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Näf die 72. Killerspiele, medien, Recht, eidgenössisches, Templer

Autor:  Eru-Jiyuka
Ja, der NÄFbolzen hat mal wieder quer von hinten durch die Brust getroffen. Und nein, der Titel ist nicht unkreativ, denn jeder, der Assassin's Creed Brotherhood durchgespielt hat weiss, dass das nicht einfach 42+30 ist...

Nachdem die bedauerliche Tragödie in Oslo bereits die EU dazu gebracht hat, über noch mehr Beschränkungen im Zugang zur Chemie (was auch immer man da noch einschränken will, eigentlich bleibt neben dem Verbot von chemischer Literatur und der Abschaffung des Chemieunterrichts nichts mehr übrig, was noch nicht getan wäre...) nachzudenken [a], scheint sich auch des L.s liebster Hobby-Psychologe gedacht zu haben, dass man die Gunst der Stunde nutzen müsse.

Aus der Tatsache, das Anders Bering Breivik Call of Duty: Modern Warfare (2?) in seinem Geschreibsel erwähnt hat und/oder auf seinem Facebook-Account als Fan von obigem Spiel und World of Warcraft eingetragen war (und noch ist?) [000] [b], wird nun konstruiert, dass diese Spiele ihn zu der bekannten, abscheulichen Tat getrieben hätten. -.-

Und auch für NÄF nochmals zum mitschreiben: Breivik war (und ist, er lebt noch...) ein Neo-Templer. Seine Tat ist weder „aus dem Internet geboren“ noch ein Produkt von übersteigertem Ego-Shooter-Gespielere, sondern vielmehr die Fortsetzung eines Glaubenskriegs, der mindestens 900 Jahre alt ist! [c] Dafür muss man noch nicht einmal sein Pamphlet gelesenen haben, allein dessen Titel zeigt sein Streben eine neuen Weltordnung in der Zukunft zu etablieren, dazu sein „Kampf gegen die muslimische Bedrohung“, sein Wunsch den Papst zu treffen sowie ausgerechnet „Lux Aeterna“ als musikalische Untermalung - welches übrigens aus „Requiem for a Dream“ und nicht wie mehrfach falsch geschrieben aus „Lord of the Rings“ stammt! [d] - all dies sollte jeden, der sich mal irgendwie mit den Templern und Co. befasst hat [00] oder auch nur den auch so schlechtgeredeten ersten Teil von Assassin's Creed gespielt hat, aufhorchen lassen.

Aber hey, wozu Fakten aufarbeiten, wenn man den Vorfall auch dazu ausnutzen kann gegen Gamer zu hetzen. Wenigstens hat NÄF mal klar gemacht, was er eigentlich will:

Er gibt zu (und feiert das auch noch als Erfolg -.-) dass er mit seinen Polemik für eine Einbusse von 7% des Absatzes von Computerspielen verantwortlich ist. Er fordert umfassende Massnahmen wie etwa Werbe- und Ausstellverbot, sowie ein absolutes Handlungsverbot, um sicherzustellen, dass es künftig unrentabel wird, Ego-Shooter zu produzieren. Damit würde er die grundrechtliche geschützte [0] freie Berufsausübung nur deshalb einschränken wollen (respektive bei auf Ego-Shooter spezialisierten Firmen ganz aufheben), weil er es nicht leiden kann, dass mit virtueller Gewalt (als Bestandteil von Computerspielen) Geld verdient wird. Demzufolge ist er einer diese typischen „Was ich nicht mag, darf nicht erlaubt sein!!!111“-Moralisten, die das L. besonders gut nicht leiden kann -.-

Die Ausführungen zu „virtuellen Menschenrechtsverletzungen“ sind dann völlig sinnbefreit. Mal davon abgesehen, dass in jedem Fall das Tatobjekt bzw. Opfer fehlt – da Pixelhaufen keine Menschenrechte haben, können logischerweise auch keine verletzt werden – ist es sogar noch dann falsch, wenn man auf das Spielchen mal eingeht und Spielhandlungen von Ego-Shootern mit menschlich aussehenden Gegnern behandlungsweise für real erachtet, da der Hauptcharakter IARAG in irgendeiner Art und Weise als Soldat im Krieg wirkt. Im Kriegsfall tritt die EMRK [1] und verwandte Menschenrechtserklärungen [2] jedoch zugunsten des Kriegsrechts, insbesondere der Haager Landkriegsordnung sowie der Genfer Konvention respektive ihren Zusätzen zurück. Insofern wären allenfalls Verstösse gegen das Völkerrecht feststellbar. [3]

Der Vergleich der Computerspielentwickler mit der Tabakindustrie dürfte mindestens üble Nachrede darstellen, da er ihnen damit vorwirft, Produkte zu verkaufen, die die Konsumenten gesundheitlich schädigen. Selbst wenn er damit recht hätte, dass Ego-Shooter die Gewaltbereitschaft förderten oder gleich zu Gewalttaten führten, schädigt das die Spieler selbst direkt nicht. Der Vergleich ist folglich jedenfalls unangebracht und kann eigentlich nur darauf gerichtet sein, erstere zu verunglimpfen. Zu glauben, das NÄF „ernsthafte Gründe hatte“, diese offensichtlich falsche Äusserung „in guten Treuen für wahr zu halten“, wie es die Exkulpationsgründe verlangen [4], vermag das L. angesichts der früheren Eskapaden nicht mehr.

Im übrigen entspricht es auch nicht den Tatsachen, dass Darstellungen virtueller Gewaltexzesse nicht geahndet werden könnten. Das ergibt sich weder aus dem Wortlaut [5] noch aus der Auslegung [6] der zuständigen Norm. Falls der mit dem Verfahren betraute Staatsanwalt selbiges tatsächlich nur deshalb einstellte, weil die potentiell gewaltverherrlichende Darstellung aus einem Computerspiel stammt, hat er den Artikel offensichtlich nicht gelesen. Eine sinnvollere Argumentation wäre es m.E denn gewesen, die Ablehnung damit zu begründen, dass virtuelle Darstellungen die (reale) Menschenwürde gar nicht verletzen können, weil diese für natürliche Personen reserviert ist.

Nun, das L. Hofft abschliessend mal, dass sich NÄF auf sein (hoffentlich) glorreiches Scheitern bei der Wahl zum Nationalrat konzentriert und uns Gamer vorerst nicht weiter belästigt. Langsam gehen nämlich die aussagekräftigen Titelzahlen aus... *die im Nachkauf immer so schrecklich teuer sind* ^^

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[000] Die Angaben dazu sind ein wenig widersprüchlich, beide Versionen finden sich jedenfalls in den Kommentaren zum verlinkten Artikel...

[00] Eine hübsche (wenn dem L. Auch etwas zu „pro christlich“ geratene) Zusammenfassung dazu gibt es hier in 1, 2, 3 Teilen.

[0] Vgl. Art. 27 Abs. 2 BV

[1] Vgl. Art. 15 Abs. 1 EMRK

[2] Für die Schweiz etwa: Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BV i.v mit Art. 14 StGB

[3] Teile des Spielgeschehens von Counter-Strike beispielsweise würden dann gegen Art. 34 der Genfer Zivilkonvention verstossen.

[4] Vgl. Art. 173 Abs. 2 StGB

[5] StGB (Auszug):

Art. 135
Gewaltdarstellungen

1 Wer Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände oder Vorführungen, die, ohne schutzwürdigen kulturellen oder wissenschaftlichen Wert zu haben, grausame Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Tiere eindringlich darstellen und dabei die elementare Würde des Menschen in schwerer Weise verletzen, herstellt, einführt, lagert, in Verkehr bringt, anpreist, ausstellt, anbietet, zeigt, überlässt oder zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

[6] So etwa ECKERT/FLACHSMANN/ISENRING, „Tafeln zum Strafrecht – Besonderer Teil I“ Tafel 31, die allerdings literarische Werke nicht als mögliche Tatobjekte klassifizieren, was m.E im Sinne des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (BV 8 I) kritisch zu sehen ist.

[a]-[d] Ausnahmsweise müssen die zu vergleichenden Nachweise per eingescanten Zeitungsschnipseln erfolgen, da das L. keine Artikel zu den Themen in verlinkbar fand...