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keine Haarige Sache, oder "Machen keine Haare Unmenschen?" Glatze, Kritik, Reis, Vorurteile

Autor:  Hauskater
Da ich mich momentan einfach nicht für den Mexxler und Deutsch Eintrag aufraffen kann, schiebe ich noch einmal etwas Anderes dazwischen, Anzusiedeln irgendwo zwischen Gesellschaftskritik und Persönlichem.

Ich trage nun seit bald einem Monat Glatze. Ich dachte mir, es wäre Zeit für ein kleines Resumee meiner Erfahrung.
Erst einmal etwas zu meinen Motiven: Nein, ich bin weder Skinhead geworden, noch will ich mehr auffallen (auch wenn letzteres sich kaum vermeiden lässt). Es ist nur vielmehr so, dass die Vererbung langsam ihren Tribut fordert. Mein Vater hatte bereits mit 24 Jahren eine nicht zu übersehende Halbglatze. Geheimratsecken hatte ich schon immer und dafür habe ich mich ganz gut gehalten. Jetzt mit 27 allerdings war die kahle Stelle hinten nicht mehr zu leugnen. Klein, aber man sah sie. Und ich hatte mir selbst zum Limit gesetzt: Sobald es zu extrem wird, gehe ich ganz auf Glatze, so sieht es Wenigstens gewollt aus. Nachdem ich mich dann selbst auf einer Videoaufnahem in der Filiale von hinten sehen musste, schien mir der Zeitpunkt gekommen zu sein. Gesagt, getan. Ab zum Friseur. Und da fingen meine Erfahrungen schon an:

Friseuse: "So, was machen wir denn heute?"
Stern: "Glatze, Alles weg."
Friseuse lacht.
Stern: "Ich meine das ernst."
Friseuse: "Echt? Okay... ... ... Und sie sind sich sicher?"
Stern: "Jepp, absolut."
Friseuse: "Sie wissen, dass sie dann keine Haare mehr haben?"
Stern: "Ja, das ist Sinn der Sache."

Okay, die Friseuse hatte Angst vor einer kLage, darum versicherte sie sich lieber drei Mal. Dachte ich bis dahin...

Friseuse: "Ich gehe erst Einmal auf 6mm, dann schauen wir Mal ob das nicht auch schon reicht."
Ich: "Wenn sie meinen. Ich sage ihnen aber, das wird grausig aussehen."
Friseuse rasiert auf 6mm. Ergebnis: Eine Mischung aus Krebskrank und Skinhead. Friseuse wirkt zufrieden.
Ich: "Ähm, ne. Das geht gar nicht. Bitte ganz weg."
Friseuse schaut mcih zweifelnd an, nimmt den Aufsatz ab und macht weiter.
Stern nach fertigem Ergebnis: "Na bitte, geht doch. Sieht doch viel besser aus."
Friseuse: "Ja? Okay, sicher doch".

Was haben die Leute für ein Problem, wenn die Haare auf dem Kopf ganz fehlen? Sieht wesentlich gesünder aus und auch besser.
Aber okay, weiter geht's. Zu Hause dann mit neuem Rasierer ganz kahl gemacht (das macht der Friseur nämlich nicht) und noch zufriedener. Nun war ich gespannt auf die Reaktionn aus dem Umfeld. Ich habe damit gerechnet, dass einige sagen werden, dass es ihnen nicht gefällt und nur wenige sich positiv äußern würden. Ergebnis dagegen war aber die volle Bandbreite von: "Stefan, du siehst scheiße aus!" bis "Wow, das sieht ja stark/genial aus!" und alles dazwischen. Viel positives, viel negatives, viel irgendwo dazwischen.
Ich wusste ja, das Glatzen Geschmackssache sind, aber so polarisiert habe ich selbst mit meinen sehr langen Haaren damals nicht.

Natürlich habe ich auch damit gerechnet, dass irgendwann die Nazi Vergleiche kommen (ja, ich weiß dass bei weitem nicht alle Skins recht sind. Sagt das aber mal der Allgemeinheit), dachte mir aber, das wird eher halb so schlimm. Denn:

1.) Ich trage einen Bart (und habe bisher nie einen Skin gesehen, der das gleiche tut).
2.) Bomberjacken und andere typische Kleidung für Skins trafe ich nicht, sieht man mal ab und an von meinen Stiefeln ab (ganz normale Springerstiefel, wie sie jeder Metaler trägt, ohen auffällige Schnürsenkel oder sonst etwas).
3.) Gibt es sehr wenige Skins, die den ganzen Tag breit grinsend durch die Gegend laufen.
4.) Habe ich bisher nie einen Skin gesehen, der einen Kugelbauch vor sich her trägt.

(Okay, ich habe erst einmal den versuch mit Nietenarmband unternommen. Ergebnis: Kearney von den Simpsons. Entsprechend schnell bin ich auf Uhr und Normales Armband umgestiegen.)

Jedenfalls dachte ich, so den Leuten vorher den Wind aus den Segeln nehmen zu können. Aber weit gefehlt. In der Schule eine Klassenkameradin: "Also, wenn ich dich so auf der Straße treffen würde und dich nicht kennen wüprde, dann würde ich die Straßenseite wechseln!"

Soviel dazu. Nur frage ich mich immer mehr: Wo liegt das Problem der Leute? Es gibt genug prominente Glatzenträger (Sean Connery, Patrick Stuart, etc.) und trotzdem wird als erstes die Verbindung gezogen Glatze=Schläger/Nazi. Ich hätte wahrscheinlich Frauenkleider tragen können und hätte den Satz noch abbekommen.
Warum? Ich dachte immer, der Satz heißt "Kleider machen Leute". Scheinbar lässt er sich auf Haare ummünzen mit dem Umkehrschleiße: "Unbehaart = Unhold" oder so. Warum meint alle Welt, von der Friseur auf den Charakter schließen zu können? Sicher, es gibt viele Subkulturen, die mir einer entsprechenden Haartracht ausdrücken wollen, dass sie anders sind. Aber das doch immer in Verbindung mit der Kleidung? Seit wann sagt die Haartracht etwas über die politische Einstellung aus? Oder darüber wie freundlich Jemand ist.
Ich merke es immer wieder: Leute die mich kennen erholen sich schnell von dem Schreck und sagen früher oder später "Hmm, du hast aber echt die Kopfform dafür, sieht ja doch ganz gut aus". Aber Fremde? In jedem Laden den ich betrete werde ich erst Mal kurz schräg angeschaut. Um so erstaunter sind die Leute dann aber erst recht immer wenn ich sehr höflich und mit breitem Lächeln mein Anliegen (Brötchen, Bezahlen, etc.) vortrage. Man sieht direkt wie es im Gehirn dort arbeitet und die Leute versuchen sich einen Reim darauf zu machen. Und dann mit einem Mal extre freundlich werden um ihr Gewissen zu entlasten.

Ich möchte mich hier jetzt nicht als armes Opfer hinstellen. Im Gegenteil: Hätte ich vorher gewusst wie die Leute reagieren, hätte ich es erst recht getan. Ich liebe es, das Weltbild von Leuten in Scherben zu legen, alleine dadurch, dass ich das tue, was amn nicht erwartet.
Ich finde es nur traurig, dass man mir die Sache so leicht macht. Und vor Allem nervt es, dass das dauernd passiert. Ich habe mir schon überlegt mir Falten auf die Stirn zu malen, damit ich mal nicht daran denken muss besodners freundlich zu sein. Oder mich braun oder schwarz anzumalen. Denn Menschen anderer Hautfarbe können irgendwie problemlos Glatze tragen, da finden es alle toll. Einige heiraten sogar Topmodels und spielen Kaninchen mit ihnen.
Wann hat sich das so in die Köpfe der Leute eingegraben, dass Glatze und weiße Hautfarbe automatisch Nazi heißt? Denn so häufig sind Skins nicht anzutreffen, der Emo/Metaler/Punk Anteil war bisher in allen Städte die ich besuchte größer. Sogar Visuals und Gothic Lolitas sieht man manchmal häufiger als Skinheads, erst recht als rechte Skins. Kann mir das Jemand mal logisch erklären?

Tatsache ist jedenfalls, ich fühle mich wohl so und mag es. Das dauernde Rasieren nervt zwar, ist aber immer noch günstiger als alle drei Wochen zm Friseur zu rennen. Und entsprechend kann ich jedes Mal wieder auf die gleiche Frage antworten: "Nein, ich lasse sie nicht wieder wachsen, das bleibt so!"