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Blutschuld

Seine Bestimmung war es Vampire zu jagen, nicht sie zu lieben
von

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Maskenball

2. Maskenball
 


 

Er war doch überrascht wie einfach es war, tatsächlich in den Festsaal zu gelangen. Keine Fragen am Empfang. Nicht einmal musternde Blicke.

War es Leichtsinn oder die Überlegenheit die damit zur Schau gestellt wurde? Nun, letztendlich war es gleich.
 

Luc begutachtete seine Umgebung. Der Saal erstrahlte in einem Meer von Kerzen. Riesige Kronleuchter hingen königlich an den prächtigen Stuckdecken. Bunte Gemälde reihten sich an den Wänden. Das Rascheln der bauschigen Kleider der Damen, das Klappern von Absätzen und angenehme Streichmusik, die zum Tanz einlud, drang an sein Ohr. Einige Gäste waren sehr pompös mit ihrer Abendausstattung vorgegangen. Perlen, Edelsteine, Gold, Samt und Seide. Der ganze Raum strahlte vor Pracht.
 

So schön der Anblick auch insgesamt wirkte, er mochte dieses freudige Spiel der Farben nicht. Er empfand bei jedem Vampir einen tiefen inneren Groll. Er merkte wie sein Hass empor klomm. Es war nicht fair, dass diese Wesen in einer schillernde Welt lebten, die sie auf den Gräbern von Menschen erbauten.

Seine Fäuste schlossen sich. Er sehnte sich danach, sein Schwert in Händen zu halten und ihnen ihre dämlich lachenden Gesichter von den Schultern zu trennen.
 

Er schluckte schwer.

Orientierung. Darum hatte er sich jetzt zu kümmern. Sein Blick schweifte gelernt über alle Fenster, Türen, Ausgängen. Registrierte die Empore und fand das Bild, das links neben einer korinthischen Säule hing. Das Motiv zeigte einen gefallenen Engel, der sehnsüchtig in das Licht des blauen Himmels blickte. Hier hatte er bei der Jahresrede des Prinzen unauffällig in den Gang dahinter zu verschwinden. Die Geheimtür zu nutzen, ohne Aufsehen zu erregen könnte schwer werden. Die Angst, dass die Beschreibung nicht stimmte, schob er beflissentlich beiseite.
 

Als seine grünen Augen wieder nach unten zur Festgesellschaft wanderten, wurden sie von einem tiefen Schwarz gefesselt. Es dauerte eine Weile, bis er sich von diesen dunklen Augen losreißen konnte. Demonstrativ flüchtig strich sein Blick über den Fremden, der etwa sechs Meter entfernt von ihm stand. Groß, schlank, athletisch mit eleganten Zügen. Alles an ihm schien auf geheimnisvolle Weise erotisch und anziehend zu wirken. Gerne hätte er hinter die Maske geblickt, um die volle Schönheit des Wesens auszumachen.
 

Der Fremde war ganz in Schwarz gekleidet. Die vollen Haare, lang und glatt. Glänzend wie die Federn eines Raben. Sie fielen seidig über die breiten Schultern, wurden eins mit dem Samt des Gehrocks. Die Weste schwarz, mit Silberfäden bestickt. Der dunkle Stoff der engen Hose betonten die langen Beine. Lederne Stiefel schafften ein Hauch von Härte, in der sonst weichen Erscheinung. Einzig die weißen Spitzen des Hemdes schienen die Dunkelheit der Gestalt zu durchbrechen. Sie und dieses strahlende Lächeln. Lippen die Verführung versprachen.
 

Wie ein Schatten schlich sich der Vampir näher. Luc spürte deutlich, wie sich sein Puls beschleunigte. Er fühlte sich wie ein hilfloses Beutetier auf weitem Flur. Instinktiv wich er wie von selbst zwei Schritte zurück, bis er an einen freien Tisch stieß uns stehen blieb.

Es war lange her, dass er sich so hilflos gefühlt hatte.

Er schallte sich einen Narren. Verdammt Luc, du bist ein Jäger, kein Opfer. Du wurdest nicht umsonst als der Richtige für diesen Auftrag bestimmt.

Nimm dich zusammen!
 

Mit einem ungutem Gefühl im Magen ging er auf Angriff. Ein einladendes selbstbewusstes Lächeln traf direkt in das Gesicht seines Gegenübers. Genau rechtzeitig. Er wusste, dass er seine Rolle als Vampir überzeugend spielen konnte. Keine Schwäche war seinem Körper mehr anzumerken. Er war stark und entschlossen und kehrte dies nach außen. Verbarg sein Unbehagen hinter einem Mantel aus Selbstsicherheit und Stolz.
 

„Ihr seht so aus, als ob ihr Gesellschaft sucht, mein Freund.“

Die Stimme war warm und angenehm.

„Seid ihr denn eine gute?“, fragte Luc mehr herausfordernd als neugierig.

Ein offenes Lächeln umspielte die eleganten Züge des Gefragten.

„Nun ich erweise mich gerne als würdig, wenn ihr mich lässt.“

Eine Einladung so verlockende wie ein Feuer in kalter Winternacht.

Leicht überrumpelt, zaghaft und dennoch mit einem Gefühl von Vertrautheit legte Luc seine Hand in die des Unbekannten. Ein Kribbeln erfasste seine umschlossene Hand. Durchzog seinen ganzen Körper und ließ ihn erschaudern.

Das Atmen fiel ihm auf einmal schwer.
 

Warum nur machte ihn die Anwesenheit des Anderen so nervös? Beherrsche dich Luc! Kläre deine Gedanken. Suche nach hilfreichen Informationen. Vielleicht erfährst du etwas, was für dich von Nutzen sein könnte.
 

„Nennt ihr mir euren Namen?“

„Tanzt ihr mit mir?“ Eine Frage die keinen Widerspruch akzeptieren würde.

„Wie meint ihr?“ Luc war mehr als verwirrt. Der Druck an seiner Hand wurde fester. Warum noch gleich hatte er sie in die des Vampirs gelegt?

Ehe er es sich versah, zog der Schwarzhaarige ihn in seine Arme. Bugsierte sie beide bereits im Takt der Musik auf die Mitte der Tanzfläche. Wieder dieses Kribbeln. Diesmal auf seiner Hüfte. Die Musik und die Arme des Fremden schienen ihn wie von selbst zu tragen.

„Ihr irritiert mich. In mehr als nur einer Hinsicht“, war das einzige was Luc in diesem Moment hervor brachte.

Wieder dieses entwaffnende Lächeln. Augen die bis in sein Innerstes blickten.
 

Komm zur Besinnung Luc!

Er musste mit sich kämpfen, um sich aus dieser Trance zu reißen. Noch nie hatte es ein Vampir geschafft seinen Willen zu lenken. Bis heute.

Luc du bist ein Elitejäger. Du verabscheust Vampire. Hör auf dich wie ein verliebter Idiot zu benehmen und erinnere dich an den Schmerz, den sie dir zugefügt haben!
 

Entschlossen und abrupt befreite er sich aus der Situation. Wandte sich aus dem Griff des Vampirs, mit einem kalten Lächeln.

„Bedaure. Aber für solches Amüsement, solltet ihr euch einer der Damen erwählen.“
 

Sein Rücken spannte sich. Seine Sinne waren wieder wach und geschärft. Dieser Mann strahlte Faszination und Gefahr in einem Atemzug aus. Einen kurzen Augenblick überlegte er, ob er der Neugier nachgeben, sich der Herausforderung stellen sollte. Rasch schob er den Gedanken beiseite.
 

Mit einem knappen Nicken wandte er sich ab.

Er brauchte jetzt all seine Sinne für eine anderer Aufgabe. Eine, deren Scheitern unweigerlich seinen Tod nach sich ziehen würde.
 

Er ging zur Wendeltreppe, hinauf auf die Empore. Hier würde er sich einen bessern Überblick verschaffen können.

Immer noch schlug sein Herz kräftig gegen seine Brust. Er widerstand bisher allen vampirischen Hypnoseversuchen. Nie hatte er es mit einem Gegner aufnehmen müssen, der tatsächlich Macht über sein Handeln erlangte. Er war nicht vorbereitet gewesen. Hatte einen Angriff in seinen Geist nicht erwartet. Sicher konnte er nur so in diese prekäre Lage geraten. Ob Vampire die Stärke ihre Fähigkeiten untereinander demonstrierten, um die Rangfolge untereinander zu klären?

Wenn ja, dann sollte er weiteren Kontakt heute besser meiden. Außer seiner Willenskraft hätte er nichts entgegenzusetzen und die Gefahr als Mensch enttarnt zu werden, war ohnehin sehr groß.
 

Beim entlang Schlendern machte er unauffällig die in den Marmor gemeißelten Verzierungen der korinthischen Säulen aus. Geschwind waren die Blumenköpfe der einzelnen Ranken abgezählt. Die Beschreibung des Informanten stimmte. Einzig die Säule neben dem Gemälde des Engels hatte dreizehn Blumenköpfe. Der siebte hiervon, sollte ihm den Weg zu den privaten Gemächern des Prinzen ebnen.

Zufrieden lehnte er sich lässig an die marmorne Brüstung und beobachtete beiläufig das muntere Treiben unter ihm.

In Gedanken ging er noch einmal den Plan durch, um sich später sicher in den Gängen zurecht zu finden.
 

Bevor er seinen Weg komplett in Gedanken rekonstruieren konnte, holte ihn eine warme Stimme jäh zurück in den Festsaal.

„Iven.“

Aus seiner Konzentration gerissen drehte er sich leicht verärgert um.

„Bitte?“ Er war überrascht den Störenfried als den Unbekannten in Schwarz auszumachen.

„Erzählt mit nicht, dass keine der anwesenden Damen eure Gesellschaft zu schätzen wusste. Oder ward ihr zu aufdringlich?“, spottete er unverkrampft.

„Iven. Mein Name ist Iven. Bitte verzeiht meine Unhöflichkeit von vorhin. Ich hätte mich erst vorstellen sollen.“

Luc starrte bewusst direkt in die schwarzen Augen, widerstand dem erneuten Gefühl sich fallen zu lassen.

„Ihr hättet zumindest Fragen können, ob mir der Sinn nach einem Tanz mit euch steht, bevor ihr mich überrumpelt, euren Willen aufzwingt und mich als Dame vorführt.“

Damit wandte er seine Augen wieder nach unten auf die Tanzfläche. Es hatte ihm alle Mühe gekostet, dem Blick des Anderen stand zu halten. Dennoch war es nötig gewesen, um Stärke zu demonstrieren.

„Dann habe ich euch gekränkt“, die Stimme klang ehrlich betroffen. „Das tut mir leid.“
 

Iven gesellte sich neben Luc. Die Hände des Vampirs legten sich nur wenige Zentimeter neben den seinen auf die Brüstung. Unweigerlich musste Luc an die erste Berührung denken.

„Ich bin es nicht gewohnt zu fragen, versteht ihr?“

„Dann nehmt ihr euch immer was ihr wollt, ohne Rücksicht?“

Nun funkelten die Augen des Vampirs belustigt. „Aber mein Freund, liegt das nicht in unserer Natur?“
 

Die Frage hallte in Lucs Kopf nach, als sich Iven entfernte, um der Bedienung eine Bestellung mitzuteilen.

„Trinkt mit mir, bitte.“ Auch das war wiederum keine Frage, sondern eine Aufforderung. Einladend zeigte der Vampir auf den freien Nebentisch. Er setzte sich mit einer geschmeidigen Bewegung und forderte Luc mit einer Geste auf, es ihm gleich zu tun.

Alles, jede kleinste Regung, faszinierte Luc.
 

„Es ist ein wahrlich guter Tropfen“, drängte Iven.
 

Luc hatte regelrecht einen Kloß im Hals. Er durfte seine Tarnung nicht gefährden. Er würde mitspielen. Inständig hoffte er um den 'guten Tropfen' herum zu kommen. Er würde Blut trinken können, ohne jede Regung von Ekel zu offenbaren. Seine Selbstbeherrschung war eine Waffe, die er von Anfang an in der Garde erlernt und gestärkt hatte. Dennoch würde ihm davon sicher sehr übel werden und er konnte beileibe auf die Erfahrung verzichten.

Der Vampir beobachtete ihn für seinen Geschmack zu intensiv. Er merkte, dass jede seiner Bewegungen genaustens studiert und selektiert wurde.

Nein, egal wie sehr es ihm zu wider war, er konnte die Einladung nicht abweisen. Er musste nun überzeugen.
 

Er setzte sich. Ohne mit der Wimper zu zucken griff er nach dem servierten Becher und führte ihn an seine Lippen. Fest blickte er dabei in die lauernden Augen seines Gegenübers, der einen großen Schluck nahm. Luc trank und spürte einen süßlichen Geschmack seine Kehle hinunter rinnen. Es war Rotwein.

Gekonnt überspielte er die Erleichterung. Noch eine Blöße würde er sich nicht geben.
 

„Verratet ihr mir euer Geheimnis?“
 

Wieder diese Unsicherheit in ihm. Instinktiv wusste er, dass er sich vor diesem Vampir hüten musste. Vielleicht mehr, als vor all den anderen Vampiren um ihn herum zusammen. Nach außen blieb Luc ruhig. Er würde sich nicht aus der Reserve locken lassen.
 

„Welches meiner vielen meint ihr?“ Offen und unwissend war sein fragender Blick.

„Euren Namen. Ihr kennt nun den meinen. Nachdem ihr euer hübsches Gesicht unter einer Maske verbergt, würde mir euer Name sehr helfen euch wieder zu finden.“

„Wer sagt, dass ich euch wiedersehen möchte?“.

Ein kurzes Lachen fing ihn ein. „Nun, ich denke schon, dass ihr das wollt. Und wenn nicht, würde es mich nicht kümmern. Aber vielleicht kennen wir uns ja bereits und ihr haltet mich gerade mit euren schüchternen Art zum Narren.“

Er ahnte nichts. Dessen war sich Luc sicher.

„Kümmert es euch nicht, weil es euch gleichgültig wäre, oder weil ihr meine Wünsche nicht respektieren würdet?“

Fragend neigte Iven seinen Kopf leicht zur Seite.

„Wieso seid ihr nur so misstrauisch? Ich mache euch einen Vorschlag. Gewährt mir ein paar Stunden mit euch. Nur hier, plaudernd bei einem guten Schluck. Ich werde keinerlei Macht mehr ausüben, um euch zu gefallen oder um euch zu einem Tanz oder anderes zu zwingen. Keine Macht, außer die meines Charmes. Falls ihr bis zur Jahresrede des Prinzen meiner überdrüssig seid und meine Gesellschaft zukünftig ablehnt, werde ich eure Nähe meiden, solange ihr es wünscht.“

„Luciel Baldur. Meine Freunde nennen mich Luc.“
 

Er wusste nicht warum, aber er konnte nicht anders als einzuwilligen. Viel zu sehr mochte er die Gegenwart des Anderen. Die Option, anschließend auf ein Adieu bestehen zu können, verstärkte zudem seine Entscheidung. Er war nicht sonderlich erpicht darauf, Iven noch einmal wiedersehen zu müssen. Die Schwäche, die er in seiner Gegenwart empfand, war wie ein wunder Punkt in seinem sonst so starken Charakter, der sicher in der Distanz schnell heilen und verschwinden würde. Ohrfeigen konnte er sich allein dafür, dass er leichtsinnig seinen echten Namen preis gegeben hatte. Was für ein Anfängerfehler.

Iven tat seinem Verstand merklich nicht gut.
 

„Danke für die zweite Chance, Luc“. Ivens Augen strahlten.

Luc wäre damit zufrieden gewesen, einfach nur darin versinken zu dürfen.

Vergiss nicht, dass er ein Vampir ist. Er scheint äußerst machtvoll zu sein. Vielleicht konnte er von Iven etwas über den Vampir erfahren, der einst seine Familie auslöschte und ihn zum Waisen und Jäger machte. Nur wie sollte er Informationen erfragen, wenn er nicht einmal wusste, nach was er Fragen sollte. Einzig der Ring des Vampirs hatte sich damals wie ein Stigma in sein Gedächtnis gebrannt. Aber nach einem Ring zu fragen, der möglicherweise gar keine Bedeutung für den Schlächter hatte, war zu gefährlich.
 

Luc war froh, dass Iven anscheinend sehr gerne den Part des Gesprächigeren übernahm. Die Minuten flogen nur so dahin. Iven erzählte belangloses, angereichert mit Wissen über die einzelnen Vampirclans und deren Politik. Geschichten über Aufstieg und Niedergang.

Luc versuchte verzweifelt Gesagtes zu behalten. Doch er konnte sich so sehr anstrengen, wie er wollte. Jedes gesagte Wort versickerte, wie Wasser in der Wüste im Nichts.

Dafür galt seine Aufmerksamkeit voll und ganz den Bewegungen Ivens.

Seinem Geruch nach Feuer und Regen zugleich.

Dem Wohlklang seiner Stimme. Fast wie eine Melodie, die ihn sanft in den Schlaf wog.

Der Vampir hatte versprochen keinerlei Macht zur Manipulation anzuwenden. Die Erkenntnis, dass Iven diese Fähigkeiten gar nicht einsetzten musste, um ihn zu bezirzen, brannte wie flüssige Lava in Lucs Adern.
 

Wer war Iven? Er hatte bereits mächtige Vampire kennengelernt und viele von ihnen in schwierigen Kämpfen getötet. Dennoch hatte er das Gefühl, gerade den Kampf seines Lebens zu führen. Er wollte sich ihm hingeben. Sich in diese starken Arme fallen lassen. Seine Haut spüren. Die samtigen Lippen schmecken.

Seine Wangen erröteten bei diesen Gedanken. Wieder hing er an diesen dunklen Augen. Ein Spiegelbild des Nachthimmels. Tiefschwarz mit dem Glanz der Sterne. Ein längst vergessenes Gefühl von Geborgenheit hüllte ihn ein.

Mit aller Kraft lehnte sich Luc auf, um diesem Gefühl zu entkommen.
 

„Ich brauche etwas frische Luft.“ Luc stand auf und wollte sich eben nach unten, Richtung Terrasse bewegen.

„Bitte warte.“

Luc hielt inne. Zwei Hände legten sich auf seinen Schultern. Er hatte das Gefühl ins Bodenlose zu fallen, als er sich umdrehte und wieder in diese einzigartigen Augen blickte.

„Ich möchte, dass du mir etwas versprichst, Luc.“

Er konnte gar nicht anders als zu nicken.

„Der Prinz wird gleich seine Rede halten und danach könnte es hier ziemlich hässlich werden. Ich möchte dich bitten zu gehen. Jetzt, ohne Aufschub.“

Nun, dies lag ohnehin in seinem Sinn. Er würde gehen. Nur vielleicht nicht dorthin, wo Iven erwarten würde.

„Einverstanden, ich verlasse den Ball.“

„Danke.“
 

Süß und unendlich zart schmeckten Ivens Lippen, die sich plötzlich auf die seinen legten. Es war mehr ein Hauch als ein Kuss. Gleichsam einer warmen Frühlingsbrise. Sein ganzer Körper wurde von einem Schauer erfasst.

Als Luc die Situation realisierte und Iven wegstoßen wollte, war dieser auch schon verschwunden. Benommen ließ er sich in den Stuhl zurück fallen. Es war als ob Iven nie dagewesen wäre. Er fühlte sich auf seltsame Weise kalt und einsam. Einzig der zweite leere Becher auf dem Tisch zeugte von der vorherigen Anwesenheit des Anderen.

Gedankenverloren fing er mit seinen Finger einen rot schillernden Tropfen von Ivens Becher auf. Ganz in dem lächerlichen Glauben verfallen, Iven dadurch wieder nah zu kommen, kostete er ihn. Bitter und kupfern.
 

„Blut“, keuchte er leise und zuckte erschrocken zusammen.

Natürlich Blut, verdammt er ist ein Vampir! Was hattest du erwartet, du Tor? Rotwein, schoss es ihm durch den Kopf. Wieso hatte er Wein bekommen und Iven trank Blut? Der Vampir hatte beide Becher bestellt. Luc kam gar nicht auf die Idee, dass Iven etwas anderes trank. Du Idiot. Wenn er nur etwas Verstand besaß, dann wusste Iven nun, dass er ein Mensch war. Aber warum kümmerte es ihn nicht?

Ivens Warnung 'hier könnte es ziemlich hässlich werden'. Natürlich. Das musste es sein. Was war ein Ball ohne Dinner? Und das Festmahl war bereitet. Hier gab es nicht nur Vampire, sondern auch Menschen. Bei all seiner Tarnung hatte er nicht darauf geachtet, dass er nicht der einzige Mensch war.

Er war zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen. Mit sich und Iven.
 

Er wurde wütend. Auf sich, aber auch auf die schlechten Informationen die er erhalten hatte. Wieso hatte der Spion die Gilde nichts davon wissen lassen?

Oder war es bekannt und er wurde nur nicht entsprechend unterrichtet? Das würde zumindest erklären, weshalb er so einfach auf den Ball gelangen konnte.

Er hätte den Auftrag nicht angenommen, wenn er gewusst hätte, dass er unschuldige Menschen ihrem Schicksal überlassen musste. Nun hier zu sein und akzeptieren zu müssen, dass Menschen sterben würden, ohne dass er etwas tun konnte, machte ihn wahnsinnig.

Er fühlte sich machtlos. Alleine konnte er nichts tun. Ein Kamikazeunterfangen würde niemanden helfen.
 

Luc bebte vor Zorn. Das würde ein Nachspiel haben. Er war keine Schachfigur die man nach belieben einsetzen konnte.

Traurig glitt sein Blick über die Gesellschaft. Er wollte gar nicht wissen, wie viele ihr Leben lassen mussten.

Tief sog er die schwere Luft in seine Lungen. Er musste nun alles Unwichtige beiseite schieben. Er konnte nichts weiter tun, als seinen Auftrag erfüllen und damit wenigstens etwas Gerechtigkeit üben.
 

Die Glocke schlug drei Uhr. Die Rede des Prinzen würde gleich beginnen. Die Gäste sammelten sich bereits um das erbaute Podest. Iven konnte er in der Traube nicht mehr ausmachen. Auch wenn er sich dessen schämte, er hätte gerne einen letzten Blick auf ihn geworfen.

Iven hatte ihn gewarnt. Gebeten zu gehen. Luc war sich nicht sicher, ob er sich darüber freute oder sich wünschte, es wäre anders gewesen. Zu glauben, dass er vielleicht einem Vampir mehr bedeuten könnte als etwas, das über eine Nahrungsquelle hinausging, ängstigte ihn.
 

Langsam zog sich der Jäger zurück. Auf der Empore war er bereits allein.

Das lief besser als erhofft. Der Prinz schien die Gäste nach unten zu ziehen, wie das Feuer die Motten.
 

Genieße deine Henkersmahlzeit du Bastard. Wenn du friedlich in deinem Bett liegst, werde ich dich in die Hölle schicken.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Meekamii
2013-04-05T16:03:19+00:00 05.04.2013 18:03
Habe deine Geschichte gerade erst endteckt. Also bis jetzt gefällt sie mir sehr gut. Und ich finde es gut, das du alles so umschreibst wie die Umgebung und die Personen aussehen.
Eigentlich bin ich eher eine der Personen die guckt wie die Bilder von den Charakteren aussehen in der Beschreibung. Aber so kann man es sich gut vorstellen. Nur bei Luc fehlt mir noch ein bisschen was. Außer das der Blond is und grüne Augen hat weiß ich noch nix. Was für ne Frisur der hat, wie groß der ist oder sowas. Aber vielleicht kommt das ja in einem der nächsten Kapitel. Iven kann ich mir richtig gut vorstellen wie der aussieht. ^^ Bis jetzt sehr schöne Story, die ich auf jeden Fall weiterlesen werde
Antwort von: abgemeldet
06.04.2013 12:08
Hallo,

freut mich, dass du angefangen hast „Blutschuld“ zu lesen und dass du dir bereits von Beginn an die Mühe machst, auch zu kommentieren. Lieben Dank dafür!
Der Anfang von „Blutschuld“ ist ja schon eine Weile her und es macht Freude hier noch einmal zurück zu denken ^^
Schön, dass es dir bisher gefällt ^.-
Hm, naja in einem Buch hat man ja auch keine Bilder, sondern sie entstehen im Kopf. Du hast aber schon recht damit, dass Luc am Anfang hier nicht sehr viele Vorgaben von mir mitbekommen hat. Bin mir auch gar nicht so sicher, ob ich bei ihm je ins Detail gegangen bin. Naja, ich denke es lag zu Beginn sehr daran, dass ich sehr viel aus Lucs Sicht geschrieben habe und hier dann eine genaue Umschreibung zum Aussehen mit einzufügen, ohne das es aufgesetzt wirkt, ist recht schwierig. Auch wollte ich wohl einfach einen gewissen Spielraum offen lassen. Je mehr Freiheit, desto mehr kann der Leser im Grunde auch die eigene Fantasie mit einbringen und es entsteht eine ganz anderer Bezug zu. Deine Kritik ist dennoch berechtigt, weil es ohne „Richtlinien“ doch auch vage bleibt und gerade in den ersten Kapiteln, in denen ich meine doch sehr viele Bilder aufgebaut zu haben, ein zu starker Kontrast ist.
„Blutschuld“ war mein erstes Werk überhaupt und es gibt ein paar Dinge, die ich heute anders machen würde. Ich hüte mich daher auch davor, hier noch einmal mit der Intention zur Überarbeitung heranzugehen. Es würde einfach zu viel kaputt machen.
Von:  whitePhobia
2012-04-11T10:26:21+00:00 11.04.2012 12:26
Bin grad durch Zufall auf die Geschichte gestoßen. Sie ist leider schon etwas zu lang um sie in einem Stück zu lesen. Allerdings kann ich mich so auf später freuen, weil mich da noch viele Kapitel erwarten.
Bis Kapitel 2 ist natürlich noch nicht allzu viel passiert und ich habe mir die anderen Kommentare noch nicht durchgelesen, weil ich mich nicht spoilern wollte.
Allerding muss ich sagen, dass die Geschichte wirklich schön anfängt, die etwas altertümliche Sprache in der du schreibst passt hervorragend. Am meisten hat mir der Dialog zwischen Luc und Iven bis jetzt gefallen. Man spürt das Knistern zwischen den beiden förmlich.
Ich hoffe die Geschichte geht so gut weiter und werde wieder ein Kommentar hinterlassen sobald ich ein wenig mehr gelesen habe.

gruß


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