wirkt sehr authentisch. <3

Auch als er bei Caterina ist, kann man sich die Handlung bildlich vorstellen. Alles läuft so fließend, wie in einem Film.
Ezios Anmachspruch mit dem Bett (am Ende des Kapitels) ist auch geradezu typisch. XDDDD


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