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Blutschuld

Seine Bestimmung war es Vampire zu jagen, nicht sie zu lieben
von

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Zwei Herzen

28. Zwei Herzen
 


 

Wie schwarzer Samt hing die Finsternis in den Bäumen fest. Die dünne Sichel des Mondes bot kaum Licht, die Sterne funkelten trübe. Im strammen Galopp jagte der Dunkelblonde durch die Kastanienallee, die den Weg zum Schloss des Prinzen wies. Erst als er das Tor passierte, zügelte er sein rasantes Tempo.

Benommen stieg er ab und übergab seinen Schimmel dankbar der Obhut eines Pferdeknechts.

Sein Gleichgewichtssinn ließ zu wünschen übrig. Trotz des wankenden Gangs, zeugte nichts mehr von Unsicherheit oder Zweifeln, obgleich ihn beides begleitete.

Jede Stufe war symbolisch für eine Hürde, die er nehmen musste. Ein kalter Schauer lief über seinen Rücken, als er zum Eingang blickte und sein Ziel erkannte. Beinahe schwerelos schien ihm die weiße Gestalt entgegen zu schweben. Mühelos erhellte sie die finstere Nacht.
 

„Ich hatte gehofft, dass du nicht zurückkehren würdest.“

Die klare Stimme drang engelsgleich in sein schummriges Bewusstsein. Sein Geist suchte nach der Bedeutung des Besagten und verlor sich an der Berauschtheit seiner Sinne.

Fragend legte Luc seinen Kopf leicht schief.

„Wie meinst du das?“

„Lass uns innen weiter reden“, wandte Xei ab.
 

Luc schwankte, als er die letzten Stufen zu schnell nahm.

Stützend legte sich Xeis Arm um seine Hüfte.

„Du bist betrunken.“

Der Vorwurf war nicht zu überhören.

„Das ist meine Sache und hat dich nicht zu kümmern.“

„Wie du meinst.“
 

Schweigend geleitete ihn der Vampir auf sein Zimmer. Luc hatte definitiv zu viel von der berauschenden Flüssigkeit zu sich genommen.

Um die Trunkenheit abzuschütteln, tauchte er seinen Kopf tief in das kalte Nass der Waschschüssel. Sein Geist wurde merklich belebt. Klare Tropfen rannen über sein Gesicht und wischten die Verworrenheit seines Verstandes fort. Seufzend tupfte er mit einem Baumwolltuch die letzten Perlen von seiner Haut.
 

„Also, weshalb hast du gehofft, dass ich fern bleibe?“
 

Eingehend musterten graue Augen ihren Gegenüber, bevor die dunkelroten Lippen zum Sprechen ansetzten.

„Du tanzt mit dem Tod.

Iven wird dich vernichten.“
 

Ein Schauer legte sich auf Lucs Haut.

Die Intensität der Worte stach in sein Herz.
 

Bitteres Lachen entfuhr dem Jäger.

„Warst du es nicht, der mich zurück zu ihm geführt hat. Mich jetzt zu warnen ist etwas spät, findest du nicht?“

Ruhig fuhr der Vampir fort.

„Ich habe gehört, was du deinem Freund anvertraust hast.“

Ein Zucken durchfuhr seine Glieder. Der Nebel der Benommenheit war nun endgültig verschwunden. Sein Geheimnis war enthüllt.

Fest blickte Luc in die traurigen Augen seines Gegenübers.

„Was wirst du nun tun?“

„Ich kann Iven nicht belügen. Das Schweigen wiegt bereits zu schwer. Ich bitte dich geh, bevor es zu spät ist.“

„Zu spät für was, Xei?

Ich empfinde mein Leben nicht mehr als lebenswert, sondern als trostlos.

Iven hat mich bereits vor Jahren vernichtet und der Hoffnungslosigkeit übergeben.

Es ist nur noch mein Schatten der ihn jagt, mein Echo das nach Vergeltung ruft.“
 

Xei schien seine Worte mit bedacht zu wählen. Mit Engelszungen sprach der Vampir weiter. „Nein, ich sehe noch Leidenschaft in dir. Du bist mehr als eine leere Hülle.

Ich weiß, dass du fühlst und sehe wie du leidest. Gebe dich nicht auf, sondern trage dein Schicksal und suche den Neubeginn. Lerne zu schätzen was du hast und verlange nicht mehr nach Verlorenem oder Unerreichbaren.“

„Spricht da der Priester aus dir? Wenn ja, dann ist es vergeudete Liebesmüh.

Ich bin nicht undankbar, aber müde. Ich kann mein Schicksal nicht mehr als Last tragen. Ich will handeln, anstatt flüchten.

Meinen Frieden machen.“
 

Energisch wie von Sturm getragen, richtete sich der Weißhaarige auf.

„Deinen Frieden machen in der Erfüllung von Rache?!“

Die Frage klang anklagend. Ihr Tadel hallte scharf in Lucs Kopf wider.

„Du stimmst mich traurig, Luc. Ich hätte dich für klüger und vernünftiger gehalten.“

Der Jäger fühlte sich vor ein Gericht gestellt. Abgeurteilt von höherer Weisheit.

Die Einsicht kam ohne sich durchzusetzen.

„Ich bin nur ein Mensch, Xei. Und wie jeder andere, scheitere ich nur zu gerne an meinen Schwächen und lasse mich zu Fehlern verleiten.

Es ist, als ob in mir zwei Herzen schlagen.

Das eine liebend und voller Trauer. Sehnsüchtig nach Wärme suchend.

Das andere hassend und voller Zorn. Schreiend nach Rache.

Was außer Leere würde mir bleiben, wenn ich beide ignoriere und gehe?“

„Ich hatte nicht erwartet, dass du mit dir selbst so kompromisslos bist. Bist du dir bewusst, dass du mit dieser Sichtweise deinen eigenen Gefühlen die Endgültigkeit auferlegt hast?

Ich bitte dich, komme zur Besinnung. Ergründe die Vielschichtigkeit deiner Emotionen und erkenne ihre Bedeutung. Es gibt nicht nur Weiß und Schwarz.

Glück ist selten billig. Für Werte wie Liebe oder Frieden braucht es mehr als nur halbherzige Versuche. Iven konnte dir vergeben. Deine Seele ist soviel reiner als die seine. Dennoch sah er das Licht und hat sich entschieden daran festzuhalten, gleich den Schatten. Kannst du es ihm nicht gleich tun und verzeihen?“
 

Lucs Gesicht war wild verzerrt. Xei war sich für einen Augenblick nicht sicher, ob er zu tiefe Wunden geschlagen hatte. Mitleidig ging er auf den Jäger zu.

Die versöhnende Hand wies Luc kalt ab.
 

„Für was hältst du dich nur? Glaubst du etwa, dass Liebe alleine ausreicht, um mir den Schmerz zu nehmen? Denkst du, sie hat die Macht mir die Kindheit wieder zurückzugeben? All die Jahre in der Einsamkeit, der Desillusionierung?

Ich habe seit meinem zehnten Lebensjahr nie mehr die Geborgenheit einer Familie erleben dürfen! Stattdessen quälen mich Nacht für Nacht Albträume. Meine Eltern, meine Brüder, sie sterben vor meinen Augen, immer wieder. Einzig der Kampf, die Hoffnung auf Rache hielt mich aufrecht.

Wie könnte ich mich dieser Liebe zu ihm hingeben, wenn er alles verkörpert, was meine Seele verkümmern ließ?“

Es war nur ein Flüstern, das der weißhaarige Vampir von sich gab.

„Bitte entschuldige. Ich hätte dich nicht derart Maßregeln sollen. Es war anmaßend, seinen Verlust mit deinem zu vergleichen.

Dennoch bleibe ich dabei.

Liebe ist der einzige Grund für den es sich lohnt zu kämpfen und zu leben. Sie ist alles und sie zu verleugnen, birgt den größten Schmerz in sich.“

Abfällig unterbrach der Jäger die klare Stimme.

„Es reicht! Geh in die Kirche und predige da von der Liebe und ihrer Macht. Bei mir fallen deine Worte auf fruchtlosem Boden.“

„Dann sag mir was du fühlst. Ehrlich und ohne Schnörkel. Was ist es, das dich treibt?“

„Angst.“
 

Stille erfüllte den Raum.
 

Ein leichter Schleier ließ den Glanz der grauen Augen trübe werden.

„Dann bringst du mich tatsächlich zum Schweigen.

Ich gebe dir Zeit bis zur nächsten Mitternacht. Dann Rede ich mit meinem Bruder.“
 

Luc fuhr auf. Dieses Eingeständnis von Güte war lächerlich.

„Dann gehe gleich zu ihm und belaste dein Gewissen nicht länger!

Meine Entscheidung steht fest und heuchlerische Stunden der Nachsicht werden daran nichts ändern. Ich werde nicht gehen.“
 

Schmerz durchbrach den trüben Blick.

Instinktiv wusste der Jäger, dass die Zeit gekommen war, Xei vollends für sich zu gewinnen. Er würde Iven ins Schach setzen.
 

Gefühlvoll fuhr er in seinen Worten fort.

„Nicht alleine. Ich würde mich selbst nicht vorwärts tragen können. Die Dunkelheit, die mir mit jedem Schritt folgen würde, wäre wie mein eigenes Grab.“

Mit Zuversicht unterlegte Erkenntnis brachte das Strahlen des Vampirs wieder zum Vorschein. Die Warme Präsenz belebte den in Kälte gefangenen Körper des Jägers.

„Dann gibt es mehr in dir als Endgültigkeit. Ich hatte nicht mehr zu hoffen gewagt.

Ein Wort von dir Luc und ich lasse hinter mir was mich bindet. Doch bist du dir sicher, dass mehr als überstürzte Verzweiflung aus dir spricht und du mich an deiner Seite haben möchtest?“

Luc zögerte. „Erwarte keine Antwort, ich bitte dich. Der Wunsch ist so unerreichbar fern, wie die Sonne selbst.“
 

Die Sanftmut, die sich auf Lucs Wangen legte, war gleich den ersten Morgenstrahlen.

Der Kuss, welcher seine Lippen zärtlich einfing, belebende Glut, die sein Innerstes frohlocken ließ. Der süße Geschmack klebte vor Schuld.
 

„Iven ist deine Liebe und dein Untergang zugleich. Vor beidem bewahre ich dich nur zu gerne. Wenn ich für dich die Sonne in der Düsternis sein darf, dann schenke ich dir Wärme und Kraft aus dem Tiefsten meines Herzens. Ich fordere nichts, solange ich auf alles hoffen darf. Lass mich dein Weg aus der Angst sein.“
 

Betroffen senkte der Dunkelblonde seinen Blick.

„Du kannst nicht ohne Iven leben. Er ist die Quelle deines Lebens.“

„Nein, du hast recht. Ohne sein Blut, kann ich nur wenige Tage überleben.

Wenn du es also tatsächlich in Erwägung ziehst, mit mir wegzugehen, dann bleibt dir keine Wahl, als an seiner statt zu treten und mich fortan als dein einziges Licht anzuerkennen.“

Nun war Unweigerliches ausgesprochen. Der Schock der Realität ins Auge sehen zu müssen, verwischte sich jedoch in Xeis fließenden Worten und der Schrecken verschwamm in dessen sanfter Aura.

„Ich würde dich glücklich machen, oder?“

Das anmutige Gesicht zeichnete ein blendendes Lächeln.

„Mehr als das, Luc. Doch bedenke die unweigerlichen Folgen. Du wirst dem Tag Lebewohl sagen und dich von Blut, von fremden Leben, nähren müssen.“
 

Die Worte wogen schwer auf der Seele des Jägers, gleichsam einem Stein, der unerbittlich in die Tiefe eines Sees sank und nie wieder geborgen werden konnte.
 

„Warum? Kannst du mir nicht genügen, so wie Iven dir zuvor? Du hattest diesem Hunger stets widerstehen können. Ich sehe keinen Grund, weshalb ich nachgeben sollte.

Lass es ein Bund der Ewigkeit nur zwischen uns werden.“

Xei seufzte. „Denkst du nicht, dass jeder Vampir so leben würde, wenn es so einfach wäre? Es ist mein ehrfürchtiger Gottesglaube, der mich jede Versuchung standhalten lässt. Die Hingabe, mein Leid als Passion zu ertragen und die Erfüllung in der Askese zu finden. Eine Lebensweise die du nicht teilst und auch nicht leben könntest.“
 

Luc wollte die Wahrheit nicht weiter kommentieren.

„Wird Iven nicht nach unser beider Leben trachten, wenn du mich wandelst?“

Klares Wasser, vereinigt zu einem reißenden Strom, spülte die Bedenken fort.

„Du sagtest es einst selbst. Ich bin nicht weniger stark als Iven. Wenn es sich nicht umgehen lässt, kann und werde ich für uns beide kämpfen, auch bis zum Äußersten.

Aber ich muss wissen, ob die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft mit dir, mein Verrat und das Opfer wert ist. Ob es aufrichtige Liebe ist, an die ich glauben und mich binden kann.“

„Du sprichst so offen über deine Gefühle. Die Versuchung dein Ultimatum mit Berechnung abzuwarten ist groß.“

„Täusche dich nicht, Luc. Auch eine vermeintliche Schwäche kann große Stärke in sich bürgen. Seit jeher bin ich an Iven gebunden.

Ich sagte ich opfere für die Liebe. Wenn nicht für deine, dann für seine.“
 

Die Worte waren wie ein scharfer Schnitt in seinen Geist. Damit hatte er nicht gerechnet.

Der sanfte Schein des Lichts, konnte versengender sein, als die schluckende Finsternis.
 

„Deine Art zu lieben ist grausam, weißt du das?“

„Ich war stets offen zu dir und du kennst die Schatten meiner Vergangenheit. Nie habe ich behauptet zu sein, was ich anmute. Mein Wesen ist verletzlich, auf die eine und die andere Art. Entscheide dich, Luc. Für Licht oder Dunkelheit.“

Xeis harter Blick jagte dem Dunkelblonden kurzzeitig ein Frösteln über den Rücken. Luc hatte verstanden. Er hatte eine Wahl zu treffen.

„Und du sagst ich sei kompromisslos.“

„Meine Kompromisse sind die Zugeständnisse an die Makel der Liebe. Sie ist nicht wundervoll, Luc. Sie kann grausamer sein und mehr Leid zufügen als jedes andere Gefühl. Dennoch nehme ich sie konsequent an, mit allem.“
 


 

Die Aura des Vampirs war immer noch mit kühler Schonungslosigkeit unterlegt, als dieser das Gemach verließ. Die eisige Gefahr schlich sich wie sanftes Gift durch Lucs Adern. Das Gefühl ignorierend, legte sich ein selbstsicheres Lächeln auf die Lippen des Jägers.

Er hatte sich bereits entschieden.
 

Du glaubst ich stehe mit dem Rücken an der Wand.

Dabei habe ich erst begonnen meinem Vorhaben Gestalt zu geben, ihm Seele einzuhauchen.

Deine Seele, mein heller Schein.

Ich nehme sie mir, so wie ich dir meine gebe.

Mein Opfer wird groß sein, der Sieg jedoch gewiss.
 

Angst. Sie war da. Schon immer.

Genauso, wie er die Liebe verlor. Schon immer.
 


 


 

~ Hallo ihr Lieben!

Mit diesem Kapi geht es quasi in die Endphase. Klingt irgendwie deprimierend und dennoch freue ich mehr sehr darauf ^^ Luc hat aber noch einiges vor sich und auch die beiden Vampire werden so ihre liebe Not haben. Ich hoffe ihr seid gespannt auf mehr ^.-

Bis bald und liebe Grüße,

Teedy ~



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Toastviech
2012-07-06T21:34:09+00:00 06.07.2012 23:34
guten Abend!

Das Kapitel ist sehr schön. Ich habe es schon vor einpaar Tagen gelesen, konnte aber erst jetzt schreiben.
Mir gefällt Xei hier sehr gut. Er zeigt zum ersten Mal seine wahre innere Stärke. Sein Talent ist es die Fakten fair zu bewerten und er schlägt seinem kleinen Jäger eine gute Idee vor.
Sie ist, soweit ich das sehe, gut überlegt und seiner Situation angemessen.
Nun frage ich mich nur, was unser kleiner Jäger vor hat.
Wehe er tut Xei weh!

Liebe Grüße,

Toasty
Von:  GolDAnn
2012-07-03T14:42:54+00:00 03.07.2012 16:42
Also cih verfolge deine geschichte schon entwas länger und cih finde sie total toll wie du schrreibst gefällt mir auch sehr gut ^-^
ich freue mcih jedes mal wenn ich ein neues Kapitel endecke *-*
Ich hoffe das es auch zum ende ganz toll wird!!
liebe Grüße Ann :P


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