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Blutschuld

Seine Bestimmung war es Vampire zu jagen, nicht sie zu lieben
von

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Phönix

43. Phönix
 

Respektvoll näherte sich der Brünette dem jungen Vampir, der immer noch auf dem Boden kauerte. Lucs Arme wogen den toten Körper des Prinzen liebevoll im Arm.

Eine Geste, die wortlos von Gefühlen erzählte.

Vernon stockte kurz, als er zu dem weißhaarigen Vampir aufschloss. Bittend legte sich dessen ruhige Hand auf seinen Oberarm. Fragend sah der Soldat in das helle Gesicht.

Die klaren Kristalle in die er blickte, waren von einem Tränenschleier verhangen.
 

„Gebt ihm Zeit, um Abschied zu nehmen.“

Es war nur ein sachter Hauch, dennoch fanden die feinen Worte mühelos einen Weg in Vernons Gehör.

„Ich will ihn nicht fortreißen, nur Trost spenden und ihm eine Stütze sein.“

Die Hand um seinen Arm wurde fordernder.

„Nicht jetzt. Geht mit mir nach draußen.“
 

Schwermütig folgte Vernon dem Vampir, wenngleich er Luc lieber in seine Arme geschlossen hätte. Es war nicht seine Trauer, dennoch hatte er das Gefühl in ihren Ausläufen zu ersticken. Der Wunsch nach Aussprache wurde übermächtig und durchdrang zäh den Nebel der Verwirrung, der so klar wie farbloser Wind seinen Geist in einem klebrigen Spinnennetz der Schuld gefangen hielt.

Als sie in die eisige Nacht traten, konnte er nicht mehr an sich halten. Schärfer als gewollt stellte er den Vampir zu Rede.
 

„Glaubt ihr nicht, dass er eine Stütze braucht? Oder habt ihr Sorge, dass ihr Luc noch mehr verlieren werdet, wenn ich es bin, der ihn auffängt?“

Ohne darauf einzugehen gab der Weißhaarige ruhig Antwort.

„Es gibt so viel, was ungesagt blieb. So viel und dabei so wenig, In ein paar Worten ausgesprochen.

Luc könnte sich nie seine eigenen Gefühle selbst vergegenwärtigen, wenn er zeitgleich von anderen umfangen wird. Er hat diese Liebe immer abgelehnt.

Nun Trost von jemanden zu erhalten, noch bevor er sich seine Gefühle und die damit verbundene Trauer eingesteht, wäre wiederum nur Verweigerung.“
 

Stumm musterte der Brünette den Vampir, dessen Aura sich seltsam beruhigend auf sein Gemüt legte. Es war Neugier die seine Frage formte.

„Habt ihr Iven geliebt?“

„Zu viel.“

Den Schmerz in dem schönen Gesicht zu sehen, war wie Glas beim Zerspringen zu beobachten. Bedrückt schüttelte Vernon seinen Kopf.

„Dann verstehe ich euer Tun noch weniger.

Bevor euch die Eifersucht einfing, wolltet ihr Iven töten. Warum?

Und weshalb dann Luc? Ihr hattet ihn doch. Er war eure Schöpfung, nicht die seine.“

Das bittere Lächeln auf den blutroten Lippen seines Gegenübers stach.

„Nein, es war immer die seine. Ich war nur der Schlüssel, so wie ihr, Vernon, die Tür.

Einzig um Luc die Wahrheit zu zeigen. Gefühle, denen Iven selbst nie soviel Macht eingeräumt hätte.“

„Macht oder Kontrolle?“
 

Der Vampir lachte leise, während sich eine schillernde Träne die Wange hinab stahl.

„Iven hatte euch wohl sehr viel offenbart.“

„Alles. Ich verstand es nur nicht.“
 

Die Augen des Weißhaarigen wurden klarer und gewannen an Kraft.

„Kehrt zurück Soldat. Euer Trost wird keiner sein.“

„Nein, wie könnte ich“, protestierte Vernon. „Ich kam um Luc vor der Wandlung zu bewahren und habe versagt. Ich werde ihn jetzt nicht als Freund aufgeben und erst recht nicht in dieser Trauer und Verzweiflung alleine lassen. Gleich was er nun ist, ich will für ihn da sein.“
 

Die Bedrohung, die nun von dem näher kommenden Vampir ausging, war genauso erschreckend wie das strahlende Licht, welches die Silhouette begleitete. Gleißend und blendend.

Ehrfürchtig trat der Soldat zurück.

Ehe er es sich versah, wurde er an beiden Schultern grob gepackt.

Ein Blitz durchzuckte ihn, bei dem Anblick des zornigen Silbers.

„Es gebe diese Art von Trauer in Luc nicht, wenn ihr euch besser hättet beherrschen können! Euer Kommen hat Luc nicht vor der Verdammnis bewahrt, sondern ihn noch tiefer in ihr verschlossen!“
 

Die anklagenden und für ihn so wahren Worte des Vampirs schmerzten, genau wie das traurige Mienenspiel vor ihm. Unerwartet wurden seine Schultern wieder frei gelassen. Vernon war erleichtert, dass der Vampir von selbst seinen stechenden Blick abwandte.
 

„Versteht mich nicht falsch. Ich kannte Ivens Charisma nur zu gut.

Dennoch könnt ihr nicht ernsthaft davon ausgehen, dass gerade ihr Luc nun Trost seien könntet. Auch wenn es meine Hand war, die die Waffe führte, so gabt ihr den Impuls dazu. Ihr habt euren Freund betrogen. Ohne Liebe nehme ich an.

Spendet Trost. Sucht Vergebung. Gebt Erklärungen. Beteuert eure Freundschaft.

Aber nicht jetzt.

Ihr würdet für ihn alles nur noch schlimmer machen.“
 

Er wollte die Worte des Vampirs von sich weisen, doch sie drangen zu tief in sein Herz.

„Dann werdet ihr es also sein, der Luc auffängt?

Obliegt eure Zukunft auch des Prinzen Erbe?“
 

Bitternis gepaart mit Zuversicht antwortete ihm.

„Ich hatte stets nur eine Zukunft, weil Iven sie mir gewährte.

Sein Vermächtnis ist alles was ich je erhofft habe. Liebe. Eine an der ich festhalten werde.

Mit allem was ich habe, werde ich Luc durch die Dunkelheit leiten.

Mein Liebe wird stark genug sein, um ihm die Schönheit des Lebens zu zeigen.

Kämpfen wird er alleine müssen. Etwas, in das ich blindes Vertrauen habe.“
 

Soviel Glaube, alleine aus Einfalt. Beinahe abfällig bewertete Vernon den Weißhaarigen.

„Ihr seid zu treuherzig, Vampir.

Ich kenne Luc. Er hatte nie vorgehabt, sein Dasein in der Ewigkeit als Vampir zu fristen. Es war Mittel zum Zweck, dass er sich hat wandeln lassen. Ein Zweck der genau wie das Ziel nun verloren ging. Er wird dieses Leben nicht länger führen wollen. Keine Nacht.“

„Vielleicht. Aber sagt mir, ob Luc je etwas anderes tat als zu kämpfen?

Gegen den Tod, gegen Vampire, gegen das Schicksal, gegen die Liebe, gegen sich Selbst. Und zumindest der letzte Kampf davon, war auch nicht gewollt.

Dennoch schlug er ihn.

Luc wird nicht freiwillig aufgeben. Sein ganzes Sein ist auf Überlebenswille ausgerichtet.

Er wird wieder aufstehen, nach vorne blicken und einen Fuß vor den anderen in die Zukunft setzen.“

„Was für eine Zukunft denn? Er wird Blut trinken müssen! Das Blut Unschuldiger, deren Tod seine Seele belasten werden. Wie soll er damit fertig werden? Er wird an der Schuld zu Grunde gehen und einzig nach Erlösung flehen.

Glaubt ihr ernsthaft, eure alles spendende Liebe würde als Balsam hierfür ausreichen?

Eine Liebe die er ja nicht einmal erwidert!“
 

Die Worte waren ausgesprochen, bevor er sich deren Tragweite bewusst war.

Furcht, vielleicht zu weit gegangen zu sein, beschlich den Soldaten.

Scharf verfolgte er jede Regung des Vampirs, doch dieser blieb ruhig.

Ein mildes Lächeln war die einzige Veränderung.
 

„Ihr verkennt seine Stärke.

Luc mag leiden. Schuld empfinden.

Dennoch ist sein Lebenswille die Energie die ihn durchströmt.

Vom ersten Augenblick an als ich ihn sah, wusste ich es.

Er ist in allem lebensbejahend. Bereit Schmerz zu tragen, um dadurch an sich selbst zu wachsen. Er fühlt mit, ohne taub zu werden. Reue geißelt ihn, legt ihn aber nicht in Ketten. Alles in ihm begehrt stets nach Zukunft, immer mit einem Blick in der Vergangenheit haftend.

Geradezu perfekt, um in der Ewigkeit nicht dem Wahnsinn zu verfallen. Alleine deshalb, weil er sich seinem eigenen bereitwillig jeder Zeit entgegen stellt.

Er nahm bereits ein Leben für das seine. Und er wird es wieder tun.

Mit der gleichen Anteilnahme und dem gleichen Antrieb.“
 

„Das ist nicht war“, gab Vernon tonlos zurück.

Dennoch wusste er es. Erinnerung, die lautstark Beachtung verlangte, gewann an Kraft.
 

'Deine Seele brennt und wird zu Asche zerfallen.

Ich werde da sein, wenn das letzte bisschen zu Boden rieselt und die Schönheit und Stärke bewundern, mit der du wieder als Phönix aufsteigst, wie immer.'
 

Seine Worte. Und war Luc nicht zu neuem Glanz erstrahlt?

Golden, sich die Sonne selbst schenkend. Schönheit die schmerzte.
 

Erschüttert sank er zu Boden.

„Ich hätte nicht zu weit blicken sollen. Nicht ohne dabei wegzusehen.“

„Für euch ist hier kein Platz mehr. Tut Luc und euch selbst einen Gefallen und geht.“

Die Worte waren schlicht. Ohne Wertung. Klar und rein.

Dennoch vernichtend.

„Ihr sagt dies nicht, um mich los zu werden?“

„Ändert mein Wunsch denn etwas an den Gegebenheiten?“
 

Nein. Er konnte keinen Trost schenken, der mit Verrat behangen war.

Seine Stütze wäre keine, weil er seinem Freund nicht zu diesem Leben zusprechen konnte. Er hatte keine Hoffnung zu bieten.
 

Sinnlos suchten seine Finger in der kalten schwarzen Luft nach Kraft. Einzig das Gefühl von Leere blieb in seiner krampfenden Faust über. Resigniert wagte er einen letzten Blick in das grausam schöne Gesicht.

„Dann muss es eure Liebe alleine sein. Gebt Acht auf ihn.“
 

Mit weichen Gliedern richtete sich der Soldat wieder auf.

Als er ging, waren seine Schritte schwankend. Sein Gemüt schwer.

Er konnte nichts tun.

Seine Freundschaft versagte an Vorurteilen, an Versuchung und nun an Unfähigkeit.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  KuroMikan
2013-04-07T05:46:39+00:00 07.04.2013 07:46
schöööön ^^ du bist echt ein Phoet XD


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