Zum Inhalt der Seite

Vampirdämon

Untergang der Schattenfürsten
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Wind, der über das Land streicht (2)

Das Gemetzel hatte bereits begonnen, als Minas aus seiner Hütte stürmte und mit Elantes eine magische Schutzmauer zu errichten versuchte. Doch die Angreifer überrannten die spontane Barrikade einfach und gelangten immer tiefer ins Dorf. Mireylle stand noch immer wie angewurzelt inmitten von staubiger Hitze und starrte ungläubig die Übermacht der Söldner an. Was für eine Chance hatte das Dorf jetzt noch, selbst wenn Minas doppelt so entschlossen kämpfte? Sie schwankte und stolperte ein paar Schritte rückwärts, fiel über ihre eigenen Beine und kroch anschließend rückwärts durch den Staub. Mireylle fühlte sich erbärmlich und schwach, aber noch nie hatte sie dem Tod, der völligen Vernichtung allen, was sie lieb gewonnen hatte, so nahe in die Augen gesehen. Verängstigt richtete sie sich auf und lief geduckt zurück ins Hospital, dessen Eingang noch am besten geschützt war. Die allgemeine Panik missachtend blieb sie in der Tür stehen und beobachtete das Geschehen, während ihr Kopf unentwegt nach einer Lösung suchte. Der Wunsch, wie ein Märchenheld hinaus zu stürmen und sich der Übermacht zu stellen brannte tief in ihr, obwohl ihr ihre eigene Schwäche nur allzu bewusst war. Sie hätte den verzweifelten Rebellenkriegern nur im Weg gestanden und würde zudem noch beschützt werden müssen. Indem sie ihnen aus dem Weg ging, leistete sie das Beste, was sie konnte. Und je mehr Krieger sie blutend zu Boden fallen sah, desto bewusster wurde ihr, dass sie niemals würde töten können.

Inzwischen wurde Mireylle klar, dass sie die Menge der Angreifer überschätzt hatte. Es schienen jetzt nur knapp doppelt so viele Söldner wie Rebellen da zu sein. Doch noch immer waren es zu viele Gegner, denen die verletzten und erschöpften Rebellen zu trotzen hatten. Minas sprang und verstärkte sein Auftreffen auf dem Boden magisch zu einer Erdwelle, die seine vier Angreifer aus dem Gleichgewicht brachte. Er wirbelte herum und erschlug einen von ihnen, wurde selbst jedoch von der Klinge eines zweiten am Schwertarm geschnitten. Die Wunde verschwand augenblicklich. Im Zorn tötete Minas den zweiten und warf sich den anderen beiden entgegen.

Unweit wütete der Heerführer Lamerians wie ein Sturm. Angewidert wendete Mireylle den Blick von diesem Blutbad ab. Ihr Geist suchte nach einem Weg zu helfen. Warum sollten andere ihr Leben zum Schutz des Lagers geben und sie nicht? Vielleicht war sie unfähig zu töten, doch sie konnte die Feinde wenigstens verwunden, auch wenn sie ihre Hände damit nicht mehr in Unschuld waschen konnte. Doch war dies in dieser Situation überhaupt noch möglich? Zu viele starben hier auch zu ihrem Schutz. Sie bewegte sich an der Hauswand entlang von Minas und den anderen fort und bückte sich im Schatten einiger Tonnen nach dem Bogen eines gefallenen Kriegers und vermied dabei, ihm in die Augen zu sehen. Nur umständlich konnten ihre zitternden Finger den Köcher von seinem Rücken lösen.

Mireylle atmete durch und legte den Pfeil auf die Sehne. Beim Zielen bemerkte sie einige der Jungen, mit denen sie das Bogenschießen gelernt hatte. Auch sie hatten zu den Waffen gegriffen. Mireylle verschoss einige Pfeile, mit denen sie drei Gegner an Oberschenkel und Schultern erwischte. Das Amulett hielt sie vor den Blicken ihrer Feinde verborgen.

Ihren letzten Pfeil anlegend sah sie zu Minas hinüber, der nun völlig von Gegnern umringt war. Ihr Stutzen hatte jedoch nichts mit der Übermacht um Minas oder der verlangsamten Heilung seiner Wunden zu tun. Irgendetwas lag in der Luft, einer bekannten Melodie gleich oder einem wärmenden Strahl ihm Herzen. Sie wusste nicht, ob sie ihn schon erkannte, ehe sie ihn sah, doch widersinniger Weise freute Mireylle sich über Surells Anblick.

Mit beeindruckender Geschwindigkeit raste der Dämon auf das Schlachtfeld zwischen den Häusern zu und erschlug jeden, der die Uniform Lamerians trug. Sein Blick schwang suchend umher. Er wusste um ihre Nähe.

Mireylle holte erneut tief Atem und schoss einem von Minas Gegnern den Pfeil ins Bein. Surells Augen folgten der Flugbahn des Pfeils und richteten sich auf Mireylle. Sogleich kämpfte er sich zielstrebig zu ihr durch. Er musste sie trotz des Zaubers gesehen haben. Vielleicht, weil er ihr nicht feindlich gesinnt war, überlegte sie. Erst nachdem er sich ihr auf einige Schritte genähert hatte, begann er zu lächeln. Er schenkte ihr ein Lächeln, das vor Wiedersehensfreude und Triumph strotzte.

„Na endlich!“, sagte er und drückte sie an sich, nur um augenblicklich loszulassen und einen anschleichenden Gegner abzuwehren. „War gar nicht einfach, dich zu finden, Mireylle“.

Alle grimmige Entschlossenheit fiel von Mireylle ab und ihre Antwort blieb ein leises Schluchzen.

Surell lachte und drückte sie noch einmal an sich. „Soll ich ihnen gegen Lamerians Truppe helfen?“, fragte er mit einem Schwenk zu den Rebellen am Eingang des Hospitals.

Mireylle nickte und sah Surell nach, der sich wieder in den Kampf stürzte. Sein Kampfstil zeigte Energie und trug so etwas wie einen verspielten Zug. Mireylle entschied, sich weiter vorzuwagen und einige Pfeile ein zu sammeln. Ihre Blicke folgten aber dem elanvollen Heerführer Shahaans, der bereits eine breite Schneise ins Feld der Angreifer geschlagen hatte.

Noch ehe Mireylle es geschafft hatte, einen neuen Köcher zu finden, war der Kampf beendet. Minas erschlug gerade seinen letzten Gegner, während Surell seine Waffe mit dem Hemd seines letzten Gegners abwischte und in die Scheide steckte. Die Rebellenkrieger begannen bereits, das Feld zu räumen und Verletzte wegzutragen, als Surell zu ihr zurückkehrte. Minas folgte ihm, doch sein Blick federte nicht so sehr wie sonst, er musste sich sehr verausgabt haben.

Elantes stieß gerade zu ihnen, als Minas Luft holte. „Wer bist du, Fremder? Du kämpfst wie ein großer Krieger. Unter wessen Befehl stehst du?“

Surell drehte sich nicht einmal zu ihm um. „Wo können wir reden, Mir-“.

„Mira“, fiel Mireylle ihm ins Wort. Er wollte reden, das gab Anlass zu hoffen. Doch sie begann plötzlich zu zittern, als das Grauen um das Geschehene und tonnenschwere Schuldgefühle über sie hereinbrachen. Unfähig, Surell zu antworten stand sie nur da und starrte durch ihn hindurch auf die Leichen, die verstreut auf der Straße lagen. Sie schienen vor ihren Augen zu vergehen. Mireylle nahm die aus ihnen schwindende Lebensenergie wahr und die Tränen brachen aus ihr hervor, als sie spürte, dass dieses Leben nie wieder in diese Welt zurückkehren würde. Sie starrte die schwindende Energie an und spürte den Schwindel in sich aufsteigen. Nur vage registrierte sie den auf sie einredenden Surell, der sie am Arm packte, als sie zu schwanken begann. Wie gern wäre sie einfach in Ohnmacht gefallen, doch etwas hielt sie bei Bewusstsein und zwang sie das zerstörende Schauspiel zu Ende zu beobachten. Mireylle beugte sich von Surell weg und übergab sich. Anscheinend würde ihr keine Art der Demütigung erspart bleiben.

Surell nahm sie auf die Arme, doch ihr Verstand hatte sich wieder etwas geklärt und sie befreite sich strampelnd aus ihnen. „Ich kann alleine stehen, danke“, murrte sie.

Erst jetzt bemerkte sie Minas Wut darüber, weiterhin ignoriert zu werden. Er packte Surell bei der Schulter und riss ihn zu sich herum. Surell gab nach und drehte sich um, sein Blick ein kaltes Feuer. „Was willst du, Junge?“

„Ich bin der Führer dieser Männer, Minas Tinir, und kein Junge!“, raunte der Rebell. „Also erklär dich. Wer bist du und was machst du hier? Unter wessen Befehl stehst du?“

Surell hob kunstvoll eine Augenbraue und sprang unerwartet hoch, zog sein Schwert und rammte es tief in den Boden, sodass dieser unter der Kraft erbebte. Minas und Elantes hielten mit einem Mal wieder ihre Waffen in den Händen. „Ich bin ein Dämon und ein Krieger. Und so wie es die Art der Dämonen ist, stehe ich nur unter meinem eigenen Befehl und bin hier weil dies mein Wunsch ist. Und von welchen Männern redest du da? Ich sehe nur einen Haufen Verletzter, keine kampffähige Truppe, die man führen könnte.“

Minas Zähne knirschten vor Zorn. „Willst du mich herausfordern? Das kannst du haben! Für dich reichen meine Kräfte allemal!“ Er hob erneut das Schwert, um Surell zu drohen.

Mireylle war das ganze ebenso leid, wie Elantes, der ihr einen bittenden Blick zuwarf. Es widerstrebte ihm, jemanden zu bekämpfen, der eben noch an seiner Seite gekämpft hatte. Sie trat vor und legte ihre Hand auf den Arm des Heerführers. „Bitte“

Erneut wandte Surell sich ihr zu. „Reden wir?“

Sie nickte ergeben.

„Nun gut. Mein Name ist Surell und ich bin wegen Mira hier. Euch geht das nichts an.“, erklärte er den beiden anderen. „Habt ihr was dagegen, uns ein wenig Privatsphäre zu gönnen?“

Nach kurzem Zögern steckte Minas sein Schwert weg und zusammen mit Elantes ging er los, um den anderen mit den Leichen zu helfen.
 

Mireylle und Surell wandten sich ab und liefen schweigend nebeneinander her in Richtung des Flusses. Die Dämmerung riss das Land nun endgültig an sich und tauchte die Welt in dunkle Rottöne.

„Warum bist du weggegangen?“, sagte Surell leise mehr zum Fluss als zu ihr.

„Du hast sie denken lassen, wir wären ein Paar, ich habe es in Minas Augen gesehen. Hättest du dir nicht etwas anderes einfallen lassen können?“

„Nun, ich hätte ihnen wohl besser gesagt, dass ich ein Häscher des Vampirlords bin und die Mylady zu ihm zurück zu bringen gedenke?“

Sie lachte trocken. „Gedenkst du das, ja? Warum hast du ihnen überhaupt geholfen? Du hättest mich packen und verschwinden können. Und behaupte jetzt ja nicht, du hättest es für mich getan.“

„Tja vielleicht möchte ich es mir mit der Mylady einfach nicht verderben?“

Ein zynischer Zug zierte Mireylles Gesicht, als sie ihm einen langen Blick schenkte. „Na sicher. Dein Blutdurst erscheint mir da viel plausibler. Für dich ist der Tod nur ein Spiel! Deine Hände stecken bis zu den Schultern im Blut anderer!“

„Ah, dann war das, was du getan hast, wohl was ganz anderes, wie? Deine Pfeile flogen wohl nur zufällig in Richtung der Kämpfenden?“

„Ich habe sie nur verletzt! Sie nur aufzuhalten versucht!“, erwiderte sie mit bebender Stimme.

„Versucht Ihr, Euch vor der Schuld zu drücken, Mylady? Diese Männer wurden von den Rebellen nur getötet, weil sie sich nicht verteidigen konnten. Du hast sie getötet, und wenn es nur verzögert war, mach dir da lieber keine Illusionen.“

„Nein! Das wollte ich nicht!“, schrie Mireylle und hämmerte wütend gegen seine Brust. Die Verzweiflung machte sie wahnsinnig. „Was hätte ich denn tun sollen? Sie kamen um alles zu zerstören, was ich lieb gewonnen hatte. Alle, durch die ich mich sicher und geborgen gefühlt hatte! Was hätte ich denn tun sollen?“

Surell hielt ihre wild um sich schlagenden Hände fest und zog sie zu sich. „Schon gut. Entschuldige.“

„Ich wusste nicht, was ich tun sollte.“, schluchzte sie an seine Brust gepresst.

„Du hattest keine Wahl, die gibt es nie. Und nun beruhige dich, du benimmst dich albern, Fräulein Unabhängig.“

Augenblicklich besann sie sich. Er hatte Recht. Sie stieß sich von ihm weg und ging davon, suchte Schutz in der Dunkelheit. Wie hatte sie sich nur so beschämend vertraut an ihn pressen können? Sie benahm sich genau wie das geistlose, schwächliche Mädchen, das sie nie hatte sein wollen. „Entschuldige, Surell“, sprach sie fest, als der Dämon sie einholte. „Als ich ging, wollte ich stark und unabhängig sein. Ich wollte weggehen und diese Welt für immer verlassen, deren Spielregeln ich so schlecht kenne. Und ich wollte keine Spielfigur für Shahaan sein. Aber ich habe keinen Weg zurück gefunden und nur noch wenig Hoffnung.

Und nun bist du hier, um mich zu dem zurückzubringen, wovor ich geflohen bin. Es hat länger gedauert, als gedacht, doch nun bist du hier.

Aber ich durchschaue es nicht ganz. Was machen wir gerade, wir beide?“

“Nun, ich betrachte es als Diskussion.“

Hoffnung flammte in ihr auf und tiefes Unverständnis. Er hatte doch sicher seine Befehle, oder war es, wie er es Minas gesagt hatte? Handelten Dämonen in solchen Fällen einfach eigenmächtig? Ja, was für ein Fall war es überhaupt?

Seine Gegenwart machte sie seltsam geborgen, auch wenn er derjenige war, der ihr vermutlich schon bald ihre Freiheit nehmen würde. „Darüber, ob ich zurückkehren muss?“

„Nein“, antwortete er schmunzelnd und hielt sie auf. Seine Arme schlangen sich um ihre Taille. „Darüber, wie lange ich noch warten muss“.

Surells warme Lippen legten sich auf die ihren. Noch ehe Mireylle sich sicher war, ob sie das wollte, überschüttete der Dämon sie mit fordernden Küssen, die all ihre Zweifel ertränkten. Ihr Herz pochte einfach zu schnell. Sie hatte ihre eigene Zuneigung zu ihm bemerkt, aber ein Teil von ihr hatte es immer für die Auswirkung seiner dämonischen Ausstrahlung gehalten. Nun war sie nicht mehr so sicher.

Die Dunkelheit schenkte ihr Schutz, als sie ihre Arme um seine Schultern legte. So ließen Schuldgefühle sich leicht verdrängen.

„Wirst du mich zurückbringen?“, fragte sie sanft.

Surell grinste breit. „Ich weiß nicht. Was meinst du, sollte ich?“

„Wenn du Shahaans Zorn fürchtest, solltest du das. Aber mir wäre es lieber, hier zu bleiben. Diese Leute treten mit ihrem Leben für ihre Rechte ein. Sie alle haben einen Grund, die Lords zu bekämpfen. Wirst du ihnen helfen?“. Ihr Blick wanderte zurück zum Dorf, wo die Anderen noch immer mit den Folgen des Übergriffs kämpfen mussten.

„Ich bin Remon Shahaans Freund, vielleicht der einzige, den er hat. Wir kennen uns schon seit Jahrhunderten. Ich weiß nicht, ob ich sein Vertrauen enttäuschen will. Und auch nicht, ob ich es überhaupt kann.“. Im Grunde hatte er den Vampirdämon wohl schon enttäuscht, sonst hätte dieser Surell keinen Spion nachgeschickt. Wenn er sich dafür entschied, ihr Zeit zu geben, würde er seinen Verfolger töten müssen.

Erneut zog er Mireylle an sich. „Ich kann dir Zeit geben, Kleine, doch nicht mehr. Glaub mir, es nützt nichts, sich gegen ihn zu stellen. Er wird seinen Willen bekommen und falls er ihn sich mit Gewalt nehmen muss, wird niemand etwas zu Lachen haben. Weder ich, noch du, noch dein kleines Rebellenvölkchen hier. Nur weil sie mächtig genug sind, um Waffen und Pläne zu stehlen oder kleinere Truppen zu vernichten, die sich auf dieses Gebiet verirren, sind sie der Macht eines Lords noch lange nicht gewachsen. Und Remon besitzt nicht nur die uralte Magie seines Titels. Er ist ein schlauer Kopf und ein mächtiger Magier und im Kampf somit nicht zu besiegen, auch wenn er kein hervorragender Kämpfer wäre.

Wir sollten uns nicht allzu offensichtlich gegen ihn stellen, wenn wir es auf ein langes Leben abgesehen haben.“

Mireylle löste seine Hände und ging ein Stück davon in die Dunkelheit. Surells Zuneigung verwirte sie, ließ ihr keine klaren Gedanken. Das war so unerwartet gekommen. Sie hatte immer heimlich auf eine romantische Begegnung, auf einen strahlenden Ritter auf einem weißen Ross gehofft. Sie hatte an wiederholte Zuneigungsbekundungen und Umsorgungen geglaubt, die eines Tages ihr Herz erweichen würden.

Stattdessen stand Surell plötzlich von fremdem Blut bespritzt vor ihr und küsste sie, ohne zu fragen. Und wider Erwarten war ihre eigene Reaktion Sehnsucht, nicht Abscheu, gewesen. Sie wollte, dass es echt war, ob es in Wahrheit seine Magie war, spielte keine Rolle. Und sie hasste es.

Ruckartig drehte sie sich zu Surell um, der sie mit einem seltsam wissenden Blick ansah und sie erstarrte, als die Welt wieder aus den Fugen geriet. Ihre Wahrnehmung war mit einem Mal wieder ganz und gar von Magie erfüllt. Und sie spürte den Sog und das Grauen. Die Welt erzitterte, als eine unbekannte Macht das Leben aus ihr riss. Mireylle versuchte zu schreien, aber erneut konnte sie die eigene Stimme nicht hören. Vor ihrem inneren Auge schwebte die Öffnung, durch die das Leben ins ewige, ewige Nichts gesogen wurde und erfüllte Mireylle mit neuerlichem Entsetzen. Nicht der Tod, sondern weitaus schlimmer. Ein Ende ohne Neubeginn, eine Zerstörung, eine Nichtexistenz, die so viel erschreckender war als alles andere.

Und schon spürte sie Leere, die sich wie ein Schleier über sie zu legen versuchte. Auch ihr Leben, ihr vom Körper noch gehaltenes Leben, wurde von diesem Sog angezogen. Nein, das wollte sie nicht zulassen! Sie musste sich doch irgendwie retten können. Und auch die anderen, die hier dem Tod soviel näher waren, als sie. Sie musste es können. Hatte sie nicht auch Finiors Seele festhalten können? Sie versuchte, die strahlenden Farben der Magie zu ignorieren und konzentrierte sich auf ihren inneren Rhythmus. Und sie hielt sich selbst fest. Ihre Wahrnehmung wanderte zu Surell. Er spürte es auch, und auch ihm machte es Angst. Sie griff nach seinem Geist und hielt ihn fest. Einem Netz gleich warf sie ihr Gespür aus und hielt jedes Leben in einem weiten Umkreis fest. Sie griff nach dem Dorf, den Bäumen und Tieren, den Insekten und den Fischen im Teich. Selbst nach dem Fluss des Wassers. Und eine bleierne Schwere befiel sie, ganz wie damals, als sie Shahaan zu helfen versuchte. Sie versuchte, alles zu retten, aber es zehrte sie auf, hielt sie einer Last gleich auf.

Plötzlich wurde alles schwarz und nur am Rande der Wahrnehmung bemerkte Mireylle das Zittern ihrer Beine, das Rasen ihres Herzens und die Kälte ihrer Hände. Surell hielt sie.

Dann verschwamm alles.

Surell nahm Mireylle hoch, als sie das Bewusstsein verlor. Er warf noch mal einen Blick zurück auf die Stelle, an der sie gestanden hatte. Die magische Entladung hatte alles im Umkreis von einigen Metern in Stücke gerissen. Der Heerführer analysierte das Geschehene, während er sich auf den Weg zurück machte. Er musste sie ins Bett tragen.

Die Welt hatte wieder eine Welle der Leere durchlebt und Mireylle hatte es gespürt, es magisch gespürt, nicht nur leicht und intuitiv eine Depression empfunden, wie normale Menschen. Ihre Magie hatte reagiert und dann war ihr Mana blendend weiß erstrahlt und hatte sich einem Deckmantel gleich ausgebreitet. Er hatte den Schutz sofort gespürt, die Leere hatte aufgehört, an ihm zu zehren. Ihre Magie verirrte Magiereste zusammengezogen und sie hatten den Naturgesetzen entsprechend gegensätzlich zu Mireylles Bemühungen reagiert und das aufprallen der gegensätzlichen Magien hatte schon wenige Augenblicke später in eine magische Entladung gemündet, die Mireylle mit voller Wucht traf. Es war ein Wunder, dass sie dies erneut überlebt hatte, aber in ihr steckte eine starke Macht, dessen war er jetzt völlig sicher.

Surell seufzte und betrachtete ihr bewusstloses Gesicht. Er hatte es versehentlich mit Blut verschmiert, das noch an seinen Händen geklebt hatte, so wie auch den Großteil ihrer Kleidung. Der Dämon in ihm lauschte auf ihren Puls. Die Tatsache, dass dieser sich stabilisierte, beruhigte ihn ein wenig. Es war dem Heerführer ungewohnt, sich Sorgen zu machen, doch er konnte nicht anders. Was hatte sie nur mit ihm angestellt? Er lächelte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Armida
2008-08-26T11:29:15+00:00 26.08.2008 13:29
Endlich geht es weiter *Luftsprung mach*.
Also jetzt Surell und Mireylle, bin mal gespannt was daraus wird. Und was Surell jetzt mit Mireylle anstellt. Freu mich schon total aufs nächste Kapitel.

LG Armida


Zurück