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Schimmen

von

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Dämmerung

Es war dunkel.

Der Geruch von Blut drang in seine Nase, aber daran hatte er sich schon gewöhnt. Vorsichtig schob er seinen Kopf aus der Ecke, die sie sich als Versteck ausgesucht hatten.

Ein fast schon winziges, verschmutztes Fenster ließ minimal das Mondlicht in den Raum. Niemand war zu sehen. Als seien sie alleine hier, aber das stimmte nicht!

Er konnte sie manchmal hören, doch zu sehen waren sie eben nicht.

Nur der Körper dieses seltsamen Mädchens lag dort neben einem kleinen Tisch auf dem blanken Boden. Ihr Kopf stand in einem Winkel ab der es ihm erlaubte zu sagen, dass sie tot war.

Leise drehte er sich zu den anderen Beiden.

„Wieso seid ihr mir gefolgt?“, fragte er so leise er konnte, aber er brauchte keine Antwort abwarten. Beide sahen auf ihre Weise apathisch aus.

Warum hatte er sich derart hinreißen lassen?

Jetzt waren seine einzigen wirklichen Freunde hier und würden wahrscheinlich sterben, ehe die Sonne aufging.

Das konnte so nicht weitergehen. Er wollte nicht das sie starben und selbst hatte er das auch nicht vor. Möglichst langsam kletterte er aus der Ecke, hielt sich an die Wand und lauschte ob sie ihn nicht schon gesehen hatten. Alles war ruhig, nur sein Herzschlag schien die Stille zu stören.

Seine Augen suchten den Raum ab.

Überall auf dem Boden war eine dunkle Flüssigkeit. Er wusste das es Blut war, immerhin konnte er es riechen, aber es war nicht alles von dem Mädchen. Irgendjemand oder etwas in diesem Raum war ebenfalls verletzt, oder sogar dabei zu sterben.

Alles hier sah regelrecht friedlich aus. Kaum etwas deutete darauf hin, dass hier eben noch ein Kampf stattgefunden hatte.

Immer weiter schlich er sich die Wand entlang. Aber was wollte er eigentlich tun?

Nichts konnte er ihnen entgegensetzen. Er wusste nicht einmal ob es überhaupt möglich war, ihnen Schaden zuzufügen. Bis jetzt hatten sie eindeutig die besseren Karten.

Es würde ihm aber noch was einfallen, er war es seinen Freunden schuldig.

Etwas streifte ihn an seinem linken Arm. Er blieb erschrocken stehen und versuchte mehr zu erkennen, aber es war zu dunkel.

Also lauschte er: Stille...

Zurück konnte er nicht mehr, das wäre zu gefährlich für die Beiden.

Sehr langsam und vorsichtig ging er weiter, Wieder streifte ihn etwas, nur dieses Mal an seinen Beinen und abermals blieb er stehen.

Die ganze Zeit konnte er sie hören, warum jetzt nicht mehr?

Warum streiften sie ihn nur und taten mit ihm nicht dasselbe wie mit dem Mädchen?

Gerade als er weiter gehen wollte, hörte er etwas. Es klang wie ein lautes Atmen.

Er schloss die Augen...

Es war nur so laut, weil es so nah war. Aber das konnte nicht sein, hinter ihm war nur die Wand. Den Gedanken verbannend, dass etwas in seiner Nähe war, ging er weiter, nur um kurz darauf wieder stehen zu bleiben.

Wo war das Mädchen?

Sie war mit Bestimmtheit tot, nur wo war ihre Leiche?

Alle Vorsicht vergessend ging er dahin, wo sie gelegen hatte. Doch alles was er fand war ein silbernes Armband. Wieder sah er sich um. Wie die anderen Male war nichts zu sehen, was aussah als ob es ihm gefährlich werden könnte. Er steckte das Armband ein und ging zur Tür, ohne weitere Vorsicht. Plötzlich wurde er an der Schulter zurück gezogen und landete in dem Blut des Mädchens.

„Mist...“, zischte er leise. Sein Ellenbogen schmerzte und er setzte sich hin. Das Blut klebte an ihm. Erneut sah er sich um, aber Nichts und Niemand war zu sehen.

Während er aufstand, spürte er etwas an seinem Rücken. Es war nicht das Blut. Es fühlte sich an wie eine Hand, als würde jemand ... ihm aufhelfen wollen.

Er drehte sich zu seinem Helfer und sah in ein paar Augen, die unnatürlich funkelten. Alles andere war einfach nur schwarz. Kein Gesicht war zu erkennen, keine Kleidung. Einfach alles an ihm war Schwarz.

Wie ein Schatten...

Ein Schatten mit Augen.

Alte Freunde

Die Straße sah aus wie jede andere hier in der Gegend auch:

Immer gepflegte Rasenstücke, die nur durch die Einfahrt zu den Garagen und den Wegen zur Haustür unterbrochen wurden, die Blumenbeete, die ebenfalls immer gepflegt und korrekt an die Häuser grenzten und zu guter Letzt die Autos, die alle immer sauber und glänzend auf den jeweiligen Auffahrten standen. Und als sei das alles nicht genug, sah es noch so aus, als hätten alle den gleichen Wagen.

Wie immer an einem Samstag Nachmittag spielten die jüngeren Kinder in den Gärten und die etwas Älteren auf den Gehwegen und Straßen, während alle die es konnten sich interessanteren Orten zuwandten.

Bis auf ein paar Vögel und das Gerede der spielenden Kinder war nichts zu hören. Doch die Ruhe wurde gestört. Eine nachtblaue Kawasaki ZX-9R kam um die Ecke, fuhr gekonnt um einige der Kinder, die nicht begriffen hatten, dass sie von der Straße mussten, herum und hielt vor einem der Durchschnittshäuser, welches, bis auf die Farbe, identisch war mit den anderen in diesem Viertel.

Die Kinder liefen zu dem Motorrad und sahen es an als hätten sie noch nie eines gesehen. Der Fahrer der Maschine stieg ab, schenkte den Kindern keine weitere Beachtung und ging zur Eingangstür des Hauses, vor dem er auch sein Motorrad geparkt hatte. Erst nachdem er geklingelt hatte, nahm er den schwarzen Helm ab und wartete darauf, dass jemand öffnen würde.

Aber erst nach dem dritten Klingeln tat sich etwas hinter der Tür.

Geöffnet wurde von einer etwas älteren Frau, die den jungen Mann vor sich nun lange ansah ohne etwas zu sagen.

Er sah sie ebenfalls an. Sein Blick verriet nicht was er dachte oder was er grade fühlte. Ein vollkommen ausdrucksloser junger Mensch, der noch keinen Ton gesagt hatte.

„Was wollen Sie?“, fragte sie endlich, bekam jedoch keine Antwort, sondern nur einen Zettel in die Hand gedrückt. Der junge Mann drehte sich um und setzte den Helm wieder auf, während er zurück zu seinem Motorrad ging. Sie sah ihm hinterher mit fragendem Blick und zerknüllte den Zettel.

„Was sollte das denn?“, murrte sie leise und gereizt, und mit einem Schwung aus dem Handgelenk knallte sie die Tür zu.

Der junge Mann grinste unter seinem Helm, setzte sich auf die Maschine und fuhr davon.
 


 

-

Im Garten eben dieses Hauses saß ein Junge. Nur wenig jünger wie der, der eben noch an der Tür gewesen war.

Er las in einem Buch und hatte nichts mitbekommen. Selbst wenn er keine Kopfhörer aufgehabt hätte, wäre es ihm egal gewesen.

Was interessierte ihn die Welt da draußen, wo es in seinen Gedanken so viel schöner war?

Über den Rand seines Buches sah er ein paar Schuhe, die vor ihm zum Stehen kamen. Er sah auf und erblickte eine Frau, die sich, zu seinem Bedauern, als seine Tante herausstellte.

„Was willst du? Ich möchte nichts trinken, nichts essen und auch kein Karten- oder sonst ein Spiel spielen“, sagte er genervt, nachdem er einen seiner Kopfhörer aus dem Ohr gezogen hatte.

„Da war jemand, scheinbar für dich ... komische Freunde hast du. Wobei ich froh sein sollte, dass du überhaupt welche hast“, erklärte sie abfällig, reichte ihm den Zettel und ging wieder in das Haus, ohne noch weitere Kommentare abzugeben.

Der blonde Junge sah auf den Zettel. Dieser sah ganz schön mitgenommen aus, zerknittert und so als habe er schon eine Weile im Müll gelegen. Wahrscheinlich hatte seine Tante den Zettel weggeschmissen, aber ihr schlechtes Gewissen verleitete sie dann doch dazu ihn ordnungsgemäß abzugeben.

Immerhin stand groß sein Name drauf - David.

Er faltete den Zettel auseinander und las, was auf ihm stand.

Die Handschrift kannte er doch. Automatisch fing er an zu grinsen.

Was er wohl wollte?

Sie hatten sich jetzt schon lange nicht mehr gesehen und eigentlich hatte er schon gedacht, er wäre vergessen worden. David stand auf und ging ins Haus. Er musste ein paar Sachen packen.
 


 

-

Eigentlich war diese Frau noch richtig nett gewesen, dachte der junge Mann, während er auf seiner Kawasaki fuhr. Die meisten sahen ihn an und hauten ihm die Tür direkt vor der Nase wieder zu. Dabei sah er gar nicht mal so schlecht aus. Nur eben ein paar Tatsachen machten ihn zu etwas Fremden.

Seine Haut war von Natur aus grau, was ihn mit seinen schwarzen Haaren recht farblos wirken ließ. Nur seine grünen Augen stachen regelrecht hervor, sodass sobald sodass derjenige, dem er in die Augen sah, weg schauen musste.

Als er noch jünger war, hatte er viele Untersuchungen über sich ergehen lassen müssen. Weder seine Eltern, noch die Ärzte wollten wahrhaben, dass er nun mal so war, wie er war - grau.

Selbst im Sommer änderte sich seine Hautfarbe nicht. Das war jedoch nicht das Einzige.

Es gab noch ein paar Unterschiede zu einem normalen Menschen. Diese hatten sich erst später eingestellt und er hatte sie zum größten Teil geheim gehalten, weil er nicht wieder untersucht werden wollte.
 


 

-

Obwohl er erst seit drei Jahren nicht mehr hier lebte, kam es ihm vor, als sei das hier eine fremde Welt.

Diese ganzen Vorstadtviertel gefielen ihm einfach nicht. Viel zu sauber und die Leute hier waren alles andere als das, was sie einem glauben machen wollten. Das hatten sie ihn oft genug spüren lassen.

Eigentlich wäre er auch nie zurück gekommen, aber er hatte das Gefühl, dass es wichtig war. Deswegen hatte er sich auf den Weg gemacht.

David hatte er den Brief schon gegeben, jetzt musste er nur noch zu Sascha, seinem ältesten Freund, um ihm ebenfalls eine Nachricht zu hinterlegen.

Dann konnte er diese Vorstadt endlich wieder verlassen.

Er hielt vor einem Haus, dass zur Abwechslung anders aus sah als die Restlichen der Straße. Was allerdings nur daran lag, dass es schon wesentlich älter war wie der Rest.

Hier warf er den Brief nur ein, da er sich sicher sein konnte, dass er seinen Empfänger auf jeden Fall erreichen würde.

Während er zu seinem Motorrad zurück ging, fiel ihm ein Mädchen auf.

Sie ging die Straße entlang, abwesend auf den Weg starrend. Erst als sie fast gegen ihn prallte, sah sie auf, um ihn anzusehen. Ihr Blick war eisig und sie ging, ohne ihn weiter zu beachten, an ihm vorbei.

Vielleicht lag es daran, dass er den Helm noch auf hatte und nicht wirklich etwas von ihm zu sehen war. Er stieg auf seine Kawasaki und fuhr wieder los.

Noch einer bekam die Ehre eines Briefes.
 


 

-

Es war schon spät, als er nach Hause kam.

Seine Armbanduhr zeigte drei Uhr in der Früh und er war noch nicht mal in der Lage seine Haustür zu öffnen.

Wenn seine Frau nur nicht abgeschlossen hätte...

Bei seinem Glück hatte sie sich noch andere Späße ausgedacht und er würde erst reinkommen, wenn sie es wollte. Er hantierte mit dem Schlüssel am Schloss, ohne Erfolg. Irgendwann drehte er sich um und setzte sich mit dem Rücken an die Tür gelehnt hin.

Was war nur aus ihm geworden?

Einst ein erfolgreicher Wissenschaftler und heute ein Säufer, der es nicht einmal fertig brachte in sein eigenes Haus zu kommen.

Er hörte Schritte. Wohl jemand der - so wie er - noch einen drauf machen war. Sein Blick wanderte von links nach rechts, aber niemand war zu sehen.

„Verdammt, ich hör doch Schritte“, flüsterte er zu sich und sah sich weiter um. Nach mehrmaligem hin und her schauen, entschied er sich dafür, dass die Schritte nur ein Produkt des Alkohols waren, den er stundenlang in sich hinein gekippt hatte.

Als er wieder aufstand, fühlten sich seine Beine an als ob sie ihm gleich den Dienst versagen würden und er lehnte sich wieder an die Tür. Erneut hörte er die Schritte, ignorierte sie aber gekonnt.

Gerade als er anfing sich wieder mit dem Türschloss zu streiten, spürte er etwas. Es war als würde ihn jemand umarmen und mit dieser Umarmung bohrte sich etwas an seinen Hals.

Da niemand auf der Straße zu sehen gewesen war und er jetzt etwas eindeutig Kaltes, Scharfes am Hals hatte, das gut und gerne ein Messer sein konnte, bekam er Panik. Er starrte auf die Tür, in der Hoffnung seine Frau hätte Mitleid mit ihm und würde endlich die Tür aufmachen. „Sie sind Doktor Steven Brakman?“

Die Stimme, die das fragte, war ganz dicht an seinem Ohr. Eindeutig männlich und sie dröhnte in seinem Kopf immer wieder nach.

„Das war ich mal“, antwortete er. In seiner eigenen Stimme klang die Panik mit. Er spürte wie die Klinge immer fester an seinen Hals gedrückt wurde und traute sich nicht mehr zu atmen.

„Was wollen sie?“, fragte er. Die Töne waren brüchig vor Angst und er bewegte sich nicht.

„Ich will nur nicht den Falschen töten!“

Die fremde Stimme klang als würde ihr Besitzer grinsen.

Jetzt wusste er, wie er sterben würde. Mitten in der Nacht, direkt vor seiner eigenen Haustür. In einem eigentlich recht guten Viertel dieser verdammten Stadt.

Er spürte wie das kalte Gefühl an seinem Hals verschwand.

Die Umarmung wurde ebenfalls gelöst, weswegen er sich herum drehte.

Niemand war da.

Er war alleine auf dieser Straße.

Ihm wurde schwindelig...

Warum machte seine Frau denn nicht endlich die Tür auf?

Er spürte wie seine Beine nachgaben und verfluchte sich dafür zuviel getrunken zu haben. Dann wurde alles um ihn herum langsam dunkler.

Die Spritze mit dem tödlichen Gift hatte er nicht gespürt.
 


 

-

Sascha sah einen Brief auf seinem Bett liegen.

Er las ihn und so wie auch David musste er unweigerlich grinsen.

Nachdem er ihn durchgelesen hatte, schaute er sich in seinem Zimmer um, nahm eine Tasche und packte ohne groß Nachzudenken ein paar Sachen ein.
 


 

-

Es war Sonntag Morgen. Die Sonne schien und Insekten schwirrten durch die noch kühle Luft. Er lehnte an einem Baum und war darauf bedacht, im Schutze dessen Schattens zu stehen, um möglichst nicht gesehen zu werden, während er den Leuten zusah, wie sie dort um ein Grab herum versammelt waren.

Dass er jetzt hier auf diesem kleinen Friedhof stehen würde, damit hätte er nicht gerechnet, als er am Abend zuvor den Brief bei dem letzten seiner Freunde abgeben wollte.
 

~
 

Er stand vor dem Haus und wartete nach dem Klingeln. Eine junge Frau, die er, soweit er sich erinnerte, noch nie hier gesehen hatte, öffnete ihm und schon da wusste er, dass etwas nicht stimmte.

Sie sah ihn an und umarmte ihn.

Wer war sie, dass sie nicht so wie alle anderen reagierte und sich von ihm fern hielt? Stocksteif blieb er stehen und wartete darauf, dass sie wieder von ihm ablassen würde.

„Schön, das du da bist“, flüsterte die junge Frau. Ihre Stimme war brüchig.

Sie klang als habe sie geweint. Lang und ausgiebig.

Nachdem sie ihn losgelassen und er sie länger angesehen hatte, fiel ihm auf, dass sie auch so aussah.

„Was ist denn passiert?“, fragte er, während sie sich einige Tränen aus dem Gesicht wischte.

„Weißt du es nicht?“ War ihre kurze Antwort und wieder wurde ihre Stimme brüchig.

Sie ließ ihn in das Haus und führte ihn ins Wohnzimmer.

„Nein, ich wollte nur Damian einen Brief bringen.“

Sie sah ihn traurig an, doch ehe sie etwas sagen konnte, hatten ihre Traurigkeit und die Tränen wieder die Oberhand und sie umarmte ihn erneut.

Weinte an seiner Schulter.

Er sah sich um und drückte sie etwas, um nicht als ganz gefühllos zu gelten. Es war leise hier. Kein Fernseher oder Radio lief. Nur aus der Küche waren leise Stimmen zu hören.

„Was ist passiert?“ Er fragte noch mal. Zwar hatte er eine Ahnung, aber die wollte er nicht aussprechen.

„Mein Bruder ist tot ... Damian ist tot“, erklärte sie und schluchzte. Dabei drückte sie ihn fester an sich.

Sie war Damians Schwester?

War er wirklich so lange nicht hier gewesen?

Aber viel schlimmer war gerade dieser Verdacht, das Gefühl, dass er schneller hätte handeln müssen. Das Gefühl, dass er wusste, warum Damian tot war.

Wieder setzte sie an, leise und brüchig:

„Er hatte einen Unfall, sein Wagen... die Bremsen versagten und er ist bei Rot auf die Kreuzung gefahren, drüben bei Costco.“

Die Bremsen?

Das klang ja wie aus einem billigen Krimi...

Und ausgerechnet bei dem, der sein Auto besser pflegte wie andere sich selber.

Das war kaum vorzustellen.

Nachdem Julia, so hieß die junge Frau, die er noch immer als kleines Mädchen in Erinnerung hatte, sich ein wenig beruhigt und ihn in die Küche gebracht hatte, stand er vor dem nächsten Problem.

Wie sollte er reagieren, als ihm nun auch noch Damians Mutter um den Hals fiel?

Er überlegte wie er am schnellsten wieder aus dieser Lage raus kommen könnte. Trost spenden war nicht das, worin er gut war.

Eigentlich war er nicht gut darin überhaupt Gefühle zu zeigen.
 

~
 

Jetzt stand er also hier und beobachtete die Beerdigung seines Freundes.

Der, der ihn wohl am Besten kannte.

Der, der ihm am liebsten gewesen war.

Sein bester Freund.

So wie jetzt hatte er sich nicht mal gefühlt, als seine Eltern gestorben waren - ebenfalls bei einem Autounfall. Näheres wusste er darüber nicht.

Er beobachtete Julia.

Wann hatte er sie das letzte Mal gesehen, dass sie sich so geändert haben konnte?

So erwachsen, dabei müsste sie doch jetzt erst 15 sein.

Sie sah kurz zu ihm. Laut ihrer Handbewegung sollte er auch zu ihnen kommen, aber er blieb unter dem Baum stehen.

Noch bevor alles vorbei war, war der schwarzhaarige Junge verschwunden.

Das Haus im Wald

David stand an einer Haltestelle und wartete auf den Bus. Sein Auto war wieder einmal kaputt und Bus fahren konnte er nicht leiden. Entsprechend schlecht gelaunt war er.

Der, für sein Alter recht kleine, Junge war alleine.

Die Sonne war hinter einigen dicken Regenwolken verschwunden. Hoffentlich würde es nicht anfangen zu regnen bis der Bus da war - der Regenschirm lag natürlich im Auto.

Der Rucksack war schwerer als er es gewollt hatte und drückte ihm auf die Schultern. „Warum kommt dieser dämliche Bus immer zu spät?“, fluchte er leise vor sich hin.

Es wurde immer dunkler. Der Junge war davon überzeugt, dass es einen Platzregen geben würde, noch ehe der Bus ankam.

Der Wind wurde stärker und Blätter wehten um ihn herum.

Ein Mädchen kam mit schnellen Schritten zu ihm an die Haltestelle gelaufen und stellte sich unter einen der Bäume dort. Es sah ihn an, kalt und abweisend, sodass David sich fragte wie ein so junges Kind einen solchen Gesichtsausdruck zustande bekam.

Das Mädchen schaute nicht lange zu ihm, sondern wendete ihren Blick der Straße zu und wartete so wie er.

Als habe das Wetter wirklich was gegen ihn, fing es an zu regnen.

Während das Mädchen ihre Regenjacke enger um sich zog und die Mütze aufsetzte, stand David ohne Jacke mitten im Regen und zu allem Überfluss frischte der Wind noch einmal auf. Bevor der inzwischen klatschnasse Junge wieder nach Hause gehen wollte, schaute er noch einmal die Straße entlang und entdeckte ein paar Lichter.

Sie kamen schnell näher.

Wurden heller und größer.

Ein Auto, viel zu schnell für diese Straße und dazu noch auf den nassen Blättern.

David sah auf die Lichter, die, wie er fand, direkt auf ihn zu kamen. Er blieb selbst dann noch gebannt stehen als eine Laterne, die der Wagen soeben angefahren hatte, auf dem Boden aufprallte und das Glas zersprang.

Dieses Auto raste wirklich auf ihn zu und er konnte sich einfach nicht bewegen.

Das Mädchen machte einen Schritt nach vorne, sodass es zwischen David und dem Auto war.

Sofort bremste es und kam gerade noch vor ihr zum Stehen.

Die Kleine sah gelangweilt auf den Wagen und ging über die Straße.

David schenkte ihr keine Beachtung, sondern schaute weiter gebannt auf die Windschutzscheibe. Er kniff sogar die Augen zusammen, doch wegen dem Gegenlicht konnte er nichts erkennen.

Hinter dem Wagen tauchte der Bus auf und stellte sich ohne Rücksicht auf das Auto an die Haltestelle. David befreite sich endlich aus seiner starre und stieg schnell ein. Auf dem Weg durch den Mittelgang, hörte der Blonde wie der Busfahrer den 'Unfall' meldete, für mehr fühlte der sich offenbar nicht verantwortlich.

David setzte sich und versuchte ein letztes Mal in das Innere des Wagens zu sehen.

Dieses Mal gelang es ihm auch.

Doch da war niemand am Steuer.

Das Auto war leer.

Der Bus fuhr los und das Mädchen war nicht mehr zu sehen.
 


 

-

Sascha fuhr mit seinem Ford Mustang bis zu dem vereinbarten Treffpunkt.

Noch war keiner der anderen an dieser alten, vor vielen Jahren stillgelegten, Mine, umgeben von dichtem Wald zu sehen.

Während der Fahrt hatte es angefangen zu regnen, weswegen er es sich in seinem Wagen gemütlich machte, eine Zigarette anzündete und auf seine Freunde wartete.

Auf den alten Eingang eines der Stollen schauend, überlegte er, warum sein alter, wohl merkwürdigster Freund auf einmal wollte, dass sie sich hier trafen.

Bei diesen Überlegungen musste er an ihr erstes Treffen denken.
 

~
 

Ein Junge kam in die Klasse und wurde den anderen mit dem Namen Josh vorgestellt. Natürlich fragten sich alle, was das für ein komischer Junge sein sollte.

Sie hatten noch nie jemanden gesehen, der so ... farblos war.

Mit den sehr kurzen schwarzen Haaren, dem hellen grauen Hautton und den grünen Augen, die sofort auffielen, weil es das einzig Bunte an ihm war. Selbst seine Sachen waren scheinbar matt und farblos, so dass er an sich eine sehr traurige Figur abgab.

Im Unterricht sagte der Junge nichts und selbst als sie Pause hatten, war er still und ließ die Scherze über sich ergehen. Die gab es Zwangsläufig. Nicht nur weil er der Neue war, sondern auch wegen seiner Andersartigkeit.

Obwohl die meisten ihn mieden oder üble Scherze mit ihm trieben, war er immer freundlich zu allen.

Nie sah man ihm an wie er sich wirklich fühlte. Selbst nicht nach den stärksten Schlägen, die er jeden Nachmittag ertragen musste.

Sascha war nicht besser gewesen. Er selber hatte Josh einige Male geärgert und gehörte auch zu denen, die ihn nachmittags verprügelten.

Bis zu einem Tag. Es war Sommer, der letzte Schultag und alle hatten sich vorgenommen, diesem merkwürdigen, grauen Jungen eine Lektion zu erteilen, die er nie vergessen sollte.

Sie hatten ihn abgefangen und brachten ihn zu einem Abbruchhaus. Es war alt und brach schon beinahe alleine auseinander.

Dann schlugen sie ihn, so wie sie es schon so oft getan hatten und ließen ihn anschließend in das Loch fallen, das mal der Keller gewesen war.

Die Treppe war schon vor Monaten eingestürzt. Dabei waren ein paar Kinder verletzt worden, weswegen das Gebäude komplett gesperrt war und in den nächsten Wochen endgültig abgerissen werden sollte.

Die Jungs gingen. Sie hatten gehofft, dass Josh endlich mal etwas tun würde, sich wehren oder wenigstens etwas sagen ... um Hilfe rufen.

Aber da kam nichts.

Nicht einmal, als man das Knacken einiger Knochen hören konnte, als er auf den Kellerboden fiel.

Sascha blieb. Er wusste nicht warum, aber er hatte das Gefühl zu weit gegangen zu sein. Nachdem er darauf gewartet hatte, dass der graue Junge wieder aus dem Dunkel zu ihm rauf kommen würde, dieser aber nicht kam, kletterte er selbst hinunter.

Josh lag auf dem Boden. Seine Augen waren geöffnet, sahen an die Decke, und für einen kurzen Augenblick dachte Sascha, sie hätten ihn umgebracht.

Er ging näher und hockte sich neben den reglos daliegenden Jungen.

„Willst du nachsehen, ob ihr mich auch erledigt habt?“, fragte eben dieser Junge plötzlich. Er blutete, das konnte Sascha sehen.

Die Augen von Josh hatten ihn fixiert, als er von den Blutspuren aufsah.

„Nein, ich wollte nachsehen ... ob dir was passiert ist“, erklärte Sascha. Er war irritiert. Noch nie hatte er die Stimme von dem Jungen gehört, obwohl dieser jetzt schon lange in seiner Klasse war.

„Solange wie du gebraucht hast, hier hinunter zu kommen, wäre ich aber inzwischen tot, wenn es was ernstes gewesen wäre.“ Josh setzte sich auf und sah zu dem Loch über ihnen, aus dem einige Sonnenstrahlen zu ihnen drangen.

„Sascha, richtig?“ Sein Gesicht war ohne jeglichen Ausdruck.

„Ja“, antwortete der braunhaarige Junge. „Du... du blutest. Sicher, dass es dir gut geht?“ Sascha setzte sich hin und beobachtete Josh, wie er den roten Flecken auf seinem Pullover musterte.

„Hmm, sicher bin ich mir da nicht“, flüsterte Josh und zog den Pulli hoch.

Ein Metallsplitter steckte in seiner rechten Seite. Sascha sah erstaunt auf die Wunde und spürte wie ihm schlecht wurde.

Josh seufzte und versuchte das Stück Metall wieder heraus zu ziehen, aber es gelang ihm nicht.

„Du solltest zu einem Arzt“, sagte Sascha, möglichst ohne auf das Blut zu sehen.

„Ich gehe zu keinem Arzt, eher sterbe ich!“ War die einfache Antwort des schwarzhaarigen Jungen.

„Wenn du meinst... Aber es wäre wirklich besser. Oder willst du das drin lassen?“ Sascha sah auf das Metallstück und kämpfte gegen die Übelkeit.

„Es bleibt nicht drin! Du... musst mir nur helfen“, sagte der Schwarzhaarige leise und sah dann zu dem blassen Jungen, der bei dieser Bemerkung schlagartig noch blasser wurde.

„Was soll ich tun?“ Der Blick des kalkweißen Braunhaarigen wurde matt.

„Na, zieh es raus! Ich kann es nicht richtig greifen.“ Er hatte noch immer einen abwesenden Gesichtsausdruck. Doch inzwischen war etwas in seinen Augen, das wie Schmerz oder Verzweiflung aussah.

„Aber... das tut dir doch sicher weh.“

„Ja, aber nicht mehr wie jeden Nachmittag zusammengeschlagen zu werden.“

Josh sah wieder hoch aus dem Loch in der Decke und seufzte.

„Mach einfach! Ich halt das schon aus!“, sagte er leise und schaute wieder zu Sascha.

„Aber was, wenn ich das nicht kann?“, fragte dieser und sah in die grünen Augen seines Gegenübers.

„Dann... ist es auch nicht weiter wichtig.“ Josh stand auf. Die Wunde zog. Er hätte nicht gedacht, dass es so unangenehm sein würde.

„Hm, doch... Es ist doch wichtig! Zieh es raus, so kann ich nicht nach Hause.“

Sascha schaute zu ihm hoch und stellte sich nach kurzem Überlegen neben ihn.

„Aber ich schaue nicht hin.“

„Musst du auch nicht.“ Josh sah ernst zu ihm.

„Gut, aber wenn es dir weh tut, dann hör ich sofort auf“, sagte Sascha leise. Josh sah ihn weiter an, sagte aber nichts mehr und schaute nach einer Weile wieder Richtung Sonne.
 

~
 

Ein Motorengeräusch ließ Sascha aus den Gedanken schrecken. Ein Motorrad fuhr an ihm vorbei und hielt unter dem Vordach eines kleinen Hauses.

Diesem Haus hatte er vorher noch keine Beachtung geschenkt. Es stand etwas abseits und sah auch noch nicht so alt aus wie der Rest der Anlage. Der junge Mann ließ kurz den Scheibenwischer an, um besser sehen zu können, während der Fahrer des Motorrades auf die Veranda des Hauses ging und den Helm abnahm.

Nachdem er sich zu dem Wagen gedreht hatte, grinste er kurz, um daraufhin direkt in dem Haus zu verschwinden.

Sascha stieg aus dem Wagen und ging auf das Haus zu. Josh hatte sich nicht verändert.
 


 

-

David war inzwischen wieder aus dem Bus gestiegen und musste noch ein paar Kilometer zu Fuß gehen. Noch immer regnete es. Da er aber schon nass war, machte ihm das Wetter nicht mehr viel aus.

Das Einzige, was ihn noch nervte, war, dass er seine Musik vergessen hatte. So blieb ihm nichts anderes übrig als dem Regen zu lauschen. Was anderes gab es hier ja nicht.

Nur hörte er nicht nur die Regentropfen.

Da war ein anderes Geräusch.

Was genau es war, konnte er nicht einordnen. Er wusste nur, dass es hinter ihm war. Seit gut einer halben Stunde.

Wie gerne hätte er jetzt seine Musik gehabt. Damit hätte er sich so gut ablenken können, denn immer wenn er alleine war spielte ihm seine Fantasie Streiche.

Der Waldweg, über den er ging, war schon seit Jahren nicht mehr benutzt worden. Darum war alles zugewachsen und er musste sich an einigen Stellen einen eigenen kleinen Weg suchen. „Hätte ich doch bloß mein Auto!“, seufzte er, während er über eine Brücke ging.

Der blonde Junge war nicht mehr weit von dem Treffpunkt entfernt, als er hinter sich wieder etwas hörte.

David zuckte zusammen. Es klang so nah, das konnte doch nicht mehr nur Einbildung sein. Es klang wie Schritte. Eigentlich nicht mal bedrohlich klingende Schritte, eher wie von Kinderfüßen. Aber so viel er sich auch einredete, er konnte sie weiterhin hören und das machte ihm Angst.

Er ging schneller und als er das andere Ende der Brücke erreicht hatte, drehte er sich um. Niemand war da, wie er es sich gedacht hatte.

Trotzdem blieb dieses Angstgefühl.

Er traute sich schon nicht mehr weiter zu gehen.

„Hier rum stehen, bringt mich auch nicht weiter!“, flüsterte er sich selber zu, um sich zu beruhigen. Als er losging hörte er wieder nur den Regen, das Wasser des Flusses und ein paar Tiere im Wald. Allerdings konnte er schon die große Lichtung sehen zu der er musste und das ließ ihn seine Angst vergessen.

So sah er auch nicht die Augen, die das wenige Licht reflektierend, ihn nun aus dem Unterholz heraus verfolgten, so wie sie es die ganze Zeit schon getan hatten.
 


 

-

Sascha ging in das Haus, zog seine Jacke aus und warf sie über die nächstbeste Stuhllehne. Nachdem er sich eine weitere Zigarette angezündet hatte, setzte er sich auf ein Sofa, welches einen Raum weiter vor einem großen Fenster stand.

Joshs Helm und die Motorradjacke lagen auf dem Tisch, wo sie schon für eine kleine Pfütze gesorgt hatten. Nur von dem jungen Mann selber war nichts zu sehen.

„Hey, mir ist grade was eingefallen. Das muss ich unbedingt los werden.“

Sascha wartete auf eine Antwort, bekam aber keine.

„Na, dann eben doch erst später...“, sagte er mit der Zigarette im Mundwinkel und machte sich auf dem Sofa breit. Sein Blick verfolgte die Spur von Wassertropfen, die eindeutig die Form seiner Schuhsohlen hatten bis zur Tür zurück. Von dort folgte er dann denen, in die er noch nicht gegangen war, bis hin zu ein paar Stiefeln.

„Sag mal, was machst du eigentlich?“ Wieder wartete er auf eine Antwort, aber auch dieses Mal war nichts zu hören.

Josh war im Keller und hatte nicht einmal gehört, dass oben mit ihm gesprochen worden war.

Als er wieder oben ankam, hatte er beide Arme voll mit Flaschen, die er sofort zum Kühlschrank brachte. Sascha beobachtete ihn und grinste vor sich hin.

„Tolle Begrüßung!“, sagte er schließlich.

„Tja, du kennst mich!“, meinte Josh nur und warf ihm eine Flasche Miller´s zu.

Sascha fing die kühle Flasche und stellte sie auf das kleine Tischchen neben dem Sofa.

„Mir ist, als ich gewartet hab, was eingefallen“, fing er dann an zu erzählen. „Weißt du noch? Das erste Mal, als wir miteinander geredet haben?“

Er wartete auf eine Antwort, bekam aber nur ein kurzes Nicken.

Josh öffnete sich gerade eine Dose 'Mountain Dew - Code Red' und setzte sich auf einen Stuhl, sodass er die Arme auf die Rückenlehne stützen konnte.

„Was hattest du damals alles für Verletzungen?“, fragte Sascha, zog an seiner Zigarette und suchte einen Aschenbecher.

„Das weißt du doch“, antwortete Josh nach kurzer Zeit, „Ein paar Prellungen, den Schnitt von dem Metallstück und eine Gehirnerschütterung. Warum willst du das wissen?“

Der blassgraue Junge sah auf die Dose und trank einen Schluck.

„Aber ich hab doch gehört, wie Knochen geknackt haben, als du gefallen bist. Deswegen bin ich doch überhaupt erst darunter geklettert“, erklärte nun Sascha wieder, der inzwischen einfach eine Glasschale, die auf dem Tisch stand, für die Asche benutzte.

Josh seufzte, sagte aber nichts.

Nach einer Weile des Schweigens sagte er dann: „Ich hatte auch noch drei gebrochene Rippen und mein linkes Schlüsselbein war hin.“ Dann trank er einen weiteren Schluck.

„Woher weißt du das und warum ging es dir scheinbar so gut?“ Sascha ließ die Zigarette in der Schale liegen und widmete sich dem Bier.

„Das kann ich dir nicht sagen. Ich weiß es selber nicht. Es war schon immer so! Ich scheine Schmerz anders zu spüren wie du oder David oder irgend jemand anderes.“

„Aber das erklärt nicht, woher du jetzt so genau weißt, was du hattest. Du warst doch nicht im Krankenhaus“, hakte Sascha nach.

„Richtig. Ich war nie in einem, nicht deswegen. Aber auch das ist etwas, das ich einfach schon immer hatte. Ich weiß es eben, woher kann ich nicht sagen.“

Sascha sagte daraufhin nichts. Lieber trank er die halbe Flasche leer, stellte sie auf den Tisch und stand auf, um in die Küche zu gehen.

„Sag mal, die Hütte hier... Die kenne ich ja überhaupt nicht“, rief er zu Josh, der noch immer im Wohnzimmer saß. Dieser stellte die Dose auf den Tisch neben sich und schaute aus dem Fenster.

„Du kannst sie auch nicht kennen. Wurde erst Anfang letzten Jahres gebaut.“

„Und warum sind wir hier? Ist wohl kaum deins“, hörte er aus der Küche.

„Stimmt! Ist es nicht, aber ich kenne den Besitzer.“

Von draußen war ein Geräusch zu hören und Josh lauschte.

Ein Bellen.

Hunde?

Er stand auf und ging auf die Veranda, um mehr sehen zu können.

Ein Schäferhund bellte in den Wald und das Pärchen, welches offensichtlich dazu gehörte, stand dahinter und verstand nicht, was der Hund hatte.

David war zwischen dem Hund und dem Wald. Der Junge hielt sich die Ohren zu.

Josh wusste, dass David Angst vor Hunden hatte. Seit einem nicht gerade freundlichen Dobermann, den sie kennenlernen durften.

Er sah in den Wald, um zu verstehen, warum der Hund bellte.

Auf den ersten Blick war da nichts. Erst bei näherem Hinsehen konnte er etwas erkennen. Es war im Schatten und bewegte sich nicht. Trotzdem konnte er erkennen, dass es nicht zum Wald gehörte.

„Ruhe!“

Was bei den Besitzern des Hundes nicht den gewünschten Effekt brachte, zeigte bei Josh sofort Wirkung. Das Bellen des Hundes erstarb und alle sahen zu ihm.

Er seufzte. Soviel Aufmerksamkeit wollte er doch gar nicht.

Aber was auch immer im Schatten gewesen war, jetzt konnte er es nicht mehr sehen. Sascha kam auch raus auf die Veranda.

„Was war los?“, fragte er kauend.

Er hielt in der einen Hand ein Sandwich und in der anderen das Bier.

Das Paar mit dem Hund ging weiter in den Wald, als sei nichts gewesen, während David schnell auf die Veranda kam und sich zu seinen Freunden stellte. Seine Sachen klebten an ihm und seine Lippen waren schon ganz blau.

„Kalt!“, informiert er seine Freunde und ging dann an den Beiden vorbei, rein ins Trockene und vor allem Warme.

„Andere Leute ziehen im Herbst auch Jacken an!“, rief Sascha ihm hinterher, biss noch mal von dem Sandwich ab und ging ebenfalls wieder rein.

Nur Josh blieb draußen stehen und schaute in den Wald. Es war noch hier, was auch immer es war.

Denn bei einem war er sich sicher:

Es war kein Tier.

Sichtbare Zeichen

Die einzigen Geräusche, die zu hören waren, waren der Regen an der Fensterscheibe und das leichte Kratzen des Füllers auf dem Papier. Das Kratzen hörte regelmäßig auf und wurde von einem lang gezogenen Seufzen ersetzt.

Der Ursprung dieses Geräusches war ein alter Mann, welcher auf einem ungemütlichen Stuhl saß. Alles andere in diesem Raum war hingegen überaus gemütlich.

Die ledernen Sessel, der Kamin in dem ein kleines Feuer brannte und das dezente Licht einer Schreibtischlampe. Die Regale, die alles sehr eng wirken ließen, waren gefüllt mit Büchern bei denen es teilweise nicht mehr möglich war den Titel zu lesen.

Der alte Mann richtete sich auf und schaute in den Raum hinein.

Nachdem sein Blick vom Feuer angezogen worden war, nahm er die Tasse, die auf dem Schreibtisch stand und trank einen Schluck. Nicht mehr lange und er hätte alles aufgeschrieben. Alles was er wusste und er der Nachwelt hinterlassen wollte.

Zwar war dem bärtigen Mann bewusst, dass es bessere Methoden gab als alles auf einzelne Blätter zu schreiben, aber er hatte genug von Computern und Technik. Genaugenommen wollte er mit niemandem mehr etwas zu tun haben. Lange genug hatte er sich mit Menschen befassen müssen, die in ihrem Handeln schlimmer waren wie die Verbrecher, die er am Anfang seiner Karriere hingerichtet hatte.

Draußen wurde es immer dunkler und der Regen heftiger.

Das Licht der Schreibtischlampe flackerte. Da stand wohl wieder ein Stromausfall bevor.

Von irgendwo her zog es und das Feuer im Kamin wurde einen kurzen Moment angefacht. Dann war wieder alles wie vorher.

Der grauhaarige Mann kniff die Augen zusammen und schaute erneut durch den Raum.

„Ich hab dich bemerkt. Komm raus! Du brauchst dich nicht vor mir verstecken“, sagte der Alte leise.

„Du weißt, warum ich hier bin“, erklang eine kalte, dunkle Stimme. Von der Person, zu der diese Stimme gehörte war nichts zu sehen.

„Natürlich weiß ich das. Ich habe auf dich gewartet.“

Mühselig stand er von dem Stuhl auf und überflog ein letztes mal den Stapel Blätter vor sich. Danach ging er zum Kamin und setzte sich dort auf einen der Sessel.

„Wo sind sie?“, fragte nun die Stimme. Noch immer blieb der dazugehörige Körper außer Sicht.

„Das kann ich dir nicht sagen. Ich weiß es selber nicht“, war die Antwort des Mannes. „Bei dem Älteren glaube ich es dir, aber wo ist das letzte Projekt?“

„Setz dich! Ich will dir in die Augen sehen wenn wir miteinander reden.“

„Was soll das bringen?“

„Tu es einfach. Sieh es als meinen letzten Wunsch an.“

Eine dunkle Gestalt kam aus einer Ecke des Zimmers und setzte sich auf den Sessel gegenüber dem, auf dem der alte Mann saß. Es waren keine genauen Konturen zu sehen, alles an ihm schien das Licht einfach zu schlucken. Seine Augen jedoch waren strahlend und reflektierten das Licht des Feuers.

„Also, wo ist sie?“, fragte der Mann auf dem Sessel. Er war kaum zu erkennen und verschwamm mit dem Schatten der Stuhllehne.

„Ich dachte, ihr hättet sie schon geholt“, sagte der Bärtige sofort. Erst nach ihrem Verschwinden hatte er mit dem Schreiben seiner Memoiren angefangen. Da er gewusst hatte, dass er nun nicht mehr von Nöten war und bald schon Besuch von jemandem bekommen würde, der ihm seine neue Aufgabe näher bringen sollte.

„Aber das haben wir nicht. Wo ist sie also?“, fragte nun wieder der Mann auf dem anderen Sessel.

„Warum sollte ich noch lügen? Sag es mir, Dorian“, fragte der Grauhaarige.

„Vielleicht erhoffst du dir noch ein wenig zu leben“, erklärte dieser kalt.

„Glaubst du, dass ich noch lange habe? Ob heute oder morgen... Mein Leben ist doch schon zu Ende.“ Der Alte lehnte sich vor, um sein Gegenüber besser sehen zu können.

„Du weißt also wirklich nicht wo sie ist. Seit wann ist sie weg?“, fragte Dorian nun.

„Seit etwa zwei Monaten.“

„So lange schon?“ Die Augen verschwanden kurz. Er hatte sie geschlossen und dachte nach.

„Ist da noch etwas das ich wissen sollte?“, fragte er weiter und schaute den alten Mann wieder an.

„Nein. Sie ist einfach verschwunden.“

„Gut, dann bist du also keine weitere Hilfe mehr.“

Der Mann erhob sich und stellte sich vor das Feuer. Es herrschte Stille. Keiner der beiden sagte noch etwas. Der grauhaarige Mann stand ebenfalls auf, ging zu einem kleinen Schrank und öffnete die Türen. In ihm befanden sich viele Karaffen und Flaschen mit den verschiedensten alkoholischen Flüssigkeiten. Nach kurzem Suchen fand er die Flasche, die er suchte, schüttete sich etwas des Scotchs ein und trank das Glas in einem Zug leer.

„Was willst du jetzt mit mir tun?“, fragte er, während er wieder auf dem Sessel Platz nahm. „Das ist schon erledigt!“, sagte der Mann, der sich vom Feuer abgewandt hatte und nun zur Tür ging.

„Entspann dich einfach. Dann geht es zwar nicht schneller, aber es ist nicht so schmerzhaft!“
 


 

-

David hatte sich einen Pulli und eine Jeans von Sascha geliehen, was allerdings beides zu groß war.

Nun saß er im Schneidersitz auf der Couch und hielt mit beiden Händen eine Tasse Kaffee, die er zum Aufwärmen bekommen hatte. Sascha hatte die andere Couch für sich in Beschlag genommen und Josh saß wieder auf dem Stuhl, mit den Armen auf die Lehne gestützt. „Weswegen genau sind wir eigentlich hier?“, fragte Sascha, der schon wieder eine Zigarette im Mundwinkel hatte.

„Das interessiert mich auch...“, erwähnte David leise, immer noch leicht zitternd.

„Das denke ich mir, sonst wärt ihr wohl kaum hierher gekommen“, sagte Josh nachdenklich. Gerade als er anfangen wollte weiter zu reden, kam ihm Sascha dazwischen.

„Wo ist eigentlich Damian? Dachte er würde auch kommen... Oder ist er mit seinem Auto durchgebrannt?“, fragte er und grinste dabei vor sich hin.

Der Junge auf dem Stuhl reagierte darauf nur mit einem kurzen Seufzen.

„Er wird nicht kommen...“

„Wieso nicht?“, fragte David und sah von seinem Kaffee auf.

Sascha allerdings grinste breit als er sagte: „Also ist er doch durchgebrannt.“

Josh sah ernst zu seinem Freund.

„Er ist tot. Ich war heute Morgen auf der Beerdigung.“

Beide starrten sie den jungen Mann an.

„Das kann doch nicht sein“, flüsterte David.

„Es ist aber so!“

Er sah die Beiden abwechselnd an. Sie waren geschockt darüber, dass Damian tot war.

Nach einiger Zeit des Schweigens fing Josh wieder an zu reden:

„Bevor ihr fragt: Die Bremsen an seinem Auto haben versagt.“

Wieder Schweigen.

„Das kann nicht sein!“, sagte David noch mal. Josh nickte nur.

„Glauben tue ich das auch noch nicht.“

Sascha sagte nichts mehr, stattdessen schaute er auf die Flasche in seiner Hand und trank diese dann leer.
 


 

-

Der bärtige Mann saß noch immer auf dem Sessel. Inzwischen war das Feuer runter gebrannt und nur noch das wenige Licht der Schreibtischlampe erhellte das Zimmer.

Er spürte einen stechenden Schmerz. Was auch immer Dorian ihm gegeben hatte - es tat seine Wirkung.

Warum er an ihr so interessiert war, konnte er ahnen. Warum aber an dem Jungen?

Mühselig erhob er sich aus dem Sessel und ging zu seinem Schreibtisch.

Irgendwo in seinen Aufzeichnungen musste es etwas geben, das dieses Interesse begründete. Langsam blätterte er durch die alten Akten, fand aber nichts was eine Erklärung abgab. Offiziell, falls das das richtige Wort für eine inoffizielle Studienreihe war, existierte dieser Junge nicht. Laut den Akten waren die Gene nie für die weitere Verwendung vorgesehen worden.

Der Alte legte die Akte weg und nahm seine eigenen Aufzeichnungen. Der Junge war sein Projekt, genauso wie sie.

Die Schmerzen wurden stärker und er musste sich setzen, aber er würde es noch herausfinden. Er fand den Bericht, doch noch während des Lesens sank sein Kopf langsam auf den Tisch. Immer unerträglicher wurde der Schmerz.

Die Tür wurde geöffnet.

Jemand kam langsam herein. Schwach nur hob er den Kopf sah er auf den Mann an der Tür.

„Danke alter Freund. Danke für die Mühe, mir den Bericht noch raus zu suchen...“

Also hatte er nur Interesse an dem Jungen, weil er noch nicht wusste was dieser konnte.

„Er war ein Fehlschlag. Eigentlich hätte man ihn töten müssen...“ Die Stimme des Alten wurde leiser und leiser, bis sie nicht mehr zu hören war und seine Atmung stoppte.
 


 

-

Sascha und David waren gefahren.

Sascha, weil er seine Zigaretten in Rekordzeit geraucht hatte. David, weil er doch gerne seine eigenen Sachen trug. Sie würden wohl eine ganze Weile weg sein und hoffentlich für das Abendessen sorgen.

Es war bereits dunkel. Noch immer hingen die Regenwolken am Himmel und verdüsterten die Welt damit nur noch stärker.

Josh hatte sich auf die Couch gelegt, die Augen geschlossen und lauschte den Geräuschen, die das Haus so machte:

Das leise Piepen des Fernsehers, das Geräusch der Heizung, die gerade angegangen war, das Quietschen der Tür, das Surren des Kühlschranks, der Wind, der um das Dach... – das Quietschen der Tür?

Der Junge lauschte weiter, seine Augen hielt er geschlossen.

Er hörte Schritte.

Sascha und David waren noch nicht lange weg, konnten es also nicht sein. Zudem hätten sie Licht angemacht. Josh blieb ruhig liegen, tat so als würde er schlafen. Die Schritte wurden langsamer und stoppten neben ihm.

„Das ist er?“, fragte eine leise Kinderstimme.

„Ja!“, antwortete eine männlichere Stimme, vom Klang nicht viel älter als Josh.

„Hmm, sieht nicht besonders aus. Was wollen wir mit ihm?“ Wieder die Kinderstimme.

Josh fragte sich, was das für Leute waren. Brachen in ein Haus ein, um sich über den derzeitigen Bewohner zu unterhalten, während dieser scheinbar schlief.

„Das musst du den Chef fragen, darüber weiß ich auch nicht Bescheid“, sagte der Junge wieder.

„Hmm... Ob er auch so Augen hat wie wir?“, fragte jetzt das Kind wieder. Josh dachte daran, dass nur ein Mädchen so eine Frage stellen würde.

„Soll ich meine Augen öffnen?“, fragte er dann mit einem Grinsen auf den Lippen.

Aber keiner antwortete. Josh stellte sich vor wie diese Beiden nun den jeweils anderen anstarrten. Als er die Augen öffnete, war niemand im Raum.

Hatte er geträumt?

Er stand auf und ging durch das Haus. Niemand außer ihm war da. Alles war still.

Nachdem er das gesamte Gebäude abgesucht hatte und langsam daran glaubte, dass es nur ein Traum war, legte er sich wieder auf das Sofa, um auf seine Freunde zu warten.
 


 

-

Nur 20 km weiter, auf dem kleinen Weg durch den Wald, der zurück in die Stadt führte, saßen Sascha und David in dem Mustang.

Beide starrten auf die Motorhaube.

„Wenigstens qualmt es nicht!“, sagte David und schaute dabei kurz zu Sascha. Wie auf Befehl begann sich eine graue Rauchfahne gen Himmel zu ziehen und Sascha schaute wütend zu dem Blonden neben sich.

„Das ist nur deine Schuld“, zischte Sascha David zu, ehe er ausstieg und die Motorhaube öffnete.

„Ähm... ich dachte dir würde so etwas nicht passieren“, sagte David mit einem breiten Grinsen im Gesicht, nachdem dieser ebenfalls ausgestiegen war und sich neben seinen Freund gestellt hatte. Sascha machte sich immer lustig wenn er erfuhr, dass Davids Auto mal wieder stehen geblieben war.

„Sei bloß ruhig und lass mich hier gucken.“

Sascha war gereizt. Der Wagen war komplett gewartet und müsste besser laufen als vorher, und nicht schlechter. Da es wieder anfing zu regnen, setzte sich David zurück in den Wagen und wartete auf seinen Freund. Ab und an hörte er das Fluchen, welches vom Motorraum bis zu ihm drang und ein noch breiteres Grinsen bei ihm auslöste.

David musste eingeschlafen sein, denn als er die Augen öffnete saß ein vollkommen nasser Sascha neben ihm und sie fuhren bereits wieder.

„Was war denn jetzt?“, fragte er verschlafen.

„Durchtrennte Leitung...“ War die Antwort des braunhaarigen, nassen, jungen Mannes. „An der nächsten Tankstelle müssen wir anhalten. Da gibt es wenigstens Licht.“

David sagte nichts weiter und schaute aus dem Fenster in den dunklen Wald.

Warum hatte Josh sie jetzt eigentlich eingeladen?

Das hatten sie noch immer nicht erfahren.

Doch schon nach wenigen Minuten war er wieder eingeschlafen.

Sascha schaute ab und zu auf den schlafenden Jungen neben sich. David war vier Jahre jünger wie er, oder sogar fünf, da war er sich gerade nicht sicher. Er kannte ihn nur durch Josh. Wie die Beiden sich kennengelernt hatten, wusste er nicht.

David, ein für sein Alter zu kleiner, blonder Junge, steckte dauernd in seiner winzigen Welt, schottete sich eigentlich von fast allem ab, was Spaß machen könnte. Nur wenn es um Josh ging, da tat er alles was er konnte und er konnte recht viel, was man ihm nicht ansah und ihm vielleicht nicht einmal bewusst war.

Sie erreichten endlich wieder eine asphaltierte Straße und somit recht bald eine Tankstelle, wo Sascha Zigaretten kaufen und seinem Wagen die benötigte Reparatur verpassen konnte.

David war aufgewacht als der Ältere ausgestiegen war und stand nun in dem kleinen Laden, um sich mit Oreo-Keksen für den Rest der Strecke einzudecken.

Während Sascha mit seiner Zigarette im Mundwinkel über den Motor gebeugt stand, fühlte er sich beobachtet.

Zwar hatte er sich nun schon gut dreimal umgesehen, aber er hatte niemanden entdecken können. Trotzdem schaute er sich noch ein weiteres mal um. Wie jedes Mal hatte er, bevor er sich wieder dem Motor widmete, in den Laden gesehen um David kurz bei seinen Aktivitäten zu beobachtet, diesmal jedoch, war er nicht zu sehen.

Allerdings fiel ihm erst als er fertig war auf, dass David auch nicht beim Wagen war oder sonstwo auf dieser kleinen Tankstelle.

Nachdem er in dem Laden und bei sämtlichen Leute die sich hier aufhielten nach David gefragt hatte, setzte sich Sascha in den Wagen und ließ seinen Blick über den Parkplatz und die Zapfsäulen gleiten.

Keiner wollte David in der letzten halben Stunde gesehen haben.

Aber er konnte doch jetzt nicht einfach ohne ihn fahren.

U2 / 46

Als David die Augen aufschlug, mussten sich seine Augen erst einmal an die Dunkelheit gewöhnen.

Statt in dem Mustang von Sascha zu sitzen, war er in einem Van, lag auf dem nach Plastik stinkenden Boden und konnte kaum etwas sehen. Es war zu dunkel...

Er sah so gut wie nichts. Es gab keine Fenster und somit kein Licht von draußen. Trotzdem wusste er, dass er nicht alleine war. Jemand war bei ihm, auch wenn er ihn nicht sehen konnte.

„Ich glaube, er ist wach!“, sagte eine recht helle, junge Stimme. Sie näher einzuordnen gelang ihm nicht. Dafür spürte er jetzt eine sanfte aber kalte Hand an seiner Wange. Obwohl er nun einen Arm als Anhaltspunkt hatte, konnte er noch immer nicht sehen zu wem dieser Arm gehörte.

„Danke! Das habe ich auch schon bemerkt“, antwortete eine dunkle, aber ebenso junge Stimme.

„Ich glaube nicht das er was weiß. Wir sollten ihn gehen lassen.“

Was war das hier?

Was hatten sie mit ihm vor und was sollte er wissen? David fühlte sich wie im falschen Film. Mit einem Ruck wurde die Hand von Davids Gesicht weggezogen.

„Nein, wir brauchen ihn noch... und lass die Finger von ihm.“
 


 

-

Sascha wollte eigentlich Josh anrufen, aber er kannte die Nummer des Hausanschlusses nicht und sein Freund besaß kein Handy. Also hatte er seine Nummer und seinen Namen dem Mann an der Kasse gegeben und war losgefahren.

Der Schwarzhaarige stand in der Küche und hatte gerade in einen Blaubeermuffin gebissen, als die Tür aufging und Sascha herein kam.

„David ist weg.“

Josh schluckte schnell den Bissen runter: „Wie weg?“

„Na, weg eben... Wir waren an einer Tankstelle und plötzlich war er weg. Keiner will ihn gesehen haben.“

„Hmm...“, machte Josh nur leise. David war nicht der Typ dafür einfach zu verschwinden.

Noch ehe er etwas anderes sagen konnte, klingelte Saschas Handy.

„Ja...“, meldete er sich und wartete darauf, dass am anderen Ende jemand sprach.

Sascha schaute zu Josh und lauschte. Nach einer Weile fragte er verwirrt:

„Joshua?“

Josh sah nun fragend zu Sascha und beobachte wie dieser versuchte mehr über einige Männer raus zu bekommen, sich bedankte und auflegte.

„Ich?“, fragte der Schwarzhaarige dann nach einer kurzen Pause.

Sascha nickte nur, zündete sich eine Zigarette an und setzte sich an den Küchentisch.

„Woher solltest du es wissen?“

Josh biss ein weiteres Mal von seinem Muffin ab und dachte nach.
 


 

-

David war noch immer in dem Van, aber inzwischen lehnte er an einer der Sitzbänke, die es dort gab. Sie fuhren schon eine ganze Weile. Doch selbst als einer seiner beiden Begleiter ausgestiegen war um zu fahren, konnte er nichts erkennen.

Er spürte links neben sich jemanden sitzen.

„Was soll das?“, fragte er, nachdem er lange überlegt hatte, ob er überhaupt was sagen sollte. Die junge Stimme antwortete.

„Das wirst du noch erfahren. Mach dir keine Sorgen.“

Jetzt war David komplett verwirrt. Sie entführten ihn, ohne ihn zu fesseln oder anders außer Gefecht zu setzen, und jetzt sollte er sich keine Sorgen machen?!

„Wer seid ihr?“, versuchte er es erneut.

„Hmm, das erklärt dir lieber jemand anderes.“

Das war nicht unbedingt das, was der Blonde hören wollte.

„Na gut... Wie heißt du?“

Mit dieser Frage hatte sein Sitzpartner wohl nicht gerechnet.

„Ich... Ähm, nenn mich einfach Finn."

Nicht lange danach kamen sie an. Die Tür wurde aufgemacht und endlich fiel etwas Licht in den Wagen. Finn stand auf, reichte David freundlich lächelnd die Hand, um ihm aufzuhelfen. Dieser nahm die Hilfe an und stand auf, um aus dem Van zu kommen.

Er fragte sich wirklich was das werden sollte. Es war nicht so wie er sich eine Entführung vorgestellt hatte. Allerdings wollte er so etwas auch nicht erleben müssen.

Sie waren in einer hell erleuchteten Halle, die auch eine Tiefgarage hätte sein können. David sah sich um und sein Blick blieb erst einmal an dem Jungen haften, der mit ihm ausgestiegen war.

Finn war ein recht schlanker Junge, fast einen Kopf größer wie David selber, mit dunklen Haaren, ansonsten recht unscheinbar. Dann schaute er auf die Anderen, die vor dem Wagen gestanden hatten, als die Tür geöffnet worden war.

Es waren noch drei.

Welcher von ihnen noch hinten gewesen war, wusste David nicht. Aber das interessierte ihn im Moment auch recht wenig. Diese Jungen, oder jungen Männer, sahen nicht so aus als machten sie so etwas dauernd. Trotzdem hatten sie eine gewisse Ruhe, die das Gegenteil behauptete.

Die Drei nickten Finn zu, drehten sich um und gingen, sodass Finn ihnen jetzt etwas hilflos hinterher schaute.

„In welchen Raum soll ich ihn bringen?“, fragte er sie und der Kleinste der Drei drehte sich noch mal kurz um.

„Ins Labor. Du kennst den Weg hoffentlich noch.“ Das war der aus dem Wagen. Die dunkle Stimme passte überhaupt nicht zum Rest des jungen Mannes.

Finn schaute zu David.

„Komm mit.“ Er steckte die Hände in die Taschen und ging voraus.

„Was sagt dir, dass ich jetzt nicht weglaufe?“, wollte David wissen, aber Finn sagte nichts.

„Ich versteh das nicht! Ihr habt mich entführt. Warum seid ihr so untypisch... so... nett?“

„Du meinst wir sind nett? Du kennst uns doch nicht“, antwortete der Größere und bog in einen Gang, der nur mit dem Nötigsten an Licht ausgestattet war.

„Was ist das für ein Labor?“, wollte David nun wissen.

„Irgendein Labor eben... Sieht aus wie alle anderen auch.“

Sie gingen tiefer in das Gebäude. Langsam erinnerten David die Gänge an etwas, aber er wusste einfach nicht was. Sie blieben an einer Tür mit der Nummer U2/46 stehen und Finn klopfte. Niemand sagte etwas, trotzdem öffnete der Junge mit den dunklen Haaren die Tür und trat nach David ein. Ein älterer Herr, mit wenigen, schon grauen Haaren stand über ein Mikroskop gebeugt. Finn stellte sich etwas abseits von ihm neben einen Tisch und zog David neben sich.

„Hier ist er, Dorian.“
 


 

-

Josh hatte sich ebenfalls an den Küchentisch gesetzt und schaute ernst Sascha an.

„Wenn ich es wissen soll, dann muss es ein Ort sein, an dem ich mit David schon mal war“, dachte er jetzt laut nach. „Dann kann es eigentlich nur das alte Krankenhaus sein...“

„Krankenhaus?“, unterbrach ihn Sascha. „Ich dachte du...“

„Ja, ich wollte nie in ein Krankenhaus, das stimmt. Aber früher musste ich dauernd hin, als meine Eltern noch lebten.“

Sascha zündete sich eine Zigarette an und nahm sich vor erst einmal nichts mehr zu fragen. Normalerweise redete Josh nicht über seine Vergangenheit. Da wollte er jetzt nicht den Redefluss stören.

„Ich war früher oft für Wochen in einem Krankenhaus. Meine Eltern wollten wissen warum ich bin, wie ich eben bin. Einmal war ich über einen Monat da und hab David mit auf dem Zimmer gehabt. Er war glaub' ich 2 oder 3 Jahre alt, hat dauernd geheult und genervt.“

Das klang ganz nach David so wie Sascha ihn kennengelernt hatte, nur das er sich das Heulen wohl abgewöhnt hatte.

„Ich erfuhr in der Zeit von dem Unfall meiner Eltern und musste noch länger da bleiben, weil keine Verwandten ausfindig gemacht werden konnten. Nachdem David verstanden hatte, was passiert war, wich er mir nicht mehr von der Seite. Er schlief sogar bei mir im Bett.“

Deswegen war David also so anders wenn Josh in der Nähe war. Sascha nahm einen tiefen Zug und lehnte sich an den Stuhl. Joshua hingegen fragte sich gerade, warum er nie in ein Heim gekommen war. Stille senkte sich über den Raum.

„So interessant ich das finde, wir sollten los und David suchen“, erwähnte Sascha nachdem er die Uhr, die in der Küche hing, einige Minuten beobachtet hatte.

Josh nickte und stand auf.

„Ich fahr mit dir.“
 


 

-

Der alte Mann antwortete nicht. Statt dessen tat es eine Stimme, die von etwas weiter hinten im Raum kam.

„Setzt euch, ich bin sofort da.“ David war erstaunt. Er dachte es sei niemand anderes hier gewesen, aber jetzt, als er wusste, dass jemand dort hinten stand, oder saß, schaute er gebannt dort hin. Jedoch war nichts zu erkennen, keine Bewegung oder ähnliches.

Es war nur zu hören wie etwas zugeklappt und dann weggeschlossen wurde. Davids Neugierde wurde groß, so wie immer, wenn etwas geschah, das er nicht verfolgen konnte.

Finn grinste als er David ansah und setzte sich an den Tisch um zu warten. Der Blonde allerdings blieb stehen.

Endlich kam jemand aus dem Dunkel auf sie zu. Ein Mann, vielleicht 25 Jahre, vielleicht etwas älter, aber sicher nicht viel. Er war außergewöhnlich blass und einen kurzen Moment lang musste David an Josh denken, nur das dieser Mann nicht grau war und extrem kurze blonde Haare hatte.

„Setz dich David“, sagte Dorian und zog sich selber einen Stuhl vom Tisch weg, um sich zu setzen. Aber David blieb stehen. Er hatte nicht mal gehört, das ihm was gesagt wurde.

Das hatte er manchmal. Alles Gesprochene verschwand, noch ehe sein Gehirn darauf reagieren konnte. Nachdem ihn Finn und Dorian eine Weile angesehen hatten und David sich bewusst wurde wie unangenehm ihm das war, setzte er sich hin. Denn offenbar war es das, was die Männer dort wollten. Nun saß er wieder rechts neben Finn und beide schauten zu Dorian. „Weswegen bin ich hier?“, fragte der Kleinste am Tisch. Er musste es einfach erfahren, denn alleine verstand er nicht was das bezwecken sollte.

„Das werde ich dir gleich erzählen!“, war die einfache Antwort des Älteren, dessen Blick nun zu Finn glitt.

„Warum sind die anderen nicht hier?“, fragte Dorian. Seine Stimme klang anders als bei der Antwort die er David gegeben hatte. Ernster, strenger, eben ganz wie der Chef des Ganzen. Das Grinsen auf Finns Gesicht verschwand sofort und er schien zu überlegen.

„Sie sagten mir, sie hätten noch eine andere Aufgabe.“ Es klang wie eine Frage, obwohl es der Wahrheit entsprach. Die Drei hatten ihm das gesagt. Ob das allerdings wirklich so war wusste er nicht. Sie logen ihn oft an. Warum sie das taten, wusste er nicht. Vielleicht vertrauten sie ihm noch nicht genug. Immerhin war er noch nicht so lange in dieser Gruppe.

Dorian nickte kurz.

„Dann geh zu ihnen, vielleicht kannst du ihnen helfen.“

Finn schaute fragend auf den blassen Mann, stand dann aber auf und ging hinaus. David fiel auf, dass Finn etwas Silbernes am Arm hatte. Vielleicht ein Armband. Sicher war er sich aber nicht.

Nachdem der dunkelhaarige Junge den Raum verlassen hatte, wendete sich Dorian wieder David zu.

„Erzähl mir etwas über deinen Freund“, sagte er abwesend.

„Meinen Freund?“, fragte David noch mal nach. Zwar konnte er sich denken wer gemeint war, wollte aber eigentlich nichts sagen.

„Über Joshua.“ Noch immer klang Dorian abwesend, aber sein Gesicht sagte was anderes. „Ich wüsste aber nicht was sie meine Freunde angehen.“ David war misstrauisch, was wollte dieser Mann von Josh?

„Viel mehr als du denkst.“ Dorian stand auf, ging wieder in den hinteren Bereich des Labors und deutete David ihm zu folgen.

„Was meinst du, warum du hier bist?“, fragte er den blonden Jungen währenddessen.

„Keine Ahnung! Das versuche ich ja noch raus zu bekommen.“

Dorian öffnete einen Schrank, nahm eine Mappe heraus und fing an darin zu blättern.

„Wir wollen Joshua! Leider will er uns nicht aus freien Stücken beitreten, also brauchen wir etwas, das unserer Bitte ein klein wenig Nachdruck verleiht.“

„Und deswegen habt ihr mich entführt?“

„Mehr oder weniger“, erklärte Dorian wobei er nickte und noch immer blätterte.

David dachte nach und versuchte unbemerkt einen Blick auf die Papiere zu bekommen, aber Dorian hielt sie so, dass er einfach nichts sehen konnte.

„Er wird schon seine Gründe haben weswegen er nicht mitmachen will. Da wird das hier wohl eher noch dafür sorgen, dass er noch weniger daran interessiert ist.“

„Du bist ja nicht das einzige Mittelchen, das wir einsetzen!“

David wunderte sich über den Begriff 'Mittelchen', außerdem gefiel es ihm nicht so bezeichnet zu werden.

„Was?“

„Ich habe keine Lust das öfter zu erklären, also wirst du darauf warten müssen bis er hier ist.“

„Was, wenn er nicht kommt?“

„Er wird kommen, da bin ich mir sicher.“

Dorian reichte David eines der Blätter, dass er aus der Mappe genommen hatte.

Es sah aus wie ein Zeitungsbericht. David nahm ihn und las.

„Dieser Name sagt mir gar nichts“, sagte er als er fertig war mit lesen und Dorian das Blatt zurück gab.

„Dir nicht, aber Joshua.“

In der Höhle des Löwen I

Sascha fuhr, während Josh versuchte jemanden mit dem Mobiltelefon zu erreichen.

Aber ehe jemand dran ging, bremste Sascha so stark ab, dass seinem Freund das Telefon beinahe aus der Hand fiel.

„Was soll der Mist?“, fuhr er den Braunhaarigen an, aber dann folgte er Saschas Blick vor das Auto.

Da stand ein Mädchen auf einem Waldweg, mitten in der Nacht. Die Kleine kam um das Auto herum und klopfte an die Scheibe.

„Könnt ihr mich mitnehmen?“, fragte sie schon, ehe Sascha das Fenster komplett runtergekurbelt hatte.

Der Braunhaarige schaute zu Josh und hoffte, dass dieser etwas zu sagen hatte, aber von ihm kam nur ein Schulterzucken.

„Ähm, ja klar. Steig' ein“, entschied er eher widerwillig. Aber die Kurze da mitten im Wald stehen zu lassen, schien ihm nicht richtig zu sein.

Während die Kleine einstieg, lehnte sich Sascha zu Josh,

„Was macht denn ein Mädchen hier, um die Zeit?“

„Woher soll ich das wissen? Frag sie doch.“ War dessen unfreundliche Antwort, da er noch immer niemanden erreicht hatte.

„Wieso gibt es hier eigentlich dauernd keinen Empfang?“, murrte er dann, ehe er sich jetzt doch dem Mädchen widmete.

„Wohin willst du denn?“, fragte er freundlich.

„In die Stadt... ich hab genug von diesem Wald!“

Josh drehte sich wieder nach vorne. Diese Stimme, kannte er sie nicht?

„Und wo sollen wir dich absetzen?“, fragte nun Sascha, der inzwischen wieder losgefahren war und sich fragte, was dieses Stückchen Wald gegen ihn hatte, dass er hier dauernd anhalten musste.

„Bis wohin fahrt ihr?“, fragte sie zurück

„Zur alten Klinik“, informierte Josh sie abwesend.

„Sag mal, wie alt bist du und was machst du um die Uhrzeit alleine im Wald?“, fragte Sascha sie ernst. Er konnte sich nicht vorstellen, was sie hier zu suchen hatte.

„Ähm... Ich bin von meiner Gruppe getrennt worden. Wir waren zelten!“

„Zelten? Im Herbst?“ Das war wenig glaubwürdig.

„Ja, wir haben da so einen merkwürdigen Lehrer, der steht auf so was.“

Sascha schielte zu Josh und dieser nickte nur.

„Ja, sehr merkwürdig.“ Nur war nicht ganz klar, ob er den Lehrer meinte oder das Mädchen.

„Ich weiß noch immer nicht, wo wir dich absetzen sollen!“, erwähnte Sascha und schaute durch den Rückspiegel nach hinten.

„Nehmt mich einfach bis zum Krankenhaus mit. Von da fährt bestimmt ein Bus. Den kann ich dann nehmen.“

Der Braunhaarige zuckte mit den Schultern, suchte seine Taschen nach einer Zigarette ab und zündete sich diese an. Bei einem weiteren Blick nach hinten sah er, wie das Mädchen sich hingelegt und die Augen geschlossen hatte.

Es war ein recht langer Weg bis zum Krankenhaus.
 


 

-

David war in einen anderen Raum gebracht worden und saß jetzt alleine an die Wand gelehnt auf dem Boden. Sein Kinn hatte er auf die Knie gelegt und nun schaute er sich in dem Zimmer um. Es gab nichts, außer einem Bett, aber auf das wollte er sich nicht setzen.

Seitdem er alleine war, wurde ihm erst einmal der Ernst der Lage bewusst.

Man hatte ihn entführt und mittlerweile eingesperrt, nur um ihn als Druckmittel einzusetzen. Aber, warum hatte Dorian mit ihm geredet?

Wozu wurde ihm gesagt, dass er nur ein Köder war und was würde passieren, wenn Josh nicht darauf eingehen würde?

Bei dem Gedanken daran fing David an zu zittern. Vielleicht würde er hier nicht mehr lebend rauskommen.

Der Blonde schloss die Augen und zog die Beine näher zu sich heran. Irgendwie musste er sich beruhigen.

Er hätte weglaufen sollen, als er es noch gekonnt hatte. Jetzt war es zu spät.

In Gedanken ging er alles noch mal durch:

Wie er in dem Van aufgewacht war, Finn ihn zu Dorian gebracht hatte, das Gespräch, das er mit ihm geführt hatte und wie er schließlich hier hin verfrachtet worden war.

Bei dem Gedanken an das Geräusch des Schlüssels im Schloss, hörte er eben dieses noch mal.

Erstaunt schaute David hoch und sah wie Finn zu ihm kam und sich neben ihn setzte.

„Hey, ich sollte dir was zu Essen bringen, aber ich wusste nicht, was du magst, also wollte ich erst fragen.“

„Ich hab keinen Hunger“, antwortete der Kleinere leise.

„Bist du dir sicher? Es könnte eine lange Nacht werden.“

„Wieso erzählst du mir das? Wieso erzählt ihr mir überhaupt soviel? Das heißt doch nur, dass ich hier nicht mehr lebend raus komme.“

Finn schwieg. Er wusste was passieren würde.

„Sag es schon! Ihr wollt mich umbringen, oder?“ David hatte seine Stirn an die Knie gelehnt. Er wollte weder Finn noch sonst etwas sehen.

„Wir wollen nicht. Aber ich könnte dir jetzt vieles erzählen, nur eben nichts mit Sicherheit und deswegen lasse ich es besser.“

Der Blonde seufzte und drehte seinen Kopf Richtung Finn.

„Wie aufbauend...“

„David, ich bin nicht hier, um dich zu fragen, was du essen willst. Das war nur eine Ausrede für die anderen.“

Finn reichte David seine Hand und wieder sah dieser das Silberne an Finns Arm. Es war wirklich ein Armband. Der blonde Junge machte keine Anstalten sich zu bewegen.

„Ich bin hier, um dich raus zu holen. Deine Freunde werden wohl bald da sein und dann könnt ihr hier so schnell wie möglich weg.“

David blinzelte misstrauisch.

„Das soll ich dir glauben?“

„Musst du wohl oder übel. Es sei denn, du willst hier bleiben und abwarten, was passiert.“

„Auf keinen Fall! Ich kann es mir vorstellen, das reicht.“

„Siehst du, also komm mit.“

Finn stand auf. Wenn David jetzt nicht mitkommen würde, müsste er hier bleiben. Noch länger konnte der Dunkelhaarige nicht bleiben.

David stand auf und folgte Finn, auch wenn er sich nicht sicher war, ob er ihm trauen konnte.
 


 

-

Sie hielten direkt vor dem Eingang.

Das Krankenhaus war vor zwei Jahren in ein neues Gebäude verlegt worden. Eigentlich hätte dieses hier vor einigen Monaten abgerissen werden sollen, aber irgendwas war dazwischen gekommen.

Josh stieg aus und schaute sich das große, unfreundlich aussehende Gebäude an.

Wie sehr er es doch hasste.

Es gab nichts, was jemals ein vergleichbares Gefühl bei ihm ausgelöst hatte. Dennoch würde er nun wieder dort hinein müssen.

Aber was, wenn er sich irrte und David überhaupt nicht hier war?

Sascha stellte sich neben ihn und zündete sich eine weitere Zigarette an.

„Ich glaub', es fährt kein Bus mehr um diese Zeit“, sagte er, nachdem er einen tiefen Zug genommen hatte. Er hatte das Mädchen, das ihnen noch immer nicht ihren Namen gesagt hatte, obwohl sie während der Fahrt mehrere Male gefragt hatten, zu der Bushaltestelle gebracht und einfach dort stehen lassen als sie sich nach den Abfahrtszeiten erkundigte.

Kaum hatte er das gesagt, stand sie ebenfalls neben Josh.

Dieser fragte sich schon die ganze Zeit, wieso sich ein Mädchen einfach mitten in der Nacht bei zwei völlig Fremden in das Auto setzte und sich dann noch nicht einmal nach Hause bringen ließ.

Sie war schon ein merkwürdiges kleines Kind.

Zudem kam ihm ihre Stimme so bekannt vor, aber er konnte sich einfach nicht erinnern, woher er sie kannte.

„Was wollt ihr eigentlich hier?“, fragte die Kleine mit den schwarzen Locken neugierig und schaute auf den grauen, jungen Mann.

„Ich glaube kaum, dass das etwas für dich ist. Musst du nicht irgendwann mal nach Hause?“,

„Aber warum denn? Die glauben doch, ich bin im Zeltlager.“

Sie grinste Sascha an, der sie das gefragt hatte, aber dieser war nicht gerade sehr froh über diese Antwort.

„Aber du solltest wirklich zusehen, dass du nach Hause kommst“, sagte Josh nun ruhig,

„Wir haben hier etwas zu erledigen und können keine kleinen Mädchen dabei gebrauchen.“ Sascha hatte sich wieder zu Wort gemeldet.

Die Kleine grummelte.

„Vielleicht kann ich etwas, das euch hilft?!“ sofort war wieder ein Grinsen auf ihrem Gesicht zu erkennen.

„Ach und was soll das sein?“, fragte Sascha.

„Du weißt, dass du dich da grade mit einer Zehnjährigen anlegst, ja?“

Josh hatte seinen Blick noch nicht einmal von dem Gebäude gelöst, grinste aber jetzt etwas.

„Ich leg mich doch nicht mir ihr an“, meinte der Braunhaarige empört. Daraufhin zog er ein letztes Mal an der Zigarette und schmiss den Rest auf den Boden.

„Was stehen wir eigentlich noch hier?“, fragte die Kleine und tapste auf das Gebäude zu.

Die beiden Älteren schauten sich fragend an, gingen dann aber auch los.

„Wir sollten sie irgendwie davon abhalten!“, flüsterte Sascha leise und bekam ein Nicken als Antwort.

„Wir gehen da rein!“, flüsterte Josh nach kurzem Überlegen und zeigte auf einen Seiteneingang. Die beiden drehten ab und ließen die Kleine alleine weiter gehen. Mit dem Gedanken, dass, wenn sie alleine im Wald unterwegs gewesen war, das hier auch nicht schlimmer oder gefährlicher sein konnte.
 


 

-

Die Tür hatte ein neues Schloss, es musste also noch regelmäßig benutzt werden.

„Wie wollen wir denn da jetzt rein kommen?“, fragte Sascha während er sich an der Stirn kratzte.

„Keine Ahnung, mal sehen“, meinte der Schwarzhaarige und machte sich an dem Schloss zu schaffen.

Der Braunhaarige wollte sich gerade eine weitere Zigarette anzünden, als Josh die Tür öffnete.

„Taraa!“, flüsterte er und grinste seinen Freund an.

„Ich hab überhaupt nichts gehört. Wie hast du das gemacht?“

Sascha hatte die Zigarette noch immer im Mundwinkel, war aber noch nicht dazu gekommen sie anzuzünden.

„Untersteh dich, die anzumachen!“

Josh funkelte zu seinem Freund und sagte nichts weiter zu dessen Frage.

„Wieso?“, wollte dieser wissen, steckte die Zigarette aber schon wieder in ihre Packung.

„Na, vielleicht weil der Geruch so unheimlich unauffällig ist?“
 


 

-

Sie gingen durch die dunklen Gänge und wussten nicht genau, wohin sie sollten.

„Sag mal, wohin würdest du eine Geisel bringen?“, fragte Josh als sie an einem Treppenhaus angekommen waren.

„Keine Ahnung. Woher soll ich das wissen?“

„Danke, bist eine sehr große Hilfe.“

Sascha schaute seinen Freund beleidigt an.

„Jetzt tu nicht so und komm...“

Sie gingen die Treppenstufen hinunter und lauschten immer wieder, ob sie jemanden hörten.

Aber alles war ruhig, als sei keiner da. Was ja in einem leerstehenden Gebäude auch keine Überraschung war.

„Hey, ich höre da was“, sagte Josh nach einiger Zeit, als sie in einem Gang waren in dem nur das schwache Leuchten der Notausgangs-Schilder für Licht sorgte.

„Ich hör nichts!“ Sascha ging nah an der Wand entlang, um immer, wenn es so dunkel wurde, dass er nichts mehr sehen konnte, einen Anhaltspunkt zu haben.

Josh war stehen geblieben und lauschte in die Dunkelheit.

„Da ist jemand!“, flüsterte er leise in Saschas Richtung.

Sascha sagte nichts dazu. Er konnte nichts dergleichen hören.

„Wart mal hier! Ich schau woher das kommt.“

Josh ging an Sascha vorbei und in einen weiteren Gang, der, durch eine Tür getrennt, von der Mitte des Ganges, in dem sie sich befanden, abging.
 


 

-

Nach zehn Minuten war von Josh noch immer nichts zu sehen. Also entschloss sich Sascha, der sich inzwischen auf den Boden gesetzt und immer wieder ermahnt hatte, keine Zigarette zu rauchen, auf den Weg in die Richtung zu gehen, in die Josh verschwunden war.

Der Teil des Weges hinter der Tür wurde noch von dem Schild erhellt. Aber je weiter er den Gang hinunter ging um so dunkler wurde es, bis er schließlich nichts mehr sehen konnte.

„Verdammter Mist!“, fluchte er vor sich hin und stolperte in genau diesem Moment über etwas, das mitten auf dem Gang lag. Doch er konnte sich noch rechtzeitig abstützen, was ihm nicht davor bewahrte mit dem Kopf gegen etwas Hartes zu schlagen, das sich nach näherer Betastung als ein Blumenkübel herausstellte.

„Scheiße, gibt es denn hier kein Licht?“, fragte er in die Leere, als er sich hingesetzt hatte und an seine Stirn fasste. Ein leises Zischen entfuhr ihm als er die kleine Platzwunde berührte. Aber es war zum Glück nichts Schlimmes. Hatte auch schon fast wieder aufgehört zu bluten, oder fühlte sich zumindest so an.

Er wischte sich mit dem Ärmel das bereits geflossene Blut ab, denn es war dabei ihm ins Auge zu laufen und auch wenn er nichts sehen konnte, gefiel ihm das überhaupt nicht. Nachdem er sich vorgetastet hatte, fand er das, worüber er gestolpert war und versuchte herauszufinden, was es war.

Zuerst fand er einen Arm, Sascha erschrak. Damit, das es ein Mensch war, hatte er nicht gerechnet. Langsam tastete er sich an dem Arm hoch bis zu Schulter. Insgeheim hoffte er, dass es sich nicht um Josh handelte.

Als er bei dem Kopf angelangt war, strich er über das Haar. Es war zu kurz. Trotzdem wollte er sicher gehen, nur für den Fall.

„David? Josh?“, fragte er, aber er bekam keine Antwort.

Könnte es wirklich einer der Beiden sein?

Um das raus zu bekommen, brauchte er Licht.

Er kramte in seiner Tasche. Für ein klein wenig Licht konnte er doch sorgen. Sascha fragte sich, warum ihm das nicht schon eher eingefallen war. Er zog sein Handy aus der Tasche und klappte es auf. Ein schwaches Licht fiel auf das Gesicht des Mannes vor ihm. Es war definitiv ein Mann, somit war es mit Sicherheit nicht David.

Sascha seufzte erleichtert.

Der Mann hatte helle Haare und jetzt wo er über dessen Körper mit dem Licht des Handy schien, fiel ihm auf, dass er zu groß war. Hätte er das nur vorher bemerkt.

Er klappte das Handy wieder zu. Sein Blick war weiter auf die Stelle gerichtet, wo gerade noch das Gesicht zu sehen gewesen war.

Jetzt erst kam Sascha der Gedanke nach einem Puls zu fühlen. Wieder tastete er an dem Hals des Mannes entlang, um die richtige Stelle zu finden. Als er meinte sie gefunden zu haben, hielt er inne und versuchte etwas zu spüren.

Der Puls des Mannes war schwach, aber wenigstens lebte er noch.

„Hey!“, sagte er und schlug leicht auf die Wange des Unbekannten. Dieser rührte sich jedoch nicht.

„Wach auf... Los!“ Noch immer kam nichts.

Der Braunhaarige wollte sich gerade wieder auf den Weg machen, als der Mann doch noch aufwachte. Sofort hielt dieser Saschas Arm fest.

In der Höhle des Löwen II

Josh war mittlerweile weiter gegangen.

Es hatte einen Streit gegeben. Zwischen wem konnte er nicht sagen, aber er hatte Davids Stimme gehört.

Jetzt folgte er schon seit längerem den Schritten, die in den leeren Gängen nachhallten. In einem weiteren Treppenhaus angekommen, horchte er ob er nach unten oder nach oben musste. Leider war das schon nicht mehr zu hören. Nur das Zufallen einer Tür weiter unten war ein Anhaltspunkt. Sicher, dass es die waren, die er verfolgte, war er jedoch nicht. Trotzdem lief er, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppen hinunter.

Als ihm auffiel, dass er nicht wusste auf welcher Etage er die Tür gehört hatte, wurde er langsamer und schaute durch die kleinen Glasscheiben in die dahinter liegenden Gänge.

In keinem war etwas Auffälliges.

Was sollte er jetzt tun?

Er entschloss sich in den nächsten Gang zu gehen, egal was er dort sah. Aber genau wie er erwartet hatte, war auch hier alles dunkel.

Langsam konnte er nichts mehr erkennen und das, obwohl er eigentlich sehr gut im Dunkeln sehen konnte.

Er seufzte und lehnte sich an die Wand um etwas zu lauschen. Zuerst nahm er es nicht wahr, aber es waren Stimmen in dem Gang zu hören. Erst als eine ihm bekannte Stimme schrie, fiel es ihm auf.

„David“, flüsterte er und suchte die genaue Richtung.
 


 

-

Sascha starrte auf die Hand, die ihn festhielt. Zumindest würde er es, wenn er etwas hätte sehen können. Der Mann, der eben noch bewusstlos auf dem Boden gelegen hatte, hielt ihn nun krampfhaft fest und richtete sich auf.

„Lass mich los!“

Sascha klang beinahe panisch und versuchte seinen Arm zu befreien, aber der Griff seines Gegenübers war zu fest. Dabei war er eben noch bewusstlos gewesen.

Woher nahm der Kerl diese Kraft?

„Wer bist du?“, fragte der Unbekannte misstrauisch und mit rauer Stimme.

„Ich... ähm...“

Was sollte er darauf nur antworten?

„Das ist doch egal!“, sagte Sascha dann. Er fasste sich langsam wieder. Nur war er sich nicht sicher, ob es gut wäre diesem Kerl überhaupt etwas zu sagen.

„Ist es nicht, also sag es!“

„Warum sollte ich das?“

Der Griff um sein Handgelenk wurde stärker. Sascha erschrak und konnte eben noch verhindern, dass er den Schmerz zeigte, der sich gerade seinen Arm hochzog.

„Ich bin hier nicht aus Spaß, also sag es!“

Der Fremde stellte sich auf die Beine und zog Sascha mit sich hoch.

„Ist ja gut... Aber ich wüsste nicht, was es dir bringen sollte.“

„Du bist ein Freund von dem Jungen, nicht wahr? Diesem David, oder wie der heißt.“

Sascha versuchte sich nicht mehr aus dem Griff zu lösen. Ein kurzes Zusammenzucken, als der Name seines Freundes genannt wurde, konnte er jedoch nicht verhindern.

Josh hatte recht gehabt.

„Hmm, du kommst mit“, sagte der Fremde nun und zog Sascha hinter sich her.
 


 

-

Josh musste nicht lange suchen, um den richtigen Raum zu finden.

Es gab nur eine Tür unter der Licht in den Gang fiel.

Langsam öffnete er sie und versuchte zu erkennen, was drinnen vor sich ging. Er erkannte, dass sich nur ein Mann in dem Zimmer befand - zusammen mit David.

Ein Grinsen zierte das Gesicht des Grauen.

Nur ein Gegner. Das würde ein kurzer Kampf werden.

Bevor er den Raum betrat, lauschte er noch einmal. Auf Überraschungsgäste hatte er keine Lust.

Der Typ, der bei David war, stand mit dem Rücken zur Tür und sagte irgendetwas zu dem Jungen, der auf dem Boden lag.

David hatte eine aufgeschlagene Lippe, mehr konnte Josh von hier aus nicht erkennen. Der Blonde hatte seinen Freund noch nicht gesehen und schaute wütend zu dem Fremden hoch. Ein seltenes Bild, David so verärgert zu sehen.

Dann ging alles sehr schnell.

Josh stürmte in den Raum. Der Mann drehte sich um, um zu sehen, wer da rein gekommen war. Sofort bekam er eine Faust in den Magen. Während er sich krümmte, nahm Josh die Arme des Kerls und hielt sie fest.

„David, raus hier!“

Das ließ sich der Junge nicht zweimal sagen. Aufgesprungen war er schon, und nun rannte er hinaus. Ohne lange zu überlegen, drehte sich der Schwarzhaarige um die eigene Achse. Dabei zog Josh den Kerl mit sich und löste den Griff mit dem er den Fremden hielt so, dass dieser mit dem Kopf gegen die Wand schlug. Langsam sank der junge Mann zu Boden und Josh verschwand ebenfalls durch die Tür.

Sie liefen die Treppen rauf. Sie mussten schnell raus. Darum hielten erst wieder in dem Gang, in dem Sascha sein sollte.

David schaute zu Josh.

„Warum hast du uns nichts davon erzählt?“

„Wovon?“, wollte der Graue wissen. Aber eigentlich fragte er sich, wo Sascha abgeblieben war. Er suchte den Gang ab, fand aber keine Spur von seinem Freund.

„Von dem, was du in den letzten drei Jahren gemacht hast.“

„David, nicht jetzt, OK? Wir müssen Sascha finden und dann hier weg. Oder warst du gerne bei denen und willst noch eine Weile bleiben?“

Daraufhin sagte der Blonde nichts mehr.
 


 

-

Sascha stand neben dem Mann, der ihn noch immer mit festem Griff am Arm hielt. Sie fuhren mit einem Aufzug. Der Braunhaarige starrte, abgelenkt über die gespiegelten Wände, mit wütendem Blick auf den Mann.

Sie waren etwa gleich groß, aber der Kerl war breiter und sah so aus als würde er trainieren, was Sascha schon seit Jahren nicht mehr machte.

Wieviel Chancen er in einem Zweikampf haben würde?

Jetzt hatte er Licht, anders wie auf dem Weg hier her. Andererseits wusste er nicht, was mit David und Josh war. Vielleicht wäre es besser erst einmal ruhig zu bleiben und zu schauen, was er herausfinden konnte.

Saschas Blick wanderte auf die Stockwerkanzeige. Sie waren schon auf der 15. Etage. Viel mehr gab es auch nicht.

Wieder musterte er den Mann. Seine Haare waren so kurz, dass man meinen könnte, er hätte eine Glatze und sein Blick war hart. Wie alt er war, konnte Sascha nur schwer schätzen, aber soviel älter würde er wohl auch nicht sein.

Der Aufzug wurde langsamer und hielt dann vollständig an.

Kaum das sich die Türen geöffnet hatten, wurde der Braunhaarige aus dem Fahrstuhl gezerrt und über den Gang gezogen.

Der Glatzkopf hatte eine enorme Geschwindigkeit drauf. Im Dunkeln war er nicht so schnell gewesen, also hatte er auch nicht viel sehen können. Irgendwie beruhigte diese Erkenntnis Sascha. Gerade als er sich daran gewöhnt hatte gezogen zu werden, stoppte der Fremde vor einer Tür und klopfte an.

Niemand sagte etwas, dennoch öffnete der Glatzkopf die Tür und schob seinen unfreiwilligen Begleiter zuerst hinein.

Der Raum sah aus wie ein Wohnzimmer, doch konnte es durch die Art und Farbe der Wände seinen Krankenhaus-Ursprung nicht leugnen. Die Möbel waren alt, passten nicht zueinander und waren zum Teil nicht einmal mehr benutzbar.

Auf einem der Sofas saß ein junger Mann, der nun aufblickte und fragend zu den beiden schaute.

„Pass mal auf den hier auf! Ich muss telefonieren.“

„Geht klar.“

Sascha landete unsanft auf dem Sofa neben dem, ihm ebenfalls unbekannten, Kerl.

„Toll, noch so einer“, flüsterte er zu sich. Doch der Kerl hatte ihn gehört, verpasste ihm eine und grinste fies.

„Halt die Klappe! Ich hab zu tun.“ Damit widmete er sich wieder dem Block, den er in der Hand hielt und schrieb weiter.

Die Stimme des Kerls neben ihm passte so überhaupt nicht zum Aussehen. Er sah jung aus, zu jung als das Sascha glauben konnte, dass er zu den Entführern gehören sollte, aber seine Stimme war dunkel und klang viel zu erwachsen.

„Gehörst du zu denen?“, fragte er deswegen.

„Bist du taub? Halt die Klappe!“, bekam er nur als Antwort und dazu noch einen Schlag mit dem Ellenbogen.

„Pass auf, du kleiner Pisser!“

Sascha drehte sich um und wollte sich für den Schlag rächen, aber der andere hielt ihn an der Schulter fest, während 'der kleine Pisser' sich nicht angesprochen fühlte.

Der Braunhaarige schaute zu dem telefonierenden Mann hoch, der ihm bedeutete, ruhig zu bleiben. Nur weil er hoffte etwas zu erfahren, blieb er das auch.

„Dorian? - Ich hab hier noch einen. - Wo ist Finn? - Gut, das erledige ich auf dem Weg zu euch. - Habt ihr den Jungen schon wieder? - Ja, dann bringe ich den hier auch mit.“

Sascha hatte nicht hören können, was am anderen Ende der Leitung gesagt worden war.

„Kommst du mit, Markus? Der Chef will uns sowieso gleich alle sehen.“

Also hieß der mit der dunklen Stimme Markus. Sascha schaute ihn sich noch mal genauer an. Nicht richtig blond, aber auch nicht wirklich braune Haare. Eigentlich sah er aus wie ein ganz gewöhnlicher Junge, der gerade erst die Schule verlassen hatte.

Warum hatten sie David entführt?

„Klar, ich mach' das nur eben fertig.“ Mehr sagte Markus nicht und kritzelte weiter auf dem Block rum.

Ehe Sascha einen klaren Gedanken fassen konnte, hatte ihn der Glatzkopf am Kragen gepackt und zog ihn zur Tür.

„Ich sag es nur sehr ungerne, aber ich kann auch selber laufen. Du musst mich nicht immer ziehen!“, beschwerte sich der Braunhaarige.

Er war sich noch immer nicht sicher, ob er bei einem Zweikampf Chancen hatte, aber würde dem nicht aus dem Weg gehen, wenn nötig.

„Sei ruhig! Dich brauchen wir nicht, also sei froh, dass du noch lebst.“ Markus mischte sich ein. Er hatte den Block auf das Sofa gelegt und kam nun auf die Beiden zu.

„Und wenn es nach mir ginge, wären deine dummen kleinen Freunde auch nicht mehr hier.“

„Markus, halt dich zurück. Denk dran, was der Chef gesagt hat.“

„Was Dorian sagt, ist mir egal. Der ist doch genauso verpeilt wie der andere Spinner.“

Der Andere?

Sascha konnte den Beiden nicht folgen, schaute dementsprechend fragend zwischen ihnen hin und her.

„Markus, pass auf was du sagst!“, herrschte der Glatzkopf den Jungen an. Dann schob er Sascha aus dem Raum und Markus kam hinter ihnen her - schweigend.

„Ich kann noch immer alleine gehen!“, zischte der Braunhaarige, aber das wurde von den anderen ignoriert. Sie gingen wieder zu einem Aufzug. Dieses Mal am anderen Ende des Ganges.

Sie standen im Fahrstuhl und fuhren hinunter, aber nur wenige Stockwerke.
 


 

-

Dorian saß an seinem Schreibtisch. Das Zimmer gehörte früher einem Oberarzt.

Es war gemütlich eingerichtet, mit Ledersesseln und einem Sofa.

Er fühlte sich wohl hier, obwohl alles schon einen abgenutzten Eindruck machte.

Er schaute jetzt schon seit einiger Zeit auf die Zettel, die vor ihm lagen.

Eigentlich bewahrte er sie im Labor auf, aber da unten hatte er es nicht mehr ausgehalten. Nachdem er David einiges über ihren Plan erzählt hatte, wusste er nicht mehr, ob es richtig war. Vielleicht würde der Junge nicht so handeln wie er hoffte und somit den ganzen Plan ruinieren.

Er las ein weiteres Mal, was auf dem Blatt stand, das direkt vor ihm lag.
 

Objekt: 2.03-7
 

Datum der heterologen Insemination: 02.07.1986

Name der Patientin: Emmily Stuarts

Blutgruppe / Rhesus: B positiv

Verwendeter Genotyp: 1.39

Bemerkung: Alles wie geplant.
 

Datum weitere Untersuchung: 06.10.1986

Bemerkung: Zellwachstum normal, keine Anzeichen von Komplikationen.
 

Sonstige Bemerkungen:

Nachdem die heterologe Insemination erfolgreich war, wurde die Patientin für die reguläre Pränataldiagnostik an einen außenstehenden Arzt verwiesen. Sie bleibt allerdings weiterhin unter unserer Beobachtung.
 

Datum der Niederkunft: 12.03.1987

Name des Kindes: Joshua Stuarts

Blutgruppe: AB positiv
 

Sonstige Bemerkungen:

Negative Auswirkungen auf den Phänotyp. Änderung der Vorgehensweise wurde vorgeschlagen. Untersuchungen zeigen, dass sich die vorgenommenen Änderungen entwickeln.
 

Dorian legte das Blatt zur Seite, betrachtete einige Fotos und dachte kurz nach.

Joshua war hier, das war ein gutes Zeichen.

Denn obwohl er wusste, um wen es sich bei den Entführern handelte, konnte er nicht anders, als seinem Freund zur Hilfe zu kommen. Jetzt musste man ihn nur noch überzeugen, dass er einfach zu ihnen gehörte. So sehr er sich dagegen auch sträuben wollte.

Das Klingeln des Telefons riss ihn aus seinen Gedanken. Er ließ es klingeln, aber als es nicht aufhören wollte, entschied er sich ran zu gehen.

„Ich sagte keine Störungen! – Natürlich, wer sonst sollte in meinem Büro ans Telefon gehen? Was gibt es? – Noch einen? Wahrscheinlich Sascha. Vielleicht können wir ihn auch noch gebrauchen, halt ihn fest. – Er wurde ruhig gestellt und nach unten gebracht, was weiter mit ihm geschieht klären wir später. Ich gehe gleich runter. Am besten kommst du auch. Bring den Jungen mit und vergiss nicht die Akten aus dem Labor ebenfalls mitzubringen! – David, ja. Er ist ebenfalls unten. Sag den anderen Bescheid. Wir haben was zu erledigen.“

Dorian legte den Hörer neben das Telefon, noch einmal wollte er nicht gestört werden. Er streckte sich und rieb sich müde die Augen, ehe er alles zusammen räumte.

Erkenntnisse I

„Warum glaubst du, dass wir nach unten müssen?“

David ging zusammen mit Josh die Treppen hinunter. Beim ersten Mal als Josh nach unten gegangen war, hatten die Lampen noch Licht abgegeben, inzwischen musste jemand sie ausgeschaltet haben. Nur durch die Notbeleuchtung gab es etwas zu sehen. Er hatte sich zwar gewundert, aber eigentlich fand er es sogar sehr passend.

Alle Fragen, die David seit dem Gespräch mit Dorian hatte, wollte sein grauhäutiger Freund nicht beantworten. Dennoch hatte er nicht aufgeben wollen und versuchte nun anders an seine Antworten zu kommen.

„Weil du auch unten warst“, antwortete Josh kurz.

„Woher wusstest du, dass ich unten bin?“

„Das wusste ich nicht, das war Zufall.“

Das grub ihm nun irgendwie den Boden weg. Wenn es Zufall war, konnte er schlecht weiter danach fragen.

„Sicher?“

„Ja, David... Sei bitte endlich mal leise. Ich versuche was zu hören!“

„Was denn?“, flüsterte der Blonde leise und grinste breit. Josh blieb stehen, schloss die Augen und massierte sich die linke Schläfe.

„David, glaubst du nicht, du übertreibst es etwas? Du weißt genau, was wir machen wollen und das wir vielleicht nicht viel Zeit haben und trotzdem bombardierst du mich mit deinen Fragen. Sei endlich ruhig! Ich erkläre alles, wirklich. Aber bitte sei ruhig – wenigstens bis wir Sascha gefunden haben.“

„Ja, ich weiß. Ich dachte nur, dass du viel zu ernst bist“, sagte David nun niedergeschlagen.

„Die Lage ist ja auch ernst.“ Josh hob den Kopf und schaute auf seinen Freund.

David nickte und sagte nichts mehr, während sie nun weiter die Treppen hinab gingen und vor einer der Türen stehen blieben.

„U1, hier waren wir grade.“

Josh lauschte, konnte aber nur ein leises Surren hören.

„Was ist das?“, wollte er wissen. Aber David schüttelte nur den Kopf.

„Ich höre nichts.“

Joshua öffnete die Tür und schaute den Gang runter. Alles war ruhig, aber das Surren wurde lauter.

'Ich kenne das Geräusch. Ich weiß es, aber... was ist es?' Josh überlegte und trat in den Gang. Er musste sich nicht weiter darüber den Kopf zerbrechen. Denn kaum das hinter ihm und David die Tür zugefallen war, hörte man ein 'PING' und sofort fiel es ihm ein.

„Der Aufzug!“

Josh drehte sich schnell wieder um und schob David vor sich zurück in das Treppenhaus.

Durch den Gang kamen drei Leute. Das konnte man hören.

Vorsichtig lugten die beiden durch das kleine Fenster und versuchten etwas zu sehen.

„Das ist Sascha! Und die anderen Beiden hab ich auch schon mal gesehen“, flüsterte David.

Josh sagte nichts.

Nachdem die drei vorbei waren, öffnete er so leise es ging die Tür und schlich hinter ihnen her, dicht gefolgt von David.
 


 

-

Sascha hatte erreicht, dass man ihn endlich nicht mehr durch die Gegend zog.

Dennoch hielt ihn der Glatzkopf fest am Arm. Der Kleinere ging mürrisch neben ihnen. Er war auch nur langsam in Bewegung gekommen, als die Fahrstuhltüren sich geöffnet hatten. Markus trug einen Aktenordner. Diesen hatte Stephen, so hieß der Glatzkopf eigentlich, aus dem Labor geholt und sollte ihn nun zu Dorian bringen. Jetzt waren sie auf dem Weg in einen der Aufenthaltsräume, die es hier unten gab. Dort sollte David sein und Dorian würde, wenn er nicht schon da war, auch bald kommen.

Auf halbem Weg hörte Markus die Tür vom Treppenhaus hinter sich. Er schaute sich unauffällig um und konnte die Beiden, die sie nun verfolgten, kurz aus dem Augenwinkel sehen. Allerdings sah er nur, dass sie verfolgt wurden, doch nicht von wem.

„Stephen, hinter uns!“, flüsterte er. So leise das Sascha nicht verstehen konnte, was der Junge neben ihm gesagt hatte. Aber der Glatzkopf nickte und ging einen Schritt schneller.

Als sie den Raum betraten, fragten sie sich, warum es so leer war. Eigentlich müsste doch einer ihrer Leute mit dem entführten Jungen hier sein.

„Ich bleib mit dem hier. Du gehst und kümmerst dich um die Beiden da draußen! Es sei denn, du glaubst, dass du das nicht schaffst.“ Stephen klang emotionslos. Er ließ Sascha los und schaute sich um.

Wo war nur ihr Mann?

Warum hatte er nicht Bescheid gegeben, dass etwas schief gelaufen war?

„Das schaffe ich schon.“

Markus legte den Ordner auf den Tisch, der in der Mitte des Zimmers war, und verließ den Raum wieder. Jedoch ging er nicht in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
 


 

-

Josh und David waren bereits nah an der Tür, als diese geöffnet wurde und einer der Beiden, die bei Sascha gewesen waren, aus dem Raum heraus kam. Zum Glück ging er nicht in ihre Richtung, warf nicht einmal einen Blick zu ihnen. Der Schwarzhaarige überlegte was nun besser sei. Diesem Typen folgen oder erst mal nach Sascha sehen.

David hingegen schlich sich zur Tür und ging ohne jede Vorsicht hinein. Josh wollte ihn aufhalten, aber dafür war es schon zu spät. Der Andere kam wieder.

Er grinste als er Joshua erkannte und kam direkt auf ihn zu.

„Du wirst schon erwartet.“

„Ich werde aber nicht bleiben!“, sagte Josh. Er stand mit dem Rücken zur Wand neben der Tür, hinter der David verschwunden war.

„Hör dir erst mal unsere überzeugenden Argumente an!“

„Ich will nichts mit euch zu tun haben! Versteht ihr das denn nicht? Ihr habt es schon mal versucht und da hab ich es auch schon gesagt. Meine Meinung ändert sich nicht so einfach.“

„Warte doch erst einmal ab, was wir zu erzählen haben.“

Das Grinsen auf seinem Gesicht wurde nur breiter, was in dem Schwarzhaarigen die Annahme keimen ließ, dass sie sich noch mehr als die Entführung hatten einfallen lassen.

„Was noch?“, wollte er deswegen wissen.

„Komm einfach mit, dann erzählen wir es dir.“

Josh überlegte ob er sich das wirklich anhören sollte und kam dann zu dem Schluss, dass es vielleicht eine Möglichkeit war, seine Freunde da raus zu halten.

„Aber die Beiden lasst ihr gehen. Sonst bin ich sofort weg!“

„Natürlich!“, sagte Markus. Sein Grinsen hatte ein Maß erreicht, das nichts Gutes verheißen konnte.

Josh nickte und blinzelte dabei Markus an. Diese Stimme. Sie machte den Jungen schon fast unheimlich. Dann löste er sich von der Wand, öffnete die Tür und ging hinein.

Drinnen stand David neben Sascha, der auf dem Sofa saß, und ihnen gegenüber, auf der anderen Seite des Tisches, stand der Glatzkopf. Alle drei hatten sich misstrauisch angesehen, blickten aber jetzt erwartungsvoll zur Tür.

Mit allem hatte Josh gerechnet, nur nicht mit dem.

„Was wird das denn? Kaffeeklatsch?“

Ehe die drei etwas sagen konnten, war Markus im Zimmer und wendete sich an seinen Kollegen.

„Was meinst du, können wir die Beiden gehen lassen, wenn er uns verspricht zu bleiben?“

Stephen schüttelte den Kopf.

„Ich glaube, dass Dorian andere Pläne hat.“

Markus seufzte.

„Und wenn wir sagen, sie sind uns entkommen? Haben uns überwältigt?“

Stephen lachte laut auf.

„Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass er uns das abnimmt?!“

Markus schaute zu den Beiden. In seinem Blick war nicht zu erkennen, was er dachte.

„David, Sascha, geht! Wir treffen uns an der Mine.“

Josh hatte keine Lust sich weiter die Unterhaltung der Beiden anhören zu müssen. Deswegen übernahm er das Kommando. Stephen schaute ihn wütend an.

„Seit wann erteilst du hier die Befehle?“

„Seit ihr auf keinen grünen Zweig kommt!“, sagte der Schwarzhaarige ruhig und öffnete seinen Freunden die Tür. Zuerst wollten die Beiden nicht gehen, aber Josh machte ihnen schnell klar, dass sie endlich gehen sollten. Sascha drehte sich, genauso wie David, zu ihm um, nachdem sie den Raum verlassen hatten.

„Josh, was wollen die von dir?“, fragte Sascha.

„Frag David, was er inzwischen weiß. Den Rest erkläre ich, wenn ich zurück bin!“

Joshua schloss die Tür, ehe seine Freunde Protest erheben konnten.

Stephen hatte die Beiden aufhalten wollen, aber Markus hielt ihn zurück.

„Ich hab es ihm versprochen.“

„Was bist du nur für ein Idiot!“, fuhr der Glatzkopf ihn an, aber Markus juckte das nicht weiter.
 


 

-

David und Sascha schauten sich an. Sie wollten nicht ohne Josh gehen, aber es schien nicht anders möglich zu sein. So gingen sie dann den Gang entlang, um zum Treppenhaus zu gelangen.

„Was genau wollen die?“, fragte der Braunhaarige nun David.

„Ich bin mir nicht ganz sicher. Ich weiß, dass er wohl ein Experiment ist, genau wie sie. Soviel hat mir Dorian erzählt.“

„Experiment? Sie? Dorian?“ Sascha wirkte nicht so, als würde ihm das irgendwie weiter helfen.

„Ja, bei den Dreien in dem Raum, also auch bei Josh, sind Änderungen in den Genen vorgenommen worden. Eigentlich wurden sie nur zu Versuchszwecken geboren. Was das genaue Ziel war, weiß ich nicht. Das konnte oder wollte mir Dorian nicht sagen. Er ist, wie ich denke, so was wie der Anführer von denen. Der Älteste, zumindest tut er so.“

Sie waren im Treppenhaus und liefen nun die Stufen hoch. Eigentlich wäre es klüger gewesen zu lauschen, ob noch jemand dort war, aber beide waren zu sehr damit beschäftigt herauszufinden, was so interessant an Josh war.

So hörten sie die Tür weiter oben auch nicht.
 


 

-

Josh schaute gelangweilt auf die Zwei. Die ganze Zeit über stand er mit dem Rücken vor der Tür. Stephen hatte noch einige Male versucht aus dem Zimmer zu kommen, aber der Kleinere hatte ihn aufgehalten. Obwohl Markus schwächer aussah, hatte der Glatzkopf es nicht gewagt, ihn härter anzufassen. Josh grinste.

Also war er entweder stärker oder hatte mehr zu sagen.

Sie redeten kein Wort mehr miteinander und Stephen ließ sich nach den fehlgeschlagenen Versuchen auf einen Stuhl sinken, während Markus auf einer Lehne des Sofas saß, welches, kaum zu erkennen, in einer Ecke nahe der Tür stand.

Es dauerte nicht lange, bis es an der Tür klopfte.

Keiner sagte etwas.

Josh ging erst zur Seite, als ihm die Tür in den Rücken gehauen wurde. Markus und Stephen standen auf der Stelle auf, nachdem sie erkannt hatten, dass es sich um Dorian handelte.

Dieser gab den Beiden ein Zeichen, auf das sie sich wieder setzten. Dann, ohne weiter auf seine Leute zu achten, wendete er sich an Josh.

„Joshua, du hast dich also entschieden doch freiwillig zu bleiben“, sagte er erfreut.

Der Schwarzhaarige antwortete nicht und schaute schlecht gelaunt auf den größeren Mann.

Stephen fragte sich, wann Dorian auffallen würde, dass hier jemand fehlte und fühlte sich nicht gerade gut bei dem Gedanken daran, wie ihr Chef darauf reagieren würde.

„Joshua, ich habe dir erzählt, was wir wollen. Ich weiß, dass du daran interessiert bist, sonst wärst du nicht hier.“

„Nein“, erwähnte Josh ruhig. „Ich bin hier, weil mir meine Freunde was bedeuten. Mehr nicht.“

„Mehr nicht?“ Dorian sagte es gespielt enttäuscht.

„Ja, mehr nicht. Außerdem würde ich jetzt gerne wieder gehen.“

„Aber jetzt doch noch nicht.“ Der große Mann machte einige Schritte in den Raum hinein und winkte dem grauen Jungen mit ihm zu kommen.

„Komm her! Setz dich zu uns! Ich erkläre dir jetzt, wieso du nicht mehr weg gehen wirst!“
 


 

-

Als Saschas Blick das oberste Ende der Treppe streifte, stoppte er plötzlich. Mit einer Hand hielt er David fest.

„Was machst du hier drin?“, fragte er.

„Das müsstest du doch wissen! Ich will euch helfen“, antwortete eine ernst klingende Kinderstimme. David starrte auf das Mädchen, das dort auf dem Absatz stand.

„Dich hab ich doch schon mal gesehen. Du warst mit mir an der Bushaltestelle.“

Sie nickte nur und strahlte die Beiden aus nicht ersichtlichen Gründen an.

„Wohin wollt ihr? Ihr könnt doch nicht gehen, da fehlt doch noch einer!“

„Wir sollten gehen!“ Sascha nahm die letzten Stufen und stand schnell ebenfalls auf dem Absatz. David war stehen geblieben.

„Wie war das mit dem Auto? Wieso hat es angehalten?“, wollte er wissen.

„Wieso nicht? Er hat gebremst. Ich war ihm im Weg.“

„Auto?“, fragte der Braunhaarige nun und schaute wieder fragend auf David.

„Auf dem Weg zu euch, bin ich beinahe überfahren worden.“

„Wieso hast du das nicht erzählt?“

„Hab ich vergessen...“

„Ich störe nur ungerne, aber ihr solltet wieder runter gehen und euren Freund holen“, mischte sich das Mädchen ein.

„Woher willst du das wissen?“, fragte Sascha an das Mädchen gewandt.

David schaute sie an. Irgendetwas an ihr fand er komisch. Sie hatte Ähnlichkeiten mit jemandem. Die schwarzen Haare, die grünen Augen.

„Wie heißt du?“, wollte er wissen.

„Warum fragst du? Tut das irgendwas zur Sache?“, fragte sie lächelnd.

Sie ahnte etwas.

„Ja, du scheinst uns zu kennen, wir dich aber nicht. Wir sollen dir, wie es aussieht, vertrauen, aber du bist noch jünger wie wir. Was in zehn oder 15 Jahren nichts mehr ausmacht... Aber jetzt bist du ein Kind! Ein kleines Mädchen. Dir sollen wir einfach so glauben?“

David schaute ihr direkt in die Augen. Sie sah wirklich fast so aus wie er.

„Ich heiße Cassandra“, antwortete sie leise. „Lasst uns Joshua holen. Es ist wichtig.“

Ihr schien das wirklich wichtig zu sein, nur konnte David nicht sagen, weshalb.

„Weswegen ist es so wichtig?“, fragte Sascha, der auch wieder an dem Gespräch teilnehmen wollte.

„Er hat andere Pläne als Dorian. Nur wegen euch ist er hier, aber er darf nicht bleiben!“, antwortete sie wieder sehr ernst und blinzelte dabei etwas genervt zu Sascha. Erst sah sie die Beiden nochmal an, stiefelte dann aber die Treppe hinab.

„Wenn ihr nicht wollt, mache ich es eben alleine!“, sagte sie so laut, dass es im ganzen Treppenhaus nachhallte. Die beiden Jungen zuckten zusammen.

War sie so leichtsinnig?

„Wer bist du, dass du ihn holen willst?“, fragte David. Es kam ihm zu komisch vor.

Woher kannte sie Dorian und warum waren alle an Josh interessiert?

„Das spielt keine Rolle, noch nicht. Vielleicht erfahrt ihr es, irgendwann!“ Sie drehte sich zu den beiden Jungs um, die sich nun ebenfalls wieder nach unten aufgemacht hatten, und rannte dann die Stufen hinab bis zur Tür mit der Aufschrift U1.

„Jungs, egal was passiert, macht euch keine Gedanken um mich.“

Sie hatte gewartet, bis ihre Begleiter sie erreicht hatten. Nun wurde sie ungläubig angestarrt.

„Wie kommst du auf den Trichter?“, fragte Sascha.

Er verstand dieses Kind einfach nicht und er fand sie zudem sehr merkwürdig.

Sie seufzte und kramte in ihrer Hosentasche. Nachdem sie vier Blätter raus gezogen hatte, schaute sie sich diese an und reichte eines davon David.

„Nicht nur er ist wichtig für sie!“, sagte sie dabei und war hinter der Tür verschwunden, ehe Sascha reagieren konnte. David sah gebannt auf den Zettel. So einen hatte er schon gesehen, in Dorians Unterlagen.

„Das kann nicht sein“, flüsterte David nachdem er es gelesen hatte.

„Was ist?“ Sascha nahm ihm den Zettel weg und las selber, was dort stand.
 

Objekt: 2.76-1
 

Datum der heterologen Insemination: 29.08.1989

Name der Patientin: Monica Fairbank

Blutgruppe/Rhesus: A positiv

Verwendeter Genotyp: 1.39 - 06

Bemerkung: Alles wie geplant.
 

Datum weitere Untersuchung: 07.12.1989

Bemerkung: Zellwachstum normal, keine Anzeichen von Komplikationen.
 

Sonstige Bemerkungen:

Nachdem die heterologe Insemination erfolgreich war, wurden die Patientin für die reguläre Pränataldiagnostik an einen außenstehenden Arzt verwiesen. Sie bleibt allerdings weiterhin unter unserer Beobachtung.
 

Datum der Niederkunft: 17.06.1990

Name des Kindes: David Fairbank

Blutgruppe: AB positiv
 

Sonstige Bemerkungen:

Untersuchungen zeigen, dass sich die vorgenommenen Änderungen nicht entwickeln.
 

„Was heißt das?“ Dem Braunhaarigen war das alles viel zu hoch.

„Das heißt, dass ich auch einer von ihnen bin“, flüsterte David tonlos.
 


 

-

Cassandra lief durch den dunklen Gang. Vorbei an der Tür hinter der Joshua und die anderen waren. Bis ans Ende, wo sich drei Türen direkt nebeneinander befanden. Zielsicher öffnete sie eine von ihnen und ging hinein. Drinnen war nur wenig Licht, sodass sie etwas warten musste, bis ihre Augen sich daran gewöhnt hatten.

„Finn?“, fragte sie in das Dunkel, aber es kam keine Antwort. Bei dem Raum handelte es sich um ein Lager, das auch als Abstellkammer benutzt worden war. Es gab hier viele Regale, in denen noch immer Putzzeug und andere Materialien lagen.

Im Dunkeln hatte das ganze etwas von einem Labyrinth. Trotzdem fand sie sich schnell zurecht. Sie ging an den Regalen vorbei, bis in die hinterste rechte Ecke. Dort gab es noch eine Tür, die aber vom Eingang her nicht zu sehen war. Langsam öffnete sie diese Tür und schaute hinein.

Keiner da, außer dem, den sie suchte. Sie lief zu ihm, aber Finn schlief.

„Hey, wach auf! Du musst mir helfen.“

Der Junge drehte sich zur Seite und schlief weiter. Aber das Mädchen gab nicht auf. Sie kletterte auf die Pritsche und setzte sich auf den Schlafenden.

„Finn, wach auf!“ Mit lautem und befehlendem Ton sagte sie es direkt in sein Ohr. Doch der Junge murrte nur und packte das Mädchen, um sie von sich runter zu bekommen.

„Lass mich!“, murmelte er und drehte sich wieder von ihr weg.

„Was haben sie dir gegeben? So feste schläfst du doch sonst nicht!“

Sie musste sich was einfallen lassen, denn so war er keine große Hilfe.
 


 

-

David und Sascha standen wieder vor der Tür, hinter der Joshua war.

Sie konnten etwas von der Unterhaltung, die im Zimmer geführt wurde, verstehen, aber zu wenig, als das es Sinn machen würde.

Der Blonde hatte seine Hände in den Hosentaschen und fühlte in der Rechten das zerknüllte Stück Papier. Seine Gedanken waren noch immer bei dem Gelesenen.

Er war wie Josh.

Deswegen war er hier gewesen, nicht weil er irgendeine Krankheit hatte, deren Namen er nicht einmal mehr wusste.

Alleine das war der Grund, weswegen sie ihn entführt hatten!

Aber was sollte das Ganze hier eigentlich werden?

Klar hatte Dorian ihm einiges erzählt. Nur nicht warum er alle suchte, die so waren wie er und auch nicht, was er dann eigentlich vorhatte.

Im Großen und Ganzen war Dorian ein Rätsel.

Ob es möglich war es zu lösen?

Erkenntnisse II

Dorian hatte Joshua doch dazu bringen können, sich zu setzen.

Jetzt saßen sie sich gegenüber. Zwischen ihnen nur ein kleiner Tisch. Josh musterte den Mann, der schon vor drei Jahren versucht hatte, ihn anzuwerben, wie er es genannt hatte.

Der große blonde Mann saß gelassen auf dem Sofa und fing an zu erzählen.

„Was glaubst du, warum wir dich unbedingt haben wollen?“

„Ich weiß es nicht und es interessiert mich auch nicht.“

„Gut. Also willst du, dass ich doch auf die unfeinen Mittel zurück greife?“

„Nein, ich will gehen.“ Dem Jungen war seine Unlust anzuhören.

„Joshua!“ Dorian beugte sich zum Tisch und öffnete den Koffer, den er mitgebracht hatte.

Markus und Stephen wussten auch noch nicht, was sich darin befand und waren enttäuscht, als es sich nur um eine weitere Akte handelte.

„Glaubst du, ich würde dich dieses Mal gehen lassen?“

Der Angesprochene sagte nichts, musterte nur sein Gegenüber, der in der Akte nach etwas suchte.

„Kommt dir dieser Mann bekannt vor?“, fragte der Blonde nun und reichte Josh ein Bild. Der Junge nahm es und schaute es sich an.

„Ja, leider kenne ich ihn.“

„Du kanntest ihn. Er ist tot!“

„Nicht schade um ihn“, erwiderte Josh kühl und legte das Foto auf den Tisch.

„Ich weiß, ich konnte ihn auch nicht leiden. Viel zu selbstverliebt und blind für alles, was nichts mit seiner Arbeit zu tun hatte.“ Dorian nahm ein weiteres Foto und legte es, mit der Bildseite nach unten, auf den Tisch.

„Aber was würdest du sagen, wenn du plötzlich für seinen Tod verantwortlich gemacht werden sollst? Denn es gibt ein paar Spuren, die eindeutig auf dich als Täter hinweisen.“

Joshua zeigte sich wenig beeindruckt, auch wenn er eigentlich nicht sonderlich froh über diese Neuigkeit war.

„Was, wenn mir das auch vollkommen egal ist?“, fragte er ohne zu zeigen, was er wirklich dachte. Denn er hatte nicht vor, sich mit so etwas erpressen zu lassen.

„Gut, dann schau dir das Foto an.“

Der Blonde zeigte auf das Bild, das er eben auf den Tisch gelegt hatte. Josh nahm das Foto und schaute es sich an.

„Den kenne ich auch, ja. Habt ihr ihn auch umgebracht?“

„Ja, wir brauchten immerhin die Daten über dich und die anderen.“

„Toll, ihr habt einen alten Mann getötet. Wie stark ihr doch seid. Ich soll mich Leuten anschließen, die Rentner töten?! Oh, nein. Da hast du falsch gedacht, Dorian. Das bewirkt nur, dass ich noch schneller hier weg bin!“

Seine Abscheu konnte man deutlich aus Joshuas Stimme heraushören und eigentlich wollte er aufstehen, um zu gehen, aber Markus stand schon hinter ihm und legte seine Hände auf Joshuas Schultern.

„Bleib ruhig. Das war noch nicht alles!“, flüsterte er schon fast verführerisch in das Ohr des Schwarzhaarigen. Dieser biss die Zähne aufeinander und ließ sich wieder etwas an die Lehne sinken, um wenigstens so zu wirken, als würde er sich beruhigen.

Markus legte seine Arme um die Schultern des Schwarzhaarigen und lehnte seinen Kopf so, dass er immer noch dicht an Joshuas Ohr war.

„Geht doch“, flüsterte er erneut, dann schaute er zu Dorian, blieb aber so an das Sofa gelehnt stehen. Der Blonde nickte und senkte seinen Blick dann auf die Akte.

„Für diesen Mord gibt es Beweise, die auf deinen kleinen Freund deuten.“

„David?“

„Ja. Dein heiß geliebter, kleiner David. Du wusstest schon die ganze Zeit, dass er so ist wie du, oder?“

„Ja! Aber... Wieso sagst du 'wie ich'? Wir sind doch alle so.“

Dorian nickte noch einmal und ein leises Seufzen war zu hören.

„Es stimmt, dass wir auf gewisse Weise alle gleich sind. Aber, und das ist der entscheidende Unterschied, du, David und noch einige weitere Personen seid in einer geheimen, nicht zugelassenen, Studienreihe entstanden. Was der Professor bei euch erreichen wollte, wissen wir nicht und leider geht das aus seinen Unterlagen auch nicht vollständig hervor. Da ihr noch lebt, müsst ihr aber alle ein Erfolg gewesen sein. Denn Misserfolge starben spätestens nach einem halben Jahr an plötzlichem Kindstod.“ Dorian stand auf und fing an langsam im Zimmer auf und ab zu gehen.

„Was mich ein wenig erstaunt ist, dass David aber, laut Aussage des Professors, ein solcher Misserfolg war - dennoch lebt er. Was ist an diesem Jungen also so wichtig? Dass du noch lebst, dürfte auch auf den Professor zurück gehen. Denn eigentlich bist du zu auffällig und wärst nach den Kriterien der eigentlichen Forschung ebenfalls 'aussortiert' worden.“

Inzwischen klang es so als würde der Blonde laut denken und nicht mehr mit Joshua reden.

„Also wollt ihr mich, um an David zu kommen. Nur, dass ich weiß, dass weder er noch ich in irgendeiner Weise anders sind wie jeder andere Mensch, meine Hautfarbe mal abgesehen.“

Josh fühlte sich durch die Nähe des jungen Mannes hinter ihm unbehaglich und wäre ihn gerne los geworden. Nur wusste er noch nicht wie.

Markus starrte auf den Boden und schaute sich das Foto des toten Professors an, welches Josh, als er aufstehen wollte, dort hatte fallen lassen. Das, was Dorian erzählte, war alles andere als eine Neuigkeit für ihn. Eventuell würden ein paar neue Details dazu kommen, aber zum größten Teil wusste er Bescheid, so wie Stephen auch.
 


 

-

Sascha spielte schon seit sie wieder im Gang waren mit einer Zigarette. Immer wieder war er kurz davor sie anzuzünden, ließ es dann aber doch.

Zwischen ihm und David war, seit dieser den Zettel gesehen hatte, kaum noch etwas gesagt worden.

Der Kleine schwieg hartnäckig.

Der Braunhaarige überlegte, wie er Josh da heraus holen konnte. Aber ihm fiel nichts ein. Allerdings war ihm nur zu klar, dass es auf keinen Fall von Nutzen war, wenn sie hier stehen bleiben würden.

Noch ehe er seinen Gedanken beendet hatte, hörte er Schritte. Sie standen mitten auf dem Gang, eine der wohl unpassendsten Lagen, in der sie sein konnten. Zumindest wenn das noch einer von diesen Kerlen war. Sascha zog David mit sich, weg von den Schritten, zumindest dachte er das.

Aber auch aus dieser Richtung waren bald schon Schritte zu hören. Kleiner und hastiger als die Anderen. Sascha kniff die Augen zusammen, um wenigstens das Gefühl zu haben, mehr sehen zu können.

Wirklich helfen tat es nicht.
 


 

-

Cassandra lief durch den Gang, um etwas zu suchen, womit sie ihren Bruder wieder wach bekommen konnte. Sie bezeichnete ihn so, auch wenn es nicht ganz stimmte. Zwar waren sie zusammen aufgewachsen und aus dem selben Genmaterial, dennoch hatten sie unterschiedliche Eltern.

Die Kleine hatte die beiden Freunde schon erkannt, weswegen sie ihnen ohne weitere Vorsicht entgegen lief.

„Ihr müsst mir helfen!“ Es war leise, aber dennoch klar zu verstehen.

Sascha schaute erst auf das Mädchen, dann auf David. Dieser sah deprimiert auf Cassandra und machte keinerlei Anzeichen, etwas sagen oder tun zu wollen.

„Was ist denn?“, fragte der große Braunhaarige und schaute auf das kleine Mädchen hinunter, die wie gebannt auf David starrte.

Sascha seufzte, war denn hier niemand normal?

„Ach, macht doch was ihr wollt!“, brummte er und ging weiter den dunklen Gang hinunter.

„Warte, ihr müsst mir helfen! Ich bekomme meinen Bruder nicht wach.“

„Deinen Bruder?“, fragte der Braunhaarige neugierig. So etwas wie sie gab es noch öfter? Schrecklicher Gedanke. Trotzdem drehte sich Sascha wieder zu ihr.

„Dann lass uns gehen, ihr beide steht hier dumm rum!“

David sagte nichts, trottete nur wie ferngesteuert hinter den beiden her.
 


 

-

Joshua saß noch immer auf dem Sofa und überlegte wie er das nervige Anhängsel los werden konnte, um dann von hier zu verschwinden. Er hoffte, dass seine Freunde auf ihn gehört und das Weite gesucht hatten.

Aber er wusste, dass sie nicht immer das taten, was gut für sie war.

Dorian erzählte schon seit einiger Zeit darüber, was er eigentlich wollte, aber der Graue hatte aufgehört, ihm zuzuhören. Er fand, dass alles, was dieser Mann von sich gab, idiotisch klang. Warum sollte er da zuhören oder gar mitmachen?

Stephen stand von dem Sessel auf. Vor einer halben Stunde hatte er sich dort hingesetzt und schaute seit dem nicht gerade fröhlich drein. Der Blonde ging zu Dorian, dem er etwas ins Ohr flüsterte, ehe er weiter ging und den Raum verließ. Markus sah ihm nach. An der kurzen Anspannung des Dunkelhaarigen konnte Josh spüren, dass er nicht damit einverstanden war, dass Stephen den Raum verlassen hatte. Ein kurzes Grinsen huschte über das Gesicht des jungen Mannes. Während Dorian weiter in seinen Monolog vertieft war, flüsterte Josh dem Dunkelhaarigen zu:

„Was ist? Ist dein Schatz weg?“ Er grinste dabei hinterhältig und kalt.

„Halts Maul!“, murrte Markus nur. Der Dunkelhaarige hatte keine Lust, das auf sich sitzen zu lassen. Andererseits, solange Dorian im Raum war, konnte er nichts tun. Joshua war wichtig für seinen Chef. Markus hatte sich oft gefragt, warum ausgerechnet dieser Junge so einzigartig und wichtig sein sollte. Aber er hatte nie eine Antwort darauf gefunden. Denn eigentlich war er wie sie.

Nur ein verdammtes Experiment.

„Geh ihm hinterher. Er wartet bestimmt schon auf dich!“ Josh riss Markus aus seinen Gedanken und machte sich weiter lustig.

„Sei einfach ruhig!“ Mit seiner dunklen Stimme brummte er die Worte direkt in das Ohr das Grauen und zog dabei seine Arme enger an dessen Hals. Doch der Schwarzhaarige ließ sich nicht von seinem Vorhaben abbringen.

„Ach komm, ich hab doch das Glänzen in deinen Augen gesehen, immer wenn er dich angeschaut hat.“

„Joshua“ So kalt wie Markus das sagte, jagte es dem Grauen unweigerlich eine Gänsehaut über den Rücken. „Noch ein Wort, dann ist mir egal, dass Dorian hier ist!“

„Mach... Oh, das war ein Wort!“

Wieder grinste Josh, aber dieses Grinsen wurde sofort mit einem Faustschlag quittiert.

Dorian war sofort still und blickte wütend auf Markus.

„Was soll das?“, wollte der Älteste wissen.

Er war so in seinen Monolog vertieft gewesen, dass er die Sticheleien von Joshua nicht mitbekommen hatte. Jetzt bekam er von keinem der beiden eine Antwort.

Joshua grinste noch immer, selbst als jetzt langsam Blut aus seiner Nase lief. Markus stand wütend hinter dem Geschlagenen, der sich inzwischen auch wieder Richtung Tisch gedreht hatte und das Blut etwas abwischte. Seine Fäuste hatte er noch immer geballt, bereit nochmals zuzuschlagen, sobald auch nur noch ein Ton von dem grauen Jungen kommen sollte.

Aber der Schwarzhaarige grinste nur, das Bluten hörte schon wieder auf.

Das Einzige, was er gespürt hatte, war ein dumpfer Schlag als die Faust des Dunkelhaarigen auf seine Nase traf. Kein Schmerz. Er spürte nur selten so etwas wie Schmerzen.

Jetzt gerade hatte er erst mal andere Gedanken. So also war dieser Junge aus der Fassung zu bekommen. Viel zu einfach, wenn man so wollte. Aber dann wusste er wie er hier weg kommen konnte.
 


 

-

Das Mädchen hatte die beiden Freunde zu dem Abstellraum geführt, hinter dem das Zimmer war, in welchem ihr Bruder schlief. Die Kleine sprang auf das Bett, um zu beweisen, dass er nicht so leicht aufwachen würde. Sascha schaute auf den Jungen und grinste dann.

„Schon mal mit kaltem Wasser versucht?“

„Ich kann ihm doch kein Wasser über den Kopf schütten!“

„Klar kannst du das.“

„Finn?“ Beide, Sascha und Cassandra schauten erstaunt auf David. Er sah endlich nicht mehr so deprimiert und abwesend aus. Auch wenn er den Eindruck machte, als würde er jeden Moment rückfällig werden.

„Macht ihn wach!“, befahl das Mädchen und stand wieder auf. Die Idee mit dem Wasser wurde ihr sympathischer. Sie ging hinaus, ohne zu sagen, was sie vorhatte und schloss die Tür hinter sich.

„David, alles in Ordnung?“, fragte Sascha. Aber der Junge antwortete nicht.
 


 

-

Schrill klingelte das Mobiltelefon des Schwarzhaarigen. Er stand vor dem Gebäude und rauchte.

Jemand anders hielt Wache für ihn, solange er hier stand. Aber das war eigentlich gegen die Vorschriften. Er fand diese ganzen Regeln lächerlich. Dennoch... er mochte seinen Job und so würde er sich zumindest zum Teil daran halten müssen.

Er schmiss die Zigarette auf den Boden und ging zurück in Richtung Eingangshalle. Auf dem Weg nahm er ab.

„Ja?“

Es verging einige Zeit bis er wieder etwas sagte. Sein Gesprächspartner hatte wohl viel Zeit.

„Was willst du eigentlich?“, fragte er und zuckte dann zusammen, als ihn eine keifende Stimme anfuhr.

„Beruhig dich, ich arbeite. Du weißt, dass ich da nur dienstlich telefonieren darf.“

Natürlich hielt er sich nur bedingt daran, aber das musste er ihr ja nicht noch auf die Nase binden.

„Mädel, Ruhe! Oder willst du, dass ich einfach auflege?“

Stille an beiden Enden der Leitung. Als sie nichts mehr sagte, legte er auf. Sie würde nicht lange sauer sein. Bei ihr konnte er sich das erlauben. Wieder klingelte es.

„Verdammt, was ist denn jetzt los?“, sagte er zu sich selber.

Vinc nahm widerwillig das Handy, das er gerade erst in die Tasche gesteckt hatte, und hielt es sich ohne was zu sagen ans Ohr.

Am anderen Ende war sein Ersatzmann, ein guter Freund. Eigentlich der einzige wirkliche Freund, den er hatte. Wobei dieser manchmal genauso naiv war wie Vincs Freundinnen.

„Du solltest dich beeilen. Während wir getauscht haben, sind wohl einige Leute hier rein gekommen.“

Der Schwarzhaarige nickte, auch wenn sein Kollege das nicht sehen konnte.

„Bin schon auf dem Weg.“ Er klappte das Handy wieder zu und ließ es in der Tasche verschwinden.
 


 

-

David schwieg weiter, aber seine Augen suchten den Raum ab.

Sascha wusste nicht, was er tun oder sagen sollte, also warf er sich auf den nächsten Stuhl und schaute, was der Blonde tat. Wieder hätte er sich nur zu gerne seine Zigarette angezündet, aber hier drin gab es bestimmt Rauchmelder.

Der Junge, dessen Augen noch immer etwas suchten, drehte sich langsam um die eigene Achse. Erst als er etwas auf dem Boden funkeln sah, hörte er auf und hob auf, was er soeben gefunden hatte.

„Ein einfaches Schlafmittel“, sagte er leise und hielt ein kleines Fläschchen hoch, in der noch ein Rest klarer Flüssigkeit zu sehen war. Davids Blick traf seinen braunhaarigen Freund.

„Wir brauchen nur irgendwas, das seinen Kreislauf etwas ankurbelt, dann müsste er wach werden.“

„Müsste?“

„War da hinten nicht ein Getränkeautomat?“, fiel es dem Jüngeren ein.

Sascha überlegte, darauf hatte er nicht geachtet.

„Keine Ahnung. Is' doch auch egal. Er wird schon aufwachen.“

„Hmm...“ David ging hinaus ohne weiter auf seinen Freund zu achten.
 


 

-

Das Mädchen suchte etwas, womit sie Wasser holen konnte. Um damit ihren Bruder wach zu bekommen. Auf dem Weg traf sie David, der gerade aus der Abstellkammer kam, die zu Finn führte.

„Was machst du?“, wollte er wissen.

„Ich wollte Wasser holen, falls ihr ihn nicht wach bekommt.“

Sie gingen zusammen weiter, aber bevor sie den nächsten Gang erreichten, standen sie vor zwei Männern, die schneller waren, als die beiden es für möglich gehalten hatten.

Noch ehe sie reagieren konnten, hatten die Männer sie fest im Griff. David spürte nur wie ihm die Arme auf den Rücken gedreht wurden.

Cassandra wurde dazu noch vom Boden hochgehoben, weil sie so klein war und der schwarzhaarige Mann sie so besser halten konnte.

„Ey, was soll das?“, fragte David empört. Aber das war eine dumme Frage und blieb unbeantwortet.

„Was macht ihr hier?“ Eigentlich eine freundliche Stimme, die versuchte hart zu klingen.

„Wir wollten gerade ... gehen?“

„Dann geht ihr in die falsche Richtung.“

„Oh, danke. Könntet ihr uns dann sagen, wo genau es raus geht?“, meldete sich Cassandra.

„Nein! Es wird 'nen Grund geben, warum ihr hier seit.“ Die andere Stimme - ziemlich rau, obwohl sie ebenso jung klang wie die andere - kam von dem, der das Mädchen festhielt, oder besser gesagt - trug.

Die beiden gingen los, jeder einen der 'Eindringlinge' fest im Griff.

„Siehst du, wir hätten besser aufpassen müssen, Vinc.“

„Ach, wieso? Es passiert eh nichts. Schau dir die halben Portionen doch an. Aber eigentlich frag ich mich noch immer, warum wir keinen töten dürfen. Dafür sind wir doch eigentlich da.“

Chris starrte auf seinen Freund. „Das meinst du nicht ernst, oder?“

Die Antwort darauf bestand nur aus einem breiten Grinsen.

Die beiden gingen zusammen mit Cassandra und David zu den Aufzügen, als wieder das Mobiltelefon des Schwarzhaarigen klingelte.

„Wenn es wieder sie ist, mache ich mit ihr Schluss.“ Mit den Worten nahm er das Telefon und flötete ein freundliches „Sie haben geläutet?“ in das kleine schwarze Gerät.

Sie standen auf dem Gang. Cassandra schaute zu David und konnte erkennen, dass er angestrengt nachdachte.
 


 

-

Der braunhaarige junge Mann machte einen genervten Gesichtsausdruck.

Das war jetzt das siebte Mal, dass sie anrief und jedes Mal hatte Vinc sie abgewimmelt. Wieso rief sie überhaupt um vier Uhr morgens ihren Freund an?

Hatte sie nichts anderes zu tun?

Schlafen zum Beispiel.

Das würde er jetzt gerne machen. Seit drei Tagen war er ununterbrochen wach.

Ständig hatte er irgendetwas zu erledigen.

Der Mann seufzte leise und hoffte das Vinc bald fertig wurde, aber anders, als die anderen Male, zog es sich hin.

Nach ein paar Minuten ließ der Schwarzhaarige das Telefon sinken und äffte die Frau am anderen Ende nach.

Cassandra hatte er abgesetzt und hielt sie nun mit der freien Hand fest.

„Verdammt, die hört nicht mal zu! Chris, was soll ich ihr denn bitte noch sagen?“

Dieser zuckte nur mit den Achseln und wartete weiter darauf, das Vinc fertig wurde.

„Können wir jetzt weiter?“, fragte der Braunhaarige genervt. Alles in ihm wollte einfach nur schlafen, weswegen er das so schnell wie möglich hinter sich gebracht haben wollte.

Kurze Zeit später standen sie vor dem Raum, in dem die beiden Kleineren nun den Rest der Nacht verbringen würden, vielleicht auch länger.

Käme ganz drauf an, ob sie später noch an die Beiden dachten.

Dunkelheit

Dorian seufzte.

Eines der größten Probleme des Experiments war es, diese Kämpfer normal aufwachsen zu lassen.

Sie waren vielleicht stärker, intelligenter oder was auch immer man an ihnen verändert hatte, dennoch waren sie, ohne entsprechende Ausbildung, einfache Kinder.

Immer wenn er daran dachte, fragte er sich, wo wohl die Anderen waren. Vermutlich irgendwo, wo sie eben diese Ausbildung bekommen sollten oder schon auf die Menschheit losgelassen.

Ein Schauer fuhr bei diesem Gedanken über seinen Rücken. Das musste ein Ende haben. Man hatte mit alldem sein Leben ruiniert. Allerdings wäre er ohne sie vielleicht nie geboren worden.

„Markus, ich dachte das wäre erledigt?!“

Dorian brauchte einige Zeit, um gedanklich wieder zurück zu kommen. Aber er wusste, dass Markus die ganze Zeit schon eine Abneigung Joshua gegenüber gehabt hatte.

Genau erklären konnte er sich das nicht. Er schob es einfach auf eine Art Eifersucht dem grauen Jungen gegenüber.

Ein wütender Blick kam von dem Dunkelhaarigen, der die ganze Zeit über nichts lieber getan hätte, als auf den sitzenden Jungen einzuschlagen.

Dorian sagte nichts mehr und wartete auf eine Antwort. Doch Markus machte nicht den Anschein etwas sagen zu wollen. Stattdessen trat er einmal gegen das Sofa und verschwand wütend aus dem Zimmer.

'Da war es nur noch einer...' dachte Josh, noch immer grinsend. Den Rest Blut wischte er mit einem Ärmel ab.
 


 

-

Cassandra versuchte die Tür zu öffnen, schaffte es aber nicht. David saß auf dem Boden und dachte nach. Sein Blick wanderte zu einem Lüftungsschacht. Die Öffnung war jedoch zu klein.

Wirklich viel gab es in diesem Raum nicht.

Was also könnte ihnen helfen, hier heraus zu kommen?

Er stand auf und suchte den Raum ab. Es gab kein Fenster und auch keine weitere Tür, aber wenigstens hatten sie Licht. David seufzte leise, während Cassandra wütend gegen die Tür trat.

„Blödes Ding, geh auf!!“

„Ich glaube kaum, dass uns das weiter bringt.“

„Ist doch egal, ich bin jung, ich kann meine Energie noch sinnlos verbrauchen.“

„Meinetwegen!“

Der blonde Junge überlegte und schaute sich dabei die Tür genauer an.

„Die Scharniere sind innen, vielleicht können wir die Tür so öffnen!?“
 


 

-

Nachdem auch Markus gegangen war, stand Josh auf. Er schaute sich um. Das Grinsen war verschwunden, als er nun langsam durch das Zimmer schritt.

Dorian wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte, denn eigentlich hatte er damit gerechnet, dass der Junge ebenfalls sofort den Raum verlassen wollte.

„Also jetzt mal Klartext. Was soll ich hier?“, fragte Josh nach einigen Minuten der Stille.

„Mir helfen!“, war die ehrliche Antwort des Älteren.

„Und wie? Wenn du doch so viel über mich weißt, dann müsstest du wissen, dass ich niemanden etwas tun werde.“

„Ach ja? Was ist mit den beiden Typen vor zwei Jahren?“

„Das? Ich habe nur geholfen, mehr nicht.“

„Aber du hast die Beiden krankenhausreif geschlagen. Der eine lag ein halbes Jahr im Koma.“

„Und?“ Josh schaute sich weiter um.

Ihm war nicht anzusehen, dass er innerlich aufgewühlt war.

Damals, da hatte er die Kontrolle verloren. All sein Frust hatte gesiegt und war mit voller Wucht auf diese beiden Männer getroffen. Nur weil ihn eine der Frauen, wegen denen es erst dazu gekommen war, zurück gehalten hatte, waren diese Kerle noch am Leben.

Aber das wusste nur er.

Dorian nickte. Er hatte nicht vor weiter darauf einzugehen, da es jetzt nicht das Wichtigste war.

„Ich will nur, dass nicht noch mehr solche Versuche stattfinden.“

„Aber es gibt schon keine mehr!“, antwortete der Junge, der nun eine Vitrine musterte. Was dort früher gelagert worden war, war ihm nicht ganz klar, aber jetzt war sie leer.

„Das wird schon seit Jahren gesagt. Aber das ist nicht wahr!“

„Der Professor hat mir gegenüber nicht gelogen, das weiß ich.“

„Woher weißt du das? Er hat genauso gelogen wie alle anderen.“

„Nein. Er hatte Angst. Ich weiß nicht warum, aber deswegen hat er nicht gelogen.“

„Angst?“

Der Blonde ging alle Fakten noch einmal durch, fand aber nichts, weswegen der Professor hätte Angst haben sollen. Klar kam es immer wieder dazu, dass einige Mitarbeiter verschwanden. Aber der Professor war einfach zu wichtig gewesen.

„Ja, ich habe es gespürt. Er hatte Todesangst, wenn es um dieses Thema ging.“

„Du hast es spüren können? Also bist du doch nicht so normal, wie du die ganze Zeit behauptest.“

„Ach, das können doch viele. Das ist reine Intuition.“

Josh tadelte sich selber, weil er nicht aufgepasst hatte, was er sagte.
 


 

-

Chris und Vinc gingen durch das Gebäude. An den Fahrstühlen trennten sich ihre Wege jedoch. Chris wollte sich endlich schlafen legen und Vinc musste auf seinen Posten zurück.

„Sag mal, was machst du, wenn deine Freundin nochmal anruft?“

„Keine Ahnung. Mal sehen.“

Die Türen des Fahrstuhls schlossen sich und Vinc stand alleine im Atrium. Von dort aus war es nicht mehr weit bis nach draußen. Er wollte noch mal eine rauchen.

Es würde schon keinem auffallen.

Wieder klingelte sein Telefon. Er blieb neben dem kleinen Innenspringbrunnen stehen und spielte kurz mit dem Gedanken, den mobilen Quälgeist dort zu ertränken.

Oder besser: Er würde seine Freundin bitten, vorbei zu kommen und dann sie dort ertränken. Dann hätte er endlich Ruhe.

Als es einfach nicht aufhören wollte, beantwortete er den Anruf. Sofort herrschte Markus ihn an.

„Warum hat das so lange gedauert?“

„Weil ich es ... nicht gehört hab?!“, antwortete der Schwarzhaarige nach einer Weile.

„Ich hab es bis hier gehört. Also erzähl keinen Mist.“

Vinc seufzte.

„Warum rufst du an, wenn du doch genauso gut rufen könntest?“

„Weil ich keinen Bock auf schreien hab! Macht's dir was aus, wenn ich dir Gesellschaft leiste?“

„Nein, mir is' eh langweilig.“

Damit war das Gespräch beendet.
 

Während dessen fuhr Chris mit dem Fahrstuhl nach unten in die Tiefgarage und bekam von dem Plan seiner Freunde nichts mit.

Er ging auf den Parkplatz, zu seinem Van. Sein Telefon hatte er ausgeschaltet und schmiss es nun in eine Ecke des Wagens, ehe er die Tür schloss und sich in den hinteren Bereich verzog, um dort endlich schlafen zu können.
 


 

-

Sascha saß noch immer auf dem Stuhl und hatte nicht die geringste Lust sich zu bewegen. Aber er würde es wohl müssen, denn weder David noch dieses Mädchen waren bis jetzt wieder aufgetaucht.

Er streckte sich, ehe er doch wieder in Gang kam und zur Tür ging. Noch einmal schaute er auf den noch immer schlafenden Finn und seufzte kurz.

Wie gerne wollte er einfach nur ins Bett und ein Blick auf die Uhr bekräftigte diesen Wunsch nur noch.

Kaum, dass er den Raum verlassen wollte, hörte er, wie sich der Junge hinter ihm aufsetzte. Sascha drehte sich um und bekam einen kleinen Schock, als ihn matt blau leuchtende Augen ansahen. Es war nicht das erste Mal, dass er so etwas sah. Aber er konnte sich nicht erinnern, wo er dergleichen gesehen hatte.

„Wer bist du?“, fragte der sitzende Junge leicht verschlafen.

„Sascha. Deine .. 'Schwester' wollte, dass ich dich wecke.“

„Wo ist Cassy?“

„Keine Ahnung. Raus, genauso wie David.“

„Ach ja... der Junge ... warte mal ... was tut Cassy hier?“

Es klang schon komisch, dachte Sascha, immerhin war dieser Junge hier nicht viel älter wie David.

„Keine Ahnung. Das wirst du sie schon selber fragen müssen.“

Finn überlegte, was passiert war. Aber ab einem gewissen Punkt war einfach alles weg, sodass er nicht den leisesten Schimmer hatte, wie er eigentlich hierher gekommen war.

„Lass uns gehen, die Beiden sind schon eine ganze Weile weg“, sagte Sascha und ging wieder Richtung Tür. Finn brauchte noch etwas, ehe er aufstand und dem großen Braunhaarigen folgte.

Als sie auf dem Flur waren, hielt Finn inne und schaute sich um. Was genau das sollte, wusste Sascha nicht, ließ ihn aber machen.

„Sie sind genau eine Etage unter uns.“ Sascha schaute auf den Jungen, der noch immer irgendetwas ausfindig zu machen versuchte.

„Woher weißt du das?“

„Ich höre sie über die Lüftungsschächte.“

Der Braunhaarige stand da und versuchte etwas zu hören, aber nichts als sein eigenes Herzklopfen und die leise Atmung des Jungen neben ihm, war zu hören.

„Du bist dir sicher, dass du sie hörst?“, fragte er deswegen nach.

Finn nickte und machte sich auf den Weg hinunter. Er wollte seine Schwester hier raus schaffen und dann endlich tun, weswegen er hier war.
 


 

-

Stephen wollte eigentlich das Gebäude verlassen.

Dorian hatte er irgend etwas gesagt, was ihm in diesem Moment als passende Ausrede eingefallen war. Aber die Wahrheit war, dass er einfach keine Lust mehr hatte.

Es war nur ein spontaner Einfall gewesen, wie schön es wäre all das hinter sich zu lassen. Oder noch besser, wenn es nie statt gefunden hätte.

Wie gern wollte er wieder zurück nach Hause. Nur das es für ihn dieses Zurück nicht mehr gab. Es war zuviel passiert und für die Familie, in der er aufgewachsen war, gab es ihn nicht mehr.

Nun wollte er wenigstens weg und wenn es nur ein paar Tage waren.

Bescheid sagen würde er erst, wenn er bereits weit genug weg war. Dann konnte man ihm soviel erzählen wie man wollte, aber der Weg zurück wäre dann sein Urlaub.

Gut, dass sie noch so wenige waren, da konnte man sich ab und an schon so etwas erlauben. Außerdem war Dorian eigentlich ein ganz netter Kerl, wenn er nur nicht so verkrampft versuchen würde, etwas zu erreichen. Vor allem in einem Gebiet, wo es nichts zu erreichen gab.

Was mit der Idee endete, dass Joshua etwas wissen könnte, worauf sie noch nicht gestoßen waren.

Aber konnte das sein?

Warum sollte dieser graue Junge, der mit dem ganzen überhaupt nichts zu tun haben wollte, etwas wissen, was sie seit langem versuchten herauszufinden?

Er hatte seine Sachen geholt und war gerade im Atrium als er Markus und Vinc sah.

Sie gingen zusammen zu den Aufzügen.

Dass der Schwarzhaarige hier war, das war normal, dass er seinen Platz verließ eher weniger, aber so kannte man Vinc.

Warum Markus hier war, wunderte ihn jedoch am meisten.

Stephen hielt kurz inne und wollte schon weiter gehen, als ihn seine Neugierde doch hinter den beiden herzog.
 


 

-

Vinc stand schweigend im Fahrstuhl. Sein Mobiltelefon hatte er ausgestellt, schon weil seine Freundin ihn nervte und er keine Lust mehr auf weitere Anrufe hatte.

Markus starrte an die spiegelnde Wand und dachte nach.

So wie Vinc es einschätzen konnte, waren es keine sehr fröhlichen Gedanken. Der Gesichtsausdruck und die Laune des Jungen sprachen dagegen.

„Meinst du wirklich, dass es eine gute Idee ist?“, fragte er noch, bevor die Türen sich wieder öffneten.

Jetzt waren sie auf der untersten Etage, die es in diesem ehemaligen Krankenhaus gab. Hier war alles für die Versorgung des Gebäudes.

„Ich hab nur gute Ideen!“, erwiderte Markus unfreundlich und ging ungewöhnlich schnell in den Gang und dort zu einer Tür.
 


 

'Achtung Hochspannung – Zutritt nur für Befugte'

Noch größer konnte man es schon nicht mehr anbringen.

Markus öffnete die Tür und ging hinein, ohne auf Vinc zu warten. Innen war es laut, was den Schwarzhaarigen davon abhielt weiter zu gehen. Seiner Meinung nach hatten seine Ohren für den heutigen Tag schon genug erleiden müssen.

So bekam er nicht mit, was Markus dort drinnen tat.
 

-

Josh lehnte inzwischen so am Sofa wie es Markus vor ihm getan hatte. Mit den Ellenbogen auf der Lehne abgestützt, beobachtete er, was Dorian tat. Aber dieser lief nur - in Gedanken versunken - auf und ab.

„Und du bist sicher, dass du dich nicht getäuscht hast? Dass er Angst hatte vor ... irgendwem oder etwas?“

Joshua nickte. Diese Frage stellte der Ältere jetzt zum dritten Mal.

„Wie oft willst du das noch fragen?“

„So oft, bis du mir erklärst, woher du das weißt!“

Der Graue schaute auf das Blut, das in seinen Ärmel eingezogen war und seufzte leise.

Was sollte es bringen, es noch länger zu leugnen?

„Ich kann starke Gefühle spüren.“ Weiter führte er es nicht aus.

„Also hatte ich recht.“

In Dorians Stimme klang ein wenig Freude mit.

Immerhin schien Joshua ihn nicht mehr als Feind anzusehen. So wie bei ihrem letzten Treffen. Außerdem erzählte er, wenn auch widerwillig, etwas von dem, was er konnte. Vielleicht kämen sie so doch noch weiter.

„Es ist vollkommen egal, wer recht hat und wer nicht. Tatsache ist, dass er mir aus Angst immer die Wahrheit gesagt hat. Es gibt also wirklich keine dieser Experimente mehr.“

„Woher weißt du, dass er die Wahrheit gesagt hat? Außerdem, nur weil er keine Versuche mehr gemacht hat ... und auch von keinen mehr wusste ... heißt es noch lange nicht, dass es wirklich keine mehr gibt!“

Josh überlegte kurz, schüttelte dann den Kopf.

„Ich glaube dennoch, dass es keine mehr gibt. Es gab zu viele Fehler und Misserfolge.“

Damit meinte er die, die nie das Licht der Welt erblickt hatten, weil schon in einer frühen Phase zu sehen gewesen war, dass sie nicht lebensfähig gewesen wären. Alle, die nicht älter als ein oder zwei Jahre geworden waren und nicht zu vergessen: sich selbst.

„Und wenn doch?“ Dorian wollte einfach nicht aufgeben.

„Es ist sinnlos jetzt ein Gespräch darüber zu führen, was sein könnte!“

Dorian nickte. „Du hast ja recht!“
 


 

-

Es klopfte an der Tür. Cassandra schaute auf.

„Herein!“, sagte David aus einem Reflex.

„Geht von der Tür weg!“

„Finn?“

„Weg von der Tür!“

Sascha hatte dem Jungen eigentlich helfen wollen, aber dieser war unglaublich schnell die Stufen hinunter geeilt und hatte die Tür bereits aufgebrochen.

Als der Braunhaarige dort ankam, hing Cassandra an Finns Hals und drückte ihn. Dieser aber war nicht ganz so glücklich darüber, sie zu sehen.

„Was machst du hier?“, wollte er wissen.

„Dir helfen - und das habe ich auch. Sonst würdest du noch immer schlafen und alles Interessante verpassen!“

Finn legte die Stirn in Falten. „Alles Interessante?“

Die Kleine nickte fröhlich, aber Finns Gesichtsausdruck verriet, dass er es nicht so sah wie sie.

„Jetzt lass uns Joshua holen, damit wir gehen können!“

Bei ihr klang das, als könnten sie das mal eben erledigen. Manchmal beneidete Finn sie deswegen. Immerhin wusste sie genau, dass es nicht so einfach sein würde. Leider war ihm auch klar, dass sie nicht dazu zu bringen war, raus zu gehen, wenn sie schon so anfing. Sie würde sich eher noch heimlich hinter ihnen her schleichen, so wie sie überhaupt erst hierher gekommen war.

David lehnte an einer der Wände und schaute wieder abwesend. Sascha überlegte wie er ihm erklären sollte, dass sich nichts geändert hatte. Egal wie er auf die Welt gekommen war oder was mit seinen Genen gemacht wurde, er wäre immer noch sein Freund.

Plötzlich ging das Licht aus.
 


 

-

Als das Licht ausging, konnte sich Stephen denken, wo Markus und Vinc hingegangen waren. Er hatte den Weg über die Treppe nehmen müssen, da der andere Fahrstuhl nur mit einem Schlüssel funktionierte und er keinen dabei hatte.

Jetzt war er ziemlich froh darüber, sonst hätte er mühselig aus dem Stahlkasten klettern müssen, um weiter zu kommen.

Aber wieso hatten die Beiden das getan?

Das verstand er nicht wirklich. Es konnte kaum ein Befehl von Dorian gewesen sein.

Selbst die Notbeleuchtung war nicht mehr an. Vermutlich hatten die Zwei ganze Arbeit geleistet.

Er musste Dorian fragen, was er damit bezweckte. Denn das war alles andere als normal.

Auf halbem Weg hörte er Schritte unter sich. Es waren mehrere, weswegen er vorsorglich anhielt. Da er in absoluter Dunkelheit nicht soviel sehen konnte, wie er es gerne gewollt hätte. Stephen lauschte. Es mussten drei Leute sein. In Gedanken korrigierte er sich. Es waren vier, wenn auch einer sehr leicht zu sein schien.

Das ein kleines Mädchen hier war, wusste er nicht.

Er wartete, bis sie das Treppenhaus verlassen hatten, zu seiner Verwunderung war es genau dort, wo er auch hin musste. Als er vor der Tür stand, konnte er wenigstens von einem sagen, um wen es sich handelte.

'Dieser Raucherfreund von dem Grauen...'

Also wollten sie wohl zu Dorian und Joshua, falls dieser noch da war.

Hinter ihm waren wieder Schritte zu hören, schneller und schwerer wie die eben. Das waren dann wohl die, wegen denen er hier unten war. Ehe sie ihn erreichten, rannte er eine der Treppen hinauf und hoffte, dass sie ihn nicht gehört hatten, aber sie waren so sehr mit sich beschäftigt, das sie nichts mitbekamen.

Morgengrauen

Dorian hatte direkt nachdem das Licht ausgegangen war, gewusst das etwas passieren würde. Er konnte nicht sagen was, aber es sollte nichts gutes werden.

Als die Tür aufging drehte er sich zu den Neuankömmlingen.

„Seit ihr das mit dem Licht gewesen?“, fragte er streng. Er hatte David und die anderen erkannt.

„Nein!“, antwortete Finn wahrheitsgemäß.

Josh schüttelte den Kopf. „Ihr solltet doch abhauen!“

„Aber wir können dich doch nicht hier lassen.“

Der Graue fasste sich an die Stirn, sogar das Mädchen war noch da.

„Verdammt geht!“

Josh wollte seine Freunde dazu bringen zu verschwinden, aber diese weigerten sich ohne ihn zu gehen.

Als die Tür ein weiteres mal aufging sagte keiner was. Alle starrten zum Eingang, was bei der Dunkelheit, zumindest für die meisten, nicht viel Erfolg versprach.

„Markus...“, flüsterte Dorian.

Im nächsten Moment riss es Josh von den Füßen. Da er noch immer hinter dem Sofa gestanden hatte, landete er unsanft in der Glasvitrine, wobei es einige der Splitter schafften sich in seine Arme und seinen Rücken zu bohren. Zuerst bemerkte er es nicht, aber als er sich auf einem Arm abstützen wollte, knickte dieser einfach wieder ein.

Das spürte selbst er.

Die Anderen hatten nur einen Windhauch gespürt und das Krachen der Vitrine gehört.

„Was ist passiert?“, fragte Sascha. Er konnte absolut nichts sehen.

„Das werde ich dir schon noch erzählen!“ Die dunkle Stimme war direkt an seinem Ohr, aber niemand war nah genug an ihm dran, dass hätte er doch spüren müssen.

Ehe Markus etwas tun konnte schubste Cassandra ihn von Sascha weg.

Allerdings gelang das nur weil dieser nicht damit gerechnet hatte das sie ihn erkennen konnte. Sie hatte zwar auch Probleme wegen der Dunkelheit, aber sie sah immer noch mehr als die meisten anderen.

„Ach, wie seit ihr denn hier rauf gekommen?“ Diesmal war es Vinc, der sprach. Cassandra sagte nichts.

Sascha suchte einen Punkt, an dem er nicht ganz ungeschützt im Raum stand. Zwar konnte er nichts sehen, aber das was hier passierte war ihm unheimlich genug um Schutz zu suchen. David zog er einfach mit sich, da der Kleine sich bis jetzt nicht bewegt hatte.

Als Josh wieder aufgestanden war, brauchte er etwas, um zu erkennen was vor sich ging.

Er konnte Cassandra sehen, die in die Dunkelheit blinzelte, und auch Sascha der David hinter sich her zog.

Aber Dorian, Markus, Vinc und Finn waren nicht zu entdecken.
 


 

-

Joshua schlich durch das Zimmer, als ihn etwas berührte. Er war sich nicht sicher, was es war. Es griff seinen Arm und warf ihn auf den Boden. Er fühlte sich überrumpelt, sonst hätte er vielleicht noch etwas dagegen tun können. Der blassgraue Junge erkannte nur einen Schatten, war sich aber nicht sicher wer oder was das war.

Erst merkte er, wie ein Gewicht auf seine Brust drückte, dann einen festen Griff, mit dem sein Hals umfasste wurde. Josh spürte wie dieser Griff langsam immer fester wurde.

Es war fast so als könnte er sehen das der, wer auch immer das tat, sehr viel Freude dabei hatte. Der Schwarzhaarige versuchte sich zu wehren, aber da war nichts was er hätte treffen können.

Josh bekam nicht mit was dann passierte. Sicher war nur, das der Griff unsanft wieder losließ. Oder besser - losgerissen wurde.

Aber wieso, oder wem er das zu verdanken hatte, konnte er nicht sehen.

Es herrschte eine angespannte Ruhe und als Josh aufstand um zur Tür zu kommen, wurde er wieder festgehalten. Anders als zuvor, konnte er dieses Mal erkennen von wem.

Cassandra schaute zu ihm auf und in ihrem Blick lag Ratlosigkeit. Die ganze Zeit über hatte sie genau gewusst was sie wollte, aber jetzt konnte sie kaum noch etwas sehen und das war der Grund wieso sie sich unwohl fühlte.

„Wo ist Finn?“, wollte sie wissen. Doch Josh konnte nicht antworten. Er wusste es selber nicht! Hinter Josh war ein Krachen zu hören. Als er sich herumdrehte konnte er grade noch einem Schrank ausweichen. Das Mädchen hatte er mit gezogen, so das sie beide jetzt fast wieder an der Einganstür waren. Der umgekippte Schrank hatte ein kleines, fast winziges Kellerfenster offengelegt. Nun schien schwach ein wenig Mondlicht in den Raum. Joshua konnte somit fast alles wieder erkennen, Cassandra hatte noch immer leichte Probleme. Dafür sah sie jetzt andere Dinge.
 


 

-

Selbst Sascha erkannte wieder etwas, was ihn dazu veranlasste stehen zu bleiben und sich umzusehen.

‚Ihr müsst hier raus!‘ Joshua wollte gerade zu seinen Freunden, als wieder etwas im hinteren Teil des Zimmers krachte. Was passierte dort nur? Wieder sah man nur das ein Schrank bedrohlich wackelte. Der Grund dafür blieb im Dunkeln.

Sascha wusste nicht wohin er sollte. Da wo er hinwollte hörte man die ganze Zeit das Holz und Metall der Schränke krachen und das Glas klirren. Allerdings hörte man keinen Grund weswegen die Schränke sich so verhalten sollten.

Der große Braunhaarige gab es nur ungerne zu, aber er hatte Angst.

„Finn!“, schrie die kleine Plötzlich und lief durch die Mitte des Raumes. Kaum das sie auf der Höhe des Tisches war umhüllte sie ein Schatten. Ein lautes Knacken war zu hören und als Cassandra wieder sichtbar war, konnte man erkennen was passiert war. Der kleine Körper sank zu Boden und plötzlich war alles Still. Als habe jemand den Ton ausgestellt. Selbst die Schränke standen still. Vielleicht bewegten sie sich wirklich nicht mehr.

Oder es war nur Einbildung.

Josh beeilte sich um zu seinen Freunden zu kommen. Er schob sie so schnell es ging in die hinterste Ecke des Raumes, hinter einen bereits umgefallenen Schrank.

Noch immer war nichts zu hören und der Junge schaute auf die Kleine, die eben noch lebend neben ihm gestanden hatte.

Leise drehte er sich zu den anderen beiden.

„Wieso seid ihr mir gefolgt?“, fragte er so leise er konnte, aber er brauchte keine Antwort abwarten. Beide sahen auf ihre Weise apathisch aus. Sie hätten schon längst wieder draußen sein können, aber nein. Sie waren so verdammt Stur!

Das konnte so nicht weiter gehen. Er wollte nicht das mit den beiden dasselbe passierte wie mit Cassandra und für sich selber hatte er auch noch Anderes geplant. Möglichst langsam kletterte er aus der Ecke, hielt sich an der Wand und lauschte ob sie ihn nicht schon gesehen hatten.

Alles war ruhig. Nur sein Herzschlag schien die Stille zu stören. Seine Augen suchten den Raum ab. Überall auf dem Boden war eine dunkle Flüssigkeit, Er wusste, dass es Blut war, immerhin konnte er es riechen. Aber es war nicht alles von dem Mädchen.
 


 

-

Dorian hielt Markus fest, auch wenn es ihm schwerfiel. Markus hatte ihn, nachdem er Joshua in die Vitrine gestoßen hatte, so plötzlich und unerwartet erwischt das er nun eine lange Wunde am Bauch hatte. Es war nichts wirklich Schlimmes, nur blutete es stark und dadurch ging es Dorian nicht gut. Dennoch würde er Markus festhalten solange es ging. Er hatte seinen Augen nicht geglaubt als dieser grade erst das Mädchen angegriffen hatte und es war ein großer Kraftaufwand gewesen ihn festzuhalten, da Markus direkt wieder auf Joshua los gehen wollte.

„Markus, bist du von allen guten Geistern verlassen? Ein Kind?“

Dem Blonden war einfach schleierhaft was in den jungen Mann gefahren war.

Aber der Dunkelhaarige sagte nichts. Er starrte nur mit glänzenden Augen auf die kleine Kinderleiche und grinste bedrohlich. Dorians Blick wanderte zu Finn. Immerhin hatte sie vorgehabt zu ihm zu kommen, also musste er sie kennen.

Finn hatte mit Vinc gekämpft und sie waren beide nicht gerade zimperlich mit dem jeweils anderen umgegangen. Aber nachdem was Markus getan hatte standen sie jetzt nur da und schauten auf Cassy.

Sie bemerkten Joshua nicht einmal, der direkt an ihnen vorbei ging. Aber auch der Schwarzhaarige schien sie nicht sehen zu können und auch nicht zu hören.

Während Joshua sich durch den Raum schlich ging Finn zu seiner Schwester. Weder Dorian noch Vinc konnten erkennen was der Junge dort tat.

Markus war das Ganze sowieso egal!

Hatte Josh sie doch bemerkt?

Er stand nun direkt neben Dorian der, schwer atmend wegen der Verletzung einerseits Markus festhielt und andererseits seine Bauchwunde betastete. Wenn der Dunkelhaarige gewollt hätte, wäre es ihm ein Leichtes gewesen sich los zu reißen. Aber er tat es nicht. Statt dessen schaute er jetzt wieder wütend und angriffslustig zu Joshua.
 


 

-

Zuerst hatte er sich gedacht das es vielleicht besser wäre einfach zu gehen. Er hatte immerhin schon seine Sachen gepackt und musste nur noch zu seinem Auto. Aber seine Neugierde hatte gesiegt.

Leise öffnete er die Tür zu dem Raum, den er erst vor einer Stunde verlassen hatte.

Allerdings sah es dort nun nicht mehr so aus wie eben noch.

Stephen ging langsam hinein und schloss die Tür hinter sich. Noch hatte ihn niemand bemerkt. Er sah sich um ohne auch nur einen Schritt weiter hinein zu gehen.
 


 

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Finn hatte seine Schwester hoch gehoben und auf das Sofa gelegt. Nachdem er ihren Kopf wieder in die richtige Position gebracht hatte drehte er sich zu Markus. Aber statt diesem, sah er Joshua, der dort stand wo Cassandra gelegen hatte. Seine Gedanken waren kurz bei dem was eigentlich seine Aufgabe sein sollte, richteten sich aber schnell wieder auf das, was passiert war.
 


 

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Joshua hatte den Boden abgesucht und ein Armband gefunden. Er steckte es ein und ging zur Tür, ohne weitere Vorsicht. Plötzlich wurde er an der Schulter zurück gezogen und landete in dem Blut des Mädchens.

„Mist!“, zischte er leise. Sein Ellenbogen schmerzte. Immerhin steckten noch einige Glassplitter darin. Der graue Junge setzte sich hin, das Blut klebte an ihm. Erneut sah er sich um aber Nichts und Niemand war zu sehen.
 


 

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Finn sah wie Joshua ein Armband einsteckte und schaute an sein Handgelenk. Seins war weg. Sofort schaute er wieder zu Joshua, der inzwischen auf dem Boden lag. Markus stand über Josh gebeugt und hatte ein bösartiges Funkeln in den Augen, das Finn sogar bis hierhin sehen konnte. Aber jemand anderes reagierte schneller wie er.

Stephen war sofort, als er Markus Bewegung gesehen hatte, zwischen ihn und Joshua gegangen. Er wusste nicht was hier vor sich ging, aber es gehörte nicht zum Plan! Markus schaute zuerst verärgert, dann verwirrt auf den Größeren.

„Was soll das?“, wollte Stephen wissen.

„Ich...“ Markus schaute sich um und wusste nicht genau, was er antworten sollte. Es passierte selten das er seine Sprache verlor. Stephen sagte nichts mehr, packte den Kleineren im Genick und schob ihn vor sich her zu Dorian. Markus wehrte sich nicht dagegen.
 


 

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Während er aufstand, spürte er etwas an seinem Rücken. Es war nicht das Blut. Es fühlte sich an wie eine Hand, als würde jemand ihm aufhelfen wollen. Er drehte sich zu seinem Helfer und sah in ein paar Augen, die unnatürlich funkelten. Beim genaueren Hinsehen erkannte er Finn.

„Kümmre dich um deine Freunde!“, sagte dieser und ging dann zu seiner Schwester zurück.
 


 

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Vinc war, so wie Stephen, zu Dorian gegangen um zu sehen wie es diesem ging. Der Schwarzhaarige hatte ein schlechtes Gewissen, weil er auf Markus gehört hatte. Zuerst hatte alles ganz gut geklungen. Aber dass ihr Anführer mit auf der Abschussliste stehen sollte, hatte er mit keinem Wort erwähnt.

Dorian hatte sich an die Wand gelehnt, drückte mit beiden Händen auf die Wunde und schaute auf den PVC Boden unter sich. Sein Blick verriet das er in Gedanken versunken war, weswegen die anderen nichts sagten.

Als er aufschaute sah er direkt Markus an, aber der hielt dem Blick des Älteren nicht stand. Dorian schob es darauf, dass Stephen ihn noch immer im Genick festhielt. Sicher war er sich aber nicht.

„Stephen, du passt weiter auf das Markus nicht noch mehr Mist baut. Und jetzt - geht! Geht nach Hause oder sonst wo hin. Ihr wisst wann und wo wir uns das nächste Mal treffen!“
 


 

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Joshua stand einfach nur da und schaute Finn hinterher. Einen Moment lang wusste er wirklich nicht mehr was genau eigentlich passiert war. Als er sich herum drehte, um zu seinen Freunden zu gehen, konnte er das erste Mal seit das Licht ausgegangen war Dorian und die Anderen sehen. Eigentlich hätte er gerne gewusst, wie sie das gemacht hatten. Andererseits war es ihm relativ egal, solange sie ihn wieder in Ruhe lassen würden.

Sascha und David hatten sich nicht bewegt. Noch immer saßen sie in der hintersten Ecke. Nur das Sascha inzwischen Rauchte. Joshua musste unweigerlich grinsen. Selbst in so einem Moment war die Sucht größer gewesen als die Angst.

„Lasst uns gehen!“, sagte Josh zu den Beiden.

Sascha schaute zu ihm.

„Du meinst, wir kommen raus ohne das uns irgendwer festhält oder angreift?“

Joshua nickte, da er nicht wusste ob der Braunhaarige ihn sehen konnte fügte er noch an:

„Ja. Also kommt. Bevor doch wieder was passiert!“

Sascha stand auf und zog wieder David mit sich. Er hatte sich mittlerweile schon daran gewöhnt, dies zu tun. Kaum das sie auf der Höhe von Finn und Cassandra waren hielt Joshua an und wendete sich noch einmal an Sascha.

„Geht vor, ich helfe Finn noch.“

Sascha sagte nichts, zog nur an seiner Zigarette und ging, mit David im Schlepptau, hinaus. Er wunderte sich schon das alles so schnell wieder zu ende war. Aber eigentlich war er froh darüber. Für solche Dinge war er einfach nicht gemacht. Schon gar nicht wenn er kaum was sehen konnte.
 


 

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Stephen schaute besorgt auf seinen Chef. Markus versuchte sich nicht zu wehren, wofür er recht dankbar war. Der kleine dunkelhaarige Junge war schon immer Unberechenbar gewesen. Jedes Mal, wenn etwas nicht so lief wie er es gerne gehabt hätte, wurde er aggressiv und entwickelte Kräfte, die ihm keiner zutrauen würde. Weshalb Stephen sich unter normalen Umständen nicht mit ihm anlegen wollte. Aber das jetzt, war eindeutig nicht normal!

„Was hast du jetzt vor, Dorian?“

„Das ist alleine meine Sache! Seht die Aktion als Fehlgeschlagen an und geht.“

Stephen nickte widerwillig und schaute Vinc an. Keiner von ihnen machte Anstalten zu gehen.
 


 

-

Sascha und David allerdings waren schon im Gang. Kaum das die Tür zugefallen war hatten sie kein Licht mehr. Sascha wollte nicht wieder durch die Dunkelheit laufen und zückte sein Feuerzeug. Was hatten diese Gänge auch keine Fenster!?

Nachdem die Flamme aufgeflackert war, musste er sich an die neuen Lichtverhältnisse gewöhnen. Aber alles war ihm recht solange er nur endlich wieder an die frische Luft kommen würde.
 


 

-

Vinc schaute zu Stephen als dieser sich endlich in Bewegung setzte. Er wollte nicht gehen. Mit einem kurzen Blick aus dem winzigen Fenster stellte er fest da die Sonne bereits aufging. Seufzend schwenkte er seinen Blick ein weiteres mal auf Dorian, aber der war Gedanklich schon wieder abwesend, also folgte er Stephen und Markus hinaus.
 


 

-

Finn hockte vor dem Sofa und starrte auf seine kleine Schwester. Sie atmete - sie lebte. Aber sie musste dringend in ein Krankenhaus, eines in dem es noch Ärzte gab. Nur leider wusste er nicht wie er sie dorthin bringen sollte. Tragen war vielleicht nicht die beste Lösung, denn woher sollte er wissen was genau sie hatte?
 


 

-

Joshua ging neben Finn in die Hocke.

„Wie geht es ihr?“

„Keine Ahnung...“

Josh wusste nicht was er noch fragen sollte und Finn sagte auch nichts mehr. Keiner der Beiden bekam mit, dass sich hinter ihnen Dorian aufrichtete und etwas näher kam.
 


 

-

Er hatte eine Idee gehabt.

Diese Idee gefiel ihm nicht, aber es war die Einzige, die er noch hatte.

Wenn er Joshua schon nicht auf seine Seite bekommen konnte, dann wenigstens das! Dorian zog seine Waffe und zielte auf den Jungen vor sich.
 


 

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Sascha zuckte als ein Schuss durch das Treppenhaus schallte. Er blieb stehen und wollte wieder zurück. Gerade als er die Treppe wieder hinunter gehen wollte, hielt David ihn fest.

„Bleib hier! Wir... können da nicht mehr helfen!“

Sascha schaute verwirrt zu David, nickte und verließ widerwillig mit ihm das Gebäude.

Ein guter Tag

„Verdammt, wieso hast du auf ihn geschossen?“ Finn war zum einen Teil geschockt, zum anderen wütend. Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte, wie er noch helfen sollte. Dorian aber sagte nichts. Er begutachtete nur die Wunde, die als ein dunkles, glänzendes Loch auf der Brust des grauen Jungens zu sehen war.

„Ich muss ihm zeigen, was er ist!“, murmelte er dann doch.

„Und deswegen bringst du ihn um? Habt ihr heute alle euren Verstand ausgeschaltet?“

„Er wird nicht sterben!“

Dorian klang sehr überzeugt. Allerdings hatte sich Josh bewegt, als er auf ihn geschossen hatte. Was dazu führte, dass er nicht dort traf, wo er es ursprünglich geplant hatte, und es nun schlimmer um Joshua stand, als Dorian es wahrhaben wollte.

Finn schüttelte den Kopf und wusste nicht mehr, um wen er sich zuerst kümmern sollte.

Um seine Schwester oder doch besser um Josh?

Wer hatte die besseren Chancen, hatten sie überhaupt eine?
 


 

-

Es war still um ihn herum. Seinen Körper konnte er nicht spüren und obwohl er glaubte die Augen geöffnet zu haben, blieb doch alles dunkel. Nicht einmal Umrisse konnte er erkennen. Wo war er und was genau war passiert?

Er hatte zu Cassandra gesehen, hatte ihren Puls fühlen wollen, als sich plötzlich ein Brennen durch seine Brust gezogen hatte. Was dann passiert war, wusste er nicht mehr. Er starrte in die Dunkelheit und versuchte ruhig zu atmen. Aber es fiel ihm schwer, überhaupt einen Atemzug zu machen.

Wie lange er hier schon lag, konnte er nicht sagen. Für ihn war es eine Ewigkeit, während der er sich fragte, was mit seinen Augen los war, dass er nichts sehen konnte und was mit seinem Körper, dass er ihn kaum spürte.

Je länger er hier auf dem Rücken lag, um so mehr ließ diese Taubheit jedoch nach. Noch immer zog es in seiner Brust. Ein Gefühl, das er kaum kannte - Schmerz - bekam er nun zu genüge zu spüren. Es war so ungewohnt und stark, dass es ihm fast den Verstand raubte. Am liebsten hätte er geschrien, aber er konnte nicht. Der Schmerz in seiner Brust nahm ihm die Luft zum Atmen.

Oder war einfach nur seine Lunge betroffen und er würde langsam aber sicher ersticken?

Er wusste es nicht und war sich nicht sicher, ob er es überhaupt erfahren wollte.
 


 

-

Eine Stimme drang zu Josh durch.

Diese Stimme kannte er, sie hatte schon mehrmals auf ihn eingeredet, versucht ihm was zu erklären, woran er nicht das geringste Interesse zeigte.

Auch jetzt war es das Letzte, was er hören wollte. Aber er konnte sich nicht wehren. Da war nichts worauf er sich sonst konzentrieren konnte. Es war ihm nicht einmal möglich, sich die Ohren zuzuhalten. Alles war so still, dass die Worte, die er hörte, in seinem Kopf dröhnten und ihm fast genauso große Schmerzen bereiteten, wie das Brennen in seiner Brust.

„Joshua! Mach die Augen auf. Schau mich an!“

Waren seine Augen etwa nicht auf?

Josh wollte nicht aufwachen. Er wollte alleine sein, diese Schmerzen loswerden und einfach nur schlafen. Aber Dorian gab nicht auf. Er wiederholte es immer und immer wieder. Josh versuchte etwas zu sagen, aber er schaffte es nicht.

Trotzdem hörte Dorian auf. Vermutlich hatte sich Joshua doch mit irgendwas bemerkbar gemacht, was dafür gesorgt hatte, dass er nun wieder etwas Ruhe haben konnte. Aber der Schmerz in seiner Brust wurde stärker. Dabei reichte ihm das, was er jetzt schon spürte für den Rest seines Lebens.

'Der Rest seines Lebens', sinnierte er in der Dunkelheit‚ 'vielleicht gibt es da keinen Rest mehr...'

Wieder zog es und er versuchte sich zusammen zu krümmen, aber sein Körper tat nicht, was er wollte. Langsam wurde es heller um ihn herum.

Ob es daran lag, dass er wieder wach wurde?

Finn sagte etwas, aber Josh konnte es nicht verstehen. Es war nicht mehr wie ein Flüstern. Dorian war plötzlich auch nur leise zu hören.

Redeten sie miteinander?

Konnte er sie deswegen nicht richtig hören?
 


 

-

„Dorian, er muss in ein Krankenhaus, genauso wie Cassy. Ich weiß aber nicht, wie wir sie hier raus bekommen sollen. Die Aufzüge dürften nicht gehen und sie bis zu einem Auto zu tragen, dürfte auch nicht so klappen, wie ich es mir vorstelle.“ Finn klang verzweifelt. „Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er es bis zum nächsten Krankenhaus schafft. Also hilf mir endlich, oder willst du zusehen, wie er stirbt?“

Dorian schüttelte den Kopf. „Er wird nicht sterben!“

Noch immer klang er sehr überzeugt, obwohl sich Josh nicht bewegte und sein Atem nicht mehr wie ein leises Röcheln war. Finn schaute, kopfschüttelnd, zu Dorian.

„Was soll das werden? Ich versteh das nicht!“

Dorian wendete seinen Blick nun doch auf Finn.

„Pass auf! Du, ich, die Jungs die du kennengelernt hast - wir sind alle etwas anders wie gewöhnliche Menschen“, fing Dorian an, als wolle er eine Geschichte erzählen.

Finn schaute nur genervt. Er wollte jetzt keine Geschichten hören, er wollte diese Leben retten.

„Ich weiß, dass wir anders sind. Aber trotzdem versteh ich nicht, was du hier vor hast!“

„Es gibt einige von uns, die erst fast sterben müssen.“

„FAST? Siehst du dasselbe wie ich?“ Finn konnte nicht verstehen, wie Dorian so ruhig bleiben konnte.

„Ja, er wird es schaffen. Er ist gut darin sich selber zu heilen.“

„Woher willst du das wissen?“

„Reicht es nicht, dass ich es weiß?“

Finn fehlten anhand der Sturheit seines Gegenübers jegliche Worte. Weswegen er sich zu Cassandra umdrehte, um wenigstens sie in ein Krankenhaus zu bringen.

Wie auch immer er das anstellen sollte.

Kaum, dass er versuchte sie hoch zu heben, blinzelte sie ihn an.

„Finn...“, flüsterte sie so leise, dass es nicht mehr richtig zu verstehen war.

„Cassy? Wie lange bist du wach?“

Aber sie blieb ruhig, machte die Augen wieder zu und seufzte.
 


 

-

Joshua kämpfte weiterhin mit seiner Atmung. Bis ihn jemand an der Schulter zerrte. Diesmal öffnete er die Augen und sah das kleine, schwarzhaarige Mädchen vor sich.

„Joshi!“, freute sie sich.

„Nenn... mich nicht... so!“, brachte er mühsam hervor.

„Pass auf. Ich liege noch immer auf dem Sofa und du auf dem Boden. Aber genau deswegen bin ich hier. Leider muss es schnell gehen, weil ich nicht weiß, was Dorian sich noch ausdenkt!“

„Dorian?“

„Ja, er hat dich angeschossen. Ich bin durch den Schuss wach geworden.“

Er verstand nichts und ihm vielen die Augen langsam wieder zu.

„Bleib wach! Bitte bleib wach!“, flehte sie, „Du musst das überleben!“

„Mhm?“ Joshua konnte einfach nichts mehr sagen. Er war zu sehr damit beschäftigt, weiter zu atmen.

„Ich erkläre es dir, wenn du richtig wach bist. Deswegen – Halt durch, es ist wichtig!“

Ihm fielen die Augen zu und wieder war alles ruhig und schwarz um ihn herum.
 


 

-

Cassandra suchte langsam nach Finns Hand und versuchte sich aufzusetzten, aber Finn drückte sie zurück.

„Bleib liegen, ich weiß nicht, was mit deinem Hals ist.“

„Nichts ist, alles gut. Wirklich! Ich hab mir schon einmal das Genick gebrochen. Beim zweiten Mal ist es gar nicht mehr so schlimm.“

Finn schaute geschockt.

„Guck nicht so. Ich bin mit Vier vom Baum gefallen. Das weißt du doch noch – hoffe ich.“

Sie lächelte ihn an, blieb ihm zuliebe aber liegen.
 


 

-

Dorian schaute noch immer gebannt auf Joshua und hoffte auf etwas, von dem er nicht einmal genau wusste, was es war.

Er hockte dort und starrte auf die Wunde. Einige Male schon hatte er das Gefühl, dass sie kleiner wurde, aber er war sich nicht sicher. Vermutlich war da der Wunsch, der Vater des Gedanken. Was er aber nicht bemerkte war, dass die Atmung des Verletzten langsam immer schwächer wurde.

Joshua hatte inzwischen das Gefühl, dass er besser atmen konnte. Zwar nur ein wenig, aber immerhin. Trotzdem verlor er langsam wieder den Kampf gegen den Schmerz.

Von Dorian, Finn und Cassandra konnte er nichts mehr hören, egal wie sehr er sich darauf konzentrierte. Es war leise, still.

Aber so sehr er sich vorher noch Stille gewünscht hatte, so wollte er jetzt erfahren, was los war.

Was wollte Cassy ihm sagen?

Sie sagte es sei wichtig, aber warum hatte sie es ihm dann nicht schon längst gesagt?

Alles was er spüren konnte, brannte. Es war kein sehr schönes Gefühl. Aber es war besser als überhaupt keines. Oder war keine Gefühle zu haben besser? Josh war sich nicht einig.

Er musste sich aber auch nicht einig werden.

Was er nicht sehen konnte war das, was mit seinem Körper passierte.

Finn und Cassy sahen es auch nicht. Sie waren zu beschäftigt mit sich. Zumindest noch.

Aber Dorian, der es sehr wohl schon gesehen hatte, glaubte, dass es sich dabei um das handelte, worauf er wartete.

Joshua würde sich heilen und als einer von ihnen wieder aufwachen.

Das musste einfach so sein.

Ein leiser Schrei war zu hören, als Cassandras Aufmerksamkeit wieder auf den grauen Jungen gerichtet war. Joshua verschwand. Langsam aber sicher löste er sich in Nichts auf. Auch Finn konnte sie jetzt nicht mehr davon abhalten aufzustehen und sich neben Josh zu knien.

„Dorian – er stirbt!“, sagte Finn. Aber der hörte nicht mehr zu.

Cassy wollte etwas tun, aber sie wusste nicht was. So etwas hatte sie noch nicht erlebt. Sie drehte sich zu Finn und sah ihn fragend an. Finn wusste nur, was es bedeutete, nicht wie man es aufhalten konnte. Er nahm Cassy in die Arme und hob sie hoch.

Am besten er würde sie in ein Krankenhaus bringen, um sie vorsorglich untersuchen zu lassen. Für Joshua konnte er nun einmal nichts mehr tun.

Sie wehrte sich noch etwas, als er den Weg hinaus antrat, aber als sie einen weiteren Blick auf Joshua geworfen hatte, dessen Körper fast vollständig verschwunden war, wurde sie ruhig und weinte leise.

Sie hatte es ihm nicht mehr sagen können.

Das Geheimnis, das der Doktor ihr einmal verraten hatte. Nur ihr. Sie sollte es doch Josh erzählen, wenn ihm was passierte. Sie klammerte sich an ihren Bruder und ließ sich hinaustragen.
 


 

-

David lehnte an der Tür vom Mustang, so als warteten er und Sascha noch.

Finn dachte, dass sie sehr wahrscheinlich auf Josh warteten, in der Hoffnung, er würde doch noch kommen. Aber sie brauchten nicht mehr warten. Er blieb vor David stehen und sah ihn an. Cassy weinte leise und rührte sich nicht.

„Was ist passiert?“, fragte Sascha aus dem Auto heraus.

„Dorian hat geschossen!“

„Und Josh?“

Finn schüttelte nur den Kopf und drehte sich um. Er wollte sich das Gebäude noch einmal ansehen, und dann schnell weg.

Einfach schnell weg von hier!

„Könnt ihr mir helfen?“, fragte er, als er sich wieder zu den anderen drehte.

„Kommt drauf an, worum es geht.“

„Bringt sie ins Krankenhaus - in ein richtiges.“

Sascha nickte und David setzte sich auf den Beifahrersitz. Finn ließ Cassy runter und beide setzten sich auf die Rückbank. Keiner sagte mehr etwas.
 


 

-

Wenn man sich nun den Raum ansah, sah man, neben dem Blut und den umgestürzten Schränken, niemanden. Die Sonnenstrahlen, die endlich auch das kleine Fenster erreicht hatten, trafen nur auf diese Möbelstücke, aber auf nichts Lebendes.

Staub schwebte, im Licht funkelnd, durch das Zimmer, um sich ein neues Plätzchen zu suchen. Es war absolut still.

Dorian war nicht mehr zu sehen. Er war Joshua hinterher gegangen. Auch wenn gehen nicht das richtige Wort dafür war.

Denn er wusste sehr wohl, was mit dem grauen Jungen passierte und wie er ebenfalls dorthin kam. Immerhin wollte er Josh beistehen, das war er ihm schuldig.
 


 

-

Als er aufwachte, lag er auf einem Sofa. Seinem Sofa!

Er befühlte seinen Oberkörper, aber da war nichts, kein Blut, keine Wunde.

Josh atmete erleichtert aus und setzte sich hin. Die Sonne schien und er musste blinzeln, als er hinausschaute. Er fragte sich, wie er hierhin gekommen war. Zu Fuß garantiert nicht.

Ob ihn jemand gebracht hatte?

Aber die meisten kannten den Weg nicht, geschweige denn, dass sie wussten, dass es sein Haus war, das hier mitten im Wald stand.

Josh hörte Schritte auf der Veranda und drehte sich zu der Tür. Er konnte nichts erkennen, weswegen er aufstand um nachzusehen.

Draußen stand Dorian. Er lehnte auf der Balustrade, schaute auf den Wald und den Wanderweg, der direkt am Haus vorbei führte, und rauchte eine Zigarette.

Joshua sagte nichts. Er stellte sich neben Dorian, lehnte sich an einen Pfosten und wunderte sich darüber, dass es noch immer alles so leise war.

Wo waren die Geräusche, die so ein Wald normalerweise machte?

Die Vögel, das Rauschen des kleinen Flusses, der nur einige hundert Meter weit vom Haus entfernt war, der Wind in den Bäumen ...

Es war einfach nicht da. Aber Dorian hatte er gehört. Also war mit seinen Ohren alles in Ordnung.

„Das ist normal!“, sagte Dorian. Er schaute noch immer auf den Wald.

„Was?“

„Dass du es noch nicht hörst. Das kommt erst noch.“

„Wovon redest du?“

„Davon, dass alles so läuft, wie ich es wollte.“

„Schön, dass ich soviel Mitspracherecht habe!“

„Du hättest nicht zugestimmt, also war es besser so.“

„Toll.“

Dorian grinste und schaute endlich zu Joshua.

„Hattest du mir zugehört?“

„Wann?“

„Vorhin, als ich dir die Fotos gezeigt hab.“

„Ach da. Nein.“

„Hab ich es mir doch gedacht!“

„Und? Hätte doch eh nichts geändert.“

„Vielleicht doch. Aber das kann ich nicht mit Sicherheit sagen.“

„Is' auch egal! Cassandra meinte, du hast auf mich geschossen. Vielen lieben Dank dafür. Werde mich bei Gelegenheit revanchieren!“

Dorian schnippte die Zigarette auf den Boden vor der Veranda und musste sich ein Lachen verkneifen.

„Wirst du nicht! Woher ich das weiß? Nun, vielleicht weil ich weiß, dass du erstmal deine ... naja... nennen wir es 'neugewonnene Freiheit' genießen willst.“

„Freiheit?“

Dorian nickte und stellte sich richtig hin.

„Was für eine Freiheit soll das sein?“, fragte Joshua. Er dachte eigentlich, dass er bis jetzt schon recht frei gewesen war. Ehe Dorian zu einer Antwort ansetzte, gähnte er.

„Ich glaube, ich brauche einen Kaffee.“

„Tz, soweit kommt es noch. Erst mich erschießen und dann hoffen, dass ich 'nen Kaffee mache.“

Joshua verschränkte die Arme und betrachtete ausgiebig den Dielenboden der Veranda.

„Also, da ich irgendwann auch mal schlafen gehen will...“, begann Dorian, nachdem er vergeblich auf einen Kaffee wartete. „Die Kurzfassung zu dem, was ich dir sagen wollte.“

„Was wenn ich es noch immer nicht wissen will?!“

„Dann musst du es selber rausfinden.“

„Ähm, aber.. dazu müsste ich es wissen wollen, oder?“

Dorian schien einen kurzen Augenblick die Geduld zu verlieren, fasste sich dann aber wieder und seufzte nur.

„Ja. Wäre schon schön. Aber es könnte wichtig sein. Also verdammt noch mal, nerv' mich nicht damit und hör mir zu. Du kannst es gerne später wieder vergessen, aber ich will wenigstens mit dem Wissen gehen, dass ich es dir einmal gesagt habe und du es mitbekommen hast.“

Joshua nickte, wirkte aber nicht wirklich anwesend.

„Ich brauche einen Kaffee, sonst steh ich das nicht durch!“ Er klang genervt.

Dorian ging hinein, durch das Wohnzimmer in die Küche und suchte die Utensilien zum Kaffee machen zusammen. Es dauerte etwa 20 Minuten bis er endlich wieder draußen auf der Veranda erschien. Joshua lag inzwischen auf einem Liegestuhl vor der Veranda und hatte die Augen geschlossen.

„Das gibt es doch nicht!“, murmelte Dorian und stellte die Tasse auf das Geländer.

„Was gibt es nicht?“, fragte Josh während er sich streckte.

„Ach, egal. Weißt du, ich hatte gehofft, dass es dich interessieren würde. Was wir sind, wofür wir da sind. Aber scheinbar...“

„Es ist mir egal!“, unterbrach ihn Josh.

Dorian seufzte.

„Wieso?“

„Wieso hast du auf mich geschossen?“

„Das ist doch nicht vergleichbar.“

„Aber es ist das, was mich interessiert.“

„Ich sagte schon, weswegen ich es getan habe.“

„Nicht wirklich. Was sollte es bezwecken?“

„Dass du bemerkst, wer du bist!“

„Aber das wusste ich doch vorher schon.“

„Du wusstest aber nicht, wie es sich anfühlt.“

„Ich fühle mich genauso wie vorher auch.“

„Hörst du den Wald?“

„Nein.“

„Dann ist es nicht so wie vorher.“

Diesmal seufzte Joshua. Konnte der Alte nicht mal zum Punkt kommen?

„Na gut! Was ist denn ach-so-besonders daran, einer von euch zu sein?“

„Der Professor hat an uns geforscht. An dir und David noch ein klein wenig mehr, wie an den anderen.“

„Die Kerle bei dir?“

„Die und andere.“

„Gut, und?“

„Und?“

„Was bringt mir das Ganze?“

„Du bist kein Mensch, Joshua!“

Josh nickte, hatte die Augen aber noch immer geschlossen.

„Das weiß ich. Seit ich denken kann, weiß ich, dass ich kein Mensch bin. Hat es was geändert? Nein! Es ist vollkommen egal, was ich bin. Solange ich nach meinem Gewissen handle und das ist voll und ganz darauf eingestellt menschlich zu sein.“

„Du bist so verdammt stur!“

„Ich weiß!“

Joshua öffnete die Augen, starrte einige Zeit in den Himmel und stand dann auf. Er ging auf die Veranda und von dort direkt ins Haus. Bevor er die Tür schloss, drehte er sich zu Dorian.

„Ich geh jetzt meine noch immer gleiche Freiheit genießen!“

„Joshua...“

Aber die Tür war zu. Joshua war im Haus und hatte sich entschieden.

Dorian schüttelte den Kopf.

Wie kam es, dass er sich so wenig dafür interessierte, sich aber dennoch dafür entschied? Dorian trank in Ruhe den Kaffee und ließ die Tasse auf der Veranda stehen.

Nach einigen weiteren Minuten, in denen er sich fragte, ob Joshua doch noch seine Meinung ändern würde, schloss er die Augen, atmete tief die frische Waldluft ein und streckte sich.

Als er die Augen öffnete, befand er sich in dem Raum in dem Joshua gestorben war.

Dorian schaute auf das Chaos, das sie hinterlassen hatten und ging hinaus.

Er wollte nach Hause und seiner Meinung nach brauchte er dringend Urlaub.
 

~Ende~
 



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Von: abgemeldet
2014-12-06T16:54:01+00:00 06.12.2014 17:54
Guten Abend.
Interessanter Einstieg in das Kapitel. Vor allem, da man zunächst wieder in eine ganz andere Situation taucht.

Er sah auf und erblickte eine Frau, die sich, zu seinem Bedauern, als seine Tante herausstellte.
Hehe, die Stelle gefällt mir. Zum Einen, weil sie einen gewissen Witz hat und zum Anderen, dass du nicht nur Neffe und Tante aufzählst, sondern es so nett verpackst.

Gefällt mir sehr, wie du den Verlauf erzählst. Zwar kurze und knappe Absätze, dafür aber in einer interessanten Abfolge. So liest man nicht jeden Tag. Es bleibt ein kleines Myterium um den Motorradfahrer, den Schwarzhaarigen, grauen Kerl.
Somit bleibt es aber auch spannend.
Mich interessiert jetzt, wie es mit der Gruppe weitergeht. Ob Julia das Mädchen aus dem Prolog ist. Oder ob alles ganz anders abläuft und es die Vergangenheit war. Rätsel und Fragen bleiben zurück.
Kurz gesagt, mir hat es gefallen.

Liebe Schreibziehergrüße,
abgemeldet im Kommentarfieber
Von: abgemeldet
2014-12-04T13:17:57+00:00 04.12.2014 14:17
Hallo,
als ich die letzten Tage der Fanworks so durchgeschaut habe, fiel mir Schattenspiel ins Auge. Na, da es sich um eine Fortsetzung handelt, möchte ich natürlich am Anfang beginnen. :) Da habe ich ja ein paar Jährchen aufzuholen, bin gespannt.

Der Einstiegssatz ist gut. Drei Worte, fertig. Und genau so bleibt es auch. Besonders der Schluß gefällt mir dabei auch sehr gut.
Der Prolog ist kurz, aber neugierweckend. Gut formuliert und schön zu lesen.
Man erfährt nicht allzuviel, alles bleibt geheimnisvoll. Alles bleibt dunkel. Mysteriös. Da hast du also eindeutig was richtig gemacht. Bin gespannt, was da los ist. Wie die drei dahin gekommen sind, was mit dem Mädchen ist, mit dem vielen Blut.
Solider Prolog, mehr kann ich nicht sagen.

Liebe Schreibziehergrüße,
abgemeldet im Kommentarfieber

Von:  _Myori_
2011-10-25T16:03:29+00:00 25.10.2011 18:03
....ganz ehrlich: ich bin sprachlos oO
und das hat mehrere gründe.
ich bin sprachlos, weil die geschichte zu ende ist und das ende kam sehr plötzlich :( für mich hätte die geschichte ruhig noch zehn kapitel weitergehen können :3
und ich bin sprachlos, weil ich mehr als "hä?" nicht rausbekommen will- hä im positiven sinne... erstmal: josh löst sich auf? das hat mich sehr stark an final fantasy erinnert- nicht falsch verstehen, das sollte keine kritik sein (ich liebe diese spieleserie) aber das war so etwas, womit ich als letztes gerechnet hätte.
dann: dass josh kein mensch ist, war mir schon länger klar, aber was isser denn jetzt? (ich tippe auf engel?) ist er jetzt in so einer art parallelwelt? und was wollte cassy ihm sagen? ich hätte mich wirklich sehr über eine antwort gefreut, aber die gibts vermutlich ein andermal in einer anderen story- clever, clever :P
aber eins hätte ich da noch, was mich ganz groß hä rufen ließ: joshs freunde, seine guten, wenn nicht sogar besten freunde, erfahren, dass josh angeschossen wurde und evtl. stirbt (was man ja aus cassys verhalten hätte schließen können) und die... gehen einfach? ich fand das ein wenig sehr gefühlsarm von ihnen, bzw. unpassend? mir kam es zumindest so vor, ich hätte mir da ne heftigere reaktion erhofft...

die schilderung, wie josh stirbt, war toll geschrieben. einfach toll.
ich habs ja jetzt glaub ich schon mehrmals erwähnt, aber ich doofe wiederhol mich halt gerne, da musste leider durch (:P)...
ich bin echt begeistert von deinem stil, der mit wenigen, umschweifenden erklärungen und ohne "blümchen-beschreibungen" auskommt und dennoch das auf den punkt bringt, was wichtig ist. und ich liebe deine dialoge- da haste echt einen fan hinzugewonnen ^^
ich hatte spaß daran, deine geschichte zu lesen und werde bei zeiten auf jeden fall noch mehr von dir lesen- schon allein deswegen, weil ich wissen will, was josh nun ist und wo er ist ;)
bis dahin wünsch ich dir auf jeden fall weiterhin viel vergnügen am schreiben, gaaanz viele geniale ideen für weitere geniale geschichten und eine entspannte, stressfreie zeit :)
lg Myori


Von:  _Myori_
2011-10-25T14:48:47+00:00 25.10.2011 16:48
ich habe mit offenem mund vor dem pc gehockt, kein scherz XD
... cassy? óò *tränen unterdrück*
wie fies war das denn bitte von markus? ein kleines mädchen angreifen, wie scheiße! hatte ich irgendwann mal symphatien für den typen übrig gehabt? ich weiß es nicht, aber jetzt mag ich den (wortwörtlichen) giftzwerg ganz bestimmt nicht mehr ><
und dann, wenn man denkt, man hat alles überstanden, haust du noch so einen cliffhanger raus- wie fies XD
*murmel* ich muss weiterlesen... jetzt sofort...
Von:  _Myori_
2011-10-25T14:06:00+00:00 25.10.2011 16:06
darf ich dir mal was sagen?
du schreibst einfach nur geniale dialoge!
kurze, knackige wortgefechte, die mich zum schmunzln und lachen bringen :)
ein punkt, warum ich deine geschichte so gerne lese- ein anderer ist die tolle story ^^
und die charaktere natürlich... eigentlich mag ich alles an deiner geschichte :P
...nur nicht, dass sie in ein paar kapiteln zu ende ist uu"
aber ich hab ja gesehn, dass es ne fortsetzung gibt- das stimmt mich dann wieder fröhlich ^^
Von:  _Myori_
2011-09-14T12:49:00+00:00 14.09.2011 14:49
*grins*
die szene mit sasha, markus und dem glatzkopf hat mich echt zum schmunzeln gebracht, aber ich würde sasha den tipp geben, nicht ganz so vorlaut zu sein- dieser markus scheint ein kleiner giftzwerg zu sein...
und diese akte war äußerst interessant und aufschlussreich- schönes kapitel :)
lg ^^
Von:  _Myori_
2011-08-27T10:20:00+00:00 27.08.2011 12:20
okay, ich zieh meine kritik aus dem letzten kapitel entschuldigend zurück- was hat mich nur geritten ?? *selbst hau* es tut mir leid, dein stil ist echt toll, das hat dieses kapitel hier wieder bewiesen :)

...also gehört finn doch nicht so ganz zu den "bösen" oO
ja, bring david schnell daraus, bevor noch was schlimmes passiert!

das mädchen ist wirklich komisch- steigt einfach zu zwei fremden ins auto, tze *kopfschüttel* die hat nerven...
aber wo ich grad dabei bin- wo ist die kleine denn jetzt? also wenn ich das ja richtig verstanden habe, ist sie zu dem gebäude gegangen, wo nun auch josh und sascha drin sind... aber wo ist sie? auch dort? weg? das wird mir i-wie nicht so ganz klar...

Von:  _Myori_
2011-08-22T14:10:43+00:00 22.08.2011 16:10
juppiii~
und wieder neue charaktere- der strom reißt nicht ab :P
finn scheint ja irgendwie der kleine laufbursche zu sein oO oder das mädchen für alles ^^
hmmm... ich vermute mal, dass diese gruppe an den leuten aus diesem experiment interessiert sind...
aber welche "mittelchen" kann sich dorian denn noch aus dem ärmel schütteln? und was zur hölle steht in diesem zeitungsartikel? *haare rauf*
da hilft nur eins: weiterlesen :)
wenn ich dir einen tipp geben dürfte: vielleicht kannst du ja mal versuchen, ein bisschen mit den worten zu spielen und sie ein wenig zu variieren... also nicht immer "sehen" oder "fragen" oder so schreiben (bitte nicht falsch verstehen, du tust das ja nicht nur, aber solche formulierungen kommen öfter vor) und was mir auch noch aufgefallen ist, dass du mit beschreibungen sehr knauserig bist- schweif ruhig mal ab und lass dich über das trostlose, kalte labor aus, in dem der arme david nun hocken muss :P
gut, wenn ich mir das jahr anschaue, in dem du das kapitel/die story geschrieben hast... das liegt ja schon ein weilchen zurück und mit der zeit entwickelt sich ja auch ein schreibstil weiter. ich kenn aktuellere geschichten von dir nicht, ich geh nur von dieser hier aus, also sei mir bitte nicht böse, wenn ich dir- im hier und jetzt- unrecht tue ^^"
aber dennoch find ich deine story toll, sie hat ne spannende handlung und das ist die hauptsache :)
lg Myori
Von:  _Myori_
2011-08-19T14:58:27+00:00 19.08.2011 16:58
okay, die sache mit dem auto und dem mädchen war schon merkwürdig oO
i-wie fand ich es sehr verwirrend, dass sie diesen beinahe-zusammenstoß mit einem gelangweilten gesichtsausdruck quittierte- und warum ist das auto einfach vor ihr stehen geblieben, wenn doch keiner drinsitzt? komisch... naja, ich bin gespannt ^^
das geräusch hinter david war "eigentlich nicht gruselig" ?? es gibt nix schlimmeres als kindergetrappel! meine tote-kinder-in-horrorfilmen-phobie meldet sich wieder zu wort T-T
die vergangenheit von josh war heftig O_O aber er schien es ja mehr oder weniger gelassen zu nehmen- zumindest hat er anscheinend (warum auch immer) eine hohe toleranzgrenze für schmerzen... hmmm, noch ein rätsel mehr ^^
sehr interessante charaktere :)
lg ^^

Von:  _Myori_
2011-08-18T08:51:14+00:00 18.08.2011 10:51
sooo, ich denke, es ist zeit, dass ich mich auch mal zu wort melde :)
ich bin mehr zufällig über deine geschichte gestolpert auf der suche nach ablenkung vom lernen- und ich wurd fündig, verdammt uu"
was mir zuerst aufgefallen ist... charakter-flut! holla, so viele "ers", da braucht man ein paar sätze, bis man die alle untergebracht hat- aber nach den ersten zeilen hat man die verwirrung recht schnell überwunden :)
und dann auch gleich zwei todesfälle- da drängt sich ja einem die frage auf, ob die nicht miteinander zu tun haben; vor allem, da ich glaube, dass damians tod kein unfall war...
und was stand in den briefen drin? du lässt einen ganz schön auf heißen kohlen sitzen :P
die beschreibung der pikfeinen straße war toll- ich hatte sofort ein bild vor augen ^^
werde auf jeden fall weiterlesen :)
lg Myori



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